Hydrodynamik (A) Dynamik ist der Teil der Mechanik, der insbesondere die Änderung des Bewegungszustandes von Körpern - infolge der Einwirkung von Kräften - behandelt. In der Fluiddynamik (Mechanik der Flüssigkeiten und Gase) wird angenommen, dass Fluide zwar aus Teilchen bestehen. Sie können aber als sogenanntes Kontinuum behandelt werden, - also den Raum zusammenhängend ausfüllende Materie. Dabei stellt die Formänderung den Regelfall dar. Im Rahmen dieser Lehrveranstaltung wird die Dynamik nur bezogen auf Flüssigkeiten (insbesondere Wasser) behandelt. Bewegungen sind generell durch die Existenz von Geschwindigkeiten v und Beschleunigungen a gekennzeichnet. Wird mit s die Weglänge und mit t die Zeit bezeichnet, ist die 2 dv d s ds Geschwin- v = und die Beschleunigung: a = = dt dt 2 digkeit: dt © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.1 Die Geschwindigkeit ist eine Funktion der beiden Veränderlichen s und t. Dann lautet das totale Differential (Zuwuchs der Funktion v(s,t) um ds in s-Richtung und dt in t-Richtung): δv δv dv = ⋅ ds + ⋅ dt δs δt Die substantielle Beschleunigung ist demnach: Man nennt δ v δ s δ v δ t ⋅ v δ v ds δ v dt dv a = = ⋅ + ⋅ dt δ s dt δ t dt δv δv ⋅v + a = δs δt = konvektive Beschleunigung und = lokale Beschleunigung. © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.2 Instationäre Strömungen: Im allgemeinen in Systemen mit beiden Beschleunigungsarten (Substantielle Beschleunigungen). Insbesondere ändert sich an bestimmten Orten die Geschwindigkeit über der Zeit. Geschwindigkeit v v ≠ konst . ∂v Instationäre Strömung: ≠0 ∂t Zeit t Beispiele: Füll- und Entleerungsvorgänge bei Behältern (Schleusenkammern, Talsperren), Wasserwellenbewegung. ( Hydromechanik II) © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.3 Stationäre Strömungen: Es liegen ausschließlich konvektive Beschleunigungen vor. Das instationäre Glied ist gleich Null: ∂v Geschwindigkeit v ∂t =0 v = konst . Zeit t Stationäre Strömung An einem bestimmten Ort ändert sich die Geschwindigkeit v nicht über der Zeit t. Die Geschwindigkeit kann sich aber von Ort zu Ort ändern. Stationäre Strömungen werden in der Hydromechanik I aus05.4 schließlich behandelt. © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik Kontinuitätsgleichung: Der füssige Inhalt einer “Stromröhre” wird “Stromfaden” genannt. A1 v1 Bei stationärer Strömung einer inkompressiblen Flüssigkeit dringt in der Zeiteinheit dt in ein Kontrollvolumen (zwischen A1 und A2) das gleiche elementare Volumen dV ein, das in der gleichen Zeiteinheit auch wieder austritt: dV = A1 ⋅ v 1 ⋅ dt = A2 ⋅ v 2 ⋅ dt A1 ⋅ v 1 = A 2 ⋅ v 2 A2 v2 Der Durchfluss Q (in Volumen pro Zeiteinheit, z.B. in m3/s) ist konstant: Q = A ⋅ v = konst . © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.5 Anwendung auf kompressible Medien: Bei kompressibler Flüssigkeit (Gas) tritt an die Stelle des Volumens die ein- und austretende Masse. ρ 1 ⋅ A1 ⋅ v 1 = ρ 2 ⋅ A 2 ⋅ v 2 Der Massenstrom QM (z.B. in t/s) bleibt konstant: QM = ρ ⋅ A ⋅ v = konst. Dies ist der Satz von der Erhaltung der Masse. Demnach ist die Kontinuitätsgleichung der Hydromechanik eine besondere Form dieses Satzes für inkompressible Flüssigkeiten, die dadurch gekennzeichnet sind, dass ρ 1 = ρ 2 = ρ = konst . © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.6 Zweidimensionale Strömung: y A D dy B C Beliebiges Strömungsfeld x dx Die Formulierung der Kontinuitätsbedingung für eine ebene (zweidimensionale) Strömung greift auf die Darstellung eines Strömungsfeldes mit Hilfe von Stromlinien zurück. Unter den oben dargestellten Strömungsbedingungen herrscht auf den Seiten AB und BC des