ETWR – Teil B Verteilungsparameter Stephan Schosser Verteilungsparameter Motivation I • Zufallsvariablen haben unterschiedliche Verteilungsfunktion, ... … bzw. Wahrscheinlichkeits- oder Dichtefunktion • Beispiel: Dichtefunktionen für Tagesschlusskurse dreier Aktien 0.50 0.40 fX(x) 0.30 0.20 0.10 0.00 -0.10 -5.5 -3.5 -1.5 0.5 2.5 4.5 x • Aber: Wie kann mit Dichtefunktion „Risiko“ abgeschätzt werden? WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B 2 51 Stephan Schosser Verteilungsparameter 51 fX(t) Motivation II 0.50 0.40 • Idee: “Mittelwert” • Übertragung des Konzepts 0.30 auf Zufallsvariablen 0.20 • Misst „Mittelwert unendlich vieler 0.10 Wiederholungen des Experiments“ • Aktie „Braun“ besser als Aktie „Grün“ 0.00 -5.5 -3.5 -1.5 0.5 2.5 -0.10 • Aber: t Damit noch keine vollständige Aussage über „Risiko“ möglich • Sind Ränder sehr wahrscheinlich, „Mittelwert“ selbst nicht ... • ... so kann großer Gewinn, oder großer Verlust eintreten • Idee: „Mittlerer quadratische Abweichung“ • Übertragung des Konzepts auf Zufallsvariablen • Misst „Mittlere quadratische Abweichung von Mittelwert bei unendlich vielen Wiederholungen des Experiments“ • Aktie „Braun“ besser als Aktie „Blau“ • Daneben noch weitere Parameter möglich ... 3 WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B 4.5 Stephan Schosser Verteilungsparameter 4 51 Ziele • Bisher • Beschreibung von Zufällen mit diskreten Mengen • Abbildung diskreter Mengen auf Zahlen • Einführung von Zufallsvariablen zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten • Ziel des Kapitels • Charakterisierung unterschiedlicher Verteilungen • Identifikation geeigneter Parameter WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser Verteilungsparameter Agenda • Formalisierung des Zufalls • Bewertung von Ereignissen • Urnenexperimente • Bewertung von Urnenexperimenten • Zufallsvariablen • Verteilungsparameter • Erwartungswert • Varianz • Quantil • Standardisierte Zufallsvariablen • Mehrdimensionale Zufallsvariablen • Verteilungsparameter II • Spezielle Wahrscheinlichkeitsverteilungen (diskret) • Spezielle Wahrscheinlichkeitsverteilungen (stetig) WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B 5 51 Stephan Schosser Verteilungsparameter Wiederholung letztes Kapitel Zufallsvariablen • Definition: Unter einer Zufallsvariablen versteht man formal eine Funktion X: Ω → R. • Intuitive Bedeutung Vorschrift, die abstraktes ω in Zahl übersetzt • Vergleich deskriptive Statistik Beschreibende Statistik Schließende Statistik Grundgesamtheit Ergebnismenge Merkmal Zufallsvariable Messwert Realisation • Bezeichnungen • Zufallsvariablen: Großbuchstaben X, Y oder Z • Angenommene Werte (Realisationen): Kleinbuchstaben x, y oder z WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B 6 51 Stephan Schosser Wiederholung „Explorative Datenanalyse“ Verteilungsparameter Mittelwert • Gegeben: • Messwerte: a1, ..., ak • Relative Häufigkeiten: h1, ..., hk • Mittelwert k • x = ∑ hi ai i=1 • Jeder Summand: Relative Häufigkeit × Datenpunkt • Im Folgenden: • Übertragung des Konzepts „Mittelwert“ auf Zufallsvariable X mit • Wahrscheinlichkeitsfkt. fX(x) (für diskrete Zufallsvariablen) ... • ... bzw. Dichtefunktion fY(y) (für stetige Zufallsvariablen) • Dabei: • Erst diskrete Zufallsvariablen, ... • ... dann stetige Zufallsvariablen, ... • ... schließlich „Rechenregeln“ WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B 7 51 Stephan Schosser Verteilungsparameter Beispiel – Diskrete Zufallsvariable • Anzahl der Mädchen? (vgl. letztes Kapitel) • Zufallsvorgang: Geburt eines Kindes • Zufallsvorgang wird 2x beobachtet • Wahrscheinlichkeitsfunktion: ! # # f X (x) = " # # $ 0, 25 für x=0 0, 50 für x =1 0, 25 für x=2 0, 00 sonst • Übertragung des Konzepts Mittelwert: • Mittelwert: Summe aus Datenpunkt × relative Häufigkeit Hier: Summe aus Element des Trägers × Wahrscheinlichkeit • E(X) = 0 · 0,25 + 1 · 0,5 + 2 · 0,25 = 1 • Dabei steht E(X) für unsere „Erwartung“ bzgl. der Zufallsvariablen X • Sprich: Erwartungswert WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B 8 51 Stephan Schosser Verteilungsparameter 9 51 Erwartungswert • Definition: (Erwartungswert diskreter Zufallsvariablen) Sei X eine diskrete Zufallsvariable mit Wahrscheinlichkeitsfunktion fx(x) und Träger Tx. Der Erwartungswert E(X) ist definiert durch: E(X) = ∑ x f X (x) {x|x∈TX } • Definition: (Erwartungswert stetiger Zufallsvariablen) Sei X eine stetige Zufallsvariable mit Dichtefunktion fx(x). Der Erwartungswert E(X) ist definiert durch: ∞ E ( X ) = ∫ x f X ( x) dx -∞ WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 10 Verteilungsparameter 51 Anmerkungen • Intuitive Bedeutung Erwartungswert der Zufallsvariablen X entspricht (etwa) Summe aller möglichen Realisationen gewichtet mit Eintrittswahrscheinlichkeit. • Vergleich deskriptive Statistik Beschreibende Statistik Schließende Statistik Grundgesamtheit Ergebnismenge Merkmal Zufallsvariable Messwert Realisation Mittelwert Erwartungswert • Bezeichnungen • Erwartungswert: E(X) oder µX • Sprich: • Erwartungswert der Zufallsvariablen X • Erwartungswert der Verteilung von X WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 11 Verteilungsparameter 51 Beispiel – Diskrete Zufallsvariable I • Geburtstagswette 2 (für 400 Studenten im Hörsaal) • Alternative A 100 Euro, falls jemand im Hörsaal heute Geburtstag hat Gewinnwahrscheinlichkeit: 66,6% (vgl. letzte Kapitel) • Alternative B 80 Euro so mitnehmen • Sei X die Auszahlung des Wettenden • Wahl zwischen Alternative B 80 Euro sicher Alternative A [0.666, 100; 0.334, 0] Wahrscheinlichkeit Auszahlung E(X)=0,666·100+0,334·0=66,6 WS12/13 E(X) = 80 · 1 = 80 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 12 Verteilungsparameter 51 Beispiel – Diskrete Zufallsvariable II • Geburtstagswette 1 (für 400 Studenten im Hörsaal) • Alternative A 100 Euro, falls 2 Personen am selben Tag Geburtstag haben Gewinnwahrscheinlichkeit: 100% (vgl. letzte Kapitel) • Alternative B 80 Euro so mitnehmen • Sei X die Auszahlung des Wettenden • Wahl zwischen Alternative A [1.000, 100; 0.000, 0] E(X)=1,000·100+0,000·0=100 WS12/13 Alternative B 80 Euro sicher E(X) = 80 · 1 = 80 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 13 