PU aktuell 10 Eine Information aus der Reihe »Politik und Unterricht« · März 1999 Wegweiser gesucht? Zeichnung: Löffler Zur Europawahl am 13. Juni 1999 Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg INHALT 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2. Die EU und wir. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3. Die einflussreichsten Organe: Ministerrat und Kommission. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 4. Das Wahlverfahren zum Europäischen Parlament . . . . . . . 7 5. Wer vertritt uns heute in Straßburg? . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 6. Parteien und Personen: Was steht zur Wahl? . . . . . . . . . . 12 7. Die Rolle des Europäischen Parlaments . . . . . . . . . . . . . . 13 8. Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 9. Abschlusstest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2 1. Einleitung Im Juni 1999 sind die Bürger in den fünfzehn Staaten der Europäischen Union aufgerufen, ihre gemeinsame Vertretung in Europa, das Europäische Parlament, direkt zu wählen. In der Bundesrepublik Deutschland findet die Wahl am Sonntag, 13. Juni 1999, statt. Die Wahllokale sind – für deutsche Verhältnisse ungewöhnlich – von 8.00 Uhr bis 21.00 Uhr geöffnet. Nach 21 Uhr werden dann in allen Mitgliedstaaten die Stimmen ausgezählt. Das gilt auch dort, wo schon an einem der drei vorausgehenden Tage gewählt wurde. In einigen europäischen Ländern gehört es nämlich zur Tradition, dass Wahlen werktags sind. Die Europawahl 1999 fällt in eine historisch bedeutende, aber auch kritische Phase der europäischen Integration. Zwei große, in einem Spannungsverhältnis stehende Herausforderungen hat die Europäische Union (EU) in den nächsten Jahren zu bewältigen: die Vertiefung durch die Agenda 2000 und die Erweiterung nach Osten und Süden. Die Währungsunion. Allen Unkenrufen zum Trotz ist die Währungsunion am 1. Januar 1999 in Kraft getreten, wie im Vertrag von Maastricht vereinbart. Am 2. Mai 1998 hatten die Regierungschefs der Europäischen Union in Brüssel den Teilnehmerkreis für die Währungsunion festgelegt. Damit sind die Wechselkurse für die Währungen der elf Teilnehmerstaaten Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien unwiderruflich fixiert: Ein Euro entspricht genau 1,95583 DM. Die gemeinsame Währungseinheit dient seither als Buchgeld für Bankgeschäfte. Auch Aktienkurse werden in Euro notiert und wer will, kann sein Konto in Euro führen. Für die Geldpolitik ist nun die im Frankfurter Euro-Tower ansässige Europäische Zentralbank zuständig. Die nationalen Banknoten und Münzen bleiben noch drei Jahre lang gültig, doch sind die nationalen Währungen praktisch nur noch Platzhalter für die gemeinsame Währung. Vom 1. Januar 2002 an werden die neuen Euromünzen und -scheine in Umlauf gebracht; am 1. Juli desselben Jahres verlieren die elf nationalen Geldeinheiten ihre Gültigkeit als Zahlungsmittel. Osterweiterung. Die Vorbereitungen für die Erweiterung der EU schreiten voran. So beschlossen die Regierungschefs der EU-Länder auf ihrem Gipfeltreffen am 12. und 13. Dezember 1997 in Luxemburg, die Staaten Polen, Tschechien, Ungarn, Slowakei, Estland, Lettland, Litauen, Slowenien, Rumänien, Bulgarien und Zypern als Beitrittskandidaten zu betrachten. Am 31. März 1998 wurde mit der Aufnahme bilateraler Besprechungen mit Polen, Tschechien, Ungarn, Slowenien, Estland und Zypern die erste Erweiterungsrunde eingeläutet. Die offiziellen Verhandlungen mit diesen Staaten begannen am 10. November 1998. Wann die Verhandlungen mit den fünf übrigen Kandidaten anfangen, steht noch nicht fest. Agenda 2000. Das so bezeichnete Programm der Europäischen Union umfasst die Reform der Agrarund Strukturpolitik sowie der Finanzverfassung. Die Agenda 2000 wird noch vor der Europawahl auf einem Sondergipfel der fünfzehn Regierungschefs behandelt. Wie rasch und in welchen Themenbereichen Einigungen möglich sind, bleibt abzuwarten. Die Integration strukturschwacher und landwirtschaftlich geprägter Länder Mittel-, Ost- und Südosteuropas in die Europäische Union wird zwar längerfristig die Stabilität und Sicherheit in Europa erhöhen, zunächst aber einige Probleme und Konflikte mit sich bringen. Die Erweiterung setzt eine tiefgreifende Reform der Institutionen und Entscheidungsverfahren sowie der Landwirtschafts- und Strukturpolitik voraus. Vor allem die Ausgaben für die Gemeinsame Agrarpolitik, die in den letzten Jahren jeweils etwa die Hälfte des gesamten Haushalts der Union ausmachten, müssten entweder sprunghaft steigen oder die administrativ festgesetzten Erzeugerpreise müssten sinken. Die Proteste der Bauern haben schon begonnen. Bei einer Erhöhung des Etats kämen auf die bisherigen „Nettozahler“ zusätzliche Belastungen zu, und manche Staaten wären nicht mehr Empfänger-, sondern Geberländer. Auf alle Fälle berührt die Erweiterung der EU das eingespielte System des Gebens und Nehmens zwischen den Mitgliedsländern. Die in der Agenda 2000 enthaltenen Projekte lassen daher bei teilweise gegensätzlichen Interessen harte Verhandlungen erwarten. 3 „Wenn die Neuen kommen, wird es noch abwechslungsreicher!“ Zeichnung: Schoenfeld Angesichts der kommenden Herausforderungen für die Europäische Union wird die europapolitische Diskussion im Vorfeld der Wahl noch einen Schub erhalten. Insofern könnte der Wahlkampf diesmal stärker als bei den bisherigen Europawahlen von genuin europapolitischen Themen geprägt sein. Für den Unterricht bietet die Europawahl eine gute Gelegenheit, über Wahlrecht und Wahlsystem hinaus auch die politischen Entscheidungsprozesse und Institutionen der EU, insbesondere das Europäische Parlament, näher zu behandeln. Ferner empfiehlt es sich, auf die Bedeutung der Europäischen Union für den Lebensalltag der Bürger und auf ihr Demokratie- und Öffentlichkeitsdefizit einzugehen. Dieses Heft bietet dazu Informationen und Materialien. Es beruht – wenn nicht anders angegeben – auf dem am 2.10.1997 unterzeichneten Vertrag von Amsterdam, der im wesentlichen die beiden europäischen Hauptverträge, den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) und den Vertrag über die Europäische Union (EU-Vertrag), ändert und ergänzt. 