PŘÍLOHA – VÝCHOZÍ TEXT

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PŘÍLOHA – VÝCHOZÍ TEXT
1
Germanen: Unterwegs zu höherer Zivilisation
2
I. EINLEITUNG
3
Die älteste Nachricht über Germanen findet sich in dem um 80 v. Chr. niedergeschriebenen
4
Geschichtswerk des Poseidonios von Apameia. Als Zitat aus dem 30. Buch ist ein Satz über
5
die Essgewohnheiten von Germanen überliefert: Als Hauptmahlzeit nähmen sie gliedweise
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gebratenes Fleisch zu sich, sie würden auch Milch trinken und Wein, diesen jedoch
7
unvermischt. Diese uns Heutige banal anmutende Aussage enthielt für den gebildeten Leser
8
der Antike eine sehr genaue Charakterisierung des zivilisatorischen Niveaus jener Germanen:
9
Sie zählten eindeutig zu den Barbaren, waren unzivilisierte Wilde, die nicht nach
10
geschriebenem Recht und nicht in staatlicher Ordnung lebten. Der Ausgangspunkt der
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Geschichte der Germanen ist durch diese scheinbar beiläufige Bemerkung zutreffend
12
bezeichnet.
13
Diese Nachricht und andere ihrer Art ließen im 1. Jahrhundert v. Chr. bei Römern und
14
Griechen einen vorher ungebräuchlichen ethnographischen Begriff aufkommen. Die
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Angehörigen von Völkern, die zwischen Rhein, Donau und Weichsel und bis hinauf nach
16
Skandinavien siedelten, wurden nun zum ersten Mal als Germanen bezeichnet und ihr Land
17
als Germanien. Bis dahin hatte in der zivilisierten Welt des Mittelmeerraums die Vorstellung
18
geherrscht, jenseits der Alpen würden im Westen die Kelten, im Osten die Skythen wohnen;
19
von einem Volk dazwischen, zumal von einem großen, wusste man nichts. Man konnte davon
20
auch nichts wissen, weil es dieses Völkergebilde »Germanen« noch gar nicht gab. Es ist erst
21
gegen Ende des 1. Jahrtausends v. Chr. entstanden.
22
Eine Generation nach Poseidonios war es Caesar, der in starkem Maße den Germanenbegriff
23
und mehr noch den Begriff von Germanien als dem Territorium der germanischen Stämme
24
geprägt hat. Für ihn endete Gallien, das er in den Jahren 58 bis 51 v. Chr. der römischen
25
Herrschaft unterworfen hatte, am Rhein, und was jenseits des Rheins lag, war für ihn
26
Germanien. Das war mehr ein politischer Willensakt, als dass es den ethnographischen
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Realitäten entsprochen hätte; denn es lebten damals noch keltische Volksgruppen östlich des
28
Rheins ebenso wie germanische, das heißt solche rechtsrheinischer Herkunft, westlich des
29
Flusses, und diese Sachverhalte waren Caesar sehr wohl bekannt. Auch die archäologischen
30
Fundgruppen dieser Zeit, aus der Epoche der späten La-Tène-Kultur, lassen keine
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Kulturscheide am Rhein erkennen, weisen vielmehr den Rhein kreuzende, westöstlich
32
verlaufende Verbreitungsfelder auf. Gleichwohl hat sich die politische Entscheidung Caesars,
33
den Rhein als Grenze zwischen Gallien und Germanien anzusehen, auch in ethnographischer
34
Hinsicht differenzierend ausgewirkt: Wer fortan östlich des Rheins siedelte, befand sich damit
35
von selbst in einem germanischen Milieu, galt aller Welt als germanisch, empfand sich
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schließlich selbst so und war es demzufolge auch.
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Abermals anderthalb Jahrhunderte nach Caesar hatte Tacitus verhältnismäßig klare
38
Vorstellungen von den Grenzen Germaniens, soweit sie mit Grenzen des römischen
39
Imperiums zusammenfielen: Sie lagen im Süden an der Donau und im Westen am Rhein.
40
Unsicher war sich Tacitus hinsichtlich der Grenze im Osten - er vermutete sie ungefähr im
41
Weichselgebiet -, und im Norden rechnete er ganz Skandinavien bis zum Eismeer zu
42
Germanien.
43
Tacitus wusste noch sehr genau, wie die Begriffe »Germanien« und »Germanen« entstanden
44
waren, womit zugleich etwas gesagt wird über die Herausbildung dessen, was mit diesen
45
Namen bezeichnet wurde. Im 2. Kapitel seiner gegen 100 n.Chr. abgefassten Schrift »De
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origine et situ Germanorum« (Über den Ursprung und die Lage der Germanen), meist kurz
47
»Germania« genannt, hat er, wie der Titel besagt, auch den Ursprung der Germanen
48
behandelt. Er legt dar, dass sich die germanischen Stämme in drei Gruppen gliedern, die nach
49
den drei Söhnen des mythischen Stammvaters aller Germanen benannt seien, den Söhnen also
50
des Mannus, der seinerseits ein Sohn des erdentsprossenen Gottes Tuisto gewesen sei. Die
51
Ingwäonen (lateinisch Ingaevones) seien an der Meeresküste wohnhaft, die Herminonen in
52
der Mitte Germaniens, und den Istwäonen (Istaevones) seien alle übrigen Stämme
53
zuzuordnen. Gleich im Anschluss daran muss Tacitus jedoch einräumen, dass es eine Reihe
54
von Stämmen gibt, die nicht in diese Ordnung passen, darunter so bedeutende wie die Sweben
55
(Sueben) und die Wandalen (Vandalen), die von ihm Vandilii genannt werden.
56
Stammesnamen dieser Art bezeichnet er dessen ungeachtet als die echten und alten
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Völkernamen (vera et antiqua nomina) und lässt sich dann über den neu aufgekommenen
58
Gesamtnamen der Germanen aus: Die Bezeichnung »Germanien« sei noch neu und erst
59
kürzlich geprägt worden. Das sei so gekommen: Ein aus dem Rechtsrheinischen nach Gallien
60
eingedrungener Stamm - dessen Angehörige inzwischen übrigens als Tungrer bezeichnet
61
würden - sei zuerst mit dem Namen »Germanen« belegt worden. Mit der Zeit habe sich der
62
Name dieses Einzelstammes als Bezeichnung für die ganze Gruppe der mit ihm verwandten
63
rechtsrheinischen Stämme durchgesetzt; als Germanen im umfassenden Sinn seien diese also
64
zuerst von den Galliern bezeichnet worden und hätten alsbald den Namen, so wie er nun
65
einmal aufgekommen war, auch selbst verwendet.
66
Das klingt nach allem nicht unglaubwürdig: In den Tagen des Tacitus war man sich noch
67
bewusst, dass sowohl der Name »Germanen« als auch die so benannte ethnische Einheit
68
verhältnismäßig junge Erscheinungen waren, dass beides sich erst in jüngerer Zeit
69
herausgebildet hatte und dass man als Germanen zuerst keine große Volksgruppe, sondern
70
einen Einzelstamm bezeichnet hat. Diesen dürfte Poseidonios im Auge gehabt haben, als er,
71
wie eingangs geschildert, von den Essgewohnheiten »der Germanen« berichtete.
