Ferienkurs Experimentalphysik 4

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Ferienkurs Experimentalphysik 4
Vorlesung 1
Quantenphysik Grundlagen
Florian Lippert & Andreas Trautner
27.08.2012
Inhaltsverzeichnis
1 Das Bohrsche Atommodell
1.1 Bohrsche Postulate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Mathematische Formulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1
1
2 Fundamentale Begriffe der Quantenmechanik
2.1 Zustand und statistische Interpretation . . . .
2.2 Schrödinger-Gleichung . . . . . . . . . . . . .
2.3 Observablen, Eigenwerte und Eigenfunktionen
2.4 Lösungen der freien Schrödinger-Gleichung . .
2.5 Heisenbergsche Unschärferelation . . . . . . .
3
3
4
4
6
8
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3 Drehimpuls in der Quantenmechanik
9
4 Spin
10
5 Fermionen und Bosonen
11
Abbildungsverzeichnis
1
2
3
Darstellung eines Wellenpaketes im Ortsraum . . . . . . . . . . . . . . .
Orts- und Impulsunschärfe eines Wellenpaketes . . . . . . . . . . . . . .
Mögliche Drehimpulsrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
8
10
1 Das Bohrsche Atommodell
1.1 Bohrsche Postulate
Bohr formulierte sein Modell, indem er das rutherfordsche Modell um drei Postulate
erweiterte. Sie lauten:
• Elektronen bewegen sich auf stabilen Kreisbahnen um den Atomkern. Anders als es
die Theorie der Elektrodynamik vorhersagt, strahlen die Elektronen beim Umlauf
keine Energie in Form von elektromagnetischer Strahlung ab. Elektronen quasi als
stehende Welle.
• Der Radius der Elektronenbahn ändert sich nicht kontinuierlich, sondern sprunghaft. Bei diesem Quantensprung wird elektromagnetische Strahlung abgegeben
(oder aufgenommen), deren Frequenz sich aus dem von Max Planck entdeckten
Zusammenhang zwischen Energie und Frequenz von Licht ergibt. Wenn En1 die
Energie des Ausgangszustands und En2 die Energie des Zielzustands ist, dann
wird ein Lichtquant emittiert mit der Frequenz ν der ausgesandten Strahlung
ν = (En1 − En2 )/h.
• Elektronenbahnen sind nur stabil, wenn der Bahndrehimpuls L des Elektrons
ein ganzzahliges Vielfaches des reduzierten planckschen Wirkungsquantums ~ ist.
(Bohr-Sommerfeld Qunatisierung)
1.2 Mathematische Formulierung
Im Bohrschen Atommodell bewegt sich das Elektron (Masse me , Ladung e) mit der
Geschwindigkeit v auf einer Kreisbahn (Orbital) mit Radius r um den Schwerpunkt
des Systems aus Elektron und Kern (Masse mK , Ladung Ze). Dies lässt sich durch
die Bewegung eines Teilchens mit der reduzierten Masse µ = me mK /(me + mK ) ≈ me
(me mK ) um das Zentrum des Coulombpotentials im Kern bei r = 0 beschreiben.
Aus der Beziehung FZ = FC , also
1 Ze2
µv 2
=
,
r
4π0 r2
(1)
ergibt sich der Radius der Kreisbahn
r=
Ze2
,
4π0 µv 2
(2)
der jeden möglichen Wert annehmen kann. Setzt man jedoch für das Elektron seine
Materiewelle an, so muss es sich bei dieser um eine stehende Welle handeln, damit
das Elektron das Atom nicht verlässt. Der Umfang U = 2πr der Kreisbahn muss also
einem ganzzahligen Vielfachen der de-Broglie-Wellenlänge λ entsprechen, das ist die
1
Quantisierungsbedinung
2πr = nλ,
n∈
N.
(3)
Mit λ = h/(µv) lässt sich diese auch wie von Bohr postuliert als Quantisierunsbedingung
für den Bahndrehimplus verstehen:
|L| = µrv = ~n.
