Technische Mechanik III Die Kinetik starrer KÄ orper ist eine wichtige Grundlage fÄ ur Ingenieure. Nach der Kinematik werden die kinetischen Grundgleichungen sowie Arbeit und Energie fÄ ur starre KÄ orper formuliert und angewandt. Auf dieser Basis werden Probleme der Maschinendynamik, wie Auswuchten und mechanische Schwingungen behandelt. Teil I enthÄ alt die Statik, Teil II die Festigkeitslehre. Technische Mechanik III Kinetik starrer Körper Werner Hübner, Thomas Schmid Fachbereich 05, Studiengang Verfahrenstechnik Papier und Verpackung c VervielfÄ ° altigung nur mit Zustimmung des Autors 200414 Fachhochschule München Munich University of Applied Sciences 2 3 Inhaltsverzeichnis von TM III 1 Kinematik des Massenpunktes 1.1 Bewegung in kartesischen Koordinaten . . . . 1.2 Bewegung in Zylinderkoordinaten . . . . . . . 1.3 Die ebene Kreisbewegung . . . . . . . . . . . 1.3.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Umfangs- und Winkelgeschwindigkeit 1.3.3 Zentripetalbeschleunigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 8 9 11 11 11 13 2 Kinematik des starren KÄ orpers 2.1 Freiheitsgrade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Der Vektor der Winkelgeschwindigkeit . . . . . . . 2.2.1 Drehung um eine feste Achse . . . . . . . . 2.2.2 Drehung um einen Fixpunkt . . . . . . . . 2.2.3 Allgemeine Bewegung eines starren KÄ orpers 2.2.4 Addition von Winkelgeschwindigkeiten . . . 2.2.5 Zusatzbedingung . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Die ebene Bewegung, der Momentanpol . . . . . . 2.3.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Das rollende Rad . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Planetengetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 14 16 16 17 18 19 20 21 21 22 25 . . . . . 28 28 28 29 32 35 . . . . . . . . . . . . 3 Die Grundgesetze der Kinetik 3.1 Impuls und Drall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Impuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Drall oder Drehimpuls . . . . . . . . . . . . . 3.2 Das 1. kinetische Grundgesetz, der Schwerpunktsatz 3.3 Das 2. kinetische Grundgesetz, der Drallsatz . . . . . . . . . . . . . . . 4 Arbeit, Energie und Leistung 4.1 Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 De¯nition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Beispiel Reibung . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Beispiel Schwerkraft . . . . . . . . . . . . . 4.1.4 Beispiel Feder . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Potenzielle Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Energie und Leistung beim Massenpunkt . . . . . . 4.3.1 Das Beispiel des freien Falls . . . . . . . . . 4.3.2 Die kinetische Energie . . . . . . . . . . . . 4.3.3 Arbeitssatz und Energieerhaltungssatz . . . 4.3.4 Die Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Energie und Leistung beim starren KÄ orper . . . . . 4.4.1 Die Arbeit beim starren KÄ orper . . . . . . . 4.4.2 Die kinetische Energie beim starren KÄ orper 4.4.3 Arbeits- und Energieerhaltungssatz . . . . . 4.4.4 Die Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 38 38 39 40 40 41 42 42 43 44 44 45 45 46 47 47 5 Kinetik der reinen Translation 5.1 Der schiefe Wurf . . . . . . . 5.2 Raketenbewegung . . . . . . . 5.3 Satellitenbewegung . . . . . . 5.4 BewegungswiderstÄ ande . . . . 5.4.1 Gleitreibung . . . . . 5.4.2 Viskose Reibung . . . 5.4.3 Luftwiderstand . . . . 5.4.4 Der Rollwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 48 49 50 52 52 53 53 54 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 5 6 Kinetik der ebenen Bewegung 6.1 Das Rad auf der schiefen Ebene . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1 Schwerpunktsatz und Drallsatz . . . . . . . . . . . 6.1.2 Kinematische ZusammenhÄ ange bei reinem Rollen . 6.1.3 Geschwindigkeit, Weg und Zeit . . . . . . . . . . . 6.1.4 Rollen mit Gleiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Vorgehen bei der Berechnung ebener kinetischer Probleme 6.2.1 LÄ osung mit dem Schwerpunktsatz und Drallsatz . 6.2.2 LÄ osung mit dem Arbeitssatz oder dem Energieerhaltungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Das Beispiel ScheibenrÄ ader und Seile . . . . . . . . . . . . 6.3.1 LÄ osung mit dem Schwerpunktsatz und Drallsatz . 6.3.2 LÄ osung mit dem Energieerhaltungssatz . . . . . . . 56 56 56 56 58 59 60 60 7 MassentrÄ agheitsmomente 7.1 Drall und TrÄ agheitsmomente . . . . . . . . . . . . 7.2 Symmetrie und HaupttrÄ agheitsmomente . . . . . . 7.3 Parallel verschobene Achsen, der Steinersche Satz 7.4 Zusammengesetzte KÄ orper . . . . . . . . . . . . . . 7.5 Wichtige TrÄ agheitsmomente . . . . . . . . . . . . . 7.6 MassentrÄ agheitsmomente bei gedrehten Achsen . . . . . . . . 70 70 72 75 76 78 82 . . . . . 84 84 86 87 88 88 8 Fliehkraft und Unwucht 8.1 Die Fliehkraft . . . . . 8.2 Statische Unwucht . . 8.3 Dynamische Unwucht Ä 8.4 Uberlagerung . . . . . 8.5 Rotor mit Schieflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 64 64 68 9 Freie, ungedÄ ampfte Schwingungen 9.1 Grundbegri®e am Feder-Masse-Schwinger 9.2 Freie, ungedÄ ampfte Schwingungen . . . . 9.2.1 Mathematisches Pendel . . . . . . 9.2.2 KÄ orperpendel . . . . . . . . . . . . 9.2.3 Drehpendel . . . . . . . . . . . . . 9.2.4 Stab . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.5 Balken . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.6 Torsion . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.7 Zusammengesetzte Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 90 93 93 94 94 96 96 97 97 10 Sonstige Schwingungen 99 10.1 Erzwungene Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 10.2 Der Ein°uss der DÄ ampfung . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 10.3 Koppelschwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 11 Sto¼probleme 106 11.1 Der gerade, zentrale Sto¼ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 11.2 Der gerade, exzentische Sto¼ . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Literatur 112 6 7 Vorwort Dieser Teil der Technische Mechanik, die Kinetik starrer KÄorper beginnt mit der Kinematik, deren VerstÄ andnis grundlegend fÄ ur die Kinetik ist. Die Herleitungen der wichtigsten Gleichungen werden mathematisch und axiomatisch korrekt durchgefÄ uhrt. Sie werden so geschrieben, dass sie auch fÄ ur die LÄ osung echt dreidimensionaler Probleme verwendet werden kÄ onnen. Dadurch erscheinen sie teilweise etwas kompliziert. Die Anschaulichkeit soll in der Lehrveranstaltung durch viele { u Äberwiegend Ä ebene { Ubungsaufgaben erreicht werden. Leider kÄ onnen hier die Relativkinematik und Kreisele®ekte nicht behandelt werden. Die fÄ ur Papieringenieure wichtigen Teile der Rotorkinetik, besonders die Unwucht-Thematik werden jedoch dargestellt. Ebenso wird eine EinfÄ uhrung in die Grundlagen der mechanischen Schwingungen gegeben. Dieses Thema ist von zunehmender Bedeutung, da heutige Maschinen immer schneller laufen. Mit dem Schwerpunktsatz und dem Drallsatz lassen sich sÄ amtliche Probleme der Kinetik lÄ osen. Bei Systemen mit einem Freiheitsgrad ist auch der Arbeitssatz hilfreich. Die Prinzipien\ der Mechanik " (d’Alembert, Lagrange) werden hier nicht behandelt. Dazu wÄ are eine ausfÄ uhrlichere Darstellung einschlie¼lich der Grundbegri®e der Variationsrechnung erforderlich. Manche einfache\ Herleitungen sind " eine Beleidigung fÄ ur einen brillianten Geist wie d’Alembert. Auch fÄ uhrt ein salopper Umgang mit den Prinzipien oft zu Verwirrungen, Ä insbesondere wenn die Zeit fÄ ur genÄ ugend viele Ubungsaufgaben fehlt. MÄ unchen, im November 2004 Werner HÄ ubner 8 1 KINEMATIK DES MASSENPUNKTES 1 Kinematik des Massenpunktes 1.2 Bewegung in Zylinderkoordinaten Deshalb gelten fÄ ur die Komponenten der Geschwindigkeit ~v und der Beschleunigung ~a: 9 Der Massenpunkt ist eine Idealisierung: Er ist das Modell eines KÄ orpers, dessen Drehbewegung vernachlÄ assigt wird. Die Lage eines Massenpunktes ist durch seinen Ort ~r = ~r(t) d~r = ~r_ dt Aus dieser folgt die Beschleunigung (acceleration) d~v ~a = ~a(t) = = ~v_ = ~Är dt ax = v_ x = x Ä > = ay = v_ y = yÄ > az = v_ z = zÄ ; v= q vx2 + vy2 + vz2 (1.5) a= q a2x + a2y + a2z (1.6) (1.1) 1.2 Bewegung in Zylinderkoordinaten Zylinderkoordinaten sind mitdrehende Koordinaten. Wird die z-Richtung au¼er Acht gelassen, hei¼en sie auch Polarkoordinaten. (1.2) Die Beschleunigung ist eine Geschwindigkeitsänderung und Bild 1.1. Massenpunkt P damit eine rein kinematische Größe, hat also nichts mit Kräften zu tun! 1.1 9 vx = x_ > = vy = y_ > vz = z_ ; Die BetrÄ age sind eindeutig gegeben. Daraus folgt die Geschwindigkeit (velocity) ~v = ~v (t) = 9 Nach Bild 1.2 gelten fÄ ur eine kleine Drehung d' d~er = 1d'~eϕ ; d~eϕ = 1d'(¡~er ) Dividiert man formal mit dt, so erhÄ alt man daraus die Gleichungen Bewegung in kartesischen Koordinaten Der Ortsvektor lautet in kartesischen Koordinaten ~r = x~ex + y~ey + z~ez (1.3) Kennzeichnend fÄ ur das kartesische System ist die zeitliche Konstanz der Achsen: ~e_ x = ~0; ~e_ y = ~0; ~e_ z = ~0 (1.4) d~er ´ ~e_ r = '~ _ eϕ dt d~eϕ ´ ~e_ ϕ = ¡'~ _ er dt d~ez ´ ~e_ z = ~0 dt Bild 1.2. Polarkoordinaten (1.7) 10 1 KINEMATIK DES MASSENPUNKTES 1.3 Aus dem Ortsvektor ~r = r~er + 0 ¢ ~eϕ + z~ez ~a = (r~ _ er + r_ '~ _ eϕ ) + (r_ '~ _ eϕ + r'~ Äeϕ ¡ r '_ '~ _ er ) + zÄ~ez r = const. ) r_ = 0; rÄ = 0 und 2 ~a = (Ä r ¡ r'_ )~er + (r ' Ä + 2r_ ')~ _ eϕ + zÄ~ez Die Komponenten von Geschwindigkeit und Beschleunigung lauten also > ; (1.8) ar = rÄ ¡ r'_ 2 aϕ = r'Ä + 2r_ '_ az = zÄ Mit der Umfangsgeschwindigkeit u = vϕ = r '_ Allgemeines Die Beziehungen fÄ ur die ebene Kreisbewegung kÄ onnen als Sonderfall aus den Gleichungen (1.8) bis (1.12) abgelesen werden: Hier gelten: ~v = r~ _ er + r'~ _ eϕ + z~ _ ez 9 > = 11 Die ebene Kreisbewegung 1.3.1 erhÄ alt man durch Di®erenzieren und unter Verwendung von (1.7) vr = r_ vϕ = r'_ vz = z_ 1.3 Die ebene Kreisbewegung 9 > = > ; (1.9) (1.10) z(t) ´ 0 Aus (1.8) und (1.9) erhÄ alt man die Komponenten vr = 0 vϕ = r '_ ) ar = ¡r'_ 2 aϕ = r ' Ä (1.13) ) (1.14) Bild 1.3. Kreisbewegung lassen sich die Beschleunigungen auch in der Form schreiben: ar = v_ r ¡ u2 r aϕ = r'Ä + 2vr (1.11) u r Der Term 2r_ '_ hei¼t Coriolis-Beschleunigung1 . (1.12) 1.3.2 Umfangs- und Winkelgeschwindigkeit Die GrÄ o¼e u = vϕ = r '_ hei¼t Umfangsgeschwindigkeit, '_ = ! hei¼t Winkelgeschwindigkeit. Es gilt die Beziehung '_ ´ !; u = !r (1.15) Bemerkung: Der Massenpunkt selbst hat nur eine Geschwindigkeit, keine Winkelgeschwindigkeit. ! bezieht sich hier auf den Fahrstrahl. Die Einheit der Winkelgeschwindigkeit ! ist rad/s oder 1/s wobei 1 rad = 1 Gustave G. Coriolis, 1792 - 1843 180◦ π = 57; 3◦ . 