72
II. WER WAREN DIESE GERMANEN?
73
Was hat die innerhalb dieses weiten Raumes ansässigen Bevölkerungsgruppen untereinander
74
so verbunden, daß es angebracht und gerechtfertigt erschien, sie mit einem gemeinsamen
75
Namen zu belegen, sie allesamt als Germanen zu bezeichnen? Aus der Sicht der Gallier bzw.
76
Kelten ist mit der Bildung dieses Begriffs zweifellos eine Abgrenzung von der eigenen
77
Identität verbunden gewesen, und diese Abgrenzung muß alsbald auch den Römern und nach
78
einigem Zögern auch den Griechen eingeleuchtet haben: nichtkeltische Barbarenvölker also,
79
die man nach dem erstbesten Teilstamm, mit dem man unliebsame Bekanntschaft hatte
80
machen müssen, insgesamt als »Germanen« bezeichnete.
81
Eine gewisse Einheitlichkeit des kulturellen Erscheinungsbildes kam vermutlich hinzu: Diese
82
Germanen waren im Prinzip seßhaft, trieben Ackerbau und Viehzucht, lebten in ländlichen
83
Siedlungen mit reiner Holzarchitektur - eine Lebensweise, die zum guten Teil durch die Natur
84
des Landes und seines Klimas bestimmt war. Sie unterschieden sich jedenfalls klar von den
85
Jägervölkern des hohen Nordens ebenso wie von den Reiternomaden der östlichen Steppen.
86
Daß die Germanen von alters her eine gemeinsame Sprache besessen hätten und daß diese
87
womöglich sogar ihre ethnische Identität begründet hätte, ist nicht zu erkennen. Vielmehr muß
88
es im Bereich des heutigen nordwestdeutschen und niederländischen Flachlandes noch um die
89
Zeitwende Völkerschaften gegeben haben, die aus einer anderen Sprachwelt stammten, ihr
90
vielleicht sogar noch angehörten, die jedoch trotzdem und mit Recht den Germanen
91
zugerechnet worden sind. Auch sind in der Mittelgebirgszone starke Bevölkerungsteile
92
keltischer Herkunft und Zunge erst allmählich germanisiert worden. Gewiß ist es
93
unbestreitbar, daß die Sprachen all derjenigen Völker, die in der Geschichte als germanisch in
94
Erscheinung treten, in Wortschatz und Struktur Gemeinsamkeiten aufweisen, die sie als
95
verwandt erscheinen lassen. Dies muss aber nicht auf eine physische Urverwandtschaft
96
hinweisen, in dem Sinne etwa, daß alle Germanisch sprechenden von einem germanophonen
97
Urvolk abstammen. Vielmehr können solche Gemeinsamkeiten auch als Resultate von
98
Ausgleichs- und Überschichtungsvorgängen entstehen, die sich innerhalb eines einheitlich
99
konditionierten Raumes vollzogen haben.
100
Dies dürfte in der Tat der eigentliche Entstehungsgrund des Germanentums gewesen sein: ein
101
einigermaßen einheitlich konditionierter Raum. Darunter ist erstens sehr wohl der Naturraum
102
zu verstehen: Die Landesnatur in Mitteleuropa und Südskandinavien und der hier ausgeprägte
103
Klimatyp der gemäßigten Zone boten recht einheitliche Bedingungen, die zur Ausbildung
104
übereinstimmender Wirtschaftsformen und Siedlungsweisen führten und die Entwicklung
105
untereinander ähnlicher sozialer Strukturen begünstigten. Zweitens und vor allem aber der
106
Zeitraum: Für die Herausbildung des Germanentums war die eigentümliche historische
107
Konstellation prägend, die sich für jenen geographischen Raum gegen Ende des ersten
108
vorchristlichen Jahrtausends ergeben hat.
109
Historische Rolle: Erben der Kelten, Anrainer der Mittelmeerwelt
110
Zwei kausal miteinander verbundene Vorgänge sind für die Herausbildung dieser spezifischen
111
historischen Situation verantwortlich: der Untergang des mitteleuropäischen Keltentums und
112
das Vordringen der Römer nach Mitteleuropa. Seit der Mitte des letzten Jahrtausends v. Chr.
113
hatten die keltischen Stämme als nördliche Nachbarn der mittelländischen Hochkultur im
114
Landstreifen zwischen Atlantikküste und Karpaten gesiedelt. Die Nähe zur mittelländischen
115
Kulturwelt hatte ihre Daseinsform geprägt und ihre Entwicklung bestimmt, die sie schließlich
116
an die Schwelle zur Hochkultur führte, wie Frühformen städtischer Siedlungsweise, der
117
Umlauf von Münzgeld und Anfänge eigenen Schriftgebrauchs zeigen. Dadurch wurde die
118
Eingliederung keltischer Gebiete in das expandierende Reich der Römer erleichtert; nach und
119
nach wurden das keltisch besiedelte Oberitalien, die Alpen, der südliche Küstenstreifen
120
Galliens und schließlich, in den Fünfzigerjahren des 1. Jahrhunderts v. Chr. durch Caesar,
121
ganz Gallien bis zum Rhein von den Römern erobert. Blühende und hoch entwickelte
122
Landstriche verloren damit ihre keltische Identität. Das mitteleuropäische Keltengebiet im
123
heutigen Süddeutschland sowie in Böhmen und Mähren geriet in die Isolation und schließlich
124
in eine existenzielle Krise. Dies war die Stunde der bis dahin im Rücken der Kelten
125
siedelnden mittel- und nordeuropäischen Barbarenstämme: Zusammen mit den Restkelten in
126
Mitteleuropa formierten sie sich zu einer neuen ethnischen Gruppe, eben zu jener der
127
Germanen, und übernahmen exakt die gleiche historische Rolle, die bis dahin die Kelten
128
gespielt hatten. Germanen waren fortan die Anrainer der von den Römern getragenen hoch
129
zivilisierten Mittelmeerwelt, deren Grenzen - eben durch die Römer - inzwischen bis in den
130
mitteleuropäischen Raum vorgeschoben worden waren. Germanen waren es fortan, die sich
131
ständig und in vielen Bereichen mit der römischen Zivilisation auseinander setzten, auf
132
geistiger Ebene ebenso wie auf dem Schlachtfeld. Ihre zivilisatorische Entwicklung wurde
133
maßgeblich von der Kultur der Mittelmeerwelt beeinflusst, und sie absolvierten auf diese
134
Weise einen langen Lernprozess, der sie schließlich, am Ende der Antike, in die Lage
135
versetzte, das römische Staatswesen wenigstens in seinem westlichen Teil abzulösen.
136
Nicht ein einheitlicher Ursprung in der Tiefe der Zeiten, nicht ein aus der Urzeit ererbtes
137
Identitätsbewusstsein,
138
Gesellschaftsordnung, nicht eine von allen Anfängen her überlieferte Religion - nichts von
139
alledem war es, was die Gemeinsamkeit der Germanen ausmachte, sondern es war -
140
selbstverständlich auf der Grundlage der bis dahin entwickelten Daseinsformen - die ihnen am
141
Ende des 1. Jahrtausends v. Chr. zugefallene historische Rolle »barbarische Völkerfamilie
142
versus Römisches Reich«.
