VORKURS MATHEMATIK

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VORKURS MATHEMATIK
Hermann König, Oktober 2008
Im 1. Semester des Mathematikstudiums werden die aus der Schule bekannten Begriffe
und Ergebnisse der Analysis und der Linearen Algebra neu behandelt, und die Resultate
werden sauber aus Grundannahmen, den Axiomen, abgeleitet. Diese logische Strenge
macht erfahrungsgemäß vielen Studienanfängern Schwierigkeiten, da - anders als in der
Schule - die Rechenfertigkeiten weniger im Vordergrund stehen als die saubere Grundlegung der Begriffe (wie etwa Stetigkeit oder Differenzierbarkeit) und die logisch klaren
Beweise der Sätze (wie etwa des Hauptsatzes der Differential- und Integralrechung). Die
Rechentechniken fallen dabei nebenbei ab: an dieser Stelle wird auf diese aus der Schule
bekannten Fähigkeiten implizit zurückgegriffen, da sie nur kurz (erneut) eingeübt werden.
Der Vorkurs soll zur Erleichterung des Übergangs Schule-Universität daher dazu dienen
- Rechentechniken (Brüche, Potenzen, Wurzeln, Logarithmen, trigonometrische Funktionen) zu wiederholen
- den sicheren Umgang mit Gleichungen und Ungleichungen einzuüben
- wichtige Beweisprinzipien der Mathematik zu behandeln (direkter und indirekter
Beweis, Beweis durch vollständige Induktion).
Dies ist also kein axiomatischer Aufbau von Themenbereichen der Analysis oder linearen
Algebra (der erst in den Vorlesungen erfolgt). Insbesondere gehen wir von einem naiven
Verständnis der reellen Zahlen aus. Wir werden allerdings typische Techniken mathematischer Schlussfolgerungen und Beweisprinzipien erörtern.
Zahlen
N = {1, 2, 3, 4, 5, . . .} Menge der natürlichen Zahlen
Z = {0, 1, −1, 2, −2, . . .} Menge der ganzen Zahlen
Für a, b ∈ Z besteht genau eine der Beziehungen a < b, a = b, a > b.

(a ≤ b und b < c) ⇒ a < c



a<b⇒ a+c<b+c
Anordnungsregeln:
für a, b, c ∈ Z :
(a < b und c > 0) ⇒ a c < b c



(a < b und c < 0) ⇒ a c > b c
1
Für alle a, b ∈ Z gibt es genau eine Zahl x = b − a ∈ Z mit a + x = b; x ist in N, wenn
b > a ist.
Q = {[ pq ] | p, q ∈ Z, q 6= 0} Menge der rationalen Zahlen:
Ein Bruch pq repräsentiert die gleiche Zahl wie der Bruch rs , wenn ps = rq gilt: rationale
Zahlen sind Äquivalenzklassen solcher Brüche [ pq ] = [ rs ]. Durch Kürzen findet man eine
Darstellung x = pq mit q ∈ N und (p, q) teilerfremd. Für alle a, b ∈ Q mit b 6= 0
gibt es genau eine Zahl x = ab ∈ Q mit a x = b .
Nicht alle Längen√auf der Zahlengeraden können durch rationale Zahlen dargestellt werden: so ist x = 2 (Lösung von x2 = 2, x > 0) nicht rational, wird aber beliebig
genau durch rationale Zahlen approximiert:
1.42 = 1.96
< 2 < 1.52 = 2.25
1.412 = 1.9881 < 2 < 1.422 = 2.0164
Somit
√
1.4 < √2 < 1.5,
1.41 < √2 < 1.42, . . .
1.41421 < 2 < 1.41422 usw.
√
2 ist irrational, die rationalen und irrationalen Zahlen bilden zusammen die Menge
der reellen Zahlen R , die durch unendliche Dezimalbrüche dargestellt werden. Die
obigen Ordnungen <, =, > lassen sich für alle reellen Zahlen einführen, mit den gleichen
Rechenregeln.
Der (Absolut-) Betrag |a| einer Zahl a ∈ R wird durch
a für a ≥ 0
|a| =
eingeführt.
−a für a < 0
Dreiecksgleichung: |a + b| ≤ |a| + |b| ; a, b ∈ R
Zur Bruchrechnung:
±
b
c
=
a±b
c
a
b
±
c
d
=
ad±bc
bd
c
d
=
Beispiele. (1) S=
1
2
− 13 + 15 − 16 +
also S=
15
30
(2)
−
10
30
+
6
30
b, d 6= 0 : Hauptnennerbildung
;
a+c
.
b+d
5
30
+
2
30
a
1−a
a−1
a
+
a+1
a
a
a+1
−
a, b, c ∈ Q, c 6= 0 (oder in R)
;
+
Es gilt nicht:
a
b
a
c
−
=
8
30
=
1
15
:
=
4
.
15
Hauptnenner ist kgV (2, 3, 5, 6, 15) = 30,
a·a+(a+1)·(1−a)
(1−a)a
(a−1)·(a+1)−a·a
a·(1+a)
2
=
1
a(1−a)
−1
a(1+a)
= −
1+a
a+1
=
.
1−a
a−1
Potenzen und Wurzeln
Die n-te Potenz an einer reellen Zahl a ∈ R ist das n-fache Produkt von a mit sich selbst,
wobei n ∈ N ist. Man setzt auch a0 = 1. Wenn b = an ist, ist b der Potenzwert, a die
Basis und n der Exponent. Für a, b ∈ R, n, m ∈ N gelten die Rechenregeln
an · bn = (a · b)n
, an · am = an+m
an /bn = (a/b)n
, an /am = an−m (b, a 6= 0)
n m
n·m
(a )
= a
, a−n = a1n (a 6= 0)
√
Die n-te Wurzel n a = a1/n aus einer positiven reellen Zahl a > 0 ist diejenige positive
Zahl b, für die bn = a gilt (mit n ∈ N).
√
n
a im
Bemerkung: Für gerade n = 2, 4, 6,
.
.
