Die Feldenkrais-Methode Ihren Namen verdankt die Methode dem Begründer der Bewegungslehre Moshé Feldenkrais (1904–1984). Ein Knieleiden brachte den Physiker dazu, die menschliche Bewegung und die damit verbundene Anatomie und Biomechanik zu studieren. Als erfolgreicher Judokämpfer, Feldenkrais war Träger des schwarzen Gürtels, galt sein Interesse dem bewussten Einsatz von ökonomischer Bewegung – mit minimalem Krafteinsatz einen optimalen Erfolg erzielen. Feldenkrais entdeckte bei seiner Erforschung der Bewegungsmuster, die wir mit der Zeit entwickelt haben, dass das menschliche Gehirn über fast unendlich viele Ressourcen verfügt, die wir bei weitem nicht nutzen. Uns steht eine Vielzahl von Bewegungs- und Aktionsmöglichkeiten zur Verfügung, die wir nutzen könnten, wenn wir die Ressourcen unseres Körpers bzw. bestimmte Areale im Gehirn mobilisieren würden. Überanstrengungen und Überlastungen könnten wir damit leichter ausgleichen oder sogar vermeiden. Das war Feldenkrais’ Idee. Daran forschte er mehr als vierzig Jahre lang. Das Aktivieren ungenutzter Ressourcen kann dabei helfen, Bewegungen ökonomischer und leichter werden zu lassen, so können wir uns mit weniger Kraftaufwand bewegen. Das lässt uns weniger schnell ermüden. Die Beweglichkeit erhöht sich, denn wir nutzen sie vielfältiger. Und dies wiederum hilft, lange gesund, fit und beschwerdefrei zu bleiben. Durch die Feldenkrais-Methode lernen wir, unsere Kraft und Energie angemessen einzusetzen. Dadurch sind die Bewegungen ausgewogen, wir sind weder übernoch unterfordert. Auch eventuelle Defizite, wie sie durch Krankheiten oder Verletzungen entstehen, können ausgeglichen werden, denn durch Bewegungsvielfalt werden neue Areale im Gehirn aktiviert, die dabei helfen, die Beweglichkeit wiederzuentdecken. Andrea Klaßen – über die Feldenkrais-Methode Was ist das Besondere an Feldenkrais? Das aufmerksame Wahrnehmen des eigenen Körpers und das Experimentieren mit der Bewegung stehen im Vordergrund. Feldenkrais hat seiner Methode den Namen »Bewusstheit durch Bewegung« gegeben. Diese Bewusstheit ist der wesentliche Teil der Bewegungslehre und gleichzeitig der große Unterschied zu den meisten anderen Bewegungsmethoden. Es geht nicht um ein »richtig« ausgeführtes Trainingsprogramm oder gar um das Einüben bestimmter Bewegungsabläufe. Stattdessen geht es bei Feldenkrais um das Wahrnehmen des eigenen Körpers, um ein In-Gang-Setzen fein abgestimmter Bewegungsabläufe, um die Stimulierung der Gelenke, der Muskulatur und des Nervensystems auf besonders sanfte Art. Bei Feldenkrais geht es um körperliche und geistige Beweglichkeit. Der Körper hat entsprechend Zeit, die bewusst erfahrenen Bewegungen neu zu integrieren. Dabei werden das Gehirn und das Nervensystem aktiviert. Weniger ist mehr – diese Aussage ist in der Feldenkrais-Arbeit von großer Bedeutung. Die mit Achtsamkeit ausgeführten feinen Bewegungen sorgen für eine Aktivierung unseres Gehirns. Dies ist der Schlüssel zu körperlicher und geistiger Fitness. Körperliche und geistige Beweglichkeit wirken dem allgemeinen physiologischen Alterungsprozess entgegen und erhalten uns damit jung. Die Methode ist ganzheitlich, das heißt, selbst wenn ein sogenannter Schwerpunkt angegeben wird, ist doch stets der gesamte Körper einbezogen. Der erwähnte