143
IV. DER STAMM - MYTHOS UND REALITÄT
144
Es sind nicht die Germanen insgesamt, die auf der Bühne der Geschichte handelnd und
145
erleidend in Erscheinung treten, es sind vielmehr ihre einzelnen Stämme, wie der Überblick
146
über die Siedlungsgebiete schon gezeigt hat. Im Stamm, der in den lateinischen Quellen als
147
civitas, gens oder natio bezeichnet wird, ist ein wesentliches Element der politischen und
148
sozialen Ordnung der Germanen zu erblicken.
149
Ein Stamm stellt eine Siedlungsgemeinschaft dar, die über ein bestimmtes Siedlungsgebiet
150
verfügt. Das schließt freilich nicht aus, daß er sich dieses Territorium mit Angehörigen
151
anderer ethnischer Gruppen teilen muß, wie es in eroberten Gebieten verschiedentlich der Fall
152
war. Eine in den Quellen oft genannte Untergliederung des Stammes, der Gau (lateinisch
153
pagus), dürfte in erster Linie ebenfalls als Siedlungsgemeinschaft zu verstehen sein. Ein
154
Stamm unterstand einer einheitlichen politischen Führung, wie auch immer diese im
155
Einzelnen organisiert war. Mit der politischen Struktur war die rechtliche verknüpft: Ein
156
Stamm muß in aller Regel auch eine Rechtsgemeinschaft gewesen sein. Daß seine
157
Angehörigen eine Sprachgemeinschaft bildeten, versteht sich beinahe von selbst, und in aller
158
Regel werden auch gemeinsame religiöse Vorstellungen, werden vor allem gemeinsam
159
vollzogene religiöse Riten, wird also ein gemeinsamer Kult eine ganz wesentliche Klammer
160
für das Einheitsbewußtsein eines Stammes gewesen sein. Nicht zuletzt wurde das
161
Identitätsbewußtsein eines Stammes dadurch gebildet und fortlaufend untermauert, daß er sich
162
durch die bewusst empfundenen gemeinsamen Merkmale von anderen ethnischen Gruppen
163
deutlich unterschied.
nicht
eine
in
solch
mythischer
Vorzeit
grundgelegte
164
Die ständig erfahrene und bewusst gelebte Eigenart des Stammes konnte durch nichts besser
165
erklärt werden als durch die Vorstellung von einer gemeinsamen Abstammung. Die
166
elementare Erfahrung aus dem Lebensraum von Familie und Sippe, daß nämlich aus
167
einheitlicher Abstammung Zusammengehörigkeitsgefühl und Solidarität erwachsen, wurde
168
auf die Ebene des Stammes übertragen. Die Stammesangehörigen verstanden sich als
169
Abkömmlinge eines mythischen Urahns, und es erhöhte das kollektive Selbstwertgefühl,
170
wenn man den genealogischen Ursprung bis weit in mythische Vorzeit zurückverlegte und
171
dem Stammvater möglichst noch göttliche Eigenschaften beimaß. Stamm, gens, natio - diese
172
Bezeichnungen selbst geben der Vorstellung Ausdruck, daß das wesentlich Verbindende eines
173
Stammes die einheitliche Abstammung seiner Angehörigen sei. Dies war jedoch in aller Regel
174
eine bloße Fiktion und keine historische Realität. Die Fiktion als solche war aber wieder
175
historisch real: Aus dem bei den Stämmen herrschenden, auf die Vorstellung von der
176
einheitlichen Abstammung ihrer Angehörigen gegründeten Zusammengehörigkeitsgefühl
177
erwuchs oft genug zielgerichtetes politisches Handeln.
178
Allgemein gilt: Stämme sind - und das allein schon widerlegt den Mythos von der
179
gemeinsamen Abstammung - alles andere als stabile Gebilde. Stämme gehen unter, und es
180
bilden sich neue (zum Beispiel Alamannen, Franken, Sachsen), sie können sich teilen (Ost-
181
und Westgoten), und eine abgesplitterte Gruppe kann zu einem selbstständigen Stamm
182
heranwachsen (so vermutlich die Quaden aus den Markomannen). Stämme können ihren
183
Namen und damit in gewissem Umfang ihre Identität ändern (Semnonen/Juthungen;
184
Hermunduren/Thüringer; Winniler/Langobarden), sie können Stammesfremde assimilieren
185
oder selbst in einem anderen Stamm aufgehen (Juthungen - Alamannen). Eine relativ kleine
186
Gruppe kann zum namengebenden und damit identitätsbestimmenden Kern eines Stammes
187
werden (zum Beispiel die Baiern). Ein solcher Kern kann die Stammestradition durch
188
Abwanderung verpflanzen und die Zurückbleibenden der Namenlosigkeit ausliefern.
189
Stämme entstehen, existieren, verändern sich und verschwinden gemäß der historischen
190
Situation, entsprechend dem politischen und gesellschaftlichen Umfeld und nach Maßgabe
191
ihrer eigenen politischen Ziele: Durch all das werden sie geprägt und definiert. Der Mythos
192
von der gemeinsamen Abstammung hat positiv bestärkenden Charakter und dient der
193
Legitimierung aktueller Zustände und politischer Ziele.
194
Zugleich bot aber der Stamm den eigentlichen Rahmen für die vielfältigen Erscheinungen der
195
Lebenswelt der Germanen. Die im Folgenden zu skizzierenden Aspekte der geistigen und
196
materiellen Kultur der Germanen haben in erster Linie auf der Ebene des Stammes (oder von
197
Stammesgruppen) ihre Ausprägung gefunden, auf dieser manifestieren sie sich konkret,
198
anschaulich und detailreich. Jeder Versuch, Phänomene zu definieren, die für das
199
Germanengebiet insgesamt Gültigkeit besitzen sollen, führt meistens nur zu Feststellungen
200
der allgemeinsten Art, die nichts anderes beschreiben als den allenthalben präsenten
201
Gegensatz zwischen Römerreich und Barbarengebiet.
202
V. SOZIALE STRUKTUREN UND HERRSCHAFTSVERHÄLTNISSE
203
Eine nicht minder romantische Vorstellung als die, der Stamm sei eine naturwüchsige
204
Menschengemeinschaft, ist die andere, das politische Leben eines germanischen Stammes sei
205
in einer geradezu demokratisch anmutenden Weise von der Gemeinschaft der Freien gelenkt
206
worden. In Wirklichkeit tritt überall da, wo die Quellen nur irgendeinen Blick auf die
207
innergermanischen Zustände erlauben, eine Schicht von Adligen (lateinisch nobiles,
208
principes) in Erscheinung, in deren Händen die reale politische Macht lag. Wo Könige
209
bezeugt sind, wie bei den östlichen und nördlichen Germanenstämmen, waren auch sie nichts
210
anderes als Exponenten der Adelsschicht, gleichviel, ob das erste Amt im Stamm erblich war
211
oder ob es durch persönliche Tüchtigkeit jeweils neu errungen werden mußte. Die
212
gesellschaftliche Bedingtheit von Aufstieg und Fall solcher Stammesführer können zwei
213
Lebensläufe anschaulich vor Augen führen.