infinitesimalen Rechteckes ABCD Einstrom und auf den Seiten CD und DA Ausstrom. © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.7 Die Strömungsgeschwindigkeit ändert sich sowohl in x- als auch in y-Richtung mit dem Ort: ( konvektive Beschleunigung) y δv y ⎛ ⎞ ⎜⎜ v y + ⋅ dy ⎟⎟ ⋅ dx Ausstrom δy ⎝ ⎠ δv x ⎛ ⎞ v + ⋅ dx ⎜ x ⎟ ⋅ dy δx ⎝ ⎠ v x ⋅ dy Einstrom v y ⋅ dx x Einstrom = Ausstrom ∂v y ∂v x ⋅ dx ⋅ dy v x ⋅ dy + v y ⋅ dx = v y ⋅ dx + ⋅ dy ⋅ dx + v x ⋅ dy + ∂x ∂y ∂v y ∂v x 1 0= ⋅ dy ⋅ dx + ⋅ dx ⋅ dy ⋅ ∂y ∂x dx ⋅ dy © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.8 Kontinuitätsgleichung für zweidimensionale Strömungen: δ v x δv y + =0 δx δ y In Worten: Die Summe der Änderungen der Geschwindigkeitskomponenten Kontinuitätsgleichung für dreidimensionale Strömungen: bezüglich der Kordinatenrichtungen (partiellen Ableitungen) ist gleich Null. δv δv x δv z y + + =0 δx δ y δz © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.9 Allgemeine Aussage der Kontinuitätsgleichung: Q = A ⋅ v = konst. Die Strömungsgeschwindigkeit wird umso höher, je kleiner der Durchströmquerschnitt A ist: Q v = A Beispiel: Q = 1m3/s = konst. A1 = 1m2; v1 = Q/A1 = 1m/s A2 = 0,1m2; v2 = Q/A2 = 10m/s © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.10 Beispiel: Kontinuitätsgleichung Q = A ⋅ v = konst. gegeben: v 0 = 0,5m / s D1 = 0,5m v1 = 3m / s L2 = 1,0m B2 = 1,0m B 3 = 1,0 m v 3 = 0,4 m / s L 2 = 1 ,0 m gesucht: D0 , Q, v2, h3 © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.11 Q = v1 ⋅ A1 = 3 ⋅ π ⋅ 0,52 4 Q = v 0 ⋅ A0 → D0 = = 0,589 m 3 / s = v 0 ⋅ A0 0,589 ⋅ 4 = 1,225m π ⋅ 0,5 Q 0,589 v2 = = = 0,589m / s A2 1⋅1 Q 0,589 0,589 v3 = = → h3 = = 1,473 m A3 B3 ⋅ h3 1,0 ⋅ 0,4 © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.12 Energiesatz: Satz von der Erhaltung der Energie. Ableitung des Energiesatzes (synthetisch) Der Energiesatz folgt als ein sog. intermediäres Integral (= Zwischenform) aus der NEWTONschen Grundgleichung. F = m⋅ a Für reibungsfreie, stationäre und zweidimensionale Strömung: Isaac Newton (1643-1727) y p ds A ds dy α A mg.sinα dx mg α α © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik p+dp x 05.13 p ds A A mg.sinα mg α p+dp Es wird aus einem beliebig gefomten Stromfaden in der x-y-Ebene ein infinitesimales Element der Länge ds herausgeschnitten und die Kräfte in Bewegungsrichtung betrachtet. Die resultierende Kraft ergibt sich zu F = m ⋅ g ⋅ sin α − A ⋅ dp SchwerkraftDruckanteil anteil A ist dabei der (beliebige) Durchflussquerschnitt des Stromfadens. Der (unbekannte) Druck ändere sich auf dem Wege ds um dp. Der Druckanteil ist bei der Drucksteigerung dp negativ, weil ein positiver Druckanstieg der Bewegung entgegenwirkt. (Reibungskräfte etwa an den Begrenzungen entlang ds bleiben unberücksichtigt !) © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.14 F = m ⋅ g ⋅ sin α − A ⋅ dp Es wird zunächst die rechte Seite der Gleichung betrachtet: Die Masse des herausgeschnittenen Elementes ist m = ρ ⋅ dV = ρ ⋅ A ⋅ ds Da eine Betrachtung in der sich mit dem Wege s ändernden Bewegungsrichtung im x-y-Koordinatensystem ungünstig ist, dx wird ds ausgedrückt durch ds = Es wird cosα dx F = m ⋅a = ρ ⋅ A⋅ ⋅ g ⋅ sinα − A ⋅ dp und weiter cos α F = m ⋅ a = ρ ⋅ A ⋅ dx ⋅ g ⋅ tan α − A ⋅ dp Bei der gewählten Geometrie ist die Steigung der Bahnlinie negativ (stumpfer Komplimentärwinkel zu α), d.h., damit ist dy tan α = − y ′ = − dx © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.15 ⎛ dy ⎞ F = m ⋅ a = ρ ⋅ A ⋅ dx ⋅ g ⋅ ⎜ − ⎟ − A ⋅ dp ⎝ dx ⎠ F = m ⋅ a = − ρ ⋅ A ⋅ g ⋅ dy − A ⋅ dp Linke Seite der Gleichung: Mit a = dv/dt wird dv F = m ⋅ a = ρ ⋅ A ⋅ ds ⋅ dt Darin ist ds/dt = v