12 1 KINEMATIK DES MASSENPUNKTES Anschauliche Deutung (nach Bild 1.4 ): Die Geschwindigkeit v gibt an, wieviel Meter in einer Sekunde durchlaufen werden. Die GrÄ o¼e ! gibt an, wieviele Winkeleinheiten (1 rad = 57,3◦) in einer Sekunde durchlaufen werden. Technisch interessiert meist, wie oft der Winkel 2¼ in einer Sekunde durchlaufen wird. Diese GrÄ o¼e hei¼t Drehzahl oder Drehfrequenz und wird mit n bezeichnet. 1.3 Die ebene Kreisbewegung 1.3.3 13 Zentripetalbeschleunigung Die Radialkomponente in (1.14) u2 = ¡ar r hei¼t Zentripetalbeschleunigung. Diese ist r'_ 2 = r! 2 = ² nach innen zum Mittelpunkt gerichtet, Es gilt 2¼ ! = 2¼n = T ² quadratisch proportional zur Winkelgeschwindigkeit bzw. zur Umfangsgeschwindigkeit. (1.16) Anschauliche Deutung der Zentripetalbeschleunigung: Die Einheit von n ist ebenfalls Ä ² Eine Beschleunigung ist stets die Anderung der Geschwindigkeit (und kein Ma¼ fÄ ur die Kraft!) s−1 = 1/s, frÄ uher U/s. Bild 1.4. Einheitskreis mit Bogenmaßen Wegen der grÄ o¼eren Zahlen ist (leider) auch die antiquierte, fÄ ur die Messtechnik und fÄ ur Berechnungen unhandliche Einheit 1/min oder min−1 gebrÄ auchlich: nalt = 60n; nalt in 1/min; n in 1/s Eine Schwierigkeit ist, dass n und ! die gleiche Einheit (1/s) haben. Bei Herleitungen arbeitet man am besten mit !, Zahlenwerte sollten stets als Drehzahl n in 1/s angeben werden! Wichtige Werte sind: n = 50 s−1 ; ! = 314 rad= s; nalt = 3000 min−1 Die GrÄ o¼e T in (1.16) ist die Zeit fÄ ur eine Umdrehung. Bei den Schwingungen (Kapitel 9) gilt (1.16) mit f = n. Dort hei¼en ! Kreisfrequenz, f Frequenz und T Periodendauer. ² Bei ! = const. gilt gemÄ a¼ Bild 1.5 j~v1 j = j~v2 j = u ~v2 = ~v1 + d~v dv = ud' dv d' u2 =u = u'_ = r '_ 2 = r!2 = dt dt r ² d~v ist nach innen gerichtet. Bild 1.5. Zur Zentripetalbeschleunigung Bemerkung: In der Kinetik wird die Zentrifugalkraft eingefÄ uhrt. Dies ist im mitdrehenden Koordinatensystem eine nach au¼en gerichtete Kraft. Ä 2 KINEMATIK DES STARREN KORPERS 14 2 Kinematik des starren Körpers 2.1 Freiheitsgrade Freiheitsgrade sind die zur Beschreibung des Ortes und der Lage Ä erforderlichen unabhÄ angigen Koordinaten. Tab. 2.1 gibt eine Ubersicht u oglichen FÄ alle. Äber die mÄ rÄ aumlich eben vx vy vz !x !y !z Allgemein * * * * * * Reine Translation * * * 0 0 0 Drehung um Fixpunkt 0 0 0 * * * Allgemein * * 0 0 0 * Reine Translation * * 0 0 0 0 Drehung um feste Achse 0 0 0 0 0 * Tab. 2.1. Freiheitsgrade Bemerkungen: ² Die allgemeine rÄaumliche Bewegung eines starren KÄ orpers wird durch 6 Freiheitsgrade beschrieben: 3 Freiheitsgrade der Translation und 3 Freiheitsgrade der Rotation. ² Im Folgenden wird hÄ au¯g der Sonderfall der allgemeinen ebenen Bewegung mit vx ; vy und !z behandelt. 2.1 Freiheitsgrade 15 ² Reine Translation kann auch auf einer Kreisbahn erfolgen. So ist die Bewegung der im Bild 2.1 dargestellten Gondeln eines Riesenrads eine Translation; die Gondeln drehen sich nicht! Bild 2.1. Riesenrad Ä 2 KINEMATIK DES STARREN KORPERS 16 2.2 Der Vektor der Winkelgeschwindigkeit Ziel dieses Abschnittes ist, die allgemeine Bewegung eines starren KÄ orpers zu beschreiben. Nur bei dem Sonderfall der reinen Translation wird die Bewegung durch die Geschwindigkeit ~v allein beschrieben. In allen anderen FÄ allen kommt eine Drehbewegung hinzu. 2.2.1 Drehung um eine feste Achse 2.2.2 Bei dem KÄ orper von Bild 2.2 wird die Achse AB entfernt. Er soll nun im Punkt C gelagert sein, und zwar so, dass Drehbewegungen in allen Richtungen mÄ oglich sind. Dann hei¼t C Fixpunkt. Nun ist ~ ! ist nicht mehr raumfest, sondern wechselt die Richtung. Auch hier gilt eine (2.1) entsprechende Gleichung (2.2) allerdings nur momentan, d.h. fÄ ur einen bestimmten Zeitpunkt. Die Veranschaulichung erfolgt nach Bild 2.3 mit der Rechte-HandRegel ² Die Finger zeigen in Richtung der Geschwindigkeit ~v u = j~ ! jj~s j sin ° = !s sin ° = !h fÄ ur u schreiben ² Der Daumen kennzeichnet den Vektor der Winkelgeschwindigkeit ! ~ (2.1) Bild 2.2. Drehung eines Körpers 17 Drehung um einen Fixpunkt ~v = ~ ! £ ~s Der in Bild 2.2 dargestellte KÄ orper soll in A und B gelagert sein. In einem Punkt C wird ein kÄ orperfestes Koordinatensystem ~er ; ~eϕ ; ~ez eingefÄ uhrt. Dabei ist die z-Achse eine feste Achse. Ein beliebiger Punkt ~ P hat die Umfangsgeschwindigkeit ~u. FÄ ur diese gilt mit ~u?~ez ; ~u?FP nach (1.15) u = ! h. Fasst man ~ ! = !~ez als einen in der Drehachse liegenden Vektor und ~s als kÄorperfesten Vektor auf, so kann man wegen ~u = ~ ! £ ~s 2.2 Der Vektor der Winkelgeschwindigkeit Bild 2.3. Rechte-Hand-Regel Ä 2 KINEMATIK DES STARREN KORPERS 18 2.2.3 Allgemeine Bewegung eines starren KÄ orpers Der Punkt C des KÄ orpers von Bild 2.2 soll nun frei beweglich sein, so dass fÄ ur seine Geschwindigkeit gilt: ~vC = ~r_ C . FÄ ur die Geschwindigkeit eines beliebigen Punktes P des KÄ orpers gilt dann mit ~r = ~rC + ~s 2.2 Der Vektor der Winkelgeschwindigkeit 19 Beweis, dass ~ ! bei einem starren KÄ orper u Ä berall gleich ist: ! ∗. Annahme, ~ ! gelte nur fÄ ur den Punkt C, beim Punkt C∗ gelte ~ Entsprechend (2.3) mÄ usste dann ausgehend von C∗ gelten ~v = ~vC ∗ + ~ ! ∗ £ ~s ∗ (2.4) FÄ ur den Punkt C∗ selbst gilt mit ~c = ~s ¡ ~s ∗ (siehe Bild 2.4 ) die wichtige Vektorbeziehung fÄ ur die allgemeine Bewegung eines starren KÄ orpers ~vC ∗ = ~vC + ! ~ £ (~s ¡ ~s ∗ ) Setzt man dies in (2.4) ein, so erhÄ alt man ~v = ~vC + ! ~ £ ~s (2.3) Man beachte, dass im Kreuzprodukt der vom bewegten Bezugspunkt C ausgehende Vektor ~s = ~r ¡ ~rC und nicht der vom Ursprung 0 des ruhenden (nicht beschleunigten) Systems ausgehende Vektor ~r steht. ! £ ~s + (~ !∗ ¡~ !) £ ~s ∗ ~v = ~vC + ~ und wegen (2.3) Bild 2.4. Allgemeine Bewegung (~ !∗ ¡~ ! ) £ ~s ∗ = ~0 FÄ ur beliebige ~s ∗ muss also gelten ~ !∗ = ~ ! FÄ ur die allgemeine Bewegung des starren KÄ orpers gelten nach (2.3) ² Die Geschwindigkeit ~v ist an jedem Punkt verschieden ² ! ~ ist ein freier Vektor ² ! ~ ist an allen Stellen eines starren KÄ orpers gleich Bild 2.5. Eine Winkelgeschwindigkeit 2.2.4 q. e. d. Addition von Winkelgeschwindigkeiten Dreht sich ein starrer KÄ orper gleichzeitig mit Winkelgeschwindigkeiten, so kÄ onnen diese addiert werden: ! ~ =! ~1 + ~ !2 + ¢ ¢ ¢ mehreren (2.5) Ä 2 KINEMATIK DES STARREN KORPERS 20 2.3 Die ebene Bewegung, der Momentanpol Beispiel Kollermu Ä hle: 2.3 Die Gesamtdrehung der in Bild 2.6 skizzerten KollermÄ uhle setzt sich aus !1 und !3 zusammen: 2.3.1 2 Bild 2.6. Kollermühle Es gilt fÄ ur die Geschwindigkeit des Punktes 1 !1 r vy1 = !3 r = !1 a ) = a !3 Es muss also der resulierende Winkelgeschwindigkeitsvektor ~ ! durch den Punkt M gehen. 2.2.5 Die ebene Bewegung, der Momentanpol Allgemeines Jede ebene Bewegung kann als Drehung um einen momentan in Ruhe be¯ndlichen Punkt, den Momentanpol, aufgefasst werden. 3 !1 6 7 ! ~ =4 0 5 !3 21 Die anschauliche Deutung erfolgt nach Bild 2.8 : Ä Geometrische Orter fÄ ur den Momentanpol M sind die Geraden g1 und g2 die durch die Punkte 1 bzw. 2 gehen und senkrecht auf den Geschwindigkeitsvektoren ~v1 bzw. ~v2 stehen. Mit den senkrechten AbstÄ anden h1 und h2 muss gelten: v1 v2 !z = oder !z = h1 h2 Zusatzbedingung Aus (2.3) kann man bei gegebenen ~vC und ! ~ die Geschwindigkeit eines beliebigen Punktes ~v = ~v1 berechnen. Es liegt umgekehrt nahe, bei vorgegebenen Geschwindigkeiten ~vC und ~v1 den Vektor der Winkelgeschwindigkeit ! ~ zu berechnen. Die Geschwindigkeiten kÄ onnen jedoch nicht beliebig vorgegeben werden. Vielmehr muss gelten ~s1 ¢ ~v1 = ~s1 ¢ ~vC (2.6) d.h. die Projektionen der beiden Geschwindigkeiten auf die Gerade durch die Punkte C und 1 mÄ ussen gleich sein. Bild 2.7. Zusatzbedingung Beweis fÄ ur (2.6): Aus (2.3) folgt ~ £ ~s1 ; ~v1 ¡ ~vC = ! ~s1 ¢ (~v1 ¡ ~vC ) = ~s1 ¢ (~ ! £ ~s1 ) = 0 q. e. d. Bild 2.8. Momentanpol M Die ebene Bewegung eines starren KÄ orpers ist durch die Geschwindigkeit eines Punktes und durch die Bewegungsrichtung eines zweiten Punktes gegeben. Der zweite Punkt kann auch der Momentanpol mit ~v = ~0 sein. Ä 2 KINEMATIK DES STARREN KORPERS 22 2.3.2 Das rollende Rad 3 2 3 2 3 2 ² Der Verlauf der Geschwindigkeit auf der Achse M2 ist durch das Geschwindigkeitsdreieck gegeben. ~ ² Ein beliebiger Punkt P bewegt sich senkrecht zu dem Vektor MP 3 vx vS 0 sx 6 7 6 7 6 7 6 7 4 v y 5 = 4 0 5 + 4 0 5 £ 4 sy 5 0 0 0 ¡! ¹ ² Der Betrag der Geschwindigkeit ist vP = ! MP Bild 2.9. Rollendes Rad FÄ ur den Momentanpol M ist sx = 0 und sy = ¡r. Aus vx = 0 erhÄ alt man vS 0 = vS ¡ !r und daraus ! = r Schreibt man (2.3) ausgehend von dem Bezugspunkt M, so gilt fÄ ur die Punkte parallel zur y-Achse, also auf der Geraden M2 2 3 2 3 2 3 2 3 vy = 0 FÄ ur den Schwerpunkt S ist also vSx = vS = !r, und fÄ ur den Punkt 2 gilt vSx = v2 = !2r. ² Bei ! = const. ist die Beschleunigung ~aP zum Mittelpunkt S gerichtet. ² Auch der Momentanpol M hat eine Beschleunigung, und zwar ~aM = [0; r! 2 ; 0] obwohl er momentan Geschwindigkeit hat. keine ² Zu jedem Zeitpunkt wird ein neuer Punkt Momentanpol. vx 0 0 0 6 7 6 7 6 7 6 7 4 vy 5 = 4 0 5 + 4 0 5 £ 4 y 5 0 0 ¡! 0 vx = !y; 23 FÄ ur das rollende Rad gelten nach Bild 2.10 und Bild 2.11 : Bild 2.9 zeigt ein rollendes Rad. Auf dieses wendet man die Gleichung (2.3) an und zwar zunÄ achst ausgehend vom Schwerpunkt S 2 2.3 Die ebene Bewegung, der Momentanpol Bild 2.10. Geschwindigkeitsdreieck Bild 2.11. Geschwindigkeiten am rollenden Rad 24 Ä 2 KINEMATIK DES STARREN KORPERS 2.4 Die Absolutbewegung des materiellen Punktes P, der zur Zeit t = 0 Momentanpol war, folgt gemÄ a¼ Bild 2.12 zu x = r' ¡ r sin ' y = r ¡ r cos ' Dies ist die Parameterdarstellung fÄ ur die in Bild 2.13 dargestellte gewÄohnliche Zykloide. 