Montag 6.7.2015

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Mathematische Probleme, SS 2015
Montag 6.7
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§5
Sphärische Trigonometrie
5.1
Sphärische Flächenberechnungen
Am Ende der letzten Situng haben wir eingesehen das die Summe α + β + γ der
Innenwinkel eines sphärischen Dreiecks ∆ immer echt größer als 180◦ ist, man nennt
den Überschuss
:= α + β + γ − π
auch den sphärischen Exzess des Dreiecks ∆. Ist R der Radius der Sphäre in der ∆
liegt, so ist die Fläche von ∆ in Termen von nach Satz 2 gleich A(∆) = R2 .
5.2
Sphärische Dreiecksberechnung
In §1.4 hatten wir gesehen das in einem ebenen Dreieck ∆ mit den Seiten a, b, c und den
Winkeln α, β, γ sich bis auf zwei Ausnahmefälle aus je dreien der Werte a, b, c, α, β, γ
die anderen drei berechnen ließen. Diese Rechnungen konnte man dabei mit den Cosinussatz §1.Satz 4 und dem Sinussatz §1.Satz 8 durchführen. In diesem Abschnitt wollen
wir die entsprechenden Rechnungen für sphärische Dreiecke durchführen, und wie im
ebenen Fall gibt es hierfür wieder einen sphärischen Cosinussatz und einen sphärischen
Sinussatz. Es gibt sogar zwei sphärische Cosinussätze, einen Seitencosinussatz der bei
zwei bekannten Seiten und dem von diesen eingeschlossenen Winkel die dritte Seite
berechnet, und einen Winkelcosinussatz der bei zwei bekannten Winkeln und der von
diesen eingeschlossenen Seite den dritten Winkel berechnet. Letzteres gibt es in der
ebenen Situation nicht da dort je zwei der Winkel bereits den dritten Winkel festlegen. Der sphärische Sinussatz handelt weiter von Verhältnissen zwischen Winkeln und
gegenüberliegenden Seiten und tritt nur in einer Version auf.
Wir beginnen mit dem Seitencosinussatz, da wir diesen in Wahrheit bereits behandelt haben. Es stellt sich heraus das unser Lemma von den drei Ebenen §3.Lemma 5,
das wir zur Berechnung der Winkel in den platonischen Körpern benutzt haben, nur
eine Umformulierung des Seitencosinussatzes ist. In allen diesen Sätzen werden Seiten
stets im Winkelabstand gemessen, der Radius R unserer Kugel wird also keine Rolle
spielen.
Satz 5.3 (Der Seitencosinussatz)
Sei ∆ = ABC ein sphärisches Dreieck mit den Seiten a, b, c im Winkelabstand und den
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Innenwinkeln α, β, γ, alles bezeichnet gemäß der Standardkonvention. Dann gelten:
cos a = cos b cos c + sin b sin c cos α,
cos b = cos a cos c + sin a sin c cos β,
cos c = cos a cos b + sin a sin b cos γ.
Beweis: Bezeichne M dem Mittelpunkt der Kugel auf der ∆ liegt. Dann schneiden sich
die beiden Ebenen f1 := M AC und f2 := M BC in der Geraden l := f1 ∩ f2 = M C und
die Ebene e := M AB trifft l in e∩l = M . Der Winkel zwischen f1 und f2 ist der Winkel
zwischen den Seiten a und b, also gleich γ. Weiter hat g1 := f1 ∩ e = M A zu l = M C
den Winkel b und g2 := f2 ∩ e = M B hat zu l = M C den Winkel a. Schließlich ist der
Winkel zwischen g1 = M A und g2 = M B die Seite c. Nach §3.Lemma 5 ist damit
cos γ =
cos c − cos a cos b
,
sin a sin b
also
sin a sin b cos γ = cos c − cos a cos b.
Damit ist die dritte Gleichung der Behauptung eingesehen, und die anderen beiden
ergeben sich aus dieser durch Umbezeichnung der Ecken von ∆.
