Wer mit der Zeit geht, geht mit der Zeit

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50 | Knowledge Betriebswirtschaft für Fachhändler, Teil 32: Geschäftsnachfolge
«Wer mit der Zeit geht, geht mit der Zeit»
Zitat: Unbekannt
Der Autor
Ruedi Haeny,
Haeny Management
Consulting
Franz Scheidweg, unser Musterhändler, wird dieses Jahr 60.
Er denkt daran, nach jahrelangem Engagement für Aufbau
und Entwicklung seiner Firma, in einigen Jahren private
Wünsche und Träume realisieren zu können, die bisher
hintanstehen mussten. Es ist ihm aber ein Anliegen, dass sein
Lebenswerk weiter bestehen bleibt, die Angestellten in der
Firma verbleiben können und die über Jahre aufgebaute und
gepflegte Kundschaft weiterhin eine kompetente Anlaufstelle hat. Er macht sich daran, einen Nachfolger zu suchen.
Die Regelung der Geschäftsnachfolge ist ein nicht zu
unterschätzendes Projekt. Dazu braucht es genügend Zeit.
Rechnen Sie mit 3-5 Jahren. Der ideale Weg ist der Aufbau
eines internen Nachfolgers, der geeignet und auch willens
ist, den Betrieb in eigener Regie weiterzuführen. Wenn
beide Seiten wirklich wollen, wird man auch bei der Finanzierung Lösungen finden. Ansonsten bleibt die Suche
nach einem aussenstehenden Käufer. Hier kommen einerseits Branchenkollegen in Frage, die einen besseren oder
zusätzlichen Standort suchen. Andererseits gibt es bei
diesen vielleicht fähige Mitarbeiter, die gerne den Schritt
in die Selbständigkeit machen würden. In beiden Fällen
heisst es, frühzeitig sein Beziehungsnetzwerk zu aktivieren, um fündig zu werden.
«Das soll der Nachfolger machen»
Wie viel ist ein Geschäft denn wert? Für die Bestimmung
des Verkaufspreises existieren verschiedenste Formeln,
die mit Zahlen aus Bilanz und Erfolgsrechnung sowie prognostizierten Erträgen operieren. Aber jede Berechnung
kann nur eine Richtgrösse bieten und spätestens bei der
Bewertung des Warenlagers gehen die Meinungen dann
weit auseinander. Es lohnt sich, einen Spezialisten beizuziehen, der schon Erfahrungen beim Verkauf von ähnlich
gelagerten Betrieben gesammelt und dabei seine Fähigkeiten bewiesen hat. Viele weitere Faktoren, die sich in
Franken nur schwer beziffern lassen, spielen für den effektiven Wert eines Betriebs ebenfalls eine Rolle. Dazu zählen
u.a. eine sinnvolle Diversifikation, ein hoher Anteil von
Dienstleistungen und Geschäftskunden am Gesamtumsatz sowie der Zustand der Lokalitäten. Stark zu gewichten
ist auch die Qualität des Kundenstamms, dokumentiert in
einer laufend aktualisierten Datei. Viele Fachhändler sind
Partner in selektiven Vertriebssystemen. Je grösser deren
Bedeutung für das Geschäftsergebnis ist, desto wichtiger
ist es, dass sie vom Nachfolger übernommen werden können. Sollten die vertraglichen Rahmenbedingungen schon
heute mehr schlecht als recht erfüllt werden, wäre ein Besitzerwechsel für jeden Lieferanten die passende Gelegen-
02 / 2016
heit, die Vertragsbeziehung aufzulösen. Um keine bösen
Überraschungen zu erleben, sollte man sich rechtzeitig
absichern. Generell gilt, dass ein Geschäft bei der Übergabe so auf Vordermann sein sollte, wie wenn der aktuelle
Inhaber es noch jahrelang selber weiter führen würde. Das
oft gehörte «das soll der Nachfolger dann machen», entspringt der eigenen Faulheit oder ist ein Zeichen von Resignation. Beides mindert den Wert des Verkaufsobjekts
und erschwert dem Neuen den Start.
Ein Erbvertrag ist zwingend
Die Suche nach einem Käufer kann u.U. lange dauern. Taucht
dann endlich ein Interessent auf, ist man trotz aller Erleichterung gut beraten, dessen Bonität genau zu prüfen und Referenzen einzuholen. Neben Schwätzern, welche, wenn es
ernst wird, das Geld nicht aufbringen können, sind auch Leute mit zweifelhaften Absichten unterwegs.
Wer das Glück hat, die Nachfolge in der Familie lösen
zu können, sollte insbesondere zwei Punkte beachten. Um
den längerfristigen Bestand der Firma finanziell abzusichern, ist der Abschluss eines Erbvertrags zwischen den
sich aus dem Geschäft zurückziehenden Eltern und allen
Kindern zwingend. Dann tun sich Leute, die wie Franz
Scheidweg jahrelang all ihre Energie ins Geschäft investiert haben in aller Regel schwer mit dem Abgeben. Daraus
entstehen leicht unnötige Konflikte. Um dem vorzubeugen, lohnt es sich, für den Übergang der Verantwortung
klare Spielregeln zu vereinbaren.
Ich wünsche denjenigen, die sich mit der Regelung ihrer Nachfolge befassen, viel Erfolg sowie Ihnen allen gute Geschäfte und
viel Freude bei Ihrer Tätigkeit. Mit diesem Beitrag beschliessen
wir die Reihe Betriebswirtschaft für Fachhändler. Der eine oder
andere meiner Tipps hat Ihnen hoffentlich als Anregung für
eine Verbesserung in Ihrem Betrieb gedient.
Persönlich
Ruedi Haeny ist lic.oec. HSG und begann seine berufliche Laufbahn
in der Marktforschung, wechselte dann in Marketing und Verkauf,
wo er verschiedene leitende Positionen inne­hatte, zuletzt während
16 Jahren bei Philips Consumer Electronics. Er war aktiv im Vorstand des Swico und leitete die IG CE. Im Februar 2013 gründete
er die Haeny Management Consulting GmbH. Heute unterstützt er
Firmen bei der Durchführung von Projekten und begleitet sie bei
der Entwicklung und Umsetzung von Strategien. Zu seinen Kunden
gehören Fachhändler, Handelsgruppen und Importeure.
www.haeny-consulting.ch
www.cetoday.ch © netzmedien ag
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