.
existiert
für
a
<
0
keine
Wurzel
b
=
√
n
Bereich der reellen Zahlen R (etwa −1). Für a > 0 hat dann aber b = a zwei reelle
2
Lösungen
b (b > 0 und b < 0). Für a ∈
√
√ R, a 6= 0 ist a > 0 . Es gilt i. a. nicht
a2 = a : nur korrekt für a > 0. Man hat a2 = |a|.
Rechenregeln für die Wurzelbildung: Für a, b > 0 und n, m ∈ N gilt
√
√
√
√
√
√
n
n
n
a · √n b = p
a·b , p
a · m a = nm an+m
√
√
√
n
a/ n b = n a/b , n m a
= nm a
√
Gleiche Gesetze wie bei den Potenzen, wenn man n a = a1/n beachtet.
Beispiele:
4 2 √a b)2
8 4
2
2
(1) 9 18(a2 (3ab)
= 223·34·a·33·a·b
= 3·a
; a > 0, b 6= 0
3
·a3 ·b3
4·b
p
√
√
3
(2)
125 = 1251/6 = (53 )1/6 = 51/2 = 5 ' 2.2361
also a2 > b2 gilt
q
p
p
√
√
√
√
a − a2 − b2 · a + a2 − b2 = (a − a2 − b2 ) · (a + a2 − b2 )
q
√
p
√
2
= a2 − a2 − b2 = a2 − (a2 − b2 ) = b2 = |b|.
(3) Für |a| > |b|,
(4)
√1
5+1
(5)
√ 1√
2+ 3
=
√
√ 1 √5−1
5+1 5−1
=
√
=
√ √
√ 1 √ √3−√2
2+ 3
3− 2
5−1
4
√
=
√
3− 2
1
=
√
3−
√
2
Für a > 0 und α ∈ R lässt sich die allgemeine Potenz aα einführen, die für α = n ∈ N
mit der n-ten Potenz und α = 1/n, n ∈ N mit der n-ten Wurzel übereinstimmt. Man
macht dies zunächst für rationale Zahlen α = m/n , indem man setzt
√
aα = n am
und für beliebige reelle Zahlen
α dann durch geeignete Approximation,
etwa
√
√
141/100
1.41
2
1.42
142/100
2
2.657 ' 2
=2
<2 <2
=2
' = 2.676 (2 ' 2.665)
3
Es gelten dann die Potenzrechenregeln
√
√
a0 = 1 , a−α = a1α , n a = a1/n , n am = am/n
aα · bα = (a · b)α , aα · aβ = aα+β
aα /bα = (a/b)α , aα /aβ = aα−β .
Beispiel:
√
√
a2 + a ab + b = [a(a + 1)]1/2
· [b(a + 1)]1/2
√
= (ab)1/2 · (a + 1)1 = (a + 1) ab.
Logarithmen
Seien a, b > 0 reelle Zahlen, b 6= 1 , und x ∈ R so, dass a = bx . Dann heisst
x = logb a der Logarithmus von a zur Basis b . Dieser Logarithmus ist für
a, b > 0, b 6= 1 eindeutig bestimmt.
Typische Basen: b = 10, 2 (10er − System, Dualsystem) oder b = e ' 2.71828 (Eulersche Zahl): Für b = e Schreibweise ln := loge (natürlicher Logarithmus).
Beispiel:
log2 16
=
4,
1
log3 ( 9 )
= −2,
log5 (125) =
3,
Es gilt
a = blogb a = logb (ba ),
da
da
da
24 = 16
3−2 = 312 =
53 = 125
1
9
logb 1 = 0 , logb b = 1
Logarithmengesetze
Für b > 0, b 6= 1 und x, y > 0, a ∈ R gilt
logb (xy) = logb x + logb y
(1)
logb (x/y) = logb x − logb y
logb (xa ) = a logb x
(2)
√
1
logb x
(3)
logb n x =
n
Herleitung von (1): Setze c := logb (xy), c1 := logb x, c2 := logb y.
Dann gilt bc = xy, bc1 = x, bc2 = y, also bc = xy = bc1 bc2 = bc1 +c2 , woraus c = c1 + c2
folgt.
√
√
Zu (3): Sei c := logb n x , c1 := logb x. Also bc = n x = x1/n , bc1 = x = (x1/n )n = bcn ,
woraus sich c = n1 c1 ergibt.
Zu (2): Für rationales a = m/n mit m, n ∈ N ist nach (1), (3)
logb (xa ) = logb (x1/n )m = m logb x1/n =
m
logb x = a logb x.
n
Gesetz (1) wurde früher (mit Hilfe von Logarithmentafeln oder mittels Rechenschieber)
zum Multiplizieren von Zahlen x, y benutzt (vor Einführung der Taschenrechner) und
4
wird auch heute intern in Computern verwandt.
Übergang von einer Basis b zu einer Basis d :
logd a = (logb a) (logd b)
(4)
Beweis von (4): Sei c1 := logb a, c2 := logd b, also bc1 = a , dc2 = b.
Es ergibt sich dc1 c2 = (dc2 )c1 = bc1 = a , also c1 c2 = logd a.
Speziell gilt:
log10 a
log2 a
ln a
log10 a
=
=
=
=
(log2 a) (log10 2)
(log10 a) (log2 10)
(log10 a) (ln 10)
(ln a) (log10 e)
,
,
,
,
log10 2
log2 10
ln 10
loge 10
' 0, 30103
= log1 2 ' 3, 3219
10
' 2.3026
= ln110 ' 0.4343.
Beispiele
(1) log10 x = −2 : x = 10−2 = 1/100
(2) 5x = 0, 04 =
1
25
: x = log5
√
(3) ln
=
1
2
e3(ln e2 +ln e6 ) =
3
8
ln eln(e ) =
1
25
= −2
2 +ln
1
2
ln (e3 (ln e
3
2
ln eln e =
8
3
2
e6 )
)=
1
2
2 6
ln e3 ln(e ·e )
ln e8 = 8 23 = 12
(4) x = log10 5 · log10 20 + (log10 2)2
= log10 100 + (log10 2)2 = 2 + (log10 2)2 ' 2 + 0, 30102 ' 2.0906.