Linkspol
l
e
k
M
Rechtspol
Beachte das es sich inhaltlich nur um eine einzige Gleichung handelt, die durch die
Bezeichnung der drei Ecken die drei Formen des Satzes annimmt. Unser nächstes Ziel
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ist der Winkelcosinussatz, dieser entsteht durch Anwendung des Seitencosinussatzes auf
das sogenannte Polardreieck von ∆. Seien K wieder unsere Kugel mit Mittelpunkt M , e
eine Ebene durch M und k = K ∩ e der zugehörige Großkreis. Sei l die auf e senkrechte
Gerade durch M . Die Gerade l schneidet die Sphäre K dann in zwei Punkten und diese
beiden Punkte heißen die Pole des Großkreises k. Ist auf k ein Umlaufsinn gegeben,
so können wir die beiden Pole voneinander unterscheiden, der in Umlaufrichtung links
liegende Punkt heißt der Linkspol von k und der rechts liegende Pol heißt entsprechend
der Rechtspol von k. Wird die Umlaufrichtung von k umgedreht, so vertauschen sich
entsprechend der Links- und der Rechtspol von k. Laufen wir beispielsweise von Westen
nach Osten um den Äquator, so ist der Nordpol der Linkspol und der Südpol der
Rechtspol.
Nun sei ein ganzes sphärisches Dreieck ∆ = ABC auf K gegeben, gemäß der
Standardkonvention bezeichnen wir die Seiten mit a, b, c und die Winkel mit α, β, γ.
Durch die Reihenfolge A, B, C ist auf ∆ eine Umlaufrichtung gegeben und somit haben
wir auch auf jedem der drei Großkreise a, b, c eine Umlaufrichtung. Den Linkspol von a
nennen wir A, den von b nennen wir B und den von c schließlich C. Das so entstehende
sphärische Dreieck ∆ = ABC heißt das Polardreieck von ∆, und seine Seiten und
Winkel bezeichnen wir analog zur Standardkonvention mit a, b, c und α, β, γ. Wir wollen
diese Seiten und Winkel jetzt in Termen von ∆ bestimmen.
C
a
b
M
B
A
α
c
Konkret wollen wir die Seite a von ∆ mit den Ecken B und C bestimmen, die Situation
ist im Bild oben rechts gezeigt. Rotieren wir die Seite b von ∆ um die Achse M A weg
von der Seite c bis wir auf die Ebene durch M treffen die c enthält, so dreht sich dabei
der Linkspol B in den Linkspol C da der Umlaufsinn des rotierten b mit dem von
c übereinstimmt. Der bei der Rotation zurückgelegte Winkel ist π − α, also ist auch
der Winkel zwischen M B und M C gleich π − α, im Polardreieck ∆ haben wir also
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a = π − α. Dieser Überlegung können wir eine weitere Folgerung entnehmen, da B
durch Rotation um M A in C bewegt wird, ist M A senkrecht auf dem Großkreis a, d.h.
A ist einer der beiden Pole von a und da A links zur Umlaufrichtung von B nach C liegt
ist A der Linkspol von a, im zu ∆ polaren Dreieck ∆ gilt also A = A. Entsprechend
folgt dies auch für die anderen Ecken von ∆ und wir erhalten das folgende Lemma.
Lemma 5.4 (Das Polardreieck eines sphärischen Dreiecks)
Sei ∆ = ABC ein sphärisches Dreieck mit Seiten a, b, c und Winkeln α, β, γ gemäß der
Standardkonvention. Bezeichne ∆ = ABC das Polardreieck von ∆. Dann ist ∆ = ∆
das Polardreieck von ∆ und bezeichnen wir die Seiten und Winkel von ∆ gemäß der
Standardkonvention, so sind
a = π − α, b = π − β, c = π − γ und α = π − a, β = π − b, γ = π − c.