(4)
In jedem Fall ergeben sich daraus die erlaubten Geschwindigkeiten des Elektrons zu
v=
Ze2
4π0 ~n
(5)
Setzt man die Geschwindigkeit in Gl. 2 ein, so ergeben sich die erlaubten Radien für die
Kreisbahnen zu
rn =
~
a0 2
4π0 ~2 n2
=
· n2 =
·n ,
2
Ze µ
Zαµc
Z
n∈
N.
(6)
Hier haben wir den Bohrschen Radius
a0 =
~
≈ 0.5 Å
αµc
(7)
eingeführt. Hierbei benutzen wir auch die Zusammenfassung der Größen e2 , 0 , c und ~
zur dimensionslosen Feinstrukturkonstante
α=
e2
1
≈
.
4π0 ~c
137
(8)
Durch die Bedingung einer stehenden Welle werden also die Radien der Elektronenbahnen im Bohrschen Atommodell gequantelt.
Für die Gesamtenergie eines Körpers auf einer Kreisbahn gilt E = Ekin + Epot = Epot /2
mit Ekin = −Epot /2 (hiervon kann man sich auch explizit überzeugen). Setzt man Gl. 6
in die Gesamtenergie ein, so erhält man
En = −
1 Ze2
1
Z2
Z2
= − µα2 c2 2 = −Ry* · 2 ,
2 4π0 rn
2
n
n
(9)
wobei Ry* ≈ 13.6 eV die sog. Rydbergenergie ist, welche der Ionisierungsenergie eines
Wasserstoffatoms entspricht. Die Gesamtenergie ist also negativ und geht für n → ∞,
2
d.h. r → ∞, gegen Null. Sie kann nur diskrete Werte E(n) annehmen, die durch die
Quantenzahl n festgelegt sind. Man nennt einen solchen stationären Energiezustand
auch einen Quantenzustand des Atoms.
Um die Beobachtung von Linienspektren in Absorption oder Emission zu erklären,
geht man im Bohrschen Atommodell davon aus, dass durch Absorption eines Lichtquants
mit Energie hν das Atom von einem energetisch tieferen Zustand E1 = E(n1 ) in einen
energetisch höheren Zustand E2 = E(n2 ) übergehen kann, wenn die Energieerhaltung
hν = ∆E = E2 − E1 erfüllt ist. Setzt man für die Energien die Relation 9 ein, so ergibt
sich für die Energien der absorbierten Lichtquanten
hν = Ry* · Z
2
1
1
− 2
2
n1 n2
,
(10)
woraus sich ohne Weiteres die berühmte Balmerformel ableiten lässt.
Das Bohrsche Atommodell ist sehr erfolgreich im Vorhersagen des Linienspektrums sowie der zugehörigen Energie, es gibt allerdings einige eklatante Mängel. So wird die
Quantisierung ad-hoc postuliert und es wird nicht erklärt, warum die Elektronen nicht
Energie abstrahlen (Kreisbahn ist eine beschleunigte Bewegung) und einfach in den Kern
stürzen. Außerdem hätte in diesem Model nach (4) bereits der niedrigste n = 1 Zustand
einen nicht verschwindenden Drehimpuls im Widerspruch zur Beobachtung. Im Folgenden wollen wir deshalb die korrekte und vollständige quantenmechanische Beschreibung
entwickeln und diskutieren.