√
3/2
√ 3 ln 5
1
= 53/2 = 125
= (e 2 )3 ln 5 = eln 5
(5) x = ( e)
(6) x =
√
102+log10 9 =
√
102 ·
√
10log10 9 = 10
√
9 = 30
Trigonometrische Funktionen
Eine Ebene kann mit dem R2 = R × R, dem kartesischem Produkt von R mit sich
selbst, identifiziert werden. Ein Kreis vom Radius r > 0 mit Mittelpunkt 0 = (0, 0) ∈
R2 wird durch
K = {(x, y) ∈ R2 | x2 + y 2 = r2 }
gegeben (Pythagoras). Die (mathematisch) positive Umlaufrichtung um den Kreis ist die
Bewegung im Gegenuhrzeigersinn.
Der Winkel zwischen der positiven x-Achse und einem in 0 ∈ R2 beginnenden zweiten
Halbstrahl (positiv oder negativ je nach Umlaufsinn) kann in
5
- Grad gemessen werden: eine Umdrehung 360◦ , ein rechter Winkel 90◦
- Bogenmaß gemessen werden: Länge des Winkelbogens eines Kreises vom Radius
r = 1 , eine Umdrehung 2π , ein rechter Winkel π/2 ( π = 3.14159)
◦
α entspricht im Bogenmaß β =
2π
360◦
◦
α =
◦
π
α
180◦
◦
◦
◦
; α =
180
π
β.
◦
Bogenmaß β = 1 entspricht in Grad α ' 57, 296 .
Winkelfunktion im rechtwinkligen Dreieck O P Q im Einheitskreis (Fig. 1)
Sinus
sin β :=
Gegenkathete
Hypothenuse
Kosinus
cos β :=
Ankathete
Hypothenuse
Tangens
tan β :=
Gegenkathete
Ankathete
Kotangens cot β := 1/ tan β.
Man hat dann tan β = sin β/ cos β ,
π
π
− β = cos β , cos
− β = sin β,
sin
2
2
(cos β)2 + (sin β)2 = 1, 1 + (tan β)2 = 1/ (cos β)2 .
Spezielle Werte der triginometrischen Funktionen
β
0 = 0◦
π
= 30◦
6
π
= 45◦
4
π
= 60◦
3
π
= 90◦
2
cos β sin β tan β
0
0√
√1
3/2
1/2
√
√ 1/ 3
1/ 2 √
1/ 2 √1
1/2
3/2
3
0
1
±∞
Sinussatz
In einem allgemeinem Dreieck 4(ABC) mit den Seiten a, b, c, den Winkeln α, β, γ gilt
der Sinussatz
sin α
sin β
sin γ
=
=
:
a
b
c
Mit den Bezeichnungen aus Fig. 2, speziell der Höhe hc auf die Seite c , gilt
sin α =
hc
,
b
sin β =
6
hc
,
a
also
hc = b sin α = a sin β,
sin α
sin β
=
.
a
b
Kosinussatz
Es gilt a2 = b2 + c2 − 2bc cos α :
Aus dem Satz des Pythagoras folgt h2c = b2 − q 2 = a2 − p2 . Mit p = c − q und
cos α = q / b erhalten wir
a2 = b2 + p2 − q 2 = b2 + (c − q)2 − q 2 = b2 + c2 − 2cq
= b2 + c2 − 2bc cos α.
Da cos α für α zwischen 0 und π nur für α = π/2 Null wird, folgt aus a2 = b2 + c2 ,
◦
dass α = π/2 ' 90 ist: Umkehrung des Satzes von Pythagoras.
Additionstheoreme
sin (x ± y) = sin x cos y ± cos x sin y
(1)
cos (x ± y) = cos x cos y ∓ sin x sin y
(2)
sin (2x) = 2 sin x cos x , cos (2x) = (cos x)2 − (sin x)2
(3)
tan (x ± y) =
tan x± tan y
.
1∓(tan x)(tan y)
(4)
Wir leiten (2) aus Fig. 2 ab, wenn x, y ∈ (0, π/2) ist: setze dort γ1 := x, γ2 := y,
γ = x + y. Nach dem Kosinussatz gilt
2ab cos γ = a2 + b2 − c2
Mit Pythagoras: a2 = p2 + h2c , b2 = q 2 + h2c , c2 = (p + q)2 .
Also
2ab cos γ = p2 + h2c + q 2 + h2c − p2 − q 2 − 2pq = 2(h2c − pq),
cos γ = hac hbc − ap qb = cos γ1 cos γ2 − sin γ1 sin γ2 .
Der Beweis von (1) ist ähnlich. Für x = y ergibt sich (3).
Beweis von (4):
tan (x + y) =
sin (x + y)
sin x cos y + cos x sin y
=
cos (x + y)
cos x cos y − sin x sin y
7
Teilt man Nenner und Zähler durch (cos x) (cos y) , so erhält man
tan (x + y) =
tan x + tan y
.
1 − tan x tan y
Mit sin 0 = sin (π) = sin (2π) = 0 , cos 0 = cos (2π) = 1, cos (π) = −1 gilt:
cos (x + 2π) = cos x cos (2π) − sin x sin (2π) = cos x
sin (x + 2π) = sin x cos (2π) + cos x sin (2π) = sin x :
die trigonometrischen Funktionen sind (2π)- periodisch. Ferner gilt
cos (π ± x) = cos π cos x ∓ sin π sin x = − cos x
sin (π ± x) = sin π cos x ± cos π sin x = ∓ sin x
Die Graphen von sin, cos, tan, cot sind in Fig. 3 und 4 veranschaulicht.
Doppelte-Winkel-Formeln
cos (2x) = 2 cos2 x − 1 = 1 − 2 sin2 x
implizieren für x = α2 , dass
q
q
1+cos α
1−cos α
α
α
cos( 2 ) =
, sin ( 2 ) =
2
2
q
q
(1−cos α)2
α
1−cos α
= 1−cos
=
tan ( α2 ) =
1+cos α
1−(cos α)2
sin α
◦
Beispiel: cos(15 ) =
q
1+cos(30◦ )
2
=
p
2+
√
3 /2 , sin(15◦ ) =
p
√
2 − 3/2.
