Navigator Wegweiser für Entscheider in Marketing, Vertrieb und Kundenservice Probiert‘s mal mit Cournot Auf der Suche nach gewinnmaximalen Preisen kann leicht der Blick fürs Wesentliche verloren gehen Auszug aus Ausgabe 4, Sommer 2014 Probiert‘s mal mit Cournot Auf der Suche nach gewinnmaximalen Preisen kann leicht der Blick fürs Wesentliche verloren gehen Handbücher zum Thema Pricing gibt es viele. Trotzdem melden sich dazu immer noch mehr Experten mit ihren Theorien zu Wort. Wer wollte schließlich das Ei des Kolumbus, den richtigen Preis, nicht gefunden haben und zu Markte tragen. Dennoch hapert es gerade bei der Bepreisung vieler Produkte an detailliertem Wissen zu Marktdynamiken und Kniffen, die das Leben gerade bei der Bepreisung einer Vielzahl von Produkten gleich­zeitig einfacher machen. Wer sich mit Pricing auskennt, dem sollte der nachfolgende Zusammenhang vertraut vorkommen: Kennt man Preis-Absatz-Funktion und Grenzkosten, so lässt sich der Cournotsche Punkt als der Punkt auf der Nachfragekurve beschreiben, der die Kombination aus gewinnoptimalem Preis und Menge darstellt. Die Frage, welche Preis-Mengen-Kombination den Gewinn eines Unternehmens maximiert, lässt sich dementsprechend mit der Suche nach dem Cournotschen Punkt beantworten. Alles ganz einfach also? Von wegen. Auch wenn den Verantwortlichen dieser Sachverhalt bekannt ist, gestaltet sich die Suche nach dem gewinnmaximierenden Punkt der Nachfragekurve in der Praxis als schwierig. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand, bestimmt sich die Nachfragekurve doch entweder aus der historischen Analyse statischer Märkte oder aus der Marktanalyse dynamischer Märkte. In der Praxis gestaltet sich gerade die Sammlung relevanter Daten schwierig, die die Voraussetzung für notwendige Analysen bilden. Erzielung des gewinnoptimalen Preises Die Erzielung gewinnoptimaler Preise ist kein Hexenwerk – wichtig ist lediglich, einige Grundlagen der Pricingtheorie zu beachten. Dazu gehört eine detaillierte Marktanalyse, mit dem Ziel, potenzielle Indikatoren, die den Preis beeinflussen, zu identifizieren und entsprechend zu analysieren. Je nachdem, ob es sich um ein Unternehmen aus dem B2B- oder B2C-Bereich handelt, bietet sich für eine Marktanalyse entweder eine Expertenbefragung oder eine groß angelegte Marktstudie an. Im Folgenden sollen beide Varianten kurz vorgestellt werden: 1. Expertenbefragung Expertenbefragungen bieten sich typischerweise für Kunden im B2B Geschäft an. Dafür bittet man Experten, zum Beispiel im Rahmen eines Workshops, um ihre Einschätzung zu Kernfragen der Markt- und Preisentwicklung. Die gesammelten Daten können nun zur Ermittlung einer Preis-Absatz-Funktion samt entsprechender Bestimmung des Cournotschen Punktes genutzt werden. 2. Marktstudie Eine breit angelegte Marktstudie ist meist für den B2C-Bereich geeignet. Hierbei werden verschiedene Preis-Mengen-Kombinationen simuliert. Sie werden im Rahmen einer Studie beim Kunden beispielsweise über eine Conjoint-Analyse abgefragt. Bei dieser Analyse werden den Befragten unterschiedliche Produkt-Preis-Kombinationen vorgestellt. Auf Basis der Präferenz für verschiedene Ausprägungen, die gleichbedeutend mit der Wahrnehmung des Produktnutzens ist, lässt sich eine Preis-Absatz-Funktion erstellen und auch hier der Cournoutsche Punkt. Das ist allerdings erst die halbe Miete. Außer einer Marktanalyse zur Ermittlung aktueller Trends bedarf es zwingend auch der historischen Analyse von Marktdaten. Dabei muss ein Beobachtungszeitraum von mindestens einem Jahr betrachtet werden, um mögliche saisonale Effekte berücksichtigen zu können. Die wichtigste Frage, die hierbei beantwortet werden sollte, ist die: Welche Effekte auf Nachfrage und Umsatz lassen sich in der Vergangenheit nach Preisanpassungen beobachten? Sind keine historischen Daten verfügbar oder lassen diese aufgrund externer Effekte kein valides Ergebnis zu, bietet sich auch hier eine Expertenbefragung an. Operative Preisoptimierung am Beispiel Graumarktrisiko Eine Marktanalyse muss immer dazu dienen, potenzielle Preistreiber und Risiken zu identifizieren. Dafür müssen etliche Faktoren genau unter die Lupe genommen werden, zum Beispiel die Vergleichsmarge innerhalb einer Produktgruppe, der Anteil eines Produktes am Gesamtumsatz, Wettbewerbssituation, Marktsituation, Loyalisierungsquote (der Anteil treuer Kunden) oder die Möglichkeit der Substitution. Ein Einflussfaktor, den es beispielhaft zu diskutieren gilt und dessen Einfluss nicht zu unterschätzen ist, heißt Graumarktrisiko. Es beschreibt das Risiko des Handels von Originalware in nicht autorisierten Absatzkanälen. Ein florierender Graumarkthandel herrscht beim Vertrieb von Zigaretten, da es hier zu enormen Unterschieden im Preis­ niveau zwischen Nachbarstaaten kommt. Zwar geht der Verkauf von Tabakprodukten in Deutschland jedes Jahr zurück, der Tabakkonsum sinkt aber keineswegs im gleichen Umfang. Das liegt vor allem daran, dass das Graumarktgeschäft aus Osteuropa