2 Fundamentale Begriffe der Quantenmechanik
2.1 Zustand und statistische Interpretation
Der Zustand eines mikroskopischen Systems in der Quantenmechanik wird als Ψ oder in
der Bra-Ket-Notation als |Ψi bezeichnet und ist ein Element des abstrakten Hilbertraumes. Im Rahmen dieses Ferienkurses wird hauptsächlich die Projektion des Zustandes in
den Ortsraum hr | Ψi = Ψ(t, r) (auch bekannt als Wellenfunktion) verwendet. Gemäß der
statistischen Interpretation der Quantenmechanik (=Kopenhagener Deutung) gibt das
Absolutquadrat |Ψ(t, r)|2 d3 r = Ψ∗ (t, r)Ψ(t, r)d3 r der Wellenfunktion die Wahrscheinlichkeit an, ein Teilchen zur Zeit t im Intervall d3 r um den Ort r zu finden. Man nennt
|Ψ(t, r)|2 die Wahrscheinlichkeitsdichte am Ort r zur Zeit t. Da die Wahrscheinlichkeit das Teilchen irgendwo im gesamten Volumen (−∞, ∞) zu finden Eins betragen
muss, ergibt sich die Normierungsbedingung für die Wellenfunktion
ˆ∞
d3 r |Ψ(t, r)|2 = 1.
−∞
3
(11)
2.2 Schrödinger-Gleichung
Die Dynamik eines Zustandes, also dessen zeitliche Entwicklung, wird durch eine Differentialgleichung, im nicht relativisitschen Grenzfall ist das die Schrödinger-Gleichung,
beschrieben.
∂
~2 2
i~ Ψ(t, r) = −
∇ + V (t, r) Ψ(t, r) = ĤΨ(t, r)
∂t
2m
(12)
Hierbei ist Ĥ der Hamiltonoperator, der Operator der Gesamtenergie. Für viele Probleme genügt die Beschreibung durch ein stationäres d.h. zeitunabhängiges Potential
V (t, r) = V (r), und man sieht sofort, dass damit auch der Hamiltonoperator also die
Gesamtenergie nichtmehr von der Zeit abhängt: E = const. In diesem Fall führt ein
einfacher Separationsansatz
i
Ψ(t, r) = Ψ(t = 0, r)e−iωt = ψ(r)e− ~ Et ,
(13)
auf die stationäre Schrödinger-Gleichung
~2 2
∇ + V (r) ψ(r) = Eψ(r).
Ĥψ(r) = −
2m
(14)
Da die Schrödinger-Gleichung eine lineare (in Ψ) homogene DGL ist, können verschiedene Lösungen linear überlagert werden (Superpositionsprinzip), d.h. mit den Lösungen ψ1
und ψ2 ist auch ψ3 = aψ1 +bψ2 eine Lösung der Schrödinger-Gleichung. Die SchrödingerGleichung sollte als Eigenwertgleichung für die Wellenfunktion Ψ aufgefasst werden. Die
eigentliche Aufgabe besteht nun darin, für ein vorgegebenes Potential V (r) die Wellenfunktion zu finden, die die Schrödinger-Gleichung löst. Das heißt die Lösungen ergeben
sich aus den Randbedingungen die an das System gestellt werden. Leider lassen sich nur
wenige Potentiale exakt analytisch lösen, im Eindimensionalen gibt es jedoch eine Reihe
von ’Standardtypen’ wie z.B. den unendlich hohen Potentialtopf, die Potentialbarriere
oder den harmonischen Oszillator (dieser verlangt jedoch etwas mehr Rechenaufwand).
2.3 Observablen, Eigenwerte und Eigenfunktionen
Klassische Messgrößen werden in der Quantenmechanik durch sog. Observablen A ausgedrückt wobei jeder dieser physikalischen Größen (z.B. Energie, Impuls, Drehimpuls,
Ort, ...) ein Operator  zugeordnet wird, der sie mit der Zustandsfunktion verknüpft.
Prinzipell sind im Sinne der Wahrscheinlichkeitsinterpretation nur Erwartungswerte
von Observablen zugänglich. Für den Erwartungswert hAi einer Observable A gilt
4
ˆ
d3 r Ψ∗ (t, r)ÂΨ(t, r)
hAi =
(15)
Der Operator  wird also auf die Zustandsfunktion Ψ(t, r) angewendet. Eine entscheidende Größe zur Charakterisierung des Erwartungswertes ist die Standardabweichung
∆A, welche sich berechnet als
q
(16)
∆A = hA2 i − hAi2 .