2.4 Planetengetriebe 25 Planetengetriebe Planetengetriebe | auch Umlaufgetriebe genannt | sind ein anschauliches, technisches Beispiel fÄ ur die ebene Bewegung von starren KÄ orpern. Bild 2.14 zeigt eine schematische Darstellung. Bild 2.12. Abrollbewegung Bild 2.13. Gewöhnliche Zykloide Bild 2.14. Planetengetriebe FÄ ur die Geschwindigkeiten von Punkten auf der y-Achse gilt allgemein v = vS + ! y FÄ ur den Eingri®spunkt Q gilt auf dem Sonnenrad 1 vQ = !1 a und auf dem Planentenrad b vQ = vb ¡ !b b FÄ ur den Eingri®spunkt R gilt auf dem Planentenrad b vR = vb + !b b und auf dem Au¼enkranz 3 vR = !3 c Ä 2 KINEMATIK DES STARREN KORPERS 26 Durch Gleichsetzen erhÄ alt man 2.4 Planetengetriebe 27 FÄ ur die Anwendung folgen aus (2.10) die MÄ oglichkeiten der Tab. 2.2 . Dabei kÄ onnen die nicht festen RÄ ader antreibend oder angetrieben sein. vb ¡ !b b = !1a vb + !b b = !3c Sonnenrad 1 Daraus folgen fÄ ur die Bewegung des Planetenrades: !3 c + !1 a 2 !3 c ¡ !1 a !b = 2b vb = PlanetenradtrÄ ager 2 Au¼enkranz 3 (2.7) fest !3 = a+c !2 c (2.8) In Bild 2.15 sind die FÄ alle fÄ ur !b > 0; !b = 0 und !b < 0 dargestellt. Bild 2.15. Bewegung des Planetenrades fest Ä UbersetzungsverhÄ altnisse !1 = a+c !2 a Tab. 2.2. Übersetzungsverhältnisse bei einem Planetenradgetriebe FÄ ur den PlanetenradtrÄager 2 gilt vb = !2 r2 . Der Bahnradius r2 des Planetenrades ist der Mittelwert aus a und c. Deshalb gilt a+c vb = !2 (2.9) 2 Andererseits gilt fÄ ur vb die Gleichung (2.7). Durch Gleichsetzen von (2.7) und (2.9) erhÄ alt man die fÄ ur die Berechnung der GetriebeÄ ubersetzungen wichtige Beziehung !1 a ¡ !2 (a + c) + !3 c = 0 a !3 = ¡ !1 c fest (2.10) 28 3 DIE GRUNDGESETZE DER KINETIK 3 Die Grundgesetze der Kinetik Die Kinetik beschreibt den Zusammenhang zwischen KrÄ aften und Bewegungen. 3.1 3.1 Impuls und Drall FÄ ur ein System mit konstanter Masse folgt aus (3.3) R R m~r_ S = ~r_ dm oder m~vS = ~v dm K p ~ = m~vS (3.5) Impuls Der Impuls eines Massenelements ist d~ p = ~v dm = ~r_ dm Impuls = Masse mal Schwerpunktgeschwindigkeit (3.1) Der Impuls eines KÄ orpers folgt daraus durch Integration u Äber den KÄ orper (K) zu p ~= (3.4) K Damit gilt fÄ ur den in (3.2) de¯nierten Impuls eines KÄ orpers oder Systems Impuls und Drall 3.1.1 29 R ~v dm: (3.2) 3.1.2 Drall oder Drehimpuls Der Drall eines Massenelements dm bezÄ uglich des Punktes 0 ist nach Bild 3.1 K FÄ ur den Massenmittelpunkt (Schwerpunkt) S gilt nach TM I, Kapitel 7 m~rS = R ~rdm (3.3) K In der Technischen Mechanik werden vorwiegend Systeme mit konstanter Masse behandelt, z.B. ² starre KÄ orper, ² deformierbare KÄ orper, ² beliebig abgegrenzte Mehrmassensysteme. (Dagegen werden in der Fluidmechanik Systeme betrachtet, deren Masse nicht konstant ist, z.B. Ausschnitte aus einer StrÄ omung). ~ 0 = ~r £ ~v dm dL (3.6) Ä Beim Ubergang vom Massenelement auf einen KÄ orper verwendet man als Bezugspunkt meist den Schwerpunkt S: ~r = ~rS + ~s FÄ ur die Geschwindigkeit des Massenelements gilt ~v = ~vS + ~ ! £ ~s: Damit erhÄ alt man ~ 0 = [~rS £ ~v + ~s £ ~vS + ~s £ (~ dL ! £ ~s)] dm Bild 3.1. Starrer Körper 30 3 DIE GRUNDGESETZE DER KINETIK FÄ ur ein System mit konstanter Masse, insbesondere fÄ ur den starren KÄorper, folgt daraus durch Integration der Drall bzgl. 0 R R R Nach (3.4) gilt ~v dm = m~vS . Da ~s vom Schwerpunkt ausgeht, gilt R ~sdm = 0. Mit dem Drall bezÄ uglich S ~S = L Z ~s £ (~ ! £ ~s)dm (3.7) erhÄ alt man ~ 0 = ~rS £ m~vS + L ~S L (3.8) ~ S = ~0. Trotzdem existiert fÄ FÄ ur einen Massenpunkt ist L ur diesen ~ 0 = ~rS £ m~vS = ~rS £ p Sonderfall ein Drall bzgl. 0 nÄ amlich L ~. Setzt man in (3.7) ~ ! und ~s in Matrizenform ein, so erhÄ alt man mit 2 3 2 3 2 3 !x x !y z ¡ !z y 6 7 6 7 6 7 ! ~ = 4 !y 5 ; ~s = 4 y 5 ; ~ ! £ ~s = 4 !z x ¡ !x z 5 !z z !x y ¡ !y x den Drall bzgl. des Schwerpunkts ~S = L Z 2 6 4 (y 2 z2) ! 3 + xy !y ¡ xz !z x ¡ 7 2 2 ¡yx !x + (z + x ) !y ¡ yz !z 5dm(3.9) ¡zx !x ¡ zy !y + (y2 + x2 ) !z FÄ ur den Sonderfall der ebenen Bewegung gelten !x = !y = 0. FÄ ur KÄ orper die zur xy-Ebene symmetrisch sind, wird in Kapitel 7 gezeigt, R R dass zxdm = 0 und yzdm = 0 gelten. Der Drallvektor ist dann 3 0 7 ~S = 6 L 4 0 5 J z !z Darin ist R (3.11) das MassentrÄagheitsmoment bzgl. der z-Achse und der Betrag des Dralls also LSz = Jz !z (3.12) Bei der ebenen Bewegung muss die z-Achse nicht fest sein, sie darf sich parallel verschieben. Der Drehimpuls oder Drall ist analog zum Impuls de¯niert: Dreh-Impuls = Dreh-Masse mal Dreh-Geschwindigkeit. oder mit den hier verwendeten Bezeichnungen Drall = MassentrÄ agheitsmoment mal Winkelgeschwindigkeit Der Drall bei ebener Bewegung 2 31 Jz = (x2 + y 2 )dm ~ 0 = ~rS £ ~v dm + ~sdm £ ~vS + ~s £ (~ L ! £ ~s)dm R 3.1 Impuls und Drall (3.10) Einige Beispiele fÄ ur Jz (bezÄ uglich S) sind in Tab. 3.1 zu ¯nden, die ausfÄ uhrlichere Darstellung ¯ndet sich in Kapitel 7. Kreiszylinder, homogen Jz = 12 mr 2 Kreisring Jz = mr2 Stab bzgl. Schwerpunkt Jz = Stab bzgl. Ende Jz̄ = 13 ml2 Kugel Jz = 25 mr 2 1 2 12 ml Tab. 3.1. Wichtige Massenträgheitsmomente 32 3 DIE GRUNDGESETZE DER KINETIK 3.2 Das 1. kinetische Grundgesetz, der Schwerpunktsatz Grundlage der Kinetik sind die 3 Newton2 schen Gesetze (1687): 1. Das TrÄ agheitsgesetz (Ä ahnlich bei Galilei3 , 1630): Jeder KÄ orper bleibt im Zustand der Ruhe oder der gleichfÄ ormig geradlinigen Bewegung, sofern keine a u¼eren KrÄ a fte auf ihn Ä einwirken. 2. Das Bewegungsgesetz: Ä Die Anderung der Bewegung(sgrÄ o¼e) ist der einwirkenden a Äu¼eren Kraft proportional und erfolgt in der Richtung, in der jene Kraft wirkt. 3. Das Gegenwirkungsgesetz (actio = reactio): Eine Wirkung ist immer einer Gegenwirkung gleich; mit anderen Worten, die zwischen zwei KÄ orpern geschehenden Wirkungen sind immer einander gleich und treten in entgegengesetzten Richtungen auf. FÄ ur die Berechnung terrestrischer Probleme ist die Formulierung fÄ ur ein 4 Massenelement von Euler (1740) vorteilhaft: d d ~ (d~ p) = (~v dm) = dF~ oder dm~v_ = dF (3.13) dt dt ~ mÄ Bei den Kraftanteilen dF ussen innere und Äau¼ere unterschieden werden ~ = dF ~ (i) + dF~ (a) dF (3.14) Betrachtet man das ganze System (Integration), so heben sich die inneren Kraftanteile auf, und man erhÄ alt den Impulssatz d ~ (a) ~ p=F (3.15) dt 2 Sir Isaak Newton, 1643 - 1727 Galileo Galilei, 1564 — 1642 4 Leonhard Euler, 1707 — 1783 3 3.2 Das 1. kinetische Grundgesetz, der Schwerpunktsatz 33 FÄ ur ein System mit konstanter Masse p ~ = m~vS (3.5) und ~v_ S = ~aS erhÄ alt man m~aS = F~ (a) (3.16) Dies ist das 1. kinetische Grundgesetz oder der Schwerpunktsatz. Dieser lautet in Worten: Der Schwerpunkt des KÄ orpers wird so beschleunigt, als ob sÄ amtliche Ä au¼ere KrÄ afte in ihm angreifen wÄ urden. Dabei ist zu beachten: ² Nur Ä au¼ere KrÄ afte kÄ onnen die Bewegung des Schwerpunktes beein°ussen (Beispiele s.u.). ² Die KrÄ afte mÄ ussen nicht im Schwerpunkt angreifen! ² Man braucht einen KÄ orper nicht als Massenpunkt zu betrachten. Beispiele zum ersten Punkt: Die Treibladung in einer Pistole erzeugt innere KrÄ afte, der Schwerpunkt von Kugel und GehÄ ause bleibt zunÄ achst erhalten. Dies erklÄ art den RÄ ucksto¼. Will eine Person aus einem Boot ans Ufer springen, so bleibt auch hier der Schwerpunkt erhalten und die Person landet eventuell im Wasser. 34 3 DIE GRUNDGESETZE DER KINETIK FÄ ur den Massenpunkt lautet das 1. kinetische Grundgesetz: m~a = F~ oder m~v_ = F~ 3.3 (3.17) und wird in dieser Form hÄ au¯g als das Newtonsche Grundgesetz\ " bezeichnet. Durch Integration des Schwerpunktsatzes (3.16) u alt man Äber die Zeit erhÄ m~vS ¡ m~vS0 = Zt ^~ ~ dt∗ = F F (3.18) t0 (Manche Autoren bezeichnen diese Beziehung anstelle von (3.15) als Impulssatz.) Ist der Kraftsto¼\ (siehe Kapitel 11) auf der rechten Seite gleich 0, so " erhÄ alt man den Impulserhaltungssatz m~vS = m~vS1 = const. 3.3 Das 2. kinetische Grundgesetz, der Drallsatz (3.19) 35 Das 2. kinetische Grundgesetz, der Drallsatz Der Drallsatz wird auch Drehimpuls-Satz oder Momentensatz genannt. FÄ ur ein Massenelement gilt analog zu (3.16) als 2. Grundgesetz ~_ 0 = dM ~0 dL (3.20) FÄ ur die linke Seite gilt die De¯nition (3.6). Di®erenziert man diese, so erhÄ alt man wegen ~r_ = ~v ~ + dM ~τ ~r £ ~v_ dm = ~r £ dF (3.21) Darin ist der Schubspannungsanteil (vgl. TM II) 2 3 ¿yz ¡ ¿zy 7 ~τ = 6 dM 4 ¿zx ¡ ¿xz 5 dxdydz ¿xy ¡ ¿yx (3.22) Multipliziert man das 1. kinetische Grundgesetz fÄ ur ~ mit ~r£, so erkennt ein Massenelement ~v_ dm = dF man mit (3.21), dass ~ τ = ~0 dM Bild 3.2. Schubspannungen am Element oder ¿yz = ¿zy ; ¿zx = ¿xz ; ¿xy = ¿yx (3.23) gilt und dies auch bei beschleunigten KÄ orpern. Also lautet der Drallsatz fÄ ur ein Massenelement _~ ~0 dL0 = ~r £ dF~ = dM ~ = dF~ (a) + dF~ (i) , wobei sich die inneren KrÄ Darin ist dF afte bei der Integration herausheben. FÄ ur den ganzen KÄ orper und auch fÄ ur ein ganzes System gilt ~ (a) ~_ 0 = M L 0 (3.24) 36 3 DIE GRUNDGESETZE DER KINETIK Geht man zum Schwerpunkt als Bezugspunkt u Äber, so folgt aus (3.8) ~_ 0 = ~vS £ m~vS + ~rS £ m~v_ S + L ~_ S L und nach Bild 3.3 ~ (a) = M ~ (a) + ~rS £ F ~ (a) M 0 S 37 Integriert man (3.27), so folgt ~S ¡ L ~ S0 = L (3.25) Zt ~ (a) dt∗ M S (3.29) t0 Ist die rechte Seite | der Drehsto¼ | gleich Null, so erhÄ alt man (3.26) Aus (3.23), (3.25) und (3.26) erhÄ alt man mit dem ~ (a) Schwerpunktsatz m~v_ S = F ~_ S = M ~ (a) L S 3.3 Das 2. kinetische Grundgesetz, der Drallsatz ~S = L ~ S0 = const. L Bild 3.3. Drehmoment bzgl. S Dies ist der Drallerhaltungssatz. Er gilt ebenso wie fÄ ur den Bezugspunkt 0 auch fÄ ur den Schwerpunkt S. Zur Axiomatik: Bei der hier gewÄ ahlten Darstellung ist der Drallsatz ein vom Schwerpunktsatz unabhÄ angiges Grundgesetz. Aus beiden folgt (3.23), die Gleichheit der Schubspannungen. Letztere folgt in der Statik aus dem Momentengleichgewicht. (3.27) Im ebenen Fall lautet der Drallsatz fÄ ur ein kÄ orperfestes Bezugssystem mit (3.12) bei Jz = const. JSz !