Art_ 110 Nr 5 Wachstum ohne rendite ist tödlich

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Wachstum ohne Rendite ist tödlich
strategien für ein gesundes unternehmenswachstum
Von Prof. Dr. Arnold Weissman und Moritz Weissman
In der Diskussion um stagnierende Märkte und den zunehmenden Verdrängungswettbewerb rückt das Thema
Wachstum immer mehr in den Mittelpunkt strategischer
Überlegungen. Wachstum kann prinzipiell auf vier Arten erzielt werden: durch Verdrängung, durch Innovation (zum
Beispiel durch die Erschließung neuer Geschäftsfelder),
durch Kooperation und durch Zukauf. Doch Vorsicht:
Wachstum ist kein Selbstzweck. Quantitatives Wachstum
ist nur dann gut, wenn es dem Generalziel des Unternehmens dient, der nachhaltigen Steigerung des Vermögenswertes des Unternehmens und damit der Steigerung der
Zukunfts- und Überlebensfähigkeit.
hemmend erweisen: strategische Mängel, Organisation und
Führung, operative Defizite und Kompetenzlücken. Alle
drei sind hausgemacht. Das liegt sicherlich mit daran, dass
sich Unternehmen, um zu wachsen, oft neue Geschäftsfelder
erschließen müssen, weil Märkte für Produkte und Dienstleistungen verschwinden. Digitale Kameras haben das Polaroidfoto verdrängt, der PC die Schreibmaschine, Wikipedia
den Brockhaus.
Hausgemachte Wachstumsbarrieren
Die Felder des Wachstums
Die Gründe für Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens liegen oft im Unternehmen selbst. Zahlreiche empirische Studien unterstützen diese Hypothese. Die folgenden
Punkte haben sich immer wieder als besonders wachstums-
Unternehmen, die wachsen wollen, haben mehrere Möglichkeiten. Wenn man sich die Wachstumsstrategien genauer anschaut, lassen sich vier Wachstumspfade identifizieren, die
unterschiedliche Erfolgsaussichten haben.
Moritz Weissman ist Berater
bei Weissman & Cie. Seine
Arbeitsschwerpunkte liegen
in der Analyse, Umsetzung und
Begleitung von Unternehmensstrategie und Strategiesteuerung.
Kostenführer
Er verfolgt eine Volumenstrategie, bietet standardisierte
Produkte zu niedrigen Preisen an. Er zeichnet sich aus
durch hohe Prozess- und Netzwerkkompetenz und agiert
sehr international. Außer in der Optimierung seiner Wertschöpfungskette ist er kein Innovator. Mit zunehmendem
Wachstum sinkt seine Rendite.
Spezialisierer
Unter den Spezialisierern finden sich eher kleine Unternehmen. Sie bieten individuelle, hochwertige Kundenlösungen
zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Sie zeichnen
sich durch eine hohe, kundenorientierte Innovationsleistung
und eine tiefe Wertschöpfungskette aus. International treten sie eher selektiv in Erscheinung. Sie verfügen über begrenzte Ressourcen. Ihr Profitabilität sinkt ab etwa 200
Millionen Euro Umsatz.
Innovations-Champions
Diese Unternehmen sind Innovations- und Technologieführer. Sie verfügen über ein hohes Budget für Forschung und
Entwicklung und sind in der internationalen Forschung zuhause. In ihren Märkten sind sie Marktführer. Sie sind international präsent, oft über eigene Vertriebsgesellschaften,
und haben starke Marken.
Kompetenzführer
Sie bieten innovative, hochwertige Produkte an. Ihre Produktion ist hoch effizient, stark standardisiert und sie sind
Ziel jeder Wachstumsstrategie sollte es sein, zu den so genannten Value Growers zu gehören. Das sind Unternehmen
mit einem überdurchschnittlichen Umsatz- und Wertwachstum. Doch leider zählen fast 50 Prozent der Unternehmen zu
den Underperformers, bei denen Umsatz- und Wertwachstum unter dem Durchschnitt liegen.
