Vorkurs Mathematik Dieses Dokument ist eine Zusammenfassung der Inhalte des Vorkurses Mathematik im Wintersemester 2017/2018. Bitte Anregungen und Fehler per Email an die Adresse [email protected]. Weitere Informationen zur Veranstaltung finden sich auf der Internetseite www.math.uni-tuebingen.de/vorkurs. Elmar Teufl Tübingen, 4. Oktober 2017 1 Kapitel 1 Etwas Logik und Mengenlehre Einer Aussage ist ein Wahrheitswert zugeordnet: WAHR oder FALSCH. Das ist die charakterisierende Eigenschaft einer Aussage. Beispiele: Der 4.10.2017 ist ein Mittwoch. Die Erde ist kein Planet. Frage: Ist “Morgen regnet es.” eine Aussage? Wahrheitswerten werden auch andere Bezeichnungen zugewiesen: Langform Kurzform Englisch Informatik WAHR FALSCH W F TRUE FALSE 1 0 Verknüpfungen: Sind A und B Aussagen, dann sind auch • • • die Konjunktion “A und B” (A ∧ B), die Disjunktion “A oder B” (A ∨ B, nicht ausschließend), die Negation “nicht A” (¬A) Aussagen. Das Symbol ∨ stammt vom lateinischen Wort vel, welches “oder” bedeutet. Eselsbrücke: Oder (∨) ist oben offen. Der Wahrheitsgehalt dieser Verknüpfungen kann mittels einer sogenannten Wahrheitstafel angegeben werden. Dabei werden alle möglichen Wahrheitswerte für die Aussagen A und B, sowie für das Ergebnis der Verknüpfung aufgelistet: A ¬A W F F W A B A∧B A∨B W W F F W F W F W F F F W W W F Mit Klammern wird die Reihenfolge bei mehreren Verknüpfungen festgelegt. Dabei ist es üblich, dass ¬ stärker als ∧ und ∨ bindet und ∧, ∨ als gleichwertig betrachtet werden. 2 § Beispiele: • • (¬A) ∨ B, kurz ¬A ∨ B. (A ∨ B) ∧ C. Ein logischer Ausdruck besteht aus Verknüpfungen von Aussagen mit korrekter Klammerung. Etwa ist ¬(A ∨ B) ∧ C ein logischer Ausdruck, aber A ∨ B ∧ C ist kein logischer Ausdruck. Rechenregeln: Es seien A, B, C Aussagen, dann gilt: • Assoziativität: (A ∧ B) ∧ C = A ∧ (B ∧ C). (A ∨ B) ∨ C = A ∨ (B ∨ C). Aufgrund der Assoziativität können Klammern weggelassen werden: A ∧ B ∧ C, . . . • Kommutativität: A ∧ B = B ∧ A. A ∨ B = B ∨ A. • Distributivität: (A ∧ B) ∨ C = (A ∨ C) ∧ (B ∨ C). (A ∨ B) ∧ C = (A ∧ C) ∨ (B ∧ C). • de Morgansche Regeln: ¬(A ∧ B) = ¬A ∨ ¬B. ¬(A ∨ B) = ¬A ∧ ¬B. Diese Rechenregeln können mithilfe von Wahrheitstafeln überprüft werden. Zum Beispiel für ¬(A ∧ B) = ¬A ∨ ¬B: A B A∧B ¬(A ∧ B) W W F F W F W F W F F F F W W W ¬A ¬B F F W W F W F W ¬A ∨ ¬B F W W W Für (A ∧ B) ∧ C = A ∧ (B ∧ C): A B C A∧B (A ∧ B) ∧ C B∧C A ∧ (B ∧ C) W W W W F F F F W W F F W W F F W F W F W F W F W W F F F F F F W F F F F F F F W F F F W F F F W F F F F F F F Weitere Verknüpfungen: • • Implikation “wenn A dann B” (A → B), Äquivalenz “A genau dann wenn B” (A ↔ B). 