Theoretische Physik 2 Klassische Mechanik

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Theoretische Physik 2
Klassische Mechanik
Marc Wagner
Goethe-Universität Frankfurt am Main – Sommersemester 2016
Version: 13. Juli 2016
1
Inhaltsverzeichnis
1 Spezielle Relativitätstheorie (relativistische Mechanik)
4
1.1
Konstanz der Lichtgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
1.2
Grundidee der speziellen Relativitätstheorie, Lorentz-Transformationen
. . . . .
5
1.3
Obere und untere Indizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
1.4
Relativistische Addition von Geschwindigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
1.5
Zeitdilatation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
1.6
Längenkontraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14
1.7
Eigenzeit, Zwillingsparadoxon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
1.8
Viergeschwindigkeit und Viererimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
1.9
Relativistische BGl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
1.10 Viererimpluserhaltung, relativistische Streuprozesse und Zerfälle . . . . . . . . .
19
2 Lagrange-Formalismus
22
2.1
Prinzip der kleinsten Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
2.2
Variationsrechnung, Euler-Lagrange-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
2.3
Generalisierte Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
2.4
Euler-Lagrange-Gleichungen für generalisierte Koordinaten . . . . . . . . . . . .
26
2.5
Zusammenfassung und Beispiele
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
2.5.1
Massenpunkt auf rotierender Stange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
2.5.2
Ebenes Doppelpendel im homogenen Gravitationsfeld . . . . . . . . . . .
28
Bewegung in gekrümmten Räumen oder beschrieben durch krummlinige Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
2.6.1
Parallelen zur Metrik und oberen und unteren Indizes in SRT . . . . . . .
31
2.6.2
Kräftefreie Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
2.6.3
Geodätengleichung, ein weiteres Variationsproblem . . . . . . . . . . . . .
34
2.6.4
Abschließendes Beispiel: Bewegung auf Kegelfläche im homogenen Schwerefeld der Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
2.6
2.7
Erhaltungsgrößen, Symmetrien, Noether-Theorem
. . . . . . . . . . . . . . . . .
37
2.7.1
Zyklische Variablen und Erhaltungsgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
2.7.2
Noether-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
3 Hamilton-Formalismus
3.1
42
Legendre-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
42
3.2
Hamiltonsche BGls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
3.3
Poisson-Klammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
3.4
Phasenraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
4 Kleine Schwingungen von Vielteilchensystemen
49
4.1
Quadratische Näherung der Lagrange-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
4.2
BGls und deren Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
4.3
Normalschwingungen und Normalkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
4.4
Ausbreitung von Wellen im Kristall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
5 Grundlagen der Kontinuumsmechanik und von Feldtheorien
60
5.1
Schwingende Saite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
5.2
Ausblick: Mehrdimensionale Erweiterungen, Bedeutung der Wellengleichung in
der Elementarteilchenphysik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
3
***** 12. April 2016 (1. Vorlesung) *****
1
Spezielle Relativitätstheorie (relativistische Mechanik)
1.1
Konstanz der Lichtgeschwindigkeit
• Wiederholung, “Theoretische Physik 1 – Mathematische Methoden” (nicht-relativistische
Mechanik):
– Inertialsysteme:
∗ Koordinatensysteme, die gegenüber dem Fixsternhimmel ruhen bzw. sich relativ
dazu mit konstanter Geschwindigkeit bewegen.
∗ In ihnen gilt das 1. Newtonsche Axiom (Trägheitsprinzip):
Ein Körper verharrt im Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen Translation,
sofern er nicht durch einwirkende Kräfte zur Änderung seines Zustands gezwungen wird.
– Koordinatentransformation zwischen zwei Inertialsystemen: Galilei-Transformation.
∗ Siehe “Theoretische Physik 1 – Mathematische Methoden”, Aufgabenblatt 3.
∗ Betrachte zwei parallel ausgerichtete Inertialsysteme,
· Σ, Raumzeitkoordinaten (t, x),
· Σ0 , Raumzeitkoordinaten (t0 , x0 ),
die sich relativ zueinander in x-Richtung mit Geschwindigkeit v = const bewegen:
t0 = t + t0 , x0 = x + vt + x0 , y 0 = y + y0 , z 0 = z + z0 .
(1)
Σ0 :
∗ Galilei-Transformation von Σ nach
· t0 : Konstante Zeitdifferenz (Translation in Zeit), häufig und auch im Folgenden stets t0 = 0 (d.h. t0 = t).
· (x0 , y0 , z0 ): Konstante räumliche Verschiebung (Translation im Raum),
häufig und auch im Folgenden stets (x0 , y0 , z0 ) = 0 (d.h. x0 = x + vt, y 0 = y,
z 0 = z).
XXXXX Bild-001 XXXXX
• Lichtsignal (z.B. ein Photon) zum Zeitpunkt t = 0 von einem in Σ bei x = 0 ruhenden
Experimentator in positive x-Richtung ausgesendet: xLS (t) = ct 1 (c: Geschwindigkeit
des Lichts in Σ).
• Beobachter in Σ0 : x0LS (t) = xLS (t) + vt = (c + v)t = c0 t (c0 = c + v: Geschwindigkeit des
Lichts in Σ0 ).
• In nicht-relativistischer Mechanik ist Lichtgeschwindigkeit also nicht universell, außerdem
beliebig hohe Geschwindigkeiten möglich, also auch “Überlichtgeschwindigkeit”.
1
Hier und auch häufig im Folgenden aus Gründen der Übersichtlichkeit nur 1 Raumdimension.
4
• Aussage steht im Widerspruch zu Experimenten, z.B. Michelson-Moreley-Experiment (1881,
1887):
– Ziel: Messung des Ätherwinds.
– Überraschendes Ergebnis: Konstanz/Gleichheit der Lichtgeschwindigkeit in jedem Bezugssystem, d.h. c = c0 ≈ 3 × 108 m/s = const.
1.2
Grundidee der speziellen Relativitätstheorie, Lorentz-Transformationen
• Spezielle Relativitätstheorie (SRT), Einstein (1905).
• Modifiziere Galilei-Transformation (1) so, dass c = const, d.h. sich die Lichtgeschwindigkeit
bei Übergang in andere Inertialsysteme nicht verändert.
– Transformation von Σ nach Σ0 soll weiterhin linear sein,
0 ct
ct
.
= Λ
x
x0
(2)
∗ Λ: Matrix, hängt von Parametern der Transformation ab, in 1 Raumdimension
z.B. nur von v, nicht aber von t oder x.
∗ Notation: xµ = (x0 , x1 , x2 , x3 ) = (ct, x) (Raumzeitvektor; Verwendung griechischer Indizes ist Konvention; ein Satz von 4 Größen, der sich gemäß (2) transformiert, z.B. xµ , wird als Vierervektor bezeichnet).
∗ Üblich ist Komponentenschreibweise, d.h. äquivalent zu (2) ist
(3)
x0µ = Λµ ν xν
(Einsteinsche Summenkonvention, d.h. über doppelt auftretende Indizes wird
summiert; Bedeutung von oberen und unteren Indizes später).
∗ xµ = 0 entspricht x0µ = 0 bzw. 0 = 00 , d.h. keine Translation in Zeit oder im
Raum.
– Transformation (2) bzw. (3) soll für Geschwindigkeiten c in (1) übergehen (nichtrelativistische Mechanik ist exzellente Beschreibung der Natur für Geschwindigkeiten
c).
– t 6= t0 , d.h. Zeit vergeht unterschiedlich schnell in unterschiedlichen Inertialsystemen
(sonst lassen sich obige Forderungen nicht erfüllen).
Λ, d.h. Transformationen zwischen Inertialsystemen in SRT, werden als Lorentz-Transformationen bezeichnet, die eingeführten griechischen Indizes als Lorentz-Indizes, Viererindizes oder Raumzeitindizes.
***** 15. April 2016 (2. Vorlesung) *****
• c2 t2 − x2 = 0 beschreibt Lichtkegel bei xµ = 0, d.h. Raumzeitpunkte xµ = (ct, x), die
von einem zum Zeitpunkt t = 0 bei x = 0 ausgesandten Lichtsignal (ein Kugelblitz)
“beleuchtet” werden.
XXXXX Bild-002 XXXXX
5
• Es muss gelten
c2 t2 − x2 = c2 t02 − x02 = 0,
(4)
d.h. aufgrund von c = const hat ein Lichtkegel in jedem Inertialsystem die gleiche Form.
• Raumzeitabstand zwischen Ereignissen xµA und xµB :
∆x2BA = (ctB − ctA )2 − (xB − xA )2 − (yB − yA )2 − (zB − zA )2 .
(5)
– Starke Ähnlichkeit zu Euklidischem Abstand (xB − xA )2 + (yB − yA )2 + (zB − zA )2 ;
Raumzeitabstände können jedoch auch negativ sein.
– Lichtkegel bei xµA : Menge aller Raumzeitpunkte xµB mit Abstand ∆x2BA = 0 zu xµA .
– Experimenteller Befund: Nicht nur Lichtgeschwindigkeit/Lichtkegel, sondern auch beliebige Raumzeitabstände unverändert bei Wechsel des Inertialsystems.
– Ersetze daher (4) durch stärkere Bedingung an Λ:
c2 t2 − x2 = c2 t02 − x02
(6)
(aus Gründen der Übersichtlichkeit hier nicht Raumzeitabstände zwischen xµA und xµB
sondern zwischen xµ und 0 betrachtet [zulässig, da 0 = 00 ]).
• Mit der Minkowski Metrik (auch Metrik, metrischer Tensor)

ηµν

+1 0
0
0
 0 −1 0
0 

= diag(+1, −1, −1, −1) = 
 0
0 −1 0 
0
0
0 −1
(7)
lassen sich Raumzeitabstände auch einfach in Komponenten schreiben,
c2 t2 − x2 = xµ ηµν xν .
(8)
• Bedingung (6) wird damit zu
xµ ηµν xν
= x0ρ ηρσ x0σ
= Λρ µ xµ ηρσ Λσ ν xν
(9)
bzw.
ηµν
= Λρ µ ηρσ Λσ ν
(10)
bzw.
η = ΛT ηΛ.
(11)
• Starke Ähnlichkeit zu Rotationsmatrizen R; Euklidische Abstände, z.B. x2 , werden durch
sie nicht verändert; erfüllen 1 = RT 1R (siehe “Theoretische Physik 1 – Mathematische
Methoden”, Abschnitt 10.2).
6
• Wie viele Parameter hat Λ?
– Λ ist reelle 4 × 4-Matrix, hat also 16 Einträge.
– (10) bzw. (11) entspricht 10 unabhängigen Bedingungen (keine 16, da µ ↔ ν dieselbe
Gleichung liefert, d.h. (10) symmetrisch in µ-ν ist).
→ 6 freie Parameter bzw. unabhängige Transformationen Λ.
• 3 Parameter sollten (zeitunabhängigen) Rotationen entsprechen:
1 0
Λ =
0 R
(R ist 3 × 3-Rotationsmatrix) eingesetzt in (11) liefert
1 0
+1 0
1 0
+1 0
=
0 R
0 −1
0 RT
0 −1
(12)
(13)
bzw. 1 = RT R (definierende Eigenschaft von Rotationsmatrizen); Rotationsmatrizen sind
also Lorentz-Transformationen.
– Beispiel zur Erinnerung: Rotation um Winkel α um die z-Achse,


+ cos(α) − sin(α) 0
R =  + sin(α) + cos(α) 0 
0
0
1
(14)
bzw.


1
0
0
0
 0 + cos(α) − sin(α) 0 

Λ = Rz (α) = 
 0 + sin(α) + cos(α) 0 
0
0
0
1
(15)
(Rotation um x- und y-Achse analog).
***** 19. April 2016 (3. Vorlesung) *****
• Verbleibende 3 Parameter sollten Transformationen zwischen Inertialssystemen entsprechen, die sich mit konstanter Geschwindigkeit relativ zueinander bewegen (sogenannte
Boosts).
– Relativistisches Analog von (1).
– Werden Zeitkoordinate miteinbeziehen.
– Werden aufgrund von (11) ähnliche Struktur, wie Rotationsmatrizen aufweisen.
Versuch (Boost in x-Richtung):

+ cosh(φ) + sinh(φ) 0 0
 + sinh(φ) + cosh(φ) 0 0
Λ = Bx (φ) = 

0
0
1 0
0
0
0 1




... erfüllt η = ΛT ηΛ, wie man leicht nachrechnen kann.
7
(16)
• Analog Boosts in y- und z-Richtung:

+ cosh(φ)

0
Λ = By (φ) = 
 + sinh(φ)
0

+ cosh(φ)

0
Λ = Bz (φ) = 

0
+ sinh(φ)

0 + sinh(φ) 0
1
0
0 

0 + cosh(φ) 0 
0
0
1

0 0 + sinh(φ)

1 0
0
.

0 1
0
0 0 + cosh(φ)
(17)
(18)
• Diese 6 Lorentz-Transformationen (3 Boosts, 3 Rotationen) sind unabhängig, d.h. keine
dieser 6 Transformationen kann aus den jeweils anderen 5 zusammengesetzt werden (kann
man zeigen).
• Jede Lorentz-Transformation (d.h. jedes Λ, das (10) bzw. (11) erfüllt [ausgenommen Zeitund Raumspiegelungen]), kann durch geeignete Hintereinanderausführung der obigen 3
Boosts und 3 Rotationen zusammengesetzt werden (kann man zeigen).
• Was ist Bedeutung des Parameters φ (wird als Rapidität bezeichnet), d.h. in welcher
Beziehung steht er zur Boost-Geschwindigkeit v?
– Σ bewegt sich relativ zu Σ0 mit Geschwindigkeit v in x-Richtung, d.h. x0µ = Λµ ν xν
mit Λ = Bx entsprechend (16).
– Betrachte Weltlinie eines ruhenden Teilchens in Σ: xµT = (ct, 0) (Weltlinie ersetzt in
relativistischer Mechanik die Trajektorie).
– In Σ0 gilt
x0µ
= (ct0 , vt0 )
T
(19)
und damit
0 ct
+ cosh(φ) + sinh(φ)
ct
+ cosh(φ)ct
=
=
vt0
+ sinh(φ) + cosh(φ)
0
+ sinh(φ)ct
1
→ ct =
ct0
cosh(φ)
sinh(φ) 0
→ vt0 = sinh(φ)ct =
ct
cosh(φ)
sowie
v
=
c
sinh(φ)
cosh(φ)
= tanh(φ).
(20)
(21)
– Für v/c 1 (bzw. φ 1) gilt v/c ≈ φ (Taylor Näherung: tanh(x) = x + O(x3 )),
d.h. Geschwindigkeit und Rapidität sind gleichbedeutend (bis auf Faktor c).
– v/c → ±1 entspricht φ → ±∞.
XXXXX Bild-003 XXXXX
8
– Parametrisieren von Boosts durch Geschwindigkeiten v an Stelle von Rapiditäten φ
(benutze tanh(φ) = sinh(φ)/ cosh(φ) und cosh2 (φ) − sinh2 (φ) = 1):
v2
c2
→
→
→
→
=
sinh2 (φ)
cosh2 (φ)
=
cosh2 (φ) − 1
cosh2 (φ)
v2
cosh2 (φ) = cosh2 (φ) − 1
c2
v2
= 1
cosh2 (φ) 1 − 2
c
1
cosh2 (φ) =
1 − v 2 /c2
1
v2
,
2
2
1 − v /c c2
sinh2 (φ) = cosh2 (φ) − 1 =
p
d.h. mit β = v/c und γ = 1/ 1 − β 2 und wird (16) bis (18) zu