2. Die EU und wir Europa geht uns alle an, denn viele politische Entscheidungen, die für die Bürger der fünfzehn EUStaaten verbindlich sind, fallen nicht mehr in den jeweiligen Hauptstädten, sondern in den europäischen Gremien in Brüssel oder Straßburg. Bereits zwei Drittel der in Deutschland gültigen Rechtsnormen gehen unmittelbar oder mittelbar auf Beschlüsse der EU zurück. Europa bestimmt unseren Alltag in hohem Maße. So sind etwa der Preisrahmen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, die Abgasgrenzwerte für Kraftfahrzeuge, der zulässige Geräuschpegel von Rasenmähern oder Verbraucherschutzstandards von der EU vorgegeben. Ob Herstellung und Verkauf gentechnisch veränderter oder bestrahlter Lebensmittel erlaubt sein sollen und ob solche Nahrungsmittel gekennzeichnet werden müssen, entscheiden letztlich die Organe der Europäischen Union. Wenn im Jahr 2002 das neue Eurogeld in den Geldbeuteln sein wird, dann wird der Währungsumtausch bei Reisen in eines der Teilnehmerländer der Vergangenheit angehören. Die Kontrollen an den Grenzen zwischen den meisten Mitgliedsländern sind weggefallen, die Bewegungsfreiheit in der Europäischen Union ist fast unbeschränkt, Reisepässe und Führerscheine sind EU-einheitlich. Die Unionsbürgerschaft. Seit dem Inkrafttreten des Maastrichter Vertrags 1993 sind die Bürger der Mitgliedsstaaten zusätzlich Bürger der EU. Die Unionsbürgerschaft (Art. 17 EG-Vertrag) als Ergänzung zur nationalen Staatsbürgerschaft garantiert das Recht, sich in jedem EU-Land aufzuhalten, dort zu arbeiten oder zu studieren (Art. 18 EG-Vertrag). Unionsbürger, die sich in einem Staat außerhalb der EU befinden, in dem ihr Heimatstaat keine Botschaften 4 oder Konsulate unterhält, können den diplomatischen oder konsularischen Schutz jedes anderen EU-Landes, das dort vertreten ist, in Anspruch nehmen (Art. 20 EG-Vertrag). Alle Bürger der Union können an ihrem Wohnsitz an den Wahlen zum Europäischen Parlament und zu den kommunalen Vertretungen teilnehmen (Art. 19 EG-Vertrag). Dabei können sie sowohl wählen (aktives Wahlrecht) als auch gewählt werden (passives Wahlrecht). Jeder Unionsbürger ist zudem berechtigt, allein oder zusammen mit anderen eine Eingabe (Petition) an das Europäische Parlament in Angelegenheiten, für welche die Gemeinschaft zuständig ist und die ihn unmittelbar betreffen, einzureichen (Art. 194 EG-Vertrag). Der Bürgerbeauftragte. Der Vertrag von Amsterdam verankerte das Recht auf Zugang zu den Dokumenten von Europäischem Parlament, Rat und Kommission im EG-Vertrag (Art. 255). Bereits im Jahre 1993 wurde das Amt des Europäischen Bürgerbeauftragten eingeführt (Art. 195 EG-Vertrag). Dieser „Ombudsmann“ wird vom Europäischen Parlament für die Dauer von fünf Jahren gewählt. Bei ihm können sich alle Unionsbürger beschweren, wenn sie meinen, „Missstände bei der Tätigkeit der Organe oder Institutionen der Gemeinschaft“ erkannt zu haben. Ausgenommen hiervon ist lediglich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz. Beispiele für solche Missstände sind Unregelmäßigkeiten in der EU-Verwaltung, Benachteiligung von Angehörigen bestimmter Personengruppen, Machtmissbrauch durch EU-Mitarbeiter, das Verweigern von Informationen oder unnötiges Hinauszögern von Antworten. Das Recht auf Beschwerde beim Bürgerbeauftragten sowie das Petitions- und das Akteneinsichtsrecht gelten auch für Bürger von Nicht-EU-Staaten mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat und für rechtsfähige Organisationen mit satzungsmäßigem Sitz in einem EU-Land. Jugend und Bildung. Speziell für Jugendliche und junge Erwachsene hat die Europäische Union einiges zu bieten. Mit dem Aktionsprogramm „Jugend für Europa“ fördert die Union den internationalen Jugendaustausch. Das Programm ermöglicht Begegnungen junger Menschen von 15 bis 25 Jahren mit Wohnsitz in der EU, und zwar unabhängig von Schule, Studium, Ausbildung oder Beruf. Seit 1997 können Männer und Frauen zwischen 18 und 25 Jahren einen sechs- bis zwölfmonatigen „EU-Freiwilligendienst“ in gemeinnützigen Projekten im Sozial- und Umweltbereich leisten. Hier kommen vor allem sozial Benachteiligte zum Zuge. Im Rahmen des Leonardo-Programms können Auszubildende einen Teil ihrer Lehre im EU-Ausland absolvieren. Zudem haben 18- bis 27jährige mit abgeschlossener Berufsausbildung (oder längerer Berufserfahrung) sowie Studie- rende technischer Fächer die Möglichkeit, Praktika in ausländischen Unternehmen zu machen. Das Programm „Erasmus“ gibt Studierenden die Chance, mit finanzieller Unterstützung drei bis zwölf Monate lang eine Universität im europäischen Ausland zu besuchen. Sie brauchen an dieser Hochschule keine Studiengebühren zu bezahlen; die dort erworbenen „Scheine“ werden im Heimatland anerkannt. • Näheres sowie Kontaktadressen im Informationsheft „Europa für junge Leute. Tips zu Beruf und Ausbildung“: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, 53105 Bonn, Telefon: (0228) 208-0. Die EU und ihre Bürger: ein schwieriges Verhältnis. Grenzüberschreitende politische Probleme wie Umweltbelastungen, Arbeitslosigkeit oder Krisen an den Finanzmärkten sind nicht mehr im nationalen Rahmen lösbar, sondern bedürfen europäischer Antworten. Die EU ist wegen der engen Integration ihrer Mitgliedsstaaten dazu prädestiniert, diese Probleme anzugehen. Trotzdem ist die Zustimmung der Deutschen zur Europäischen Union und zu einer Weiterentwicklung der Integration seit 1991 kontinuierlich gesunken. Im Frühjahr 1997 hielten nur noch 36 Prozent die EU-Mitgliedschaft für „eine gute Sache“, während es in der gesamten EU durchschnittlich 46 Prozent waren. Neueren Umfrageergebnissen von 1998 zufolge steigen die Zustimmungswerte auch bei den Deutschen wieder. Dennoch bleiben hierzulande die Skeptiker in der Mehrheit. Die reservierte Haltung der Deutschen mag auch mit dem Euro zusammenhängen. Schließlich verlieren die Deutschen mit der D-Mark nicht nur ein Zahlungsmittel, sondern ein Symbol für den wirtschaftlichen Aufstieg in der Nachkriegszeit. Hinzu kommt das Unbehagen über die vermeintliche oder tatsächliche „Brüsseler Regelungswut“ und die aufgeblähte EU-Bürokratie. 5 3. Die einflussreichsten Organe: Ministerrat und Kommission Neben dem Ministerrat (offiziell: Rat der Europäischen Union), der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament gibt es noch die folgenden Organe: Europäischer Gerichtshof (EuGH), Europäischer Rechnungshof (EuRH), Wirtschaftsund Sozialausschuss (WSA), Ausschuss der Regionen (AdR) und autonome Einrichtungen der Union wie die Europäische Zentralbank (EZB) oder das Europäische Polizeiamt (Europol). „Viele haben sogar Angst vor mir, und ich weiß nicht, warum!