_ z = MSz (3.30) (3.28) Die Gleichung (3.23) kann in der Kinetik anstelle Axiom (nicht zu beweisen) angenommen werden Axiom5 ). Damit | und nur damit | kann der 1. kinetischen Grundgesetz hergeleitet werden. manchen Darstellungen verschwiegen. In Worten lautet der Drallsatz : Ä Die zeitliche Anderung des Dralls ist gleich dem au¼eren Moment. Drall und Moment mÄ ussen dabei auf Ä denselben Punkt bezogen sein, der entweder raumfest oder Schwerpunkt sein muss. 5 Ludwig Boltzmann, 1844 — 1906 des Drallsatzes als (Boltzmannsches Drallsatz aus dem Letzteres wird in 38 4 ARBEIT, ENERGIE UND LEISTUNG 4 Arbeit, Energie und Leistung 4.1 4.1.1 4.1 Arbeit 4.1.2 39 Beispiel Reibung Wie man aus Bild 4.1 sieht, ist die Arbeit der au¼eren KrÄ afte Ä Arbeit De¯nition dW (a) = F dx Mit der saloppen Formulierung: Arbeit = Kraft mal Weg\ kommt " man in der Mechanik nicht weit, das Drehmoment kÄ onnte man ebenso beschreiben. Exakt formuliert gilt ~ ¢ d~r dW = F (4.1) die Arbeit der Reibungskraft dW = ¡Rdx (4.4) oder in Komponenten dW = Fx dx + Fy dy + Fz dz Bild 4.1. Arbeit infolge Reibung (4.2) Daraus erhÄ alt man durch Integration W = Z F~ ¢ d~r oder genauer W01 = Die Einheit der Arbeit ist 1 Nm = 1 J Z 1 0 F~ ¢ d~r (4.3) (Joule, Aussprache: [dschu:l]) Das Vorzeichen der Arbeit hÄ angt von der Systemabgrenzung, d.h. von der betrachteten Kraft ab. Hier wird, wie in der Thermodynamik, die einem System zugefÄ uhrte Arbeit positiv de¯niert. Die Arbeit ist im allgemeinen wegabhÄ angig. FÄ ur die Arbeit lÄ angs der Wege I und II von Bild 4.2 gelten WI = Z 1 0 ~ ¢ d~r F bzw. WII = Z 1 0 ~ ¢ d~r F Beispiel von Bild 4.2 : Arbeit eines Radfahrers auf verschiedenen Wegen: Weg I: Weg II: 100 m Feldweg mit FI = 100 N, WI = 10 000 J 150 m Stra¼e mit FII = 40 N, WII = 6 000 J Bild 4.2. Abhängigkeit vom Weg 40 4 ARBEIT, ENERGIE UND LEISTUNG 4.1.3 4.2 Potenzielle Energie 4.2 Beispiel Schwerkraft Potenzielle Energie FÄ ur das Beispiel der Schwerkraft nach Bild 4.3 ist die Arbeit unabhÄ angig vom Weg Da in Bild 4.3 dz nach oben zeigt, ist die Arbeit der au¼eren Kraft Ä W = WI = WII dW (a) = +F dz dW = ¡mgdz (4.5) W = W01 = ¡mg Bild 4.3. Arbeit bei Schwerkraft dW (a) = F dx ¸x1 x0 1 = ¡ cx2 ¡ 0 2 (4.6) (4.8) (4.9) (4.10) FÄ ur das Beispiel der Federkraft ist die potenzielle Energie fÄ ur die gespannte Feder (vgl. (4.6)) Ep1 = 12 cx2 . FÄ ur die entspannte Feder (x = 0) gilt Ep0 = 0. Der Zusammenhang mit der Arbeit W01 ist dW = ¡cxdx 1 2 cx 2 dz = ¡mgz1 + mgz0 wobei dW = ¡dEp : die Arbeit der nach links wirkenden Federkraft cx ist · z0 potenzielle Energie oder auch Potenzial genannt wird. Dabei beachte man die Vorzeichen! Die Arbeit der die Feder spannenden Kraft F~ ist W01 = ¡ Z z1 W01 = ¡Ep1 + Ep0 Ep = mgz Beispiel Feder Also erhÄ alt man mit x1 = x und x0 = 0 aus (4.3) (4.7) In der Mechanik nennt man Systeme, in denen (4.7) gilt, konservativ. Betrachtet man im Beispiel von Bild 4.3 die Arbeit der Schwerkraft, so gilt die Arbeit der Schwerkraft 4.1.4 41 Bild 4.4. Arbeit an einer Feder 1 1 W01 = ¡ cx2 = ¡Ep1 + Ep0 ; Ep1 = ¡W01 = cx2 (4.11) 2 2 In der Festigkeitslehre wird W = 12 cx2 als FormÄanderungsenergie einer Feder bezeichnet. 42 4 ARBEIT, ENERGIE UND LEISTUNG 4.3 Energie und Leistung beim Massenpunkt 4.3.1 4.3.2 Das Beispiel des freien Falls Es wird der freie Fall eines Massenpunktes unter Schwerkraftein°u¼ vom Punkt 1 zum Punkt 0 betrachtet. Das Newtonsche Grundgesetz lautet dv m = ¡mg dt Multipliziert man beide Seiten formal mit dz, so erhÄ alt man rechts die Arbeit dW und mit v = dz=dt mvdv = ¡mgdz 1 mv 2 2 ¸0 1 · = ¡ mgz 1 2 2 mv0 ¡ 1 2 2 mv1 Ek0 ¡ Ek1 ¸0 1 Ep1 ¡ Ep0 FÄ ur den wichtigen Sonderfall Bild 4.5. Freier Fall v1 = 0; z0 = 0; z1 = h gelten 1 mv 2 = mgh; 2 0 Die kinetische Energie Die kinetische Energie wird nun unabhÄ angig vom Beispiel des vorigen Abschnitts hergeleitet. FÄ ur den Massenpunkt gilt nach Kapitel 3 ~ m~v_ = F Die Skalarmultiplikation mit d~r und Integration u Äber den Weg ergibt Z 1 0 m~v_ ¢ d~r = Z 1 0 F~ ¢ d~r (4.13) Rechts steht die Arbeit W01 , links wird mit d~r = ~v dt weiter umgeformt R m ~v_ ¢ ~v dt · = mgz1 ¡ mgz0 = 43 FÄ ur die zeitliche Ableitung von ~v 2 gilt: d 2 (~v ) = 2~v ¢ ~v_ dt Damit wird die linke Seite von (4.13) zu Die Integration ergibt · 4.3 Energie und Leistung beim Massenpunkt und daraus v0 = p 2gh (4.12) ¸ 1 1 1 1 m~v 2 = m~v 21 ¡ m~v 20 = Ek1 ¡ Ek0 2 2 2 0 Ek hei¼t kinetische Energie und ist fÄ ur den Massenpunkt 1 Ek = m~v 2 2 (4.14) 44 4 ARBEIT, ENERGIE UND LEISTUNG 4.3.3 4.4 Arbeitssatz und Energieerhaltungssatz Aus (4.13) erhÄ alt man den Arbeitssatz. Ek1 ¡ Ek0 = Z 1 0 F~ ¢ d~r 4.4 Energie und Leistung beim starren KÄorper (4.15) X Körper 4.4.1 oder Ek1 + Ep1 = Ek0 + Ep0 (4.16) (4.17) Dies ist der Energieerhaltungssatz oder Energiesatz. 4.3.4 Einheit der Leistung: W = Watt = J/s = Nm/s Abgeleitete Einheit 1 kW = 1000 W. Antiquierte Einheit 1 PS = 75 kp m/s = 735,5 W 1 kW = 1,36 PS 0 ¢F ¢ d~r (4.19) 0 Körper Die Arbeit beim starren KÄ orper ~v = ~vS + ~ ! £ ~s (4.20) d~r = d~rS + d~ ' £ ~s (4.21) gilt ~ ¢ d~r = ¢F ~ ¢ d~rS + ¢F ~ ¢ (d~ ¢F ' £ ~s) Die Umstellung des Spatproduktes ergibt ~ ¢ d~r = ¢F ~ ¢ d~rS + (~s £ ¢F ~ ) ¢ d~ ¢F ' Die Leistung P ist die pro Zeiteinheit verrichtete Arbeit dW ~ ¢ d~r = F ~ ¢ ~v =F dt dt dW = Z1 X und man erhÄ alt Die Leistung P = (¢Ek1 ¡ ¢Ek0 ) = Z1 ZunÄ achst soll der Term ¢F~ ¢ d~r auf der rechten Seite von (4.19) umgeformt werden. Analog zu oder Ek + Ep = const. Energie und Leistung beim starren Körper Die Beziehungen des vorigen Abschnittes gelten nun statt fÄ ur den Massenpunkt m fÄ ur das Massenelement ¢m. Anstelle von (4.15) kann man schreiben Hat die Kraft F~ ein Potenzial, wie z.B. die Schwerkraft, die Federkraft, nicht aber die Reibungskraft, so gilt mit (4.8) Ek1 ¡ Ek0 = Ep0 ¡ Ep1 45 (4.18) ~ S = ~s £ ¢F~ Analog zu (3.21) gilt wegen ¢Mτ = 0 die Beziehung ¢M und man erhÄ alt ~ ¢ d~r = ¢F ~ ¢ d~rS + ¢M ~ S ¢ d~ ¢F ' Wie bei der Herleitung von Schwerpunktsatz und Drallsatz heben sich die inneren KrÄ afte und die Momente aus den inneren KrÄ aften auf. Man erhÄ alt nach Integration u orper fÄ ur die rechte Seite von (4.19) Äber den KÄ X ~ (a) ¢ d~rS + M ~ (a) ¢ d~ ¢F~ ¢ d~r = dW = F ' S Körper 46 4 ARBEIT, ENERGIE UND LEISTUNG 4.4.2 Die kinetische Energie beim starren KÄ orper 4.4.3 Auf der linken Seite von (4.19) erscheint die kinetische Energie des Massenelements 1 ¢Ek = ¢m~v 2 (4.22) 2 Hierin setzt man die kinematische Beziehung fÄ ur den starren KÄ orper (4.20) ein und erhÄ alt ~s¢m = 0 (4.23) FÄ ur den Fall der ebenen Bewegung in der x; y-Ebene gilt Damit ist auch die linke Seite von (4.19) ermittelt worden. Ek1 ¡ Ek0 = Z 1 0 F~ (a) ¢ d~rS + Z 1 0 ~ (a) ¢ d~ M ' S (4.25) Die Leistung Die Leistung erhÄ alt man durch Ableitung der Arbeit nach der Zeit ~ S aus (3.7) die kinetische Energie des starren folgt mit dem Drall L KÄorpers zu 1 1 Ek = m~vS 2 + Jz !z2 2 2 Integriert man (4.19) u alt man den Äber den Weg von 0 bis 1, so erhÄ Arbeitssatz fÄ ur den starren KÄ orper 4.4.4 und ~u ¢ (~ ! £ ~s) = ~ ! ¢ [~s £ (~ ! £ ~s)] 1 1 ~S Ek = m~vS 2 + ~ !¢L 2 2 Arbeits- und Energieerhaltungssatz Der Energiesatz lautet auch hier Ek + Ep = const. (vgl. (4.17)). i 1h 2 ¢Ek = ~vS + 2~vS ¢ (~ ! £ ~s) + ~u ¢ (~ ! £ ~s) ¢m 2 Wegen Körper 47 Man beachte, dass Ek1 und Ek2 rotatorische Anteile nach (4.24) enthalten. ! £ ~s ´ ~vS + ~u ~v = ~vS + ~ P 4.4 Energie und Leistung beim starren KÄorper P = dW=dt FÄ ur den Fall der ebenen Bewegung folgt also aus (4.24) und (4.25) der Leistungssatz (a) P = ~vS ¢ ~v_ S m + !z Jz !_ z = F~ (a) ¢ ~vS + MSz !z (4.26) Neben der wichtigen Formel (4.18) fÄ ur die translatorische Bewegung gilt fÄ ur die Leistung bei reiner Rotation (4.24) P = M! mit ! = 2¼n (4.27) 48 5 5 KINETIK DER REINEN TRANSLATION Kinetik der reinen Translation 5.2 Raketenbewegung 5.2 49 Raketenbewegung von Die dies der Das Besondere an der Raketenbewegung ist die verÄ anderliche Masse m = m(t). FÄ ur eine senkrecht aufsteigende Rakete kann man aus dem Impulssatz die Gleichung dv dm m = ¡mg + S mit S = ¹vr = ¡vr (5.3) dt dt herleiten. Darin sind S die Schubkraft, ¹ die pro Zeiteinheit ausstrÄ omende Masse (Einheit kg/s) und vr die Strahlgeschwindigkeit relativ zur Rakete. integriert und dem jeweiligen Problem angepasst. Der Drallsatz wird nicht verwendet. Ohne g, bzw. fÄ ur kurze Brennzeiten, erhÄ alt man | ausgehend von einem beliebigen Zustand m1 ; v1 | die Raketengrundgleichung ³ ´ m1 ¢v = v ¡ v1 = vr ln und daraus ¢m = m1 1 ¡ e−∆v/vr (5.4) m Diese Gleichungen sind fÄ ur ManÄ over von Raumfahrzeugen und Satelliten wichtig. In der Kinetik der reinen Translation wird die Bewegung Massenpunkten\ unter dem Ein°uss von KrÄ aften untersucht. " betrachteten KÄ orper mÄ ussen nicht wirklich klein sein, wie der Ausdruck Massenpunkt vermuten lÄ asst. Vielmehr wird von Betrachtung der Drehung abgesehen. Zur Behandlung dieser Probleme wird der Schwerpunktsatz ~ (a) m~Är S = F Die folgenden, nur kurz angerissenen Abschnitte stellen interessante Gebiete der Technischen Mechanik dar. 5.1 Der schiefe Wurf Der schiefe Wurf ohne Luftwiderstand kann mit dem Newtonschen Grundgesetz berechnet werden. In Koordinaten lautet dieses mÄ x=0 mÄ y = ¡mg Diese Gleichungen Anfangsbedingungen Bahnen. Wird der berÄ ucksichtigt, lauten p (5.1) werden | ausgehend von verschiedenen | integriert. Es ergeben sich parabelfÄ ormige in Abschnitt 5.4.3 de¯nierte Luftwiderstand mit k = ½cW AS =(2m) die Di®erentialgleichungen x Ä = ¡k x_ 2 +py_ 2 x_ yÄ = ¡g ¡ ¡k x_ 2 + y_ 2 y_ Diese werden am besten numerisch integriert. (5.2) Im erdnahen Feld folgt die erreichbare Geschwindigkeit aus (2) durch Integration vom Zustand t1 ; v1 ; m1 = mL + mT aus ¶ mT vmax = v1 + vr ln 1 + ¡ g(t ¡ t1 ) (5.5) mL Um eine hohe Geschwindigkeit zu erreichen, mÄ ussen folgende Werte mÄ oglichst gro¼ sein: ² das VerhÄ altnis Treibsto®masse zu Leermasse mT =mL ² die Strahlgeschwindigkeit vr (Chemie) ² die Anfangsgeschwindigkeit v1 (Mehrstufenprinzip) 50 5 5.3 KINETIK DER REINEN TRANSLATION Satellitenbewegung Betrachtet wird das ZweikÄ orperproblem Erde und Erdsatellit bzw. klassisch Sonne und Planet. Ausgegangen wird von den 3 Keplerschen6 Gesetzen und von der Ellipsengleichung in Parameterform. FÄ ur Satellitenbewegungen um die Erde lassen sich daraus die folgenden Beziehungen ableiten: FÄ ur den Kraftfaktor in einem beliebigen Abstand r vom Erdmittelpunkt gilt (fÄ ur r ¸ R): R2 r2 An der Erdober°Ä ache sind g(r) = g0 (5.6) g0 = 0,00981 km/s2 und r = R ¼ 6370 km FÄ ur die Umlaufzeit auf einer Ellipsenbahn mit der gro¼en Halbachse a gilt T = 2¼ s a3 g0 R2 (5.7) Die Geschwindigkeit an einer beliebigen Stelle r der Bahn wird durch die Binetsche Gleichung gegeben ¶ 1 2 2 2 ¡ (5.8) v = g0 R r a FÄ ur eine erdnahe Kreisbahn (a = r ¼ R) ergibt sich die 1. kosmische Geschwindigkeit v= p (5.9) p (5.10) g0 R = 7; 9 km/s Die 2. kosmische Geschwindigkeit, die Fluchtgeschwindigkeit, erhÄ alt man aus (5.8) fÄ ur r ¼ R und a ! 1 zu v= 6 2g0 R = 11; 2 km/s Johannes Kepler, 1571 - 1630 5.3 Satellitenbewegung 51 52 5 5.4 KINETIK DER REINEN TRANSLATION Bewegungswiderstände 5.4.2 FÄ ur reale Ingenieurprobleme ist die BewegungswiderstÄ ande von hoher Bedeutung. Betrachtung der ² Aufgrund von BewegungswiderstÄ anden geht mechanische Energie in WÄ armeenergie u Äber und damit meist verloren. ² Die BewegungswiderstÄ ande Geschwindigkeitsrichtung F~W = ¡FW ~ev 5.4.1 mit ~ev = wirken entgegen ~v v der (5.11) Gleitreibung Viskose Reibung In Bild 5.2 ist ein KÄ orper dargestellt, der sich auf einem Fluid¯lm der SpalthÄ ohe s bewegt. FÄ ur dessen Bewegungswiderstand gilt v FW = ´A (5.13) s Bild 5.2. Viskose Reibung Darin sind A FlÄ ache s SpalthÄ ohe v Geschwindigkeit ´ dynamische ZÄ ahigkeit. 