214
Zwei Lebensläufe: Arminius und Marbod
215
Der Cherusker Arminius (†21 n.Chr.) und der Markomanne Marbod oder Marobod (†36
216
n.Chr.) waren Zeitgenossen; in ihrem Herrschaftsanspruch waren sie Rivalen und auf dem
217
Höhepunkt ihrer Macht erbitterte Gegner in offener Feldschlacht (17 n. Chr.). In Bezug auf
218
das Verhältnis zu Rom - eine Schicksalsfrage! - verfolgten sie das gleiche Ziel, die politische
219
Unabhängigkeit ihres Stammes, jedoch mit unterschiedlichen Konzeptionen: Arminius suchte
220
die direkte Konfrontation, Marbod die respektvolle Distanz. Letztlich haben beide ihre
221
Absichten wenigstens teilweise verwirklichen können, insofern Cherusker und Markomannen
222
samt
223
Herrschaftsbereichs blieben. Eine Oberherrschaft in Germanien konnte jedoch keiner von
224
ihnen erringen, und persönlich ist jeder in seiner Weise gescheitert.
225
Marbod war, wie die Römer sagten, genere nobilis, ein Adliger von Geburt. Er hatte sich in
226
seiner Jugend in Rom aufgehalten, ob als Geisel, aus Anlaß einer Gesandtschaft oder aus
227
einem anderen Grund, ist nicht bekannt. Aber allein diese Tatsache und die andere, daß er von
228
Kaiser Augustus mit Beweisen seiner Gunst ausgezeichnet worden ist, zeigt den hohen
ihren
Nachbarn
und
Verbündeten
auf
Dauer
außerhalb
des
römischen
229
gesellschaftlichen Rang, den er innerhalb seines Stammes eingenommen haben muß. Der
230
Aufenthalt im Zentrum des römischen Staates hatte ihn tief geprägt; fortan war er höchstens
231
noch seiner Herkunft, nicht aber seiner Mentalität nach ein Barbar, wie es der zeitgenössische
232
römische Geschichtsschreiber Velleius Paterculus, obendrein mit einem Wortspiel, ausdrückt:
233
»magis natione quam ratione barbarus«. Nach seiner Rückkehr aus Rom übernahm er
234
unangefochten die Führung, ja die königliche Gewalt innerhalb seines Stammes.
235
Mit der gleichen Kennzeichnung seiner Abkunft (genere nobilis) führt Velleius Paterculus
236
auch den Cherusker Arminius in seine Darstellung ein, und nach Tacitus gehörte er gar einem
237
königlichen Geschlecht (stirps regia) an. Wir kennen weitere Angehörige dieser Sippe: Der
238
Vater hieß Segimer, ein Onkel Inguimer, einer der Brüder führte den lateinischen Namen
239
Flavius; mit Thusnelda war Arminius verheiratet, und sein ihm nicht wohlgesonnener
240
Schwiegervater war Segestes. Auch Arminius kannte den römischen Staat aus der
241
Innenperspektive: Er hatte im oder jedenfalls dem römischen Militär gedient und das
242
römische Bürgerrecht sowie die Würde des Ritterstandes erlangt. Was sich im Einzelnen
243
hinter diesen überlieferten Tatsachen verbirgt - etwa auch ein Aufenthalt in Rom -, ist
244
Gegenstand vieler gelehrter Spekulationen.
245
Es ist ersichtlich, daß für Arminius ebenso wie für Marbod die Herkunft aus einer adligen
246
Familie die unabdingbare Voraussetzung des Aufstiegs zur Herrschermacht war. In der
247
aktuellen historischen Situation, in einer Phase römischer Expansion nach Mitteleuropa
248
nämlich, ließ sich ein solcher Aufstieg jedoch nur durch militärische Erfolge realisieren und
249
war von der Kenntnis der militärischen Organisation des römischen Gegners abhängig. Über
250
solche Kenntnisse verfügten Marbod und Arminius gleichermaßen. Arminius hat nicht nur
251
einen glänzenden Sieg über die drei Legionen des Varus errungen (9 n.Chr.), sondern hat sich
252
auch in den Jahren 14 bis 16 n.Chr. gegenüber den Angriffen des Germanicus behauptet, was
253
letztlich zum Verzicht der Römer auf die Eroberung Germaniens führte. Auch Marbods
254
Herrschaft über eine weit gespannte Stammeskoalition gründete sich auf ein Heer von nicht
255
weniger als 70000 Fußsoldaten und 4000 Reitern - eine durchaus glaubwürdige Angabe, wenn
256
man bedenkt, daß der spätere römische Kaiser Tiberius zwölf Legionen gegen ihn ins Feld
257
führen wollte (6 n. Chr.), wozu es nur wegen eines Aufstandes in Pannonien nicht gekommen
258
ist.
259
Dennoch waren Kommandogewalt und Kriegserfolg nicht die alleinigen Grundlagen der
260
Macht. Auf Dauer ließ sie sich nur im Einvernehmen mit der Stammesnobilität ausüben.
261
Marbod wurde durch die Auflehnung eines anderen Adligen namens Katwalda gestürzt und
262
ins Exil getrieben (19 n. Chr.), nachdem die unentschieden verlaufene Schlacht mit Arminius
263
(17 n. Chr.) einen Schatten auf sein Kriegsglück geworfen hatte. Die Gegner des Arminius
264
saßen in seiner eigenen Familie: Segestes hatte schon mit Varus und später mit Germanicus,
265
Inguimer hatte mit Marbod paktiert. Weil er angeblich nach der Königswürde strebte, wurde
266
Arminius von seinen eigenen Verwandten umgebracht (um 21 n. Chr.).
267
Archäologische Zeugnisse adligen Lebens
268
Aufschlußreiche Informationen über den germanischen Adel liefern auch die archäologischen
269
Quellen, namentlich in Gestalt von Grabfunden. Sowohl aus der älteren wie auch aus der
270
jüngeren römischen Kaiserzeit sind Grabfunde in beträchtlicher Anzahl bekannt geworden,
271
die in mehrfacher Hinsicht aus dem Rahmen des Üblichen fallen und deshalb allem Anschein
272
nach mit Angehörigen einer privilegierten sozialen Schicht in Verbindung gebracht werden
273
können. Schon durch die Beisetzungsart unterschieden sich diese Gräber von den landläufigen
274
Sitten: Die Toten sind unverbrannt bestattet worden, während sonst allenthalben der Brauch
275
der Leichenverbrennung geübt wurde. Diese Gräber enthalten Beigaben in großer Zahl,
276
darunter auch Stücke von hohem materiellem Wert - ein deutlicher Hinweis auf den Reichtum
277
der bestatteten Person und ihrer Sippe. Die Auswahl der Beigaben weist auf Lebensbereiche
278
hin, in denen sich der herausgehobene soziale Status besonders deutlich zum Ausdruck
279
bringen ließ: Mit kostbarem Schmuck und anderen Accessoires ihrer Kleidung wußten
280
namentlich die Frauen zu imponieren, Tafel- und Küchengerät erinnert an die Rolle als
281
Gastgeber, importiertes römisches Geschirr aus Silber, Glas und Bronze verrät verfeinerte
282
Lebensart. Auch Brettspiele und Jagdgerät passen zur Freizeitgestaltung einer Adelsschicht,
283
die weit entfernt war von der Last des Broterwerbs durch eigener Hände Arbeit.
