Titel des Projekts Erfolgsfaktoren einer kundenfreundlichen Steuerung personalisierter Werbung im Internet Schlagwörter (Vergeben Sie bitte 5-6 Schlagwörter, die Ihr Projekt genauer charakterisieren (z.B. Social Media, Textilwirtschaft, …) Onlinehandel, Onlinewerbung, Personalisierung, Retargeting, Kundennutzen, Privatsphäre Management Summary: Kurzfassung des Projekts (max. 500 Wörter) Werbung im Internet ist schon lange nicht mehr der animierte Werbebanner, den Internetnutzer keinesfalls übersehen können. Stattdessen setzt der Onlinehandel zunehmend auf personalisierte Werbebotschaften, indem Inhalte auf Konsumenteninteressen individuell zugeschnittenen werden. Immer mehr Händler erliegen den Versprechen der Werbeindustrie, durch personalisierte Onlinewerbung die Klickoder gar Kaufraten um ein Vielfaches gegenüber konventionellen Werbeformen steigern zu können. Die Idee scheint plausibel: Ein Internetnutzer reagiert z.B. eher auf einen Werbebanner, der Produkte enthält, die ihn interessieren, als auf einen beliebigen Banner. Doch Personalisierung birgt auch Gefahren. Kunden fühlen sich möglicherweise durch die maßgeschneiderten Empfehlungen in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeschränkt. Außerdem werden kundenspezifische Verhaltensdaten genutzt, so dass sich Kunden durch Personalisierung nicht selten in ihrer Privatsphäre verletzt fühlen. Zusammengefasst stehen Onlinehändler vor dem Dilemma, womöglich ihren unmittelbaren Werbeerfolg erhöhen zu können, dabei jedoch gleichzeitig mögliche negative Kundeneinstellungen und -reaktionen in Kauf nehmen zu müssen. Aus dieser Problematik heraus wurde das Kooperationsprojekt zwischen dem Anbieter für „RetargetingLösungen“ Xplosion Interactive (damals Tochterunternehmen der Otto Group, heute Tochter der Deutschen Telekom) und Prof. Dr. Maik Eisenbeiß (zunächst Juniorprofessor an der Universität zu Köln und später Professor für Marketing an der Universität Bremen) initiiert. Gegenstand der Kooperationsvereinbarung war die Anreicherung der technologischen Expertise von Xplosion Interactive durch eine wissenschaftlich fundierte Kundenperspektive – mit dem Ziel, durch die Entwicklung eines umfassenden Verständnisses der potenziell vielschichtigen Kundenreaktionen auf personalisierte Werbemaßnahmen diese Form der Onlinekommunikation dahingehend zu verbessern, dass positive Kundenreaktionen maximiert und negative -reaktionen minimiert werden können. In einem ersten, theoriegeleiteten Schritt wurden zunächst diejenigen Dimensionen identifiziert, die Kun- Wissenschaftspreis der Kooperationen – Bewerbungsformular Seite 3 von 7 denreaktionen auf personalisierte Werbung mitbestimmen. Somit konnte angenommen werden, dass die Wirkung personalisierter Onlinewerbung auf Kunden davon abhängt: (1) WAS beworben wird (konkret: Personalisierungsausmaß), (2) WANN etwas beworben wird (konkret: Phase innerhalb der Customer Journey sowie verstrichene Zeit eines Kunden seit letztem Shopbesuch), (3) WO etwas beworben wird (konkret: Kontext der ausliefernden Webseite), und (4) für WEN etwas beworben wird (konkret: Konsumentenvertrauen in den werbenden Onlinehändler). Auf dieser Grundlage wurden anschließend zwei Teilprojekte konzipiert. Während Teilprojekt 1 die für einen Onlinehändler unmittelbar beeinflussbaren Entscheidungsdimensionen (1) bis (3) beinhaltete, ging es in Teilprojekt 2 um die für einen Onlinehändler eher gegebene Dimension (4). In beiden Fällen haben die Projektpartner eine Serie experimenteller bzw. quasiexperimenteller Feld- und Laborstudien durchgeführt. Im Rahmen der Feldstudien wurden jeweils Kunden ausgewählter Onlinehändler (aus dem Bekleidungseinzelhandel in Deutschland) mit unterschiedlich stark personalisierten Werbebannern über einen mehrwöchigen Zeitraum hinweg bearbeitet (Teilprojekt 1: 83.496 Kunden mit insges. 1,9 Mio. ausgelieferten Werbebannern; Teilprojekt 2: insges. 