Körperschwerpunkt erhält in dem Fall nur die erhöhte Aufmerksamkeit. So ist eine Wirbelsäulenlektion unter Umständen genauso aktivierend für die Hüftgelenke und umgekehrt. Allein schon das aufmerksame Beobachten des Körpers beim Durchführen der Lektionen kann eine Verbesserung der Körperfunktion bewirken. Es ist inzwischen bekannt, das wir mit der gelenkten Aufmerksamkeit auf ein Organ, ein Gelenk oder die Muskulatur dessen bzw. deren Funktion tatsächlich verbessern können. Dabei handelt es sich um einen ähnlichen Effekt, wie wir ihn zum Beispiel aus dem autogenen Training kennen, wo allein durch Suggestion von Schwere und Wärme eine Entspannung erzielt wird – zwar braucht das eine gewisse Zeit des Übens, aber es funktioniert. So werden die Lektionen nach Aufmerksamkeitsschwerpunkten unterschieden. Dadurch bekommen verschiedene Partien im Körper Ihre bewusste Aufmerksamkeit. Andrea Klaßen – über die Feldenkrais-Methode Eine Einheit dauert im Normalfall sechzig Minuten. Die Lektionen werden auch ATMs genannt. „ATM“ steht für „Awareness Through Movement“ („Bewusstheit durch Bewegung“), die englische Bezeichnung seiner Gruppenstunden. Feldenkrais hat annähernd 3000 Lektionen in „Bewusstheit durch Bewegung“ zu verschiedenen funktionalen Themen erarbeitet. Diese stehen unter anderem in Bezug zu Bewegungen im Alltag und orientieren sich an den Fortbewegungsarten des Kleinkindes. Grundfunktionen wie das Beugen, Strecken, seitlich Neigen, Drehen und Rollen werden erforscht und ausprobiert, bis sich besser organisierte Bewegungshandlungen ergeben, die ins tägliche Leben integriert werden können. Dabei lernt jeder Schüler in seinem eigenen Tempo bei minimalem Kraft- und Arbeitsaufwand, um die kinästhetische Wahrnehmung zu erhöhen. In den Gruppenlektionen in „Bewusstheit durch Bewegung“ bekommen Sie verbale Anweisungen/Angebote, die zum Experimentieren und Erforschen von Bewegungsabläufen einladen. Sie liegen dabei meist auf dem Boden, um so viel Körpergewicht wie möglich abgeben zu können und vom gewohnten Schema des Stehens befreit zu sein. In dieser Lage ist die Akzeptanz des Nervensystems für neue Bewegungsorganisationen am höchsten. Mit präzisen Richtungsangaben, bilderreicher Wortwahl und eingeworfenen Fragen werden Sie durch eine Vielzahl von Variationen geführt. Sie suchen nach der effizientesten Bewegung bei minimalem Kraftaufwand. Ein ebenso wichtiger Faktor ist die Umkehrbarkeit oder Reversibilität der Bewegung. Eine Handlung sollte in jedem Moment angehalten oder in jede beliebige Richtung weitergeführt werden können. Das Zusammenspiel gegensätzlich wirkender Muskeln oder Muskelgruppen, wie z.B. Beugern und Streckern, spielt auch eine wesentliche Rolle. Bewusstheit durch Bewegung führt zur Verbesserung motorischer Funktionen, verfeinert das kinästhetische Empfinden und erweitert das Selbstbild. Das ist der Schlüssel, so Feldenkrais, für die Wandlung von Haltung und Verhalten, die diesen Weg der neuromuskulären Umorganisation begleitet. Es fügt die nicht bewussten und damit unbeweglichen Körperteile – meist Ursache von Muskelspannungen, Verletzungen und abgenutzten Gelenken – ins Ich-Bild zurück. Ziel der Methode ist es, den Schüler/innen über Bewegungseinschränkungen und ungewohnte Körperpositionen sowie