3 § Kapitel 1. Etwas Logik und Mengenlehre Die Wahrheitstafeln dafür lauten wie folgt: A B A→B A↔B W W F F W F W F W F W W W F F W Es gilt A → B = ¬A ∨ B und A ↔ B = (A → B) ∧ (B → A) = (¬A ∨ B) ∧ (¬B ∨ A). Eine Menge ist eine Sammlung von unterscheidbaren Objekten. Eine Menge kann mithilfe von geschweiften Klammern durch Aufzählung, zum Beispiel {1, 2, 3, 4}, oder durch Beschreibung, zum Beispiel {x : x ist eine gerade ganze Zahl} oder {x | x ist eine gerade ganze Zahl}, angegeben werden. Ein Element einer Menge ist ein Objekt, das in der Menge liegt. Ist M eine Menge und x ein Objekt, dann schreiben wir • • x ∈ M , wenn x in M liegt, und x∈ / M , wenn x nicht in M liegt. Allgemein ist x ∈ M eine Aussage, da x ∈ M entweder wahr oder falsch ist. Beispiele: 1 ∈ {1, 2, 3, 4} und 0 ∈ / {1, 2, 3, 4}. Die leere Menge ∅ = {} hat keine Elemente, es gilt also x ∈ / ∅ für alle x. Frage: Gibt es eine Menge M mit M ∈ M ? Die Größe (oder Mächtigkeit oder Kardinalität) einer Menge M ist die Anzahl der Elemente von M , welche auch unendlich sein kann. Die Größe wird mit |M | oder mit #M bezeichnet. Beispiele: |{1, 2, 3, 4}| = 4 und |{x : x ist eine gerade ganze Zahl}| = unendlich = ∞. Eine Menge B heißt Teilmenge einer Menge A, wenn jedes Element von B auch Element von A ist, also: Für jedes x gilt x ∈ B → x ∈ A. Wir sagen dann, dass B in A enthalten ist, und schreiben B ⊆ A (oder auch B ⊂ A). Beispiele: ∅ ⊆ ∅, ∅ ⊆ {1, 2, 3, 4}, {1} ⊆ {1, 2, 3, 4}, {1, 2, 3} ⊆ {1, 2, 3, 4}, {1, 2, 3, 4} ⊆ {1, 2, 3, 4}, aber {0} 6⊆ {1, 2, 3, 4}, {4, 5} 6⊆ {1, 2, 3, 4}. Verknüpfungen: Es seien A und B Mengen. • • • 4 Vereinigung A ∪ B = {x : x ∈ A ∨ x ∈ B}. Schnitt A ∩ B = {x : x ∈ A ∧ x ∈ B}. Differenzmenge A \ B = {x : x ∈ A ∧ x ∈ / B} § Beispiele: • • • {1, 2, 3, 4} ∪ {4, 5} = {1, 2, 3, 4, 5}. {1, 2, 3, 4} ∩ {4, 5} = {4}. {1, 2, 3, 4} \ {4, 5} = {1, 2, 3}. Oft sind alle betrachteten Mengen in einer Menge, der sogenannten Grundmenge, enthalten. Ist Ω die Grundmenge und A eine Menge mit A ⊆ Ω, dann heißt Ω \ A das Komplement von A bezüglich der Grundmenge Ω. Das Komplement wird oft mit A oder Ac bezeichnet. Zwei Mengen A und B heißen disjunkt, wenn A ∩ B = ∅ gilt. Vergleich der Verknüpfungen bei der Logik und der Mengenlehre: Logik (Aussagen A, B) Mengenlehre (Mengen A, B) A∧B A∨B ¬A A∩B A∪B A Rechenregeln: Es seien A, B, C Mengen (in einer Grundmenge Ω), dann gilt: • Assoziativität: (A ∪ B) ∪ C = A ∪ (B ∪ C). (A ∩ B) ∩ C = A ∩ (B ∩ C). Aufgrund der Assoziativität können Klammern weggelassen werden: A ∪ B ∪ C, . . . • Kommutativität: A ∪ B = B ∪ A. A ∩ B = B ∩ A. • Distributivität: (A ∪ B) ∩ C = (A ∩ C) ∪ (B ∩ C). (A ∩ B) ∪ C = (A ∪ C) ∩ (B ∪ C). • de Morgansche Regeln: A ∪ B = A ∩ B. A ∩ B = A ∪ B. Um diese Rechenregeln nachzuprüfen, können