+γ +γβ 0 0
 +γβ +γ 0 0 

Λ = Bx (v) = 
 0
0
1 0 
0
0
0 1


+γ 0 +γβ 0
 0
1
0
0 

Λ = By (v) = 
 +γβ 0 +γ 0 
0
0
0
1


+γ 0 0 +γβ
 0
1 0
0 

Λ = Bz (v) = 
 0
0 1
0 
+γβ 0 0 +γ.
– Grenzfall v/c 1: γ = 1 + O((v/c)2 ) und damit
0 ct
ct
+γ +γβ
ct
= Bx (v)
=
=
x0
x
+γβ +γ
x
ct + O(v/c)
=
,
x + vt + O(v 2 /c2 )
(22)
(23)
(24)
(25)
(26)
d.h. man erhält die Galilei-Transformation (1) mit t0 = 0 und x0 = 0.
1.3
Obere und untere Indizes
• Um Ausrücke, in denen die Metrik ηµν vorkommt, z.B. xµ ηµν xν (Raumzeitabstand zu 0),
kompakter schreiben zu können, verwendet man obere Indizes (kontravariante Indizes),
z.B. xµ , und untere Indizes (kovariante Indizes), z.B. xµ .
• xµ 6= xµ , d.h. ob Indizes oben oder unten stehen ist von Bedeutung.
• Definition xµ : xµ = ηµν xν , d.h. mit Hilfe der Metrik kann ein oberer Index nach unten
gezogen werden.
9
• Da xµ = (ct, x), gilt xµ = (ct, −x). Damit kann z.B. der Raumzeitabstand zu 0 als
xµ xµ = xµ ηµν xν geschrieben werden.
• Da xµ ηµν xν invariant unter Lorentz-Transformationen (Lorentz-invariant) ist (siehe
(9)), ist auch xµ xµ Lorentz-invariant.
***** 22. April 2016 (4. Vorlesung) *****
• Allgemein: Sind die Indizes µ von Aµ und B µ Lorentz-Indizes, d.h. transformieren sich Aµ
und B µ unter Lorentz-Transformationen gemäß A0µ = Λµ ν Aν und B 0µ = Λµ ν B ν , dann gilt
A0µ Bµ0 = Λµ ρ Aρ ηµν Λν σ B σ
= Aρ ηρσ B σ
= Aρ B ρ
(27)
((10) wurde verwendet), d.h. wird über einen oberen und einen unteren Index summiert,
ist die Summe Lorentz-invariant.
• Wird über Indizes summiert, d.h. tritt ein Index doppelt auf, dann immer einmal oben
und einmal unten.
In SRT wird nie über zwei obere oder über zwei untere Indizes summiert.
Z.B. ist xµ xµ = c2 t2 + x2 nicht Lorentz-invariant und tritt daher in relativitisch sinnvollen Gleichungen nicht auf (sinnvolle Gleichungen müssen in allen Inertialsystemen gleich
aussehen).
• Definition: η µν ist invers zu ηµν , also im einfachen Fall der Minkowski Metrik
η µν = diag(+1, −1, −1, −1).
• Damit
xµ = ηµν xν
→
η ρµ xµ = η ρµ ηµν xν
| {z }
= xρ
=δρν
→
µ
µν
x = η xν ,
(28)
d.h. mit Hilfe der Metrik kann auch ein unterer Index nach oben gezogen werden (beim
Kronecker-δ stehen die Indizes immer unten, d.h. es wird nicht zwischen ko- und kontravarianten Indizes unterschieden; δµν deutet lediglich an, dass für µ 6= ν der Ausdruck gleich
0 ist).
• η µν ηνρ = diag(+1, +1, +1, +1) und η µν ηνρ = η µ ρ und damit η µ ρ = diag(+1, +1, +1, +1);
analog ηµ ρ = diag(+1, +1, +1, +1) (äquivalent zu δµν kann daher auch η µ ν bzw. ηµ ν verwendet werden, wobei im Gegensatz zu δµν die Unterscheidung und Bedeutung oberer und
unterer Indizes erhalten bleibt).
• Außerdem
Aµ Bµ = η µρ Aρ ηµσ B σ
= Aρ η ρµ ηµσ B σ
= Aρ B ρ
(η µν = η νµ und η µν ηνρ = δµρ wurde verwendet).
10
(29)
1.4
Relativistische Addition von Geschwindigkeiten
• “Addition” von gleichgerichteten Geschwindigkeiten (besser Kombination von Geschwindigkeiten):
– Ein Teilchen bewegt sich mit Geschwindigkeit u in Σ, d.h. xT = ut. Mit welcher Geschwindigkeit u0 bewegt es sich in Σ0 (wie gehabt bewegt sich Σ mit Geschwindigkeit
v in Σ0 )?
– Nicht-relativistisch: u0 = v + u.
– Relativistisch:
0 ct
+γ +γβ
ct
+γ +γβ
ct
=
=
=
x0T
+γβ +γ
xT
+γβ +γ
ut
γ(1 + βu/c)ct
=
γ(β + u/c)ct
ct0
γ(1 + βu/c)
γ(β + u/c)ct0
=
γ(1 + βu/c)
→
ct =
→
x0T
=
v+u 0
t
1 + vu/c2
(30)
(31)
und nach Vergleich mit x0T = u0 t0
u0 =
v+u
.
1 + vu/c2
(32)
• Addition von gleichgerichteten Rapiditäten:
– v, u zugeordnete Rapiditäten: φ, ψ, d.h. v/c = sinh(φ)/ cosh(φ) und
u/c = sinh(ψ)/ cosh(ψ).
– Einsetzen in (32):
sinh(ψ 0 )
sinh(φ)/ cosh(φ) + sinh(ψ)/ cosh(ψ)
=
=
0
cosh(ψ )
1 + sinh(φ) sinh(ψ)/ cosh(φ) cosh(ψ)
sinh(φ) cosh(ψ) + cosh(φ) sinh(ψ)
sinh(φ + ψ)
=
.
=
cosh(φ) cosh(ψ) + sinh(φ) sinh(ψ)
cosh(φ + ψ)
(33)
– Damit ψ 0 = φ + ψ, d.h. simple Addition von Rapiditäten.
• Vorteil von Rapiditäten gegenüber Geschwindigkeiten:
– Elegantere Formulierung, zeigt Parallelen zu Rotationen.
– Kombination von Rapiditäten einfach (simple Addition).
• Dennoch häufig Verwendung von Geschwindigkeiten an Stelle von Rapiditäten (entspricht
wohl eher unserer nicht-relativistischen Denkweise).
• (32) spiegelt Tatsache wieder, dass “Addition” zweier Geschwindigkeiten ≤ c wieder zu
Geschwindigkeit ≤ c führt.
XXXXX Bild-004 XXXXX
***** 26. April 2016 (5. Vorlesung) *****
11
• Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit und Kausalität:
– Vorwärtslichtkegel (bei 0): xµ xµ = 0 mit x0 ≥ 0.
Es besteht die Möglichkeit, Ereignisse im Vorwärtslichtkegel zu beeinflussen.
– Rückwärtslichtkegel (bei 0): xµ xµ = 0 mit x0 ≤ 0.
Es besteht die Möglichkeit, von Ereignissen im Rückwärtslichtkegel beeinflusst worden
zu sein.
– Alle Ereignisse außerhalb des Lichtkegels können weder beeinflusst werden, noch kann
man von ihnen beeinflusst worden sein.
XXXXX Bild-005 XXXXX
• Klassifikation von Raumzeitabständen:
– xµ xµ > 0: Zeitartiger Abstand zwischen xµ und 0, d.h. xµ im Lichtkegel von 0 und
umgekehrt.
– xµ xµ < 0: Raumartiger Abstand zwischen xµ und 0, d.h. xµ außerhalb des Lichtkegels von 0 und umgekehrt.
– xµ xµ = 0: Lichtartiger Abstand zwischen xµ und 0, d.h. xµ auf dem Lichtkegel
von 0 und umgekehrt, also xµ und 0 durch ein Lichtsignal verbunden.
XXXXX Bild-006 XXXXX
1.5
Zeitdilatation
• Zeit ist nicht absolut in SRT, Lorentz-Transformationen mischen Raum und Zeit.
• Die Uhr eines sich bewegenden Beobachters läuft aus Sicht eines ruhenden Beobachters
langsamer, als seine eigene Uhr (Zeitdilatation).
• Beobachter B ruht in Σ, Weltlinie xµ = (ct, 0), wobei t die Zeit ist, die Bs Uhr anzeigt.
• Beobachter B 0 ruht in Σ0 , Weltlinie x0µ = (ct0 , 0), wobei t0 die Zeit ist, die B 0 s Uhr anzeigt.
• Weltline von B in Σ0 :
0 ct
+γ +γβ
ct
γct
=
=
,
x0
+γβ +γ
0
γβct
(34)
d.h.
t0 = γt.
(35)
• Da γ ≥ 1, sieht B 0 die von B mitgeführte Uhr um
√ Faktor γ langsamer laufen als seine
eigene Uhr (z.B. für Relativgeschwindigkeit v = ( 3/2)c um Faktor γ = 2).
12
• Umgekehrt gilt das Gleiche, da sich B 0 in Σ mit Geschwindigkeit v bewegt:
t = γt0 ,
(36)
d.h. B sieht die von B 0 mitgeführte Uhr um den Faktor γ langsamer laufen als seine eigene
Uhr.
• Wie kann das sein? Wie ist (35) mit (36) vereinbar? Widerspruch?
• Erklärung: Ereignisse, die für B gleichzeitig stattfinden (z.B. Ablesen der eigenen Uhr und
der Uhr von B 0 ), finden für B 0 zu verschiedenen Zeiten statt (und umgekehrt).
• Besseres Verständnis durch Raumzeit-Diagramm:
– Relativgeschwindigkeit v zugeordnete Relativrapidität: φ = artanh(v/c).
– Splitte Boost von Σ nach Σ0 in zwei Boosts mit Rapidität φ/2 auf und führe ein neues
“Hilfsinertialsystem” Σ00 ein (nicht unbedingt notwendig, aber praktisch für schnelles
maßstabsgetreues Skizzieren von Raumzeitdiagrammen): Σ ←−φ/2 Σ00 →+φ/2 Σ0 .
– Zeichne Σ00 mit orthogonalen Koordinatenachsen (horizontal x00 , vertikal ct00 ) ohne
eine Skala aufzutragen.
– Zeichne Koordinatenachsen von Σ (aus Sicht von Σ00 ) ins gleiche Diagramm:
00
∗ Boost
Σ und Σ :
00 zwischen
+ cosh(φ/2) + sinh(φ/2)
ct
ct
=
=
x00
+ sinh(φ/2) + cosh(φ/2)
x
+ cosh(φ/2)ct + sinh(φ/2)x
.
(37)
=
+ sinh(φ/2)ct + cosh(φ/2)x
∗ t-Achse entspricht x = 0, hat in Σ00 die Form (cosh(φ/2), sinh(φ/2))ct, wird
parametrisiert durch t (Auftragen einer Skala noch nicht nötig).
∗ x-Achse entspricht t = 0, hat in Σ00 die Form (sinh(φ/2), cosh(φ/2))x, wird parametrisiert durch x (Auftragen einer Skala noch nicht nötig).
– Analog: Zeichne Koordinatenachsen von Σ0 (aus Sicht von Σ00 ) ins gleiche Diagramm:
0
00
∗ Boost
00 zwischen
Σ und Σ :
0 ct
+ cosh(φ/2) − sinh(φ/2)
ct
=
=
x00
− sinh(φ/2) + cosh(φ/2)
x0
+ cosh(φ/2)ct0 − sinh(φ/2)x0
=
.
− sinh(φ/2)ct0 + cosh(φ/2)x0
(38)
– Trage auf den vier Achsen (t, x, t0 , x0 ) die gleiche (beliebige) Skala ein (alle sind um
den gleichen Winkel bezüglich den orthogonalen Achsen (t00 und x00 ) verdreht bzw.
mit der gleichen Rapidität geboostet, d.h. gleicher Abstand zwischen Teilstrichen [der
Grund, warum es zweckmäßig ist, den Boost zwischen Σ und Σ0 zu splitten]).
XXXXX Bild-007 XXXXX
• Raumzeitdiagramm macht deutlich,
– dass Gleichzeitigkeit für B (parallele Linie zur x-Achse definiert durch t = const)
nicht Gleichzeitigkeit für B 0 (parallele Linie zur x0 -Achse definiert durch t0 = const)
entspricht,
13
– dass nach vergangener Zeit t in Σ (Anzahl der Einheiten auf der t-Achse um die die
“Gleichzeitigkeitslinie” von B verschoben ist) die Uhr von B 0 eine geringere Zeitdifferenz anzeigt (Anzahl der Einheiten auf der t0 -Achse bis zum Schnittpunkt mit der
Gleichzeitigkeitslinie von B),
– dass nach vergangener Zeit t0 in Σ0 (Anzahl der Einheiten auf der t0 -Achse um die
die Gleichzeitigkeitslinie von B 0 verschoben ist) die Uhr von B eine geringere Zeitdifferenz anzeigt (Anzahl der Einheiten auf der t-Achse bis zum Schnittpunkt mit der
Gleichzeitigkeitslinie von B 0 ),
XXXXX Bild-008 XXXXX
***** 29. April 2016 (6. Vorlesung) *****
• Beispiel: Kosmische Myonen (Myon = eine Art schweres Elektron).
– Entstehen bei Kollissionen der kosmischen Strahlung (vor allem aus dem Weltall
kommende Protonen) mit Atomkernen der oberen Atmosphäre (in ≈ 10 km Höhe).
– Mittlere Lebensdauer: τµ ≈ 2 × 10−6 s (Myon zerfällt in ein Elektron und zwei Neutrinos).
– Mittlere Geschwindigkeit: v ≈ 0.998 c.
– Nicht-relativistische Überlegung: vτ ≈ (3 × 108 m/s)(2 × 10−6 s) = 600 m, Myonen
würden also in ≈ 9 km Höhe bereits wieder zerfallen und sicher nicht die Erdoberfläche
erreichen.
– Sie werden aber auf der Erdoberfläche beobachtet. Warum?
– Relativistische Überlegung:
∗ Mittlere Lebensdauer bezieht sich auf Zeit im System des Myons.
∗ Die vom Myon mitgeführte Uhr läuft aber aus Sicht eines Experimentators auf der
Erdoberfläche langsamer aufgrund der Zeitdilatation, d.h. mittlere Lebensdauer
im System des Experimentators
1
τµ,Experimentator = γτµ = p
τ ≈ 15.8(2 × 10−6 s) =
1 − v 2 /c2
= 31.6 × 10−6 s.
∗ Zurückgelegte Strecke aus Sicht des Beobachters auf der Erdoberfläche:
vτµ,Experimentator ≈ (3 × 108 m/s)(31.6 × 10−6 s) = 9480 m.
∗ Ein signifikanter Teil der Myonen erreicht also die Erdoberfläche.
1.6
(39)
Längenkontraktion
• Bewegt sich ein Objekt relativ zu einem Beobachter, ist es aus dessen Sicht in Bewegungsrichtung kürzer, als wenn es relativ zu diesem Beobachter ruht (Längenkontraktion).
• Betrachte Stab in 1 Raumdimensdion, Endpunkte A und B.
• Stab ruht in Σ, Weltlinien der Endpunkte in Σ sind xµA = (ct, 0) und xµB = (ct, L), d.h.
Stab hat in Ruhe Länge L.
14
• Längenmessung in Σ0 zum Zeitpunkt t0 = 0:
– Lorentz-Transformation zwischen Σ und Σ0 :
0 ct
+γ +γβ
ct
=
.
x0
+γβ +γ
x
(40)
– Endpunkt A: x0A (t0 = 0) = 0 (da (ct0 , x0 ) = 0 ↔ (ct, x) = 0).
– t0 = 0 liefert Beziehung zwischen t und x, 0 = ct + βx, d.h. abhängig von der räumlichen Koordinate x in Σ entsprechen verschiedene Zeitpunkte t in Σ dem gleichen
Zeitpunkt t0 = 0 in Σ0 .
– Eine Längenmessung ist ein Vergleich der Endpunkte A und B zu gleicher Zeit, hier
bei t0 = 0 in Σ0 (in Σ entspricht diese Längenmessung in Σ0 einem Vergleich der
Endpunkte A und B zu verschiedenen Zeiten).
– Endpunkt B:
x0B (t0 = 0) = γ vt(t0 = 0, xB ) + xB
= γ − vβL/c + L
=
1
L.
γ
(41)
• Da γ ≥ 1, ist der bewegte Stab in Σ0 um den Faktor γ kürzer als der unbewegte Stab in
Σ.
• Besseres Verständnis durch Raumzeitdiagramm.
XXXXX Bild-009 XXXXX
• Umgekehrt gilt das Gleiche, d.h. z.B. für zwei sich entgegenkommende Autofahrer ist das
Auto des jeweils anderen Fahrers in Fahrtrichtung längenkontrahiert.
• Beispiel: Kosmische Myonen.
– Mittlere Lebensdauer τ ≈ 2 × 10−6 s bezieht sich auf Zeit im System des Myons.
– Abstand zur Erdoberfläche ist längenkontrahiert, da sich umgebener Raum einschließlich Erde relativ zum Myon mit Geschwindigkeit v ≈ 0.998 c bewegt, statt ≈ 10 km
im System des Myons nur
p
1
(10 km) =
1 − v 2 /c2 (10 km) ≈ 0.063(10 km) = 630 m.