Beweis: Die Aussagen ∆ = ∆ und a = π − α, b = π − β und c = π − γ haben wir
bereits eingesehen. Wenden wir diese Gleichungen dann auf das Polardreieck ∆ an, so
folgen auch
a=a=π−α
also α = π − a und analog sind auch β = π − b und γ = π − c.
Wie schon angekündigt ergibt sich jetzt durch Anwendung des Seitencosinussatzes auf
das Polardreieck der noch ausstehende Winkelcosinussatz.
Satz 5.5 (Der Winkelcosinussatz)
Sei ∆ = ABC ein sphärisches Dreieck mit den Seiten a, b, c und den Winkeln α, β, γ
bezeichnet gemäß der Standardkonvention. Dann gelten:
cos α = sin β sin γ cos a − cos β cos γ,
cos β = sin α sin γ cos b − cos α cos γ,
cos γ = sin α sin β cos c − cos α cos β.
Beweis: Bezeichne a, b, c die Seiten und α, β, γ die Winkel im Polardreieck ∆ gemäß
der Standardkonvention. Der Seitencosinussatz Satz 3 in ∆ liefert dann
cos a = cos b cos c + sin b sin c cos α,
und mit Lemma 4 ist damit
− cos α = cos(π − α) = cos(π − β) cos(π − γ) + sin(π − β) sin(π − γ) cos(π − a)
= cos β cos γ − sin β sin γ cos a,
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und die erste Gleichung ist gezeigt. Die anderen beiden Gleichungen ergeben sich analog.
Schließlich wollen wir zum sphärischen Sinussatz kommen, und für diesen benötigen
wir eine neue Konstruktion. Wir betrachten wieder eine Kugel K mit Mittelpunkt M
und Radius R > 0. Weiter sei ∆ = ABC ein sphärisches Dreieck auf K, dessen Seiten
und Winkel wir wieder als a, b, c beziehungsweise α, β, γ gemäß der Standardkonvention
bezeichnen.
C
R
B
M
b
Z
α
P
A
Wir fällen den Lot von C auf die Ebene M AB und bezeichnen den Lotfußpunkt mit Z.
Weiter fällen wir in der Ebene M AB das Lot von Z auf M A und nenen den Lotfußpunkt
P . Das Dreieck P ZC hat dann bei Z einen rechten Winkel und da die Ebene P ZC
senkrecht auf der Ebene M AB und auf der Ebene M AC ist, ist der Winkel von P ZC
bei P gleich dem Winkel zwischen den Ebenen M AB und M AC. Andererseits sind
der Großkreis M AB ∩ K die Seite c von ∆ und der Großkreis M AC ∩ K die Seite b
von ∆, also ist der Winkel zwischen M AB und M AC genau der Winkel zwischen den
Seiten b und c von ∆, d.h. er ist α. Lesen wir also den Sinus von α im rechtwinkligen
Dreieck P ZC bei P ab, so ergibt sich
sin α =
|CZ|
.
|CP |
Weiter ist das Dreieck M P C bei P rechtwinklig und sein Winkel bei M ist der Winkel
zwischen M A und M C, also der Winkelabstand b, lesen wir also den Sinus von b in
M P C ab, so ist
|CP |
sin b =
.
R
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Dies liefert
|CZ| = |CP | sin α = R sin b sin α.
Führen wir diese Überlegung mit vertauschten Rollen von A und B durch, so ergibt
sich andererseits auch
|CZ| = R sin a sin β,
und wir haben sin b sin α = sin a sin β, beziehungsweise
sin a
sin b
=
sin α
sin β
eingesehen. Wir wollen dieses Ergebnis als einen Satz festhalten.
