Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche Tone Arnold Universität des Saarlandes 6. Januar 2008 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 1 / 67 Oligopoltheorie Im Fall der vollkommenen Konkurrenz hat ein einzelner Akteur durch seine Nachfrage– bzw. Angebotsentscheidung keinen Einfluss auf das Marktergebnis. Im Fall des Monopols wird die angebotene Menge (und damit der resultierende Preis) vom einzigen Anbieter festgelegt. Viele Industrien (z.B. Automobil–, Mineralöl– oder Zigarettenindustrie) sind jedoch durch eine kleine Zahl von Anbietern gekennzeichnet. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 2 / 67 Oligopoltheorie Ein oligopolistischer Markt zeichnet sich dadurch aus, dass das Marktergebnis durch die Interaktion aller Anbieter in diesem Markt determiniert wird. Wenn z. B. eine Firma den Preis senkt, dann wird die Nachfrage und damit der Erlös bei den anderen Unternehmen zurückgehen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 3 / 67 Oligopoltheorie Der gewinn eines Unternehmens wird nicht nur durch die Entscheidungen dieses Unternehmens bestimmt, sondern auch durch die aller anderen Marktteilnehmer. Eine Firma sollte also bei ihrer Entscheidung über die anzubietende Menge bzw. des zu fordernden Preises das Verhalten der anderen Firmen in diesem Markt bei seiner Entscheidung mit berücksichtigen. Es besteht eine strategische Interdependenz zwischen den Firmen auf einem oligopolistischen Markt. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 4 / 67 Oligopoltheorie Ein solches Instrument ist die Spieltheorie. Die Spieltheorie befasst sich mit strategischem Verhalten. Sie erlaubt Aussagen über rationales Verhalten in strategischen Entscheidungssituationen sowie über die Resultate dieser Entscheidungen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 5 / 67 Oligopolistische Marktstrukturen Die Variablen, über die die Firmen entscheiden können, sind der Preis oder die Menge des hergestellten Produktes. Diese Entscheidungen können entweder in Unkenntnis der Entscheidung der anderen Firma getroffen werden, i.e. simultan, oder eine der Firmen entscheidet zuerst, und die andere Firma fällt ihre Entscheidung aufgrund der von der ersten Firma getroffenen Entscheidung. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 6 / 67 Das Modell von Cournot Annahmen 1 Es gibt zwei identische Firmen, die ein homogenes Produkt herstellen. 2 Die strategische Variable ist die Angebots– bzw. Outputmenge. 3 Die Firmen entscheiden simultan über ihre Outputmengen. 4 Die Preis–Absatz Funktion sowie die Kostenfunktionen beider Firmen sind bekannt. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 7 / 67 Das Modell von Cournot Beispiel: Zwei Firmen stellen identische Musikanlagen her. Die Preis–Absatz Funktion für Musikanlagen ist p(y ) = 1200 − y , wobei y die insgesamt angebotene Menge an Musikanlagen bezeichnet. Die variablen Kosten der Produktion von Musikanlagen sind vernachlässigbar, i.e. gleich null. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 8 / 67 Das Modell von Cournot Jede der beiden Firmen überlegt sich, welche Menge sie am Markt anbieten soll, um ihren Gewinn zu maximieren. Problem: Der Gewinn einer Firma hängt nicht nur von der Menge ab, die sie selbst anbietet, sondern auch von der Menge, die die andere Firma anbietet. Da die Firman simultan entscheiden, weiss keine der Firmen, welche Menge die jeweils andere Firma anzubieten plant. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 9 / 67 Das Modell von Cournot Sei y1 die Menge an Musikanlagen, die Firma 1 anbietet, und y2 die von Firma 2 angebotene Menge. Die inverse Nachfrage (und somit der Gewinn jeder Firma) hängt von der Gesamtmenge y ab, wobei gilt y = y1 + y2 . Jede Firma entscheidet sich für eine Menge yi , i = 1, 2. Firma i muss zwar in Unkenntnis der von der anderen Firma geplanten Menge entscheiden, aber sie kann sich aber für jede mögliche Menge der anderen Firma ihre beste Antwort überlegen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 10 / 67 Das Modell von Cournot Beste Antwort Die beste Antwort (best reply, best response) der Firma 1 auf die Menge y2 der Firma 2 ist diejenige Menge y1 , die den Gewinn der Firma 1 maximiert unter der Annahme, dass Firma 2 die Menge y2 anbietet. Analog für Firma 2. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 11 / 67 Das Modell von Cournot Der Erlös der Firma 1 ist p(y ) · y1 bzw. p(y1 + y2 ) · y1 . Der Gewinn von Firma 1 ist π1 (y1 , y2 ) = [1200 − (y1 + y2 )] y1 . Der Gewinn von Firma 2 ist π2 (y1 , y2 ) = [1200 − (y1 + y2 )] y2 . Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 12 / 67 Das Modell von Cournot Das Gewinnmaximierungsproblem der Firma 1 lautet max π1 (y1 , y2 ) = [1200 − (y1 + y2 )] y1 . y1 Analog lautet das Gewinnmaximierungsproblem der Firma 2 max π2 (y1 , y2 ) = [1200 − (y1 + y2 )] y2 . y2 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 13 / 67 Das Modell von Cournot Wir lösen zuerst das Problem der Firma 1: max [1200 − (y1 + y2 )] y1 = 1200y1 − y12 − y1 y2 . y1 B.1.O. 1200 − 2y1 − y2 = 0. Auflösen nach y1 ergibt y1 = 600 − y2 . 2 Dies ist die Reaktionsfunktion der Firma 1. Wir schreiben y1 = R1 (y2 ) = 600 − Tone Arnold (Universität des Saarlandes) y2 . 2 Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 14 / 67 Reaktionsfunktion Reaktionsfunktion Die Reaktionsfunktion der Firma 1 gibt für jede mögliche Menge y2 , die Firma 2 anbieten könnte, die beste Antwort für Firma 1 an. Beispiel: Bietet Firma 2 z.B. die Menge y2 = 500 Musikanlagen an, so wäre die beste Antwort der Firma 1 gegeben durch R1 (500) = 600 − 500 = 350. 2 Das bedeutet: Wüsste Firma 1, dass Firma 2 die Menge von 500 anzubieten plant, dann wäre es optimal für Firma 1, 350 Musikanlagen anzubieten. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 15 / 67 Reaktionsfunktion Nun lösen wir das Gewinnmaximierungsproblem der Firma 2: max [1200 − (y1 + y2 )] y2 = 1200y2 − y1 y2 − y22 . y2 B.1.O. 1200 − y1 − 2y2 = 0. Auflösen nach y2 ergibt y2 = 600 − y1 . 2 Dies ist die Reaktionsfunktion der Firma 2. Wir schreiben R2 (y1 ) = 600 − y1 . 2 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 16 / 67 Reaktionsfunktionen y2 1200 R1 (y2 ) 600 R2 (y1 ) 600 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 1200 y1 6. Januar 2008 17 / 67 Nash Gleichgewicht Im Schnittpunkt der Reaktionskurven gilt: Der Punkt liegt auf der Reaktionsfunktion der Firma 1. Also ist die Menge der Firma 1 ihre beste Antwort auf die Menge der Firma 2. Der Punkt liegt ebenfalls auf der Reaktionsfunktion der Firma 2. Also ist die Menge der Firma 2 ihre beste Antwort auf die Menge der Firma 1. Mit anderen Worten: Die Mengen der beiden Firmen sind gegenseitig beste Antworten. Eine solche Kombination von Mengen heisst Nash Gleichgewicht, benannt nach dem Theoretiker John Nash (1954). Er bekam 1994 den Nobelpreis für Ökonomie (zusammen mit Reinhard Selten und John Harsanyi). Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 18 / 67 Nash Gleichgewicht Definition 1 (Nash Gleichgewicht) Ein Nash Gleichgewicht ist eine Kombination von Strategien zweier Spieler, die gegenseitig beste Antworten darstellen. Im Rahmen der Oligopoltheorie sind die Spieler die beiden Firmen. Ihre Strategien sind die angebotenen Mengen. Im Rahmen des Cournot Modells wird ein solches Gleichgewicht als Cournot Nash Gleichgewicht bezeichnet. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 19 / 67 Cournot Nash Gleichgewicht In einem Cournot Nash Gleichgewicht gilt: Die angebotenen Mengen sind y1∗ = R1 (y2 ) und y2∗ = R2 (y1 ), i.e. sie sind gegenseitig beste Antworten. Keine der Firmen bereut ihre Entscheidung, gegeben die Mengenwahl der jeweils anderen Firma. Keine der Firmen hat einen Anreiz, von der gewählten Menge abzuweichen, vorausgesetzt die jeweils andere Firma bleibt ebenfalls bei ihrer Wahl. D.h., keine Firma könnte ihren Gewinn erhöhen, indem sie eine andere als die gewählte Menge anbietet, vorausgesetzt die jeweils andere Firma ändert ihre Menge nicht. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 20 / 67 Cournot Nash Gleichgewicht Welche Mengen werden im Cournot Nash GG angeboten? Da das Modell symmetrisch ist (beide Firmen lösen das gleiche Optimierungsproblem), werden auch beide die gleichen Mengen anbieten: y1∗ = y2∗ . Es gilt also R1 (y2∗ ) = R2 (y1 ∗) bzw. y1 ∗ = 600 − y1∗ . 2 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 21 / 67 Cournot Nash Gleichgewicht y1 ∗ = 600 − y1∗ . 2 Wir bringen die Terme mit y1∗ auf die linke Seite: 3 ∗ y = 600. 2 1 Auflösen nach y1∗ ergibt y1∗ = 400. Analog gilt: y2∗ = 400. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 22 / 67 Cournot Nash Gleichgewicht Das Cournot Nash GG lautet y1∗ = y2∗ = 400. Das heisst: Jede Firma bietet 400 Musikanlagen an. Jede Firma maximiert ihren Gewinn unter der Voraussetzung, dass die jeweils andere Firma 400 Musikanlagen anbietet. Keine Firma bereut die Wahl ihrer Menge, gegeben die Menge der anderen Firma. Die Mengen sind gegenseitig beste Antworten. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 23 / 67 Cournot Nash Gleichgewicht y2 1200 R1 (y2 ) 600 y2∗ R2 (y1 ) y1∗ Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 600 Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 1200 y1 6. Januar 2008 24 / 67 Cournot Nash Gleichgewicht Um zu zeigen, dass die Mengen im Cournot Nash GG gegenseitig beste Antworten sind, setzen wir y2∗ = 400 in die Reaktionsfunktion der Firma 1 ein: R1 (400) = 600 − 400 = 400. 2 Also ist y1∗ = 400 die beste Antwort auf y2∗ = 400. Umgekehrt genauso. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 25 / 67 Das Cournot Nash Gleichgewicht Frage: Welche Menge, welcher Preis und welche Gewinne resultieren im Cournot Nash GG? 1 Die Gesamtmenge ist y1∗ + y2∗ = 800. 2 Der resultierende Marktpreis für eine Musikanlage ist p(800) = 1200 − 800 = 400. 3 Der Gewinn einer Firma ist 400 · 400 = 1600. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 26 / 67 Das Cournot Modell in allgemeiner Form Allgemeine Darstellung des Cournot Modells 1 Es gibt zwei identische Firmen, die simultanen Mengenwettbewerb betreiben. Die angebotenen Mengen sind y1 und y2 . 2 Die Kostenfunktion einer Firma ist C(yi ) = cyi mit c ≥ 0, i = 1, 2. 3 Die Preisabsatzfunktion ist p(y1 , y2 ) = a − b(y1 + y2 ), Tone Arnold (Universität des Saarlandes) a, b > 0. Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 27 / 67 Das Cournot Modell in allgemeiner Form Das Maximierungsproblem der Firma 1 ist max p(y1 , y2 )y1 − C(y1 ) y1 bzw. max [a − b(y1 + y2 )] y1 − cy1 = (a − c)y1 − by12 − by1 y2 . y1 B.1.O. a − c − 2by1 − by2 = 0 ⇒ 2by1 = a − c − by2 . Auflösen nach y1 ergibt die Reaktionsfunktin der Firma 1: y1 = R1 (y2 ) = a − c y2 − . 