Bewegungsabläufe, eingefahrene Bewegungs- und Handlungsmuster bewusst zu machen und sie anzuregen, alternative Möglichkeiten zu erforschen. Dadurch können sie schließlich mehr Freiheit im Spüren (Sensing), Denken, Fühlen (Feeling), Bewegung und Handeln entwickeln. Über das Medium Bewegung werden Veränderungen in Gang gesetzt, die sich auf das gesamte Handeln eines Menschen auswirken. Andrea Klaßen – über die Feldenkrais-Methode Es gibt weder ein vorgegebenes Ziel, das es zu erreichen gilt, noch Bewertungen wie „richtig“ oder „falsch“, „gut“ oder „schlecht“. Die Aufmerksamkeit wird auf den Prozess und die Art und Weise, wie sich eine Bewegung organisiert, gerichtet. Dabei wird die Absicht von der Handlung getrennt, um die bestmöglichen Voraussetzungen für organisches Lernen und Entwicklung zu schaffen. Organisches Lernen bedeutet das Lernen nach Versuch und Irrtum - die Art und Weise wie Kleinkinder das Krabbeln, Sitzen, Gehen und Sprechen erlernen. Spielerisch werden alle Möglichkeiten ausprobiert, bis sich eine Lösung für die Aufgabe ergibt. Das Nervensystem nimmt feinste Unterschiede wahr und wählt aus dem Spektrum die leichteste Lösung aus. Fehler sind Teil dieses Prozesses und werden als mögliche Alternativen betrachtet. Die Feldenkrais-Methode arbeitet mit dem Prinzip von Differenzierung und Integration. Eine Bewegungsfunktion wird in verschiedene, so genannte Bewegungsvariationen zerlegt, um am Schluss in einen Gesamtkontext zusammengefügt zu werden. Innerhalb einer Feldenkrais-Lektion werden regelmäßige kurze Pausen gemacht, in denen die Teilnehmer/innen meist auf dem Rücken liegen. Dabei kann der propriozeptive Unterschied wahrgenommen werden und das Nervensystem die neuen sensorischen Informationen verarbeiten. Auf diese Weise eröffnen sich neue Möglichkeiten und eine Steigerung bzw. Verfeinerung von Qualität, Fluss, Effizienz und Leichtigkeit von Bewegung wird erreicht. So werden individuelle Ressourcen und Fähigkeiten entdeckt und erweitert, die sich auf alle Lebensbereiche übertragen. Die Einzelarbeit, die sogenannte „Funktionale Integration“, ist eine individuelle, manipulative Technik, bei der ein nonverbaler Dialog zwischen FeldenkraisLehrer/in und Schüler/in stattfindet. Mittels Berührung werden leichte Manipulationen am Klienten/ an der Klientin ausgeführt, um ihm/ihr die Besonderheiten seiner/ihrer motorischen Funktionsweise bewusst zu machen und auf alternative Bewegungsmöglichkeiten hinzuweisen. Zuerst finden eine Vertiefung der Atmung und eine Reduktion von Körperspannung statt, sodass der Körper neue Reaktionen auf die Schwerkraft zulassen kann. Des weiteren wird in Form von Berühren das Nervensystem dazu aktiviert, die von außen eintreffenden Informationen aufzunehmen und in neue Bewegungsmuster zu verknüpfen. Muskeln, die der Betreffende bis dahin nach seinem individuellen Gewohnheitsmuster organisiert haben mag, organisieren sich nun auf eine Weise, die der erzeugten Funktion angemessen ist. So findet eine Erweiterung des Bewegungsrepertoires und des Selbstbildes statt, die sich in weiterer Folge auf das gesamte Handeln auswirkt. Andrea Klaßen – über die Feldenkrais-Methode Die Feldenkrais-Methode, sowohl die Gruppenstunden als auch die Einzelarbeit, bietet ein offenes Feld für die Erforschung neuer Möglichkeiten