Verteilungsparameter 51 Beispiel – Diskrete Zufallsvariable III • Beobachtung bisher: • Unterschied der Erwartungswerte der Alternativen groß • Dadurch Entscheidung mittels Erwartungswert für Alternative A • Jetzt: Urnenwette • Alternative A 1000 Euro, falls aus Urne mit 4 Kugeln einzige blaue gezogen • Alternative B 240 Euro so mitnehmen Alternative A [0.25, 1000; 0.75, 0] Alternative B 240 Euro sicher E(X)=0,25 · 1000+0,75 · 0 = 250 E(X) = 240 · 1 = 240 • Problem: Weitere Kriterien neben Erwartungswert zur Beurteilung nötig. • Zunächst aber: Beispiele für stetige Zufallsvariablen WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Beispiel – Stetige Zufallsvariable • Gleichverteilung auf [0, 10] (vgl. letztes Kapitel) • Dichtefunktion ⎧ 0,1 für 0 ≤ x ≤ 10 f X ( x) = ⎨ ⎩0 sonst • Erwartungswert ∞ • E( X ) = ∫x f −∞ X 10 ( x) dx = ∫ x ⋅ 0,1 dx 0 10 " x2 % 10 2 = $0,1⋅ ' = 0,1⋅ −0 = 5 2 &0 2 # WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 14 Verteilungsparameter 51 Existenz des Erwartungswert • Offene Frage: Muss immer ein Erwartungswert existieren? • Beispiel: St. Petersburg Lotterie • Münze wird solange geworfen bis Zahl erscheint • Auszahlung: 2x (wobei x ist Anzahl Würfe) • Wahrscheinlichkeitsfunktion: fx(x) = ½x für x > 0 • Erwartungswert: ∞ ∞ x ∞ 1 ∞ x $1' x E(X) = ∑ x f X (x) = ∑ 2 ⋅ & ) =∑ 2 ⋅ x =∑1 → ∞ % 2 ( i=1 2 i=1 i=1 i=1 • Folgerung: Erwartungswert existiert nicht immer! WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 15 Verteilungsparameter 51 Stephan Schosser 16 Verteilungsparameter 51 Beispiel – Transformierte Zufallsvariable • Anzahl der Mädchen? (siehe vorige Folien) • Zufallsvorgang: Geburt eines Kindes • Zufallsvorgang wird 2x beobachtet • Erwartungswert: E(X) = 0 · 0,25 + 1 · 0,5 + 2 · 0,25 = 1 • Erweiterung des Problems • Eltern haben bereits zwei Töchter • Erwartungswert für Anzahl Töchter, wenn sie Zwillinge erwarten? • Allgemeines Problem • Gegeben: Zufallsvar. X mit Wahrscheinlichkeits- oder Dichtefkt. fX • Gesucht: Erwartungswert transformierter Zufallsvariable Y=g(X) WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 17 Verteilungsparameter 51 Erwartungswert einer Transformierten • Definition: (Erwartungswert einer transformierten, diskreten Zufallsvariable) Sei X eine diskrete Zufallsvariable mit der Wahrscheinlichkeitsfunktion fx(x) und sei g(X) eine Funktion von X. Dann gilt: E ( g ( X )) = ∑ g ( x) f X ( x) { x| x∈TX } • Definition: (Erwartungswert einer transformierten, stetigen Zufallsvariable) Sei Y eine stetige Zufallsvariable mit der Dichtefunktion fY(y) und sei g(Y) eine Funktion von Y. Dann gilt: ∞ E(g(Y )) = ∫ g(y) f Y (y) dy −∞ WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 18 Verteilungsparameter 51 Beispiel – Diskrete Zufallsvariable I • Zufällige Bewegung eines Teilchens (vgl. letztes Kapitel) • Teilchen startet im Nullpunkt • Teilchen bewegt sich nur auf ganzen Zahlen • Teilchen geht bei jedem Schritt zufällig nach links oder rechts • Teilchen macht drei Schritte • Verteilungsfunktion x -3 -1 1 3 fx(x) = P(X=x) 1/8 3/8 3/8 1/8 • Gesucht Abstand des Teilchens zum Nullpunkt • Ermittlung • g(X) = |X| • E(|X|) = |-3|·0,125 + |-1|·0,375 + |1|·0,375 + |3|·0,125 = 1,5 WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 19 Verteilungsparameter 51 Beispiel – Diskrete Zufallsvariable II • Zufällige Bewegung eines Teilchens (forts.) • Alternative Bestimmung über Wahrscheinlichkeitsfunktion Y = |X| • Verteilungsfunktion von Y P( X = x) • P(Y = y) = {x |∑ |x| = y } x -3 -1 1 3 fx(x) 1/8 3/8 3/8 1/8 6 • P(Y = 1) = P( X = 1) + P( X = −1) = 8 = 0,75 • P(Y = 3) = P( X = 3) + P( X = −3) = 2 = 0,25 8 • Erwartungswert: E(Y) = 1 · 0,75 + 3 · 0,25 = 1,5 WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Beispiel – Diskrete Zufallsvariable III • Abstraktes Beispiel Stephan Schosser 20 Verteilungsparameter 51 X sei eine diskrete Zufallsvariable mit der Wahrscheinlichkeitsfunktion fx(x) und Träger Tx = {1, 2, 3}. Weiterhin sei g(X) = X2 gegeben. • Erwartungswert E (X2 ) = ∑ x 2 f X (x) {x|x∈TX } = 12 ⋅ f X (1) + 2 2 ⋅ f X (2) + 32 ⋅ f X (3) WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Beispiel – Stetige Zufallsvariable • Gleichverteilung auf [0, 10] (vgl. letztes Kapitel) • Dichtefunktion ⎧ 0,1 für 0 ≤ x ≤ 10 f X ( x) = ⎨ ⎩0 sonst • Erwartungswert für g(X) = X2 ∞ ( ) ∫x E X2 = −∞ 2 10 f X ( x) dx = ∫ x 2 0,1 dx 0 3 10 ⎡ x ⎤ 100 = ⎢0,1 ⎥ = 3 ⎣ 3 ⎦ 0 WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 21 Verteilungsparameter 51 Stephan Schosser 22 Verteilungsparameter 51 Transformation von Erwartungswerten – Wunsch I • Bisher • Transformation von Erwartungswerten möglich • Aber: Transformation ist aufwändig • Vorgehen Neuberechnung des Erwartungswerts für alle Realisationen • Wunsch • Für bestimmte, häufige Transformationsfunktionen... ... Transformation durch Einfache Addition/Multiplikation • Anzahl der Mädchen? (siehe vorige Folien) • Zufallsvorgang: Geburt eines Kindes • Zufallsvorgang wird 2x beobachtet • Erwartungswert: E(X) = 1 • Eltern haben bereits zwei Töchter • Erwartungswert für Anzahl Töchter Y, wenn sie Zwillinge erwarten? • Bisher: E(Y) = (0+2) · 0,25 + (1+2) · 0,5 + (2+2) · 0,25 = 3 • Wunsch: E(Y) = E(X) + 2 = 3 WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 23 Verteilungsparameter 51 Transformation von Erwartungswerten – Wunsch II • Wunsch folglich Für beliebige g(X) soll gelten E(g(X)) = g(E(X)) • Vorsicht Das gilt nicht allgemein – nur in Sonderfällen! • Gegenbeispiel: Gleichverteilung auf [0, 10] • Dichtefunktion ⎧ 0,1 für 0 ≤ x ≤ 10 f X ( x) = ⎨ ⎩0 sonst • Sei g(X) = X2: E (X ) = ∫ x f 10 ∞ 2 2 X −∞ ( x) dx = ∫ x 2 0,1 dx 10 ! x3 $ = #0,1 & 3 %0 " 100 E(X 2 ) = 3 WS12/13 0 2 ' $∞ ' $ 10 2 E(X) = & ∫ x f X (x) dx ) = & ∫ x ⋅ 0,1 dx ) % −∞ ( %0 ( 2 2 2 (" 2 %10 + 2 ( + x 10 = *$0,1⋅ ' - = * 0,1⋅ − 0 - = 52 *# 2 &0 -, ) 2 , ) E(X)2 = 25 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 24 Verteilungsparameter 51 Lineartransformation von Erwartungswerten • Satz Sei X eine Zufallsvariable mit Wahrscheinlichkeitsfunktion bzw. Dichtefunktion fx(x) und a und b reelle Zahlen. Dann gilt: E(aX + b) = aE(X) + b • Beweis (diskreter Fall) ∑ E(aX + b) = {x|x∈TX } ∑ = (ax ⋅ f X (x) + b ⋅ f X (x)) {x|x∈TX } ∑ ax ⋅ f X (x) + {x|x∈TX } =a ∑ (ax + b) f X (x) = ∑ b ⋅ f X (x) {x|x∈TX } x ⋅ f X (x) + b {x|x∈TX } ∑ f X (x) {x|x∈TX } = a E(X) + b ⋅1 = a E(X) + b WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Eigenschaften – Funktionen • Satz Stephan Schosser 25 Verteilungsparameter 51 X sei eine Zufallsvariable mit Erwartungswert E(X). Außerdem seien g und h reellwertige Funktionen. Dann gilt: E(g(X) + h(X)) = E(g(X)) + E(h(X)) • Beweis (diskreter Fall) E(g(X) + h(X)) = ∑ (g(x) + h(x)) f X (x) {x|x∈TX } = ∑ (g(x) f X (x) + h(x) f X (x)) {x|x∈TX } = ∑ {x|x∈TX } g(x) f X (x) + ∑ h(x) f X (x) {x|x∈TX } = E(g(X)) + E(h(X)) • Allgemein gilt WS12/13 ⎡ k ⎤ k E ⎢∑ g i ( X )⎥ = ∑ E (g i ( X ) ) ⎣ i =1 ⎦ i =1 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Agenda • Formalisierung des Zufalls • Bewertung von Ereignissen • Urnenexperimente • Bewertung von Urnenexperimenten • Zufallsvariablen • Verteilungsparameter • Erwartungswert • Varianz • Quantil • Standardisierte Zufallsvariablen • Mehrdimensionale Zufallsvariablen • Verteilungsparameter II • Spezielle Wahrscheinlichkeitsverteilungen (diskret) • Spezielle Wahrscheinlichkeitsverteilungen (stetig) WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 26 Verteilungsparameter 51 Wiederholung „Explorative Datenanalyse“ Stephan Schosser 27 Verteilungsparameter 51 Empirische Varianz • Gegeben: • Merkmalsausprägungen: a1, ..., ak • Relative Häufigkeiten: h1, ..., hk • Empirische Varianz • d = ∑ h ( a − x ) • Jeder Summand: k 2 2 i i i=1 Relative Häufigkeit × quadratische Abweichung vom Mittelwert • Im Folgenden: • Übertragung Konzept „Empirische Varianz“ auf Zufallsvariable X • Mit Wahrscheinlichkeitsfkt. fx(x) (für diskrete Zufallsvariablen) ... • ... bzw. Dichtefunktion fY(y) (für stetige Zufallsvariablen) • Dabei: • Erst diskrete Zufallsvariablen, ... • ... dann stetige Zufallsvariablen, ... • ... schließlich „Rechenregeln“ WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Varianz • Definition Stephan Schosser 28 Verteilungsparameter 51 Sei X eine Zufallsvariable. Die Varianz Var(X) von X ist definiert durch: • Im diskreten Fall: ( Var(X) = E [ X − E(X)] 2 ) ∑ [ x − E(X)] Var(X) = 2 f X (x) {x|x∈TX } • Im stetigen Fall ∞ Var(X) = ∫ [ x − E(X)] 2 f X (x) dx −∞ • Bezeichnungen • Varianz: σ = Var(X) • Standardabweichung: 2 WS12/13 σ = Var(X) Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 29 Verteilungsparameter 51 Anmerkungen • Intuitive Bedeutung Varianz der Zufallsvariablen X entspricht (etwa) Summe über die Abweichungsquadrate aller möglichen Realisationen vom Erwartungswert gewichtet mit Eintrittswahrscheinlichkeit. • Vergleich deskriptive Statistik Beschreibende Statistik Schließende Statistik Grundgesamtheit Ergebnismenge Merkmal Zufallsvariable Messwert Realisation Mittelwert Erwartungswert Empirische Varianz Varianz • Bezeichnungen • Varianz: Var(X) oder σX2 • Sprich: • Varianz der Zufallsvariablen X • Varianz der Verteilung von X WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 30 Verteilungsparameter 51 Beispiel • Urnenwette (forts.) • Alternative A 1000 Euro, falls aus Urne mit 4 Kugeln einzige blaue