Beispiele zu den Additionstheoremen:
sin (3x) =
=
=
cos (3x) =
=
=
sin (2x + x) = sin (2x) cos x + cos (2x) sin x
2 sin x (cos x)2 + (1 − 2 (sin x)2 ) sin x
2 sin x − 2(sin x)3 + sin x − 2(sin x)3 = 3 sin x − 4 (sin x)3
cos (2x + x) = cos(2x) cos x − sin (2x) sin x
(2(cos x)2 − 1) cos x − 2 (sin x)2 cos x
2(cos x)3 − cos x − 2 cos x + 2(cos x)3 = 4(cos x)3 − 3 cos x
Gleichungen
Lineare Gleichungen in einer Unbekannten / Variablen x haben die Form
ax + b = c ; aufgelöst x = c−b
, wenn a 6= 0 ist.
a
8
Beispiele: a) 6x + 3 − 2x + 1 = 8 , vereinfacht 4x + 4 = 8 , 4x = 4 , x = 1 .
= 1 nur sinnvoll, wenn die Lösung x 6= b ist. Für x 6= b gilt die Gleichung,
b) 2x−a
x−b
genau wenn 2x − a = x − b , x = a − b : x 6= b , wenn a 6= 2b ist.
Quadratische Gleichungen in einer Unbekannten x haben die Form
ax2 + bx + c = 0 , x2 + px + q = 0 mit p = ab , q = ac .
Quadratische Ergänzung: (x + p2 )2 + q − ( p2 )2 = 0 ⇔ x2 + px + q = 0
p
Lösungen also x = − p2 ± ( p2 )2 − q : genau zwei Lösungen, wenn p2 6= 4q , für
p2 = 4q eine doppelte Nullstelle x = − p2 .
Ungleichungen
Multipliziert man die Ausdrücke in einer Ungleichung a < b mit einer
{ positiven / negativen } Zahl c, { bleibt sie erhalten / kehrt sie sich um} :
(c > 0 ⇒ ac < bc) / (c < 0 ⇒ ac > bc)
Beispiele (1) 5 < 6 ⇒ 2 · 5 = 10 < 2 · 6 = 12
(−2) · 5 = −10 > (−2) · 6 = −12
(2) Finde die reellen x ∈ R , für die die Ungleichung gilt:
x2 + 4x − 5 < 0
Mit x2 + 4x − 5 = (x + 2)2 − 9 gilt das, genau dann, wenn (x + 2)2 < 9 = 32 ist. Das
bedeutet |x + 2| < 3 , also x + 2 < 3 und −(x + 2) < 3 . Ersteres bedeutet x < 1 ,
zweites −5 < x . Lösungsintervall also (−5, 1) .
(3) Finde die reellen x ∈ R mit x2 − x − 1 > 0 .
√
Es ist x√2 − x − 1 = (x − 21 )2 √− 54 > 0 ⇔ (x − 12 )2 > √45 , also für |x − √21 | > 25 :
x− 12 > 25 oder
−(x−√ 12 ) > 25 . Dies gilt für x > 1+2 5 oder x < 1−2 5 . Lösungsmenge
√
x ∈ (−∞, − 5−1
) ∪ ( 5+1
, ∞).
2
2
(4) Lösungsmenge x ∈ M von (*)
3x−1
2x+4
< 2 gesucht, x 6= −2.
a) Falls 2x + 4 > 0 ist, also x > −2 , darf man die Ungleichung mit 2x + 4
multiplizieren:
3x−1
< 2 ⇔ 3x − 1 < 2(2x + 4) = 4x + 8 ⇔ −9 < x
2x+4
Da x > −2 ⇒ x > −9 , gilt (*) also für alle x > −2.
b) Falls 2x + 4 < 0 ist, also x < −2 , ergibt die Multiplikation mit 2x + 4
3x−1
< 2 ⇔ 3x − 1 > 2(2x + 4) = 4x + 8 ⇔ x < −9.
2x+4
9
(*) gilt also auch für alle x < −9.
Lösungsmenge daher M = (−∞, −9) ∪ (−2, ∞).
(5) Lösungsmenge M von (3x − 5) (x − 2) ≤ 4(x − 2) gesucht. Division durch (x − 2)
ergibt:
a) für x > 2 : 3x − 5 ≤ 4 , 3x ≤ 9 , x ≤ 3 : Intervall [2,3].
b) für x < 2 : 3x − 5 ≥ 4 , 3x ≥ 9 , x ≥ 3 : keine Lösung. M=[2,3].
(6) Finde die reellen x ∈ R mit |x2 − 6x + 5| < 3 . (+)
a) Es ist
x2 − 6x + 5 = (x − 5)(x − 1) ≥ 0
⇔
⇔
x ≥ 5 oder x ≤ 1
x ∈ (−∞, 1] ∪ [5, ∞) =: M1 .
2
Für x ∈ M1 gilt (+), wenn x2 − 6x + 5 < 3 ist,
+ 2 < 0 ist.
√ d.h. x − 6x
2
2
Lösungen von x − 6x + 2 = 0 sind
√ x± =
√ 3 ± 7 . Es ist x − 6x + 2 < 0 genau
dann, wenn x ∈ (x− , x+ ) = (3 − 7,√
3 + 7) ' (0, 354,
√ 5, 646)
Lösungen von (+) also für x ∈ (3 − 7, 1] ∪ [5, 3 + 7) .
b) x2 − 6x + 5 < 0 ⇔ x ∈ (1, 5) =: M2 .
Für x ∈ M2 gilt (+), wenn −(x2 − 6x + 5) < 3 ist, also x2 − 6x + 8 > 0 gilt.
Lösungen von x2 − 6x + 8 = (x − 4)(x − 2) = 0 sind x = 2, 4 . Also (+) erfüllt für
x ∈ (1, 2) ∪ (4, 5) .