1 Pa s = 1 kg m−1 s−1 (5.12) Die Reibungskraft R hÄ angt nicht vom Betrag von ~v ab. Siehe auch TM I. 53 Die Einheit von ´ ist Pascal-Sekunden Im Fall der Gleitreibung ist der Bewegungswiderstand FW = R = ¹N 5.4 BewegungswiderstÄande Man beachte dass FW » v . Dieses Widerstandsgesetz gilt in Luft fÄ ur Geschwindigkeiten bis etwa 1 m/s. Bild 5.1. Gleitreibung 5.4.3 Luftwiderstand Bereits von Newton wurde der Widerstand einer senkrecht ur einen beliebigen angestrÄ omten Platte mit FW = ½Av 2 angegeben. FÄ KÄ orper gilt 1 FW = cW ½v 2 AS (5.14) 2 mit 1 2 Staudruck (Einheit: N/m2 ) 2 ½v ½ Dichte (Einheit: kg/m3 ) AS Schatten°Ä ache (Einheit: m2 ) cW Widerstandsbeiwert (Einheit: |) Ein Beispiel fÄ ur den cW -Wert: Bei einer Kugel ist cW ¼ 0; 5. 54 5 5.4.4 KINETIK DER REINEN TRANSLATION Der Rollwiderstand Der Rollwiderstand ist ein Sonderfall der BewegungswiderstÄ ande. Dieser darf nicht mit dem im nÄ achsten Kapitel behandelten reinen Rollen verwechselt werden, bei dem die Haftreibungskraft keinen Energieverlust bewirkt. Um den Widerstand eines rollenden Rades zu deuten, nimmt man an, dass das Rad einen kleinen Wulst vor sich herschiebt. Das Momentengleichgewicht in Bild 5.3 lautet: 1 <¾ : ¡rFx + f Fz = 0 Mit den KrÄ aftegleichungen Fx = R und Fz = N folgt daraus f R= N r Bild 5.3. Rollwiderstand Beispiele fÄ ur f sind: f ¼ 0; 5 mm f ¼ 5 : : : 10 ¹m bei bei bei bei StahlrÄ adern auf Schienen r = 500 mm wird ¹ = 0; 001 Kugellagern r = 5 mm wird ¹ = 0; 001 Bei GummirÄ adern gelten andere Mechanismen. Als grobe NÄ aherung kann man bei diesen mit R = ¹r N rechnen. mit ¹r ¼ 0; 015 : : : 0; 02 5.4 BewegungswiderstÄande 55 56 6 6 Kinetik der ebenen Bewegung 6.1 6.1.1 KINETIK DER EBENEN BEWEGUNG Das Rad auf der schiefen Ebene Schwerpunktsatz und Drallsatz Ein typisches Beispiel fÄ ur die Berechnungen der Kinetik ist das Rad auf einer schiefen Ebene. Betrachtet wird ein | wie in der Statik | freigeschnittenes Rad, dessen Geschwindigkeit x_ nach unten und dessen Winkelgeschwindigkeit ! = '_ rechtsdrehend angenommen wird. Wie in der Statik werden KrÄ afte eingetragen: die eingeprÄ agte Gewichtskraft mg sowie die ReaktionskrÄ afte N und R. Der Schwerpunktsatz in y-Richtung lautet mÄ y = N ¡ mg cos ® Daraus folgt mit yÄ = 0 6.1 Das Rad auf der schiefen Ebene 57 Aus den drei Gleichungen (6.2), (6.3) und (6.4) folgen die drei Unbekannten x Ä; '; Ä R. Hier ist R = RH die Haftreibungskraft, also eine Reaktionskraft. Ihre Richtung kann deshalb willkÄ urlich angesetzt werden (Bild 6.1). Die Elimination von R = RH tritt bei vielen Aufgaben ahnlich auf: (6.4) wird in (6.3) eingesetzt. Au¼erdem wird (6.3) durch r Ä dividiert J x Ä=R r2 Diese Beziehung wird zu (6.2) addiert ¶ J x Ä = mg sin ® r2 Zur Kontrolle: Der Massenausdruck bei x Ä hat stets positive Vorzeichen. Man erhÄ alt fÄ ur die 3 Unbekannten g sin ® x Ä= (6.5) 1 + J=mr 2 m+ (6.1) 'Ä = (6.6) In x-Richtung ergibt der Schwerpunktsatz mit vS = x_ 1 g sin ® r 1 + J=mr 2 R= J g sin ® mg sin ® = 2 2 r 1 + J=mr mr2 =J + 1 (6.7) N = mg cos ® mÄ x = mg sin ® ¡ R (6.2) Der Drallsatz in Richtung von '_ ergibt sich mit dem TrÄ agheitsmoment JS = J J' Ä = +rR (6.3) Bild 6.1. Rad auf der schiefen Ebene Bei zylindrischen Scheiben und Walzen (aber nicht immer!) ist J = 12 mr 2 , wodurch sich die AusdrÄ ucke vereinfachen. Wie aus TM I, Kapitel 12 bekannt ist, kann die Haftreibungskraft R nicht beliebig gro¼ werden R = RH · ¹0 N = ¹0 mg cos ® 6.1.2 Reines Rollen tritt also nur auf, wenn Kinematische ZusammenhÄ ange bei reinem Rollen tan ® · ¹0 Aus der kinematischen Grundgleichung fÄ ur den starren KÄ orper ~v = ~vS + ~ ! £ ~s folgt hier ausgehend vom Momentanpol M v = !r oder x_ = 'r _ und damit x Ä = 'r Ä (6.8) (6.4) à mr 2 +1 J ! (6.9) 58 6 6.1.3 KINETIK DER EBENEN BEWEGUNG Geschwindigkeit, Weg und Zeit 6.1.4 Aus der Gleichung (6.5) x Ä= g sin ® = a = const. 1 + J=mr 2 folgt durch Integration mit v0 = 0; s0 = 0 1 x_ = v = at; s = at2 2 und daraus r 2s t= a sowie p v = 2as (6.10) 59 Rollen mit Gleiten Bei kleinem ¹0 oder gro¼em ® tritt Rollen mit Gleiten auf. Dabei gelten wie oben N = mg cos ® mÄ x = mg sin ® ¡ R J 'Ä = rR (6.11) (6.12) Diese Beziehung folgt einfacher aus dem Energieerhaltungssatz: 1 1 mv 2 + J!2 = mgs sin ® (6.13) 2 2 Die kinematische Bedingung ist wie oben ! = v=r (6.4). Also gilt 6.1 Das Rad auf der schiefen Ebene ¶ J m + 2 v 2 = 2mgs sin ® r Unter Verwendung der in (6.10) mit a abgekÄ urzten, konstanten Beschleunigung erhÄ alt man v 2 = 2as. Aus (6.10) folgt, dass ein Hohlzylinder mit J = mr 2 weniger beschleunigt wird als ein Vollzylinder mit J = 12 mr 2 . Dies gilt unabhÄ angig von Masse und Radius. FÄ ur die GrÄ o¼en x_ und '_ gibt es hier keinen kinematischen Zusammenhang (so wie die Gleichung (6.4) v = !r beim reinen Rollen). Dagegen erhÄ alt man hier eine weitere Gleichung aus dem Coulomb'schen Gesetz fÄ ur die Gleitreibung R = RG = ¹N = ¹mg cos ®; (6.14) Dabei ist R eine eingeprÄ agte Kraft, deren Richtung entgegen x_ ist (Die GrÄ o¼e RH beim reinen Rollen ist eine Reaktionskraft und kann dort willkÄ urlich angenommen werden). Mit (6.8) folgen aus dem Schwerpunktsatz und dem Drallsatz x Ä = g(sin ® ¡ ¹ cos ®) (6.15) 1 mr 2 'Ä = ¹g cos ® r J (6.16) 60 6 6.2 6.2.1 KINETIK DER EBENEN BEWEGUNG Vorgehen bei der Berechnung ebener kinetischer Probleme 6.2 Vorgehen bei der Berechnung ebener kinetischer Probleme In vielen FÄ allen ist yÄS = 0; dann wird durch (6.18) das KrÄ aftegleichgewicht in y-Richtung beschrieben. Drallsatz bezÄ uglich des Schwerpunktes: LÄ osung mit dem Schwerpunktsatz und Drallsatz JS ' Ä= Das Vorgehen erfolgt Ä ahnlich wie in der Statik und wird hier fÄ ur Systeme mit mehreren KÄ orpern formuliert. 1. KÄorper freischneiden: Die zu berechnenden KÄ orper freigeschnitten skizzieren (bei Schwingungsaufgaben in einer ausgelenkten Lage) 2. Kinematische GrÄo¼en eintragen: (Schwerpunktgeschwindigkeiten x_ = vS und Winkelgeschwindigkeiten '_ = !). Die Richtungen nach der Anschauung festlegen und dann beibehalten. ReaktionskrÄ afte sind z.B.: RH , SeilkrÄ afte Si , 4. Bewegungsgleichungen aufstellen: (Drei Bewegungsgleichungen fÄ ur jeden KÄ orper). Schwerpunktsatz fÄ ur die Bewegungsrichtung (z.B. x): mÄ xS = P Fxi (6.17) Dabei mÄ ussen die KrÄ afte Fxi in Richtung von x positiv angesetzt werden. FÄ ur die y-Richtung folgt entsprechend mÄ yS = P Fyi MSi (6.19) Momente MSi im Drehsinn von '_ werden positiv angesetzt. 5. Kinematische ZusammenhÄange aufstellen: (ZusammenhÄ ange zwischen den unter Punkt 2 eingefÄ uhrten, kinematischen GrÄ o¼en x_ und '). _ FÄ ur den beliebigen Bezugspunkt C gilt ~v = ~vC + ! ~ £ ~s: Praktisches Vorgehen: Zuerst den Momentanpol M bestimmen. Mit ¹ gilt z.B. r = MS x_ S = 'r _ und deshalb auch x ÄS = 'r Ä (6.20) 6. Gleichungen au°Äosen: Die Zahl der Unbekannten und die Zahl der Gleichungen mÄ ussen u Äbereinstimmen. Gewichtskraft G = mg, Gleitreibungskraft R. Haftreibungskraft P Dabei auf das Vorzeichen achten; evtl. gilt auch x_ S = ¡'r. _ 3. KrÄafte eintragen: (SÄ amtliche eingeprÄ agte KrÄ afte und ReaktionskrÄ afte.) EingeprÄ agte KrÄ afte sind z.B.: Normalkraft N , Federkraft cx . 61 (6.18) Das beschriebene Vorgehen fÄ uhrt | auch bei komplizierten Systemen | immer zum Ziel. Weitere SÄ atze werden nicht benÄ otigt. 62 6 6.2.2 KINETIK DER EBENEN BEWEGUNG LÄ osung mit dem Energieerhaltungssatz Arbeitssatz oder dem Bei Systemen mit einem 1 Freiheitsgrad kann die LÄ osung auch mit dem Arbeitssatz oder | wenn keine Reibung vorhanden ist | dem Energieerhaltungssatz gewonnen werden. Dabei sind folgende Punkte zu beachten: ² Den rotatorischen Term nicht vergessen! FÄ ur die kinetische Energie gilt beim starren KÄ orper fÄ ur die ebene Bewegung Ek = 12 mvS2 + 12 JS ! 2 fÄ ur die rÄ aumliche Bewegung lautet der 2. Term Kapitel 4 und 7). 1 ! 2~ £ J¹ £ ! ~ (siehe ² Die Haftreibungskraft RH leistet keine Arbeit. Deshalb kann bei reinem Rollen der Energieerhaltungssatz verwendet werden. Diese MÄ oglichkeit ist besonders dann gÄ unstig, wenn v(s) gesucht wird. Wenn dagegen v(t) gesucht wird, ist es einfacher, Schwerpunkt- und Drallsatz zu verwenden. 1 Dies bedeutet, dass nach Berücksichtigung der kinematischen Zusammenhänge das System durch eine kinematische Größe beschreibbar sein muss. Bei Systemen mit mehreren Freiheitsgraden muss man entweder mit dem Schwerpunktsatz und dem Drallsatz arbeiten und alle Zwangskräfte eliminieren oder die Lagrangeschen Bewegungsgleichungen 2. Art verwenden, siehe dazu [1]. 6.2 Vorgehen bei der Berechnung ebener kinetischer Probleme 63 64 6.3 6 KINETIK DER EBENEN BEWEGUNG Das Beispiel Scheibenräder und Seile Die oben beschriebenen Vorgehensweisen werden bei dem in Bild 6.2 dargestellten System mit mehreren Massen angewandt. Ein Aufzug der Masse mQ wird u Äber zwei gleiche Seilrollen durch die Masse mG gehoben. 6.3 Das Beispiel ScheibenrÄader und Seile 65 2. Kinematische GrÄo¼en eintragen: x; _ y; _ '; _ Ã_ 3. KrÄafte eintragen: EingeprÄ agte KrÄ afte sind (mQ + mR )g; mG g Die ReaktionskrÄ afte S1 ; S2 ; S3 werden je zweimal eingetragen. Bild 6.2. Aufzug, Problemstellung Bild 6.3. Aufzug, freigeschnitten 6.3.1 LÄ osung mit dem Schwerpunktsatz und Drallsatz 1. KÄorper freischneiden (Bild 6.3 ): Das rechte Rad muss nicht freigeschnitten werden, da sein Schwerpunkt Fixpunkt ist. Wenn die Stangenkraft nicht interessiert, kÄ onnen die linke Masse und das Rad zusammen berechnet werden, es braucht nicht geschnitten zu werden. 4. Bewegungsgleichungen aufstellen: FÄ ur die linke Masse lautet der Schwerpunktsatz ": (mQ + mR )Ä x = S1 + S2 ¡ (mQ + mR )g (6.21) FÄ ur das linke Rad lautet der Drallsatz <¾ : J' Ä = ¡rS1 + rS2 FÄ ur das rechte Rad lautet der Drallsatz ½> : J ÃÄ = rS3 ¡ rS2 (6.22) (6.23) FÄ ur die rechte Masse lautet der Schwerpunktsatz #: mG yÄ = ¡S3 + mG g ur die Ruhe gilt! Man beachte, dass S3 = mG g nur fÄ (6.24) 66 6 KINETIK DER EBENEN BEWEGUNG 5. Kinematische ZusammenhÄange aufstellen: Momentanpol des linken Rades ist der Punkt 1. Aus dem Geschwindigkeitsdreieck in Bild 6.4 liest man ab '_ = x_ r (6.25) 6.3 Das Beispiel ScheibenrÄader und Seile 67 Die Addition der ersten beiden und der letzten beiden Gleichungen von (6.29) ergibt 3 (mQ + mR )Ä x = 2S2 ¡ (mQ + mR )g 2 (mR + 2mG )Ä x = ¡S2 + mG g j¢2 v2 = 2x_ Die Elimination von S2 erfolgt durch Addition dieser Gleichungen, wobei die 2. Gleichung mit 2 multipliziert wird. Man erhÄ alt 7 (mQ + mR + 4mG )Ä x = (2mG ¡ mQ ¡ mR )g 2 FÄ ur das rechte Rad gilt v3 = v2 und v2 x_ Ã_ = =2 (6.26) r r FÄ ur die rechte Masse gilt y_ = v4 = v2 = 2x_ x Ä= (6.27) Bild 6.4. Aufzug, Kinematik 2mG ¡ mQ ¡ mR g mQ + 72 mR + 4mG (6.30) FÄ ur die Zahlenwerte mQ = 70 kg; mG = 65 kg; mR = 20 kg; g = 10 m= s2 6. Gleichungen au°Äosen: ergibt sich Mit J= x Ä = 1 m= s2 1 2 2 mR r (6.28) und den kinematischen Bedingungen (6.25) bis (6.27) lauten die Bewegungsgleichungen (6.21) bis (6.24) (mQ + mR )Ä x = 1 Ä 2 mR x = ¡S1 + S2 mR x Ä = 2mG x Ä = ¡ S2 + S3 S3 = mG (g ¡ 2Ä x) = 520 N (nicht S3 = mG g = 650 N) Aus der 3. Gleichung von (6.29) folgt wegen der TrÄ agheit des rechten Rades ¡ (mQ + mR )g S1 + S2 Aus der 4. Gleichung von (6.29) folgt damit (6.29) ¡ S3 + mG g AbzÄ ahlen der Unbekannten. Die vier GrÄ o¼en x Ä; S1 ; S2 ; S3 sind aus den vier Gleichungen (6.29) bestimmbar. Ä = 500 N S2 = S3 ¡ mR x Aus der 2. Gleichung von (6.29) folgt wegen der TrÄ agheit des linken Rades 1 S1 = S2 ¡ mR x Ä = 490 N 2 Die erste Gleichung von (6.29) lautet mit Zahlenwerten 90 kg x Ä = 990 N ¡ 900 N Also ist x Ä = 1 N= kg = 1 m= s2 . 