(42)
γ
– vτ ≈ (3 × 108 m/s)(2 × 10−6 s) = 600 m, d.h. gleiches Ergebnis wie in Abschnitt 1.5,
diesmal im System des Myons berechnet: Ein signifikanter Teil der Myonen erreicht
die Erdoberfläche.
1.7
Eigenzeit, Zwillingsparadoxon
• Lorentz-Transformationen sind lineare Abbildungen, daher auch für finite Differenzen
∆xµ = xµB − xµA und infinitesimale Differenzen dxµ = (c dt, dx) gültig,
∆x0µ = Λµ ν ∆xν
,
dx0µ = Λµ ν dxν .
15
(43)
• Eigenzeit (meistens mit τ bezeichnet): Zeit, die für einen Beobachter B (muss sich nicht
mit einem Inertialsystem bewegen, d.h. kann beschleunigen und/oder abbremsen) vergeht,
d.h. auf seiner mitgeführten Uhr angezeigt wird (Definition unabhängig vom System, d.h.
Eigenzeit τ ist Lorentz-invariant).
0 0 0
• Bewegung von B in Σ0 : x0µ
B = (ct , x (t )).
XXXXX Bild-010 XXXXX
• Für infinitestimale Zeitspanne dt0 hat B konstante Geschwindigkeit in Σ0 ,
v 0 (t0 ) =
dx0 (t0 )
,
dt0
(44)
ruht also in relativ bewegtem Inertialsystem Σ (geboostet mit v 0 (t0 ) bezüglich Σ0 ), daher
dt0 = γdt
(45)
((35), Zeitdilatation); dτ = dt, d.h. dt entspricht Beitrag zur Eigenzeit.
***** 03. Mai 2016 (7. Vorlesung) *****
• Berechnung der Eigenzeit:
dτ
→
=
τ
p
1 0
dt =
1 − v 02 (t0 )/c2 dt0
γ
Z
Z τf
dτ =
= τf − τi =
t0f
dt0
p
1 − v 02 (t0 )/c2 ,
(46)
t0i
τi
wobei Indizes i und f Anfangs- und Endpunkt der Bewegung bezeichnen (initial, final).
• Außerdem gilt
dτ
=
p
1−
v 02 (t0 )/c2 dt0
=
1
c
s
c2 dt02
−
dx0
dt0
2
dt02 =
1 q 0µ 0
dx dxµ ,
c
(47)
wobei dx0µ dx0µ ein Produkt zweier Vierervektoren und damit Lorentz-invariant ist.
– Explizit gezeigt, dass dτ und damit Eigenzeit τ Lorentz-invariant ist.
– Eigenzeit entspricht zurückgelegter Entfernung in Raumzeit (nicht Euklidische Entfernung, sondern Entfernung berechnet mit Minkowski-Metrik ηµν ).
• Zwillingsparadoxon (kein Paradoxon, zumindest nicht für den gebildeten Physiker):
– Bewegung mit nahezu Lichtgeschwindigkeit: Uhr des Reisenden steht aus Sicht des
umgebenden Raums fast still, d.h. kein Altern des Reisenden, z.B. kann ein Mensch
(Lebenserwartung ≈ 100 y) so problemlos zu einem 1000 ly entfernten Stern reisen
(y = Jahr, ly = Lichtjahr).
– Beispiel: Reise zu 1 ly entfernten Stern und zurück mit v 2 /c2 = 0.99:
16
∗ Auf Erde vergehen ∆t ≈ 2 y.
∗ Für Reisenden vergehen
p nur
∆τ = (1/γ)∆t =
1 − v 2 /c2 ∆t ≈ 0.14(2 y) ≈ 3.4 Monate, er ist also kaum
gealtert, während seine Freunde 2 Jahre älter sind.
– Aber: Zeit auf Erde vergeht aus Sicht des Reisenden auch langsamer, d.h. müssten
bei umgekehrter Betrachtungsweise nicht die zurückgebliebenen Freunde auf der Erde
weniger schnell gealtert sein? Widerspruch?
– Nein, “gegenseitige Zeitdilatation” ((35) und (36)) gilt nur für Inertialsysteme:
∗ Beim Wendemanöver ist das System des Reisenden kein Inertialsystem.
∗ Durch Wendemanöver verändert sich die relative Ausrichtung der Koordinatenachsen der Inertialsysteme des Reisenden Σ (unterscheide Hin- und Rückflugintertialsystem) zum Erdinertialsystem Σ0 . (“Zeit auf Erde vergeht rasant während
Wendemanövers.”)
∗ Besseres Verständnis durch Raumzeitdiagramme.
XXXXX Bild-011 XXXXX
1.8
Viergeschwindigkeit und Viererimpuls
• Im Rahmen der SRT sinnvolle Gleichungen sehen in allen Inertialsystemen gleich aus, d.h.
sind forminvariant unter Lorentz-Transformationen; sie können daher nur aus LorentzSkalaren (= Lorentz-invariante Größen), Lorentz-Vektoren (= Vierervektoren) und LorentzTensoren (= Objekte, mit zwei oder mehr Lorentz-Indizes) aufgebaut sein.
• Ziel relativistische Verallgemeinerung der Newtonschen BGl
d
d
d2
p = m v = m 2 x = F.
dt
dt
dt
(48)
– t ist keine Lorentz-Invariante, sondern eine Komponente des Vierervektors xµ , d.h.
t und ebenso d/dt sollten (ohne die verbleibenden drei anderen Komponenten) nicht
in einer relativistischen Gleichung auftreten.
– x ist kein Vierervektor, sondern nur ein Teil davon, die drei räumlichen Komponenten.
• Versuch: t → τ (Eigenzeit statt Zeit) und x → xµ (Raumzeitvektor statt Position).
• Damit relativistische Verallgemeinerung der Geschwindigkeit:
v =
d
x
dt
→
uµ =
d µ
x
dτ
(49)
(Vierergeschwindigkeit).
• Interpretation der vier Komponenten durch Verwendung von dt = γdτ :
uµ =
dxµ
dτ
=
dxµ dt
dt dτ
=
dxµ
γ
dt
= (γc, γv).
17
(50)
– Die räumlichen Komponenten der Vierergeschwindigkeit u entsprechen nicht der Geschwindigkeit v, sondern γv.
p
– Nicht-relativistischer Grenzfall: γ = 1/ 1 − v 2 /c2 = 1 + O((v/c)2 ) und damit
uµ = (c, v)(1 + O((v/c)2 )), also u ≈ v.
– uµ uµ = c2 ,
∗ entweder durch explizites Ausrechnen,
uµ uµ = (u0 )2 − u2 = γ 2 c2 − v2
= c2 ,
(51)
∗ oder durch “einfaches Auswerten” in geschickt gewähltem Inertialsystem, dem
mitbewegten System mit v = 0, d.h. γ = 1 und uµ = (c, 0),
uµ uµ = (u0 )2 − u2 = c2
(52)
µ
(u uµ ist Lorentz-invariant und damit in jedem Inertialsystem gleich).
• Damit relativistische Verallgemeinerung des Impulses:
p = mv = m
d
x
dt
→
pµ = muµ = m
d µ
x
dτ
(53)
(Viererimpuls).
***** 06. Mai 2016 (8. Vorlesung) *****
– pµ = (mγc, mγv).
– Relativistische Energie-Impuls-Beziehung:
pµ pµ = (p0 )2 − p2 = m2 c2
(54)
und damit
p
p
p
p0 c =
m2 c4 + p2 c2 = mc2 1 + (mγv)2 /m2 c2 = mc2 1 + γ 2 v2 /c2 =
γ 2 v2
v2
2
4
2
4
= mc 1 +
+ O((v/c) )
= mc 1 + 2 + O((v/c) )
≈
2c2
2c
mv2
≈ mc2 +
(55)
2
√
( 1 + x = 1 + x/2 + O(x2 ) und γ = 1 + O((v/c)2 ) wurden verwendet); mv2 /2 ist die
nicht-relativistische kinetische Energie, daher Interpretation p0 = E/c, wobei E die
Energie bezeichnet,
pµ = (E/c, p) ,
(E/c)2 = m2 c2 + p2 .
(56)
– Energie eines ruhenden Teilchens: E = mc2 (“Einsteins bekannte Formel”).
1.9
Relativistische BGl
• Relativistische Verallgemeinerung der Newtonschen BGl
d
d
d2
p = m v = m 2x = F
dt
dt
dt
(57)
18
gemäß
d µ
d
d2
p = m uµ = m 2 xµ = K µ .
dτ
dτ
dτ
(58)
• Nicht-relativistische Kraft F wird durch Vierervektor K µ ersetzt (K µ muss Vierervektor
sein, da linke Seite [z.B. d2 xµ /dτ 2 ] Vierervektor ist und Gleichung sonst relativistisch nicht
sinnvoll wäre):
• Bedingung an K µ durch Multiplikation von (58) mit pµ :
– Linke Seite:
d
1 d
pµ pµ =
pµ pµ =
dτ
2 dτ
1 d 2 2
m c = 0.
2 dτ
(59)
– Rechte Seite: pµ K µ .
– Damit Bedingung
0 = pµ K µ .
(60)
– Z.B. im Ruhesystem des Teilchen pµ = (mc, 0) und damit K µ = (0, K).
• Bedeutung der räumlichen Komponenten von K µ :
– Newtonsche BGl (57) gilt für kleine Geschwindigkeiten, d.h. zum jedem beliebigem
Zeitpunkt in einem mit der Geschwindigkeit v(t) mitbewegten Intertialsystem Σ0 (in
diesem System hat das Teilchen Geschwindigkeit v 0 = 0):
m
d2
d2 0µ
x
=
m
(ct0 , x0 ) = (0, F).
dτ 2
dt02
(61)
– Vergleich mit (58) führt zu K 0µ = (K 00 , K0 ) = (0, F).
– Die relativistische Kraft im Laborsystem ergibt sich durch Lorentz-Transformation,
z.B. bei Bewegung des Teilchens in x-Richtung über
K µ = Λµ ν K 0ν
1.10
= (Bx (v))µ ν K 0ν
= (+γβFx , +γFx , Fy , Fz ).
(62)
Viererimpluserhaltung, relativistische Streuprozesse und Zerfälle
• Abgeschlossenes System in nicht-relativistischer Mechanik: Erhaltung des Gesamtimpulses,
X
pj
= const
(63)
j
(siehe “Theoretische Physik 1 – Mathematische Methoden”, Abschnitt 6.3).
• Relativitisches Analog: Erhaltung des Gesamtviererimpulses (Viererimpulserhaltung),
X
pµj = const
(64)
j
(µ: Lorentz-Index; j: Teilchenindex).
19
• Wichtige Anwendung bei Streuprozessen,
A + B → C1 + C2 + . . . ,
(65)
und bei Zerfällen,
A → B1 + B2 + . . . ,
(66)
wobei A, B(j) und C(j) Teilchen bezeichnen.
• Einfaches Beispiel: Zerfall von einem Teilchen A in zwei Teilchen B und C,
A → B + C.
(67)
– Viererimpulserhaltung:
pµA = pµB + pµC .
(68)
– Diese vier Gleichungen schränken die möglichen Energien und Impulse der Teilchen
A, B und C ein.
– Häufig zweckmäßig: “Quadrieren” von (68) und Auswerten in geeignetem Inertialsystem.
∗ Z.B.
(69)
pA,µ pµA = (pB + pC )µ (pB + pC )µ = pB,µ pµB + pC,µ pµC + 2pB,µ pµC
(pC,µ pµB = pνC ηνµ pµB = pνC pB,ν = pB,µ pµC ) bzw. in kompakterer und übersichtlicherer Notation
p2A = p2B + p2C + 2pB pC
m2A c2 = m2B c2 + m2C c2 + 2pB pC
(m2A − m2B − m2C )c2
→ pB pC =
(70)
2
((54) wurde verwendet, d.h. p2 = m2 c2 in jedem Inertialsystem); Auswerten im
Ruhesystem von B (pµB = (mB c, 0), pµC = (EC /c, pC )) liefert
(m2A − m2B − m2C )c2
EC =
,
(71)
2mB
die Energie von C im Ruhesystem von B; der Impulsbetrag von C im Ruhesystem von B lässt sich über die relativistische Energie-Impuls-Beziehung (54)
bestimmen,
q
|pC | =
EC2 /c2 − m2C c2 .
(72)
→
***** 10. Mai 2016 (9. Vorlesung) *****
∗ Will man Aussagen im Ruhesystem des zerfallenden Teilchens A treffen
(pµA = (mA c, 0), pµB = (EB /c, pB )), muss (68) vor dem Quadrieren umgestellt
20
werden,
pµA − pµB
= pµC
p2A + p2B − 2pA pB
→
→
→
→
= p2C
m2A c2 + m2B c2 − 2pA pB = m2C c2
(m2A + m2B − m2C )c2
pA pB =
2
2
2
(mA + mB − m2C )c2
EB =
2mA
q
2 /c2 − m2 c2 ;
|pB | =
EB
B
(73)
außerdem folgt im Ruhesystem von A aus (68)
pB = −pC .
(74)
∗ Konkretes Beispiel aus der Elementarteilchenphysik: Ein ruhendes ρ-Meson
(mρ = 775 MeV/c2 ) zerfällt in zwei Pionen (mπ = 140 MeV/c2 ), ρ → π + π.
· Die beiden enstandenen Pionen haben Energie
(m2ρ + m2π − m2π )c2
mρ c2
=
= 388 MeV
(75)
Eπ =
2mρ
2
und entgegengesetzten Impuls mit Betrag
p
|pπ | =
Eπ2 /c2 − m2π c2 = 362 MeV/c
(76)
sowie Geschwindigkeit mit Betrag
|pπ | = mπ γ|vπ |
s
p2π
→ |vπ | =
c = 0.93 × c
(77)
m2π c2 + p2π
(über die Impuls- und Geschwindigkeitsrichtungen kann so keine weitere Aussage getroffen werden).
21
2
Lagrange-Formalismus
• Wiki: “Der Lagrange-Formalismus ist in der Physik eine 1788 von Joseph Louis Lagrange eingeführte Formulierung der klassischen Mechanik, in der die Dynamik eines Systems durch eine einzige skalare Funktion, die Lagrange-Funktion, beschrieben wird. ...
Aus der Lagrange-Funktion lassen sich die Bewegungsgleichungen mit den Euler-LagrangeGleichungen der Variationsrechnung aus dem Prinzip der kleinsten Wirkung bestimmen.
Diese Betrachtungsweise vereinfacht viele physikalische Probleme, da sich, im Gegensatz zu der Newtonschen Formulierung der Bewegungsgesetze, im Lagrange-Formalismus
Zwangsbedingungen relativ einfach durch ... die geeignete Wahl generalisierter Koordinaten berücksichtigen lassen. ...”
• Außerdem ist der Lagrange-Formalismus geradlinig auf fortgeschrittenere Theorien, z.B.
Feldtheorien (Elektrodynamik, Quantenchromodynamik, Allgemeine Relativitätstheorie,
etc.), anwendbar.
2.1
Prinzip der kleinsten Wirkung
• Pädagogische und unterhaltsame Einführung: Feynman Lectures, Volume 2, Chapter 19,
“The Principle of Least Action”,
http://www.feynmanlectures.caltech.edu/II 19.html.
• Betrachte im Folgenden ein nicht-relativistisches Teilchen (Position/Trajektorie
r = (r1 , r2 , r3 ) = (x, y, z), Masse m) in einem Potential V (r) (also in einem konservativen
Kraftfeld).
• Lagrange-Funktion:
L(ṙ, r, t) = T − V.
(78)
– T : Kinetische Energie, d.h. hier T = (m/2)ṙ2 .
– V : Potentielle Energie, d.h. hier V = V (r).
– Explizite Zeitabhängigkeit selten, d.h. i.d.R. L = L(ṙ, r).
– L ist Funktion, bildet Parameter (d.h. Zahlen) ṙ(t) (nicht Funktion ṙ(t), sondern ṙ
zu fester Zeit t), r(t) (nicht Funktion r(t), sondern r zu fester Zeit t), t auf eine Zahl
L ab.
• Wirkung:
Z
tf
S[r] =
dt L(ṙ, r, t).
(79)
ti
– S ist Funktional, bildet Funktion r(t) auf eine Zahl S ab.
• Prinzip der kleinsten Wirkung (Hamiltonsches Prinzip):
– Von allen denkbaren Trajektorien von Ort ri bei Zeit ti zu Ort rf bei Zeit tf ist in
der Natur diejenige relaisiert, die die Wirkung S[r] extremal (i.d.R. minimal) macht.
22
– Mathematisch ausgedrückt δS = 0, da
δS
= 0
Z
=
tf
dt
ti
→
δS
δrj (t)
X δS
δrj (t)
δrj (t)
j
= 0
(ist Bedingung für Extremum von S).
(80)
– Was bedeutet diese mathematische Schreibweise im Detail?
∗ 1-dimensionales Analogon: S(r) (S ist Funktion; r ist Variable, keine Funktion):
dS = 0
dS
dr
=
dr
dS
→
= 0 (ist Bedingung für Extremum von S).