“ Zeichnung: Rolf Henn Das Demokratiedefizit. Vielfach werden auch das Demokratiedefizit der europäischen Institutionen, ihre Kompliziertheit und die Undurchschaubarkeit der Entscheidungsprozesse beklagt. Die Befugnisse des Europäischen Parlaments sind zwar durch die Einheitliche Europäische Akte (1986) sowie durch die Verträge von Maastricht (1992) und Amsterdam (1997) erheblich erweitert worden. Nach wie vor sind sie aber viel geringer als jene des Deutschen Bundestags und der anderen nationalen Parlamente. Obwohl das Straßburger Parlament seit 1979 alle fünf Jahre direkt gewählt wird, wissen die meisten Bürger wenig über seine Aufgaben und Zuständigkeiten. Die offiziellen Veröffentlichungen erreichen nur einen kleinen Teil der Bevölkerung; für die Massenmedien hat das Europäische Parlament wenig Nachrichtenwert, weil publikumswirksame Kontroversen dort eher selten sind. Auch die elf badenwürttembergischen Abgeordneten in Straßburg sind weniger bekannt als die Bundestags- oder Landtagsabgeordneten. Bei einer repräsentativen InfasUmfrage von 1991 hielten 47 % der Westdeutschen und gar 60 % der Ostdeutschen die Europawahl für „weniger wichtig“ oder „unwichtig“. Dementsprechend liegt die durchschnittliche Beteiligung bei Europawahlen in Deutschland bisher bei etwa 61 Prozent, während sie bei Landtagswahlen über 70 und bei Bundestagswahlen regelmäßig über 80 Prozent liegt. Vermeintliche oder tatsächliche Fehlentwicklungen wie das Verhalten der EU beim Konflikt im ehemaligen Jugoslawien zeigen, dass sich die EU schwer tut, eine gemeinsame europäische Außenpolitik zu entwickeln. Das Europäische Parlament trägt daran jedoch keine Schuld, denn verantwortlich für die Außenpolitik sind die nationalen Regierungen, die im Ministerrat (dem „Rat der Europäischen Union“) die wichtigsten Entscheidungen treffen. Der Ministerrat (Rat der Europäischen Union). Neben der Kommission ist der Rat das eigentliche Machtzentrum der Europäischen Union. Er ist in allen Politikbereichen, manchmal gemeinsam mit dem Parlament, zur Rechtssetzung befugt. Er fasst die Beschlüsse, an die alle Mitgliedsländer gebunden sind. Im Rat haben alle Mitgliedsstaaten einen Sitz. Bei Beschlüssen verfügen sie jedoch über unterschiedlich viele Stimmen. Je nach den Sachthemen, die behandelt werden, treffen sich die jeweils zuständi- 6 gen Minister, beispielsweise als „Rat der Agrarminister“ oder „Rat der Verkehrsminister“. Obwohl er ein Organ ist, gibt es den Rat also in rund zwanzig Versionen. Wenn der Rat über einen Sachgegenstand abstimmt, geschieht dies entweder mit einfacher Mehrheit (relativ selten), qualifizierter Mehrheit (62 von 87 Stimmen) oder – in wichtigen, für die Mitgliedsstaaten sensiblen Bereichen – einstimmig. Bei Beschlüssen mit qualifizierter Mehrheit werden die Stimmen je nach Bevölkerungsgröße der Staaten gewichtet – allerdings nur ungenau (siehe obiges Schaubild). Der EG- und der EU-Vertrag regeln, in welchen Fällen welches Abstimmungsverfahren anzuwenden ist. Das Letztentscheidungsrecht des Rats in allen Bereichen der EU-Politik ist ein Demokratieproblem, weil der Rat ein Organ der nationalen Regierungen ist. Diese sind zwar demokratisch legitimiert, weil sie aus direkt vom Volk gewählten Parlamenten hervorgegangen sind. In allen EU-Staaten liegt das Gesetzgebungsrecht aber bei den Parlamenten selbst. Sie haben auch das Recht, die Regierungen zu kontrollieren. Bei der EU wird dieses Prinzip umgekehrt: Hier verwandeln sich die nationalen Regierungen als „Rat der Europäischen Union“ in europäische Gesetzgeber. Dies wäre annehmbar, wenn das EP bei der europäischen Rechtssetzung immer volle Mitentscheidungsrechte hätte, was bisher nicht der Fall ist. Die Europäische Kommission. Sie ist im Gegensatz zum Rat ein überstaatliches Organ. Ihre Mitglieder, die Kommissare, sind von den nationalen Regierungen unabhängig, obwohl sie von diesen entsandt werden. Obwohl sie keine echte Regierung ist, nimmt die Kommission die Aufgaben einer Regierung wahr: Sie ist für die Durchführung des Gemeinschaftsrechts zuständig. Als “Hüterin der Verträge” hat sie darauf zu achten, dass die Bestimmungen des EG- und des EU-Vertrags sowie die Beschlüsse der EU-Organe eingehalten werden. Hat die Kommission den Verdacht, dass ein Mitgliedsstaat seine Verpflichtungen verletzt, kann sie ihn auffordern, Stellung zu nehmen und für Abhilfe zu sorgen. Kommt der Staat dieser Aufforderung innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht nach, kann die Kommission ihn beim Europäischen Gerichtshof verklagen. Die Kommission stellt den Haushaltsentwurf auf, verwaltet die Fonds und Programme der EU, vertritt die Interessen der Union in den internationalen Organisationen und gegenüber anderen Staaten, verhandelt mit beitrittswilligen Ländern, ist die Unterhändlerin der Europäischen Union bei der Welthandelsorganisation (WTO) und schließt Handelsabkommen mit Nicht-EU-Staaten. Der Präsident der Kommission vertritt die Union nach außen. Die starke Stellung der Kommission beruht auf ihrem Initiativmonopol. Nur sie kann Rechtssetzungsvorschläge ausarbeiten. Ministerrat und Parlament können erst tätig werden, wenn die Kommission ihnen einen Entwurf zur Beratung zugeleitet hat. Beide können die Kommission lediglich auffordern, Vorschläge zu bestimmten Themen vorzulegen. Hier liegt ein weiterer Aspekt des Demokratiedefizits der Europäischen Union: In allen Mitgliedsstaaten ist es selbstverständlich, dass (neben der Regierung) das Parlament Initiativen zur Gesetzgebung ergreifen kann. Auf europäischer Ebene liegt das ausschließliche Initiativrecht bei einem demokratisch nur indirekt legitimierten Organ. Zeichnung: Mester 7 4. Das Wahlverfahren zum Europäischen Parlament Europäisches Recht Bereits 1957 wurde festgelegt, dass das künftige Europäische Parlament (EP) nach einem einheitlichen Verfahren direkt von den Bürgern gewählt werden solle. Aber erst im Dezember 1974 erklärten sich die Regierungschefs der damals neun EGStaaten zu allgemeinen und unmittelbaren Wahlen bereit. Viereinhalb Jahre später, im Juni 1979, fand der erste Urnengang statt. Seitdem ist das EP das einzige direkt von den Bürgern der Mitgliedsstaaten gewählte europäische Organ. Ein einheitliches Wahlsystem für das Europäische Parlament gibt es bis heute nicht. Das EP hat zwar gemäß Artikel 190 Abs. 4 des EG-Vertrags den Entwurf eines Wahlverfahrens, das „im Einklang mit den allen Mitgliedsstaaten gemeinsamen Grundsätzen“ steht, ausgearbeitet und im Juli 1998 gebilligt. Der Rat muss das Regelwerk aber einstimmig beschließen, und das ist bisher nicht geschehen. Die bisherigen Grundlagen gelten daher weiterhin. Grundsätze. Am 20. September 1976 erließ der Rat einen Rechtsakt „zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments“. Er enthält zentrale Bestimmungen zum Wahlrecht, aber auch zu den Rechten und Pflichten der Parlamentarier. Damit bildet er neben dem EG-Vertrag die bedeutendste rechtliche Grundlage für die Wahlen zum EP. Die wichtigsten Regelungen im Einzelnen: • Bis zur Einführung eines gemeinsamen Wahlverfahrens wird nach den jeweiligen nationalen Vorschriften gewählt. • Die Abgeordneten werden auf fünf Jahre gewählt. • Die Wahlperiode beginnt mit der Eröffnung der ersten Sitzung nach einer Wahl. • Für die Wahl wird ein Zeitraum zwischen Donnerstag und dem unmittelbar folgenden Sonntag festgelegt. Jeder Mitgliedsstaat muss die Wahl an einem dieser vier Tage durchführen. • Die Stimmen dürfen in allen Staaten erst ausgezählt werden, wenn am Abend des letzten Wahltags die Wahllokale geschlossen haben. • Bei der Wahl zum EP darf jeder Wähler nur einmal wählen. • Die Abgeordneten verfügen über ein freies Mandat; sie sind nicht an Aufträge und Weisungen gebunden. • EP-Abgeordnete dürfen gleichzeitig dem Parlament eines EU-Staates angehören. Sie dürfen jedoch nicht Mitglied einer nationalen Regierung, der Kommission, des Europäischen Gerichtshofs, des Europäischen Rechnungshofs, des Wirtschafts- und Sozialausschusses oder der EUVerwaltung sein. Zeichnung: Löffler Seit der Einführung der Unionsbürgerschaft „besitzt jeder Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, in dem Mitgliedsstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, das aktive und passive Wahlrecht“ (Art. 19 Absatz 2 EG-Vertrag). Dabei gelten für ihn dieselben Bedingungen wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedsstaats. Diese Regelung gibt allen Bürgerinnen und Bürgern der EU unabhängig davon, in welchem Land der Union sie wohnen, das Recht, bei den Wahlen zum EP zu wählen und gewählt zu werden. Sie können ihr Wahlrecht also entweder im Wohnsitz- oder im Herkunftsland ausüben, müssen sich aber für eine der beiden Möglichkeiten entscheiden. Wenn sie an ihrem Wohnsitz wählen wollen, müssen sie ausdrücklich die Aufnahme ins dortige Wählerverzeichnis beantragen und erklären, dass sie nur dort wählen oder kandidieren wollen. Bei den Europawahlen gilt, nachdem das britische Parlament im Januar 1999 das Verfahren für England, Schottland und Wales gebilligt hat, überall in der EU das Verhältniswahlrecht. Zwischen den einzelnen Verhältniswahlsystemen gibt es jedoch Unterschiede. Geplante Änderungen. Der Entwurf eines neuen Europawahl-Rechtsaktes schreibt für die EPWahlen das Verhältniswahlrecht auf der Grundlage von Listen verbindlich vor. Darüber hinaus wird er, wenn der Rat ihn erläßt, folgende Neuerungen bringen: • Die Grundsätze der allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl, die wir von Grundgesetz und den deutschen Wahlgesetzen kennen, werden formell ins europäische Wahlrecht übernommen. Im EU-Recht waren bisher nur die beiden ersten Prinzipien verankert. • Mitgliedsstaaten über 20 Millionen Einwohnern müssen, Staaten bis zu 20 Millionen können Wahlkreise für die EP-Wahlen einrichten. Diese Regelung soll ab der Wahl 2004 gelten. • Für die Verteilung der EP-Mandate auf die einzelnen Listen kann jedes EU-Land eine Sperrklausel festlegen, die jedoch nicht höher als fünf Prozent 8 der landesweit abgegebenen gültigen Stimmen liegen darf. • EP-Abgeordnete dürfen nicht mehr gleichzeitig dem Parlament eines EU-Staates angehören. Auch der neue Rechtsakt wird kein einheitliches Wahlverfahren bringen, sondern nur eine Angleichung der 15 nationalen Wahlsysteme. Er schafft einen für alle Mitgliedsstaaten verbindlichen Rahmen, der auch in Zukunft gewisse Abweichungen ermöglicht. Die nationalen Europawahlgesetze werden also in geänderter Fassung bestehen bleiben. Wichtige Begriffe zur Europawahl Verhältniswahlsystem: Jede Partei erhält so viele Mandate, wie es ihrem prozentualen Anteil an den abgegebenen gültigen Stimmen entspricht. Wenn es keine Sperrklausel gibt, gleicht die Zusammensetzung des Parlaments also genau der Verteilung der Stimmen auf die Parteien, die zur Wahl angetreten sind. Auf diese Weise kommt der Wählerwille am ehesten zur Geltung. Listen: Bei den Europawahlen werden alle Abgeordneten über Listen gewählt. Diese sind die Wahlvorschläge der Parteien. Die Kandidaten und Kandidatinnen sind in einer eindeutigen Reihenfolge genannt, in der ihnen die auf die Liste entfallenden Mandate zustehen. Die Listen umfassen entweder das gesamte Wahlgebiet oder einen Teil desselben. Nach dem deutschen Europawahlgesetz kann jede Partei entweder „Listen für ein Land“ (Landeslisten) oder eine „Gemeinsame Liste für alle Länder“ (Bundesliste) aufstellen. Die Europawahl in Deutschland Für die Wahl der deutschen Abgeordneten des EP gilt das Europawahlgesetz (EuWG) vom 16. Juni 1978, zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. März 1994. Wer darf wählen? Die Bundesrepublik Deutschland hat rund 82 Millionen Einwohner. Von ihnen sind nach Schätzungen des Statistischen Bundesamts etwa 60,8 Millionen volljährige Männer und Frauen mit deutscher Staatsbürgerschaft wahlberechtigt. Wählen dürfen auch mindestens 18 Jahre alte Unionsbürger, die ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben und in das Wählerverzeichnis eingetragen sind. Listen. Die Bundesrepublik Deutschland stellt 99 Abgeordnete im Europäischen Parlament. Sie werden nach der Verhältniswahl auf der Grundlage von Listen gewählt. Jede Partei, die zur Wahl antritt, kann nach § 2 Absatz 1 des Europawahlgesetzes entweder „Listen für ein Land“ (Landeslisten) oder eine „Gemeinsame Liste für alle Länder“ (Bundes- Sperrklausel: Bei der Verteilung der Mandate werden nur diejenigen Parteien berücksichtigt, die einen bestimmten Prozentsatz der abgegebenen gültigen Stimmen erreicht haben. Sperrklauseln sollen verhindern, dass – wie in der Weimarer Republik – viele kleine Splitterparteien ins Parlament gelangen und die Bildung stabiler, regierungsfähiger Mehrheiten erschweren. Das deutsche Europawahlgesetz enthält eine Sperrklausel von fünf Prozent. Wahlgrundsätze: Die deutschen EP-Abgeordneten werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt (§ 1 Abs. 1 Europawahlgesetz). Allgemein bedeutet, dass grundsätzlich alle volljährigen deutschen Staatsbürger sowie Unionsbürger, die in der Bundesrepublik wohnen und in das Wählerverzeichnis eingetragen sind, unabhängig von politischer und weltanschaulicher Überzeugung, Geschlecht, Rasse, Sprache, Religion oder Abstammung wählen und gewählt werden