√
√
Zusammengenommen gilt (+) für x ∈ M := (3 − 7, 2) ∪ (4, 3 + 7).
Skizziere den Graphen von y = |x2 − 6x + 5| .
Aussagenlogik
Mathematische Aussagen sind wahr (w) oder falsch (f), eine dritte Möglichkeit wird
ausgeschlossen. Aussageform = Aussagesatz mit einer freien Variablen, weder w noch
f. Es wird eine Aussage daraus, wenn man für die Variable konstante Werte einsetzt.
Aussagen
7 ist eine Primzahl
w
7 ist eine gerade Zahl f
7<3
f
2
Aussageform x + 2x + 1 = 0 :
für x = −1
für x = +1
w
f
Zunächst ist offen, ob es überhaupt Werte gibt, für die die Aussagenform w wird.
Dazu die Existenzaussage: “ ∃x ∈ R ” = “es gibt x ∈ R mit ...”:
Sei A(x) eine Aussageform mit einer freien Variablen x : “ ∃x ∈ X A(x) ”.
∃x ∈ R x + 1 = 0
w (wähle x = −1)
2
∃x ∈ R x + 4x + 4 = 0 w (wähle x = −2)
∃x ∈ R x2 + 1 = 0
f (x2 ≥ 0 ⇒ x2 + 1 ≥ 1 > 0)
10
Universalaussage: “ ∀x ∈ R A(x) ” = “für alle x ∈ R gilt A(x)”.
∀x ∈ [1, ∞) x2 > x w
∀x ∈ R
x2 > x f (02 = 0 6> 0)
A
Negation von Aussagen A: ¬ A mit umgekehrtem Wahrheitswert: w
f
¬A
f
w
Negation von Existenz- und Universalaussagen:
¬ (∀x∈R A(x)) gleichbedeutend mit (∃x∈R ¬ A(x))
¬ (∃x∈R A(x)) gleichbedeutend mit (∀x∈R ¬ A(x))
Konjunktion zweier Aussagen A, B :“A ∧ B”= “A und B”
A ∧ B ist genau dann wahr, wenn beide Aussagen wahr sind.
Disjunktion zweier Aussagen A, B : “A ∨ B” = “A oder B”
A ∨ B ist genau dann wahr, wenn mindestens eine Aussage wahr ist.
A
w
w
f
f
A∧B
w
f
f
f
B
w
f
w
f
Beispiele: A:
B:
C:
A∨B
w
w
w
f
3<7
3 ist gerade
3 teilt 6
w
f
w
Dann ist A ∧ B : f , A ∨ B : w , A ∧ C : w , A ∨ C : w.
D
E
: a<c
: b<c
F
G
:
:
a>c
b>c
Dann bedeutet
D∧E
F∨G
: max{a, b} < c
: max{a, b} > c.
Implikation: Seien A, B Aussagen. “Aus A folgt B”, “A ⇒ B”,
bedeutet: wenn A gilt ( w ist ), gilt auch B ( ist w ).
A ist die Voraussetzung / Prämisse, B die Behauptung / Konklusion.
Die Implikation A ⇒ B ist genau dann falsch (f), wenn A wahr und B falsch ist (aus A
11
kann B nicht gefolgert werden).
A
w
w
f
f
B
w
f
w
f
A⇒B
w
f
w
w
(¬ A)∨B
w
f
w
w
¬B
f
w
f
w
¬A
f
f
w
w
(¬B) ⇒ (¬A)
w
f
w
w
“A ⇒ B” ist also gleichbedeutend mit “(¬A) ∨ B”. Die Implikation ist die Grundlage
mathematischen Schließens. Wenn allerdings A falsch ist, kann B w oder f sein, auch bei
wahrer Implikation: Aus einer falschen Aussage kann man beliebig unsinnige (f) Aussagen
folgern:
Beispiel A :
C:
Implikation
Implikation
Implikation
Implikation
4|8
4|6
w
f
,
,
B: 2|8 w
D: 4|5 f
A ⇒ B ist wahr (w)
A ⇒ C ist falsch (f) (A : w, aber B : f)
C ⇒ D ist wahr (w) (C, D beide f)
C ⇒ B ist wahr (w) (C : f, B : w)
Zur letzten Implikation: Aus einer falschen Aussage kann durch korrektes Schließen sowohl
eine wahre wie auch eine falsche Aussage gefolgert werden (Implikation als solche ist
wahr): Aus -1 = 1 (f) folgte durch Quadrieren 1 = 1 (w), durch kubische Potenzbildung
(−1)3 = 13 , d.h. -1 = 1 (f).
Äquivalenz A ⇔ B bedeutet “A ⇒ B und B ⇒ A”
A gilt genau dann, wenn B gilt.
Wenn die Implikationen A ⇒ B wahr ist, d.h. aus Aussage A Aussage B gefolgert werden
kann, sagt man
“A ist eine hinreichende Bedingung für B”
“B ist eine notwendige Bedingung für A”.
Beispiel: A :
B:
A⇒B
6 teilt n
3 teilt n
ist wahr
(3 teilt 6, 6 teilt n, also 3 teilt n)
Hinreichend dafür, dass 3 n teilt, ist, dass 6 die Zahl n teilt.
Notwendig dafür, dass 6 n teilt, ist, dass 3 die Zahl n teilt.
Beweismethoden
1. Direkter Beweis
Er besteht aus einer Folge von Implikationen, beginnend mit einer wahren Aussage, so
dass die letztendliche Schlussfolgerung auch wahr ist.
12
Beispiel:
Voraussetzung : a, b ∈ R
√ , a ≥ 0, b ≥ 0
a+b
Behauptung :
ab
≥
2
Beweis. Die Aussage (a − b)2 ≥ 0 ist wahr. Also
a2 + b2 − 2ab ≥ 0 ⇒ a2 + b2 + 2ab
√ ≥ 4ab, d.h.
2
(a + b) ≥ 4ab
⇒ (a + b) ≥ 2 ab durch Wurzelziehen.
√
≥ ab.
Daher folgt a+b
2
Problem: Aussage A finden, von der ausgegangen wird: (a − b)2 ≥ 0.