gezogen • Alternative B 240 Euro so mitnehmen • Erwartungswert und Varianz Alternative A [0.25, 1000; 0.75, 0] Alternative B 240 Euro sicher E(X)=0,25 · 1000+0,75 · 0 = 250 E(X) = 240 · 1 = 240 Var(X) = (1000 − 250)2 ⋅ 0, 25 + (0 − 250)2 ⋅ 0, 75 Var(X) = (240 − 240)2 ⋅1 = 187.500 σ ≈ 433 WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B =0 σ =0 Stephan Schosser 31 Verteilungsparameter 51 Lotterien • Annahme In Bewertung von Lotterien fließen Erwartungswert und Varianz ein • Mögliche Nutzenfunktion U (⋅) = E(X) − c ⋅ σ 2 unterschiedlich von Person zu Person • Lotteriebewertung: Entscheidung unter Risiko • Zufallsvariablen • X: Auszahlung • p: Wahrscheinlichkeit WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 32 Verteilungsparameter 51 Lotterien – Beispiel I • Urnenwette (forts.) • Alternative A 1000 Euro, falls aus Urne mit 4 Kugeln einzige blaue gezogen • Alternative B 240 Euro so mitnehmen • Erwartungswert und Varianz Alternative A [0.25, 1000; 0.75, 0] E(X) = 250 Alternative B 240 Euro sicher E(X) = 240 Var(X) = 187.500 Var(X) = 0 • Für die meisten Menschen gilt • B wird A vorgezogen (Schreibweise: B A ), ... • ... da Var(XA) > Var(XB) • Kurz: Menschen sind bei Gewinnen „risikoscheu“ WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 33 Verteilungsparameter 51 Lotterien – Beispiel II • Urnenwette (leicht modifiziert) • Alternative A‘ -1000 Euro, falls aus Urne mit 4 Kugeln einzige blaue gezogen • Alternative B‘ -240 Euro so mitnehmen • Erwartungswert und Varianz Alternative A‘ [0.25, -1000; 0.75, 0] E(X) = -250 Alternative B‘ -240 Euro sicher E(X) = -240 Var(X) = 187.500 Var(X) = 0 • Für die meisten Menschen gilt • A‘ wird B‘ vorgezogen (Schreibweise: B' A'), ... • ... obwohl Var(XA‘) > Var(XB‘) • Kurz: Menschen sind bei Verlusten „risikoliebend“ WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Steinerscher Verschiebungssatz • Satz Sei X eine Zufallsvariable mit Varianz Var(X). Dann gilt: ( ) 2 Var ( X ) = E X 2 − E ( X ) • Anmerkung Dieser Satz hilft bei einfachen Berechnung der Varianz. • Beweis ( 2 Var ( X ) = E ( X − E ( X ) ) ) ( ) = E (X )− E (2 XE ( X )) + E (E ( X ) ) = E (X )− 2E ( X ) E ( X ) + E ( X ) = E (X )− E (X ) = E X 2 − 2 XE ( X ) + E ( X ) 2 2 2 2 2 WS12/13 2 2 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 34 Verteilungsparameter 51 Beispiel • Gleichverteilung auf [0, 10] (forts.) • Dichtefunktion ⎧ 0,1 für 0 ≤ x ≤ 10 f X ( x) = ⎨ ⎩0 sonst • Erwartungswerte ( ) E( X ) = 5 , E X • Varianz 2 100 = 3 ( ) Var( X ) = E X 2 − E ( X ) 2 100 2 100 100 − 75 −5 = − 25 = 3 3 3 25 = 3 = WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 35 Verteilungsparameter 51 Stephan Schosser 36 Verteilungsparameter 51 Lineartransformation • Satz Sei X eine Zufallsvariable mit Wahrscheinlichkeitsfunktion bzw. Dichtefunktion fx(x) und a und b reelle Zahlen. Dann gilt: Var(Y ) = Var(aX + b) = a 2Var(X) • Beweis ( ) = E ([ aX + b − aE(X) − b] ) = E ([ a(X − E(X))] ) = E ( a [(X − E(X))] ) = a Var(X) Var(aX + b) = E [ aX + b − E(aX + b)] 2 2 2 WS12/13 2 2 2 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Agenda • Formalisierung des Zufalls • Bewertung von Ereignissen • Urnenexperimente • Bewertung von Urnenexperimenten • Zufallsvariablen • Verteilungsparameter • Erwartungswert • Varianz • Quantil • Standardisierte Zufallsvariablen • Mehrdimensionale Zufallsvariablen • Verteilungsparameter II • Spezielle Wahrscheinlichkeitsverteilungen (diskret) • Spezielle Wahrscheinlichkeitsverteilungen (stetig) WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 37 Verteilungsparameter 51 Quantilfunktion • Definition: (Quantilfunktion) Stephan Schosser 38 Verteilungsparameter 51 Gegeben sei die Zufallsvariable X mit der Verteilungsfunktion FX. Für jeden reellen Wert p ∈ ]0,1[ versteht man unter der Quantilfunktion QX(p) von X die folgende Abbildung QX: (0,1) → R p → QX(p) = min{x|FX(x) ≧ p} Der Wert der Quantilfunktion xp = QX(p) heißt p-Quantil der Zufallsvariablen X. WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 39 Verteilungsparameter 51 Anmerkungen • Intuitive Bedeutung • Das p-Quantil xp ist die kleinste Zahl x ∈ R mit der Eigenschaft, dass FX(x) den Wert p erreicht oder überschreitet. • Interpretiert man p ∈ ]0, 1[ als eine Wahrscheinlichkeit, so ist das pQuantil xp die kleinste Realisation der Zufallsvariablen X, die X mit Wahrscheinlichkeit p nicht überschreitet. • Vergleich deskriptive Statistik Beschreibende Statistik Schließende Statistik Grundgesamtheit Ergebnismenge Merkmal Zufallsvariable Messwert Realisation Mittelwert Erwartungswert Empirische Varianz Varianz Empirisches Quantil Quantil • Bezeichnungen • p-Quantil: xp = QX(p) WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Spezielle Quantile • Median: x0,5 • Quartile: x0,25; x0,50; x0,75 • Quintile: x0,2; x0,4; x0,6; x0,8 • Dezile: x0,1; x0,2; x0,3; x0,4; x0,5; x0,6; x0,7; x0,8; x0,9 WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 40 Verteilungsparameter 51 Stephan Schosser 41 Verteilungsparameter 51 Ursachen Definition • Offene Frage Warum ist Definition so lang, obwohl Konzept so einfach? • Problem: „flache Stellen der Verteilungsfunktion“ • Quantil xp ist Wert der Umkehrfunktion von FX(xP) = p... • ... Aber FX(xP) ist nicht notwendig eineindeutig • Im Folgenden: Illustration mit • Stetiger, streng monoton wachsender Verteilungsfunktion FX(x) • Stetiger, teilweise konstanter Verteilungsfunktion FX(x) • Rechtsseitig stetiger Treppenfunktion als Verteilungsfunktion FX(x) WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 42 Verteilungsparameter 51 Stetige, streng monoton wachsende FX(x) Fx p xp WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B x Stephan Schosser 43 Verteilungsparameter 51 Stetige, teilweise konstante FX(x) Fx p xp WS12/13 xp’ xp’’ Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B x Stephan Schosser 44 Verteilungsparameter 51 Rechtsseitig stetige Treppenfunktion FX(x) Fx p xp WS12/13 xp’ xp’’ Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B x Beispiel • Gleichverteilung auf [0, 10] (forts.) • Dichtefunktion ⎧ 0,1 für 0 ≤ x ≤ 10 f X ( x) = ⎨ ⎩0 sonst • Aus Wahrscheinlichkeitsfunktion folgt: Im Intervall [0, 10] gilt: FX ( x) = 0,1⋅ x • Bestimmung des Quantils