68 6 6.3.2 KINETIK DER EBENEN BEWEGUNG LÄ osung mit dem Energieerhaltungssatz Der Energieerhaltungssatz lautet Ek + Ep = Ek0 + Ep0 = const. 1 1 _2 1 1 (mQ + mR )x_ 2 + J '_ 2 + J à + mG y_ 2 2 2 2 2 + (mQ + mR )gx ¡ mG gy = const. Einsetzen der kinematischen Beziehungen (6.25) bis (6.27) sowie der Beziehung (6.28) J = 12 mR r 2 · 1 1 (mQ + mR ) + mR 2 2 ¸ 1 4mR + 4mG x_ 2 2 + (mQ + mR ¡ 2mG)gx = const. + Di®erenzieren nach der Zeit ergibt · ¸ 1 (mQ + mR ) + mR + 2mR + 4mG xÄ _ x + (mQ + mR ¡ 2mG )g x_ = 0: 2 FÄ ur x_ 6= 0 folgt daraus wie oben ¶ 7 mQ + mR + 4mG x Ä = (2mG ¡ mQ ¡ mR )g 2 Mit dieser Methode kÄ onnen die SeilkrÄ afte nicht bestimmt werden. Sind Winkelfunktionen im Spiel, so darf erst nach dem Di®erenzieren linearisiert werden. 6.3 Das Beispiel ScheibenrÄader und Seile 69 Ä 7 MASSENTRAGHEITSMOMENTE 70 7 Massenträgheitsmomente In (3.7) wurde der Drall fÄ ur den Schwerpunkt de¯niert R ~s £ (~ ! £ ~s)dm Die daraus folgende Gleichung (3.9) schreibt man als Matrizengleichung in der Form 2 32 3 Jx ¡Jxy ¡Jxz !x 76 7 ~S = 6 L Jy ¡Jyz 5 4 !y 5 4 ¡Jyx ¡Jzx ¡Jzy Jz !z (7.1) Die Hauptdiagonalglieder sind TrÄagheitsmomente, die Terme mit gemischten Indizes hei¼en Deviationsmomente oder Zentrifugalmomente. R Jx = (y2 + z 2 )dm R Jy = (z 2 + x2 )dm R Jz = (x2 + y 2 )dm (7.2) Jyz = Jzy = (7.3) Jzx = Jxz = (7.4) Jxy = Jyx = R R R yzdm (7.5) zxdm (7.6) xydm (7.7) Man beachte, dass in (7.1) negative Vorzeichen und in (7.5) bis (7.7) positive stehen. Manche Autoren de¯nieren auch umgekehrt. Schreibt man den Drall (7.1) in der Form ~ S = J¹ ¢ ~ L ! ² Die TrÄ agheitsmomente sind stets > 0. ² Der TrÄ agheitstensor ist symmetrisch, d.h. es gelten Jxy = Jyx usw. Der KÄ orper kann dabei vÄ ollig unsymmetrisch sein. ² Die Deviationsmomente kÄ onnen auch negativ sein. Drall und Trägheitsmomente ~S = L 71 FÄ ur die TrÄ agheitseigenschaften eines KÄ orpers gilt: Bei der ebenen Bewegung in der x; y-Ebene als Symmetrieebene ist nur das MassentrÄ agheitsmoment Jz von Interesse. Dieses kann dabei als skalare GrÄ o¼e wie eine Masse behandelt werden. Viele Probleme der Rotorkinetik lassen sich jedoch nicht als ebene Bewegung beschreiben. 7.1 7.1 Drall und TrÄagheitsmomente (7.8) so kennzeichnet die quadratische Matrix den TrÄagheitstensor J¹ bzgl. des x; y; z-Systems. Ä 7 MASSENTRAGHEITSMOMENTE 72 7.2 Symmetrie und Hauptträgheitsmomente 7.2 Symmetrie und HaupttrÄagheitsmomente Ist au¼erdem auch !x = !y = 0, so folgt nach (7.1) der Drall wie in (3.10) zu 2 Ist die xz-Ebene (?~ey ) Symmetrieebene, so gibt es nach Bild 7.1 zu jedem Massenelement dm1 vorne 3 0 7 ~S = 6 L 4 0 5 Jz !z dm1 = dm mit y1 = y (7.10) Ist die y; z-Ebene (?~ex ) Symmetrieebene, so sind ein hinteres Jzx = 0; Jxy = 0 dm2 = dm mit y2 = ¡y (7.11) Ist die z; x-Ebene (?~ey ) Symmetrieebene, so sind auch Bild 7.1. Symmetrie so dass Jyz = 0; Jxy = 0 Jyz = Jxy = Z Z y1 zdm + xy1 dm + Z Z (7.12) Gibt es zwei zueinander senkrechte Symmetrieebenen, so gelten y2 zdm = 0 ) Jyz = 0 xy2 dm = 0 ) Jxy = 0 Jyz = 0; Jzx = 0; Jxy = 0 und die Matrix J hat die Hauptachsenform 2 gelten. Dann lautet die Matrix des TrÄ agheitstensors 2 73 3 Jx 0 ¡Jxz 6 7 J =4 0 Jy 0 5 ¡Jzx 0 Jz (7.9) 3 Jx 0 0 6 7 J = 4 0 Jy 0 5 0 0 Jz In diesem Fall hei¼en Jx ; Jy ; Jz HaupttrÄagheitsmomente (7.13) Ä 7 MASSENTRAGHEITSMOMENTE 74 7.3 Folgerungen fu Är Rotoren ² FÄ ur rotierende Maschinenteile ist in der Regel ein TrÄ agheitstensor der Form von (7.13) anzustreben. ² Ein besonders wichtiger Sonderfall ist Jx = Jy (7.14) FÄ ur diesen ist auch fÄ ur alle Achsen senkrecht zur z-Achse J = Jx , und man spricht von symmetrischen Rotoren. Dabei muss die geometrische Form nicht symmetrisch sein. Beispiele sind senkrechte Prismen, deren Querschnitte gleichseitige Polygone sind (Dreieck, Quadrat, 5-Eck, 6-Eck). ² Zu vermeiden sind Rotoren, bei denen Jx = Jy = Jz (7.15) gilt, also Rotoren in der Form von Kugeln, WÄ urfeln usw. Bei diesen werden von der unvermeidlichen Unwucht stets Eigenschwingungen angeregt. ² Die Drehung um die mittlere Hauptachse ist instabil. Daraus folgt, dass bei einem Rotor, der um die z-Achse rotiert, der Fall Jx < Jz < Jy 7.3 Parallel verschobene Achsen, der Steinersche Satz (7.16) unbedingt vermieden werden sollte. FÄ ur den letzten Punkt gibt es zwei wichtige Beispiele: Ein hochgeworfer Quader dreht stabil um die Achsen mit dem grÄ o¼ten und dem kleinsten TrÄ agheitsmoment; es gelingt jedoch nicht, ihn um die Achse mit dem mittleren stabil rotieren zu lassen. Ist die StiellÄ ange einer zwei°Ä ugeligen Luftschraube gerade so, dass das TrÄ agheitsmoment um die Drehachse das mittlere ist, so gelingt keine stabile Drehung. 75 Parallel verschobene Achsen, der Steinersche Satz Gegeben sind die TrÄ agheits- und Deviationsmomente fÄ ur den Punkt 0. Dann gelten nach (7.2) bis (7.7) sinngemÄ a¼ R Jx̄ = R (¹ y 2 + z¹2 )dm Jȳ = R (¹ z2 + x ¹2 )dm Jz̄ = (¹ x2 + y¹2)dm R Jȳz̄ = R y¹z¹dm Jz̄ x̄ = R z¹x ¹dm Jx̄ȳ = x ¹y¹dm FÄ ur die Koordinatentransformation gelten nach Bild 7.2 x ¹ = x + a y¹ = y + b (7.17) z¹ = z + c Die Koordinaten x; y; z gehen vom Schwerpunkt aus. Deshalb gelten R xdm = xS m = 0; R R ydm = 0; zdm = 0 Bild 7.2. Parallelverschiebung und man erhÄ alt Jx̄ = Jx + (b2 + c2 )m (7.18) Jȳz̄ = Jyz + bcm (7.21) Jȳ = Jy + (c + a )m (7.19) Jz̄x̄ = Jzx + cam (7.22) Jz̄ = Jz + (a2 + b2 )m (7.20) Jx̄ȳ = Jxy + abm (7.23) 2 2 Diese ZusammenhÄ ange hei¼en Steinerscher Satz. Dabei sollte man sich merken: ² Die MassentrÄ agheitsmomente sind bzgl. des Schwerpunktes am kleinsten. ² Vom Schwerpunkt ausgehend werden die TrÄ agheitsmomente stets grÄ o¼er (Pluszeichen). Falls (7.5) bis (7.7) mit umgekehrtem Vorzeichen de¯niert werden, muss in (7.21) bis (7.23) statt des Plus- ein Minuszeichen stehen. Ä 7 MASSENTRAGHEITSMOMENTE 76 7.4 Zusammengesetzte Körper Eine wichtige Ingenieuraufgabe ist, TrÄ agheitsmomente von KÄ orpern zu berechnen, die aus bekannten TeilkÄ orpern zusammengesetzt sind. Dies wird am Beispiel der Zylinder von Bild 7.3 gezeigt. Mit den Schwerpunktkoordinaten der TeilkÄ orper ³S1 ´ ³1 ; ³S2 ´ ³2 folgt fÄ ur den Gesamtschwerpunkt nach TM I, (7.20) m1 ³1 + m2 ³2 (7.24) m1 + m2 Wenn die Radien ri und die LÄ angen li hei¼en, folgt fÄ ur den Zylinder 1 das TrÄ agheitsmoment bezÄ uglich des Punktes 1 zu ³S = Jx1,1 = m1 à r12 l2 + 1 4 12 ! Bild 7.3. Zusammengesetzte Vollzylinder (7.25) Die Punkte 1 und 2 haben vom Gesamtschwerpunkt S die AbstÄ ande c1 = z1 = ³1 ¡ ³S c2 = z2 = ³2 ¡ ³S hier ist c1 < 0 (7.26) Mit dem Steinerschen Satz gelten bzgl. des Gesamtschwerpunkts S Jx2,S = ³ r12 ³ 42 r m1 42 Jx1,S = m1 + + l12 12 l22 12 + c21 + c22 ´ ´ und das gesamte TrÄ agheitsmoment bzgl. S ist Jx = Jx1,S + Jx2,S (7.27) 7.4 Zusammengesetzte KÄorper 77 Ä 7 MASSENTRAGHEITSMOMENTE 78 7.5 7.5 Wichtige TrÄagheitsmomente Wichtige Trägheitsmomente ³ m = ½¼l ra2 ¡ ri2 m = ½¼r 2 l Jx = Jy = 1 1 Jx = Jy = mr2 + ml2 4 12 Jz = Jz = 1 2 mr 2 79 ´ ´ 1 ³ 2 1 m ra + ri2 + ml2 4 12 ´ 1 ³ 2 m ra + ri2 2 Zu beachten ist das Pluszeichen! 7.7 Hohlzylinder 7.4 Kreiszylinder Jx = Jy = l)h¿r 1 2 mr 2 Jz = mr 2 1 Jx = Jy = mr2 4 Jz = m = ½2¼rA 1 2 mr 2 7.8 Dünner Kreisring 7.5 Kreisscheibe 2 Jx = Jy = Jz = mr2 5 m = ½lA Jx = Jy = 4 m = ½ ¼r 3 3 1 ml2 ; Jz ¼ 0 12 7.9 Kugel Bzgl. des Stabendes gelten 1 Jx̄ = Jȳ = ml2 ; Jz̄ ¼ 0 3 Tab. 7.2. Massenträgheitsmomente 7.6 Stab Tab. 7.1. Massenträgheitsmomente Ä 7 MASSENTRAGHEITSMOMENTE 80 7.5 Wichtige TrÄagheitsmomente 81 Herleitungen 1 m = ½ ¼r2 h 3 Zum Kreiszylinder: (r ist hier variabel, der Au¼enradius hei¼t ra ). Schwerpunkthöhe R Jz = (x2 + y 2 )dm = 1 hS = h 4 dm = ½l2¼rdr 3 3 Jx = Jy = mr 2 + mh2 20 80 Jz = " r4 Jz = ½l2¼ 4 3 mr2 10 7.10 Gerader Kreiskegel #ra R 2 r dm 1 = ½l ¼ra4 2 0 1 Jz = mra2 2 Bild 7.13. Kreiszylinder m = ½abc Jx + Jy = Bzgl. des Schwerpunkts S gelten Jx = Jy = Jz = ¢ R¡ 2 R x + y2 + 2z 2 dm = Jz + 2 z 2 dm (7.28) FÄ ur rotationssymmetrische KÄ orper gilt also stets 1 m(b2 + c2 ) 12 1 m(c2 + a2 ) 12 1 m(a2 + b2 ) 12 R Jx = Jy = 12 Jz + z 2 dm: Mit (7.29) dm = ½¼ra2 dz 7.11 Quader Tab. 7.3. Massenträgheitsmomente folgt wie beim Stab Z 2 z dm = ½¼a 2 " z3 3 #+l/2 −l/2 = ½¼a2 1 3 1 l = ml2 12 12 Zum Hohlzylinder: ³ ´ 1 1 Jz = ½¼l ra4 ¡ ri4 = ½¼l(ra2 ¡ ri2 )(ra2 + ri2 ) 2 2 1 Jz = m(ra2 + ri2 ) 2 Ä 7 MASSENTRAGHEITSMOMENTE 82 7.6 Massenträgheitsmomente bei gedrehten Achsen Die Darstellung der Winkelgeschwindigkeiten, des Dralls und der TrÄ agheitsmomente in gedrehten Koordinaten ist fÄ ur die Rotordynamik wichtig. Sie erfolgt im dreidimensionalen Fall am besten in der ~ gilt z.B.: u ur den Vektor L Äbersichtlichen Matrizenform. FÄ ∗ L = QL d.h. 2 3 2 32 3 Entsprechend gilt fÄ ur die dem Tensor J¹ entsprechende Matrix J (7.30) Die Transformationsmatrizen Q werden fÄ ur die Drehungen um die Koordinatenachsen dargestellt. FÄ ur die Drehung um die x-Achse gilt 2 3 1 0 0 6 7 Qα = 4 0 cos ® sin ® 5 0 ¡ sin ® cos ® (7.31) 3 cos ¯ 0 ¡ sin ¯ 6 7 Qβ = 4 0 1 0 5 sin ¯ 0 cos ¯ 3 cos ° sin ° 0 6 7 Qγ = 4 ¡ sin ° cos ° 0 5 0 0 1 2 3 Jx cos2 ' + Jz sin2 ' 0 ¡(Jx ¡ Jz ) sin ' cos ' 6 7 ∗ J =4 0 Jy 0 5 (7.34) ¡(Jx ¡ Jz ) sin ' cos ' 0 Jx sin2 ' + Jz cos2 ' ∗ Jxz = (Jx ¡ Jz ) sin ' cos ' ¼ (Jx ¡ Jz )' (7.35) det(J ¡ Ji 1) = 0 wobei 1 = diag(1; 1; 1) (7.36) Hat J eine beliebige Form, so folgen die HaupttrÄ agheitsmomente J1 ; J2 ; J3 als Eigenwerte von J aus der Beziehung Dies ist eine kubische Gleichung, deren LÄ osungen zwar stets reell sind (wegen der Symmetrie des Tensors), die aber im allgemeinen nicht analytisch sondern numerisch berechnet werden. Die Hauptrichtungen sind durch die zu Ji gehÄ orenden Eigenvektoren ni von J gegeben. Sie folgen aus i = 1::: 3 (7.37) Dies sind fÄ ur jedes Ji drei homogene