3,0 Mio. ausgelieferte Werbebanner). Die anschließenden Laborexperimente dienten der genaueren Erklärung der Feldbefunde. Im Ergebnis hat das Kooperationsprojekt vielschichtige Resultate hervorgebracht, die dazu beitragen, personalisierte Onlinewerbung insgesamt kundenfreundlicher und zugleich effektiver werden zu lassen. Stellungnahme zu den folgenden bewertungsrelevanten Aspekten der Arbeit 1. Ausgangssituation des Projektes – Beschreibung der Umfeldsituation in Wissenschaft und Wirtschaftspraxis (max. 200 Wörter) Der „Marketingmonitor Handel 2012 – 2015“ des EHI Retail Institutes verdeutlicht, dass digitale Medien einen immer größeren Stellenwert in der Kundenkommunikation für Unternehmen des deutschen Einzelhandels einnehmen. Eine Entwicklung, die maßgeblich darauf zurückzuführen ist, dass Werbung über digitale Medien grundsätzlich neue Möglichkeiten der Kundenansprache eröffnet, wie eben durch Personalisierung. Anbieter derartiger Werbeformen haben sich in den vergangenen Jahren insbesondere auf Innovationen und den Ausbau bestehender Technologien für eine möglichst exakte Ausspielung personalisierter Inhalte konzentriert. Deutlich weniger Aufmerksamkeit galt dabei dem Kunden als Empfänger dieser Werbeinhalte und der Frage, wie diese Form der Werbung tatsächlich auf Kunden wirkt. Dies ist insofern bemerkenswert, als dass immer wieder negative Konsumentenstimmen zu diesem Thema be- Wissenschaftspreis der Kooperationen – Bewerbungsformular Seite 4 von 7 kannt werden (z.B. 2013 Choicestream Survey: Consumer Opinions on Online Advertising & Audience Targeting). Aber auch aus wissenschaftlicher Perspektive lagen zum Zeitpunkt des Projektbeginns kaum belastbare Studien vor, die zu einem verbesserten Verständnis der potenziell vielschichtigen Kundenreaktionen beigesteuert haben. Diese Entwicklungen und das stark ausgeprägte Bestreben des Kooperationspartners, nicht nur kurzfristig (im Sinne höherer Klick- und Kaufraten), sondern nachhaltig erfolgreiche Werbung mittels Personalisierung anzubieten, bildeten letztendlich den Ausgangspunkt des Projektes. 2. Relevanz für die Wertschöpfungskette: Welche Kooperationsaspekte (Prozessstandards und optimierung) werden behandelt? Welche neuen Erkenntnisse hält die Arbeit bereit? Welche Beteiligte der Wertschöpfungskette waren in dem Projekt eingebunden? (max. 200 Wörter) In der Wertschöpfungskette wie auch in dem Projekt sind Media- bzw. Online-Agenturen und werbende Onlinehändler derart miteinander verbunden, dass Werbung – analog zur Idee der Efficient Consumer Response – durch Informationsaustausch der beteiligten Parteien (z.B. von im Webshop des Onlinehändlers gesammelter Click-Stream-Daten) individuell auf die Kundenbedürfnisse zugeschnitten werden können. Die Ergebnisse zeigen zunächst auf, dass ein derartiger Austausch sowohl zu positiven (Werbung wird z.B. als informativer wahrgenommen), als auch zu negativen Kundenreaktionen (Werbung wird z.B. als störender wahrgenommen) führen kann. Der wesentliche Erkenntnisbeitrag besteht jedoch in dem Befund, dass die Richtung der Kundenreaktion (ob positiv oder negativ) maßgeblich von dem Zusammenspiel folgender Faktoren abhängt: (1) WAS beworben wird (konkret: Ausmaß der Personalisierung); (2) WANN etwas beworben wird (konkret: Phase innerhalb der Customer Journey sowie verstrichene Zeit eines Kunden seit seinem letzten Shopbesuch); (3) WO etwas beworben wird (konkret: Kontext der ausliefernden Webseite); und (4) für WEN etwas beworben wird (konkret: Konsumentenvertrauen in den werbenden Onlinehändler). Durch Überführung der Erkenntnisse in die Praxis kann die Kundenakzeptanz gegenüber personalisierter Werbung maßgeblich verbessert werden, indem Werbung nur dann, nur dort und nur in der personalisierten Form ausgeliefert wird, wenn sie tatsächlich einen positiven Kundenutzen stiftet. Wissenschaftspreis der Kooperationen – Bewerbungsformular Seite 5 von 7 3. Umsetzung: Wo liegt der Anwendungsnutzen für die Wissenschaft und die Praxis? Sind die Forschungsergebnisse bzw. Lehrinhalte multiplizierbar und ggf. bereits in der Umsetzung? (max. 200 Wörter) Für die Praxis und die beteiligten Parteien in der Wertschöpfungskette ergibt sich der Anwendungsnutzen der Projektergebnisse primär aus dem erarbeiteten umfassenden Verständnis hinsichtlich der potenziell vielschichtigen Kundenreaktionen auf personalisierte Werbemaßnahmen in Abhängigkeit konkreter Entscheidungsparameter. Mit diesem Verständnis können Media- bzw. Online-Agenturen beispielsweise ihre verfügbaren Technologien zur Ausspielung personalisierter Werbeinhalte derart konfigurieren und einsetzen, dass positive Kundenreaktionen maximal und negative -reaktionen minimal ausfallen. Von diesen kundenzentrierten Veränderungen profitieren schließlich auch die werbenden Onlinehändler – und zwar nicht