und tieferer Schichten des menschlichen Potentials in Bezug auf Bewegung sowie in allen anderen Lebensbereichen. Die Feldenkrais-Methode fördert einen intelligenten Umgang mit Bewegung und dem eigenen Kö r per. Andrea Klaßen – über die Feldenkrais-Methode Erfahrungsberichte: Häufig machen Feldenkrais-Schüler nach einer Lektion die Erfahrung, dass sich ihr „Selbstbild“ erweitert, indem sie an einer Bewegung nicht beteiligte bzw. ihrer Wahrnehmung nicht bewusste Körperteile entdeckt und lokalisiert haben. Durch das Aufwecken so genannter „blinder Flecken“ im Körper, kann eine ganzkörperliche Bewegung ein großes Maß an Qualität gewinnen. Einige stellten fest, dass das fehlende Bewusstsein für gewisse Körperteile die Ursache ihrer körperlichen Probleme oder Schmerzen ist. Mittels Differenzierung, also der Aufschlüsselung von Bewegungsmustern sowie durch ein erweitertes Verständnis von den Bewegungsfunktionen des Körpers konnten sie nicht gebrauchte Körperteile in eine Bewegung integrieren und somit die Gesamtfunktion einer Bewegung verbessern. Sie waren nicht mehr auf das Problem oder das einzelne Körperteil fixiert. Andere bemerkten, dass durch eine Steigerung der Bewusstheit unnötige Muskelaktivität und Spannung auf das Nötigste reduziert wird, wodurch ihre Bewegungen natürlicher wurden. Viele Teilnehmer haben durch die Feldenkrais-Methode ihre anatomische Bewusstheit erhöht und infolgedessen einen besseren Umgang mit dem eigenen Körper entwickelt. Sie kennen und akzeptieren ihre physischen Grenzen. Statt über solche hinwegzusehen und sie mit vermehrter Anstrengung zu überschreiten, finden sie angenehme und effizientere Bewegungsalternativen. Das Erkennen und Entdecken verschiedener Bewegungsmöglichkeiten, Ansätze und Lösungswege erweitert das Repertoire an Bewegungsvarianten. Je größer das Bewegungsrepertoire ist, desto freier und autonomer konnten sie bewusste Entscheidungen treffen. Wieder andere erwähnten, dass sie mittels der Feldenkrais-Methode eigene Handlungsgewohnheiten erkannt und durch effizientere Bewegungsalternativen ersetzt haben. Diese körperliche Bewusstheit führte zu einer differenzierteren und feineren Bewegungsqualität. Die Schulung der Eigenwahrnehmung sowie der Bewegungswahrnehmung führt zu einer vertieften Bewusstheit für die Skelettstruktur und die Beziehungen zwischen Körperteilen, so eine Schülerin. Andrea Klaßen – über die Feldenkrais-Methode Die Feldenkrais-Methode verschiebt die Aufmerksamkeit von der äußeren Muskulatur auf die Knochen. Dadurch werden Zusammenhänge in der Skelettstruktur spürbar, die eine effizientere und leichtere Bewegung ermöglichen. Einige sind der Meinung, dass allein schon die Bewusstheit für die Skelettstruktur und für körperliche Zusammenhänge die Verletzungsgefahr herabsetzt, da die Wahrscheinlichkeit, eine unorganische, den Körper belastende Bewegung auszuführen, niedriger ist. Auch bemerkten sie, dass das gezielte Entspannen blockierter oder verspannter Muskeln nachhaltiger sei als reines Dehnen oder Lockern. Der kontinuierliche Dialog mit dem eigenen Körper hat viele dazu verholfen, die körperlichen Ursachen von Schmerzen zu lokalisieren und zu beheben. „Wichtig ist die Art, wie man etwas macht, nicht was man macht.