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Tabea Mahler
Bacherlor of Music
Oper/Konzert 2. Semester
„Musik in der NS-Zeit“
Fr. Prof. Dr. Grotjahn
01.06.15
Aufgabe zu 30.05.: Nachbereitung Orff
Aufgabenstellung:
Bitte setzen Sie sich mit den Auffassungen von Werner Thomas, Michel Kater und Hermann
Danuser zu Orffs Carmina Burana im NS-Kontext auseinander (bzw. rekapitulieren Sie die
Seminardiskussion vom vergangenen Montag) und formulieren Sie Ihren eigenen Standpunkt
dazu.
--Während Werner Thomas und Michael Kater den Erfolg oder Misserfolg der Oper „Carmina
Burana“ von Carl Orff anhand von Zitaten verbürgen wollen, sucht Hermann Danuser nach
musikbezogenen Argumenten.
Werner Thomas1 stellt die Oper als klaren Misserfolg hin. So zitiert er Orff in einem Brief an
Hoffmann (12.Juni 1936) „Alle meine Nerven […] gehen bald zum Teufel. – Nun wird ja
niemand die Burana drucken und aufführen.“ Der Ausschnitt ist allerdings zu kurz um sich über
den Kontext in dem der Brief verfasst wurde ein richtiges Bild machen zu können. Der Eindruck
von einem nicht objektiv verwendeten Zitat und damit Text bestätigt sich unter anderem durch
die Wortwahl, bei der Thomas jegliche positiven Formulierungen unterschlägt und
beispielsweise die Anzahl der Neueinstudierungen sprachlich als negatives Ereignis anpasst
und damit kontextualisiert.
Natürlich gab es unter den Nationalsozialisten auch Kritiker der Oper, insbesondere wegen
des lateinischen Librettos. Die negative Sicht Werner Thomas‘ ist jedoch trotz des Einbezugs
nachweisbarer Zitate Orffs keine objektive und fundierte Aussage über den Erfolg oder
Misserfolg der Oper.
Das wird besonders deutlich, wenn man sich anschließend mit dem Text von dem kanadischen
Historiker Michael Kater2 beschäftigt, der ein Bild von der Rezession der „Carmina Burana“
zeichnet, das dem Eindruck Thomas‘ widerspricht. Er bezieht sich auf das selbe Zitat wie
Werner Thomas und setzt es in einen komplett anderen Kontext: „Der Komponist hatte Michael
Hoffmann […] gegenüber etwa ein Jahr zuvor gescherzt: „Nun wird niemand die Burana
drucken und aufführen.“
1
Thomas, Werner: „Trionfo oder Konsum? Carl Orffs Carmina Burana – Idee und Wirklichkeit 1991/95“, in
Carmina Burana von Carl Orff. Entstehung – Wirkung – Text herausgegeben von Franz Willnauer, Mainz 1995
2
Kater, Michael: „Komponisten im Nationalsozialismus. Acht Porträts“ übersetzt von Paul Lukas, Berlin 2004
Tabea Mahler
Bacherlor of Music
Oper/Konzert 2. Semester
„Musik in der NS-Zeit“
Fr. Prof. Dr. Grotjahn
01.06.15
Kater trennt sich damit ganz bewusst von dem Bild Thomas‘ und bezeichnet stattdessen den
von Thomas beschriebenen Misserfolg der Oper als „Legende“ die von Carl Orff konstruiert
wurde.
Auch dieser zweite Text ist keine sachliche Darstellung der Ereignisse um die Oper, zeigt aber,
dass es unterschiedliche Ansichten über den Erfolg der Oper sowohl damals als auch heute
gibt.
Der Musikwissenschaftler Hermann Danuser3 sucht im Unterschied zu Thomas und Kater
nach Argumenten für Carl Orffs politische Orientierung und seiner Annahme oder Ablehnung
durch das Nationalsozialistische Regime in der Komposition an sich. Danuser vergleicht zu
diesem Zweck ein Werk Strawinskys („Antigone“ aus „die Bernauerin“ 1947) mit der „Carmina
Burana“ und stellt damit die Komplexität der Komposition Strawinskys in jedem Parameter der
Einfachheit von Orffs Komposition gegenüber. Er zeichnet außerdem eine Parallele zwischen
der
monumentalistischen
und
klaren
Architektur
der
Nationalsozialisten
und
der
Monumentalität des Orchesterapparates im Vergleich zu den bescheidenen musikalischen
Mitteln: „Die Einfachheit des durchweg homophonen Tonsatzes […] steht aber […] in keinem
Verhältnis zum großen Orchester […].“
Sein Fazit ist, dass Orff mit dieser Art von Musik einen Zeitgeist getroffen hat, seine
Kompositionen allerdings nicht zu der „Neuen Musik“ - Bewegung dazu gehört und mit den
musikalischen Entwicklungen mithalten kann. Er impliziert dadurch, dass die Oper zur Zeit des
Nationalsozialismus durchaus Anklang gefunden hat.
Ich persönlich kann mit der Argumentation von Hermann Danuser bedeutend mehr anfangen,
als mit den beiden Sichtweisen von Werner Thomas und Michael Kerne. Letztendlich nimmt
Danuser keine konkrete Stellung über den Erfolg der „Carmina Burana“, beschreibt dadurch
jedoch auch nichts Unwahres. Er probiert durch die Analyse des Stückes im Kontext der Zeit
zu einem Urteil zu kommen und arbeitet dadurch objektiv, während die beiden anderen
Autoren ihre jeweilige persönliche Sichtweise belegen möchten.
Zum Abschluss möchte ich noch festhalten, dass es natürlich Kritiker und Liebhaber der Oper
gegeben haben muss, da sich über Kunst und ihren ästhetischen Wert immer streiten lässt
und es nie eine Masse, eine Meinung und eine Aufführung der Oper gibt.
3
Danuser, Hermann: „Die Musik des 20. Jahrhunderts“ Laaber 1984 (Neues Handbuch der Musikwissenschaft,
Band 7)
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