Oft versuchsweise Umformulierung der Behauptung, bis man auf eine solche wahre Aussage (wie A) kommt: das ist aber die falsche Schlussrichtung: man muss dann die Schlüsse
umkehren können.
2. Indirekter Beweis
“A ⇒ B” ist logisch äquivalent zu “¬B ⇒ ¬A”: wenn B nicht gilt, gilt auch A nicht
(denn aus A soll ja B folgen). Dies ist das Prinzip des indirekten Beweises: man nimmt
an, die Behauptung B gelte nicht und führt dies zu einem Widerspruch zur Annahme,
dass A gilt.
Beispiel 1.
Voraussetzung: a, b ∈ R,
√ a ≥ 0, b ≥ 0
a+b
Behauptung:
≥ ab
2
Beweis.
Behauptung ist, dass Zahlen a ≥ 0, b ≥ 0 existieren mit
√ Die Negation der
(a+b)2
a+b
< ab. Quadrieren: 4 < ab, a2 + 2ab + b2 < 4ab, a2 − 2ab + b2 < 0 , (a − b)2 < 0
2
Widerspruch, da Quadrate reeller Zahlen ≥ 0 sind.
√
√
Beispiel 2. Behauptung:
2
ist
irrational
(
2∈
/ Q).
√
√
Beweis. Angenommen 2 ∈ Q gelte. Dann gibt es p, q ∈ N mit 2 = pq .
Durch Kürzen können wir annehmen, dass p und q teilerfremd sind. Quadrieren ergibt
2q 2 = p2 . Wäre p ungerade, wäre auch p2 ungerade (p = 2k + 1 ⇒ p2 = 4k(k + 1) + 1).
Aber p2 = 2q 2 ist gerade. Somit muss auch p gerade sein, p = 2l , l ∈ N . Folglich gilt
4l2 = p2 = 2q 2 , q 2 = 2l2 . Analog zu vorher folgt daraus, dass q gerade
√ ist. Also haben
p und q den gemeinsamen Teiler 2. Widerspruch. Die Annahme 2 ∈ Q muss also
falsch gewesen sein.
3. Vollständige Induktion
Die vollständige Induktion ist ein Beweisverfahren, um Aussagen über alle natürlichen
13
Zahlen ab einer gewissen Zahl n0 ∈ N0 := N ∪ {0} zu beweisen, etwa die Richtigkeit der
Aussage A(n) für alle n ∈ N :
A(n) : 1 + 2 + 3 + . . . + n = n(n+1)
2
Der Induktionsbeweis erfolgt in zwei Schritten:
1. Induktionsanfang: Es wird gezeigt, dass die Aussage A(n0 ) für n = n0 gilt.
2. Induktionsschritt: Unter der Voraussetzung, dass für ein n ≥ n0 die Aussage A(n)
gilt, wird die Aussage A(n + 1) gezeigt.
Also:
2a. Induktionsvoraussetzung: A(n) gilt.
2b. Induktionsbehauptung:
Es wird behauptet, dass A(n + 1) richtig ist.
2c. Induktionsbeweis:
Aus A(n) wird A(n + 1) hergeleitet.
Typischerweise ist n0 = 0, 1 oder 2. Wenn A(n0 ) gemäß 1. gilt, gelten sukzessive gemäß
2. auch A(n0 + 1) , A(n0 + 2) etc., d.h. alle A(n) mit n ≥ n0 . Wichtig aber: Anfang
A(n0 ) gültig.
Beispiele:
i) A(n) : 1 + 2 + . . . + n = n(n+1)
wahr
2
1. Anfang: A(1) : 1 = 1·2
wahr
2
2. Schritt: Es gelte, dass 1 + . . . + n = n(n+1)
wahr ist. Wir behaupten:
2
1+ . . . +n + n+1 = (n+1)((n+1)+1)
= (n+1)(n+2)
. Mit der Induktionsvoraussetzung
2
2
ergibt sich
(1 + . . . + n) + (n + 1) = n(n+1)
+ (n + 1) = n(n+1)+2(n+1)
= (n+1)(n+2)
.
2
2
2
ii) A(n) : 1 + 2 + . . . + n = (n−1)(n+2)
falsch
2
Die Beh. ist falsch, der 1. Schritt (Induktionsanfang) gilt nicht 1 6=
Aber der 2. Schritt (Induktionsschritt) würde funktionieren:
Aus A(n) : 1 + 2 + . . . + n = (n−1)(n+2)
folgte
2
(1 + . . . + n) + (n + 1) =
=
(n−1)(n+2)
(n2 +n−2) +2 (n+1)
+
(n
+
1)
=
2
2
((n+1) −1)((n+1)+2)
n2 +3n
=
,
also A(n
2
2
Es ist also wichtig, dass der Induktionsanfang gilt, ggf.
n = 0, 1 oder 2, aber erst später:
iii) A(n) : 2n > n2
wahr für
n ≥ 5 , falsch für n = 2, 3, 4
1. Induktionsanfang: n = 5 , A(5) : 25 = 32 > 52 = 25
14
0·3
2
= 0.
+ 1).
auch noch nicht für
2. Induktionsschritt: Annahme: 2n > n2 gelte. Behauptung 2n+1 > (n + 1)2 ,
also 2 · 2n > n2 + 2n + 1 . Wir wissen 2n > n2 , also 2 · 2n > 2n2 .
Wenn 2n2 ≥ n2 + 2n + 1 wäre, folgte die Behauptung. Wir benötigen also
n2 − 2n − 1 ≥ 0 d.h. (n − 1)2 ≥ 2 . Für n ≥ 3 gilt n2 − 2n − 1 ≥ 0 , also
2n+1 = 2 · 2n > 2n2 ≥ n2 + 2n + 1 = (n + 1)2 .
Binomialkoeffizienten
Seien n, k ∈ N0 := N ∪ {0}, 0 ≤ k ≤ n . Sei
Es ist
n
k
n
n−k
=
Behauptung.
Beweis.
n
k
+
n
k
.