Gleichungen. Die LÄ osungen von (7.37) werden so normiert, dass jni j = 1 (7.32) (7.38) ni gilt. Die drei 2 bilden dann die Transformationsmatrix Q 3 n1 n12 n13 7 6 1 6 7 Q = 6 n21 n22 n23 7 4 FÄ ur die Drehung um die z-Achse gilt 2 Hat J die Hauptachsenform von (7.13) so erhÄ alt man bei einer Drehung um die negative y-Achse mit dem Winkel ' = ¡¯ (s. Bild 7.7 ) (J ¡ Ji 1)ni = 0; FÄ ur die Drehung um die y-Achse gilt 2 83 Diese Formel wird z.B. bei einem schief auf der Welle sitzenden Zylinder benÄ otigt. FÄ ur kleine ' ergibt sich L∗x ¢ ¢ ¢ Lx 6 ∗ 7 6 76 7 L = ¢ ¢ ¢ 4 y 5 4 5 4 Ly 5 ¢ ¢ ¢ Lz L∗z J ∗ = QJQT 7.6 MassentrÄagheitsmomente bei gedrehten Achsen n31 n32 n33 (7.39) 5 und das nach (7.30) gedrehte J ∗ erhÄ alt die Form von (7.13) (7.33) ∗ J =J H 2 J 6 1 6 =6 0 4 0 0 J2 0 3 0 7 7 0 7 = diag(J1 ; J2 ; J3 ) J3 5 (7.40) 84 8 FLIEHKRAFT UND UNWUCHT 8 Fliehkraft und Unwucht 8.1 Die technisch wichtige Fliehkraft wird hier fÄ ur einen exzentrischen Rotor hergeleitet. (Sie ist zunÄ achst keine eingeprÄ agte Kraft und wird vielfach als Scheinkraft bezeichnet). Der in Bild 8.1 dargestellte KÄ orper der Masse m soll um den Lagerpunkt C mit der konstanten Winkelgeschwindigkeit '_ rotieren. Der Punkt C kann fest oder bewegt sein. Auf den KÄ orper wirken die ~ Gewichtskraft m~g und die Lagerkraft FC (vom Lager auf den KÄ orper wirkend). F~ (a) = F~C + m~g (8.1) Dabei ist die Fliehkraft F~F nicht in F (a) enthalten! Nach Bild 8.1 gilt ~rS = ~rC + e~er und deshalb mit ~e_r = '~ _ eϕ , ~e_ϕ = ¡'~ _ er von (1.7) und ' Ä=0 (8.2) Setzt man dies in den Schwerpunktsatz m~rÄS = F~ (a) (8.3) ein, so erhÄ alt man ~F + F~ (a) m~rÄC = me'_ 2~er + F~ (a) = F (8.4) Die GrÄ o¼e FF = me'_ 2 = me! 2 85 Be¯ndet sich der Rotor in einem GehÄ ause der Masse mG , so gilt fÄ ur dieses nach Bild 8.2 mG~rÄC = ¡F~C + mG~g (8.6) Die Fliehkraft ~rÄS = ~rÄC ¡ e'_ 2~er 8.1 Die Fliehkraft (8.5) Bild 8.1. Fliehkraft ist die stets radial nach au¼en (~er -Richtung) wirkende Fliehkraft. Mit (8.1) und (8.4) erhÄ alt man fÄ ur das Gesamtsystem den Schwerpunktsatz in der Form ~F + (mG + m)~g (8.7) (mG + m)~rÄC = F In dieser Gleichung darf die Rotormasse m auf der linken Seite nicht vergessen werden. Bild 8.2. Kräfte auf das Gehäuse Wie diese Herleitung zeigt, wirkt die Fliehkraft also im mitdrehenden Koordinatensystem. Sie ist eine real auftretende Kraft. Deshalb ist der Ausdruck Scheinkraft\ irrefÄ uhrend. " 86 8 FLIEHKRAFT UND UNWUCHT 8.2 Statische Unwucht 8.3 Unwucht ergibt umlaufende LagerkrÄ afte und fÄ uhrt deshalb zu unruhigem Lauf einer Maschine. Fast jeder technisch eingesetzte Rotor wird ausgewuchtet und zwar statisch und dynamisch. Kennzeichen der statischen Unwucht: 87 Dynamische Unwucht Kennzeichen der dynamischen Unwucht: Die Massenverteilung ist nicht symmetrisch zur Drehachse, genauer: die Drehachse ist keine HaupttrÄ agheitsachse. Trotzdem kann der Schwerpunkt auf der Drehachse liegen. In Bild 8.4 wird die dynamische Unwucht durch die zwei Massen md an dem sonst symmetrischen Rotor dargestellt. Man erhÄ alt das Momentengleichgewicht Der Schwerpunkt liegt nicht auf der Drehachse, d.h. Es gibt eine SchwerpunktexzentrizitÄ at e. Die statische Unwucht wird durch A2 L = md r! 2 l me (z.B. in g mm) und daraus LagerkrÄ afte ausgedrÄ uckt. Sie bewirkt umlaufende LagerkrÄ afte 1 A1 = B1 = me ! 2 (8.8) 2 die umlaufenden l (8.10) L Das rein dynamische Auswuchten erfolgt nach Bild 8.4 durch die zwei Ausgleichsmassen m2 . Diese be¯nden sich jeweils gegenÄ uber von den Massen md und sind vom gleichen Betrag wie diese. Der Raumwinkel gegenÄ uber der kÄ orperfesten x-Achse wird als °2 angenommen. A2 = B2 = md r! 2 Bild 8.3. Statische Unwucht Statisches Auswuchten (auch Auswiegen genannt) erfolgt durch eine Ausgleichsmasse auf der Gegenseite des Schwerpunkts oder { wie in Bild 8.3 { zwei Ausgleichsmassen m1 in den Ausgleichsebenen 2m1 r = me 8.3 Dynamische Unwucht (8.9) Der Winkel dieser Ausgleichsmassen gegenÄ uber der kÄorperfesten x-Achse wird fÄ ur die weitere Darstellung als °1 angenommen. Bild 8.4. Dynamische Unwucht 88 8.4 8 FLIEHKRAFT UND UNWUCHT ~ = A ~1 + A ~2 ; A (8.11) ~ = B ~1 + B ~2 B 89 Jxz = (JxH ¡ JzH )' Überlagerung Bei dem unausgewuchteten Rotor von Bild 8.4 ist In der Praxis treten die statische und die dynamische Unwucht fast immer gekoppelt auf. Auswuchtmaschinen messen die resultierenden LagerkrÄ afte Jxz = md rl (8.12) Bild 8.6. Rotor mit Schieflage Bild 8.5. Überlagerung unter den Winkeln °A und °B . Daraus werden die Ausgleichsmassen und die zugehÄ origen Winkel in den Ausgleichsebenen links und rechts berechnet. Dies ist eine algebraisch komplizierte Berechnung, die in der Auswuchtmaschine durch einen Prozessor erledigt wird. Nach dem Auswuchten sind keine umlaufenden LagerkrÄ afte mehr vorhanden. 8.5 8.5 Rotor mit Schieflage FÄ ur die symmetrischen Ausgleichsmassen mA = m2 nach Bild 8.7 lautet das Deviationsmoment l l (Jzx )A = mA (¡r) + mA r(¡ ) 2 2 (Jzx )A = ¡mA rl Die Ausgleichsmassen mA werden so gewÄ ahlt, dass mit Jxz aus (8.12) Jxz + (Jzx )A = 0 Rotor mit Schieflage In vielen FÄ allen rÄ uhrt die dynamische Unwucht von einer Schieflage eines sonst symmetrischen Rotors her. BezÄ uglich des mitdrehenden Systems, dessen z-Achse die Drehachse ist, erhÄ alt man nach der Theorie der MassentrÄ agheitsmomente (vgl. (7.61)) ein Deviationsmoment (8.13) ist. Bild 8.7. Symmetrische Ausgleichsmassen Bei einem dynamisch ausgewuchteten Rotor fallen also Hauptachse und Drehachse zusammen. 90 9 9 Ä FREIE, UNGEDAMPFTE SCHWINGUNGEN Freie, ungedämpfte Schwingungen 9.1 Grundbegriffe am Feder-Masse-Schwinger Betrachtet wird ein Feder-Masse-System im Schwerefeld. Die Masse wird um z ausgelenkt. Der Schwerpunktsatz lautet dafÄ ur und man erhÄ alt die Di®erentialgleichung mit !0 = r c m x = C1 cos !0 t + C2 sin !0 t (9.6) Die Ableitungen nach der Zeit sind x_ = !0 (¡C1 sin !0 t + C2 cos !0 t) (9.7) x Ä = ¡!02 (C1 cos !0 t + C2 sin !0 t) (9.8) x(0) = x0 = C1 x(0) _ = v0 = C2 !0 (9.4) (9.9) (9.10) Die Periodendauer T der Schwingung ergibt sich aus !0 T = 2¼ zu 2¼ (9.11) T = !0 (9.3) Die Gewichtskraft und die statische Federkraft (Vorspannung) sind also ohne Ein°uss auf die Schwingung. Aus (9.3) erhÄ alt man die normierte Darstellung x Ä + !02 x = 0 Die LÄ osung von (9.4) ist Die unbekannten Konstanten C1 und C2 erhÄ alt man aus den Anfangsbedingungen bei t = 0 (9.1) FÄ ur z_ = zÄ = 0 erhÄ alt man die statische Gleichgewichtslage z = xst mg xst = (9.2) c Mit z = xst + x erhÄ alt man aus (9.1) fÄ ur die Schwingung um die Gleichgewichtslage mÄ x + cx = 0 91 Man sieht, dass mit x nach (9.6) und mit x Ä nach (9.8) die Gleichung x Ä + !02 x = 0 erfÄ ullt wird. mÄ z = ¡cz + mg mÄ z + cz = mg 9.1 Grundbegri®e am Feder-Masse-Schwinger Bild 9.2. Zeitfunktion bei C2 = 0 Bild 9.1. Feder-Masse-System (9.5) Die GrÄ o¼e !0 hei¼t nach DIN 1311 Kennkreisfrequenz. FÄ ur das ungedÄ ampfte System (9.4) ist !0 zugleich die Eigenkreisfrequenz. Der Kehrwert r 1 !0 1 c f0 = = = (9.12) T 2¼ 2¼ m hei¼t Kennfrequenz und wird in Hertz (1 Hz = 1/s) gemessen. FÄ ur das ungedÄ ampfte System (9.4) ist f0 die Eigenfrequenz. 92 9 Ä FREIE, UNGEDAMPFTE SCHWINGUNGEN 9.2 Ermittelt man die Federstei¯gkeit aus (9.2) g c=m xst 9.2.1 und setzt sie in (9.12) ein, so erhÄ alt man r 1 g f0 = (9.13) 2¼ xst Die Masse hebt sich heraus. Die Fallbeschleunigung g wird dabei nur zur Ermittlung von c verwendet. Die Gleichung (9.13) gilt deshalb auch, wenn die Masse quer zu ~g schwingt. Zahlenwerte fÄ ur (9.13): xst = xst = xst = xst = 100 mm ) f0 = 1; 6 Hz 10 mm ) f0 = 1 mm ) f0 = 0; 1 mm ) f0 = 5 Hz 16 Hz 50 Hz xst = 0; 01 mm ) f0 = 160 Hz FÄ ur AbschÄ atzungen von Frequenzen gilt (9.13) sehr allgemein. 9.2 Freie, ungedÄampfte Schwingungen (9.14) 93 Freie, ungedämpfte Schwingungen Mathematisches Pendel Aus dem Schwerpunktsatz erhÄ alt man mÄ x = ¡mg sin ' Bei kleinen AusschlÄ agen sind x Ä = l'Ä und sin ' ¼ ' Man erhÄ alt die Schwingungsdi®erentialgleichung g 'Ä + ' = 0 (9.15) l mit r g (9.16) !0 = l Bild 9.3. Mathematisches Pendel 94 9 9.2.2 Ä FREIE, UNGEDAMPFTE SCHWINGUNGEN 95 KÄ orperpendel Das KÄ orperpendel wird auch physisches (nicht physikalisches) Pendel genannt. Der Drallsatz bzgl. A ergibt JA ' Ä = ¡mgb sin ' Bei kleinen AusschlÄ agen gilt also mgb 'Ä + '=0 JA Der Vergleich ergibt cD = cr 2 (9.18) Bild 9.4. Körperpendel Der Drallsatz lautet (9.19) 'Ä + cD '=0 J (9.20) cD J (9.21) !0 = r Diese Formel ist genauso wichtig wie (9.5). Die GrÄ o¼e cD hei¼t Drehfederkonstante und hat die Einheit Nm. (9.22) Einheiten: c in N/m, cD in Nm. Drehpendel J' Ä = ¡cD ' HÄ au¯g wird die Drehfederkonstante durch eine lineare Feder erzeugt. Dann gilt wegen F = cr' und M = ¡rF anstelle von (9.19) J 'Ä = M = ¡cr 2 ' (9.17) Schreibt man dies in der Form von (9.15) g 'Ä + ' = 0 lr so hei¼t JA lr = mb reduzierte PendellÄange. 9.2.3 9.2 Freie, ungedÄampfte Schwingungen Bild 9.5. Drehpendel Bild 9.6. Drehpendel mit linearer Feder 96 9 9.2.4 Ä FREIE, UNGEDAMPFTE SCHWINGUNGEN Stab 9.2 Freie, ungedÄampfte Schwingungen 9.2.6 97 Torsion Solange die Stabmasse klein gegenÄ uber der Scheibenmasse m ist, kann das System von Bild 9.9 als Schwinger nach (9.19) behandelt werden. Solange die Stabmasse klein gegenÄ uber der Masse m ist, kann das System von Bild 9.7 als Schwinger nach (9.3) behandelt werden. Nach Kapitel II,1 der Elastostatik gilt EA c= (9.23) l Der Drallsatz ergibt J 'Ä = ¡Mt Mit dem Torsionsmoment Mt aus Kapitel II,10 und ' = #(l) gilt GIt '=0 l FÄ ur die Eigenkreisfrequenz gilt also (9.20) mit J 'Ä + Bild 9.7. Stab mit Masse GIt (9.26) l Das FlÄ achenmoment fÄ ur Torsion ist bei einen massiven Stab ¼ ¼ It = Ip = 2Iy = r4 = d4 2 32 cD = 9.2.5 Balken Solange die Balkenmasse klein gegenÄ uber der Masse m ist, kÄ onnen die Balken von Bild 9.8 als Schwinger nach (9.3) behandelt werden. Wegen c = F=w ergeben sich die Federstei¯gkeiten aus den Tabellen der Festigkeitslehre. In den dargestellten Beispielen sind die Federstei¯gkeiten 3EIy c1 = 3 (9.24) l c2 = 48EIy l3 9.2.7 Bild 9.9. Drehschwinger Zusammengesetzte Systeme Weggleich angeordnete Federn verlÄ angern sich bei Belastung durch eine Zugkraft F um denselben Federweg ¢l. Wie das Beispiel rechts in Bild 9.10 zeigt, ist der u Äbliche Ausdruck Parallelschaltung\ " missverstÄ andlich. (9.25) Bild 9.8. Balken mit Masse 98 9 F = F1 Ä FREIE, UNGEDAMPFTE SCHWINGUNGEN 99 10 + F2 = c1 ¢l + c2 ¢l Sonstige Schwingungen 10.1 Erzwungene Schwingungen F = (c1 + c2 )¢l Der Vergleich mit F = c¢l liefert c = c1 + c2 (9.27) Bild 