(81)
dr
XXXXX Bild-012 XXXXX
∗ 3n-dimensionales Analogon: S(rkj ) (S ist Funktion; rkj [j = 1, 2, 3, k = 1, 2, . . . , n]
sind Variablen, keine Funktionen):
dS = 0
n X
X
∂S j
=
drk
j
∂r
k
k=1 j
→
∂S
∂rkj
= 0
j
∇(rk ) S
bzw.
= 0
(ist Bedingung für Extremum von S).
(82)
∗ “Kontinuierlicher Index” t in (80) ersetzt diskreten Index k in (82).
∗ δ/δrj (t) nennt man Funktionalableitung, entspricht der partiellen Ableitung
von S nach dem speziellen Funktionswert rj (t).
Rt
∗ P
Integral (= “Summe über kontinuierlichen Index”) tif dt in (80) ersetzt Summe
n
k=1 in (82).
j
∗ δr (t) ist infinitesimale Variation der Funktionen rj (t).
XXXXX Bild-013 XXXXX
∗ Entsprechendes Teilgebiet der Mathematik, das sich mit Minimierung/Maximierung
von Funktionalen beschäftigt, heißt Variationsrechnung.
***** 13. Mai 2016 (10. Vorlesung) *****
2.2
Variationsrechnung, Euler-Lagrange-Gleichungen
• Aufgabenstellung: Finde Trajektorie r(t) mit r(ti ) = ri und r(tf ) = rf , die Wirkung S
(Gleichung (79)) extremal macht.
• Berechne dazu Veränderung δS bei Variation δr, wobei r an den Randpunkten ti und tf
festgehalten wird, d.h. δr(ti ) = δr(tf ) = 0:
Z tf
Z tf
Z tf
δS = δ
dt L(ṙ, r, t) =
dt L(ṙ + δ ṙ, r + δr, t) −
dt L(ṙ, r, t)
(83)
ti
ti
ti
23
(δ ṙ = (d/dt)δr, d.h. δ ṙ und δr nicht unabhängig).
• Es gilt
L(ṙ + δ ṙ, r + δr, t) = L(ṙ, r, t) +
∂L(ṙ, r, t) j ∂L(ṙ, r, t) j
δ ṙ +
δr
∂ ṙj
∂rj
(84)
(siehe “Theoretische Physik 1 – Mathematische Methoden”, Abschnitt 5.2).
• Damit
Z
δS
tf
=
Z
ti
tf
=
ti
|
∂L(ṙ, r, t) j ∂L(ṙ, r, t) j
dt
δ ṙ +
δr
=
∂ ṙj
∂rj
Z tf d ∂L(ṙ, r, t) j
d ∂L(ṙ, r, t) ∂L(ṙ, r, t)
dt
dt −
δrj
δr +
+
dt
∂ ṙj
dt
∂ ṙj
∂rj
ti
{z
}
t=tf
∂L(ṙ,r,t)
=
δrj =0
∂ ṙ j
t=ti
(zunächst partielle Integration, dann Einsetzen von δrj (ti ) = δrj (tf ) = 0).
• Da δS = 0 für beliebige δr gelten soll, folgt
∂L
d ∂L
− j
j
dt ∂ ṙ
∂r
= 0
,
j = 1, 2, 3
(85)
(d.h. eine DGl für jede Raumdimension), die sogenannten Euler-Lagrange-Gleichungen
(im mathematischen Kontext) oder Lagrange-Gleichungen bzw. Lagrangesche BGls
(im physikalischen Kontext).
• L = T − V mit
T
→
→
→
m 2
ṙ
2
d ∂L
−
dt ∂ ẋ
d ∂L
−
dt ∂ ẏ
d ∂L
−
dt ∂ ż
=
,
∂L
∂x
∂L
∂y
∂L
∂z
V
= V (r)
= 0
→
= 0
→
= 0
→
∂V
∂x
∂V
mÿ +
∂y
∂V
mz̈ +
∂z
mẍ +
= 0
= 0
= 0
(86)
(es ergeben sich Newontonsche BGls in 3 Raumdimensionen, d.h. Prinzip der kleinsten
Wirkung mit L = T + V ist äquivalent zu Newtonschen BGls [falls Potential existiert, also
Kräfte konservativ sind]).
2.3
Generalisierte Koordinaten
• Betrachte im Folgendem ein System von N Massenpunkten (Massen mj , kartesische Koordinaten rj , j = 1, . . . , N ).
• Häufig liegen Ñ Zwangsbedingungen vor, z.B.
24
– Pendel (N = 1, Ñ = 1): r2 = R2 ;
– ebenes Pendel (N = 1, Ñ = 2): r2 = R2 , y = 0;
– Doppelpendel (N = 2, Ñ = 2): r21 = R12 , (r2 − r1 )2 = R22 ;
– Bewegung auf Schraubenlinie (“gleitende Perle auf entsprechend gebogenem Draht”;
N = 1, Ñ = 2): x2 + y 2 = R2 , z = . . . (hier sind die Zwangsbedingungen in kartesischen Koordinaten nicht einfach zu formulieren).
XXXXX Bild-014 XXXXX
***** 17. Mai 2016 (11. Vorlesung) *****
• Lösen der Newtonschen BGls in kartesischen Koordinaten bei vorliegenden Zwangsbedingungen i.d.R. schwierig.
• Zweckmäßig ist Übergang zu f = 3N − Ñ generalisierten Koordinaten q 1 , . . . , q f ,
definiert durch
rj
= rj (q 1 , . . . , q f ) ,
j = 1, . . . , N,
(87)
die Positionen der Massenpunkte vollständig beschreiben und gleichzeitig sicherstellen,
dass Zwangsbedingungen erfüllt sind (f ist Anzahl der Freiheitsgrade des Systems).
• Mögliche generalisierte Koordinaten für obige Beispiele:
– Pendel (f = 2), (q 1 , q 2 ) = (ϑ, ϕ):
x = R sin(ϑ) cos(ϕ)
,
y = R sin(ϑ) sin(ϕ)
,
z = −R cos(ϑ)
(88)
(Kugelkoordinaten mit r = R = const; Pendelbewegung entspricht Bewegung auf
Kugelfläche).
– Ebenes Pendel (f = 1), q 1 = ϑ:
x = R sin(ϑ) ,
y = 0
,
z = −R cos(ϑ)
(89)
(Polarkoordinaten mit r = R = const; ebene Pendelbewegung entspricht Bewegung
auf Kreislinie).
– Doppelpendel (f = 4), (q 1 , . . . , q 4 ) = (ϑ1 , ϕ1 , ϑ2 , ϕ2 ):
x1 = R1 sin(ϑ1 ) cos(ϕ1 )
y1 = R1 sin(ϑ1 ) sin(ϕ1 )
z1 = −R1 cos(ϑ1 )
x2 = x1 (ϑ1 , ϕ1 ) + R2 sin(ϑ2 ) cos(ϕ2 )
y2 = y1 (ϑ1 , ϕ1 ) + R2 sin(ϑ2 ) sin(ϕ2 )
z2 = z1 (ϑ1 , ϕ1 ) − R2 cos(ϑ2 ).
(90)
– Bewegung auf Schraubenlinie (f = 1), q 1 = ϕ:
ϕ
x = R cos(ϕ) , y = R sin(ϕ) , z =
d.
2π
25
(91)
XXXXX Bild-014 XXXXX
• Wahl generalisierter Koordinaten nicht eindeutig; z.B. könnte man in (88) an Stelle von
z = −R cos(ϑ) auch z = +R cos(ϑ) wählen oder (falls Bewegung nur auf unterer Halbkugel
stattfindet) statt Kugelkoordinaten (q 1 , q 2 ) = (x, y) mit
x = x
,
y = y
,
p
z = − R 2 − x2 − y 2 .
(92)
• Physikalische Ergebnisse unabhängig von Wahl generalisierter Koordinaten, Lösung der
zugehörigen BGls (siehe Abschnitt 2.4) bei geschickter Koordinatenwahl oft sehr einfach.
• Die in “Theoretische Physik 1 – Mathematische Methoden”, Kapitel 7 eingeführten krummlinigen Polar-, Zylinder- und Kugelkoordinaten können ebenfalls als generalisierte Koordinaten betrachtet werden (dann Ñ = 0 und f = 2N [Polarkoordinaten] bzw. f = 3N
[Zylinder- und Kugelkoordinaten]).
2.4
Euler-Lagrange-Gleichungen für generalisierte Koordinaten
• Bei Lösung des Variationsproblems in Abschnitt 2.2 (Minimierung des Wirkungsfunktionals, Herleitung der Euler-Lagrange-Gleichungen) wurde nicht benutzt, dass r = rj =
(x, y, z), also r drei kartesische Koordinaten beschreibt; (85) gilt für beliebige Anzahl und
Art von Koordinaten rj → q j , j = 1, . . . , f ,
d ∂L
∂L
− j
dt ∂ q̇ j
∂q
= 0
,
j = 1, . . . , f.
(93)
• Nach Wahl geeigneter generalisierter Koordinaten q j und Ausdrücken der Lagrange-Funktion L = T − V durch q̇ j und q j , können BGls (in die existierende Zwangsbedingungen
bereits integriert sind) in nahezu trivialer Weise gewonnen werden (einfaches Ableiten
gemäß (93)).
• Beispiele:
– Bewegung in 1 Raumdimension, q 1 = x,
m 2
m 2
T =
ẋ , V = V (x) → L =
ẋ − V (x)
2
2
d ∂L ∂L
∂V
→
−
= 0 → mẍ +
= 0
dt ∂ ẋ
∂x
∂x
(wie erwartet ergibt sich Newontonsche BGl in 1 Raumdimension).
(94)
– Bewegung in 2 Raumdimensionen, Polarkoordinaten, (q 1 , q 2 ) = (r, ϕ),
m 2
m 2
T =
ṙ + r2 ϕ̇2
, V = V (r, ϕ) → L =
ṙ + r2 ϕ̇2 − V (r, ϕ)
2
2
d ∂L ∂L
∂V
→
−
= 0 → mr̈ − mrϕ̇2 +
= 0
dt ∂ ṙ
∂r
∂r
d ∂L ∂L
d
∂V
∂V
→
−
= 0 →
mr2 ϕ̇ +
= mr2 ϕ̈ + 2mrṙϕ̇ +
= 0
dt ∂ ϕ̇ ∂ϕ
dt
∂ϕ
∂ϕ
(95)
26
(T in Polarkoordinaten: siehe “Theoretische Physik 1 – Mathematische Methoden”,
Abschnitt 7.1).
– Ebenes Pendel im homogenen Gravitationsfeld, q 1 = ϑ (siehe Abschnitt 2.3),
m 2 2
T =
R ϑ̇ , V = mgz = −mgR cos(ϑ) →
2
m 2 2
→ L =
R ϑ̇ + mgR cos(ϑ)
2
d ∂L ∂L
−
= 0 → mR2 ϑ̈ + mgR sin(ϑ) = 0 →
→
dt ∂ ϑ̇
∂ϑ
g
→ ϑ̈ = − sin(ϑ).
(96)
R
XXXXX Bild-015 XXXXX
***** 20. Mai 2016 (12. Vorlesung) *****
• BGls sind jeweils Systeme von f gewöhnlichen gekoppelten DGls 2-ter Ordnung, genau
wie Newtonsche BGls, damit analoges Vorgehen beim Lösen:
(1) Allgemeine Lösung finden (muss 2f frei wählbare unabhängige Konstanten enthalten).
(2) Unabhängige Konstanten so wählen, dass 2f ABs erfüllt sind (diese sind durch Aufgabenstellung vorgegeben), z.B. q j (t = 0) = q0j , q̇ j (t = 0) = q̇0j , j = 1, . . . , f .
• Vorteile des Lagrange-Formalismus gegenüber Newtonscher Formulierung der Mechanik:
– Vergleichsweise einfaches Aufstellen von BGls bei Zwangsbedingungen und/oder
krummlinigen Koordinaten.
– Lagrange-Formalismus sehr universell, z.B. auch für Feldtheorien wie Elektrodynamik
oder QCD anwendbar.
Siehe auch Anfang von Kapitel 2.
2.5
Zusammenfassung und Beispiele
• Typisches Vorgehen bei Lösung von Mechanik-Problemen mit Lagrange-Formalismus:
(1) Geeignete generalisierte Koordinaten q j wählen.
(2) Kinetische Energie T durch generalisierte Koordinaten ausdrücken.
(3) Potentielle Energie V durch generalisierte Koordinaten ausdrücken.
(4) Lagrange-Funktion niederschreiben, L = T − V .
(5) BGls über Euler-Lagrange-Gleichungen (93), d.h. durch Ableiten bestimmen.
(6) BGls lösen (zunächst allgemeine Lösung, dann Anpassen der unbestimmten Konstanten an gegebene ABs).
(7) Lösungen checken und diskutieren (einfache und/oder bekannte Grenzfälle studieren,
Kernaussagen der erhaltenen Lösungen in Worte fassen, etc.).
27
2.5.1
Massenpunkt auf rotierender Stange
• Stange rotiert mit konstanter Winkelgeschwindigkeit ω in x-y-Ebene um ihr Zentrum,
Massenpunkt (Masse m) gleitet auf dieser Stange.
• Generalisierte Koordinate q 1 = r (Abstand vom Zentrum der Stange/Rotation),
r cos(ωt)
r =
r sin(ωt)
ṙ cos(ωt) − rω sin(ωt)
→ ṙ =
ṙ sin(ωt) + rω cos(ωt)
m 2
m 2
→ L = T =
ṙ =
ṙ + ω 2 r2 .
2
2
(97)
• BGl über Euler-Lagrange-Gleichung:
d ∂L ∂L
−
dt ∂ ṙ
∂r
= mr̈ − mω 2 r = 0
r̈ = ω 2 r
→
(98)
(Interpretation: mω 2 r ist Zentrifugalkraft).
• Allgemeine Lösung:
r = Ae
2.5.2
+ωt
+ Be
−ωt
bzw. r =
+ωt
Ae
+ Be
−ωt
cos(ωt) .
sin(ωt)
(99)
Ebenes Doppelpendel im homogenen Gravitationsfeld
• Generalisierte Koordinaten (q 1 , q 2 ) = (ϑ1 , ϑ2 ),
+R2 sin(ϑ2 )
+R1 sin(ϑ1 )
, r2 = r1 +
−R2 cos(ϑ2 )
−R1 cos(ϑ1 )
+R1 cos(ϑ1 )ϑ̇1
+R2 cos(ϑ2 )ϑ̇2
→ ṙ1 =
, ṙ2 = ṙ1 +
+R1 sin(ϑ1 )ϑ̇1
+R2 sin(ϑ2 )ϑ̇2
m1 2 m2 2
→ L = T −V =
r˙1 +
r˙2 − m1 gz1 − m2 gz2 =
2
2
m1 2 2 m2
=
R1 ϑ̇1 +
R12 ϑ̇21 + R22 ϑ̇22 + 2R1 R2 cos(ϑ1 ) cos(ϑ2 ) + sin(ϑ1 ) sin(ϑ2 ) ϑ̇1 ϑ̇2
|
{z
}
2
2
r1 =
=cos(ϑ1 −ϑ2 )
+m1 gR1 cos(ϑ1 ) + m2 g R1 cos(ϑ1 ) + R2 cos(ϑ2 )
=
=
m1 + m2 2 2 m2 2 2
R1 ϑ̇1 +
R ϑ̇ + m2 R1 R2 cos(ϑ1 − ϑ2 )ϑ̇1 ϑ̇2
2
2 2 2
+(m1 + m2 )gR1 cos(ϑ1 ) + m2 gR2 cos(ϑ2 ).
XXXXX Bild-016 XXXXX
28
(100)
• BGls über Euler-Lagrange-Gleichungen:
d ∂L
∂L
−
dt ∂ ϑ̇1 ∂ϑ1
d ∂L
∂L
−
dt ∂ ϑ̇2 ∂ϑ2
2.6
= 0
→
...
= 0
→
...
(101)
Bewegung in gekrümmten Räumen oder beschrieben durch krummlinige
Koordinaten
• Betrachte 1 Massenpunkt, der sich in gekrümmtem Raum (typischer Weise auf gekrümmter
Fläche, z.B. Kugelfläche) bewegt oder dessen Bewegung durch krummlinige Koordinaten
(z.B. Kugelkoordinaten) beschrieben wird.
• Alles Folgende geradlinig auch auf mehrere Massenpunkte verallgemeinerbar.
• Kinetische Energie eines Massenpunkts in kartesischen Koordinaten:
T
=
m 2
ṙ .
2
(102)
• Kinetische Energie eines Massenpunkts in generalisierten Koordinaten:
T
=
m ∂r j 2
q̇
=
2 ∂q j
m j
q̇
2
∂r ∂r
q̇ k
∂q j ∂q k
| {z }
=
m j
q̇ gjk q̇ k ;
2
(103)
=gjk
gjk wird als metrischer Tensor bzw. Metrik bezeichnet (Begründung weiter unten).
– Vektoren ∂r/∂q j zeigen entlang der Koordinatenlinien von q j , sind Tangenten an die
gekrümmte Fläche/den gekrümmten Raum.
XXXXX Bild-017 XXXXX
– Diagonalelement gjj : Beschreibt die Verzerrung der generalisierten Koordinate q j
bezüglich der kartestischen Koordinaten, d.h. wird eine Einheit in der Koordinate
√
q j durchlaufen, entspricht dies gjj Einheiten in kartesischen Koordinaten.
– Off-Diagonalelement gjk : Falls gjk = 0, stehen q j - und q k -Koordinatenlinien senkrecht.
***** 24. Mai 2016 (13. Vorlesung) *****
– Metrischer Tensor enthält somit Informationen über Abstände und Krümmung von
generalisierten Koordinaten und des von ihnen parametrisierten (eventuell gekrümmten) Raums.
• gjk = gkj , d.h. symmetrisch bezüglich j ↔ k.
29
• Linienelement ds2 ist infinitesimaler quadratischer Abstand; im 3-dimensionalen Euklidischen Raum in kartesischen Koordinaten
ds2 = dx2 + dy 2 + dz 2 = dr2 .
(104)
• Linienelement in generalisierten Koordinaten:
ds
2
=
∂r j
dq
∂q j
2
= dq j gjk dq k ,
(105)
d.h. der zu einem Satz generalisierter Koordinaten gehörige Metrische Tensor erlaubt das
Ausdrücken von Abständen durch diese Koordinaten.
• Anwendung: Länge einer Kurve beschrieben durch generalisierte Koordinaten,
(q 1 (λ), . . . , q f (λ)), λA ≤ λ ≤ λB ,
Z
B
Z
B
√
ds =
s =
A
A
ds2 =
Z
B
Z
q
dq j gjk dq k
r
λB
dλ
=
A
λA
dq j
dq k
gjk
.
dλ
dλ
(106)
• Beispiel: Generalisierte Koordinaten (q 1 , q 2 ) = (ϑ, ϕ), die gemäß
x = R sin(ϑ) cos(ϕ) ,
y = R sin(ϑ) sin(ϕ)
,
z = R cos(ϑ)
(107)
Kugelfläche mit Radius R parametrisieren.
– Metrischer Tensor:


+ cos(ϑ) cos(ϕ)
∂r
∂r
= R  + cos(ϑ) sin(ϕ)  ,
∂ϑ
∂ϕ
− sin(ϑ)
∂r ∂r
= R2
→ g11 =
∂ϑ ∂ϑ
∂r ∂r
→ g22 =
= R2 sin2 (ϑ)
∂ϕ ∂ϕ
∂r ∂r
→ g12 = g21 =
= 0
∂ϑ ∂ϕ
2
R
0
→ gjk =
.
0 R2 sin2 (ϑ)

− sin(ϑ) sin(ϕ)
= R  + sin(ϑ) cos(ϕ) 
0
– Kinetische Energie eines Massenpunkts:
m j
m 2 2
T =
q̇ gjk q̇ k =
R ϑ̇ + sin2 (ϑ)ϕ̇2 .
2
2

(108)
– Linienelement:
ds2 = dq j gjk dq k
= R2 dϑ2 + sin2 (ϑ)dϕ2 .
30
(109)
– Betrachte Kurve, die um Äquator verläuft, (q 1 (λ), q 2 (λ)) = (ϑ(λ), ϕ(λ)) = (π/2, λ),
0 ≤ λ ≤ 2π; Länge der Kurve ist offensichtlich 2πR, muss durch Verwendung von
(106) und Rechnung reproduziert werden,
r
Z 2π
Z 2π
Z 2π
dq j
dq k
√
s =
dλ
dλ g22 =
dλ R = 2πR
(110)
gjk
=
dλ
dλ
0
0
0
... o.k.
• Es empfiehlt sich Standard-Metriken einmalig herzuleiten und auswendig zu lernen, z.B.
für Polar-, Zylinder, und Kugelkoordinaten.
• Trivialer Spezialfall: Metrik des 3-dimensionalen Euklidischen Raums, kartesische Koordinaten (q 1 , q 2 , q 3 ) = (x, y, z):


1 0 0
∂r
∂r ∂r
(111)
= ej , gjk =
= ej ek = δjk =  0 1 0  ;
j
∂q
∂q j ∂q k
0 0 1
diese Metrik ist (bis auf umgekehrtes globales Vorzeichen) Teil der aus Kapitel 1 bekannten
Minkowski-Metrik,