“ Andrea Klaßen – über die Feldenkrais-Methode Die aufrechte Haltung Das Skelett funktioniert wie ein komplexes, dynamisches Hebelsystem, auf das verschiedene Kräfte wie die Gravitation sowie die Muskelkraft einwirken. Eine wichtige Stützfunktion trägt die Skelettstruktur bei der Übermittlung von Kräften durch die Knochen entlang ihrer Achsen. Sind mehrere Knochen an der Kraftübermittlung beteiligt, spielt die Ausrichtung der Gelenke eine bedeutende Rolle. Je effizienter die Gelenke ausgerichtet sind, desto weniger Kraft müssen die Muskeln aufwenden, um die Gelenke zu stabilisieren. Beim wirksamen Gebrauch des Skeletts im Stehen, braucht die Streckmuskulatur so gut wie keine Arbeit verrichten. Die Knochen und Gelenke sind in dieser Position in einer Art und Weise ausgerichtet, dass das Körpergewicht vom Skelett getragen werden kann. Folglich sind die Muskeln und das komplexe System, das sie kontrolliert, nicht mehr damit beschäftigt, die aufrechte Haltung beizubehalten. Dieser Zustand der Handlungsbereitschaft und Bewegungsfreiheit ist einer der Vorteile der aufrechten Haltung des Menschen. Beim Gehen, Aufstehen und Sich Hinsetzen durchquert der menschliche Körper von Zeit zu Zeit seine stabile, aufrechte Haltung, die keiner Energie bedarf. Das Stehen und Sitzen benötigen (in der Regel) keine Anstrengung, da beide Positionen dem stabilen Gleichgewicht entsprechen. Um sich aus ihm in Bewegung zu setzen, wird ein Minimum an Energie gebraucht. Ist die Bewegung jedoch nicht gänzlich an die Schwerkraft angepasst, so verläuft der Durchgang des Körpers durch die stabile Stellung ungenau, und die Muskeln müssen überflüssige Arbeit leisten. Die Unterstützung durch das Skelett ermöglicht also eine Verringerung des Muskeltonus und verbessert damit die Leichtigkeit, Flexibilität und Effizienz der menschlichen Bewegung. Ist die Stütze des Skeletts vorhanden, sind die Muskeln, die bei mangelhafter Unterstützung durch die Skelettstruktur die Arbeit des Skeletts übernehmen, frei für jede Aktivität, die zu einer Handlung führt. Funktioniert das sensorische Feedback in ausreichendem Maß, führt es zur Auswahl der effizientesten Bewegungen mit dem kleinsten Energieverbrauch. Durch die Verringerung der Muskelaktivität werden kleinere Reizunterschiede wahrnehmbar, wodurch die Zweckmäßigkeit der Bewegungen bei minimalem Kraftaufwand erhöht wird. Andrea Klaßen – über die Feldenkrais-Methode Die Verteilung der Spannung auf die gesamte Muskelfläche des Körpers sowie das Mitwirken aller Körperteile an einem Bewegungsmuster sind Maßstäbe für die Effizienz und somit den geringsten Energieaufwand einer Bewegung. Das harmonische Zusammenwirken der Körperteile und Muskelgruppen benötigt eine niedrigere Aktivität der Muskeln. Der ö k onomische Gebrauch des Kö r pers fü h rt also zu einem Hö c hstmaß an Leichtigkeit und Effizienz in der Bewegung. In den Worten Moshé Feldenkrais’ gilt es, „die Bremse zu lö s en, wenn man fahren will, und den ersten Gang nur dann einzuschalten, wenn er wö r tlich notwendig ist.