die Rechenregeln für die Logik verwendet werden. Zum Beispiel: (A ∪ B) ∪ C = {x : x ∈ (A ∪ B) ∨ x ∈ C} = {x : (x ∈ A ∨ x ∈ B) ∨ x ∈ C} = {x : x ∈ A ∨ (x ∈ B ∨ x ∈ C)} = {x : x ∈ A ∨ (x ∈ (B ∪ C)} = A ∪ (B ∪ C). Alternativ können auch direkt Wahrheitstafeln verwendet werden: 5 § Kapitel 1. Etwas Logik und Mengenlehre x∈A x∈B x∈C x∈A∪B x ∈ (A ∪ B) ∪ C x∈B∪C x ∈ A ∪ (B ∪ C) W W W W F F F F W W F F W W F F W F W F W F W F W W W W W W F F W W W W W W W F W W W F W W W F W W W W W W W F Für alle x gilt damit: x liegt genau dann (A ∪ B) ∪ C, wenn x in A ∪ (B ∪ C) liegt. Also folgt (A ∪ B) ∪ C = A ∪ (B ∪ C). Bei einem sogenannten Venn-Diagramm werden Mengen als einfache geometrische Figuren (meist Ellipsen oder Rechtecke) in der Ebene dargestellt: A B Ω Obiges Venn-Diagramm zeigt zwei Mengen A und B in einer Grundmenge Ω. Die Grundmenge Ω wird dabei von A und B in vier Teile zerlegt: A∩B, A∩B = A\B, A∩B = B \A und A ∩ B = A ∪ B. Darstellung von Teilmengen, Disjunktheit und Verknüpfungen durch Venn-Diagramme: • B ⊆ A: A • B A und B sind disjunkt: A • B Vereinigung A ∪ B (in grau) von A und B: A 6 B § • Schnitt A ∩ B (in grau) von A und B: A • B Differenzmenge A \ B (in grau) von A und B: A • B Komplement A von A (in grau) bezüglich Ω: A Ω Das kartesische Produkt A × B von zwei Mengen A und B ist A × B = {(a, b) : a ∈ A, b ∈ B}. Dabei ist (a, b) ein Paar mit dem ersten Eintrag a und dem zweiten Eintrag b. Insbesondere ist A2 = A × A = {(a, b) : a, b ∈ A}. Beispiele: {1, 2}2 = {1, 2} × {1, 2} = {(1, 1), (1, 2), (2, 1), (2, 2)}, {1, 2} × {1, 2, 3} = {(1, 1), (1, 2), (1, 3), (2, 1), (2, 2), (2, 3)}. 7 Kapitel 2 Zahlen Die Menge der natürlichen Zahlen ist N = {1, 2, 3, 4, . . . } und die Menge der ganzen Zahlen ist Z = {. . . , −2, −1, 0, 1, 2, 3, 4, . . . }. Auch N = {0, 1, 2, 3, 4, . . . } wird oft verwendet. Ganze Zahlen können addiert, subtrahiert, multipliziert werden. Außerdem gibt es eine Division mit Rest. Beispiele: • Addition (mit Überträgen): 2304 4847 18953 1211 26104 • Multiplikation (samt Addition mit Überträgen): 62 · 357 186 310 434 11 22134 • Division mit Rest: 3 7 2 1 : 8 7 = 4 2 Rest 6 7 −3 4 8 241 −1 7 4 67 Eine ganze Zahl a heißt durch eine ganze Zahl b teilbar, wenn es eine ganze Zahl c mit a = b · c gibt. In diesem Fall heißt b ein Teiler von a und a heißt Vielfaches von b. Eine 8 § ganze Zahl p ≥ 2, welche nur durch sich selbst und durch 1 teilbar ist, heißt prim oder Primzahl. Beispiele: • • • Die Zahl 6 hat die Teiler 1, −1, 2, −2, 3, −3, 6, −6. Jede ganze Zahl ist ein Teiler von 0 und ein Vielfaches von 1. Die ersten Primzahlen lauten: 2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, 19, . . . Satz: Jede natürliche Zahl n hat eine Primfaktorzerlegung: n = p1 e1 p2 e2 · · · pk ek , wobei p1 , p2 , . . . , pk aufsteigend geordnete Primzahlen sind und e1 , e2 , . . . , ek natürliche Zahlen sind. Beispiele: • • • 60 = 22 · 31 · 51 . 