2b 2 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 28 / 67 Reaktinsfunktion Analog gilt für Firma 2 y2 = R2 (y1 ) = a − c y1 − . 2b 2 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 29 / 67 Reaktionsfunktionen y2 a R1 (y2 ) a b y2∗ R2 (y1 ) y1∗ Tone Arnold (Universität des Saarlandes) a b Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche a y1 6. Januar 2008 30 / 67 Cournot Nash Gleichgewicht Da das Modell symmetrisch ist, können wir das Cournot Nash GG berechnen, indem wir die Mengen der beiden Firmen gleichsetzen: y1∗ = a − c y1 − . 2b 2 Daraus folgt 3 ∗ a−c y = . 2 1 2b Auflösen nach y1∗ ergibt y1∗ = Tone Arnold (Universität des Saarlandes) a−c . 3b Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 31 / 67 Cournot Nash Gleichgewicht Die Mengen im Cournot Nash GG sind also y1∗ = y2∗ = a−c . 3b Das Gesamtangebot ist y ∗ = y1∗ + y2∗ = 2(a − c) 3b und der resultierende Marktpreis p∗ beträgt a + 2c 2 . a − (a − c) = 3 3 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 32 / 67 Cournot Nash Gleichgewicht Der Gewinn einer Firma (z.B. Firma 1) ist π1 (y1∗ , y2∗ ) = p(y ∗ )y1∗ − cy1∗ = [p(y ∗ ) − c]y1∗ . Einsetzen von p(y ∗ ) und y1∗ ergibt · ¸ a + 2c (a − c) π1 (y1∗ , y2∗ ) = −c 3 3b = (a − c)2 . 9b Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 33 / 67 Vergleich der Marktformen Wir vergleichen nun dieses Ergebnis mit 1 der Marktform der vollkommenen Konkurrenz 2 dem Monopol. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 34 / 67 Vergleich der Marktformen Bei vollkommener Konkurrenz verhalten sich alle Akteure (d.h. Firmen und Haushalte) als Preisnehmer. Die Auswirkung des eigenen Angebots auf den Preis wird nicht berücksichtigt. Die angebotene Menge ist so, dass Preis gleich Grenzkosten gilt: a − by = c ⇒ y ∗ = a−b . c Diese Menge ist grösser als die im Duopol angebotene Menge y1∗ + y2∗ = 2(a − c) . 3b Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 35 / 67 Vergleich der Marktformen Ein Monopolist berücksichtigt bei seiner Mengenentscheidung den gesamten Effekt auf den Marktpreis. Die Monopolmenge ist yM = a−c . 2b Diese Menge ist geringer als die im Duopol angebotene Menge y1∗ + y2∗ = 2(a − c) . 3b Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 36 / 67 Vergleich der Marktformen Das Monopol ist diejenige Marktform, bei der die geringste Menge angeboten wird. Entsprechend ist der Preis im Monopol am höchsten. Bei vollkommener Konkurrenz wird die grösste Menge angeboten, und der Preis ist am niedrigsten. Das Duopol (oder Oligopol) liegt zwischen den beiden Extremen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 37 / 67 Vergleich der Marktformen Fragen: 1 In welchem Verhältnis stehen die Gewinne bei den drei Marktformen? 2 Ist die Summe der Gewinne zweier Duopolisten grösser oder kleiner als der Gewinn eines Monopolisten? Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 38 / 67 Cournot Wettbewerb mit vielen Firmen Wir betrachten den Fall einer grossen Zahl n von Oligoolisten in einem Markt. Die insgesamt angebotene Menge Y ist gegeben durch Y = y1 + y2 + y3 + . . . yn = n X yi . i=1 Der Gewinn einer Firma, z.B. Firma 1, ist dann π1 (Y ) = p(Y )y1 − cy1 . Die B.1.O. für eine Firma lautet p(Y ) + dp(Y ) yi − c = 0. dY Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 39 / 67 Cournot Wettbewerb mit vielen Firmen Die B.1.O. für eine Firma lautet p(Y ) + dp(Y ) yi − c = 0. dY Ausklammern von p(Y ) ergibt ¸ · dp(Y ) Y