“ Andrea Klaßen – über die Feldenkrais-Methode Wenn wir uns ein Skelett anschauen, sehen sie mehr oder weniger alle gleich aus... Der Kopf ruht auf dem obersten Halswirbel (Atlas/Axis). Nicht vor dem Nacken, nicht zur Seite geneigt oder nach vorn unten gebeugt. Sondern genau auf der Achse , als sei er mit einem Faden mit der Zimmerdecke verbunden. Wenn wir uns hingegen umschauen, fällt auf, dass viele den Kopf entweder zu weit nach vorne tragen, das Kinn zu weit nach oben ausgerichtet haben, oder der Kopf zu der einen oder anderen Seite geneigt ist. Viele Menschen kommen und fragen, was sie tun könnten, damit sie ihren Kopf aufrechter und damit leichter tragen können, oder damit ihre Nacken- und Rückenschmerzen weggehen.... Für viele Menschen ist es anstrengend, längere Zeit zu stehen oder auch zu sitzen. Ein gut organisiertes Skelett trägt sich selbst. Es ist so aufgebaut, dass nicht, wie es die meisten von uns sich angewöhnt und gelernt haben, durch Muskeln gehalten werden muß, sondern, dass das Skelett den ganzen Menschen trägt.... Es gibt viele Gründe dafür, dass der Kopf nicht am richtigen Platz sitzt. Einer der wichtigsten Gründe für einen veränderten Gebrauch unseres Skelettes hat im letzten bzw. vorletzten Jahrhundert stattgefunden. Früher haben die meisten Menschen noch draußen gearbeitet oder waren mit anderen körperlichen Arbeiten beschäftigt. Heute werden immer mehr Arbeiten im Sitzen verrichtet. Das Skelett aber ist ausgerichtet auf Bewegung! Langes Stehen oder Sitzen verursacht Stress für das Skelett und Balanceschwierigkeiten. Wenn wir lange sitzen, fängt irgendwann der untere Rücken an sich zu melden. Man hat das Bedürfnis sich zu krümmen, sich nach vorne zu lehnen oder in den Sessel bzw. auf dem Stuhl nach hinten zu rücken. Der Kopf will sich nach vorne und unten beugen... Wenn wir Auto fahren, auf den Computer Bildschirm sehen etc. müssen wir den Kopf und die Augen nach vorne ausrichten. Wie dabei der Kopf an die WS angeschlossen ist, ist uns meistens gar nicht bewusst. Ob die Bewegung der Augen mit denen des Kopfes und dem Rest des Körpers koordiniert ist, spüren wir meist erst, wenn es nicht der Fall ist und sich die ein oder andere Körperstelle meldet. Andrea Klaßen – über die Feldenkrais-Methode Damit wir nicht erst dann körperbewusst werden, sondern mehr und mehr in der Lage sind, uns in jedem Moment angemessen zu bewegen und wählen zu können, gibt es „Feldenkrais“. ..., Babies tragen ihren – im Verhältnis sehr großen Kopf – sehr ausbalanciert. In den sogenannten „primitiven“ Kulturen tragen z.B. die Wasserträgerinnen schwere Eimer auf dem Kopf und über lassen sich der Schwerkraft... Was wir hier versuchen wollen, ist, wieder mehr Wahlmöglichkeiten zu haben, wie wir leichter und bequemer stehen, sitzen und gehen können, und das Skelett wieder so nutzen können, wie es ursprünglich gedacht bzw. gebaut war. Andrea Klaßen – über die Feldenkrais-Methode Moshé Feldenkrais sagte einmal, dass wir das Unmögliche möglich, das Mögliche einfach und das Einfache elegant machen können. Doch wie kann uns das gelingen. Darum geht es in den Lektionen. In einer Feldenkrais-Lektion werden einfache, alltägliche Bewegungsabläufe in kleine Details zerlegt, so dass die ursprüngliche Bewegung sich in kleine Puzzleteile aufsplittert. Dann wird mit diesen Puzzelteilen gespielt und experimentiert, bis sie sich zum Schluss der Lektion wieder, wie zufällig, zu einem Ganzen zusammenfügen. Es ist derselbe Bewegungsablauf wie zu Beginn der Stunde, nur kann er jetzt, und da liegt für viele ein großes Aha-Erlebnis, auf einer höheren