+1 0
0
0
 0 −1 0
0 

ηµν = 
(112)
 0
0 −1 0 
0
0
0 −1
(rechte untere 3 × 3-Matrix).
***** 27. Mai 2016 (14. Vorlesung) *****
2.6.1
Parallelen zur Metrik und oberen und unteren Indizes in SRT
• Abschnitt ist als Ausblick zu verstehen; tieferes Verständnis durch Vorlesungen zur Allgemeinen Relativitätstheorie (Physik) oder Differentialgeometrie (Mathematik).
• q̇ j und dq j haben ähnlichen Stellenwert wie Vierervektoren in SRT (z.B. uµ , dxµ ).
• Unter Koordinatentransformationen q j → q 0j = q 0j (q 1 , . . . , q f ), also Übergang von einem
Satz generalisierter Koordinaten q j zu anderem Satz generalisierter Koordinaten q 0j , transformieren sich q̇ j und dq j gemäß
q̇ 0j
=
dq 0j
dt
=
∂q 0j dq k
∂q k dt
|{z}
= aj k q̇ k
(113)
=aj k
dq 0j
=
∂q 0j k
dq
∂q k
= aj k dq k ;
(114)
dies ist ähnlich zu Lorentz-Transformationen von Vierervektoren in SRT, z.B.
dx0µ = Λµ ν dxν ; aj k ist aber im Gegensatz zu Λµ ν keine konstante “Matrix”, sondern hängt
im Allgemeinen von den generalisierten Koordinaten ab.
31
• Aus
∂q j ∂q 0k
=
∂q 0k ∂q l
|{z}
∂q j
∂q l
= δjl
(115)
=ak l
folgt
(a−1 )j k
=
∂q j
.
∂q 0k
(116)
• Während sich die Minkowski-Metrik unter Lorentz-Transformationen nicht verändert, transformiert sich die Metrik gjk unter Koordinatentransformationen gemäß
0
gjk
=
∂r ∂r
∂q 0j ∂q 0k
=
∂r ∂r ∂q l ∂q m
∂q l ∂q m ∂q 0j ∂q 0k
= glm (a−1 )l j (a−1 )m k ;
(117)
diese Gleichung ist das Analogon zur definierenden Eigenschaft von Lorentz-Transformationen (Gleichung (10)),
ηµν
= Λρ µ ηρσ Λσ ν
→
ηµν (Λ−1 )µ α (Λ−1 )ν β
= Λρ µ ηρσ Λσ ν (Λ−1 )µ α (Λ−1 )ν β
= ηαβ .
(118)
• Wie bei Vierervektoren in SRT (z.B. uµ und dxµ ) können bei q̇ j und dq j Indizes mit
der Metrik nach unten gezogen werden (obere Indizes = kontravariant; untere Indizes =
kovariant); dazu definiert man
q̇j
= gjk q̇ k
,
dqj
= gjk dq k .
(119)
• Wird über einen oberen und einen unteren Index summiert, ist die Summe invariant unter
Koordinatentransformationen, z.B.
q̇ 0j q̇j0
0 0k
= q̇ 0j gjk
q̇
= (a−1 )r j aj m (a−1 )s k ak n q̇ m grs q̇ n = q̇ m gmn q̇ n = q̇ m q̇m
|
{z
} | {z }
=δrm
(120)
=δsn
und analog
ds02 = dq 0j dqj0
0
= dq 0j gjk
dq 0k
= . . . = dq m gmn dq n = dq m dqm = ds2 ; (121)
die kinetische Energie sowie Abstände (beides physikalisch messbare Größen) sind damit
unabhängig von gewählten generalisierten Koordinaten (wie man es erwartet bzw. es sein
muss).
32
2.6.2
Kräftefreie Bewegung
• Gesucht: BGls eines Massenpunkts, der sich ohne Einfluss von Kräften in gekrümmtem
Raum (z.B. bei f = 2 auf gekrümmter Fläche) bewegt.
• Lagrange Funktion:
m j
q̇ gjk q̇ k .
2
L =
(122)
• Euler-Lagrange-Gleichungen
d ∂L
∂L
− l
l
dt ∂ q̇
∂q
= 0
(123)
liefern BGls:
– Ableiten:
∂L
= mglk q̇ k
∂ q̇ l
d ∂L
∂glk
= m m q̇ m q̇ k + mglk q̈ k
l
dt ∂ q̇
∂q
∂L
m j ∂gjk k
=
q̇
q̇ .
2
∂q l
∂q l
(124)
– Definiere inverse Metrik g jk via g jk gkl = δjl (analog zu SRT, η µν invers zu ηµν ),
Multiplikation mit g jl /m:
g jl
mglk q̈ k = q̈ j
m
g jl ∂glk
∂glm k m
g jl ∂glk m k
m
q̇ q̇ =
+
q̇ q̇
m ∂q m
2 ∂q m
∂q k
g jl m m ∂gmk k
g jl ∂gkm k m
q̇
q̇
=
q̇ q̇ .
m 2
2 ∂q l
∂q l
(125)
– Insgesamt:
q̈
j
g jl
= −
2
|
∂glk
∂glm ∂gkm
q̇ k q̇ m = −Γjkm q̇ k q̇ m
+
−
∂q m
∂q k
∂q l
{z
}
(126)
=Γjkm
(Γjkl = Γjlk , d.h. symmetrisch in den beiden unteren Indizes, werden als ChristoffelSymbole bezeichnet).
• Triviales Beispiel: 2-dimensionaler Euklidischer Raum, kartesische Koordinaten
(q 1 , q 2 ) = (x, y),
1 0
gjk =
0 1
→
Γjkl = 0
→
ẍ = 0
,
ÿ = 0.
(127)
33
***** 31. Mai 2016 (15. Vorlesung) *****
• Beispiel: 2-dimensionaler Euklidischer Raum, Polarkoordinaten
(q 1 , q 2 ) = (r, ϕ) gemäß r = (r cos(ϕ), r sin(ϕ)),
∂r
∂r
=
→
grr
→
gjk
→
g jk
→
Γrrr
∂r
+ cos(ϕ)
−r sin(ϕ)
,
=
+ sin(ϕ)
+r cos(ϕ)
∂ϕ
∂r ∂r
∂r ∂r
= 1 , gϕϕ =
= r2
=
∂r ∂r
∂ϕ ∂ϕ
∂r ∂r
grϕ = gϕr =
= 0
∂r ∂ϕ
1 0
=
0 r2
1
0
=
0 1/r2
=
= 0
,
Γϕ
rϕ
= 0
Γϕ
rr
→
,
Γrrϕ
∂gϕϕ
g rr
= 0 ,
=
−
= −r ,
2
∂r
g ϕϕ ∂gϕϕ
1
= Γϕ
=
=
, Γϕ
ϕr
ϕϕ = 0
2
∂r
r
2
ϕ
, ϕ̈ = −Γϕ
(128)
rϕ ṙ ϕ̇ − Γϕr ϕ̇ṙ = − ṙ ϕ̇;
r
Γrϕr
r̈ = −Γrϕϕ ϕ̇ϕ̇ = rϕ̇2
,
Γrϕϕ
häufig ist das Aufstellen der BGls mit Hilfe der Euler-Lagrange-Gleichungen jedoch einfacher, wie folgende Rechnung zeigt:
m 2
L =
ṙ + r2 ϕ̇2
2
d ∂L
d
∂L
→
=
mṙ = mr̈ ,
= mrϕ̇2
dt ∂ ṙ
dt
∂r
→ r̈ = rϕ̇2
d ∂L
d
∂L
→
=
mr2 ϕ̇ = 2mrṙϕ̇ + mr2 ϕ̈ ,
= 0
dt ∂ ϕ̇
dt
∂r
2
→ ϕ̈ = − ṙϕ̇.
(129)
r
2.6.3
Geodätengleichung, ein weiteres Variationsproblem
j
j
• Gesucht: Kürzester Weg zwischen zwei Punkten qA
und qB
in einem durch Metrik gjk
beschriebenem gekrümmten Raum (z.B. bei f = 2 auf gekrümmter Fläche). (Man nennt
diesen Weg Geodäte.)
j
• Länge einer durch λA ≤ λ ≤ λB parametrisierten Kurve q j (λ) von q j (λA ) = qA
nach
j
j
q (λB ) = qB gegeben durch (106),
Z
r
λB
s[q] =
dλ
λA
dq j
dq k
gjk
.
dλ
dλ
(130)
34
• Dieses Kurvenlängenfunktional hat die gleiche Struktur, wie Wirkungsfunktional (79): Der
Integrand hängt von Funktionen und deren ersten Ableitungen ab; definiert man
r
L(q̇ j , q j ) =
dq j
dq k
gjk
,
dλ
dλ
(131)
wobei λ mit t identifiziert wird, d.h. q̇ j = dq j /dλ, kann man Euler-Lagrange-Gleichungen
(93) verwenden, um Bestimmungsgleichungen für Geodäte zu bestimmen:
d ∂L
∂L
− l
l
dλ ∂ q̇
∂q
= 0.
(132)
• Um die die Geodäte beschreibende Kurve q j (λ) eindeutig festzulegen, muss eine Bedingung
an deren Parametrisierung gestellt werden (Veränderung der Durchlaufgeschwindigkeit der
Kurve verändert deren Form nicht); zweckmäßig ist Parametrisierung proportional zur
Bogenlänge, d.h. konstante Durchlaufgeschwindigkeit, mathematisch beschrieben durch
ds
dλ
r
=
dq j
dq k
gjk
dλ
dλ
= const (bezüglich λ).
(133)
***** 03. Juni 2016 (16. Vorlesung) *****
• Es folgt
∂L
1
= √ glk q̇ k
l
...
∂ q̇
d ∂L
1 ∂glk m k
1
= √
q̇ q̇ + √ glk q̈ k
dλ ∂ q̇ l
. . . ∂q m
...
∂L
1
j ∂gjk k
=
q̇ ;
√ q̇
l
2 . . . ∂q l
∂q
(134)
√
nach Umformung (im Wesentlichen Multiplikation mit . . .g jl ) und Zusammenfassung der
Terme erhält man dieselben Gleichungen, wie für eine kräftefreie Bewegung,
q̈
j
g jl
= −
2
∂glk
∂glm ∂gkm k m
+
−
q̇ q̇
= −Γjkm q̇ k q̇ m
∂q m
∂q k
∂q l
(135)
(Gleichung (126); wird auch als Geodätengleichung bezeichnet).
• Bedingung an Parametrisierung (133) muss nicht als zusätzliche Gleichung behalten werden, da sie in (135) enthalten ist, wie folgende Rechnung zeigt:
– Bedingung (133):
∂gjk j k l
d
j
k
0 =
q̇ gjk q̇
= 2q̇ j gjk q̈ k +
q̇ q̇ q̇ .
dλ
∂q l
35
(136)
– Geodätengleichung (135), Multiplikation mit 2q̇ n gnj :
g jl ∂glk
∂glm ∂gkm k m
∂glk
m
j
n
2q̇ gmj q̈ = −2q̇ gnj
+
−
q̇ q̇
= − m q̇ l q̇ k q̇ m ,
m
k
l
2 ∂q
∂q
∂q
∂q
(137)
also Linearkombination der Komponenten der Geodätengleichung identisch zu Bedingung (133) bzw. (136) (alle Indizes sind Summationsindizes, können umbenannt
werden).
• Schlusfolgerungen:
– Teilchen, auf die keine Kräfte wirken, bewegen sich entlang von Geodäten.
– Aufgrund von ds/dλ = const (wird zu ds/dt = const bei kräftefreier Bewegung) ist
dabei der Geschwindigkeitsbetrag konstant.
2.6.4
Abschließendes Beispiel: Bewegung auf Kegelfläche im homogenen Schwerefeld der Erde
• Generalisierte Koordinaten (q 1 , q 2 ) = (r, ϕ),

r sin(α) cos(ϕ)
=  r sin(α) sin(ϕ) 
r cos(α)




+ sin(α) cos(ϕ)
−r sin(α) sin(ϕ)
∂r
∂r
=  + sin(α) sin(ϕ)  ,
=  +r sin(α) cos(ϕ) 
∂r
∂ϕ
+ cos(α)
0
∂r ∂r
∂r ∂r
grr =
= 1 , gϕϕ =
= r2 sin2 (α) ,
∂r ∂r
∂ϕ ∂ϕ
∂r ∂r
grϕ = gϕr =
= 0
∂r ∂ϕ
1
0
gjk =
0 r2 sin2 (α)
m j
m 2
L = T −V =
q̇ gjk q̇ k − mgz =
ṙ + r2 sin2 (α)ϕ̇2 − mgr cos(α).
2
2
(138)

r
→
→
→
→
XXXXX Bild-018 XXXXX
• BGls über Euler-Lagrange-Gleichungen:
d ∂L ∂L
−
= mr̈ − mr sin2 (α)ϕ̇2 + mg cos(α) = 0
dt ∂ ṙ
∂r
→ r̈ = r sin2 (α)ϕ̇2 − g cos(α)
d 2 2
d ∂L ∂L
−
=
mr sin (ϑ)ϕ̇
= 0
dt ∂ ϕ̇ ∂ϕ
dt
→ mr2 ϕ̇ = const (Erhaltung der z-Komponente des Drehimpulses)
36
(139)
(hängt L nur von q̇ j aber nicht von q j ab, ist es zweckmäßig für zugehörige BGl die Ableitung d/dt nicht auszuführen; man hat so unmittelbar eine Erhaltungsgröße identifiziert
und die BGl ist nur von 1-ter Ordnung, nicht von 2-ter Ordnung [mehr dazu im folgenden
Kapitel]).
2.7
Erhaltungsgrößen, Symmetrien, Noether-Theorem
2.7.1
Zyklische Variablen und Erhaltungsgrößen
• Hängt Lagrange-Funktion nur von q̇ j , nicht aber von q j ab, d.h. ∂L/∂q j = 0, bezeichnet
man q j als zyklische Variable.
• Mit zyklischer Variable q j ist stets in offensichtlicher Weise eine Erhaltungsgröße I verbunden:
d ∂L
∂L
− j =
j
dt ∂ q̇
∂q
|{z}
d ∂L
dt ∂ q̇ j
= 0
(140)
=0
d.h.
I
=
∂L
∂ q̇ j
= const
(141)
(z.B. ist ϕ in Abschnitt 2.6.4 zyklische Variable, zugehörige Erhaltungsgröße ist
I = mr2 ϕ̇ = const = lz ).
• (141) (eine DGl 1. Ordnung) ersetzt die Euler-Lagrange-Gleichung (140) (eine DGl 2.
Ordnung), d.h. i.d.R. nicht hilfreich Zeitableitung in (140) auszuführen.
• Beispiel: Freies Teilchen in 1 Raumdimension, L = T − V = (m/2)ẋ2 .
– L hängt nicht von x ab
→ x ist zyklische Variable.
– Zugehörige Erhaltungsgröße: I = ∂L/∂ ẋ = mẋ = const = p (Impulserhaltung).
– Verwende nicht Euler-Lagrange-Gleichung
d ∂L
∂L
−
=
dt ∂ ẋ |{z}
∂x
d
mẋ = mẍ = 0
dt
(142)
=0
(DGl 2. Ordung), sondern mẋ = const = p (DGl 1. Ordnung) als BGl, d.h. um
Trajektorie zu bestimmen.
• Beispiel: Teilchen in 2 Raumdimensionen in rotationssymmetrischem Potential, Polarkoordinaten, L = T − V = (m/2)(ṙ2 + r2 ϕ̇2 ) − V (r).
– L hängt nicht von ϕ ab
→ ϕ ist zyklische Variable.
37
– Zugehörige Erhaltungsgröße: I = ∂L/∂ ϕ̇ = mr2 ϕ̇ = const (I entspricht dem Drehimpuls l).
– Verwende nicht Euler-Lagrange-Gleichung
d ∂L
∂L
=
−
dt ∂ ϕ̇
∂ϕ
|{z}
d
mr2 ϕ̇ = mr2 ϕ̈ + 2mrṙϕ̇ = 0
dt
(143)
=0
(DGl 2. Ordung), sondern mr2 ϕ̇ = const = l (DGl 1. Ordnung) als eine der beiden
BGls, d.h. um Trajektorie zu bestimmen.
***** 07. Juni 2016 (17. Vorlesung) *****
2.7.2
Noether-Theorem
• Grundidee:
– Symmetrien bei vorliegender Lagrange-Funktion oft leicht zu sehen:
∗ Z.B. Translationssymmetrie,
L = (m/2)ṙ2 unverändert bei r → r + r0
(r0 beliebiger zeitunabhängiger Vektor).
∗ Z.B. Rotationssymmetrie,
L = (m/2)ṙ2 − V (|r|) unverändert bei r → Rr
(R beliebige zeitunabhängige Rotationsmatrix).
– Erhaltungsgrößen meist sehr viel schwieriger zu identifizieren (sind aber sehr hilfreich
und wichtig: Vereinfachen/Lösen der BGls, Quantisieren einer Theorie, etc.).
– Symmetrien und Erhaltungsgrößen hängen eng zusammen: Jeder (kontinuierlichen)
Symmetrie ist eine Erhaltungsgröße zugeordnet (zahlreiche Beispiel in “Theoretische
Physik 1 – Mathematische Methoden”).
– Noether-Theorem: Eine Formel, die es bei vorliegender Symmetrie erlaubt, die
zugehörige Erhaltungsgröße durch einfaches Ableiten auszurechnen.
• Gegeben:
– Lagrange-Funktion L(q̇ j , q j , t).
– Transformation der generalisierten Koordinaten: q j (t) → q j (s, t) mit q j (0, t) = q j (t),
d.h. s ist Parameter der Transformation (z.B. Drehwinkel bei Rotation kartesischer
Koordinaten,
x(s, t)
+ cos(s) − sin(s)
x(t)
=
).
(144)
y(s, t)
+ sin(s) + cos(s)
y(t)
– Verwende im Folgenden übersichtlichere Notation q j (s) ≡ q j (s, t) und q j ≡ q j (t).
• Es gilt
∂
L(q̇ j (s), q j (s), t) =
∂s
38
∂L(q̇ j (s), q j (s), t) ∂ q̇ k (s) ∂L(q̇ j (s), q j (s), t) ∂q k (s)
+
=
∂s
∂s
∂ q̇ k (s)
∂q k (s)
d ∂L(q̇ j (s), q j (s), t) ∂q k (s)
=
dt
∂s
∂ q̇ k (s)
k
j
j
d ∂L(q̇ (s), q (s), t) ∂q (s) ∂L(q̇ j (s), q j (s), t) ∂q k (s)
−
+
dt
∂s
∂s
∂ q̇ k (s)
∂q k (s)
=
(145)
(∂/∂s bedeutet Ableitung nach s, wobei t festgehalten wird) sowie
∂
j
j
L(q̇ (s), q (s), t)
=
∂s
s=0
d ∂L(q̇ j , q j , t) ∂q k (s) =
dt
∂s s=0
∂ q̇ k
d ∂L(q̇ j , q j , t) ∂L(q̇ j , q j , t) ∂q k (s) −
−
=
dt
∂s s=0
∂ q̇ k
∂q k
|
{z
}
=0 (Euler-Lagrange-Gleichungen)
d ∂L(q̇ j , q j , t) ∂q k (s) .
dt
∂s s=0
∂ q̇ k
=
(146)
• Kann ∂L(q̇ j (s), q j (s), t)/∂s|s=0 als Zeitableitung geschrieben werden, d.h. gilt
∂
j
j
L(q̇ (s), q (s), t)
=
∂s
s=0
d
K(t),
dt
(147)
folgt eine Erhaltungsgröße,
I
=
∂L(q̇ j , q j , t) ∂q k (s) − K(t) = const
∂s s=0
∂ q̇ k
(148)
(diese Gleichung wird als Noether-Theorem bezeichnet).
• Lässt die Transformation L invariant, das heißt
L(q̇ j (s), q j (s), t) = L(q̇ j , q j , t)
(149)
bzw.
∂
L(q̇ j (s), q j (s), t) = 0,
∂s
(150)
folgt K(t) = const und damit die Erhaltungsgröße,
I
=
∂L(q̇ j , q j , t) ∂q k (s) = const
∂s s=0
∂ q̇ k
(eine häufig anwendbare spezielle Variante des Noether-Theorems).
39
(151)
Beispiel: Impulserhaltung beim freien Teilchen
• Lagrange-Funktion:
L(ẋ, x, t) =
m 2
ẋ .
2
(152)
• Transformation: x → x(s) = x + s (Translation im Raum).
• Es folgt ẋ(s) = ẋ und damit L(ẋ(s), x(s), t) = L(ẋ, x, t), d.h. Transformation lässt L
invariant.
• Erhaltungsgröße:
I
=
∂L(ẋ, x, t) ∂x(s) = mẋ = const = p
∂ ẋ
∂s s=0
(153)
(aus Translationsinvarianz im Raum folgt Impulserhaltung).
Beispiel: Drehimpulserhaltung beim freien Teilchen
• Lagrange-Funktion:
L(ṙ, r, t) =
m 2
ṙ .
2
(154)
• Transformation: r → r(s) = Rz (s)r bzw.
 




x
+ cos(s) − sin(s) 0
x(s)
x
 y  →  y(s)  =  + sin(s) + cos(s) 0   y 
z
0
0
1
z(s)
z