126 = 21 · 32 · 71 . 61855248 = 24 · 31 · 73 · 131 · 172 . Der größte gemeinsame Teiler ggT(a1 , . . . , an ) der ganzen Zahlen a1 , . . . , an ist jene ganze Zahl m ≥ 0, welche ein Teiler von a1 , . . . , an ist und welche selbst ein Vielfaches von jedem Teiler von a1 , . . . , an ist. Das kleinste gemeinsame Vielfache kgV(a1 , . . . , an ) ist jene ganze Zahl m ≥ 0, welche ein Vielfaches von a1 , . . . , an ist und welche selbst ein Teiler von jedem Vielfachen von a1 , . . . , an ist. Rechenregeln: • • • • • Kommutativität: ggT(a1 , . . . , an ) und kgV(a1 , . . . , an ) hängen nicht von der Reihenfolge der Zahlen a1 , . . . , an ab. Assoziativität: ggT(a1 , . . . , an ) = ggT(a1 , ggT(a2 , . . . , an )) und kgV(a1 , . . . , an ) = kgV(a1 , kgV(a2 , . . . , an )). ggT(a, a, . . . ) = ggT(a, 0) = a und kgV(a, a, . . . ) = kgV(a, 1) = a. ggT(a, 1) = 1 und kgV(a, 0) = 0. Es gilt ggT(a, b) = ggT(a, b − a) und ggT(a, b) = ggT(a, r), wobei r der Divisionsrest von a : b ist. Berechnung mit der Primfaktorzerlegung: Wegen 60 = 22 · 31 · 51 = 22 · 31 · 51 · 70 , 126 = 21 · 32 · 71 = 21 · 32 · 50 · 71 folgt ggT(60, 126) = 21 · 31 · 50 · 70 = 6 und kgV(60, 126) = 22 · 32 · 51 · 71 = 1260. Eine rationale Zahl (ein Bruch) ist von der Form ab mit a ∈ Z und b ∈ N. Üblicherweise werden Brüche in gekürzter Form angegeben: ab mit a ∈ Z und b ∈ N und ggT(a, b) = 1. 9 § Kapitel 2. Zahlen Die Menge der rationalen Zahlen wird mit Q bezeichnet: Q = { ab : a ∈ Z, b ∈ N, ggT(a, b) = 1} , −1 , 0, 1, . . . = { . . . , −2 1 1 1 1 . . . , −3 , −1 , 1, 3, . . . 2 2 2 2 . . . , −2 , −1 , 1, 2, . . . 3 3 3 3 . . . }. Beispiel: Die gekürzte Form von gilt. 126 60 ist 21 , 10 da ggT(126, 60) = 6 und 126 6 = 21 und 60 6 = 10 Rechnen mit Brüchen: • Addition: • Multiplikation: a c ad + bc + = . b d bd a c ac · = . b d bd Abschließend ist das Ergebnis in beiden Fällen in gekürzte Form zu bringen. Satz: Die rationalen Zahlen sind genau jene Zahlen mit periodischer Dezimaldarstellung. Beispiele: • • • • 1 = 0.5 = 0.5000 . . . = 0.50• = 0.50. 2 1 = 0.333 . . . = 0.3• = 0.3. 3 1 = 0.1666 . . . = 0.16• = 0.16. 6 12 = 1.714285 714285 . . . = 1.714285: 7 12 : 7 = 1 . 714285 . . . 50 10 30 20 60 40 5 ... • Die Zahl 2.35 stellt den Bruch 233 dar. 99 Dazu sei x = 2.35, dann gilt 100x = 235.35 und 99x = 100x − x = 235.35 − 2.35 = 233, • woraus x = 233 folgt. 99 Die Zahl 52.123 stellt den Bruch 2868 dar. 55 Dazu sei x = 52.145, dann gilt 10x = 521.45 und 1000x = 52145.45 und 990x = 1000x − 10x = 52145.45 − 521.45 = 51624, woraus x= 10 51624 2868 = . 