können. Unmittelbar ist die Wahl deshalb, weil die Abgeordneten direkt gewählt werden und nicht über eine zwischengeschaltete Instanz wie z. B. ein Wahlmännergremium. Frei ist eine Wahl, wenn die Stimme ohne Zwang oder Druck abgegeben werden kann und es keine Wahlpflicht gibt, die Wähler also auch die Freiheit haben, nicht zu wählen. Die Wahl ist gleich, wenn jede Stimme gleich viel zählt, unabhängig von Bildung, Einkommen oder Vermögensverhältnissen des Wählers. Die Wahl findet geheim statt, wenn nicht feststellbar ist, wie der einzelne gewählt hat; Wahlkabine, Wahlurne und Stimmzettel im Umschlag gewährleisten das Wahlgeheimnis. Bei der Europawahl 1994 enthielt der Stimmzettel in BadenWürttemberg 24 Wahlvorschläge 9 liste) aufstellen. Von der ersten Möglichkeit machen nur CDU und CSU Gebrauch. Ersatzbewerber. Auf den Listen der Parteien kann zu jedem Kandidaten ein Ersatzbewerber aufgeführt werden. Scheidet ein Abgeordneter während einer Wahlperiode aus dem EP aus, erhält der Ersatzbewerber das Mandat. Steht kein Ersatzbewerber zur Verfügung, rückt derjenige Kandidat ins EP nach, der als erster nach den bereits gewählten Abgeordneten der Partei auf der Liste folgt. Stimmabgabe. Jeder Wähler hat nur eine Stimme, die er für die Liste einer Partei abgibt. Die Stimmabgabe erfolgt persönlich, und zwar in dem auf der Wahlbenachrichtigung genannten Wahllokal. Wer einen Wahlschein hat, kann auch durch Briefwahl oder in einem beliebigen Wahlbezirk des Stadt- oder Landkreises, in dem der Schein ausgestellt wurde, wählen. Mandatsverteilung. Die Mandate werden wie bei der Bundestagswahl nach dem Hare-Niemeyer-Verfahren auf die Parteien verteilt, wobei eine Sperrklausel von fünf Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen gilt. Im Gegensatz zu dem in einigen EUStaaten angewandten Höchstzahlverfahren nach d’Hondt ermöglicht das Hare-Niemeyer-Verfahren eine genauere Übertragung des Stimmenverhältnisses auf das Verhältnis der Sitze. Es ist für kleinere Parteien günstiger. Die baden-württembergischen Abgeordneten im Europäischen Parlament (Stand: März 1999) CDU Honor Funk, Siechberg 2, 88416 Ochsenhausen Telefon: (07352) 932 31, Fax: (07352) 932 33 Dr. Renate Heinisch, Kurpfalzstraße 37, 97944 Boxberg Telefon: (07930) 88 51, Fax: (07930) 88 52 Winfried Menrad, Sudetenweg 55, 74523 Schwäb. Hall Telefon: (0791) 520 30, Fax: (0791) 520 21 Dr. Konrad Schwaiger, Stadtgrabenstraße 25, 76646 Bruchsal Telefon: (07251) 121 75, Fax: (07251) 862 75 5. Wer vertritt uns heute in Straßburg? In der vierten Wahlperiode des EP von 1994 bis 1999 stellt die Bundesrepublik Deutschland 99 Abgeordnete. Davon gehören 47 der CDU/CSU an, 40 der SPD und 12 kommen von Bündnis 90/Die Grünen. Aus Baden-Württemberg sitzen elf Abgeordnete im EP: sieben von der CDU, drei von der SPD und einer von Bündnis 90/Die Grünen. Insgesamt 626 Abgeordnete gehören zur Zeit dem EP an. Das größte Kontingent stellt die Bundesrepublik Deutschland mit 99 Sitzen, das kleinste Luxemburg mit sechs. Schon diese beiden Zahlen verdeutlichen, dass der Schlüssel für die Verteilung der Mandate zwischen den 15 Mitgliedsstaaten deren Bevölkerungssumme nicht genau berücksichtigt. Während deutsche Abgeordnete durchschnittlich 821 000 Einwohner vertreten, sind es bei den Parlamentariern aus Luxemburg nur 67 000. Eine Vertretung streng nach dem Verhältnis der Bevölkerungsgrößen ist aber wegen der großen Unterschiede zwischen den Staaten gar nicht möglich. Die kleineren Länder würden sonst im Parlament bedeutungslos. Der Amsterdamer Vertrag schiebt dem Diemut R. Theato, Wiesenweg 21, 69151 Neckargemünd-Waldhilsbach Telefon: (06223) 34 77, Fax: (06223) 732 40 Rainer Wieland, Weilimdorfer Straße 74, 70839 Gerlingen Telefon: (07156) 92 53 20, Fax: (07156) 92 53 92 Dr. Karl von Wogau, Leo-Wohleb-Straße 6, 79098 Freiburg Telefon: (0761) 218 08 41, Fax: (0761) 218 08 71 SPD Dietrich Elchlepp, Adlerstraße 19, 79098 Freiburg Telefon: (0761) 28 80 45, Fax: (0761) 28 80 46 Evelyne Gebhardt, Lehmgrubengasse 1, 74653 Künzelsau Telefon: (07940) 591 22, Fax: (07940) 591 44 Dr. Rolf Linkohr, Wilhelmsplatz 10, 70182 Stuttgart Telefon: (0711) 23 24 65, Fax: (0711) 23 66 178 Bündnis 90 / Die Grünen Wilfried Telkämper, Habsburgerstraße 9, 79104 Freiburg Telefon: (0761) 579 80, Fax: (0761) 525 18 Die FDP verfügte im Europäischen Parlament bis 1984 und von 1989 bis 1994 über Mandate, die Republikaner von 1989 bis 1994. 10 Die europäischen Parteienbündnisse verfügen allerdings nicht über eine den nationalen Parteien vergleichbare Organisationsstruktur. Ihr wichtigstes Ziel ist es, gemeinsame Programme oder zumindest Wahlplattformen für Europawahlen zu entwerfen. Daneben dienen sie als Bindeglied zwischen den entsprechenden EP-Fraktionen und den nationalen Parteien. Eine echte europäische Identität hat sich im EP bisher nicht durchgesetzt: eine EUweite politische Infrastruktur gibt es noch nicht. Das kann an der Sprachbarriere liegen oder am Unwillen der nationalen Parteiführungen, ihre Macht an europäische Leitungsgremien abzutreten. weiteren Anwachsen des EP beim Beitritt weiterer Staaten einen Riegel vor. Er beschränkt die Zahl der Mandate auf höchstens 700, egal wie viele Länder künftig aufgenommen werden. Die Fraktionen Mit Ausnahme von 37 Fraktionslosen gehören alle Abgeordneten des EP einer von insgesamt acht Fraktionen an. Diese richten sich nicht nach dem Herkunftsland der Parlamentarier, sondern nach deren Zugehörigkeit zu politischen Richtungen, sind also supranational angelegt. Die Größe der Fraktionen ist deshalb für die Politik des EP wichtiger als die Verteilung der Mandate auf die 15 Mitgliedsstaaten. Da es allerdings keine vom Parlament gewählte EU-Regierung gibt, kennt das EP den Gegensatz von Mehrheits- und Oppositionsfraktionen, der beispielsweise den Deutschen Bundestag prägt, nicht. Meist bilden sich im EP unterschiedliche Koalitionen nach bestimmten Sachthemen. So bestehen Interessengemeinschaften quer durch die Fraktionen ebenso wie gemeinsame nationale Positionen von Abgeordneten verschiedener Parteien in bestimmten Fragen. Nationale Loyalitäten spielen z. B. eine Rolle, wenn es um finanzielle Fragen oder um den Sitz einer EU-Institution geht. Bereits Mitte der siebziger Jahre, im Vorfeld der ersten Europawahl, schlossen sich die drei großen Parteienfamilien der westeuropäischen Demokratien zu Parteienbündnissen zusammen, die im EP als Fraktionen bestehen. Ihre heutigen Namen lauten: • Sozialdemokratische Partei Europas (SPE), • Europäische Volkspartei – Christdemokraten (EVP-CD) sowie • Liberale und Demokratische Partei Europas (LIBE). Im Laufe der Zeit entstanden neue Bündnisse, so 1993 die „Europäische Föderation Grüner Parteien“ (GRÜNE). Ergebnisse der Europawahlen in Baden-Württemberg (in Prozent) 1979 1984 1989 1994 CDU SPD GRÜNE FDP REP PDS Sonstige 52,3 34,3 4,5 8,1 50,9 27,3 10,1 7,1 39,3 29,1 10,0 7,2 8,7 0,7 4,6 5,8 42,0 26,6 13,2 5,2 5,9 0,5 6,7 11 Blitzlichter aus dem Europa-Wahlkampf von 1994 Bilder: dpa/AP 12 6. Parteien und Personen: Was steht zur Wahl? Nur die CDU hat eine Liste für Baden-Württemberg aufgestellt. Die anderen Parteien ziehen mit Bundeslisten in die Europawahl. Im Folgenden werden Auszüge aus den Listen veröffentlicht. Genannt sind hier Spitzenplätze sowie die ersten Plätze für Bewerber aus Baden-Württemberg. Soweit vorhanden, werden auch Ersatzkandidaten angegeben, weil sie beim Ausscheiden eines gewählten Abgeordneten nachrücken. Listen zur Europawahl 1999 Die Landesliste der CDU Baden-Württemberg Platz Kandidat/in 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Ersatzbewerber/in Rainer Wieland Christian von Stetten Diemut R. Theato Elke Schröder Dr. Karl von Wogau Wolfgang Dietz Elisabeth Jeggle Udo Glatthaar Winfried Menrad Andreas Zwickl Dr. Konrad Schwaiger Carsten Striebich Dr. Renate Heinisch Christina Metke Franz Josef Müller Dr. Inge Kley Dr. Jens Müller Dr. Karin Graf Petra Kunz Konrad Epple Eyke Peveling Brigitte Steinle Kirsten Alber Markus Scheu Marion Gentges Michael Hilser Anton Maurer Klaus May Dr. Martine Schöppner Thorsten Faulhaber Die Bundesliste der SPD Platz Kandidat/in 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 27 38 Ersatzbewerber/in Klaus Hänsch Brigitte Wucherpfennig Magdalene Hoff Birgit Sippel Willi Görlach Gernot Grumbach Karin Junker Harald Schrapers Christa Randzio-Plath Knut Fleckenstein Gerhard Schmid Werner Schieder Konstanze Krehl Margit Weihnert Wilfried Kuckelkorn Walter Ludwigs Mechtild Rothe Johannes Emmerich Rolf Linkohr* Horst Metzler* Evelyne Gebhardt* Ruth Weckenmann* Janine Millington-Hermann* Dietrich Elchlepp* * aus Baden-Württemberg Spitzenplätze bei den kleinen Parteien Grüne Heide Rühle* Wilfried Telkämper* (Platz 14) FDP Dr. Helmut Haussmann* PDS Sylvia-Yvonne Kaufmann REP (wählen am 28.3.1999) * aus Baden-Württemberg Warum Wählen sinnvoll ist Von Gerhart Maier Das geringe Interesse und die niedrige Beteiligung an den Wahlen zum Europäischen Parlament steht im Widerspruch zu der Bedeutung, die diese Wahlen für jeden einzelnen Unionsbürger haben. Mit Recht rufen deshalb in Deutschland die politischen Parteien, die Verbände und zahlreiche andere Institutionen alle Wahlberechtigten dazu auf, am 13. Juni 1999 von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen. Aus der Vielzahl von Gründen für eine Beteiligung an den Europawahlen werden hier einige genannt: • Die Europäische Union braucht die demokratische Legitimierung. Demokratie legitimiert sich im Parlament. Dazu sind demokratische Wahlen unabdingbar. Das Parlament hat als einzige europäische Institution eine vom Bürger unmittelbar verliehene Autorität; welches Gewicht sie hat, hängt entscheidend von der Zahl der Wählerinnen und Wähler ab. • Die Verlagerung von Politikbereichen von der einzelstaatlichen auf die europäische Ebene ist seit der Gründung der EWG im Jahre 1957 spürbar vorangeschritten. Immer mehr praktische Politik wird von der Europäischen Union gemacht. Die nationalen Parlamente haben darauf wenig Einfluß. Wichtige Entscheidungen fallen mehr und mehr in Brüssel oder in Straßburg. Ob wir dies in jedem Fall merken oder nicht – in vielen Fällen wird unsere tägliche Lebenswirklichkeit durch die EU bestimmt. • Das Europäische Parlament ist längst nicht mehr der „Papiertiger“ aus den Anfangsjahren der Europäischen Gemeinschaft; es hat sich vielmehr im Laufe der Zeit wichtige Mitentscheidungs- und Mitspracherechte erkämpft. Es kann daher den Bürgern nicht gleichgültig sein, welche Parteien und Personen im Europäischen Parlament Entscheidungen treffen, von denen sie unmittelbar betroffen sind. • Das Europäische Parlament ist bestrebt, das Demokratiedefizit zu verringern, das in der EU immer noch besteht. Es hat sich einen deutlichen Zuwachs an Mitwirkungsrechten erstritten. Die Wähler können die Abgeordneten in Straßburg darin unterstützen, indem sie an der Europawahl teilnehmen und so ihr Interesse an der Demokratisierung in Europa bekunden. • Die Straßburger Parlamentarier spielen eine wichtige Rolle bei der Verabschiedung des Haushalts der EU. Gerade weil Deutschland den größten Anteil zu diesem Haushalt beisteuert, müsste das den Deutschen ein Ansporn sein, durch ihre Richtungsentscheidung bei der Wahl die Haushaltsentscheidungen ihrem Interesse entsprechend zu beeinflussen. • Das EP ist berechtigt, die Arbeit der Kommission zu kontrollieren und diese gegebenenfalls durch ein Mißtrauensvotum zum Rücktritt zu zwingen. Durch ihr Wahlverhalten entscheiden die Wählerinnen und Wähler darüber, wer zum Kontrolleur bestellt wird und wie wirkungsvoll diese Kontrolle ausgeübt werden kann. • Das EP hat in der Vergangenheit immer wieder wichtige Impulse für die Weiterentwicklung der Europäischen Union gegeben. Das betraf vor allem die Durchsetzung der Gleichberechtigung von Mann und Frau, die Verbesserung des Umweltschutzes, die Si- 13 cherung der Menschenrechte und der sozialen Rechte. Es ist wichtig, welcher politischen Richtung der Ausbau Europas anvertraut wird; auch hier können die Wahlberechtigten Weichen für die Zukunft stellen. • Die gewählten Europaabgeordneten betreuen jeweils eine bestimmte Region in Deutschland; sie sind der unmittelbare und wichtigste Ansprechpartner für die Menschen in der Region in allen Fragen der Europapolitik; die Bürgerinnen und Bürger haben es in der Hand, durch ihr Votum zu entscheiden, welcher politischen Partei ihr jeweiliger Ansprechpartner angehört. • Die Anhänger radikaler und extremistischer Parteien auf der rechten oder linken Seite des Parteienspektrums sind in hohem Maße bereit, zur Wahl zu gehen. Eine niedrige Wahlbeteiligung stärkt daher die Position der Extremen im EP. Eine hohe Wahlbeteiligung bei der Europawahl relativiert die Wirksamkeit radikaler oder extremistischer Stimmen oder führt dazu, dass diese Parteien an der Fünf-Prozent-Klausel scheitern. Wer wählen geht, stärkt die Demokratie. Entscheidungsverfahren der Europäischen Union • Das Mitentscheidungsverfahren. Es wurde 1993 durch den Vertrag von Maastricht in den EG-Vertrag aufgenommen (Art. 251 der Amsterdamer Fassung von 1997). Nach dem Vertragstext sind Rat und EP im Mitentscheidungsverfahren vollständig gleichberechtigt. Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass – im Gegensatz zu den übrigen Verfahren – beide Organe die Rechtsakte formell erlassen und nicht nur der Rat allein. Das EP kann auf verschiedenen Stufen des Verfahrens einen Rechtssetzungsvorschlag ablehnen und damit endgültig scheitern lassen. Der Amsterdamer Vertrag hat den Anwendungsbereich des Mitentscheidungsverfahrens erheblich erweitert. • Das Verfahren der Zusammenarbeit. Es wurde 1987 eingeführt (Art. 252 des EG-Vertrags in der Amsterdamer Fassung von 1997) und ermöglicht dem EP einen aufschiebenden Einspruch. Der Vertrag von Amsterdam überführt seine Anwendungsbereiche fast vollständig in das Verfahren der Mitentscheidung, so dass das Verfahren der Zusammenarbeit künftig nur noch bei Bestimmungen über die Wirtschafts- und Währungsunion angewandt wird. • Das Zustimmungsverfahren. Bestimmte Abkommen und Beschlüsse können nur in Kraft treten, wenn das EP ihnen mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder zustimmt. Eine neuberufene Kommission muss sich vor dem Beginn ihrer fünfjährigen Amtszeit als Kollegium dem Votum des EP stellen; nach dem Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrags ist überdies die gesonderte Zustimmung des Parlaments zur Ernennung des Präsidenten erforderlich. Völkerrechtliche Verträge sowie Abkommen über den Beitritt oder die Assoziierung von Staaten zur Union können nur in Kraft treten, wenn das Parlament sie mit der Mehrheit seiner Mitglieder billigt. • Das Anhörungsverfahren: Hier kann das EP Stellungnahmen und Änderungsanträge zu Vorschlägen der Kommission formulieren. Der Rat muss sie aber nicht berücksichtigen, sondern entscheidet allein. Bis in die siebziger Jahre hinein galt dieses Verfahren generell. Inzwischen ist sein Anwendungsfeld stark geschrumpft, umfasst aber immer noch wichtige Bereiche wie Steuern, Wettbewerbsregeln und Änderungen des EG- und des EU-Vertrags. Italien. Wahlplakate zu den Europawahlen 1989. Bild: Gerhart Maier 7. Die Rolle des Europäischen Parlaments Das Europäische Parlament wirkt bei der Rechtssetzung der Europäischen Union mit, billigt bestimmte Abkommen und Beschlüsse (oder lehnt sie ab), entscheidet in Haushaltsfragen mit und kontrolliert die anderen EU-Organe, insbesondere die Kommission. Rechtssetzung. Insgesamt fünf verschiedene Entscheidungsverfahren sind im EG-Vertrag vorgesehen. Er regelt im einzelnen, welches Verfahren in welchen Politikbereichen anzuwenden ist. Die Verfahren unterscheiden sich im wesentlichen darin, wie stark das EP an den Beschlüssen des Rats beteiligt wird. • Das Haushaltsverfahren. Das EP teilt sich mit dem Rat das Recht, über den jährlichen Haushaltsplan der EU zu entscheiden. Bei Ausgaben, die sich nicht unmittelbar aus dem EG-Vertrag ergeben, darf das EP mit der Mehrheit seiner Mitglieder Änderungen beschließen. Außerdem kann das Parlament den Entwurf als Ganzes ablehnen und den Rat auffordern, einen neuen vorzulegen, was bisher zweimal – 1979 und 1985 – vorgekommen ist. In diesem Fall sind zwei Drittel der abgegebenen Stimmen und die Mehrheit der EP-Mitglieder erforderlich. 14 Gegenüber dem Rat, dessen Mitglieder in erster Linie den nationalen Parlamenten verantwortlich sind, hat das EP kein direktes Kontrollrecht, wohl aber das Recht auf Information und Anhörung. Zu Beginn ihrer Amtszeit erläutert jede Ratspräsidentschaft ihr Programm dem EP und erstattet ihm nach Ablauf der Amtsperiode Bericht über die Tätigkeit. Vorschläge zur Weiterentwicklung der Rolle des Europaparlaments Zeichnung: Mester Kontrollrechte des Parlaments gegenüber anderen EU-Organen Gegenüber der Kommission hat das EP ein direktes Kontrollrecht. So muss es die Umsetzung des Haushaltsplans durch die Kommission überprüfen, insbesondere die tatsächliche Höhe der Ausgaben. Mit einem Misstrauensvotum kann es sogar das ganze Gremium (nicht aber einzelne Kommissare) zum Rücktritt zwingen. Hierfür sind zwei Drittel der abgegebenen Stimmen und die Mehrheit der EP-Mitglieder nötig. In jüngster Zeit hat das Parlament von diesen Rechten in ungewohnt spektakulärer Weise Gebrauch gemacht. Zunächst verweigerte es der Kommission am 17. Dezember 1998 wegen verschiedener Betrugs- und Korruptionsaffären die Entlastung für die Haushaltsführung im Jahr 1996. Ein anschließend eingebrachter Misstrauensantrag scheiterte jedoch am 14. Januar 1999 nach einigen politischen Zugeständnissen des Kommissionspräsidenten Jacques Santer mit 232 von 552 abgegebenen Stimmen. Einen Tag nach Vorlage eines Ausschussberichtes trat die gesamte EU-Kommission am 16.3.1999 zurück. Die Abgeordneten können schriftliche Anfragen an die Kommission oder den Rat richten, die diese beantworten müssen. Bei jeder Sitzung des Europäischen Parlaments findet eine Fragestunde statt, in der Mitglieder der Kommission und der amtierende Ratspräsident Rede und Antwort stehen müssen. Das Parlament kann auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder einen Untersuchungsausschuss einsetzen, der „behauptete Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht oder Missstände bei der Anwendung desselben prüft“ (Art. 193 EG-Vertrag). Ein Beispiel hierfür sind zwei Untersuchungsausschüsse zur Rinderseuche BSE, die 1996/97 arbeiteten. Außerdem kann das EP beim Europäischen Gerichtshof eine Untätigkeitsklage gegen Kommission oder Rat einreichen, falls diese in bestimmten Bereichen nicht tätig werden, obwohl die Verträge es vorschreiben. Den Gerichtshof kann das EP auch anrufen, wenn es der Überzeugung ist, dass andere Organe die Rechte des Parlaments missachten. In den Jahren 1996 und 1997 fand die Regierungskonferenz zur Vertiefung der europäischen Integration und zur Erweiterung der Europäischen Union um Malta und einige osteuropäische Staaten statt (Maastricht II). Die Beratungen während dieser Konferenz führten zum Vertrag von Amsterdam, der am 2. Oktober 1997 von den Staats- und Regierungschefs der EU unterzeichnet worden ist. Zu der Konferenz lagen zahlreiche Vorschläge zur Verbesserung der Zusammenarbeit der EU-Institutionen vor. Hier interessieren vor allem Anregungen, welche vom Europäischen Parlament und seinen Ausschüssen eingebracht worden sind. Die bisherige Integrationsgeschichte lehrt, dass es dem Parlament – meistens in einem mühsamen und langwierigen Prozess – oft gelungen ist, seine Forderungen nach dem Ausbau seiner Kompetenzen zu