Theoretische Physik für das Lehramt L2 Ricarda Hiller Komplexe Zahlen und Funktionen Geschichte: Gerolamo Cardano schrieb 1545 in seinem Werk „Artis magnae sive de regulis algebraicis liber unus“ über folgendes Problem: Es sind zwei Zahlen gesucht, deren Produkt 40 ergibt und deren Summe zehn ist. Daraus kann man sich folgende zwei Gleichungen aufstellen: I : a⋅b=40 II : a+b=10 ⇔b=10−a → a⋅(10−a)=40 ⇔ a 2 −10a+40=0 Setzt man nun in die kleine Lösungsformel ein, so erhält man a =5± √−15 . Cardano merkte zwar, dass es eine Lösung gibt, diese macht jedoch keinen Sinn. Im 17. Jahrhundert wurden dann alle Zahlen der Form ± − imaginäre Zahl genannt, jedoch wurde nicht weiter mit ihnen gerechnet, da man es als sinnlose Spielerei ansah. Wichtige Erkenntnisse lieferten die Werke von Leonhard Euler und Caspar Wessel, jedoch gelang erst Augustin Louis Cauchy 1821 der Durchbruch mit der Definition einer Funktion einer komplexen Variablen in der komplexen Zahlenebene. Allgemeine Beachtung fanden diese Werke aber erst, nachdem 1831 Carl Friedrich Gauß in einem Artikel zur gleichen Auffassung kam ohne Wissen von den Vorgängern zu haben. Heute bestehen keine Probleme mehr und die komplexen Zahlen stehen den reellen Zahlen in nichts nach. Definition: Ausgehend von dem historischen Problem soll die Gleichung x 2+1=0 eine Lösung besitzen. Dies führt zur Einführung einer neuen Zahl i mit der Eigenschaft i 2=−1 . Die Zahl i wird dabei als imaginäre Einheit bezeichnet. Komplexe Zahlen werden meist in der Form z =a +b⋅i dargestellt, wobei a Realteil und b Imaginärteil heißt, wobei a und b reell sind.Diese beiden Zahlen charakterisieren z eindeutig. Die Menge der komplexen Zahlen wird mit ℂ bezeichnet. Seite 1 von 4 Theoretische Physik für das Lehramt L2 Ricarda Hiller Polardarstellung: Komplexe Zahlen lassen sich nicht nur in der oben angegebenen Form dargestellt werden, sondern auch in Polarform. Diese lautet: z =r⋅e i ϕ=r⋅(cos ϕ+i⋅sin ϕ) . Dabei entspricht a=r⋅cos ϕ und b=r⋅sin ϕ . Weiters gilt r =∣z∣ und ϕ=arg ( z ) . Die Polardarstellung kann mithilfe von Taylorreihen folgendermaßen ermitteln werden: Für eine große Klasse von Funktionen gilt die Taylorreihenentwicklung: f x = f 0 f ' 0 x f ' ' ∞ 0 2 0 f n 0 x f ''' ...=∑ 2! 3! n! n 0 Die Taylorreihe für die Sinusfunktion lautet: sin x= x− ∞ x 3 x5 x7 x 9 x 2k 1 − −...=∑ −1k . 3 ! 5 ! 7! 9 ! 2k 1 ! k=0 Die Taylorreihe der Cosinusfunktion lautet: cos x=1− ∞ x2 x4 x6 x8 x 2k − −...=∑ −1k . 2! 4! 6! 8! 2k ! k=0 Die Taylorreihe der Exponentialfunktion lautet: e x =1x ∞ x 2 x 3 x 4 x5 xk ...=∑ . 2 ! 3! 4 ! 5! k=0 k ! Außerdem gilt: x 2 ix3 x 4 ix 5 x 6 ix7 − − − ....=¿ 2! 3! 4 ! 5 ! 6 ! 7 ! x2 x4 x6 x3 x5 x7 1− − ...i⋅ x− − ...=¿ 2! 4! 6! 3! 5! 7! cos xi⋅sin x e ix =1ix− r und sind die Polarkoordinaten des Punktes (x/y), so kann z in der Form z =r⋅cos i⋅sin geschrieben werden und mit e ix =cos xi⋅sin x erhält man z =r e i =r⋅ cos i⋅sin . Seite 2 von 4 Theoretische Physik für das Lehramt L2 Ricarda Hiller Geometrische Darstellung: Komplexe Zahlen lassen sich in der Gauß'schen Zahlenebene grafisch darstellen. Die sieht wie folgt aus: Komplexe Konjugation: Jede komplexe Zahl hat auch eine komplexe Konjugation. Die konjugiert komplexe Zahl erhält man indem man das Vorzeichens des Imaginärteils umdreht, also ist z =ab⋅i eine komplexe Zahl, so ist ihre komplex konjugierte Zahl z * =a−b⋅i . Grafisch kann man das so interpretieren: Seite 3 von 4 Theoretische Physik für das Lehramt L2 Ricarda Hiller Rechenregeln für komplexe Zahlen: Addition: ac⋅icd⋅i =abbd ⋅i Subtraktion: ab⋅i−cd⋅i=a−c b−d ⋅i Multiplikation: ab⋅i⋅cd⋅i= ac−bd ad bc⋅i Division: Der Nenner wird mit der komplex konjungierten Zahl multipliziert. Dabei erhält man: ab⋅i ab⋅i⋅c−d⋅i acbd bc−ad = = ⋅i −cd⋅i cd⋅i⋅ cd⋅i c 2d 2 c 2d 2 Betrag einer komplexen Zahl: Er entspricht der Länge ihres Vektors in der Gauß´schen Zahlenebene. ∣z∣= a 2b 2 Seite 4 von 4