9.10. Weggleiche Federn In kraftgleich angeordneten Federn wirkt bei Belastung dieselbe Kraft F (Schnittprinzip). Die Federwege addieren sich. ¢l = ¢l1 + ¢l2 F F = + c1 c2 ¢l = ¶ c < c1 ; c < c2 (10.1) beschrieben. Die LÄ osung setzt sich aus 2 Anteilen zusammen. Zu der behandelten homogenen LÄ osung kommt die partikulÄare hinzu, so dass insgesamt gilt Bild 10.1. Schwinger mit Erregerkraft (10.2) Fast alle praktischen Anwendungen weisen DÄ ampfung auf. Diese bewirkt, dass xh { also der mit !0 schwingende Anteil { stets nach kurzer Zeit abklingt. Deshalb braucht fÄ ur technische Anwendungen im allgemeinen nur der Anteil xp { also der mit der Erreger-Kreisfrequenz − schwingende { betrachtet zu werden. Die GrÄ o¼e xp muss nur die Di®erentialgleichung (10.1) erfÄ ullen: Der Vergleich mit ¢l = F=c liefert Die daraus folgende Formel c1 c2 c= c1 + c2 zeigt, dass fÄ ur c gelten mÄ x + cx = F0 cos −t x = xh (C1 ; C2 ; !0 ; t) + xp (F0 ; −; t) 1 1 + F c1 c2 1 1 1 = + c c1 c2 Die bisher verwendeten Schwingungsdi®erentialgleichungen haben rechts eine Null. Sie werden homogen genannt, und ihre LÄ osung mit xh (t) bezeichnet. Das System von Bild 10.1 wird { ausgehend von der Gleichgewichtslage { durch die Gleichung (9.28) Bild 9.11. Kraftgleiche Federn (9.29) mÄ xp + cxp = F0 cos −t (10.3) Die Anfangsbedingungen werden durch C1 und C2 berÄ ucksichtigt. In (10.3) sind die folgenden 2 FÄ alle sorgfÄ altig zu unterscheiden: ² Schwingungen mit konstanter Kraftamplitude (Fall a, Weganregung) ² Schwingungen mit Fliehkraftanregung (Fall b) 100 10 SONSTIGE SCHWINGUNGEN 10.1 Erzwungene Schwingungen 101 a) Konstante Kraftamplitude b) Fliehkraftanregung Bei einer konstantem Kraftamplitude gilt in (10.3) F0 = const. Mit dem Ansatz Bei dem technisch wichtigen Fall der Fliehkraftanregung (Unwucht) ist xp = A cos −t F0 = mu r−2 (10.4) erhÄ alt man aus (10.3) ³ 2 und man erhÄ alt aus (10.3) mit dem Ansatz (10.4) Ä ahnlich wie oben ´ ¡m− + c A cos −t = F0 cos −t Bild 10.4. Fliehkraftanregung mu r−2 c ¡ m−2 mu r A= Vb = x∞ Vb m A= (10.5) (10.8) Die VergrÄ o¼erungsfunktion wird hier mit c = m!02 Die GrÄ o¼e Va hei¼t VergrÄo¼erungsfunktion. Mit m = c=!02 erhÄ alt man !2 Va = 2 0 2 !0 ¡ − ´ Daraus ergibt sich Daraus ergibt sich F0 A= c ¡ m−2 F0 Va = x0 Va c ³ ¡m−2 + c A cos −t = mu r−2 cos −t Bild 10.2. Konstante Kraftamplitude A= (10.7) Vb = (10.6) −2 !02 ¡ −2 Bild 10.3. Vergrößerungsfunktion, Fall a (10.9) Bild 10.5. Vergrößerungsfunktion Fall b PhÄ anomene: PhÄ anomene: ² Bei sehr kleinem − schwingt die Masse wie die Erregung. ² Bei − < !0 schwingt die Masse gleichphasig zur Erregung. ² Bei − = !0 treten sehr gro¼e Amplituden auf. Man nennt dies Resonanz . ² Bei − > !0 schwingt die Masse gegenphasig zur Erregung. ² Bei sehr gro¼em − werden die Amplituden sehr klein. ² Bei sehr kleinem − sind die Amplituden sehr klein. ² Wie bei a) gelten: { Bei − < !0 schwingt die Masse gleichphasig zur Erregung. { Bei − = !0 tritt Resonanz auf. { Bei − > !0 schwingt die Masse gegenphasig zur Erregung. ² Bei sehr gro¼em − schwingt die Masse gegenphasig zur Erregung mit der Amplitude x∞ . 102 10 SONSTIGE SCHWINGUNGEN 10.2 Der Einfluss der Dämpfung Die Di®erentialgleichung fÄ ur gedÄ ampfte Schwingungssysteme lautet F0 x Ä + 2#!0 x_ + !02 x = cos −t (10.10) m # hei¼t DÄampfungsgrad. Die Eigenkreisfrequenz lautet p !d = !0 1 ¡ #2 10.2 Der Ein°uss der DÄampfung Erzwungene Schwingungen haben Amplitudenverhalten von Bild 10.7 . 103 im Frequenzbereich das (10.11) Freie Schwingungen (F0 = 0) haben im Zeitbereich das Verhalten von Bild 10.6 . Bild 10.7. Amplituden-Frequenz-Darstellung bei gedämpften Schwingungen mit verschiedenen Dämpfungsgraden links: Fall a) Weganregung, rechts: Fall b) Unwuchtanregung Wichtige PhÄ anomene sind: Bild 10.6. Zeitfunktionen bei gedämpften Schwingungen mit verschiedenen Dämpfungsgraden links: nach Anfangsauslenkung, rechts: nach Anfangsgeschwindigkeit. Wichtige PhÄ anomene bei vorhandener DÄ ampfung sind: ² Die Amplituden nehmen exponentiell mit der Zeit ab ² Die Periodendauer wird mit zunehmendem # etwas grÄ o¼er als im ungedÄ ampften Fall ² Optimales Einschwingen erfolgt fÄ ur # = 0; 7 ² Im Resonanzbereich gibt es ein Maximum. FÄ ur # · 0; 25 gilt mit guter NÄ aherung 1 Vmax ¼ 2# ² Die Schwingung und ihre Erregung sind stets phasenverschoben. ² Im Resonanzfall − = !0 ist die Phasenverschiebung genau 90◦ ² Die dargestellten Kurven gelten nur fÄ ur sehr langsames Hoch- bzw. Herunterfahren, den quasi-stationÄaren Fall ² Beim Hochfahren von Maschinen treten viel niedrigere Maxima auf; beim ungebremsten (langsamen) Herunterfahren ist dagegen Vorsicht geboten. 104 10.3 10 SONSTIGE SCHWINGUNGEN Koppelschwingungen Bisher wurden ausschlie¼lich Schwinger mit einem Freiheitsgrad behandelt. In der Praxis treten jedoch meist Koppelschwingungen auf. Bild 10.8 zeigt ein einfaches Modell, mit dem z.B. die Schwingungen bei einem Motorrad behandelt werden. Dieses hat zwei Freiheitsgrade: x(t) und '(t). WÄ are der Schwerpunkt in der Mitte und die beiden Federn gleich, so wÄ aren x(t) und '(t) entkoppelt. Im allgemeinen Fall treten neue, interessante PhÄ anomene auf, deren Behandlung jedoch den Rahmen dieser EinfÄ uhrung sprengt. Bild 10.8. Einfacher Koppelschwinger 10.3 Koppelschwingungen 105 106 11 11 STOSSPROBLEME Stoßprobleme 11.1 11.1 Der gerade, zentrale Sto¼ 107 so ergibt die Division dieser Gleichungen v¹1 + v1 = v¹2 + v2 Der gerade, zentrale Stoß Daraus folgt Grundlage fÄ ur den geraden, zentralen Sto¼ ist die Impulserhaltung v¹1 ¡ v¹2 = ¡(v1 ¡ v2 ) (11.4) Der allgemeine Fall Im allgemeinen Fall wird (11.4) durch Im folgenden werden zwei GrenzfÄ alle und der allgemeine Fall behandelt. Bei diesen Sto¼vorgÄ angen gilt der Satz: (11.1) Beide Massen bewegen sich nach dem Sto¼ wie eine Masse. bzw. v¹1 ¡ v¹2 = 0 (11.2) Der ideal elastische Sto¼ Es gilt neben (11.1) der Energieerhaltungssatz 1 1 1 1 m1 v¹12 + m2 v¹22 = m1 v12 + m2 v22 2 2 2 2 Umgestellt erhÄ alt man daraus 1 1 m1 (¹ v12 ¡ v12) = ¡ m2 (¹ v22 ¡ v22 ) 2 2 Stellt man auch (11.1) um m1 (¹ v1 ¡ v1 ) = ¡m2 (¹ v2 ¡ v2 ) 0·"·1 (11.6) Die obigen SonderfÄ alle folgen aus (11.5) fÄ ur " = 0, ideal plastischer Fall, " = 1, ideal elastischer Fall. Beispiele fÄ ur " bei realen Sto¼vorgÄ angen sind: Der ideal plastische Sto¼ v¹1 = v¹2 (11.5) ersetzt, wobei " Sto¼faktor hei¼t mit Bild 11.1. Stoß von zwei Kugeln m1 v¹1 + m2 v¹2 = m1 v1 + m2 v2 v¹1 ¡ v¹2 = ¡"(v1 ¡ v2 ) (11.3) Glas auf Glas : " ¼ 0; 94 Stahl auf Stahl: " ¼ 0; 7 Der Energieerhaltungssatz geht in die Gleichung (11.5) mit " = 1 ein und darf nicht mehr zusÄ atzlich verwendet werden. Die Au°Ä osung von (11.1) und (11.5) ergibt v¹1 = m1 v1 + m2 v2 + "m2 (v2 ¡ v1 ) m1 + m2 (11.7) v¹2 = m1 v1 + m2 v2 + "m1 (v1 ¡ v2 ) m1 + m2 (11.8) FÄ ur den Sonderfall ideal plastisch " = 0 gilt (11.2), das hei¼t v¹1 = v¹2 . alt man FÄ ur den Sonderfall m1 = m2 und " = 1 (ideal elastisch) erhÄ v¹1 = v2 und v¹2 = v1 Beispiele sind die Sto¼vorgÄ ange zwischen Billardkugeln, Stahlkugeln und MÄ unzen. 108 11.2 11 STOSSPROBLEME Der gerade, exzentische Stoß 11.2 Der gerade, exzentische Sto¼ 109 Die Integration u Äber die Sto¼zeit ¢t ergibt JA (¹ ! ¡ 0) = ¡hm(¹ v ¡ v) Ein Beispiel Der gerade, exzentrische Sto¼ wird an dem in Bild 11.2 dargestellten Beispiel eines KÄ orperpendels betrachtet. Dieses hat die Masse M und das TrÄ agheitsmoment JA bzgl. A. Das KÄ orperpendel ist vor dem Sto¼ in Ruhe (! = 0). Im Abstand h vom AufhÄ angepunkt tri®t die Masse m mit der Geschwindigkeit v auf und bleibt nach dem Sto¼ mit dem KÄ orperpendel fest verbunden (ideal plastischer Sto¼). WÄ ahrend des Sto¼vorganges kÄ onnen die eingeprÄ agten KrÄ afte, wie z.B. die Gewichtskraft, als klein gegenÄ uber den Sto¼krÄ aften angenommen werden. (11.13) Da sich nach dem Sto¼ das System wie ein starrer KÄ orper bewegen soll, gilt v¹ = ! ¹h (11.14) und man erhÄ alt aus (11.13) (JA + mh2 )¹ ! = hmv (11.15) ¹ A = LA. Dies entspricht dem Drallerhaltungssatz bzgl. A L LÄ ost man (11.15) nach ! ¹ auf, so ergibt sich ! ¹= mh v: JA + mh2 (11.16) Lagerkraft, Sto¼mittelpunkt, Kraftsto¼ Die Kraft auf das Lager A erhÄ alt man aus [(11:9) ¡ h(11:11)] (JA ¡ M bh)!_ = hFA Bild 11.2. Körperpendel und Massenpunkt sowie die daran angreifenden Kräfte Der Drallsatz bzgl. des raumfesten Punktes A lautet A <¾ : JA !_ = hF (11.9) Der Schwerpunktsatz fÄ ur die kleine Masse lautet !: mv_ = ¡F (11.10) Der Schwerpunktsatz fÄ ur das KÄ orperpendel lautet !: M !b _ = F ¡ FA (11.11) Aus [(11:9) + h(11:10)] folgt JA !_ = ¡hmv_ (11.12) (11.17) Daraus erkennt man, dass fÄ ur JA h= (11.18) bM keine Sto¼kraft auf das Lager entsteht. Der Punkt im Abstand h hei¼t Sto¼mittelpunkt. Beim Pendelschlagwerk und beim Hammer sollte der Sto¼ im Sto¼mittelpunkt erfolgen. Der Abstand h nach (11.18) entspricht der reduzierten PendellÄ ange von (9.18). Aus (11.17) erhÄ alt man durch Integration den Kraftsto¼ Z∆t 0 FA dt = (JA ¡ Mbh) ! ¹¡0 mv = (JA ¡ M bh) h JA + mh2 110 11 STOSSPROBLEME nicht aber die Kraft FA selbst. Man erkennt da¼ der Kraftsto¼ dem Impuls mv proportional ist und die gleiche Dimension wie dieser besitzt: Ns = kg m/s. Aus dem zeitlichen Verlauf der Kraft nach Bild 11.3 wird in der messtechnischen Schwingungsanalyse (Modalanalyse) das Spektrum des Eingangssignals berechnet. Deshalb ist dort die genaue Messung dieser Funktion von Bedeutung. Bild 11.3. Kraftstoß 11.2 Der gerade, exzentische Sto¼ 111 112 113 Literatur zu TM III [1] Werner Hauger, Walter Schnell u. Dietmar Gross: Technische Mechanik, Band 3: Kinetik Springer, Berlin, . . . 20058 —C 19,952 [2] Istv¶ an Szab¶ o, EinfÄ uhrung in die Technische Mechanik Springer, Berlin . . . , 20038 —C 69,95 [3] S. Graham Kelly: Mechanical Vibrations (Schaum's Outline Series) McGraw-Hill, New York, . . . 1996 —C 15,50 [4] Kurt Magnus u. Hans-Heinrich MÄ uller: Grundlagen der Technischen Mechanik, Teubner, Stuttgart 19906 —C 20,90 [5] Dubbel: Taschenbuch fÄ ur den Maschinenbau (Hrsg.: Wolfgang Beitz u. Karl-Heinz KÄ uttner): Springer, Berlin . . . 200121 . Neuau°age im Herbst 2004 Dubbel interaktiv (CD-ROM) 2002 —C 29,95 [6] HÄ utte: Die Grundlagen der Ingenieurwissenschaften. (Hrsg.: Horst Czichos) Springer, Berlin . . . 200432 . —C 79,95 —C 54,95 [7] Jens Wittenburg: Dynamics of Systems of Rigid Bodies Teubner, Stuttgart 1977 —C 39,- [8] Istv¶ an Szab¶ o: Geschichte der mechanischen Prinzipien BirkhÄ auser, Basel . . . 19963 (Nachdruck) —C 75,- Siehe auch das Literaturverzeichnis von TM I. 2 Die Preise sind von 2004, lt. Auskunft der Buchhandlung Völkl