(155)
(Rotation um z-Achse).
• Es folgt
ṙ2 (s) = ṙT RTz (s)Rz (s) ṙ = ṙ2
|
{z
}
(156)
=1
und damit L(ṙ(s), r(s), t) = L(ṙ, r, t), d.h. Transformation lässt L invariant.
• Erhaltungsgröße:
I
=
∂L(ṙ, r, t) ∂rj (s) =
−m
ẋy
+
m
ẏx
=
m
x
ẏ
−
y
ẋ
= const = l3
∂ ṙj
∂s s=0
(157)
(aus Rotationsinvarianz bezüglich der z-Achse folgt Erhaltung der z-Komponente des Drehimpulses).
• x-Komponente und y-Komponente des Drehimpulses analog.
40
Energieerhaltung aus dem Noether-Theorem
• Lagrange-Funktion nicht explizit zeitabhängig:
L(q̇ j , q j , t) = L(q̇ j , q j ).
(158)
• Transformation: q j (t) → q j (s, t) = q j (s + t) (Translation in der Zeit).
• Transformation lässt L nicht invariant, d.h. im Allgemeinen L(q̇ j (s, t), q j (s, t), t) 6= L(q̇ j (t), q j (t), t)
und somit (151) nicht anwendbar.
• Es gilt jedoch
∂
j
j
=
L(q̇ (s, t), q (s, t))
∂s
s=0
∂
j
j
=
L(q̇ (s + t), q (s + t))
∂s
s=0
d
L(q̇ j (t), q j (t));
dt
(159)
es folgt K(t) = L(q̇ j (t), q j (t)) und damit die Erhaltungsgröße
I
∂L(q̇ j , q j ) k
q̇ − L(q̇ j , q j ) = const = E.
∂ q̇ k
=
(160)
• Interpretation von I als Energie, da z.B.
m 2
ṙ − V (r)
2
∂L(ṙ, r) j
=
ṙ −L(ṙ, r) =
ṙj }
| ∂{z
L(ṙ, r) =
→
I
m 2
ṙ + V (r).
2
(161)
mṙj
|
{z
mṙ2
}
***** 10. Juni 2016 (18. Vorlesung) *****
Zusammenfassung wichtiger Symmetrien und zugehöriger Erhaltungsgrößen
• Homogenität des Raumes (Translationsinvarianz im Raum) → Impulserhaltung.
• Isotropie des Raumes (Rotationsinvarianz) → Drehimpulserhaltung.
• Homogenität der Zeit (L hängt nicht exdplizit von der Zeit ab) → Energieerhaltung.
41
3
Hamilton-Formalismus
• Alternative Formulierung der Mechanik.
• Keine praktischen Vorteile bei Lösung von Problemen (verwende dafür weiterhin LagrangeFormalismus).
• Motivation:
– Vorbereitender Schritt zur Quantisierung einer Theorie (d.h. Grundlage für Quantenmechanik): Kanonisch konjugierte Impulse, Hamilton-Funktion, Poisson-Klammern,
...
– Wichtig auch in statistischer Physik: Phasenraum, Phasenraumvolumen, ...
3.1
Legendre-Transformation
• Gegeben: Funktion f (x).
• Legendre-Transformation von f :
(1) Ersetze Variable x durch Variable
df (x)
,
dx
d.h. verwende statt x die Steigung von f bei x.
(2) Ersetze Funktion f (x) durch Funktion
y(x) =
(162)
g(y) = yx(y) − f (x(y))
(163)
∗ x(y) erhält man durch Auflösen von (162) nach x; Auflösbarkeit erfordert
(d/dx)y(x) = d2 f /dx2 > 0 oder (d/dx)y(x) = d2 f /dx2 < 0, d.h. f (x) muss
entweder konvex oder konkav sein.
∗ g nennt man Legendre-Transformierte von f .
• Die Legendre-Transformation ist ihre eigene Inverse, d.h. zweifache Legendre-Transformation entspricht der Identität:
dy
dx
df dx
x+y
−
= x
dy
dy |{z}
dx dy
|{z}
=y
=1
h = |{z}
z y − g = xy − yx − f
= f.
z =
dg
dy
=
(164)
(165)
=x
• Besitzt eine Funktion mehrere Variablen, z.B. f (x1 , . . . , xN ), kann man auch bezüglich
einiger oder aller dieser Variablen Legendre-transformieren:
yj
=
∂f (x1 , . . . , xN )
∂xj
g(y1 , . . . , yN ) =
N
X
( → xj (y1 , . . . , yN ))
yj xj (y1 , . . . , yN ) − f (x1 (y1 , . . . , yN ), . . . , xN (y1 , . . . , yN )).
j=1
42
(166)
(167)
• Legendre-Transformation der Lagrange-Funktion (zunächst in einer generalisierten Koordinate, d.h. L = L(q̇, q, t)) bezüglich der “generalisierten Geschwindigkeit” q̇:
∂L(q̇, q, t)
( → q̇(p, q, t))
∂ q̇
H(p, q, t) = pq̇(p, q, t) − L(q̇(p, q, t), q, t).
p =
(168)
(169)
– p heißt kanonisch konjugierter Impuls zu q (auch kanonischer Impuls, generalisierter Impuls).
– H heißt Hamilton-Funktion.
– Die Hamilton-Funktion ist eine Funktion des kanonisch konjugierten Impulses p und
der generalisierten Koordinate q; in ihr darf kein q̇ auftreten, d.h. alle q̇ müssen durch
p und q ausgedrückt werden.
• Vergleiche Hamilton-Funktion (169) und Energieerhaltung aus Noether-Theorem (160)
→ Hamilton-Funktion H entspricht (in vielen Fällen) der Energie.
***** 14. Juni 2016 (19. Vorlesung) *****
• Verallgemeinerung auf mehrere generalisierte Koordinaten:
∂L(q̇ k , q k , t)
( → q̇ j (pk , q k , t))
∂ q̇ j
H(pk , q k , t) = pj q̇ j (pk , q k , t) − L(q̇ k (pk , q k , t), q k , t)
pj
=
(pj q̇ j impliziert
(170)
(171)
P
j ).
• Ergänzung zu Abschnitt 2.7.1: Falls q j zyklische Variable, dann ist zugehöriger kanonisch
konjugierter Impuls pj = ∂L/∂ q̇ j erhalten.
• Beispiel: Teilchen in 1 Raumdimension im Potential V :
L(ẋ, x, t) =
p =
∂L
∂ ẋ
m 2
ẋ − V (x)
2
= mẋ
→
H(p, x, t) = pẋ − L =
(172)
p
m
2
p2
p
−
− V (x)
=
m
2m
ẋ =
(173)
p2
+ V (x)
2m
(174)
(H entspricht Summe aus kinetischer und potentieller Energie; kanonisch konjugierter
Impuls entspricht dem im letzen Semester eingeführten [kinetischen] Impuls).
• Beispiel: Teilchen in 2 Raumdimensionen im Potential V , Polarkoordinaten:
m 2
ṙ + r2 ϕ̇2 − V (r, ϕ)
2
pr
= mṙ → ṙ =
m
L(ṙ, ϕ̇, r, ϕ, t) =
pr
=
∂L
∂ ṙ
43
(175)
(176)
pϕ
∂L
= mr2 ϕ̇ → ϕ̇ =
∂ ϕ̇
mr2
H(pr , pϕ , r, ϕ, t) = pr ṙ + pϕ ϕ̇ − L =
2
p2ϕ
p2ϕ
p2r
m pr
2
=
=
+
−
+ r 2 4 − V (r, ϕ)
m mr2
2 m2
m r
(177)
pϕ =
p2ϕ
1
2
p +
+ V (r, ϕ)
2m r r2
(178)
(H entspricht Summe aus kinetischer und potentieller Energie; kanonisch konjugierter
Impuls zu ϕ entspricht nicht dem [kinetischen] Impuls, sondern dem Drehimpuls, d.h.
pϕ = l = mr2 ϕ̇).
3.2
Hamiltonsche BGls
• Hamiltonsche BGls
q̇ j
= +
∂H
∂pj
,
ṗj
= −
∂H
∂q j
(179)
(j = 1, . . . , f ; f ist Anzahl der generalisierten Koordinaten) liefern ein System von 2f
DGls 1. Ordnung zur Bestimmung der physikalischen Bewegung, sind also äquivalent zu
den Lagrangeschen BGLs.
• Hamiltionsche BGls folgen aus den Lagrangeschen BGls:
+
∂H
∂pj
= +
∂pk k
∂L ∂ q̇ k
∂L ∂q k
∂ q̇ k
− k
− k
= q̇ j
q̇ + pk
∂pj
∂pj
∂ q̇ ∂pj
∂q ∂pj
|{z}
|{z}
|{z}
=pk
=δjk
−
∂H
∂q j
= −
=0
∂ q̇ k
∂ q̇ k
∂pk k
∂L
+
q̇ − pk j + k
j
∂q
∂q
∂ q̇ ∂q j
|{z}
|{z}
=pk
=0
(180)
∂L
∂q j
|{z}
= ṗj .
(181)
=(d/dt)∂L/∂ q̇ j =(d/dt)pj
• Umgekehrt kann man zeigen, dass die Lagrangeschen BGls aus den Hamiltionschen BGls
folgen.
• Fortsetzung obiges Beispiel: Teilchen in 1 Raumdimension im Potential V :
p2
+ V (x)
2m
∂H
p
ẋ = +
=
∂p
m
H(p, x, t) =
→
,
ṗ = −
∂H
∂x
= −
∂V
∂x
(182)
(Kombination der beiden Hamiltonschen BGls liefert mẍ = −∂V /∂x, die Newtonsche
BGl).
44
• Fortsetzung obiges Beispiel: Teilchen in 2 Raumdimensionen im Potential V , Polarkoordinaten:
p2ϕ
1
2
H(pr , pϕ , r, ϕ, t) =
p +
+ V (r, ϕ)
2m r r2
p2ϕ
pr
∂H
∂H
∂V
=
→ ṙ = +
, ṗr = −
=
−
3
∂pr
m
∂r
mr
∂r
pϕ
∂H
∂H
∂V
→ ϕ̇ = +
=
, ṗϕ = −
= −
(183)
∂pϕ
mr2
∂ϕ
∂ϕ
(Kombination der vier Hamiltonschen BGls liefert die bekannten BGls (95)).
3.3
Poisson-Klammern
• Betrachte Zeitableitung einer Größe A(pj , q j , t):
dA
dt
=
dpj
dt
|{z}
∂A
∂pj
=−∂H/∂q j
= {A, H} +
+
∂A
∂q j
dq j
dt
|{z}
+
∂A
∂t
=
∂A ∂H
∂A ∂H
∂A
−
+
∂q j ∂pj
∂pj ∂q j
∂t
=
=+∂H/∂pj
∂A
,
∂t
(184)
wobei die Poisson-Klammer
{A, B} =
∂A ∂B
∂A ∂B
−
j
∂q ∂pj
∂pj ∂q j
(185)
definiert wurde.
***** 17. Juni 2016 (20. Vorlesung) *****
• Eigenschaften der Poisson-Klammer:
– Antisymmetrie:
{A, B} = −{B, A} (damit {A, A} = 0).
(186)
– Linearität:
{a1 A1 + a2 A2 , B} = a1 {A1 , B} + a2 {A2 , B},
(187)
wobei a1 und a2 Konstanten sind.
– Produktregel:
{A1 A2 , B} = {A1 , B}A2 + A1 {A2 , B}.
(188)
Damit kann man eine Possion-Klammer mit beliebigen Potenzen von pj und q j auf
elementare Poisson-Klammern zurückführen, z.B.
{(q 1 )3 , p1 } = 3(q 1 )2 {q 1 , p1 },
(189)
45
wobei für elementare Possion-Klammern
{pj , q k } = −δjk
,
{pj , pk } = {q j , q k } = 0
(190)
gilt.
• Hängt eine Größe A nicht explizit von der Zeit ab, d.h. A(pj , q j , t) = A(pj , q j ) bzw.
∂A/∂t = 0, und gilt {A, H} = 0, dann ist A eine Erhaltungsgröße (folgt aus (184)).
→ Mit der Poisson-Klammer kann man testen, ob eine Größe eine Erhaltungsgröße ist.
• Spezialfall: Hängt H nicht explizit von der Zeit ab, d.h. H(pj , q j , t) = H(pj , q j ), dann ist
H eine Erhaltungsgröße ({H, H} = 0 gilt immer).
→ “Hängt H nicht explizit von der Zeit ab, ist die Energie erhalten.”
• Beispiel: Nachweis, dass der Drehimpuls beim freien Teilchen erhalten ist:
– Hamilton-Funktion:
H
=
p2
.
2m
(191)
– Drehimpuls: l = r × p.
– Nachweis, dass z-Komponente des Drehimpulses erhalten ist:
p2x + p2y + p2z
1 {lz , H} = {xpy − ypx ,
} =
{x, p2x } py − {y, p2y } px
= 0.
2m
2m | {z }
| {z }
=2px
=2py
(192)
– x-Komponente und y-Komponente des Drehimpulses analog.
• Die Hamiltonschen BGls (179) können mit Hilfe der Poisson-Klammern formuliert werden:
q̇ j
= {q j , H}
,
ṗj
= {pj , H}.
(193)
• Bezug zur Quantenmechanik (wird erst im 4. Semester in “Theoretische Physik 4 – Quantenmechanik” verständlich):
– Ausgangspunkt einer Quantisierung ist i.d.R. die Hamilton-Funktion (171), die zum
Hamilton-Operator wird.
– (184) entspricht der Heisenbergschen Bewegungsgleichung für Operatoren.
– Poissonklammer (185) entspricht dem Kommutator zweier Operatoren (Kommutatoren sind die wesentlichen Objekte der Quantenmechanik; durch Vorgabe geeigneter
nicht-verschwindender Kommutatoren, z.B. [p, q] = −i~, erhält man theoretische Beschreibung quantenmechanischer Phänomene).
– Elementare Poissionklammern (190) spiegeln Unschärferelation von Ort und Impuls
wieder, d.h. Ort und Impuls kann nicht gleichzeitig beliebig genau festgelegt werden.
46
3.4
Phasenraum
• Phasenraum:
– Der 2f -dimensionale Raum aller möglichen generalisierten Impulse und Koordinaten,
(p, q) = (p1 , . . . , pf , q 1 , . . . , q f ) eines betrachteten Systems.
– Entspricht dem Raum aller möglichen Zustände.
• Phasenraumtrajektorien markieren die zeitliche Entwicklung des Systems, d.h. wird
ausgehend vom Zustand (p0 , q0 ) durch die Dynamik des Systems der Zustand (p1 , q1 ) zu
einem späteren Zeitpunkt erreicht, sind die Phasenraumpunkte (p0 , q0 ) und (p1 , q1 ) durch
eine Phasenraumtrajektorie verbunden.
***** 21. Juni 2016 (21. Vorlesung) *****
• Beispiel: 1-dimensionaler HO.
– Phasenraum ist 2-dimensional, (p, q).
– Hamilton-Funktion:
H
=
p2
mωq 2
+
.
2m
2
– Hamiltonsche BGls:
∂H
p
q̇ = +
=
∂p
m
(194)
,
ṗ = −
∂H
∂q
= −mω 2 q.
(195)
– Allgemeine Lösung der Hamiltonschen BGls:
q̈ = −ω 2 q
→
q(t) = A cos(ωt) + B sin(ωt) = q0 cos(ωt) +
p0
sin(ωt)
mω
(196)
p(t) = mq̇ = mω − A sin(ωt) + B cos(ωt)
= −mωq0 sin(ωt) + p0 cos(ωt)
(197)
(im letzten Schritt jeweils Umbenennung A = q0 und mωB = p0 ).
– (p(t), q(t)) beschreibt Phasenraumtrajektorien, im Fall des 1-dimensionalen HOs Ellipsen in der p-q-Ebene, z.B. für p0 = 0 ergibt sich
(p(t), q(t)) = (−mωq0 sin(ωt), q0 cos(ωt)).
XXXXX Bild-019 XXXXX
• Phasenraumtrajektorien überkreuzen sich nicht (gäbe es Überkreuzungen, wäre die zeitliche Entwicklung des Systems nicht eindeutig von den BGls festgelegt).
• Ein Phasenraumvolumen (z.B. eine Menge von Zuständen mit ähnlichen Orten und Impulsen ≈ (p0 , q0 ) beschrieben durch eine Kugel mit Mittelpunkt (p0 , q0 ))
– ändert sich bei konservativen Systemen (Energieerhaltung) nicht mit der Zeit, ist also
erhalten (Satz von Liouville, kann man einfach zeigen),
47
– verkleinert sich bei dissipativen Systemen (keine Energieerhaltung, z.B. aufgrund von
Reibungskräften) mit der Zeit, ist also nicht erhalten.
XXXXX Bild-020 XXXXX
• Phasenraum vor allem wichtig in statistischer Physik, d.h. bei Berechnung von Erwartungswerten und Wahrscheinlichkeiten für Systeme mit sehr vielen Freiheitsgraden, z.B.
Gase, Magneten, ... (Inhalt von “Theoretische Physik 5 – Thermodynamik und Statistische
Physik”):
– In statistischer Physik muss man häufig Zustände zählen (z.B. Anzahl der Zustände
unterhalb einer vorgegebenen Energie).
– Phasenraumvolumen ist proportional zur Anzahl der Zustände.
– In einer klassischen (= nicht-quantisierten) Theorie entspricht ein Zustand einem
Punkt im Phasenraum, d.h. Zustände liegen unendlich dicht beieinander.
– In einer quantisierten Theorie nimmt ein Zustand ein endliches Volumen im Phasenraum ein, d.h. endliche Anzahl von Zuständen in endlichen Phasenraumvolumen.
48
4
Kleine Schwingungen von Vielteilchensystemen
• Grundlagen von Vielteilchensystemen: “Theoretische Physik 1 – Mathematische Methoden”, Kapitel 6.
• Betrachte N Massenpunkte (Massen mj ), deren Positionen rj durch f generalisierte Koordinaten Q = (Q1 , . . . , Qf ) beschrieben werden, d.h. rj (Q), im Potential
V (r1 , . . . , rN ) ≡ V (Q):
X mj
∂rj ∂rj l
1 kX
L = T −V =
ṙ2j − V (r1 , . . . , rN ) =
Q̇
mj
Q̇ − V (Q)
2
2
∂Qk ∂Ql
j
j
|
{z
}
=Mkl (Q)
(198)
(Mkl hat gleiche Struktur, wie Metrik aus Abschnitt 2.6, kann als eine Art Metrik des
Gesamtsystems interpretiert werden).
• Q = Q̃ ist Gleichgewichtslage, falls
∂
V (Q)
= 0.
j
∂Q
Q=Q̃
(199)
• Gleichgewichtslage stabil, falls Hesse-Matrix
∂
∂
V (Q)
Kjk (Q̃) =
j
k
∂Q ∂Q
Q=Q̃
(200)
positiv definit, d.h. falls qK(Q̃)q > 0 für beliebige q 6= 0 gilt bzw. falls alle Eigenwerte
von K(Q̃) positiv sind (geometrisch: V hat in jeder Richtung im f -dimensionalen Parameterraum positive Krümmung); Gleichgewichtslage instabil sonst.
• Ziel dieses Kapitels: Kleine Schwingungen um stabile Gleichgewichtslagen berechnen (häufig
auftretendes Phänomen bzw. Problem, z.B. Molekülschwingungen, Ausbreitung von Wellen im Kristall, ...).
4.1
Quadratische Näherung der Lagrange-Funktion
• Im Folgenden 2f -dimensionale Taylor-Näherung bis einschließlich 2. Ordung in kleinen
Auslenkungen aus stabiler Gleichgewichtslage q j = Qj − Q̃j und den entsprechenden
Geschwindigkeiten q̇ j = Q̇j (Geschwindigkeiten sind proportional zu Auslenkungen bei
kleinen und damit harmonischen Schwingungen [siehe HO, “Theoretische Physik 1 – Mathematische Methoden”, Kapitel 4], damit q j klein, wenn q̇ j klein, und umgekehrt).
• Potential:
V
∂
1 ∂
∂
j
= V (Q̃) +
V
(Q)
q
+
V
(Q)
qj qk +
O(q 3 )
| {z }
| {z }
∂Qj
2 ∂Qj ∂Qk
Q=Q̃
Q=Q̃
|
{z
}
|
{z
}
irrelevant
wird vernachlässigt
=0
→
V (q) =
=Kjk (Q̃)
1
qK(Q̃)q
2
(201)
49
– Konstante V (Q̃) physikalisch irrelevant, wird im Folgenden weggelassen.
– q 3 - und höhere Ordnungen werden vernachlässigt (gute Näherung für hinreichend
kleine Schwingungen).
– Potential V = V (q) ist damit f -dimensionales Paraboloid, nach oben geöffnet, da
K(Q̃)) positiv definit (jede Auslenkung aus stabiler Gleichgewichtslage erhöht potentielle Energie).
***** 24. Juni 2016 (22. Vorlesung) *****
• Kinetische Energie:
T
=
1 j
q̇ Mjk (Q̃)q̇ k +
2
O(q 3 )
| {z }
wird vernachlässigt
→ T (q̇) =
1
q̇M (Q̃)q̇
2
(202)
– q 3 - und höhere Ordnungen werden vernachlässigt (gute Näherung für hinreichend
kleine Schwingungen).
• Insgesamt:
L = T −V
=
1
1
q̇M q̇ − qKq.
2
2
(203)
– M = M (Q̃) wird als Massenmatrix bezeichnet.
– K = K(Q̃) wird als Kraftmatrix bezeichnet.
• Beispiel: Vertikale Bewegung von 2 Massenpunkten (Massen m1 und m2 , Positionen Z 1
und Z 2 ) im konstanten Schwerefeld, Massenpunkt 1 mit Feder 1 (Federkonstante κ1 ) aufgehängt, Massenpunkt 2 mit Feder 2 (Federkonstante κ2 ) mit Massenpunkt 1 verbunden.
XXXXX Bild-021 XXXXX
– Potential:
1
1
V (Z) = m1 gZ 1 + m2 gZ 2 + κ1 (Z 1 )2 + κ2 (Z 2 − Z 1 )2 .
2
2
– Gleichgewichtslage:
∂
= m1 g + κ1 Z̃ 1 − κ2 (Z̃ 2 − Z̃ 1 ) = 0
V
∂Z 1 Z=Z̃
∂
V = m2 g + κ2 (Z̃ 2 − Z̃ 1 ) = 0,
2
∂Z
Z=Z̃
(204)
(205)
(206)
d.h.
Z̃ 1 = −
(m1 + m2 )g
κ1
,
Z̃ 2 = Z̃ 1 −
50
m2 g
κ2
= −
(m1 + m2 )g m2 g
−
.
κ1
κ2
(207)
– Potential ausgedrückt durch Auslenkungen aus Gleichgewichtslage z j = Z j − Z̃ j :
1
1
κ1 (z 1 )2 + κ2 (z 2 − z 1 )2
2
2
V (z) =
(208)
(irrelevante Konstante V (Z̃) weggelassen).
– Kinetische Energie:
1
1
m1 (ż 1 )2 + m2 (ż 2 )2 .
2
2
T (ż) =
(209)
– Lagrange-Funktion:
1
1
żM ż − zKz
2
2
mit Massen- und Kraftmatrix
m1 0
M =
0 m2
+κ1 0
+κ2 −κ2
+κ1 + κ2 −κ2
.
K =
+
=
0
0
−κ2 +κ2
−κ2
+κ2
|
{z
} |
{z
}
L = T −V
=
Feder 1
(210)
(211)
(212)
Feder 2
***** 28. Juni 2016 (23. Vorlesung) *****
4.2
BGls und deren Lösung
• BGls aus Lagrange-Funktion (203) mit Hilfe der Euler-Lagrange-Gleichungen:
d ∂L
∂L
− j
j
dt ∂ q̇
∂q
= Mjk q̈ k + Kjk q k
= 0
(213)
bzw. kompakt in Matrix-Vektor-Form
M q̈ + Kq = 0.
(214)
• (214) ist System homogener linearer DGls mit konstanten Koeffizienten, kann daher durch
Exponentialansatz gelöst werden (siehe auch “Theoretische Physik 1 – Mathematische
Methoden”, Abschnitt 3.6):
q = aj e+iωj t
(215)
(aj und ωj sind im Folgenden zu bestimmende Parameter des Ansatzes).
• Einsetzen des Exponentialansatzes in (214):
jt
− M ωj2 + K aj |e+iω
{z } = 0
(216)
6=0
51
und damit
− M ωj2 + K aj
= 0
(217)
((217) nennt man verallgemeinertes Eigenwertproblem: Lösungen sind Paare von
Eigenwerten ωj2 und Eigenvektoren aj 6= 0 [aj = 0 ist uninteressante Lösung, daher ausgeschlossen]).
• Damit (217) Lösungen aj 6= 0 hat muss det(−M ωj2 + K) = 0 gelten:
– det(−M ωj2 + K) = 0 nennt man charakteristisches Polynom, ist ein Polynom f -ten
Grades in ωj2 , hat damit f Nullstellen ωj2 , die gesuchten Eigenwerte bzw. Eigenfrequenzen (man kann zeigen, dass Eigenwerte ωj2 reell und ωj2 > 0).
– Zu jedem Eigenwert ωj2 kann durch Lösen von (217) ein Eigenvektor aj bestimmt
werden (man kann zeigen, dass diese Eigenvektoren aj reell gewählt werden können;
von reellen aj wird im Folgenden ausgegangen):
∗ Systeme mit kleiner Anzahl von Freiheitsgraden f : Analytische Rechnungen möglich, Eigenvektoren z.B. über Gaußsches Eliminationsverfahren.
∗ Systeme mit großer Anzahl von Freiheitsgraden f : Meist numerische Rechnungen
mit speziellen Verfahren zur effizienten Lösung generalisierter Eigenwertprobleme
erforderlich.
– M und K symmetrisch, d.h. M = M T und K = K T ; aus (217) folgt damit
0 = aTj (−M ωj2 + K) und daraus
0 = aTj − M ωj2 + K ak = aTj − M ωj2 + M ωk2 ak = −(ωj2 − ωk2 )aTj M ak ,
(218)
d.h. Eigenvektoren aj und ak zu verschiedenen Eigenwerten ωj2 6= ωk2 sind bezüglich
Massenmatrix M orthogonal, d.h. aTj M ak = 0.
– Dementsprechend ist es zweckmäßig, Eigenvektoren gemäß
aTj M ak
= δjk
(219)
zu normieren:
∗ Für Eigenvektoren aj und ak zu verschiedenen Eigenwerten ωj2 6= ωk2 (219) automatisch erfüllt (wurde oben gezeigt).
q
∗ Für j = k kann Normierung durch Ersetzung aj → aj / aTj M aj erreicht werden
(ein Eigenvektor ist niemals eindeutig; nach Multiplikation mit beliebigen Faktor
6= 0 handelt es sich noch immer um gleichwertigen Eigenvektor).
∗ Für Eigenvektoren aj und ak zu gleichen Eigenwerten ωj2 = ωk2 (entartete Eigenwerte), ersetzt man aj und ak durch geeignete Linearkombinationen (diese
sind noch immer Eigenvektoren), die (219) erfüllen (Details eventuell in Übungsaufgaben oder in Literatur).
• Allgemeine komplexe Lösung der BGls (214):
X q =
aj Aj e+iωj t + Bj e−iωj t
j
52
(220)
(ωj > 0, d.h. definiert als Wurzel aus ωj2 ) mit 2f unabhängigen Konstanten Aj und Bj ,
die durch ABs festgelegt werden.
***** 02. Juli 2016 (24. Vorlesung) *****
• Allgemeine reelle Lösung der BGls (214) (die physikalische bedeutungsvolle Lösung): Nur
Werte für Aj und Bj zulassen, die reelles q garantieren, führt auf
q =
X
aj Ãj cos(ωj t) + B̃j sin(ωj t)
(221)
j
(wobei Ãj und B̃j die unabhängigen Konstanten Aj und Bj ersetzen) oder
q =
X
aj Cj cos(ωj t + ϕj )
(222)
j
(wobei Cj und ϕj die unabhängigen Konstanten Aj und Bj ersetzen).
• ABs: Z.B. Vorgabe von q0 = q(t = 0) und q̇0 = q̇(t = 0), d.h. Auslenkungen und
Geschwindigkeiten zum Zeitpunkt t = 0; dann erhält man Aj und Bj zweckmäßig durch
Multiplikation mit aTk M ,
aTk M q0
=
aTk M
X
a j Aj e
+iωj t
−iωj t
+ Bj e
j
aTk M q̇0
=
aTk M
X
+iωj t
aj Aj (+iωj )e
= Ak + B k
(223)
t=0
−iωj t
+ Bj (−iωj )e
= iωk (Ak − Bk ),
t=0
j
(224)
d.h. für jedes k zwei lineare Gleichungen zur Bestimmung von Ak und Bk (Implementierung
der ABs generiert automatisch reelles q).
• Fortsetzung des Beispiels aus Abschnitt 4.1:
– Eigenwerte:
−m1 ωj2 + κ1 + κ2
−κ2
2
=
0 = det − M ωj + K
= det
−κ2
−m2 ωj2 + κ2
=
− m1 ωj2 + κ1 + κ2 − m2 ωj2 + κ2 − κ22 .
(225)
– Betrachte im Folgenden den Spezialfall m1 = m2 = m, κ1 /3 = κ2 /2 = κ:
0 =
− mωj2 + 5κ − mωj2 + 2κ − 4κ2 = (mωj2 )2 − 7κ(mωj ) + 6κ2
√
7
72 − 4 × 6 κ
7 5 κ
2
→ ω1,2 =
±
=
±
,
2
2
m
2 2 m
d.h. ω12 = κ/m und ω22 = 6κ/m.
53
(226)
– Eigenvektor zu ω12 = κ/m:
−mω12 + 5κ
−2κ
2
− M ω1 + K a1 =
a1 =
−2κ
−mω12 + 2κ
+4 −2
= κ
a1 = 0,
−2 +1
(227)
d.h. a1 = (+1, +2), gleichgerichtete Schwingung der Massenpunkte.
XXXXX Bild-021 XXXXX
– Eigenvektor zu ω22 = 6κ/m:
−mω22 + 5κ
−2κ
2
− M ω2 + K a2 =
a2 =
−2κ
−mω22 + 2κ
−1 −2
= κ
a2 = 0,
−2 −4
(228)
d.h. a2 = (+2, −1), entgegengerichtete Schwingung der Massenpunkte.
XXXXX Bild-021 XXXXX
√
√
– Nach Normierung gemäß (219): a1 = (+1, +2)/ 5m und a2 = (+2, −1)/ 5m.
– ABs bei t = 0: Massenpunkt 1 unausgelenkt in Ruhe, Massenpunkt 2 ausgelenkt um
∆ in Ruhe:
∗ z0 = (0, ∆), ż0 = (0, 0).
√
√
√
∗ aT1 M z0 = (+2/ 5m)m∆ = +2 m∆/ 5 = A1 + B1
aT1 M ż0 = 0 = iω1 (A1 −√B1 )
√
→ A1 = B1 = + m∆/ 5 .
√
√
√
∗ aT2 M z0 = (−1/ 5m)m∆ = − m∆/ 5 = A2 + B2
aT2 M ż0 = 0 = iω1 (A2 − B
√2 )
√
→ A2 = B2 = − m∆/2 5 .
∗ Damit spezielle Lösung
X z =
aj Aj e+iωj t + Bj e−iωj t
=
j
2
5
+1
+2
p
1
∆ cos( κ/mt) −
5
+2
−1
p
∆ cos( 6κ/mt)
(229)
p
p
(Überlagerung der beiden Schwingungen ∝ cos( κ/mt) und ∝ cos( 6κ/mt)
führt zu kompliziertem sich nicht wiederholendem Schwingungsverhalten).
=
54
1
z1/∆
z2/∆
2
z /∆ , z /∆
0.5
1
0
-0.5
-1
0
5
10
15
20
(k/m)1/2 t
4.3
Normalschwingungen und Normalkoordinaten
• Schwingt ein System so, dass nur einer der Eigenvektoren aj und damit nur eine der
Eigenfrequenzen ωj zu q beiträgt, d.h. nur für einen Index j = k die Konstanten Ak und
Bk von Null verschieden sind (äquivalent Ãk und B̃k bzw. Ck von Null verschieden sind),
spricht man von einer Normalschwingung.
• Normalschwingungen sind linear unabhängige Schwingungszustände, die zu einfachen sinbzw. cos-förmigen Schwingungsverhalten mit Periode 2π/ωj führen.
***** 05. Juli 2016 (25. Vorlesung) *****
• Übergang zu Normalkoordinaten ξ~ häufig zweckmäßig,
qj
= ajk ξ k
(230)
(unterer Index k in ajk nummeriert Eigenvektoren ak , oberer Index j in ajk bezeichnet j-te
Komponente des Eigenvektors ak ).
• (230) kann auch in Matrix-Vektor-Form geschrieben werden,
~
q = Aξ,
(231)
wobei Spalten der f × f -Matrix A Eigenvektoren ak sind, d.h. A = (a1 a2 . . . af )).
• Lagrange-Funktion in Normalkoordinaten:
L =
1
1
q̇M q̇ − qKq =
2
2
1 ~˙ T
˙
ξA M Aξ~ −
2
X 1
ωj2 j 2
1~ T
j 2
~
˙
ξA KAξ =
(ξ ) −
(ξ ) ,
2
2
2
j
(232)
55
wobei