Als Ergebnis einer Messung der Observable A an einem System Ψ(t, r) erwarten wir
also Messergebnisse die mit der Standardabweichung ∆A um den Erwartungswert hAi
streuen.
Im Spezialfall, dass Ψ(t, r) eine Eigenfunktion zum Operator  ist, sprich ÂΨ(t, r) =
aΨ(t, r), ist der Erwartungswert
ˆ
ˆ
hAi =
3
∗
d r Ψ (t, r) ÂΨ(t, r) = a
| {z }
ˆ
∗
3
d r Ψ (t, r)Ψ(t, r) = a
d3 r |Ψ(t, r)|2 = a, (17)
=aΨ(t,r)
ganz einfach durch den Eigenwert gegeben. In diesem Fall verschwindet die mittlere
quadratische Schwankung und man misst (bis auf experimentelle Messfehler) immer den
gleichen Wert, der Zustand ist scharf bestimmt. Da physikalische Größen reell sein sollen,
werden diese ausschließlich durch Operatoren mit reellen Eigenwerten beschrieben. Man
nennt diese Operatoren hermitesch. Dies bedeutet, dass der Operator  und sein Adjungiertes † gleich sind, also  = † . Hermitesche Operatoren haben die Eigenschaft,
dass ihre Eigenfunktionen ein vollständiges System (d.h. eine Basis des Hilbertraumes)
bilden, in die sich alle anderen Funktionen entwickeln lassen. Falls zwei Operatoren Â
und B̂ vertauschbar sind, d.h. der Kommutator
h
i
Â, B̂ = ÂB̂ − B̂ Â
(18)
verschwindet, haben die Operatoren die gleichen Eigenfunktionen und somit lassen sich
die Erwartungswerte hAi und hBi gleichzeitig scharf messen. Ein wichtiger Spezialfall ist
der Kommutator zwischen dem Hamiltonoperator Ĥ und einem Operator Â. Ist dieser
gleich Null, so ist die zum Operator  gehörende Observable A eine Erhaltungsgröße
des Systems. Um von klassischen Messgrößen auf die zugehörigen quantenmechanischen
Operatoren (im Orstraum) zu kommen benutzt man folgende, sog. kanonische Ersetzungsregeln.
5
r −→ r̂ = r
p −→ p̂ = −i~∇
L −→ L̂ = r × p̂ = −i~ (r × ∇)
Epot −→ V̂ (r̂) = V (r)
Ekin −→ p̂2 /(2m) = −~2 ∇2 /(2m)
E −→ Ĥ = −~2 ∇2 /(2m) + V (r)
(19a)
(19b)
(19c)
(19d)
(19e)
(19f)
2.4 Lösungen der freien Schrödinger-Gleichung
Wir wollen nun die Lösung der Schrödinger-Gleichung für ein freies Teilchen (V(r )=0)
betrachten. Wir beschränken uns hierfür auf den eindimensionalen Fall. In diesem Fall
ist eine mögliche Lösung
i
ψ(t, x) = ψ0 e ~ (px−Et) = ψ0 ei(kx−ωt) ,
(20)
eine Ebene Welle. Charakterisitsch für eine einzelne Ebene Welle ist die Phasengeschwindigkeit
ω
E
p
=
=
,
k
~k
2m
vPh :=
(21)
wobei wir im letzten Schritt die n.R. kinetische Energie E = p2 /2m und die elementare De-Broglie Beziheung p = ~k verwendet haben. Die Phasengeschwindigkeit ist
somit ungleich der klassischen Geschwindigkeit eines Teilchens vT = p/m. Beachte außerdem, dass ψ in diesem Fall nicht nach Bedinung (11) normiert werden kann, d.h.
diese Einzel-Lösung ist mit der Wahrscheinlichkeitsinterpretation unvereinbar. Für realitische Teilchen müssen wir in jedem Fall eine normierbare Wellenfunktion angeben. Da
das Superpositionsprinip gilt, können wir mehrere Ebene Wellen (20) mit verschiedenen
Wellenzahlen k überlagern, sodass sich ein normierbares Wellenpaket ergibt:
1
ψ(t, x) = √
2π
ˆ∞
dk A(k)ei(kx−ω(k)t) .