und es wird F = m ⋅ a = ρ ⋅ A ⋅ v ⋅ dv Linke Seite = rechte Seite: F = ρ ⋅ A ⋅ v ⋅ dv = − ρ ⋅ A ⋅ g ⋅ dy − A ⋅ dp 1 A⋅ρ ⋅g v ⋅ dv dp = − dy − g ρ ⋅g © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.16 v ⋅ dv g dp = − dy − ρ ⋅g Umgestellt und Integration: ∫ 1 dy + ρ ⋅g ∫ 1 dp + g ∫v ⋅ dv = 0 ergibt bei unbestimmter Integration: p v 2 y + + + C = 0 ρ ⋅g 2 ⋅g Energiesatz: p v2 y + + = C ρ ⋅g 2 ⋅g © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.17 Die Integrationskonstante C ist frei wählbar und wird hier durch die Wahl eines “Bezugshorizontes” y = 0 (als Randbedingung) bestimmt. C = hE ist dann die Höhe des Energiehorizontes über dem Bezugshorizont. Sie wird als Gesamthöhe hE bezeichnet und ist für das Gesamtsystem konstant. Bei bestimmter Integration bezüglich zweier Stellen 1 und 2 des 2 2 Stromfadens wird: 2 1 1 ∫ dy + 1 ρ ⋅g ∫ dp + 1 g ∫v ⋅ dv = 0 1 1 1 ⎛ v 22 v 12 ⎞ ⎟⎟ = 0 (y 2 − y 1 ) + ⋅ (p 2 − p1 ) + ⎜⎜ − g⎝ 2 ρ ⋅g 2 ⎠ Nach Umstellung lautet die Höhenform des Energiesatzes: p2 v 22 p1 v 12 y2 + + = y1 + + ρ ⋅g 2⋅g ρ ⋅g 2⋅g Orts- Druck- Geschwinhöhe höhe digkeitshöhe © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.18 Die Ortshöhe y[m] repräsentiert die Potentielle Energie (Energie der Lage). Sie ist die mit einem Vorzeichen behaftete Entfernung des betreffenden Schwerpunktes des Durchströmquerschnittes vom Bezugshorizont y = 0. Sie bezeichnet die Lage der zentralen Stromlinie. Die Druckhöhe p/γ = p/ρg [m] repräsentiert die Druckenergie. Sie erstreckt sich vom Schwerpunkt des Durchströmquerschnittes aus positiv (nach oben) für Druckspannungen p > pB (= barometrischer Luftdruck) und negativ für Druckspannungen p < pB , d.h., für Unterdrücke. Sie bezeichnet die Lage der Drucklinie. Die Geschwindigkeitshöhe v2/2g [m] repräsentiert die Kinetische Energie. Sie ist positiv und erstreckt sich zwischen der Drucklinie und der Energielinie. Die Gesamthöhe hE [m] repräsentiert die Summe aller Energieanteile. Sie erstreckt sich zwischen Bezugshorizont und Energielinie. © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.19 Beispiel: Reibungsfreie Strömung in einem geneigten Rohr; Bezugshorizont y = 0 im Schwerpunkt von Querschnitt A1 Energielinie 2 1 v 2⋅g p1 ρ ⋅g hE Energiehorizont 2 2 v 2⋅g Drucklinie Druckrohrleitung p2 ρ ⋅g v hE y2 y=0 1 Druckspannung 2 p1 v12 p2 v 22 hE = y 1 + + = y2 + + ρ ⋅g 2⋅g ρ ⋅g 2⋅g Bezugshorizont Da D1 = D2, ist auch v2/2g = konst. Wird der frei wählbare Bezugshorizont in den Schwerpunkt eines Rohrquerschnittes gelegt, wird hier die Ortshöhe gleich Null. © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.20 Beispiel: Horizontale Rohrströmung mit Durchmesser D reibungsfrei; Bezugshorizont y = 0 in Höhe der Rohrachse. Energielinie Energiehorizont 2 v 2⋅g Drucklinie hE hE p ρ ⋅g v y=0 1 Druckspannung Druckrohrleitung Bezugshorizont 2 p1 v12 p2 v 22 hE = y 1 + + = y2 + + ρ ⋅g 2⋅g ρ ⋅g 2⋅g Da D1 = D2, ist auch v2/2g = konst. Wird der frei wählbare Bezugshorizont in die horizontale Rohrachse gelegt, sind beide Ortshöhen gleich Null. © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.21 Beispiel: Horizontale Freispiegelströmung reibungsfrei; Bezugshorizont y = 0 in Höhe der Sohle Energielinie Energiehorizont Drucklinie p(y) = γ.(h - y) hE v v2 2⋅g y p = γ .h Freispiegelgerinne Randstromlinie = Wasserspiegel Stromlinie hE y =0 Randstromlinie Sohle = Bezugshorizont 1 2 Für alle Stromlinien ist v(y) = konst. und die hydrostatische Druckspannung p = γ.(h - y). Es wird dann p v2 v2 y+ + = y + (h − y ) + γ 2⋅ g 2⋅ g Der Energiesatz für Freispiegelv2 h+ = hE = konst . gerinne vereinfacht sich: 2⋅g h © 2002 Büsching, F.: Hydromechanik 05.22