bestens läuft. Neben dem Preisniveau in benachbarten Ländern zählen unter anderem die zu erzielende Marge oder die möglichen Logistikkosten zu weiteren treibenden Faktoren des Graumarktrisikos. Aber auch bei höherpreisigen Produkten wie Automobilen besteht ein Graumarktrisiko. Ausgelöst durch Pricingentscheidungen entstehen hier Graumärkte, wenn zum Beispiel nicht autorisierte Händler Markenprodukte außerhalb des offiziellen Vertriebssystems des Herstellers in nicht dafür vorgesehenen Zielmärkten verkaufen. Etwa wenn sich ein Händler in Italien günstig mit Autos eindeckt, die aus Deutschland eingeführt wurden und nur für Italien bestimmt sind. Er reimportiert die Autos ins hochpreisige Deutschland und verkauft sie – gegen den Willen des Herstellers – zu Preisen, die unterhalb des üblichen Marktniveaus liegen. Für Pricingentscheidungen gilt beim Graumarktrisiko grundsätzlich die Faustregel: Je höher das Risiko, desto geringer sollten Preisunterschiede in verschiedenen Regionen ausfallen. „Big is beautiful“ – Bepreisung großer Portfolios An diesen wenigen Beispielen wird deutlich, dass die Ermittlung des gewinnmaximierenden Preises aufwendig ist. Aus diesem Grund wählen viele Unternehmen eine Bepreisung über große Portfolios, also über umfangreiche Produktgruppen. Bei der optimalen Bepreisung großer Portfolios stellen sich drei zen­ trale Fragen. Sie betreffen die Effizienz der Bepreisung, die Operationalisierung der optimalen Preisgestaltung und – ganz entscheidend – das tatsächliche Durchsetzen des gewinnoptimalen Preises beim Kunden. Für die Bepreisung großer Portfolios bietet es sich an, einem standardisierten Schema zu folgen. Unabhängig davon, ob es sich um Produkte im B2B- oder B2C-Geschäft handelt, lassen sich Produkte jeglicher Art nach festgelegten Kriterien in Portfolios zusammenfassen. Wichtig ist, dass diese Portfolios intern möglichst homogen erscheinen, während sie nach außen hin und im Vergleich zu anderen Portfolios klar abgrenzbar sind. Um dies gewährleisten zu können, sollten folgende Selektionskriterien für die Zusammenfassung von Produkten in Produktgruppen in Betracht gezogen werden: • ähnliche Produkteigenschaften oder -bestandteile • vergleichbares Nachfrage- oder Wett­ bewerbsverhalten • gemeinsame Kundenstruktur • ähnlicher Substituierbarkeitsgrad So lassen sich Preisentscheidungen auf Basis weniger Preisgruppen treffen. Für den Fall, dass die Anzahl der Produkte unüberschaubar bleibt, bietet sich eine klassische ABC-Analyse gemäß Umsatz oder Deckungsbeitrag an. Für eine erste Indikation werden also nicht einzelne Produkte, sondern die geringere Anzahl der definierten Hauptartikelgruppen betrachtet. Beispielhaft für eine Gruppierung bei einem Automobilhersteller können hier Bauteile genannt werden, die unter anderem aufgrund eines ähnlichen Verschleißes zusam­mengefasst werden können, oder Produkte, die aufgrund ihrer Wettbewerbs­ intensität ähnlich zu betrachten sind, wie Bremsen oder Ölfilter. Fazit Auch wenn der Aufwand für die Bepreisung umfangreicher Portfolios sehr hoch erscheint – er lohnt sich. Eine genaue Beobachtung des Marktes und der Risiken stellt sicher, das Optimale aus dem Preis „herauszuholen“. Wenn die Bepreisung großer Portfolios dann noch clever operationalisiert wird, steht der Einführung von langfristig ertragsbringenden Preisen nichts mehr im Wege. Ihr Ansprechpartner: Thomas Wrana [email protected] Über Accenture Kontakt Accenture ist ein weltweit agierender Managementberatungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleister mit rund 289.000 Mitarbeitern, die für Kunden in über 120 Ländern tätig sind. Als Partner für große Business-Transformationen bringt das Unternehmen umfassende Projekterfahrung, fundierte Fähigkeiten über alle Branchen und Unternehmensbereiche hinweg und Wissen aus qualifizierten Analysen der weltweit erfolgreichsten Unternehmen in eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit seinen Kunden ein. Accenture erwirtschaftete im vergangenen Fiskaljahr (zum 31. August 2013) einen Nettoumsatz von 28,6 Mrd. US-Dollar. Die Internetadresse lautet www.accenture.de. Sven Drinkuth Geschäftsführer Accenture Strategy CRM [email protected] Accenture Management Consulting Accenture ist ein weltweit agierender Managementberatungs-Dienstleister. Mit über 17.000 Beratern weltweit und der umfassenden Erfahrung aus einer Vielzahl von Projekten unterstützt Accenture Management Consulting Unternehmen und Regierungen auf ihrem Weg zu High Performance. Die Kombination aus umfassendem Branchenwissen und fundierten Fähigkeiten ist dabei die Basis für führende Dienstleistungen in den Bereichen Strategie, Analytik, Finance & Enterprise Performance, Marketing, Operations, Risk Management, Sales & Customer Services, Nachaltigkeit sowie Talent & Organization. Copyright © 2014 Accenture All rights reserved. Accenture, its logo, and High Performance Delivered are trademarks of Accenture. 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