nur durch einen kurzfristig erhöhten Werbeerfolg, sondern auch durch grundsätzlich weniger unzufriedene Kunden infolge störender Werbeeingriffe innerhalb ihrer Customer Journey. Für die Wissenschaft liegt der Anwendungsnutzen einerseits in der Anreicherung und z.T Relativierung bestehender Erkenntnisse zur Bedeutung zentraler Entscheidungsparameter im Rahmen von Kommunikationsstrategien. Zum Beispiel zeigen die Befunde aus dem Projekt, dass – entgegen der bisherigen Auffassung – weder „mehr Personalisierung“ im Sinne einer passgenaueren Kundenansprache noch ein Abgleich zwischen werbender Webseite und den beworbenen Produkten (Stichwort: contextual targeting) zu jedem Zeitpunkt bzw. für jeden Händler zu einem erhöhten Werbeerfolg führt. Andererseits wurde in dem Projekt ein allgemeingültiger Systematisierungsvorschlag zur Beschreibung unterschiedlicher Ausprägungsformen von Personalisierung in der Werbung erarbeitet (unterschieden nach „Tiefe“ und „Breite“ der Personalisierung), der als Ausgangspunkt zukünftiger Arbeiten zu diesem Thema dienen kann. 4. Innovationskraft der Idee (max. 200 Wörter) Der Ansatz, klassische Werbeformen („Paid Media“) über Maßnahmen der Personalisierung in ihrer Relevanz gegenüber alternativen, für werbende Unternehmen jedoch weitaus weniger kontrollierbaren Kundenkontaktpunkten aus dem Bereich „Earned Media“ zu stärken, birgt substanzielles Entwicklungspotenzial. Die bisherige Entwicklung in der Praxis zeigt, dass Media- und Online-Agenturen bereits heute – zwar noch vornehmlich aus technologischer Sicht – intensiv in innovative Formen der personalisierten Kundenansprache investieren. Die vorliegenden Projektergebnisse ermöglichen es, die bisherigen technologischen Innovationsbestrebungen durch eine relevante, auf den Kunden gerichtete Perspektive zu ergänzen – mit der Folge, dass Media- und Online-Agenturen gemeinsam mit werbenden Unternehmen zukünftig an innovativen Konzepten und Ansätzen der Personalisierung arbeiten können, welche die Wissenschaftspreis der Kooperationen – Bewerbungsformular Seite 6 von 7 Relevanz der klassischen Werbung aus Kundensicht deutlich steigern. Die Innovationskraft der Projektidee an sich dokumentiert sich auch darin, dass die Befunde inzwischen in international renommierten Marketingzeitschriften veröffentlicht worden sind (Teilprojekt 1: Marketing Science; Teilprojekt 2: Journal of Retailing), sie über das Wissenschaftsportal „EurekAltert!“ der American Association for the Advancement of Science promotet worden sind und dass diverse Praxiszeitschriften bereits ihr grundsätzliches Interesse an einer Veröffentlichung der Ergebnisse bekundet haben. 5. Angewandte wissenschaftliche Methode sowie Arbeitsteilung zwischen Lehrstuhl und Unternehmen und Einbindung von Studenten (max. 200 Wörter) In beiden Teilprojekten wurde jeweils eine Kombination aus experimentellen Feld- und Laborerhebungen eingesetzt. Eine grundsätzliche Herausforderung bei der Analyse von Werbewirkungseffekten auf Basis von Felddaten besteht darin, dass oftmals nicht nur die unabhängigen Variablen (hier: u.a. das Ausmaß der Personalisierung) die abhängige Variable (hier: die Kundenreaktion) beeinflussen, sondern auch andersherum. Das liegt daran, dass Media- und Online-Agenturen die Entscheidung, welche Personalisierung ein Kunde erhält, auf Basis seiner vergangenen Reaktionen treffen. Die Folge sind verzerrt geschätzte Werbewirkungseffekte. Durch den Einsatz von Feldexperimenten, in denen die Kunden zufällig bestimmten Formen der Personalisierung zugewiesen wurden, konnte dieses zentrale Problem im Rahmen des Projektes umgangen werden. In einem zweiten Schritt wurden die so gewonnen Feldbefunde systematisch durch die Auswertung ergänzender Laborexperimente angereichert, indem die genauen Mechanismen hinter den im Feld beobachteten Kundenreaktionen auf personalisierte Werbung aufgedeckt werden konnten. Die gesamten Prozessschritte – von der Konzeption der Teilprojekte über die Auswahl der Onlinehändler bis hin zur Datenmodellierung und -auswertung – haben in enger Abstimmung zwischen den beteiligten Kooperationspartnern stattgefunden, wobei der Lehrstuhl primär für die konzeptionellen und analytischen Arbeiten und Xplosion Interactive für die operative Umsetzung im Feld verantwortlich war. Wissenschaftspreis der Kooperationen – Bewerbungsformular Seite 7 von 7