+
n
k−1
n
k−1
=
=
n+1
k
n!
k! (n−k)!
+
(nk ) :=
n!
.
k!(n−k)!
n
0
= 1,
n
1
= n.
für 1 ≤ k ≤ n.
n!
(k−1)! (n+1−k)!
=
(n+1−k)+k
k!(n+1−k)!
n! =
(n+1)!
k!(n+1−k)!
=
n+1
k
In Dreiecksform
aufgeschrieben,
erhält
man
das
Pascalsche
Dreieck.
Der
Binomialkoef
fizient nk gibt die Anzahl der Möglichkeiten wieder, k verschiedene Elemente aus
einer Menge von
n Elementen auszuwählen. So ist etwa die Anzahl der Möglichkeiten
49
im Lotto 6 = 13 983 816:
Satz. Sei n ∈ N und 0 ≤ k ≤ n . Dann ist nk die Anzahl der Möglichkeiten, k
Elemente aus einer n-elementigen Menge auszuwählen.
Beweis. Mit
A(n) bezeichnen wir die Aussage für n ∈ N :
n
∀0≤k≤n k = Zahl der Auswahlmöglichkeiten von k aus n Elementen.
Wir beweisen dies durch Induktion über n ∈ N:
1
0
Induktionsanfang: n = 1 :
=
1
1
= 1 nur jeweils eine Möglichkeit.
Induktionsschritt: A(n) gelte. Wir betrachten dann eine (n + 1)− elementige Menge
und wollen k Elemente davon auswählen. O. B. d. A. sei 1 ≤ k ≤ n ; die Fälle k = 0
und k = n + 1 sind trivial. Es gibt dann zwei Möglichkeiten: Eines der ausgewählten k
Elemente ist das (n + 1)−te, dann müssen nach (k − 1) aus den ersten n Elementen
ausgewählt werden oder nicht.
Das ergibt insgesamt
n
k−1
+
n
k
=
n+1
k
Auswahlmöglichkeiten. Für alle k durchgeführt, ergibt das A(n + 1).
15
Binomischer Satz
Seien a, b ∈ R und n ∈ N . Dann gilt die Binomische Formel
n
0
an + n1 an−1 b +
n
n−i i
P
n
=
a
b.
i
A(n) : (a + b)n =
n
2
an−2 b2 + . . . +
n
n−1
abn−1 +
n
n
bn
i=0
Beweis der Aussage A (n) durch vollständige Induktion:
Induktionsanfang: A(1) gilt, da (a + b)1 = a + b = 10 a1 + 11 b1 .
Induktionsschritt: Es gelte A(n). Wir beweisen A(n + 1) :
n+1
(a + b)
= (a + b)n (a + b) Induktionsvoraussetzung
n−1
n anwenden
n
n
n
n
n
n−1
= 0 a + 1 a
b + . . . + n−1 ab
+ n b (a + b)
n
n
n
n+1
n
2 n−1
= 0 a
+ 1 a b + . . . + n−1 a b
+ nn abn
n
+ n0 an b + n1 an−1 b2 + . . . + n−1
a bn + nn bn+1
Vorfaktoren beider Terme an b addieren sich zu n1 + n0 = n + 1 = n+1
.
1
1.
2.
n
Vorfaktoren der Terme a(n+1)−i bi addieren sich zu ni + i−1
= n+1
, also
i
n+1
n
n−1 2
n+1
n+1
n+1
n+1
n+1
n+1
(a + b)
= 0 a
+ 1 a b+
a b + . . . + n+1 b
2
n+1
P n+1
=
an+1−i bi , also A (n + 1).
i
i=0
Es folgt also z. B.
n
P
2n = (1 + 1)n =
i=0
3
n
i
, 0 = (1 − 1)n =
n
P
n
i
(−1)i
i=0
(a + b)4 = a4 + 4 a b + 6 a2 b2 + 4a b3 + b4 , mit
4
2
.
= 6.
Komplexe Zahlen
Nicht alle quadratischen Gleichungen haben reelle Lösungen; so besitzt etwa
x2 + 1 = 0 , x2 = −1 keine reelle Lösung x√∈ R, da stets x2 ≥ 0 ist.
Man führt die imaginäre Einheit i := −1 als nicht-reelle “Zahl” ein, um “komplexe” Lösungen beliebiger quadratischer (und anderer algebraischer) Gleichungen zu
bekommen. Paare reeller Zahlen (a, b) ∈ R2 kombiniert mit i, a + ib bezeichnet man
als komplexe Zahlen
C := {a + ib | a, b ∈ R}.
Auf C führt man eine Addition und eine Multiplikation ein (indem man formal
komponentenweise addiert und mit Kommutativ - und Distributivgesetz - axiomatisch
vorausgesetzt - arbeitet): für a1 , a2 , b1 , b2 ∈ R setze
(a1 + i b1 ) + (a2 + i b2 ) := (a1 + a2 ) + i(b1 + b2 )
(a1 + i b1 ) · (a2 + i b2 ) := (a1 a2 − b1 b2 ) + i(a2 b1 + a1 b2 ).
16
Dabei benutzt man formal i2 = −1 . Die quadratische Gleichung x2 + px + q = 0 hat
dann auch für p2 < 4q zwei Lösungen, nämlich
r
r
p2
p2
p
p
−q = − ± i q−
∈ C.
x± = − ±
2
4
2
4
Sei z = a + ib ∈ C mit a, b ∈ R . Dann heißt a der Realteil und b der Imaginärteil
von z, a = Re z, b = Im z, z = Re z √
+ i Im z . Die Zahl z := a − ib heißt die zu z
konjugiert komplexe Zahl und |z| : a2 + b2 der Betrag von z . Es ist z z = |z|2 .