xp: FX ( x p ) = p = 0,1 ⋅ x p → x p = 10 ⋅ p • Ausgewählte Quantile • Unteres Quartil: x0,25 = 10 ⋅ 0,25 = 2,5 • Median: x0,5 = 10 ⋅ 0,5 = 5 WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 45 Verteilungsparameter 51 Agenda • Formalisierung des Zufalls • Bewertung von Ereignissen • Urnenexperimente • Bewertung von Urnenexperimenten • Zufallsvariablen • Verteilungsparameter • Erwartungswert • Varianz • Quantil • Standardisierte Zufallsvariablen • Mehrdimensionale Zufallsvariablen • Verteilungsparameter II • Spezielle Wahrscheinlichkeitsverteilungen (diskret) • Spezielle Wahrscheinlichkeitsverteilungen (stetig) WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 46 Verteilungsparameter 51 Standardisierte Zufallsvariablen • In diesem Kapitel gelernt (unter anderem) Stephan Schosser 47 Verteilungsparameter 51 Lineartransformation von Erwartungswert und Varianz möglich • E(aX + b) = a E(X) + b • Var(aX+b) = a2 Var(X) • Dadurch „Standardisierung“ von Zufallsvariablen möglich • Normierung des Erwartungswerts auf 0 • Normierung der Varianz auf 1 • Im Folgenden Herleitung des Vorgehens bei der Standardisierung WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 48 Verteilungsparameter 51 Zentrieren von Zufallsvariablen • Zunächst Zentrierung (d.h. Anpassung des Erwartungswerts auf 0) Y = X – E(X) • Sprich: „Zufallsvariable X wird zentriert“ • Es gilt: E(X – E(X)) = E(X) – E(X) = 0 • Beweis • Sei a = 1 und b = -E(X) • Dann folgt aus: E(aX + b) = a E(X) + b • E(X – E(X)) = E(X) – E(X) = 0 WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 49 Verteilungsparameter 51 Standardisieren von Zufallsvariablen • Jetzt: Standardisierung Z= X − E(X) Var(X) • Sprich: „Zufallsvariable X wird standardisiert“ • Es gilt: E(Z) = 0 und Var(Z) = 1 • Beweis " X − E(X) % 1 E(Z ) = E $ (E(X) − E(X)) = 0 '= Var(X) # Var(X) & " X − E(X) % 1 1 Var(Z ) = Var $ Var(X − E(X)) = Var(X) = 1 '= Var(X) # Var(X) & Var(X) WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B Stephan Schosser 50 Verteilungsparameter 51 Eigenschaften • Satz Sei X ein Zufallsvariable mit E(X) = µ und Var(X) = σ2 und dem p-Quantil xp. Zudem sei die folgende Zufallsvariable gegeben Z= X −µ σ (standardisierte Zufallsvariable) Dann gilt E(Z) = 0, Var(Z) = 1 und für p-Quantil z p = WS12/13 Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B xp − µ σ . Stephan Schosser 51 Verteilungsparameter 51 Verteilungsparameter - Übersicht • Diskrete Zufallsvariablen • Stetige Zufallsvariablen • Erwartungswert • Erwartungswert E(X) = ∑ x f (x) E ( X ) = ∫ x f ( x) dx • Varianz • Varianz Var(X) = ∑ [ x − E(X)] f (x) Var(X) = ∫ [ x − E(X)] f (x) dx • Rechenregeln • Rechenregeln • E(g(X)) = ∑ g(x) f (x) • E(g(Y )) = ∫ g(y) f (y) dy ∞ X X {x|x∈TX } -∞ ∞ 2 2 X X {x|x∈TX } −∞ ∞ X Y {x|x∈TX } −∞ • E(aX + b) = aE(X) + b • E(aX + b) = aE(X) + b • E(g(X) + h(X)) = E(g(X)) + E(h(X)) • E(g(X) + h(X)) = E(g(X)) + E(h(X)) • Var(Y ) = Var(aX + b) = a 2Var(X) 2 Var(Y ) = Var(aX + b) = a Var(X) • • Var ( X ) = E ( X 2 ) − E ( X ) WS12/13 2 2 • Var ( X ) = E ( X ) − E ( X ) Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B 2