Mikroökonomik – 6. Vorlesungswoche Tone Arnold Universität des Saarlandes 27. November 2007 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 1 / 90 Angebot Die Angebotsfunktion S(p) gibt an, wieviel beim Preis p am Markt angeboten wird. Die inverse Angebotsfunktion pS (X ) gibt an, zu welchem Preis die Menge X am Markt angeboten wird. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 2 / 90 Marktgleichgewicht WIr betrachten einen Markt mit vielen Nachfragern und vielen Anbietern, i.e. einen Wettbewerbsmarkt. Durch die Vielzahl von Anbietern und Nachfragern hat ein einzelner keinen Einfluss auf den Marktpreis. Nachfrager und Anbieter verhalten sich als Preisnehmer, d.h. sie nehmen den Marktpreis als gegeben hin. Das Verhalten der Nachfrager wird modelliert durch die aggregierte Nachfrage, das der Anbieter durch das aggregierte Angebot. Der Gleichgewichtspreis, i.e. der Preis im Marktgleichgewicht, ergibt sich durch den Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Markt. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 3 / 90 Marktgleichgewicht Beispiel: Das aggregierte Angebot ist S(p) = 2p, und die aggregierte Nachfrage ist D(p) = 60 − 4p. Um die Angebots– und Nachfragekurve zeichnen zu können, benötigen wir das inverse Angebot pS (x) = x/2 sowie die inverse Nachfrage pD (x) = 15 − x/4. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 4 / 90 Marktgleichgewicht p 15 pD (X ) pS (X ) 60 X Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 5 / 90 Berechnung des Marktgleichgewichts (GG) GG Preis S(p) = D(p) ⇒ 2p = 60 − 4p ⇒ p∗ = 10. Im GG gehandelte Menge D(10) = 60 − 40 = 20, Tone Arnold (Universität des Saarlandes) S(10) = 2 · 10 = 20. 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 6 / 90 Marktgleichgewicht p 15 pD (X ) pS (X ) 10 20 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 60 X 27. November 2007 7 / 90 Komparative Statik: Einführung einer Steuer Der Staat erhebt eine Stuer von t = 3 e pro ME auf das Gut. Wie reagieren Angebot und Nachfrage auf die Steuer? Der Preis, den die Anbieter pro Einheit erhalten, ist den, den die Nachfrager bezahlen, minus der Steuer, die an den Staat abgeführt werden muss: pS = pD − t. Umgekehrt ist der Preis, den die Nachfrager pro ME zahlen, gleich pD = pS + t. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 8 / 90 GG mit Steuer Im GG gilt D(pD ) = S(pS ), wobei pD = pS + t: 60 − 4(pS + t) = 2pS ⇒ 60 − 4t = 6pS . Auflösen nach pS ergibt den Preis, den die Anbieter pro ME erhalten: 2 pS∗ = 10 − t = 8. 3 Der Preis, den die Nachfrager pro ME zahlen, ist dann pD∗ = pS∗ + t = 8 + 3 = 11. Die im GG gehandelte Menge ist S(pS∗ = 8) = 2 · 8 = 16, Tone Arnold (Universität des Saarlandes) D(pD∗ = 11) = 60 − 4 · 11 = 16. 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 9 / 90 Verteilung der Steuerlast p 15 pD (X ) pS (X ) 10 16 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 20 6. Vorlesungswoche 60 X 27. November 2007 10 / 90 Verteilung der Steuerlast p 15 pD (X ) pS (X ) pD∗ = 11 10 16 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 20 6. Vorlesungswoche 60 X 27. November 2007 11 / 90 Verteilung der Steuerlast p 15 pD (X ) pS (X ) pD∗ = 11 10 pS∗ = 8 16 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 20 6. Vorlesungswoche 60 X 27. November 2007 12 / 90 Verteilung der Steuerlast Die Nachfrager durch die Steuer 1 e mehr pro ME. Die Anbieter erhalten durch die Steuer 2 e weniger pro ME. Das Steueraufkommen beträgt 16 × 3 = 48 e. Die Steuerlast der Nachfrager beträgt davon 1/3, also 16 e (insgesamt). Die Steuerlast der Anbieter beträgt davon 2/3, also 32 e. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 13 / 90 Verteilung der Steuerlast Frage: Wodurch ist die Verteilung der Steuerlast determiniert? Die Preiselastizität des Angebots ist ¯ ¯ dS p p 1 ¯ εp ¯ = =1· = . S dp S 2p 2 Die Preiselastizität der Nachfrage ist |εpD | = 4p p dD p =· = . dp D 60 − 4p 15 − p Einsetzen von p = 10 (Preis vor Steuer) ergibt |εpD | = Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 10 = 2. 5 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 14 / 90 Verteilung der Steuerlast Die Elastizitäten beim Preis von p = 10 sind ¯ ¯ ¯ εp ¯ = = 1 , S 2 und |εpD | = 2. Beobachtung 1 Bei dem Preis vor der Einführung der Steuer ist die Nachfrage elastischer als das Angebot. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 15 / 90 Verteilung der Steuerlast Durch die elastischere Nachfrage sind die Konsumenten eher in der Lage, sich der Steuer zu entziehen (im Vergleich zu den Anbietern). Ergebnis 1 Die Marktseite mit der höheren Preiselastizität trägt einen geringeren Anteil an der Steuerlast als die Marktseite mit der geringeren Preiselastizität. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 16 / 90 2 Extremfälle Wir betrachten 2 Extremfälle bezüglich der Preiselastizität des Angebots: 1 Vollkommen elastisches Angebot: Die Anbieter bieten jede beliebige Menge des Gutes zu dem gegebenen Preis an, und das Angebot ist gleich null bei jedem niedrigeren Preis. Bei vollkommen elastischem Angebot wird der Preis p∗ durch das Angebot bestimmt und die Menge durch die Nachfrage: X ∗ = D(p∗ ). 2 Vollkommen unelastisches Angebot: Das Angebot ist fix, z.B. feste Zahl von Mietwohnungen. Bei vollkommen unelastischem Angebot wird die Menge durch das Angebot bestimmt: S(p) = X̄ . Der Preis wird durch die Nachfrage bestimmt: p∗ = pD (X̄ . Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 17 / 90 Vollkommen elastisches Angebot p pS (X ) p∗ X Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 18 / 90 Vollkommen elastisches Angebot p pD (X ) pS (X ) p∗ X Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 19 / 90 Vollkommen elastisches Angebot p pD (X ) pS (X ) p∗ X∗ Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche X 27. November 2007 20 / 90 Steuer bei vollkommen elastischem Angebot Wir betrachten die Einführung einer Steuer von t e pro ME auf das Gut. Auswirkungen der Steuer: Da die Anbieter den Preis bestimmen, setzen sie jetzt den Preis p∗ + t. D.h., die Anbieter wälzen die gesamte Steuerlast auf die Nachfrager ab. Die Nachfrager reagieren, indem bei dem höheren Preis p∗ + t weniger nachgefragt wird. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 21 / 90 Steuer bei vollkommen elastischem Angebot p pD (X ) p∗ + t pS (X ) p∗ X∗ Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche X 27. November 2007 22 / 90 Steuer bei vollkommen elastischem Angebot p pD (X ) p∗ + t pS (X ) p∗ X ∗ (p∗ + t) Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche X 27. November 2007 23 / 90 Steuer bei vollkommen unelastischem Angebot Das Angebot ist exogen gegeben: S(p) = X̄ , e.g. Zahl der Mietwohnungen in einer bestimmten Region. Der Preis wird durch die Nachfrageseite bestimmt: p∗ = pD (X̄ ). Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 24 / 90 Vollkommen unelastisches Angebot p pS (X ) X̄ Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche X 27. November 2007 25 / 90 Vollkommen unelastisches Angebot p pD (X ) pS (X ) X̄ Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche X 27. November 2007 26 / 90 Vollkommen unelastisches Angebot p pD (X ) pS (X ) p∗ X̄ Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche X 27. November 2007 27 / 90 Steuer bei vollkommen unelastischem Angebot Eine Steuer von t e pro ME wird eingeführt. Da die Nachfrage den Preis bestimmt, bleibt der Preis gleich p∗ . Die Anbieter sind nicht in der Lage, einen Teil der Steuer auf die Nachfrager abzuwälzen. Die Anbieter tragen die gesamte Steuerlast. Sowohl der Preis als auch die am Markt gehandelte Menge bleiben gleich. Lediglich der Gewinn der Anbieter sinkt. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 28 / 90 Gleichgewicht in einer Tauschökonomie Einfaches Modell einer Volkswirtschaft, eine so genannte Tauschwirtschaft, d.h. es findet keine Produktion statt. Konsumenten verfügen über Anfangsaustattungen an Gütern. Sie können die Güter untereinander tauschen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 29 / 90 Die Edgeworth Box Wir betrachten den einfachsten Fall: Es gibt 2 Personen (A und B) und 2 Güter (Gut 1 und Gut 2). Grafisch kann diese Situation in einer Edgeworth Box dargestellt werden. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 30 / 90 Die Edgeworth Box Beispiel: Die beiden Güter sind Schokolade (Gut 1) und Wein (Gut 2). Die beiden Personen A und B besitzen jeweils eine Erstausstattung an den beiden Gütern: ωA = (7, 3) Tone Arnold (Universität des Saarlandes) und ωB = (4, 5). 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 31 / 90 Konstruktion einer Edgeworth Box x2A x2B ωB 5 ωA 3 A 7 (a) Konsument A Tone Arnold (Universität des Saarlandes) x1A B 6. Vorlesungswoche 4 (b) Konsument B 27. November 2007 x1B 32 / 90 Konstruktion einer Edgeworth Box Wir drehen das x1 –x2 –Diagramm von Person B um 180◦ . Dann schieben wir das gedrehte Diagramm nach rechts, bis es das Diagramm von Person A überlappt. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 33 / 90 Drehen der Grafik für Konsument B um 180◦ x1B 4 B 5 x2A ω2 ωA A 7 (a) Konsument 1 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) x1A 6. Vorlesungswoche (b) Konsument 2 x2B 3 27. November 2007 34 / 90 Verschieben des Diagramms von Konsument B nach links B 4 ω 3 A Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 5 7 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 35 / 90 Ausmasse der Edgeworth Box Die Breite der Box entspricht der Gesamtmenge an Gut 1: ω1A + ω1B = 7 + 4 = 11. Die Höhe der Box entspricht der gesamtmenge an Gut 2: ω2A + ω2B = 3 + 5 = 8. Die von Person A konsumierten Mengen zählen von der unteren linken Ecke nach rechts (Gut 1) und oben (Gut 2). Die von Person B konsumierten Mengen zählen von der oberen rechten Ecke nach links (Gut 1) und nach unten (Gut 2). Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 36 / 90 Allokationen Jeder Punkt innerhalb der Box stellt eine erreichbare Allokation dar. Eine Allokation besteht aus einem Konsumplan für jeden der beiden Konsumenten. Beispiel: Die Anfangsausstattung ω A , ω B = ((7, 3), (4, 5)) ist eine erreichbare Allokation. Bei gegebener Grösse der Box gilt: Die Mengen beider Güter, die Konsument A besitzt, bestimmen gleichzeitig die Mengen des Konsumenten B. Beispiel: Konsument A besitzt 3 Einheiten von Gut 2. Dann bleiben für Konsument B 8 − 3 = 5 Einheiten von Gut 2. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 37 / 90 Allokationen Eine Allokation in einer 2 Personen – 2 Güter Ökonomie ist eine Aufteilung der Mengen der beiden Güter auf die beiden Personen. x = ³ x A, x B Tone Arnold (Universität des Saarlandes) ´ = ³³ ´´ ´ ³ x1A , x2A , x1B , x2B . 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 38 / 90 Erreichbare Allokationen Definition 1 (erreichbare Allokationen) Eine Allokation ist erreichbar (feasible) genau dann, wenn für die Summe der von den beiden Personen konsumierten Mengen von Gut 1 der gesamten verfügbaren Menge von Gut 1 entspricht, und gleichzeitig die Summe der von den beiden Personen konsumierten Mengen von Gut 2 der gesamten verfügbaren Menge von Gut 2 entspricht: x1A + x1B = ω1A + ω1B und x2A + x2B = ω2A + ω2B . D.h., es wird genau die Menge eines jeden Gutes verteilt, die insgesamt als Anfangsausstattung vorhanden ist. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 39 / 90 Indifferenzkurven in der Edgeworth Box Die Indifferenzkurven von Konsument A werden wie üblich eingezeichnet. Die Besser–Richtung verläuft nach rechts oben. Die Indifferenzkurven von Konsument B müssen um 180◦ gedreht werden: Der Ursprung für Konsument B liegt rechts oben. Seine Menge von Gut A nimmt nach links zu und seine Menge von Gut 2 nimmt nach unten zu. Die Besser–Richtung für Konsument B verläuft nach links unten. Tiefer liegende Indifferenzkurven stellen für ihn ein höheres Nutzenniveau dar. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 40 / 90 Indifferenzkurven in der Edgeworth Box x2A x1B B x1A A x2B Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 41 / 90 Indifferenzkurven durch die Anfangsausstattung x2A x1B B ω x1A A x2B Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 42 / 90 Indifferenzkurven durch die Anfangsausstattung x2A x1B B ω x1A A x2B Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 43 / 90 Indifferenzkurven durch die Anfangsausstattung x2A x1B B x ω x1A A x2B Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 44 / 90 Indifferenzkurven durch die Anfangsausstattung x2A x1B B x ω x1A A x2B Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 45 / 90 Indifferenzkurven durch die Anfangsausstattung x2A x1B B x ω x1A A x2B Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 46 / 90 Individuell rationale Allokationen Definition 2 (individuell rationale Allokationen) Die Allokation x = ((x1A , x2A ), (x1B , x2B )) heisst individuell rational für Konsument A genau dann, wenn Konsument A diese Allokation gegenüber der Anfangsausstattung ω präferiert. Analog für Konsument B. Die Allokation x heisst individuell rational genau dann, wenn sie für alle (beide) Konsumenten individuell rational ist. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 47 / 90 Individuell rationale Allokationen Wären die konsumenten mit der Allokation x zufrieden? Nein: Es gibt immer noch eine Linse. Ein weiterer Tausch ist zu erwarten. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 48 / 90 Pareto Effizienz Betrachte die Allokation x̂: x2A x1B B x̂ x1A x2B A Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 49 / 90 Pareto Effizienz Es existiert keine Allokation, die für beide Konsumenten besser ist als x̂. Die Indifferenzkurven tangieren sich in x̂, so dass keine ‚Verbesserungslinse‘ entsteht. Eine solche Allokation heisst nach dem italienischen Soziologen und Ökonomen Vilfredo Pareto Pareto optimal oder Pareto effizient. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 50 / 90 Pareto Effizienz Definition 3 Pareto Effizienz Eine Allokation ist Pareto effizient, wenn es nicht möglich ist, eine Person besser zu stellen, ohne gleichzeitig eine andere schlechter zu stellen. Beispiel: Person A besitzt die gesamte Menge an beiden Gütern, während Person B gar nichts besitzt. Ist diese Allokation Pareto effizient? Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 51 / 90 Formale Herleitung der Pareto Optimaität Ausgehend von der Anfangsausstattung ω betrachten wir einen Tausch, der beide Konsumenten besser stellt. Die resultierende Allokation x ist für beide Konsumenten besser als die Ausgangsallokation ω. Der Übergang von ω zu x ist eine sogenannte Pareto Verbesserung. Man sagt auch: x ist Pareto besser als ω. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 52 / 90 Pareto Verbesserung Definition 4 (Pareto Verbesserung) Eine Allokation y heisst Pareto besser als eine Allokation x genau dann, wenn 1 beide Konsumenten y mindestens so gut finden wie x, 2 und mindestens ein Konsument y echt besser findet als x. Die Allokation y ist also eine Pareto Verbesserung gegenüber der Allokation x genau dann, wenn sie im Vergleich zu x keinen Konsumenten schlechter stellt und mindestens einen Konsumenten echt besser stellt. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 53 / 90 Strikte Pareto Verbesserung Definition 5 (strikte Pareto Verbesserung) Eine Allokation y heisst strikt Pareto besser als eine Allokation x genau dann, wenn y gegenüber x von allen Konsumenten echt präferiert wird. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 54 / 90 Pareto Verbesserung x2A x2A B x1B x1B x B x y ′′ y y′ A x1A A B (a) strikte Pareto Verbesserung x2 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) x1A B (b) Pareto Verbesserung, nicht striktx2 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 55 / 90 Pareto optimale Allokationen Definition 6 (Pareto optimale Allokation) Eine erreichbare Allokation x heisst Pareto optimal oder Pareto effizient genau dann, wenn es keine erreichbare Allokation y gibt, die eine Pareto Verbesserung gegenüber x darstellt. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 56 / 90 Schwach Pareto optimale Allokationen Definition 7 (Schwach Pareto optimale Allokation) Eine erreichbare Allokation x heisst schwach Pareto optimal oder schwach Pareto effizient genau dann, wenn es keine erreichbare Allokation y gibt, die eine strikte Pareto Verbesserung gegenüber x darstellt. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 57 / 90 Pareto optimale Allokationen Weitere Charakterisierungen Pareto optimaler Allokationen: Die Pareto optimale Allokation in der Abbildung ist ein Tangentialpunkt zweier Indifferenzkurven der Konsumenten, d. h. in dieser Allokation haben beide Indifferenzkurven die selbe Steigung. Die Steigung der Indifferenzkurve ist gleich der Grenzrate der Substitution. Diese kann mittels der Nutzenfunktion ausgedrückt werden. Wenn die Nutzenfunktionen bekannt ist, kann man überprüfen, ob eine gegebene Allokation Pareto optimal ist, indem man die GRS der Konsumenten berechnet und überprüft, ob sie übereinstimmen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 58 / 90 Pareto optimale Allokationen Voraussetzungen: 1 Die Grenzrate der Substitution muss für alle Konsumenten definiert sein. 2 Die fragliche Allokation muss im Innern der Edgeworth Box liegen, d. h. alle Konsumenten müssen strikt positive Mengen aller Güter erhalten. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 59 / 90 Pareto optimale Allokationen Beobachtung 2 (Charakterisierung Pareto optimaler Allokationen) Wenn die Präferenzen beider Konsumenten differenzierbar sind, und die Allokation x im Innern der Edgeworth Box liegt, so ist x genau dann Pareto optimal, wenn die GRS für beide Konsumenten gleich ist: GRSA (x) = GRSB (x) . Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 60 / 90 Nicht definierte GRS Grenzrate der Substitution nicht definiert (I): x2A x2A B xB 1 x1B x̂ A x̂ x1A B (a) Cobb–Douglas und Leontief x2 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) B x1A A 6. Vorlesungswoche (b) Leontief und lineare x2B 27. November 2007 61 / 90 Grenzrate der Substitution nicht definiert (II): x2A x2A B xB 1 x1B B x̂ x1A A (c) Leontief und Leontief (1) Tone Arnold (Universität des Saarlandes) x2B x1A A 6. Vorlesungswoche (d) Leontief und Leontief (2) x2B 27. November 2007 62 / 90 Pareto Optima am Rand der Edgeworth Box Pareto Optima am Rand der Edgeworth Box (I): x2A x2A B xB 1 x1B x̂ x̂ x1A A (a) Tone Arnold (Universität des Saarlandes) B x2B x1A A 6. Vorlesungswoche (b) x2B 27. November 2007 63 / 90 Pareto Optima am Rand der Edgeworth Box (II): x2A x2A B xB 1 x1B B x̂ ′ x̂ x̂ x̂ ′ x1A A (c) Tone Arnold (Universität des Saarlandes) x2B x1A A 6. Vorlesungswoche (d) x2B 27. November 2007 64 / 90 Kontraktkurve Die Menge aller Pareto Optima in einer Edgeworth Box wird als Kontraktkurve bezeichnet. x2A B x1B kur Ko kt ntra ve x1A A Tone Arnold (Universität des Saarlandes) x2B 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 65 / 90 Kontraktkurve am Rand der Edgeworth Box x2A x2A B xB 1 x1B x1A A (a) Tone Arnold (Universität des Saarlandes) x2B B x1A A 6. Vorlesungswoche (b) x2B 27. November 2007 66 / 90 Pareto optimale Allokationen sind unter Effizienzgesichtspunkten wünschenswert. Fragen der Verteilung werden dabei völlig ausser acht gelassen. Die Eckpunkte der Edgeworth Box (einer bekommt ales und der andere nichts) sind bei streng monotonen Präferenzen Pareto optimal. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 67 / 90 Pareto optimale Allokationen Nicht alle Pareto optimalen Allokationen sind individuell rational. Individuell rationale Allokationen sind mit Bezug auf die Anfangsausstattung definiert. Die Anfangsausstattung wird als gegeben unterstellt. Allokationen sind wünschenswert, wenn sie Pareto effizient und individuell rational sind. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 68 / 90 Kern der Ökonomie In einer zwei–Konsumenten–Tauschökonomie gilt: Alle Allokationen, die individuell rational und Pareto effizient sind, bilden den Kern der Ökonomie. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 69 / 90 Kern der Ökonomie x2A B x1B ω rn Ke x1A A Tone Arnold (Universität des Saarlandes) x2B 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 70 / 90 Das Walras Gleichgewicht Bisher: Annahme, dass die Konsumenten ihre Güter miteinander tauschen können. Implizite Annahme: Konsumenten kommunizieren und einigen sich schliesslich auf bestimmte Tauschkontrakte. Die Konsumenten werden eine Allokation auf der Kontraktkurve realisieren. Aber: Bei der Vielzahl von Konsumenten in einer realen Ökononmie ist die Annahme des Verhandelns und Tauschens nicht realistisch. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 71 / 90 Das Walras Gleichgewicht Auf Märkten fungiert Geld als Tauschmittel. Durch Preise sind die Tauschraten zwischen allen Gütern festgelegt. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 72 / 90 Das Walras Gleichgewicht Die Edgeworth Box muss um die Budgetgeraden ergänzt werden. Die Budgetgerade eines Konsumenten verläuft durch seine Anfangsausstattung (wieso?). Daher stimmen die Budgetgeraden der beiden Akteure in der Edgeworth Box zumindest in diesem Punkt überein. Beide Akteure sehen sich den gleichen Preisen gegenüber, so dass ihre Budgetgeraden auch die selbe Steigung haben müssen. Durch die Drehung des Koordinatensystems von Konsument B um 180◦ ändert sich nichts an der Steigung ⇒ Daher fallen die Budgetgeraden beider Konsumenten in der Edgeworth Box zusammen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 73 / 90 Das Walras Gleichgewicht x2A B ¯ 2¯ ¯e ¯ 1 ω21 x̂21 x̃12 ω12 x1B ¯ ¯ ¯e 1 ¯ 2 ω ω22 x̂ ¯ 2¯ ¯e ¯ 2 x̃ x̃22 ¯ 1¯ ¯e ¯ 1 A Tone Arnold (Universität des Saarlandes) ω11 x̂11 6. Vorlesungswoche x1A x2B 27. November 2007 74 / 90 Das Walras Gleichgewicht Konsument A fragt das Güterbündel x̂ 1 nach, d. h. er strebt die Allokation x̂ an. Konsument B fragt das Güterbündel x̃ 2 nach, d. h. er strebt die Allokation x̃ an. ⇒ Beides ist aber nicht kompatibel, die gezeigte Situation ist nicht erreichbar und nicht gleichgewichtig. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 75 / 90 Das Walras Gleichgewicht x2A ω12 x1B x ∗21 B ¯ 2¯ ¯e ¯ 1 ω21 ω ¯ ¯ ¯e 1 ¯ 2 ω22 ¯ 2¯ ¯e ¯ 2 x∗ x ∗12 x ∗22 ¯ 1¯ ¯e ¯ 1 A Tone Arnold (Universität des Saarlandes) ω11 x ∗11 6. Vorlesungswoche x1A x2B 27. November 2007 76 / 90 Das Walras Gleichgewicht Konsument A fragt bei der gegebenen Budgetsituation das Güterbündel x ∗ 1 nach, d. h. er strebt die Allokation x ∗ an. Konsument B fragt bei der gegebenen Budgetsituation das Güterbündel x ∗ 2 nach, d. h. auch er strebt die Allokation x ∗ an. ⇒ Die beiden individuellen Entscheidungen sind miteinander kompatibel. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 77 / 90 Überschussnachfrage Die Überschussnachfrage von Konsument A nach Gut 1 ist definiert als die Differenz zwischen seiner Nachfrage nach Gut 1 und seiner Anfangsausstattung an Gut 1. Sie wird mit e1A bezeichnet. Analog bezeichnen wir die Überschussnachfrage eines Konsumenten j nach Gut i mit eij . Die Überschussnachfrage ist positiv, wenn mehr als die Anfangsausstattung nachgefragt wird. Eine negative Überschussnachfrage entspricht einem Überschussangebot. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 78 / 90 Formale Darstellung eines Gleichgewichts In einem Gleichgewicht ist die Überschussnachfrage gleich null. Ein solches Gleichgewicht wird nach dem französischen Ökonomen Leon Walras als Walras Gleichgewicht bezeichnet. Synonyme sind Marktgleichgewicht oder Wettbewerbsgleichgewicht oder allgemeines Gleichgewicht. Achtung: Es reicht, die Überschussnachfrage nur nach einem Gut zu betrachten – die Überschussnachfrage nach dem anderen Gut ist dann automatisch null. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 79 / 90 Das Walras Gleichgewicht Definition 8 (Walras Gleichgewicht) Das bestehend aus einem Preissystem ¡ ∗ Paar ¢ von Preisen und Mengen ∗ ∗ p1 , p2 und einer Allokation x heisst Walras Gleichgewicht genau dann, wenn gilt Gegeben diese Preise und die Anfangsausstattung maximieren alle Konsumenten ihren Nutzen bei x ∗ , und die Allokation x ∗ ist erreichbar. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 80 / 90 Das Gesetz von Walras Beobachtung 3 (Walras Gesetz für die Überschussnachfrage) Für alle positiven Preise gilt: Die Summe der mit den Preisen bewerteten Überschussnachfrage ist gleich null. Dies folgt aus den Budgetbeschränkungen der Konsumenten. Anders ausgedrückt: Wenn einer von zwei Märkten im Gleichgewicht ist, dann ist auch der andere im Gleichgewicht. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 81 / 90 Der erste Hauptsatz der Wohlfahrtstheorie Satz 1 (Erster Hauptsatz der Wohlfahrtstheorie) Sind die Präferenzen aller Konsumenten monoton, so ist jedes Walras Gleichgewicht Pareto effizient. Genauer: Ist (p∗ , x ∗ ) ein Walras Gleichgewicht, dann ist x ∗ eine Pareto effiziente Allokation. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 82 / 90 Der erste Hauptsatz der Wohlfahrtstheorie Interpretation: Eine Marktwirtschaftliche Organisation der Wirtschaft führt zu einem effizienten Ergebnis. Wenn die Konsumenten sich zusammensetzen würden, um gemeinsam zu versuchen, eine Pareto Verbesserung gegenüber dem Walras Gleichgewicht zu finden, oder wenn ein zentraler Planer sich diese Aufgabe stellen würde, wäre dies nicht möglich. Ausprägung von Adam Smiths berühmter Idee der ‚unsichtbaren Hand‘. Achtung: Pareto Efifizienz hat nichts mit Fairness oder Gerechtigkeit zu tun! Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 83 / 90 Der erste Hauptsatz der Wohlfahrtstheorie x2A ω12 x1B x ∗21 B ¯ 2¯ ¯e ¯ 1 ω21 ω ¯ ¯ ¯e 1 ¯ 2 ω22 ¯ 2¯ ¯e ¯ 2 x∗ x ∗12 x ∗22 ¯ 1¯ ¯e ¯ 1 A Tone Arnold (Universität des Saarlandes) ω11 x ∗11 6. Vorlesungswoche x1A x2B 27. November 2007 84 / 90 Der 2. Hauptsatz der Wohlfahrtstheorie Satz 2 (Zweiter Hauptsatz der Wohlfahrtstheorie) Sind die Präferenzen aller Konsumenten monoton und konvex, so können wir jedes Pareto Optimum als Walras Gleichgewicht erreichen, vorausgesetzt die Anfangsausstattungen werden vorher geeignet umverteilt. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 85 / 90 Der 2. Hauptsatz der Wohlfahrtstheorie Jede Pareto effiziente Allokation kann als Walras Gleichgewicht erreicht werden. Wenn die Allokation im ursprünglichen Walras Gleichgewicht aus normativen Gründen (z.B. Gerechtigkeitsaspekten) nicht akzeptabel erscheint, kann man eine Umverteilung der Anfangsausstattugen vornehmen. Ein Marktwirtschaftliches System führt dann zur gewünschten Pareto effizienten Allokation. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 86 / 90 Nicht–konvexe Präferenzen Hier gilt der 2. HS nicht! x2A B x1B y x̂ x1A A Tone Arnold (Universität des Saarlandes) x2B 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 87 / 90 Nicht–konvexe Präferenzen Bei nicht–konvexen Präferenzen gilt der 2. HS nicht: Punkt x̂ stellt eine Pareto effiziente Allokation dar. Dieser Punkt kann aber nicht als Walras GG realisiert werden, da Person A den Punkt y auf der Budgetgerade bevorzugt. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 88 / 90 Illustration des zweiten Hauptsatzes x2A B x1B ω′ ω x̂ x∗ x1A A x2B Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 89 / 90 Der 2. Hauptsatz der Wohlfahrtstheorie Wir befinden uns im Walras Gleichgewicht (WG) x ∗ . Wir möchten die Pareto effiziente Allokation x̂ realisieren. Sie liegt jedoch nicht auf der Budgetgeraden der Konsumenten und kann daher nicht erreicht werden. Dazu nehmen wir eine Umverteilung der Anfangsausstattung von ω nach ω ′ vor. Die Steigung der neuen Budgetgerade entspricht dem gegebenen Preisverhältnis von vor der Umverteilung. Jetzt kann die gewünschte Allokation x̂ von den Konsumenten erreicht werden (liegt auf der Budgetgeraden). Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 6. Vorlesungswoche 27. November 2007 90 / 90