Man kann C als Vektoren in der Gaußschen Zahlebene veranschaulichen, durch Identifikation von C = R + iR mit R2 , vgl. Fig. 5. Dann entspricht die Addition komplexer
Zahlen die Vektoraddition im Parallelogramm.
b1
Man kann in C auch Quotienten zz12 = aa12 +i
bilden, wenn der Nenner a2 + i b2 nicht 0
+i b2
ist, d.h. wenn a2 6= 0 oder b2 6= 0 ist:
z1
z1 · z2
(a1 + i b1 )(a2 − i b2 )
(a1 a2 + b1 b2 ) + i(b1 a2 − a1 b2 )
=
=
=
z2
z2 · z2
(a2 + i b2 )(a2 − i b2 )
a22 + b22
| zz21 | =
Es gilt übrigens |z1 · z2 | = |z1 | |z2 |,
Beispiele:
√
√
(1)(2 + 3 i)(3 − 2 i)
= (6 −
= (6 +
(2)
p
3+
√ p
√
7i 3 − 7i
3a+4b i
(3) 4a−3b
+
i
4a−3b i
4a+3b i
(4)(5 − i)(6 − i) +
=
q
√
für z2 6= 0 .
√
√
6 i2 ) + i(3 3 − 2 2)
√
(3 +
|z1 |
|z2 |
√
√
6) + (3 3 − 2 2) i
√
7 i)(3 −
√
7 i) =
√
9+7=4
(3a+4b i)(4a+3b i)+(4a−3b i)(4a−3b i)
(4a−3b i)(4a+3b i)
=
=
1
16a2 +9b2
=
1
16a2 +9b2
5−i
6−i
([(12a2 − 12b2 ) + i(16ab + 9ab)] + [(16a2 − 9b2 ) − i(12ab + 12ab)])
((28a2 − 21b2 ) + iab) =
= (29 − 11i) +
(5−i)(6+i)
(6−i)(6+i)
= 29 − 11i +
31−i
37
7(4a2 −3b2 )+iab
16a2 +9b2
1
= 29 31
− 11 37
i
37
Ableitungsregeln
Sei I = (a, b) ⊆ R ein Intervall und f : I → R eine differenzierbare Funktion, d.h.
eine eindeutige Abbildungsvorschrift f , so dass für alle x0 ∈ I der Grenzwert
f 0 (x0 ) :=
lim
x→x0
f (x) − f (x0 )
existiert.
x − x0
17
Die genaue Definition von Grenzwerten erfolgt in der Vorlesung: Steigung der Tangente
an den Graphen von f im Punkt (x0 , f (x0 )) ∈ R2 als Grenzwert der Steigungen von
Sekanten durch (x0 , f (x0 )) und (x, f (x)) , vgl. Figur 6.
Potenzfunktionen f (x) = xα ; α ∈ R ⇒ f 0 (x) =
αxα−1 ; x ∈ R (x > 0 wenn α ∈
/ R).
Rechenregeln: Sind f, g : I → R differenzierbar und α, β ∈ R, gelten die Formeln
(α f + β g)0 (x) = α f 0 (x) + β g 0 (x) Summenregel
(f g)0 (x) = f 0 (x) g(x) + f (x) g 0 (x) Produktregel
0
0
0 (x) f (x)
f
(x) = f (x)g(x)−g
Quotientenregel (g(x) 6= 0)
g
g(x)2
Beh. sin0 (x) = cos (x) , cos0 (x) = − sin(x), tan0 (x) =
1
(cos(x))2
Beweisidee: Der Differenzenquotient für sin(x) in x0 ist für h ∈ R (x = x0 + h)
2 sin( h2 ) cos(x0 + h2 )
sin(x0 + h) − sin(x0 )
h
sin(h/2)
=
= cos x0 +
.
.
h
h
2
h/2
Dabei wurde benutzt, dass gilt
h h
h
h
h
h
sin x0 + ±
= sin x0 +
cos ± cos x0 +
sin
.
2 2
2
2
2
2
Wir behaupten, dass lim
x→0
Es ist
sin x
x
sin x < x < tan x =
= 1 ist (Winkel x im Bogenmaß).
sin x
,
cos x
also
cos x <
sin x
< 1.
x
Nähert sich x der Null an, so nähert sich cos x der 1 an. Für x =
0)
= cos (x0 ) , denn lim cos(x0 + h2 ) = cos(x0 ).
lim sin(x0 +h)−sin(x
h
h→0
h
2
und h → 0 folgt
h→0
Beweis für cos0 = − sin ähnlich. Quotientenregel: Für cos(x) 6= 0 gilt
0
sin
cos(x)2 + sin(x)2
1
0
tan (x) =
(x) =
=
.
2
cos
cos(x)
cos(x)2
Exponentialfunktion
Für Zinseszins - Betrachtungen ist von Bedeutung, dass der Grenzwert e := lim
n→∞
18
1+
1 n
n
existiert (Beweis in der Vorlesung), e ' 2.71828 .
Man hat für festes h ∈ R , wenn man m = nh setzt
h
e = lim
n→∞
1
1+
n
nh
=
lim
m→∞
h
1+
m
m
.
Somit gilt für den Differenzenquotienten
eh − 1
eh − e0
=
= lim
D :=
m→∞
h
h
nach dem Binomischen Lehrsatz
h
h
D = lim
1 + mm
+
m→∞
=
lim 1 +
m→∞
m−1
2m
h+
1+
h m
m
−1
h
m(m−1)
h 2
+ −
2
m
m
3 2
/m h + . . .
3
i
1 /h
Für h → 0 muss man zeigen, dass man beide Grenzwerte vertauschen kann, um zu folgern
eh − e0
= 1 , woraus mit ex+h = ex · eh
h→0
h
eh − e0
ex+h − ex
x
x 0
= e · lim
= ex
(e ) = lim
h→0
h→0
h
h
folgt. Die Bedeutung der Eulerschen Zahl e resultiert aus dieser Formel f 0 = f ,
wenn f (x) = ex , x ∈ R ist.
lim
x 0
x
Folgerung. Für a > 0 gilt
(a )x ln=a a0 ln a.
x 0
lna x 0
Denn: (a ) =
(e ) = e
= (ln a) ex lna = (ln a) ax , mit der Kettenregel
19
(f ◦ g)0 (x) = f 0 (g(x)) · g 0 (x) , wobei f (y) = ey , g(x) = x lna ist.
20
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