284
Wie die Gräber lassen auch die archäologisch erschlossenen Grundrisse germanischer
285
Ansiedlungen immer wieder das Vorhandensein eines privilegierten Personenkreises
286
erkennen. Innerhalb des Küstendorfes Feddersen Wierde übertrifft beispielsweise ein Gehöft
287
alle anderen durch seine Größe, durch ein hallenartiges Gebäude und durch zugeordnete
288
Handwerksbetriebe. In den Landstrichen nördlich der mittleren Donau, um ein anderes
289
Beispiel zu nennen, haben sich einzelne germanische Große römische Wohnkultur zu Eigen
290
gemacht; sie verfügten über nach römischer Manier errichtete Steinbauten mit Heizung. Ein
291
drittes Beispiel schließlich: Im 4. und 5. Jahrhundert sind in den grenznahen Bereichen
292
Germaniens regelrechte Burgen entstanden, befestigte Höhensiedlungen als Sitz von Adligen
293
samt ihrer Gefolgschaft.
294
Unterhalb der Adelsschicht gab es eine breite Schicht von Freien (ingenui), die vor allem als
295
Bauern ihren Lebensunterhalt verdienten. Ferner kennen die Schriftquellen unfreie Personen,
296
liberti (eigentlich Freigelassene, vermutlich auch in Abhängigkeit geratene Freie), und
297
Sklaven (servi).
298
VII. RELIGION UND KULTGEMEINSCHAFTEN
299
Sieht man von Situationen akuter Bedrohung durch äußere Feinde ab, so konnte sich wohl bei
300
keiner Gelegenheit das Gemeinschaftsgefühl eines germanischen Stammes so deutlich und so
301
nachhaltig artikulieren wie im gemeinsam vollzogenen Kult. Götterverehrung und
302
Opferhandlungen begründeten und bekräftigten das Zusammengehörigkeitsgefühl der
303
Stammesmitglieder,
304
zusammenfanden, wie es verschiedentlich vorgekommen ist, war dies zweifellos die stärkste
305
Klammer ihres Bündnisses. Daß die Eigenart von Stämmen und Stammesgruppen in
306
religiösen
307
Erscheinungsformen von Religion in Germanien.
308
Götter nicht in Wände eingeschlossen
309
So weiß denn auch Tacitus, unser wichtigster Gewährsmann, an Allgemeingültigem über die
310
Religion der Germanen nur weniges zu sagen; das betreffende Kapitel (Germania 9) umfaßt
311
gerade einmal vier Sätze. Danach wurden Merkur, Herkules und Mars als Götter verehrt;
312
unter ihnen stand Merkur am höchsten, und manche swebischen Stämme sollen auch die Isis
313
verehrt haben. Hier wurden offenbar germanische Gottheiten, deren wirklicher Name im
314
Dunkeln bleibt, aufgrund gewisser, vielleicht nur vordergründiger Ähnlichkeiten mit
315
Gestalten der antik-heidnischen Götterwelt gleichgesetzt, ohne daß wirkliche Identität oder
316
auch nur weitgehende Übereinstimmung vorausgesetzt werden kann. Man kann erwägen, ob
317
mit dem Götternamen Merkur etwa Wodan/Odin gemeint ist, mit Herkules Donar/Thor und
318
mit Mars der Kriegsgott Tiu/Ziu. Aber Gewißheit ist hierin nicht zu erlangen, denn die
319
genannten nordischen Götter treten erst in mittelalterlichen Texten deutlich in Erscheinung.
320
Ob sie unter den dort überlieferten Namen und in ihrer dort beschriebenen Eigenart schon seit
321
der germanischen Frühzeit und bei allen Germanen verehrt worden sind, ist eine nicht zu
322
beantwortende Frage. Man sollte also den Bemerkungen von Tacitus nicht mehr entnehmen,
323
als daß bei den Germanen im Allgemeinen personale Gottheiten beiderlei Geschlechts und
324
unterschiedlichen Ranges verehrt wurden. Tacitus fügt aber noch eine Beobachtung an, deren
325
Gültigkeit sich nicht zuletzt anhand der archäologischen Funde bestätigen läßt: Die Germanen
326
hätten ihre Götter nicht in Wände eingeschlossen. Sie bauten also keine Tempel, kannten
und
Handlungen
wenn
ihren
sich
tiefsten
mehrere
Ausdruck
Stämme
fand,
zu
gemeinsamen
erklärt
die
Vielfalt
Riten
der
327
keine sakrale Architektur in Holz oder Stein, wie wir sie etwa bei Kelten und Slawen und
328
natürlich bei den Römern finden. Vielmehr verehrten sie ihre Götter unter freiem Himmel, auf
329
Waldlichtungen und in heiligen Hainen und - so können wir angesichts archäologischer Funde
330
ergänzen - an heiligen Wassern, stehenden und fließenden.
331
Grausame Riten
332
Recht karg sind also die Ausführungen von Tacitus über die Religion der Germanen im
333
Allgemeinen. Sehr viel anschaulicher und farbiger ist jedoch das, was er von den kultischen
334
Bräuchen einzelner Stämme zu berichten weiß. Einige kleine Stämme beispielsweise, die
335
Anwohner der Ostsee im Bereich des heutigen Norddeutschland gewesen sein müssen,
336
verehrten gemeinsam eine Personifikation der Mutter Erde mit Namen Nerthus (Germania
337
40). Deren Sitz war ein heiliger Hain auf einer Insel im Meer. Von Zeit zu Zeit wurde sie, in
338
welcher Gestalt auch immer, auf einem von Kühen gezogenen Wagen und verhüllt unter
339
einem Tuch von Ort zu Ort umhergefahren und überall gefeiert und verehrt. Zum Schluß
340
wurden Wagen und Decke, auch die Göttin bzw. ihr Kultbild selbst (numen ipsum), in einem
341
verborgenen See gewaschen, und die Sklaven, die das besorgten, wurden in eben diesem See
342
geopfert - eine dunkle Seite dieses sonst eher heiteren Kultes.
343
Auch die Semnonen kannten Menschenopfer (Germania 39). In ihren Stammesgebieten an
344
Havel und Spree trafen sich zu bestimmten Zeiten Abordnungen verschiedener swebischer
345
Stämme in einem heiligen Hain, der nur unter strengsten kultischen Vorkehrungen betreten
346
werden durfte, und vollzogen die »grausige Opferhandlung« (ritus horrenda primordia). Der
347
»allherrschende Gott« (regnator omnium deus), dem sie galt, wird mit Namen nicht genannt.
348
Anders bei den ostgermanischen Naharvalen: Unter dem Namen Alces (Alken) verehrten sie
349
ein jugendliches Brüderpaar, das laut Tacitus (Germania 43) »nach römischer Deutung«
350
(interpretatione Romana) mit Castor und Pollux gleichzusetzen war. Ein Priester in weiblicher
351
Tracht vollzog den Kult, auf der Lichtung eines Waldes, den man weit im Osten Germaniens
352
zu suchen hat, irgendwo zwischen Oder und Weichsel.