(22)
−∞
Die verschiedenen Wellenzahl gewichten wir hierbei mit einem Faktor A(k), den wir so
wählen, dass alle vorkommenden Wellenzahlen k im Intervall [k0 − ∆k, k0 + ∆k] liegen.
Nimmt man an, dass alle Teilwellen in diesem Intervall gleich viel beitragen d.h. A(k) ≈
6
A(k0 ) = const. und wir ω(k) in eine Taylorreihe bis zur linearen Ordnung entwickeln
dω ω(k) = ω0 +
(23)
(k − k0 ) + O k 2
dk k=k0
| {z }
=:ω00
lässt sich das Integral (22) elementar berechnen und für die Wellenfunktion ergibt sich
(vgl. Abb. 1)
r
2
sin [∆k(ω00 t − x)]
ψ(t, x) =
.
(24)
A(k0 )e−i(ω0 t−k0 x)
π
ω00 t − x
Gl. 24 stellt nun ein Wellenpaket dar, welches ein Maximum bei ω00 t − x = 0 besitzt,
Abb. 1: Wellenpaket als Überlagerung von unendlich vielen Wellen mit Frequenzen ω
im Bereich ω0 ± ∆ω/2 mit konstanter Amplitude A(k) = A(k0 ) der Teilwellen.
das sich mit der Gruppengeschwindigkeit
vGr
dω ~k0
p
=
=
=
= vT
dk k=k0
m
m
(25)
in x-Richtung bewegt, die genau der klassischen Teilchengeschwindigkeit entspricht. Somit ist das Wellenpaket die einzig richtige Beschreibung bewegter freier Teilchen, da es
Normiert und mit den charakteristischen Eigenschaften des klassischen Teilchenmodells
verknüpft werden kann.
Trotz dieser Verknüpfungen kann das Wellenpaket nicht direkt als das Wellenmodell des
Teilchens angesehen werden, denn auch hier gilt: lediglich das Betragsquadrat der Wellenfunktion hat eine physikalische Interpretation und Messwerte (wie der Ort) können
lediglich durch Wahrscheinlichkeitsaussagen angegeben werden. Wellenpakete unterliegen außerdem einer Dispersion, d.h. aufgrund der endlichen Impulsverteilung wird die
7
Standardabweichung im Ort mit der Zeit immer größer, das Teilchen läuft aus“, ein
”
inhärent nicht klassisches Phänomen.
Abb. 2: Darstellung der Unschärferelation durch die Orts- und Impulsunschärfen eines Wellenpaketes für kleine Ortsunschärfe (links) und große Ortsunschärfe
(rechts).
2.5 Heisenbergsche Unschärferelation
Die volle (räumliche) Breite des Maximums (d.h. die Standardabweichung der Ortsmessung) ∆x eines normierten Wellenpakets zum Zeitpunkt t = 0 und die volle Breite (d.h.
die Standardabweichung der Impulsmessung) ∆k der zugehörigen Amplitudenverteilung
folgen der Beziehung
1
∆x · ∆k ≥ ,
(26)
2
wobei sich zeigen lässt, dass der Minimalwert ∆x · ∆k = 12 für eine gaußförmige Amplitudenverteilung eintritt und alle anderen Verteilungen größere Werte liefern. Je kleiner man
beispielsweise die Ortsunschärfe haben will, desto größer muss die Impulsunschärfe
sein und umgekehrt. Mit p = ~k folgt die Heisenbergsche Unschärferelation (oft
auch Unbestimmtheitsrelation)
∆x · ∆p ≥
8
~
.