Satz 5.6 (Der sphärische Sinussatz)
Sei ∆ = ABC ein sphärisches Dreieck mit den Seiten a, b, c und den Winkeln α, β, γ
bezeichnet gemäß der Standardkonvention. Dann gilt
sin b
sin c
sin a
=
=
.
sin α
sin β
sin γ
Beweis: Unsere obige Überlegung zeigt sin a sin β = sin b sin α, und dies ergibt
sin b
sin a
=
.
sin α
sin β
Wenden wir dieses Ergebnis dann im Dreieck BCA an, so ergibt sich auch
sin c
sin b
=
sin β
sin γ
und der sphärische Sinussatz ist bewiesen.
Damit können wir zur sphärischen Dreiecksberechnung kommen, d.h. von den sechs Größen
C
a, b, c, α, β, γ sind drei vorgegeben und die anderen
γ
b
sollen berechnet werden. Im Unterschied zum ebea
nen Fall legen zwei der Winkel den dritten Winkel nicht fest, es gibt jetzt also sechs verschiedeα
ne Aufgabentypen SSS, SWS, SSW, WSW, WWS
β B
A
und WWW. Da wir den ebenen Fall in §1.4 recht
ausführlich behandelt haben und das Vorgehen im
c
sphärischen Fall weitgehend analog ist, wollen wir
uns hier kürzer fassen. Wir gehen hier nur das prinzipielle Vorgehen durch, wenn man
sich die Lage genauer anschaut, so gibt es auch wieder notwendige Ungleichungen zu
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beachten damit überhaupt eine Lösung existiert und in einigen Fällen ist die Lösung
nicht eindeutig. Durch eventuellen Übergang zum Polardreieck kann man die Zahl der
Aufgabentypen auf 3 verringern, da beispielsweise SSW gleichwertig zu WWS im Polardreieck ist. Gehen wir die Fälle durch.
1. Bei SSS sind a, b, c bekannt und die Winkel berechnen sich mit dem Seitencosinussatz Satz 3 zu
cos a − cos b cos c
cos α =
sin b sin c
und so weiter. Sind beispielsweise
a = 50◦ , b = 82◦ , c = 102◦
gegeben, so liefert die obige Formel und ihre Varianten für β und γ
cos α ≈ 0, 693478, also α ≈ 46, 093870◦ ,
cos β ≈ 0, 364092, also β ≈ 68, 648256◦ ,
cos γ ≈ −0, 392004, also γ ≈ 113, 079228◦ .
2. Bei SWS sind beispielsweise a, b, γ gegeben und erneut mit dem Seitencosinussatz
cos c = cos a cos b + sin a sin b cos γ kann die dritte Seite c berechnet werden. Die
anderen Winkel kann man dann wie im SSS Fall oder auch mit dem sphärischen
Sinussatz berechnen. Nehmen wir beispielsweise a, b, γ aus dem obigen Beispiel,
so wird
cos c ≈ −0, 207911, und somit c ≈ 101, 999961◦ .
3. Genau wie in der ebenen Situation ist der Fall SSW komplizierter. Seien etwa
a, b, α gegeben und wir wollen die Seite c bestimmen. Wenn wir diese haben, so
können wir erneut wie im SSS Fall weitermachen oder den sphärischen Sinussatz
verwenden. Wir führen zunächst den Hilfswinkel δ durch die Beziehung
tan δ = tan b cos α
ein. Der sphärische Cosinussatz cos a = cos b cos c + sin b sin c cos α impliziert
cos a cos δ
= cos c cos δ+tan b cos α sin c cos δ = cos c cos δ+sin c sin δ = cos(c−δ),
cos b
woraus sich c berechnen läßt. Nehmen wir etwa die Werte von a, b, α des obigen
Beispiels, so wird
tan δ = tan b cos α ≈ 4, 934352 und δ ≈ 78, 543552◦ ,
und weiter
cos(c − δ) =
cos a cos δ
≈ 0, 917364, d.h. c − δ ≈ 23, 456267◦ ,
cos b
also ist schließlich
c ≈ 101, 999819◦ .
Die restlichen drei Fälle behandeln wir nicht mehr, da sich diese durch Übergang zum
Polardreieck auf die obigen Situationen zurückführen lassen.
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