353
Opferplätze, an welchen Germanen ihre Gaben einem numinosen Wesen dargebracht haben,
354
oft über einen längeren Zeitraum hinweg bei immer neu sich ergebenden Gelegenheiten, sind
355
aus Germanien in einiger Anzahl bekannt und archäologisch erforscht worden. Dazu gehört
356
der schon 1863 entdeckte Opferplatz an einer Quelle in Bad Pyrmont, der vom Ende des 1.
357
Jahrhunderts v. Chr. bis zum 5./6. Jahrhundert n. Chr. immer wieder aufgesucht worden ist.
358
Über eine noch längere Zeitspanne hinweg ist an einem kleinen See bei Oberdorla in
359
Thüringen geopfert worden, schon seit der jüngeren Hallstattzeit (6. Jahrhundert v. Chr.) und
360
besonders intensiv seit der Zeitwende von germanischen Gruppen. Bis zum 5. Jahrhundert
361
sind hier vor allem Tier-, aber auch Menschenopfer dargebracht worden. Dort fand sich auch
362
ein roh geschnitztes Idol einer Göttin aus dem 3. Jahrhundert n. Chr.
363
Besonders eindrucksvolle Komplexe von Weihgaben sind verschiedentlich in Mooren des
364
südlichen Skandinavien zutage gekommen: Skeddemosse auf Öland, Vimose auf Fünen,
365
Illerup, Ejsbøl, Nydam und Thorsberg auf der jütischen Halbinsel. Vor allem Waffen und
366
andere militärische Ausrüstungsteile sind an einst offenen Seen geopfert worden, und zwar
367
offenbar bei wiederholten, aber nicht eben häufigen Anlässen jeweils in großer Zahl. Daraus
368
und aus den sonstigen Fundumständen läßt sich die Vermutung begründen, es habe sich
369
jeweils um die von einem besiegten Feind erbeutete Ausrüstung gehandelt, eine Waffenbeute
370
aus siegreicher Schlacht, die als Dank oder nach vorausgegangenem Gelübde gesamthaft
371
einer Gottheit dargebracht wurde. Diese Sitte hatte im Norden eine alte Tradition: Die von der
372
jütischen Halbinsel abgewanderten Kimbern gaben im Jahr 105 v. Chr. nach ihrem Sieg über
373
die Römer bei Arausio im Rhônetal die gesamte Beute der Vernichtung anheim, und zwar, wie
374
der spätantike Geschichtsschreiber Paulus Orosius schreibt, im Vollzug eines (für die Römer)
375
neuartigen und ungewöhnlichen Verfluchungsritus. Rüstungen und Pferdegeschirr wurden
376
dabei zerhauen, sogar Gegenstände aus Gold und Silber in den Fluss geworfen, die Pferde
377
wurden ertränkt, die gefangenen Feinde an den Bäumen aufgehängt. Auf diese Weise wurde
378
dem Sieger keine Beute zuteil und dem Besiegten kein Mitleid.
379
IX. HANDWERK, HANDEL UND VERKEHR
380
Im Rahmen ländlicher Siedlungen, wie sie eben geschildert wurden, vollzog sich nicht nur die
381
landwirtschaftliche Produktion, sondern fanden auch handwerkliche Tätigkeiten ihren Raum,
382
in erster Linie zur Befriedigung des örtlichen Bedarfs. Den Frauen oblag die Herstellung von
383
Textilien durch Spinnen und Weben, während das Gerben von Leder und dessen weitere
384
Verarbeitung mehr Sache der Männer gewesen sein dürfte. Das Arbeiten mit Holz - Zimmern
385
beim Hausbau, Tischlern, Drechseln, Schnitzen von Kleingerät -, die Verhüttung und das
386
Schmieden von Eisen, das Verarbeiten von Buntmetallen und Bein, ja sogar die Herstellung
387
von Tongefäßen vollzogen sich dezentral in ländlichen Siedlungen und lagen dort in den
388
Händen von Personen unterschiedlichen Spezialisierungsgrades, die aber stets noch in den
389
landwirtschaftlichen Produktionsprozeß eingebunden blieben.
390
Für den überörtlichen Bedarf arbeitende Handwerksbetriebe und Manufakturen scheint es nur
391
verhältnismäßig selten gegeben zu haben. In der Lysa Gora im südlichen Polen ist der Abbau
392
von Eisenerz und dessen Verhüttung zeitweise in großem Maßstab betrieben worden. Aus
393
Thüringen ist ein Töpfereibetrieb bekannt geworden, der in der jüngeren Kaiserzeit offenbar
394
mit römischem Personal eine qualitativ hoch stehende, scheibengedrehte Gefäßkeramik
395
hergestellt und weiträumig abgesetzt hat. Auch die Goldschmiedearbeiten von hoher Qualität,
396
wie sie aus nicht wenigen reich ausgestatteten Gräbern vorliegen, müssen in spezialisierten
397
Ateliers für einen weit gestreuten Kundenkreis angefertigt worden sein. Aber selbst solche
398
Produktionsstätten hat man sich mangels einer städtischen Alternative in einem ländlichen
399
Milieu angesiedelt zu denken.
400
Bei einer so weitgehend auf Autarkie eingestellten Gesellschaft ist nicht zu erwarten, daß die
401
Mechanismen einer weiträumigen Warendistribution, namentlich durch Handel, in
402
besonderem Maße ausgebildet waren. Städtische Siedlungen oder sonstige größere
403
Agglomerationen, die günstige Absatzchancen geboten hätten oder mit Hafen und Markt als
404
Umschlagplätze für Waren hätten dienen können, waren nicht einmal ansatzweise vorhanden.
405
Ein Wegenetz hat es sicher gegeben, das einzelne Siedlungen verband, auch über größere
406
Entfernungen hinweg. Aber das waren keine für den Wagenverkehr ausgebauten Straßen wie
407
im Römischen Reich, und allenfalls einige Bohlenwege in norddeutschen Moorgebieten
408
können als Belege eines Kunststraßenbaus in Germanien angeführt werden. Wagen waren
409
zwar gebräuchlich, werden zum Beispiel wiederholt im Zusammenhang mit Wanderzügen
410
von Germanen erwähnt, doch gibt es keine Hinweise dafür, dass sie einem weiträumigen und
411
umfangreichen Warenverkehr gedient hätten. Entsprechendes gilt für Schiffe.
412
Für die Römer wertvoll: Pelze, Bernstein und blondes Frauenhaar
413
Einen gegenteiligen Eindruck erweckt lediglich der römische Import: Gegenstände des
414
gehobenen Bedarfs, teils sogar ausgesprochene Luxusgüter, sind bis in die hintersten Winkel
415
Germaniens gelangt, und nicht einmal selten. Vielfach mögen römische Tafelgeschirre und
416
andere Attribute feiner Lebensart als Ehrengeschenke zu politischen Zwecken in den Besitz
417
germanischer Herren gelangt sein, anderes mag aus der Beute germanischer Einfälle in die
418
römische Provinz stammen, und gewiß haben germanische Söldner nach ihrem Militärdienst
419
im Römerreich manches Stück mit nach Hause gebracht. Zu einem gewissen Teil dürften
420
solche römischen Produkte aber auch als Handelsgüter nach Germanien gelangt sein. Man
421
fragt sich allerdings, welche Äquivalente den umgekehrten Weg aus Germanien zu den
422
Römern genommen haben: Pelze und Bernstein vermutlich, wohl auch Sklaven, nicht zu
423
vergessen blondes Frauenhaar, das, wie berichtet wird, von vornehmen Römerinnen zur
424
Ausstaffierung ihrer Frisur sehr geschätzt wurde. Besonders rege und sozusagen alltäglich
425
war der Handel mit den Römern nur in den grenznahen Bereichen. Wie der hohe Anteil
426
römischer Keramik in germanischen Siedlungen nahe der Reichsgrenze andeutet, erstreckte
427
sich hier der Austausch von Gütern auch auf die Gegenstände des täglichen Gebrauchs, auf
428
Küchengeschirr und landwirtschaftliche Produkte.