Ebene ausgeführt werden, das heißt mit mehr Leichtigkeit, Eleganz und einer klareren Absicht. Der Schüler hat genügend Zeit, Ursprung und Ansatz einer Bewegung zu studieren und es wird ihm plötzlich klar, wo etwas nicht klar ist, das heißt, wo er etwas tut, was er eigentlich nicht tun will. Dies zeigt sich meist darin, dass man mehr Kraft aufwendet, als nötig, bzw. Ersatzbewegungen einschiebt. Das Bewusstwerden dessen, was man tut und das Ausprobieren von Alternativen verändert die gesamte Bewegungs- und Handlungsqualität. Der Vorgang der Neuorganisation läuft im Zentralnervensystem ab. Gemäß des Prinzips: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ ist dieser Prozeß eingebettet in ein größeres Ganzes. Er läuft ohne unser willentliches Tun ab und ein Zuviel an Kontrolle wirkt eher störend. Um die Feldenkrais’sche Denkweise besser zu verstehen, sind zwei weitere Details wichtig. 1. Das Ziel wird nie direkt verfolgt, sondern über viele kleine Umwege wie zufällig erreicht. Dies entspricht der frühkindlichen Art und Weise durch „trial and error“ Neues zu entdecken und ermöglicht dem Schüler, sich über das Bewusstwerden seiner Bewegungen auf allen Ebenen – körperlich, geistig, seelisch – neue Handlungsweisen zu erschließen. Diesen Prozeß nennt Moshé Feldenkrais „Organisches Lernen“. 2. Die Bewegungen werden mit dem minimalsten Kraftaufwand ausgeführt, denn in der kleinsten Bewegung, oft nur in der gedachten, ist alles enthalten, was ihre Qualität ausmacht. Alles Weitere, Größere bedeutet nur Quantität. Den Ursprung, den ersten Ansatz einer Bewegung aufzuspüren und den Weg von Knochen zu Knochen, von Gelenk zu Gelenk zu verfolgen, setzt eine Veränderung im Verhalten und im Denken in Gang. Andrea Klaßen – über die Feldenkrais-Methode Moshé Feldenkrais betonte stets, dass er kein Bewegungs-Lehrer sei, sondern Bewegungen verwendete, um Menschen die Möglichkeit einer Weiterentwicklung spürbar werden zu lassen: Sein Anspruch war, Menschen das ihnen innewohnende Potential entdecken zu lassen. Er betonte die Untrennbarkeit von Körper und Geist, von Strukturen und Funktionen und entwickelte eine Methode, die spürbar macht, welches Potential mit dem aufrechten Gang verbunden ist. Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie Sie gehen, wie Sie sich setzen, wie Sie aufstehen, wie Sie Ihre Einkäufe tragen, die Wohnung putzen, vor dem Computer sitzen etc. ? Normalerweise laufen solche Bewegungsmuster ab, ohne daß wir uns ihrer Details bewusst sind. Diese alltäglichen Bewegungen machen wir, ohne darüber nachzudenken. Und das ist auch gut so, denn wir wären hoffnungslos verloren, müssten wir uns zu jeder Sekunde über das WIE einer Bewegung bewusst sein. Wenn aber etwas automatisch abläuft, heißt das nicht unbedingt, dass es auch optimal und effizient abläuft. In unserer persönlichen Entwicklung werden wir beeinflusst durch unsere Erziehung, unser soziales Umfeld, die Erwartungen, die an uns gestellt werden oder auch Reaktionen auf frühere Verletzungen. Dies alles wirkt sich natürlich auf unsere ganz eigenen Haltungen und Bewegungen aus. Oft bemerken wir erst im fortgeschrittenen Alter, z.B. durch Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen, dass wir etwas ändern sollten. Andrea Klaßen – über die Feldenkrais-Methode