aT1
 aT2 

AT M A = 
 . . .  M (a1 a2 . . . af ) = 1
aTf
 T 
a1

aT2 
2
2
2

AT KA = AT K(a1 a2 . . . af ) = 
 . . .  M (a1 ω1 a2 ω2 . . . af ωf ) =
aTf

= diag(ω12 , ω22 , . . . , ωf2 )
(233)
(234)
verwendet wurde.
• L hat Struktur einer Summe über unabhängige HOs, d.h. f unabhängige BGls
ξ¨j + ωj2 ξ j
= 0,
(235)
deren Lösung sehr einfach ist (siehe “Theoretische Physik 1 – Mathematische Methoden”,
Kapitel 4); Übergang zu Normalkoordinaten erfordert aber Kenntnis der Eigenvektoren
aj , also insgesamt genauso schwierig, wie Lösung in ursprünglichen Koordinaten q j .
• Hamilton-Funktion (d.h. Gesamtenergie)
H
=
ωj2 j 2
(ξ ) +
(ξ )
2
2
X 1
j
˙j 2
(236)
hat ebenfalls Struktur einer Summe über unabhängige HOs, zeigt, dass die in den Normalschwingungen enthaltenen Energien zeitlich konstant sind, d.h. nicht untereinander
ausgetauscht werden.
• Normalschwingungen erlauben einfache Quantisierung (wird erst im 4. Semester in “Theoretische Physik 4 – Quantenmechanik” verständlich).
4.4
Ausbreitung von Wellen im Kristall
• Betrachte einfaches Modell eines Festkörpers/Kristalls:
– Nur 1 Raumdimension (leicht auf 2 oder 3 Raumdimensionen erweiterbar).
– N Atome/Moleküle (Masse m), im energerischen Minimum, d.h. im Gleichgewicht in
konstantem Abstand a aufgereiht (a hat Größenordnung des Atom-/Moleküldurchmessers).
– Generalisierte Koordinaten q j , j = 1, . . . , N sind Auslenkungen aus dieser Gleichgewichtslage.
– Kräfte nur zwischen Nachbaratomen/-molekülen, beschrieben durch Potentiale
V (q j − q j−1 ) = (κ/2)(q j − q j−1 )2 + O((q j − q j−1 )3 ) (bei kleinen Schwingungen der
Atome/Moleküle O((q j − q j−1 )3 ) vernachlässigbar).
56
– Periodische Randbedingungen: q j ≡ q j+N , d.h. Kristall hat keine Ränder, nach
N Atomen/Molekülen wiederholen sich die Auslenkungen (erlaubt analytische Berechnung der Kristallschwingungen; bei numerischer Lösung auch beliebige andere,
z.B. offene Randbedingungen möglich).
XXXXX Bild-021 XXXXX
• Lagrange-Funktion:
L =
N X
m
j=1
2
κ j
(q̇ ) −
q − q j−1
2
2
j 2
(237)
(q 0 ≡ q N aufgrund periodischer Randbedingungen).
• BGls:
Mjk q̈ k + Kjk q k
= 0
(238)
mit Massen- und Kraftmatrix
Mjk
= δjk m
,
Kjk
=
− δjk−1 + 2δjk − δjk+1 κ.
(239)
XXXXX Bild-022 XXXXX
• Lösung des verallgemeinerten Eigenwertproblems
− Mjk ωn2 + Kjk akn =
− δjk−1 κ + δjk (−mωn2 + 2κ) − δjk+1 κ akn = 0
(240)
mit Ansatz
akn
= exp
2πikn
N
(241)
(erfüllt periodische Randbedingungen q k ≡ q k+N , da q k =
k
+iωn t
n an (An e
P
+ Bn e−iωt )):
− Mjk ωn2 + Kjk akn =
2πin
2πin
2πijn
2
= exp
− exp +
κ + (−mωn + 2κ) − exp −
κ
=
N
N
N
2πijn
2πn
= exp
− mωn2 + 2 − 2 cos
κ
= 0
N
N
{z
}
|
6=0
→
ωn2
2πn
κ
=
2 − 2 cos
.
N
m
(242)
***** 08. Juli 2016 (26. Vorlesung) *****
57
• ω02 und ωN/2 (bei geradem N ) treten nur einfach auf, a0 und aN/2 reell,
ak0
= 1
akN/2 = cos(πk);
,
(243)
2
ωn2 = ωN
−n für 1 ≤ n < N/2, d.h. entartet, zugehörige Eigenvektoren können durch
Linearkombination reell gemacht werden,
1 k
an + akN −n
= cos
2
2πkn
N
,
1 k
an − akN −n
= sin
2i
2πkn
.
N
(244)
• Zweckmäßiger ist Rechnen mit komplexen Eigenvektoren:
– Normierungsbedingung aTj M ak = δjk wird durch a†j M ak = δjk († bedeutet transponiert und komplex konjugiert) ersetzt, d.h.
2πikn
1
k
.
(245)
exp
an = √
N
Nm
– Allgemeine komplexe Lösung der BGls entspricht dann (220),
q
k
=
=
N
−1
X
n=0
N
−1
X
n=0
akn An e+iωn t + Bn e−iωn t
=
1
√
exp
Nm
2πikn An e+iωn t + Bn e−iωn t .
N
(246)
• Lösung beschreibt Wellen, z.B. nach rechts laufende cos-förmige Welle für relles
Bñ = AN −ñ für ein spezielles 0 < ñ < N/2, alle anderen An = Bn = 0,
q
k
=
2AN −ñ
√
cos
Nm
2πkñ
− ωñ t ,
N
(247)
Ausbreitungsgeschwindigkeit für ñ N
vñ =
N a/ñ
Tñ
=
N aωñ
2πñ
r
κ
≈ a
m
(248)
(eine Periode Tñ = 2π/ωñ muss verstreichen, bis Welle Entfernung N a/ñ zwischen zwei
benachbarten Wellenkämmen zurückgelegt hat), wobei
s
ωñ =
2 − 2 cos
2πñ
N
κ
m
s
=
2πñ
N
2
+O
2πñ
N
4 κ
m
≈
2πñ
N
r
κ
m
(249)
verwendet wurde.
XXXXX Bild-023 XXXXX
• ABs bei t = 0: Z.B. Auslenkung eines Atoms/Moleküls um ∆.
58
– q0 = (∆, 0, . . . , 0), q̇0 = ~0.
√
√
√
– a†j M q0 = (1/ N m)m∆ = m∆/ N = Aj + Bj
a†j M q̇0 = 0 = iωj (Aj + Bj )
√
√
→ Aj = Bj = m∆/2 N .
– Allgemeine Lösung wird dadurch zu spezieller Lösung, kann problemlos mit Hilfe
eines Computers gezeichnet werden, im Folgenden für N = 20.
1
q0/∆
q5/∆
q10/∆
0
0
5
10
q /∆ , q /∆ , q /∆
0.5
-0.5
-1
0
5
10
15
20
(κ/m)1/2 t
– Effekt der Auslenkung von Atom/Molekül
0 für Atom/Molekül 5 (Entfernung ≈ 5a)
p
erst nach Zeitspanne t ≈ 5/ κ/m sichtbar,
für Atom/Molekül 10 (Entfernung
p
≈ 10a) erst nach Zeitspanne t ≈ 10/ κ/m sichtbar; Ausbreitungsgeschwindigkeit
(248) damit bestätigt.
• Phänomen der Ausbreitung von Wellen (z.B. Schallwellen) im Kristall damit qualitativ
verstanden.
59
5
Grundlagen der Kontinuumsmechanik und von Feldtheorien
• Kontinuumsmechanik:
– Dynamik von deformierbaren Objekten, Flüssigkeiten und Gasen.
– Betrachte kontinuierliche Massenverteilungen statt Bahnen einzelner Massenpunkte
(z.B. rj (t)).
– Mathematisch beschrieben durch Felder (z.B. z(x, t) bzw. z(x, y, t) [transversale Auslenkung einer schwingenden Saite bzw. Membran] oder ρ(r, t) [Massendichte einer
Flüssigkeit oder eines Gases]), d.h. durch Funktionen die von Ort und Zeit, also von
2 oder mehr Variablen abhängen.
– Man spricht daher von Feldtheorien.
5.1
Schwingende Saite
• Betrachte in 2 Raumdimensionen eine in x-Richtung gespannte Saite, beschrieben durch
z(x, t) (z ist transversale Auslenkung bei x zum Zeitpunkt t; longitudinale Auslenkungen
werden nicht zugelassen).
XXXXX Bild-024 XXXXX
***** 12. Juli 2016 (27. Vorlesung) *****
• Einfaches Beispiel einer Feldtheorie:
– z hängt nur von 2 Variablen x und t ab.
– Bedeutung von z offensichtlich.
– Deutlich komplizierteres Beispiel im nächsten Semester in “Theoretische Physik 3 –
Elektrodynamik”: Elektrisches Feld E(r, t) und magnetisches Feld B(r, t) sind Vektoren, hängen von 4 Variablen r und t ab, Bedeutung von E und B eher abstrakt.
• Modelliere Saite durch N +1 identische Massenpunkte (Massen m, Positionen rj = (xj , zj ))
verbunden mit N identischen Federn (Ruhelängen 0, Federkonstanten k):
– Saite an beiden Enden im Abstand L in x-Richtung eingespannt, keine longitudinalen
Auslenkungen (d.h. Auslenkungen in x-Richtung): xj = aj mit Abstand a = L/N
zwischen benachbarten Massenpunkten.
– Dynamische Freiheitsgrade sind transversale Auslenkungen zj (t).
– Lagrange-Funktion:
L = T −V
=
N
X
m
j=0
2
żj2 (t)
−
N
X
k
j=1
2
a2 + (zj (t) − zj−1 (t))2
(nahezu identisch zur Lagrange-Funktion des 1-dimensionalen Kristalls (237)).
XXXXX Bild-025 XXXXX
60
(250)
• Übergang ins Kontinuum: N → ∞, wobei L = N a = const, d.h. a = L/N → 0
(Kontinuumslimes).
– Massendichte (bzw. Gesamtmasse) der Saite bleibt konstant, ρ = m/a = const, d.h.
m = ρa → 0,
– κ = ka = const, d.h. k = κ/a → ∞ (eine Feder [Federkonstante k] in 2 “halbe
Federn” zu zerschneiden liefert 2 Federn mit Federkonstanten 2k:
V = kx2 /2 = (2k)(x/2)2 /2 + (2k)(x/2)2 /2 = const).
– Endliche m und k sind im Kontinuumslimes nicht sinnvoll, müssen durch endliche ρ
und κ ersetzt werden.
– Außerdem
zj (t) → z(x, t) (x = aj)
Z L
X
a →
dx
(251)
(252)
0
j
zj (t) − zj−1 (t)
∂
→
z(x, t) = z 0 (x, t),
(253)
a
∂x
d.h. diskreter Index j wird durch kontinuierliche Variable x ersetzt, Summen durch
Integrale, finite Differenzen durch Ableitungen.
– Lagrange-Funktion:
N
N
X
X
ka zj (t) − zj−1 (t) 2
m
a
→
a żj2 (t) −
2a
2
a
j=1
j=0
Z L ρ 2
κ 02
→
dx
ż (x, t) − z (x, t)
0
|2
{z 2
}
L =
(254)
=L(ż,z 0 ,z)
(unterscheidet sich um irrelevante Konstante von (250)).
∗ L(ż, z 0 , z) wird als Lagrange-Dichte bezeichnet (Integral über x liefert LagrangeFunktion).
∗ Wirkung der Saite:
Z tf
Z L
S[z] =
dt
dx L(ż, z 0 , z).
(255)
ti
0
• Variationsrechnung analog zu Abschnitt 2.2,
Z tf
Z L ∂L
∂L
∂L
δ ż + 0 δz 0 +
δz
=
0 = δS =
dt
dx
∂ ż
∂z
∂z
ti
0
Z tf
Z tf
Z L
Z L
∂ ∂L
∂ ∂L
=
dt
dx
δz +
dt
dx
δz
∂t ∂ ż
∂x ∂z 0
ti
0
ti
0
Z tf
Z L ∂ ∂L
∂ ∂L ∂L
+
dt
dx −
−
+
δz =
∂t
∂
ż
∂x
∂z 0
∂z
ti
0
Z L
Z tf
∂L t=tf
∂L x=L
=
dx
δz
+
dt 0 δz ∂ ż t=ti
∂z
0
ti
x=0
|
{z
}
=0
61
Z
tf
Z
ti
dx
dt
+
L
0
∂ ∂L
∂ ∂L ∂L
−
+
δz,
−
∂t ∂ ż
∂x ∂z 0
∂z
(256)
liefert eine Variante der Euler-Lagrange-Gleichungen, die BGl oder Feldgleichung
∂ ∂L
∂ ∂L ∂L
+
−
∂t ∂ ż
∂x ∂z 0
∂z
= 0,
(257)
sowie eine am Rand des Felds (d.h. bei x = 0 und x = L) zusätzlich zu erfüllende Gleichung
Z
tf
ti
∂L x=L
dt 0 δz = 0
∂z
x=0
(258)
(ähnlich wie beim gebogenen Balken in Hausaufgabe [Blatt 8, Aufgabe 28]).
– Feldgleichungen (257) sind partielle DGls, d.h. DGls in mehreren Variablen, und daher
i.A. viel schwieriger zu lösen, als gewöhnliche DGls der Mechanik.
– Der erste Term nach dem letzten Gleichheitszeichen verschwindet aufgrund des Hamiltonschen Prinzips, bei dem z(x, t) bei t = ti und bei t = tf vorgegeben ist, d.h.
δz(x, ti ) = δz(x, tf ) = 0.
– “Randbedingungen” (258) sind in Feldtheorie ebenso wichtig, wie Feldgleichungen
(257), dürfen nicht ignoriert oder vergessen werden.
• Einsetzen der Lagrange-Dichte der Saite (Gleichung (254)) liefert Feldgleichung
ρz̈(x, t) − κz 00 (x, t) = 0
(259)
sowie
Z tf dt z 0 (L, t)δz(L, t) − z 0 (0, t)δz(0, t)
= 0.
(260)
ti
***** 15. Juli 2016 (28. Vorlesung) *****
• Allgemeine Lösung der Feldgleichung (259) einfach (durch “scharfes Hinschauen”),
z(x, t) = z+ (x + vt) + z− (x − vt)
,
v =
p
κ/ρ.
(261)
– z+ und z− sind beliebige unabhängige Funktionen in jeweils einer Variable.
– z+ (x + vt) entspricht in negativer x-Richtung mit Geschwindigkeit v laufenden Welle.
z− (x − vt) entspricht in positiver x-Richtung mit Geschwindigkeit v laufenden Welle.
→ (261) wird auch als Wellengleichung bezeichnet.
– Wellengleichungen analog zu (259) existieren auch in 3 oder mehr Variablen (z.B.
Feldgleichung einer schwingenden Membran, Feldgleichungen des elektrischen und
magnetischen Feldes), dann einfache Lösung wie in (261) nicht mehr möglich (siehe
Abschnitt 5.2).
62
• Für weitere Lösung ist physikalische Vorgabe für Endpunkte der Saite erforderlich (z.B.
eingespannt, frei beweglich, periodisch).
• Typische Vorgabe ist beidseitig eingespannte Saite (sogenannte Dirichlet-Randbedingungen): z(0, t) = z(L, t) = 0.
– Es folgt δz(0, t) = δz(L, t) = 0, damit (260) automatisch erfüllt.
– Einsetzen von (261) liefert Bedingungen an z+ und z− :
z(0, t) = z+ (+vt) + z− (−vt) = 0
(262)
z(L, t) = z+ (L + vt) + z− (L − vt) = 0,
(263)
woraus
z+ (+u) + z− (−u) = 0
(264)
z+ (+u + 2L) + z− (−u) = 0
(265)
bzw.
z+ (+u + 2L) − z+ (+u) = 0 ,
z− (+u) = −z+ (−u)
(266)
folgt.
→ z+ ist damit beliebige 2L-periodische Funktion.
→ z− ist durch z+ vollständig festgelegt.
• Spezielle Lösung erfordert Vorgabe von ABs, z.B. z(x, 0) = f (x) (Auslenkung der Saite
bei t = 0) und ż(x, 0) = g(x) (Geschwindigkeit der Saite bei t = 0), legen z+ und damit
z(x, t) eindeutig fest:
– Einsetzen von (266) in (261) liefert z und ż ausgedrückt durch z+ :
z(x, t) = z+ (+x + vt) − z+ (−x + vt)
0
0
ż(x, t) = v z+
(+x + vt) − z+
(−x + vt)
(267)
(268)
0 bzw. z 0 bezeichnet Ableitung nach Argument von z bzw. z , nicht Ableitung
(z+
+
−
−
nach x).
– ABs liefern Gleichungssystem zur Bestimmung von z+ :
z(x, 0) = z+ (+x) − z+ (−x) = f (x)
0
0
ż(x, 0) = v z+
(+x) − z+
(−x)
= g(x)
Z
→ v z+ (+x) + z+ (−x)
=
dx g(x) = G(x)
G(x)
z+ (+x) + z+ (−x) =
v 1
G(x)
z+ (+x) =
+ f (x) +
2
v
1
G(x)
z+ (−x) =
− f (x) +
2
v
→
→
→
(269)
(G ist Stammfunktion von g; Gleichungen gelten für 0 ≤ x ≤ L, legen damit z+ (u)
für −L ≤ u ≤ +L fest, Periodizität (266) legt dann z+ (u) für u ∈ R fest und damit
z(x, t) gemäß (267)).
63
– Konkretes Beispiel:
∗ ABs
(L/2)2
(x − L/2)2
− exp −
(270)
z(x, 0) = f (x) = ∆ exp −
2σ 2
2σ 2
ż(x, 0) = g(x) = 0 → G(x) = 0,
(271)
d.h. bei t = 0 mittige gaußförmige Auslenkung um ≈ ∆ mit Breite ≈ σ, Saite
dabei in Ruhe.
∗ Abbildungen für L = 10.0, ∆ = 1.0, σ = 1.0, v = 1.0: Gaußförmige Auslenkung teilt sich in links- und rechtslaufende Welle, wird an eingespannten Enden
reflektiert, läuft mit umgekehrtem Vorzeichen wieder zurück.
t = 1.0
0.5
0.5
0.5
0
z(x,t)
1
-0.5
0
-0.5
-1
2
4
6
8
10
-1
0
2
4
x
8
10
0
0.5
0.5
0
z(x,t)
0.5
-0.5
0
-0.5
-1
6
8
10
2
4
6
8
10
0
t = 6.0
0.5
0
-1
4
6
8
10
x
z(x,t)
0.5
z(x,t)
0.5
-0.5
8
10
6
8
10
t = 8.0
1
2
4
t = 7.0
1
0
2
x
1
-1
6
0
x
-0.5
10
-1
0
x
0
8
-0.5
-1
4
6
t = 5.0
1
2
4
t = 4.0
1
0
2
x
1
z(x,t)
z(x,t)
6
x
t = 3.0
z(x,t)
0
-0.5
-1
0
5.2
t = 2.0
1
z(x,t)
z(x,t)
t = 0.0
1
0
-0.5
-1
0
2
4
6
x
8
10
0
2
4
x
Ausblick: Mehrdimensionale Erweiterungen, Bedeutung der Wellengleichung in der Elementarteilchenphysik
• In Abschnitt 5.1 diskutierte Grundlagen von zentraler Bedeutung, da Wellengleichung in
vielen modernen Theorien, insbesondere in Elementarteilchenphysik auftritt.
• Erlaubt man Schwingungen der Saite nicht nur in z- sondern auch in y-Richtung, erhält
man eine identische Wellengleichung für y(x, t) bzw. das Feld der Wellengleichung ist ein
Vektorfeld X(x, t) = (y(x, t), z(x, t)) mit Feldgleichung
1
Ẍ(x, t) − X00 (x, t) = 0.
v2
(272)
64
• Erlaubt man Schwingungen der Saite in allen Raumdimensionen und ersetzt man x durch
einen Parameter s, der die Saite parametrisiert, erhält man einen sogenannten String
X(s, t) = (x(s, t), y(s, t), z(s, t)) mit Feldgleichung
1
Ẍ(s, t) − X00 (s, t) = 0
v2
(273)
(X00 = (∂ 2 /∂s2 )X); relativistische Formulierung und Quantisierung liefert die Stringtheorie, eine moderne spekulative Theorie der Elementarteilchenphysik, die das Potential
besitzt, alle vier fundamentalen Kräfte (Gravitation, Elektromagnetismus, starke WW,
schwache WW) auf Quantenebene zu beschreiben.
• Erweitert man 1-dimensionales Modell von Massenpunkten und Federn auf 2 Dimensionen,
wird durch resultierendes Feld z(x, y, t) und zugehörige Feldgleichung
1
∂2
∂2
z̈(x,
y,
t)
−
z(x,
y,
t)
−
z(x, y, t) = 0
v2
∂x2
∂y 2
(274)
eine schwingende Membran (Trommel) beschrieben.
• Erweiterung auf 3 Dimensionen und Interpretation der räumlichen Auslenkung z als Auslenkung eines Vektorfelds E oder B in einem abstrakten Vektorraum liefert Wellengleichungen des elekrischen und magnetischen Felds,
1
Ë(r, t) − 4E(r, t) = 0
c2
1
B̈(r, t) − 4B(r, t) = 0,
c2
(275)
(276)
wobei der Laplace-Operator
4 =
∂2
∂2
∂2
+
+
∂x2 ∂y 2 ∂z 2
(277)
verwendet wurde; ausführliche Diskussion im nächsten Semester in “Theoretische Physik
3 – Elektrodynamik”.
• Alle Elementarteilchen (nicht nur Photonen, auch Elektronen, Quarks, Gluonen, Gravitonen, ...) werden durch Felder beschrieben mit Feldgleichungen, die zumindest teilweise die
Struktur einer Wellengleichung aufweisen.
65
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