429
Römisches Geld war in Germanien allenthalben bekannt und im Besitz von vielen. Soweit es
430
aus Edelmetall bestand, wurde es zur Thesaurierung, zum Ansammeln und Aufbewahren eines
431
Vermögenswertes, benutzt, sicher auch zuweilen als Wertäquivalent beim Tauschhandel. Von
432
einer regelrechten Geldwirtschaft kann aber keine Rede sein, geschweige denn von eigener
433
Münzprägung. Erst in den nachantiken Germanenstaaten auf römischem Reichsboden ist es
434
zu den ersten Münzprägungen durch Germanen gekommen. Was im Innern Germaniens an
435
römischen Geprägen zuerst nachgeahmt wurde - in Gestalt der nordischen goldenen
436
Schmuckscheiben
437
Repräsentationsstücke also, die mit Kommerz nichts zu tun hatten, wohl aber mit Kunst.
438
X. BILD UND SCHRIFT
439
Als man im 5. Jahrhundert n. Chr. bei den im Norden lebenden Germanen dazu überging,
440
goldene Schmuckscheiben zu prägen, auf denen Gestalten und Szenen der eigenen
441
Mythologie dargestellt waren, war eine wichtige Etappe in dem langen Prozess der Aneignung
442
mediterraner Bildvorlagen erreicht, aber beileibe noch nicht dessen Ende.
443
Während in der antiken Welt, in der Welt der Griechen und Römer, buchstäblich jedweder
444
Bereich des Lebens angefüllt war mit bildlichen Darstellungen, sehen wir uns im
445
germanischen »Barbaricum« jenseits der römischen Grenzen einer bildlosen, anikonischen
446
Welt gegenüber; diesen Eindruck vermitteln die archäologischen Funde ebenso wie einzelne
447
Nachrichten in den Schriftquellen. So hat man sich in Rom noch lange über eine von Plinius
448
dem Älteren überlieferte Anekdote amüsiert, der zufolge ein Barbar aus dem Norden für ein
449
berühmtes Bildwerk in Rom nicht das geringste Verständnis aufbringen konnte. Nach dessen
450
Wert befragt - womit der Kunstwert gemeint war -, hielt er es für wertlos, hatte also dafür gar
451
keinen Maßstab.
452
Die Bildarmut der Heimat dieses Barbaren ist am archäologischen Fundbild deutlich ablesbar.
453
Ein paar stiergestaltige Trinkhornendbeschläge, hier und da eine in grober Manier
454
holzgeschnitzte Kultfigur, viel mehr ist für die ältere Kaiserzeit nicht zu nennen. Das änderte
455
sich auch in der jüngeren Kaiserzeit nur zögernd, aber immerhin merklich. Tiergestaltige
456
Fibeln kamen gebietsweise in Mode, sichtlich nach römischen Vorbildern gestaltet; Hirsch
(Brakteaten)
-,
waren
nicht
Münzen,
sondern
Medaillons,
457
und Eber waren die beliebtesten Motive. Kleine vollplastische Rinderfiguren aus Bronze
458
waren zwar selten, aber weithin bekannt; holzgeschnitzte mag es häufiger gegeben haben.
459
Generell wurden jedoch aus dem überaus reichen Angebot von potenziellen Vorbildern nur
460
Darstellungen von Tieren ausgewählt, und unter diesen wieder eher von solchen der
461
heimischen Fauna als von exotischen.
462
Eine eigene Bildersprache: Die Tierornamentik
463
Mit der Nachahmung römischer Tierbilder setzte denn auch im 5. Jahrhundert eine
464
Entwicklung ein, die zu einer für die germanische Welt eigentümlichen Kunstäußerung führen
465
sollte. Ausgangspunkt waren Tierdarstellungen von Raubkatzen und Seetieren, welche die
466
Randpartien spätrömischer, vor allem von Militärpersonen getragener Gürtelbeschläge aus
467
Bronze oder Silber schmückten. Solche Metallarbeiten samt ihrer plastischen Verzierung
468
wurden alsbald auch im Germanengebiet nachgeahmt, teils perfekt imitiert, teils aber auch
469
dem eigenen Geschmack angepaßt. Letzteres fand seinen Ausdruck in einer eigentümlichen
470
Zerstückelung des Tierbildes, in seiner Auflösung in einzelne anatomische Elemente. Einen
471
weiteren Schritt weg von den römischen Vorformen, hin zu einem selbstständig entwickelten,
472
spezifisch germanischen Kunststil bedeutete es, wenn solche Tierbilder nicht mehr nur am
473
Rand von Ziergegenständen in Erscheinung traten, sondern auch die zentralen Zierflächen
474
besetzten und wenn die Elemente der Tierdarstellungen in ganz unorganischer Weise, allein
475
nach künstlerischen Gesichtspunkten, arrangiert wurden. Im südlichen Skandinavien und in
476
der Zeit um 500 n. Chr. ist diese germanische Tierornamentik der ersten Stilstufe entwickelt
477
worden (»Tierstil I«). Sie sollte noch im Laufe des 6. Jahrhunderts die zweite
478
Entwicklungsstufe erreichen: Unter dem Einfluß mediterraner Flechtbandmuster wurden die
479
Tierdarstellungen nun nach einem Flechtsystem arrangiert, es wurden, anders gesagt,
480
Flechtmuster mithilfe von Tierbildern, Tierbilder als Flechtmuster dargestellt (»Tierstil II«).
481
Mit der Tierornamentik hatten die germanischen Stämme, hatte jedenfalls die Mehrzahl von
482
ihnen eine ihnen gemäße künstlerische Ausdrucksform gefunden. Dieser Formensprache
483
bedienten sich die skandinavischen Völker ebenso wie die Langobarden in der Theißebene
484
oder in Italien, sie wurde von Angelsachsen, Franken und Thüringern gleichermaßen
485
verstanden; lediglich die gotischen Stämme scheinen daran keinen Anteil genommen zu
486
haben. Aber was für ein langer Adaptionsprozeß, bis endlich im 5. Jahrhundert aus einem
487
buchstäblich marginalen Sektor der antiken Bilderwelt eine eigene germanische Bildersprache
488
entwickelt werden konnte!
489
Runen raunen, sie verlautbaren nicht
490
Nicht anders verhält es sich mit der Rezeption der Schrift, eines wesentlichen, ja konstitutiven
491
Elements der antiken Hochkultur. Allerdings ist die Quellensituation so, daß uns weite
492
Strecken dieses Aneignungsvorganges unbekannt sind und rätselhaft bleiben, und das
493
vielleicht für immer.