yi = c. p(Y ) 1 + dY p(Y ) Y Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 40 / 67 Cournot Wettbewerb mit vielen Firmen · dp(Y ) Y yi p(Y ) 1 + dY p(Y ) Y ¸ = c. Der rote Term ist die Elastizität der aggregierten Nachfragefunktion. Der blaue Term bezeichnet den Anteil des Outputs der Firma 1 am Gesamtoutput, i.e. ihren Marktanteil. Wir bezeichnen ihn mit s1 , bzw. mit si für eine beliebige Firma i. Dann folgt ¸ si = c. p(Y ) 1 − |ǫY | · Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 41 / 67 Cournot Wettbewerb mit vielen Firmen · ¸ si p(Y ) 1 − = c. |ǫY | Diese Gleichung ist analog zur Amoroso–Robinson Gleichung aus der Monopoltheorie. Der einzige Unterschied besteht in der Berücksichtigung des Marktanteils der Firma i, si . Der Term |ǫsYi | ist die Elastizität der individuellen Nachfragefunktion, der sich Firma i gegenübersieht. Beim Monopolisten ist dieser Marktanteil si gleich 1. Je geringer der Marktanteil einer Firma, d.h je mehr Firmen im Markt sind, desto flacher ist die Nachfragefunktion, der sich eine Firma gegenübersieht. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 42 / 67 Cournot Wettbewerb mit vielen Firmen Geht die Zahl der Firmen n gegen unendlich, so resultiert das Ergebnis bei vollkommener Konkurrenz, denn der Term si /|ǫY | geht in diesem Fall gegen null und es folgt p(Y ) = c. Beobachtung 1 Die Marktformen des Monopols und der vollkommenen Konkurrenz können als Spezialfälle eines Cournot Oligopols aufgefasst werden. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 43 / 67 Unterschiedliche Grenzkosten Wir betrachten nun den Fall zweier Duopolisten mit unterschiedlichen Grenzkosten c1 und c2 . Das Maximierungsproblem der Firma 1 lautet max π1 (y1 , y2 ) = [a − b(y1 + y2 )] y1 − c1 y1 , y1 und das der Firma 2 lautet max π1 (y1 , y2 ) = [a − b(y1 + y2 )] y2 − c2 y2 . y1 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 44 / 67 Unterschiedliche Grenzkosten Wir lösen das Problem von Firma 1: max π1 (y1 , y2 ) = [a − b(y1 + y2 )] y1 − c1 y1 . y1 B.1.O. ∂π1 = a − 2by1 − by2 − c1 = 0 ∂y1 ⇒ 2by1 = a − by2 − c1 . Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 45 / 67 Unterschiedliche Grenzkosten 2by1 = a − by2 − c1 . Auflösen nach y1 ergibt die Reaktionsfunktion von Firma 1: R1 (y2 ) = a − c1 y2 − . 2b 2 Analog lautet die Reaktionsfunktion der Firma 2 R2 (y1 ) = a − c2 y1 − . 2b 2 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 46 / 67 Unterschiedliche Grenzkosten R1 (y2 ) = a − c1 y2 − . 2b 2 Die Reaktionsfunktion der Firma 1 ist eine Gerade mit Achsenabschnitt 1 a − c1 und Steigung − . 2b 2 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 47 / 67 Reaktionskurven y2 a−c1 b R1 (y2 ) a−c2 2b R2 (y1 ) a−c1 2b Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche a−c2 b y1 6. Januar 2008 48 / 67 Unterschiedliche Grenzkosten Frage: Wie wirkt sich eine Änderung der Grenzkosten einer Firma auf ihre Reaktionsfunktion aus? Angenommen, die Grenzkosten von Firma 1 sinken. Dadurch verschiebt sich die Reaktionskurve nach rechts: Bei jeder Menge von Firma 2 kann Firma 1 jetzt eine grössere Menge anbieten. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 49 / 67 Änderung der Grenzkosten y2 a−c1 b R1 (y2 ) a−c2 2b R2 (y1 ) a−c1 2b Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche a−c2 b y1 6. Januar 2008 50 / 67 Nash GG bei unterschiedlichen Grenzkosten Um das Nash Gleichgewicht zu berechnen, setzen wir die Reaktionsfunktion von Firma 2 in die der Firma 1 ein: µ ¶ a − c1 1 a − c2 y1 y1 = − − 2b 2 2b 2 = a − c1 a − c2 y1 − + 2b 4b 4 ⇒ 2a − 2c1 − a + c2 a − 2c1 + c2 3 y1 = = . 