Wachstum nicht verordnen
Ein Unternehmer kann nicht heute ins Büro marschieren
und verkünden: „Wir müssen wachsen.“ Er kann es tun – natürlich, aber es wird nichts passieren, denn Wachstum kann
nicht verordnet werden. Es muss aus dem Strategieentwicklungsprozess als eine für das Unternehmen sinnvolle strategische Stoßrichtung abgeleitet werden können. Dieser
Prozess braucht Zeit, zahlt sich aber aus. Unternehmen ohne
eine klare Strategie scheitern meistens schon bevor sie sich
mit Wachstum befassen können. Ein Unternehmen ohne
Strategie handelt sozusagen blind. Alle erfolgreichen Unternehmen verfügen über eine Strategie, die sie regelmäßig auf
den Prüfstand stellen, sind sich über ihre Kernkompetenzen
im Klaren, haben eine stabile Unternehmenskultur, die sich
über gelebte Werte definiert, finanzieren sich konservativ
und halten die Balance zwischen Rendite, Wachstum und
Risiko. Solche Unternehmen haben begriffen, dass austauschbare Leistungen in stagnierenden Märkten zwingend
zu einer negativen Rendite führen. Die Konsequenz daraus
– und auch das Erfolgsrezept – ist, anders als die anderen zu
sein und zentrale Marktprobleme sichtbar besser zu lösen als
andere.
www.weissman.de
Foto: Hendrik Fuchs
Um eine nachhaltige Wertsteigerung zu erzielen, ist eine
Balance aus Wachstum, Rendite und Risiko notwendig.
Das bedeutet: Unternehmen sollten nachhaltig profitabel
mit vertretbarem Risiko wachsen. Nur so kann ein Unternehmen gesund bleiben. Dazu gehört auch, dass ein Unternehmen wachsen können sollte, aber nicht wachsen muss.
Systeme, die nur leben, wenn sie wachsen, sind zum Aussterben verurteilt. Dafür spricht, dass nahezu ein Drittel
aller Insolvenzen durch zu starkes Wachstum in den Vorjahren ausgelöst wird. Größe und Wachstum im Unternehmen sind gesund, wenn sie eine Folge der Verbesserung der
Marktstellung sind und, wenn mit dem Wachstum der Umsätze auch die Gesamtproduktivität steigt. Wachstum ohne
Rendite ist tödlich. Dasselbe gilt, wenn die Rendite steigt,
aber das Unternehmen nicht wächst. Die Grundlage profitablen Wachstums sollte aber in jedem Fall die Erfüllung des
Grundauftrags eines jeden Unternehmens sein: das Schaffen
zufriedener Kunden.
Neue Geschäftsfelder bergen oft ein hohes Risiko, denn
je stärker sich eine Innovation oder ein neues Geschäftsfeld vom bestehenden Geschäftsmodell des Unternehmens
unterscheidet, desto höher ist das Risiko. Viele Unternehmen zerbrechen an dieser Aufgabenstellung. Das gilt für
Produkte wie für Firmenneugründungen, von denen in der
Regel die Hälfte schon während der ersten fünf Jahre scheitert. Innovation und neue Geschäftsfelder brauchen bewegliche, offene Organisationen, die veränderungsbereit und
auch experimentierfreudig sind. Sollen neue Geschäftsfelder entwickelt werden, ist auch ein anderes Management
nötig. Innovation verlangt Visionäre, kreative Querdenker.
Selbst die Kennzahlen müssen angepasst werden. In der
Erprobungsphase eines neuen Produkts oder Geschäftsfeldes spielen Indikatoren, die die Chancen beleuchten,
eine größere Rolle als Kennzahlen wie Marktdurchdringung, Marktanteile und Gebietsausschöpfung, die in einer späteren Phase wieder an Bedeutung gewinnen. Und
eines ist klar: Ohne Marktkenntnis, Kundenorientierung,
einen langen Atem, Unterstützung durch die Geschäftsführung und die Mannschaft sind neue Projekte zum Scheitern verurteilt.
Dr. Arnold Weissman ist Gründer
der Nürnberger Unternehmensberatung Weissman & Cie.
und Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule
Regensburg.
Kostenführer. In ihren Märkten sind diese Unternehmen
ebenfalls Marktführer, haben eine starke Marke, ein ausgezeichnetes Marketing und einen ebensolchen Vertrieb.
Sie sind international aufgestellt und nutzen internationale
Faktorkosten. Ihre Rendite steigt mit der Größe.
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DIE NEWS 11/2011 IM BLICKPUNKT_000
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