494
Nur so viel ist gewiß: Germanen müssen frühzeitig aus einem mediterranen Alphabet ein
495
eigenes Schriftsystem abgeleitet haben, die Runenschrift nämlich in der Form des älteren
496
Futhark. Alles weitere ist Spekulation: Welche Germanen beteiligt waren, welches Alphabet
497
als Vorlage diente (lateinische Kursive, nordetruskische Schrift oder sonst etwas), wo und
498
wann das geschehen ist (um die Zeitwende vielleicht, vielleicht auch früher oder später). Fest
499
steht aber, daß ein voll ausgebildetes, uneingeschränkt taugliches Schriftsystem mit 24
500
Zeichen entwickelt worden ist. Seine Eigenständigkeit ist nicht nur aus dem
501
unverwechselbaren Duktus der Buchstaben zu ersehen, sondern vor allem aus zwei
502
Eigenarten, die mit keinem der als Vorbild in Betracht kommenden Alphabete
503
übereinstimmen:
504
Die erste ist die Reihenfolge der Buchstaben. F - U - Th - A - R - K sind die ersten sechs
505
Zeichen der Runenreihe; so ergab sich »Futhark« als Bezeichnung für dieses »Alphabet«. Die
506
zweite ist der Umstand, daß dem einzelnen Buchstaben neben seinem Lautwert auch eine
507
begriffliche Bedeutung zukommt; zum Beispiel hat die erste Rune nicht nur den Lautwert »f«,
508
sondern auch die Bedeutung »fehu« (Vieh).
509
Diese Schrift muß lange - jahrhundertelang - in Bereichen geübt worden sein, zu welchen wir
510
weder durch schriftliche Überlieferung noch aufgrund archäologischer Funde Zugang haben.
511
Eine, als Runendenkmal umstrittene, Fibel aus dem 1., wenige Stücke aus dem 2. Jahrhundert
512
n. Chr. ragen wie Inseln aus einem uns sonst verborgenen Anwendungsfeld der Runenschrift.
513
Erst im 3. Jahrhundert setzt die Überlieferung auf breiterer Front ein: In den Ländern an der
514
westlichen Ostsee ist man allem Anschein nach zuerst dazu übergegangen, Runen auf solche
515
Gegenstände zu ritzen, die bis in unsere Zeit überdauern konnten, und auch im
516
ostgermanischen Bereich finden sich einige Beispiele aus dieser Zeit. Von nun an reißt die
517
Überlieferung nicht mehr ab. Runen wurden im Norden bis in die Neuzeit geschrieben.
518
Deswegen brauchte auch die Runenschrift nie entziffert zu werden; man konnte sie noch
519
lesen, als die wissenschaftliche Beschäftigung mit alten Runeninschriften einsetzte.
520
Fassen wir jedoch die Zeit des älteren Futhark (vor Anfang des 8. Jahrhunderts) ins Auge, so
521
ist es vor allem die Anwendungsweise, die, mehr noch als die formale Eigenart, die
522
Runenschrift von der antiken Schriftkultur unterscheidet. Ihr Anwendungsbereich war eng
523
umgrenzt: Widmungen und Zueignungen auf Gegenständen, meist auf deren Rückseite und
524
demzufolge in der Regel nicht sichtbar, damit verbunden oder auch allein gute Wünsche,
525
selten Verwünschungen, ferner Namen (des Gegenstandes, des Besitzers, des Widmenden, des
526
Empfängers), wiederholt auch die Nennung der Person, welche die Runen ritzte. Es wurden
527
also sehr persönliche, private Dinge zum Ausdruck gebracht, und zwar in diskreter Weise.
528
Wie ihr Name schon sagt: Runen raunen, sie verlautbaren nicht.
529
Obwohl also den Germanen ein in jeder Hinsicht taugliches Schriftsystem zur Verfügung
530
stand, obwohl sie über Jahrhunderte hinweg mit der römischen Art der Verwendung von
531
Schrift Bekanntschaft machen konnten, obwohl die Vorteile der Schriftlichkeit im öffentlichen
532
Leben doch auch für sie klar zutage gelegen haben müssen, blieb die Anwendung von Schrift
533
bei ihnen viele Jahrhunderte lang einer eng umgrenzten privaten und diskreten Sphäre
534
vorbehalten.
535
XI. DIE GERMANISCHE GESCHICHTE AN IHREM ZIEL
536
Die Ursprungsbedingungen des Germanentums bestimmten auch das Ziel der germanischen
537
Geschichte. Die Germanen, die in der Konfrontation mit dem Römerreich ihre Identität
538
gefunden hatten, richteten fortan ihr Interesse auf Teilhabe an diesem. Das geschah auf
539
unterschiedliche Weise und mit unterschiedlicher Energie. Vielfach zielte ihr Streben nur auf
540
materielle Güter, in deren Besitz man auf friedliche Weise gelangen konnte - durch Handel
541
oder Geschenke - oder aber unfriedlich durch Raubzüge und Plünderungen. Dabei ging es
542
stets auch um die Aneignung zivilisatorischer Errungenschaften, ein oft langwieriger Prozeß,
543
wie die Beispiele von Münzgeld, Bild und Schrift gezeigt haben. In zunehmendem Maße
544
stand ihnen der Sinn aber auch nach Beteiligung an der politischen Macht und nach
545
Inbesitznahme römischer Territorien.
546
Im Einzelnen sind die von den germanischen Stämmen entwickelten Aktivitäten, sind die
547
verfolgten politischen Ziele und dazu eingesetzten Strategien durchaus verschieden
548
voneinander, so verschieden, daß es auf den ersten Blick sinnlos erscheinen mag, die
549
Geschichte der Germanen in der ersten Jahrtausendhälfte nach der Zeitwende auf einen
550
Nenner bringen zu wollen. Trotzdem läßt sich eine für alle germanischen Gruppen gleiche
551
Grundrichtung der historischen Entwicklung ausmachen: Sie waren alle unterwegs zu einem
552
höheren Kulturzustand, zu entwickelteren Formen der staatlichen und gesellschaftlichen
553
Ordnung, und wollten ihre barbarische Existenz hinter sich lassen. In der konkreten
554
historischen Situation lief das auf eine permanente Auseinandersetzung mit dem Römerreich
555
hinaus.
556
Das auf geistiger, politischer und militärischer Ebene ausgetragene Ringen endete im Westen
557
mit einem germanischen Erfolg. Während das Oströmische Reich die Germanengefahr
558
abwehren und die angreifenden Stämme, namentlich die beiden gotischen, nach Westen
559
abdrängen konnte, fand das Römerreich im Westen - sagen wir 476 n. Chr. - ein Ende und
560
wurde durch Germanenstaaten auf ehemals römischem Territorium ersetzt. Das von den
561
romanischen Völkern bewahrte Kulturerbe der Antike und die aus barbarischer Wurzel
562
entwickelte Lebens- und Geisteswelt der germanischen Stämme gingen eine innige
563
Verbindung ein. In die auf dieser Grundlage neu erstehende Ordnung des Mittelalters wurden
564
nach und nach auch diejenigen germanischen Völker einbezogen, die im alten Germanien
565
verblieben waren, in Skandinavien und in den Landstrichen zwischen Rhein und Elbe.
566
Damit endet die Geschichte der Germanen und beginnt die Geschichte der europäischen
567
Nationen.
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