3. Bedingte Wahrscheinlichkeit und Unabhängigkeit

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3. Bedingte Wahrscheinlichkeit und Unabhängigkeit
Es liege stets ein W-Raum (S, A, P) zugrunde.
3.1 Die bedingte Wahrscheinlichkeit bei gegebenem Ereignis
Seien B0A mit P(B)>0, A0A..
P( A ∩ B)
P(A|B): =
heißt (elementare) bedingte Wahrscheinlichkeit von A unter (der
P( B)
Bedingung, der Hypothese) B.
Eigenschaften der elementaren bedingten Wahrscheinlichkeit
1) Seien A,B 0A mit P(B)>0. Im Sinne der Häufigkeitsinterpretation 1.7.1a) ist für große n
h ( A ∩ B)
P( A| B) ≈ n
,
hn ( B)
also die Häufigkeit des Eintretens von A und B, bezogen auf die Häufigkeit des Eintretens
von B.
2) Sei B0A mit P(B)>0. Dann ist PB gemäß PB(A) = P(A|B), A0A, ein W-Maß auf A mit
PB(B)=1.
3) Satz von der totalen Wahrscheinlichkeit: Sei n0ù und sei S = S1 + ... + Sn eine endliche
Zerlegung von S mit Si 0 A und P(Si) > 0 für i=1,...,n. Für jedes A0A gilt dann:
n
P(A) =
∑ P( A | Ω
i =1
i
) P(Ω i ) .
4) Multiplikationssatz: Seien A1, A2 0 A mit P(A2) > 0. Dann ist P(A1 1 A2) = P(A1|A2) P(A2).
Verallgemeinerung: Sei n$2, A1, ..., An 0 A mit P(A2 1 ... 1 An) > 0. Dann gilt:
P(A1 1 ... 1 An) = P(A1|A2 1 ... 1 An) @ P(A2|A3 1 ... 1 An) @ ... @ P(A n-1|An) @ P(An).
Aufgaben
1) Eine Familie hat zwei Kinder. Mit welcher Wahrscheinlichkeit sind es zwei Mädchen,
wenn man weiß, daß
a) wenigstens eines der Kinder ein Mädchen ist?
b) das erstgeborene Kind ein Mädchen ist?
2) Von den vier Spielkarten Karo-As, Herz-As, Karo-Dame, Herz-Dame werden rein zufällig
zwei Karten an den Spieler N ausgeteilt.
a) N sagt, er habe (mindestens) eine Dame. Wie groß ist dann die Wahrscheinlichkeit, daß er
beide Damen hat?
b) N sagt, er habe die Herz-Dame. Wie groß ist dann die Wahrscheinlichkeit, daß er beide
Damen hat?
3.2 Unabhängige Ereignisse
Für eine beliebige (nichtleere) Indexmenge I bezeichne -0(I) die Menge aller nichtleeren,
endlichen Teilmengen von I.
Eine Familie (Ai : i0I) von Ereignissen Ai 0 A (i0I) heißt unabhängig, wenn für alle J0P0(I)
gilt: P(I Ai ) = ∏ P( Ai ) .
i ∈J
Bemerkungen
i ∈J
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1) Endlich viele Ereignisse A1, A2, ..., A n genau dann unabhängig, wenn für jede nichtleere
Teilmenge J von {1, ..., n} gilt: P(I Ai ) = ∏ P( Ai ) .
i ∈J
i ∈J
2) Zwei Ereignisse A, B sind genau dann unabhängig, wenn P(A1B) = P(A)AP(B).
Zwei Ereignisse A,B mit P(A)AP(B) > 0 sind genau dann unabhängig, wenn P(A|B) = P(A),
und dies ist wiederum äquivalent zu P(B|A) = P(B).
3.3 Unabhängige Zufallsvariablen
Sei ((Fi, F i): i0I) eine Familie von Ereignisräumen, und für jedes i0I sei Xi : S 6 Fi eine
Fi-wertige Zufallsvariable (also A - F i -meßbar). Die Familie (Xi: i0I) heißt unabhängig, wenn
für beliebige Ci0F i , i0I, die Ereignisse ({X i 0 C i}: i0I} unabhängig sind, d.h.
für alle J0P 0(I) und beliebige Ci0F i für i0J ist P(I X i−1 (Ci )) = ∏ P( X i−1 (Ci )) ]
i ∈J
i ∈J
für alle J0P 0(I) und beliebige Ci0F i für i0J ist P( X i ∈ Ci , i ∈ J ) =
∏ P( X
i ∈J
i
∈ Ci ) .
Bemerkung: Falls I endlich ist, so ist die Familie (Xi: i0I) genau dann unabhängig, wenn
für beliebige Ci0F i , i0I, gilt: P( X i ∈ Ci , i ∈ I ) = ∏ P( X i ∈ Ci ) .
i ∈I
3.4 Unabhängigkeitskriterium
Sei ((Fi, F i): i0I) eine Familie von Ereignisräumen, und für jedes i0I sei Xi : S 6 Fi eine
Fi-wertige Zufallsvariable. Sei für jedes i0I E i ein 1-stabiler Erzeuger von F i.