2
(27)
Für die anderen Raumrichtungen eines dreidimensionalen Wellenpaketes erhält man analoge Ungleichungen. Die Konsequenz dieser Orts-Impuls-Unschärfe ist, dass der Ort und
der Impuls eines Teilchens nicht beliebig genau bestimmbar, sondern immer mit einer
Unschärfe behaftet sind (vgl. Abb. 2). Man kann die Unschärferelation also als direkte
Konsequenz der Normierungsbestimmung und somit der Wahrscheinlichkeitsinterpretation verstehen, nur durch Sie waren wir gezwungen überhaupt Wellenpakete zur Beschreibung von Teilchen anstatt einfacher Ebener Wellen einzuführen.
3 Drehimpuls in der Quantenmechanik
Für den Drehimpulsoperator L̂ = r × p̂ = −i~(r × ∇) erhält man in kartesischen
bzw. sphärischen Koordinaten
∂
∂
∂
∂
−z
= i~ sin ϕ
+ cot ϑ cos ϕ
,
(28)
L̂x = −i~ y
∂z
∂y
∂ϑ
∂ϕ
∂
∂
∂
∂
−x
= i~ − cos ϕ
+ cot ϑ sin ϕ
,
(29)
L̂y = −i~ z
∂x
∂z
∂ϑ
∂ϕ
∂
∂
∂
L̂z = −i~ x
−y
(30)
= −i~ .
∂y
∂x
∂ϕ
Damit ergibt sich für den Operator des Drehimpuls-Betragsquadrats
2
1 ∂
∂
1 ∂2
2
2
2
2
L̂ = L̂x + L̂y + L̂z = −~
sin ϑ
+
= −~2 ∇2ϑ,ϕ .
sin ϑ ∂ϑ
∂ϑ
sin2 ϑ ∂ϕ2
(31)
2
Offensichtlich ist L̂ proportional zum Winkelanteil des Laplace-Operators. Dies be2
deutet, dass die Kugelflächenfunktionen Ylm (ϑ, ϕ) Eigenfunktionen des Operators L̂
sind. Des Weiteren sind die Kugelflächenfunktionen auch Eigenfunktionen zum Operator
L̂z . Die Eigenwertgleichungen lauten
2
L̂ Ylm (ϑ, ϕ) = ~2 l(l + 1)Ylm (ϑ, ϕ)
mit l = 0, 1, ...
(32a)
L̂z Ylm (ϑ, ϕ) = ~ml Ylm (ϑ, ϕ)
mit ml = −l, ..., l.
(32b)
2
Wir nennen ml die magnetische Quantenzahl. Die Operatoren L̂ und L̂z haben also
die gleichen Eigenfunktionen und sind somit gleichzeitig scharf messbar. Im Gegensatz
ist keine gleichzeitige scharfe Messung von L̂x und L̂y möglich.
Allgemein kann man zeigen, dass der Betrag und eine Richtung des Drehimpulses gleichzeitig scharf gemessen werden können. Einzelne Richtungskomponenten jedoch können
9
nicht gleichzeitig scharf gemessen werden. L̂x und L̂y sind aber in ihren Werten über die
Relation
2
L̂2x + L̂2y = L̂ − L̂2z
(33)
beschränkt. Dabei wurde als sog. Quantisierungsachse gemäß Konvention die z-Achse
gewählt. Der Drehimpulsvektor L̂ hat also eine wohldefinierte Länge und Projektion auf
die Quantisierungsachse, er präzediert somit um die Quantisierungsachse (vgl. Abb.
3).
Abb. 3: Mögliche Richtungen eines Drehimpulses mit definierter Komponente
(Quanp
tisierungsachse) hLz i = ml ~ und definiertem Betrag |L| = l(l + 1)~.