4 4b 4b Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 51 / 67 Nash GG bei unterschiedlichen Grenzkosten a − 2c1 + c2 3 y1 = 4 4b Auflösen nach y1 ergibt die angebotene Menge von Firma 1 im Cournot Nash Gleichgewicht (CNG): y1∗ = a − 2c1 + c2 . 3 Analog ist die angebotene Menge von Firma 2 y2∗ = a − 2c2 + c1 . 3 Diese Mengen hängen negativ von den eigenen Grenzkosten und positiv von den Grenzkosten der jeweils anderen Firma ab. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 52 / 67 Nash GG bei unterschiedlichen Grenzkosten CNG mit unterschiedlichen Grenzkosten Die Firma mit den niedrigeren Grenzkosten bietet im CNG die grössere Menge an. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 53 / 67 Cournot Nash Gleichgewicht y2 a−c1 b R1 (y2 ) a−c2 2b y2∗ R2 (y1 ) y1∗ Tone Arnold (Universität des Saarlandes) a−c1 2b Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche a−c2 b y1 6. Januar 2008 54 / 67 Das Modell von Bertrand Annahmen: 1 Es gibt zwei identische Firmen, die beide ein homogenes Produkt herstellen. 2 Jede Firma wählt einen Preis für ihr Produkt. 3 Es gibt 100 Nachfrager, die jeweils eine Einheit des Produktes kaufen wollen. 4 Diejenige Firma, die den niedrigeren Preis setzt, bekommt die gesamte Marktnachfrage. 5 Beide Firmen produzieren mit konstanten Grenzkosten c. 6 Jede Firma kann die gesamte Nachfrage bedienen, d.h. es gibt keine Kapazitätsbeschränkungen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 55 / 67 Das Modell von Bertrand Gesucht: Eine Strategienkombination, die ein Gleichgewicht darstellt, d.h. eine Kombination von Preisen, die wechselseitig beste Antworten sind. Überlegung: Die Preise können nicht unterhalb der Grenzkosten liegen, sonst würde jede Firma einen Verlust machen. Diesen Verlust könnte sie verringern, wenn sie einen höheren Preis verlangen würde. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 56 / 67 Das Modell von Bertrand Beispiel: c = 10. Angenommen, beide Firmen setzen den Preis p1 = p2 = 12. Dieser Preis liegt oberhalb der Grenzkosten von 10. Jede Firma erwirtschaftet einen Gewinn von 50 · 12 = 600. Frage: Stellen diese Preise ein Nash Gleichgewicht dar? Nein. Wir zeigen, dass z. B.Firma 1 ihren Gewinn erhöhen kann, indem sie ihren Preis senkt. Angenommen, Firma 1 senkt ihren Preis auf p1 = 11.99, während Firma 2 ihren Preis p2 = 12 beibehält. Dann erhält Firma 1 die gesamte Marktnachfrage. Dadurch steigt ihr Gewinn von 600 auf 100 · 11.99 = 1199. Die ursprünglichen Preise von 12 stellen kein Nash GG dar, da z. B.Firma 1 ein Interesse hat, davon abzuweichen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 57 / 67 Das Modell von Bertrand Aber dieses Argument gilt für alle Preise, die oberhalb der Grenzkosten liegen! Das Bertrand Modell Das einzige Nash Gleichgewicht bei Bertrand Wettbewerb besteht darin, dass beide Firmen Preis gleich Grenzkosten setzen, i.e. p1 = p2 = c. Nur dann hat keine Firma einen Anreiz zum Abweichen. Geringere Preise führen zu einem Verlust, höhere Preise zu einem Gewinn von null. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 58 / 67 Das Modell von Bertrand Beobachtung 2 Das Ergebnis des Bertrand Wettbewerbs führt zum gleichen Resultat wie die vollkommene Konkurrenz! Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 59 / 67 Unterschiedliche Grenzkosten Nun betrachten wir den Fall, dass sich die Grenzkosten der Firmen unterscheiden: c1 = 10 und c2 = 14. Annahme: Die kleinste Geldeinheit ist ein Cent. Frage: Welche Preisstrategien bilden ein Nash Gleichgewicht? Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 60 / 67 Unterschiedliche Grenzkosten Betrachten wir die Strategiekombination p1 = 13.99, p2 = 14 als Kandidaten für ein Nash GG. Stellen diese Preise ein Nash GG dar? Wir müssen untersuchen, ob sich eine der beiden Firmen durch Abweichen von ihrem Preis verbessern kann, wenn sich die jeweils andere Firma an ihren Preis hält. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 61 / 67 Unterschiedliche Grenzkosten Bei der Strategiekombination p1 = 13.99, p2 = 14 erhält Firma 1 die gesamte Nachfrage und somit einen Gewinn von π1 = 100 · 13.99 = 1399. Firma 2 erhält einen Gewinn von null. Kann sich Firma 1 durch Erhöhung ihres Preises verbessern? Nein, denn bei p1′ = 14 müsste sie den Markt mit Firma 2 teilen, wodurch ihr Gewinn auf 50 · 14 = 700 sinken würde. Bei einem Preis grösser als 14 würde der Gewinn von Firma 1 auf null sinken. Kann sich Firma 1 durch Senkung ihres Preises verbessern? Nein, denn dies würde weniger Erlös pro Einheit bedeuten. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 62 / 67 Unterschiedliche Grenzkosten Kandidat für Nash GG: Strategiekombination p1 = 13.99, p2 = 14. Kann sich Firma 2 durch Erhöhung ihres Preises verbessern? Nein, ihr Gewinn wäre weiterhin gleich null. Kann sich Firma 2 durch Senkung ihres Preises verbessern? Nein. Bei Senkung von p2 auf 13.99 bekäme Firma 2 die Hälfte der Marktnachfrage. Bei diesem Preis sind aber ihre Grenzkosten nicht gedeckt. Sie würde einen Verlust machen. Bei einem noch geringeren Preis wäre dieser Verlust noch grösser. Fazit: Die Strategiekombination p1 = 13.99, p2 = 14 stellt ein Nash Gleichgewicht dar. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 63 / 67 Unterschiedliche Grenzkosten Frage: Ist dies das einzige Nash GG, oder gibt es weitere? Betrachten wir als Kandidaten für ein weiteres Nash GG die Strategiekombination p1 = 12 und p2 = 12.01. Wieder erhält Firma 1 die gesamte Nachfrage. Ihr Gewinn ist π1 = 1200 und der Gewinn von Firma 2 ist gleich null. Stellen diese Preise ein Nash GG dar? Wir prüfen, ob sich eine der beiden Firmen durch Abweichen verbessern kann. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 64 / 67 Unterschiedliche Grenzkosten Kann sich Firma 1 durch eine Erhöhung ihres Preises verbessern? Nein. Bei Erhöhung auf 12.01 müsste sie die Nachfrage mit Firma 2 teilen. Ihr Gewinn würde sinken auf 50 · 12.01 = 600.50. Bei einer Erhöhung von p1 über 12.01 hinaus würde der Gewinn von Firma 1 auf null sinken. Kann sich Firma 1 durch eine Senkung ihres Preises verbessern? Nein, denn dadurch würde der Erlös pro Stück sinken. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 65 / 67 Unterschiedliche Grenzkosten Kann sich Firma 2 durch eine Erhöhung ihres Preises verbessern? Nein, ihr Gewinn wäre nach wie vor gleich null. Kann sich Firma 2 durch eine Senkung ihres Preises verbessern? Nein. Bei Senkung von p2 auf 12 bekäme Firma 2 die Hälfte der Nachfrage. Ihre Stückkosten von 14 wären aber nicht gedeckt, so dass sie einen Verlust machen würde. Bei Senkung des Preises unter 12 wäre der Verlust noch grösser. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 66 / 67 Unterschiedliche Grenzkosten Fazit: Die Strategiekombination p1 = 12, p2 = 12.01 stellt ebenfalls ein Nash GG dar! Ergebnis 1 Die Menge aller Nash Gleichgewichte ist charakterisiert durch p1 ∈ [10, 13.99] und p2 = p1 + 0.01. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Mikroökonomik – 11. Vorlesungswoche 6. Januar 2008 67 / 67