Falls für jedes J0P0(I) und alle Ei 0 E i, i0J, gilt: P( X i ∈ E i , i ∈ J ) = ∏ P( X i ∈ E i ) ,
i ∈J
so ist die Familie (Xi: i0I) unabhängig.
Spezialfälle
1) Seien X1, ..., X n reelle ZV'en. Dann sind X1, ..., X n genau dann unabhängig, wenn für alle
n
(x1,..., xn) 0 ú gilt: P(X1#x1, ..., Xn#xn) =
n
∏ P( X
i =1
i
≤ xi ) .
2) Sei ((Fi, F i): i=1,...,n) eine Familie von Meßräumen, und für jedes i=1,...,n sei
Xi : S 6 Fi eine diskrete ZV mit Träger Ti (vgl. 2.7).
Dann gilt: X1, ..., Xn sind unabhängig genau dann, wenn für i=1,...,n und beliebige xi0Ti stets
P( X 1 = x1 ,..., X n = x n ) =
n
∏ P( X
i =1
i
= xi ) ist.
Mit Blick auf 2.9 bedeutet dies, daß die gemeinsame W-Funktion von X1, ..., Xn (Tensor-)
Produkt der (Marginal-)W-Funktionen der Xi ist.
3) Eine Familie (Ai : i0I) von Ereignissen Ai 0 A (i0I) ist genau dann unabhängig, wenn die
zugehörige Familie (1 Ai : i ∈ I ) von Indikatorfunktionen unabhängig ist. Insbesondere gilt: Ist
die Familie (Ai : i0I) von Ereignissen Ai 0 A (i0I) unabhängig, und ist zu jedem i0I irgendein
Ci 0 {Ai , Aic}gewählt, so ist auch die Familie (Ci: i0I) unabhängig.
3.5 Kombination unabhängiger Zufallsvariablen
Sei ((Fi, F i): i0I) eine Familie von Ereignisräumen, und für jedes i0I sei Xi : S 6 Fi eine
Fi-wertige Zufallsgröße, sei (I k: k0K) eine Familie von paarweise disjunkten, nichtleeren
Teilmengen von I; für k0K sei (Gk, G k) ein weiterer Meßraum, (F (k), F (k)) das Produkt der
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Meßräume ((Fi, F i): i0Ik), f k : F (k) 6 Gk eine F (k)-G k-meßbare Abbildung und
Yk := fk B (Xi: i0Ik), d.h. für alle T0S:Yk(T) = fk((Xi(T): i0I k)).
Falls (Xi: i0I) unabhängig ist, so ist auch (Yk: k0K) unabhängig.
3.6 Unabhängigkeit und Produktwahrscheinlichkeit
Sei ((Fi, F i): i0I) eine Familie von Ereignisräumen, und für jedes i0I sei Xi : S 6 Fi eine
Fi-wertige Zufallsgröße; sei (F, F) das Produkt der Ereignisräume ((Fi, F i): i0I), und sei
X: S 6 F die Produktabbildung, also X(T) = (Xi(T): i0I) für alle T0S. X ist dann eine Fwertige Zufallsgröße, also A - F - meßbar (siehe Bem.4 zu 2.1); für i0I sei Q i = Xi(P) das
Bildmaß von P unter Xi und es sei Q = X(P) das Bildmaß von P unter X.
Dann gilt: (Xi: i0I) ist unabhängig ] Q =
q (Q
i
: i0I).
Bemerkung
Sei (Qn: n0ù) eine Folge von W-Maßen auf (ú, B). Dann existiert stets ein W-Raum (S, A, P)
und eine Folge (X n: n0ù) von unabhängigen reellen Zufallsvariablen auf (S, A, P) derart, daß
für alle n0ù Qn die Verteilung von Xn ist.
3.7 Unabhängige stetige Zufallsvariablen
Sei n$2 und sei X = (X1, ..., Xn): S 6 ún ein n-dim. Zufallsvektor.
1) Seien X1, ..., Xn unabhängig und stetig verteilt und sei für i=1,...,n fi eine W-Dichte von Xi.
Dann ist auch X stetig verteilt und f gemäß f(x1,...,xn) = f1(x1)A...Afn(xn) für (x1,...,xn) 0 ún
ist eine W-Dichte von X.
2) Sei X stetig mit der Dichte f und seien f1, ..., fn W-Dichten auf ú derart, daß
f(x1,...,xn) = f1(x1)A...Afn(xn) für 8n-fast alle (x1,...,xn) 0 ún.
Dann sind X1, ..., Xn unabhängig und für i=1,...,n ist fi eine Dichte von Xi.
3.8 Lemma von Borel-Cantelli
Sei (S, A, P) ein W-Raum und seien An 0 A für n0ù.
∞
1) Falls
∑ P( A ) < ∞ , so ist
n =1
n
P(limsup An ) = 0 .
n→ ∞
∞
2) Falls (An : n0ù) unabhängig und falls
∑ P( A ) = ∞ , so ist
n =1
n
P(limsup An ) = 1 .
n→ ∞
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