verwirklichen. Dahinter steckt die Erfahrung, dass es sich bei der europäischen Einigung nicht um ein fertiges Gebilde handelt, sondern um einen Prozess, dessen Ende bisher keineswegs in allen Einzelheiten feststeht. Vorschläge zur Aufwertung des Europäischen Parlaments • volle Mitentscheidung des Parlaments bei allen Aktivitäten und Gesetzgebungsakten der Gemeinschaft, d.h. Gleichberechtigung mit dem Ministerrat • volles Haushaltsrecht, d. h. Mitentscheidung auch beim Agrarhaushalt der EU (fast die Hälfte aller Ausgaben) und Mitsprache auf der Einnahmenseite • uneingeschränktes Recht auf Mitentscheidung bei Vertragsänderungen (Zustimmung oder Ablehnung) • Initiativrecht des Parlaments: Einbringung von Gesetzesvorschlägen in den Entscheidungsprozess • Ergänzung des Vetorechts des Parlaments durch ein „positives Mitwirkungsrecht“ am Gesetzgebungsverfahren in allen seinen Stadien • Begrenzung der Zahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments auf höchstens 700 Abgeordnete – auch nach dem Beitritt weiterer Staaten (im Vertrag von Amsterdam festgeschrieben) • direkte Wahl des Kommissionspräsidenten durch das Parlament • Einführung des individuellen Misstrauensvotums gegen einzelne Mitglieder der EU-Kommission. Zusammenstellung: Gerhart Maier 15 Die Europäische Strukturkommission, die sich aus Politikern und Wissenschaftlern zusammensetzt, stellt zu den Forderungen des Europaparlaments fest: „Die Union ist ... zu einem Zwei-KammerSystem weiterzuentwickeln, bei dem die eine Kammer aus dem Europäischen Parlament und die andere aus dem Rat der Union als europäische Staatenkammer gebildet wird. Indem alle wesentlichen Entscheidungen der Union gleichberechtigt von diesen beiden Kammern getroffen werden, können das demokratische und das föderale Prinzip miteinander verbunden werden.“ (Europäische Strukturkommission: Europa ’96. Reformprogramm für die Europäische Union, in: Weidenfeld, Werner (Hrsg.): Reform der Europäischen Union, Gütersloh 1995, S. 40) Welche Reformen sollen sein? Entscheiden Sie selbst! Kreuzen Sie an, was Sie für richtig halten und begründen Sie Ihre Entscheidung. Denken Sie dabei an den Ausbau der Demokratie in Europa, an die Folgen für die Entscheidungsverfahren auf europäischer Ebene und den Fortgang der europäischen Einigung. Konzeption: Gerhart Maier Dafür 1. Die Europawahlen sollen nicht alle fünf, sondern wie die Bundestagswahlen alle vier Jahre stattfinden. 2. Für die Europawahlen soll in allen Mitgliedstaaten ein einheitliches Verfahren gelten. 3. Der Termin der Europawahlen soll nicht mit dem Termin anderer Wahlen zusammenfallen. 4. Die Mitglieder des Europaparlaments sollen nicht direkt gewählt, sondern aus den nationalen Parlamenten entsandt werden. Konsens-Destillation zu Brüssel Zeichnung: Mester 8. Literaturhinweise Bergmann, Jan / Lenz, Christofer (Hrsg.): Der Amsterdamer Vertrag. Eine Kommentierung der Neuerungen des EUund EG-Vertrages. Köln: Omnia-Verlag, 1998 Fritzler, Marc / Unser, Günther: Die Europäische Union. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 1998 Jachtenfuchs, Markus / Kohler-Koch, Beate (Hrsg.): Europäische Integration. Opladen: Leske + Budrich, 1996 Korte, Karl-Rudolf: Wahlen in der Bundesrepublik Deutschland. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 1998 Maurer, Andreas: Regieren nach Maastricht: Die Bilanz des Europäischen Parlaments; in: integration 1998/4, S. 212–224 Mickel, Wolfgang W. (Hrsg.): Handlexikon der Europäischen Union. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln: Omnia-Verlag, 1998 Pfetsch, Frank R.: Die Europäische Union. Geschichte, Institutionen, Prozesse. München: Wilhelm Fink Verlag, 1997 Thiel, Elke: Die Europäische Union. 5., völlig neugestaltete Auflage, München: Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, 1997 Weidenfeld, Werner / Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Europa von A–Z. Taschenbuch der europäischen Integration. 6. Auflage, Bonn: Europa Union Verlag, 1997 5. Für die Europawahlen soll Wahlpflicht für alle Wahlberechtigten eingeführt werden. 6. Das Europaparlament soll nicht mehr als 500 Mitglieder haben. 7. Das EP hat genügend Mitwirkungsrechte; sie sollen nicht erweitert werden. 8. Die Mitgliedstaaten sollen ihrer Bevölkerungszahl entsprechend im EP vertreten sein. 9. Jeder Mitgliedstaat sollte mindestens sechs Abgeordnete in das EP entsenden dürfen. 10. Abgeordnete, die Mitglied in einem nationalen Parlament sind, sollten nicht auch noch für das EP kandidieren dürfen. 11. Das EP soll gleichberechtigt mit dem Ministerrat der EU an allen Entscheidungen beteiligt werden. DaKeine gegen Meinung 16 9. Abschlusstest Was stimmt? Kreuzen Sie bitte jeweils eine der drei Spalten an. 5 Richtig Falsch Weiß nicht 1. Der EU gehören zwölf europäische Staaten an. 4 2. Die Europawahl 1999 findet in allen Mitgliedstaaten am Sonntag, 13. Juni, statt. 3 1 3. Schon 1957 gab es die erste Direktwahl zum Europäischen Parlament. 2 12 13 14 15 4. Die Wahlen zum EP finden alle fünf Jahre statt. 6 11 5. Die Wahlberechtigten dürfen ihre Stimme bei den EPWahlen nur in ihrem Heimatland abgeben. 8 9 6. Die Europawahlen werden in Deutschland nach dem Verhältniswahlrecht durchgeführt. 10 7 7. Dem EP gehören zur Zeit 700 Abgeordnete an. Nr. 8. Jeder Mitgliedstaat hat die gleiche Zahl von Abgeordneten im EP. Staat Hauptstadt 1 2 3 9. Im EP schließen sich die Abgeordneten in länderübergreifenden Fraktionen zusammen. 4 5 6 10. Das EP ist der eigentliche Gesetzgeber der Europäischen Union. 7 8 11. Das EP kann der Kommission das Misstrauensvotum aussprechen. 9 10 12. Das EP kann keine Gesetzesinitiativen in den EUEntscheidungsprozess einbringen. 12 11 13 Gerhart Maier 14 15 Impressum »PU aktuell« wird von der Landeszentrale für politische Bildung (LpB) herausgegeben und erscheint in unregelmäßiger Reihenfolge als Beilage der Zeitschrift »Politik und Unterricht«. Direktor der Landeszentrale: Siegfried Schiele Redaktion: Otto Bauschert, Anschrift: LpB Baden-Württemberg, Stafflenbergstraße 38, 70184 Stuttgart, Telefax (0711) 23 71 496 Manuskript: Andreas Knoll. Weitere Mitarbeit: Gerhart Maier und Sylvia Rösch Bestellungen weiterer Exemplare bitte nur schriftlich an die LpB Baden-Württemberg, Frau Sylvia Rösch, Stafflenbergstraße 38, 70184 Stuttgart, Telefax (0711) 23 71 496. Die Hefte werden innerhalb von Baden-Württemberg kostenlos abgegeben. Andere Interessenten wenden sich bitte direkt an: Neckar-Verlag GmbH, Postfach 18 20, 78008 Villingen-Schwenningen, Telefax (07721) 89 87 50