4 Spin
Zusätzlich zu den klassisch bereits bekannten Freiheitsgraden, besitzen alle Teilchen
einen weiteren inneren Freiheitsgrad, den Spin Ŝ . Dieser besitzt kein klassisches Analogon, lässt sich jedoch über weite Strecken als Eigendrehimpuls eines Teilchens verstehen. Wie jeder Drehimpuls ist auch der Spin mit einem magnetischem Moment µ
verknüpft. Der Spin folgt somit den selben Gesetzmäßigkeiten wie der Bahndrehimpuls
und besitzt daher die Erwartungswerte
D E
Ŝ 2 = ~2 s(s + 1),
D E
Ŝz
= ~ms .
(34a)
(34b)
Für das Elektron ist die Spinquantenzahl s = 1/2 und somit ms = ±1/2. Die Zustände
mit ms = 1/2 werden als Spin-Up, die mit ms = −1/2 als Spin-Down bezeichnet. Alle
10
anderen Eigenschaften der Zustände bleiben erhalten, der Spin kann also stets separat
betrachtet werden. Das bedeutet, die Gesamtwellenfunktion lässt sich separieren in den
bisher betrachteten Ortsanteil Ψ(t, r) sowie einen Spinanteil χ(s)
Ψs (t, r) = Ψ(t, r)χ(s)
(35)
Generell treten in der Natur zwei Arten von Teilchen auf, solche mit ganzzahliger Spinquantenzahl und solche mit halbzahliger Spinquantenzahl.
1
: Fermionen
2
s = 1 : Bosonen
s=
5 Fermionen und Bosonen
Alle Elementarteilchen lassen sich in Fermionen(halbzahliger) und Bosonen(ganzzahliger
Spin) aufteilen. Der wesentliche Unterschied zwischen Fermionen und Bosonen (abgesehen vom Spin) tritt erst in Mehrteilchenproblemen auf. Betrachten wir beispielsweise
ein Zweiteilchen-Quantensystem aus zwei identischen Teilchen. Grundsätzlich sind identische Teilchen ununterscheidbar, das heißt die sämtliche Observablen (und damit das
Betragsquadrat der Wellenfunktion) müssen invariant unter Austausch beider Teilchen
sein:
|Ψ(r1 , r2 )|2 = |Ψ(r2 , r1 )|2 .
(37)
Für die Wellenfunktion ergeben sich demnach bei Austausch identischer Teilchen zwei
Transformationsmöglichkeiten
(
+ für Bosonen,
Ψ(r1 , r2 ) = ±Ψ(r2 , r1 ) mit
(38)
− für Fermionen.
Daraus ergeben sich sehr weitreichende Konsequenzen. Betrachten wir ein System aus
zwei identischen Teilchen. In Abwesenheit einer Wechselwirkung zwischen den Teilchen
können wir die Wellenfunktion separieren und erhalten
Ψ(r1 , r2 ) = Ψa (r1 )Ψb (r2 ),
(39)
wobei a und b für einen Satz von sämtlichen weiteren Quantenzahlen (z.B. Spin) steht.
Berücksichtigt man nun (38) so ist klar, dass wir die Wellenfunktion symmetrisieren
bzw. anti-symmetriesieren müssen damit Sie die gewünschte Austauschsymmetrie widerspiegelt:
Ψ± (r1 , r2 ) = C (Ψa (r1 )Ψb (r2 ) ± Ψa (r2 )Ψb (r1 )) .
(40)
11
Für Fermionen(es gilt das -) im gleichen Zustand a = b folgt daraus sofort das PauliPrinzip
Ψ− (r1 , r2 )|a=b = 0.
(41)
Das heißt identische Fermionen können sicht nicht im gleichen Zustand befinden. Weitere
Betrachtungen von Vielteilchenproblemen zeigen, dass sich Fermionen gemäß der FermiDirac Statistik verhalten während Bosonen der Bose-Einstein Statistik unterliegen (SpinStatistik Theorem).
12
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