990 55 § Satz: Ist n eine natürliche Zahl, welche nicht durch 2 und nicht durch 5 teilbar ist, dann hat n ein Vielfaches der Form 999 . . . 9. Beispiel: Die Zahl 7 hat das Vielfache 999999. Dazu sei x = 1000000x = 142857.142857 folgt 999999x = 1000000x − x = 142857 Zusammen mit x = 1 7 und x= 1 7 = 0.142857. Wegen 142857 . 999999 ergibt das 142857 · 7 = 999999. Eine reelle Zahl ist eine Zahl mit einer “beliebigen” Dezimaldarstellung. Die Menge der reellen Zahlen wird mit R bezeichnet. Für die Mengen N, Z, Q, R gilt somit: N ( Z ( Q ( R. Beispiele: • Die Zahl mit der Dezimaldarstellung 0.101101110 1111 |{z} 0 |11111 {z } 0 . . . 4 5 ist ein Element von R \ Q, da diese Zahl keine periodische Dezimaldarstellung besitzt. √ • Die Zahl 2 ist√ein Element von R \ Q. √ Angenommen, √2 wäre eine rationale Zahl, dann hätte 2 eine Darstellung als √ a gekürzter Bruch 2 = b mit a, b ∈ N und ggT(a, b) = 1. Damit würde b · 2 = a und b2 · 2 = a2 folgen. Also müsste a2 durch 2 teilbar sein, und damit auch a. Das würde bedeuten, dass a2 sogar durch 4 teilbar wäre. Damit wäre aber b2 durch 2 teilbar, und damit auch b. Das wäre ein Widerspruch zu ggT(a, b) = 1. Rechenregeln: Es seien a, b, c reelle Zahlen, dann gilt: • Assoziativität: (a + b) + c = a + (b + c). (a · b) · c = a · (b · c). • Kommutativität: a + b = b + a. a · b = b · a. • Distributivität: a · (b + c) = a · b + a · c. Ein Intervall ist eine Teilmenge von R der Form • (abgeschlossen) [a, b] = {x ∈ R : a ≤ x ∧ x ≤ b}, • (offen) (a, b) = ]a, b[ = {x ∈ R : a < x ∧ x < b}, • (halb offen) [a, b) = [a, b[ = {x ∈ R : a ≤ x ∧ x < b} oder (a, b] = ]a, b] = {x ∈ R : a < x ∧ x ≤ b}. Der Absolutbetrag oder Betrag |x| einer reellen Zahl x ist ( x falls x ≥ 0, |x| = −x falls x < 0. Beispiele: |3.5| = 3.5, |−2| = 2. 11 § Kapitel 2. Zahlen Potenzen: Bei einer Potenz xa heißt x die Basis und a der Exponent. Potenzen sind definiert • • • • • für für für für für x ∈ R und a = n mit n ∈ N (xn = x · · · x), oder x 6= 0 und a = 0 (x0 = 1), oder √ x ≥ 0 und a = rs ∈ Q mit a > 0 (xr/s = (x1/s )r mit x1/s = s x), oder x ≥ 0 und a > 0 beliebig, oder x > 0 und a = −b mit b > 0 (x−b = ( x1 )b ). 00 wird nicht festgelegt. Beispiele: 11 = 1, 10 = 1, 102 = 100, 210 = 1024, 811/4 = 3. Rechenregeln: • • • xa xb = xa+b . (xa )b = xab . xa y a = (xy)a . Frage: Was bedeutet 22 ? 2 Logarithmen: Der Logarithmus logb x von x > 0 zur Basis b > 0 ist jene Zahl a, welche eindeutig durch die Gleichung ba = x festgelegt wird. Es gilt also blogb x = x. Spezielle Basen: b = 10 (dekadischer Logarithmus), b = 2 (dyadischer Logarithmus), b = e = 2.71828 . . . (natürlicher Logarithmus). Rechenregeln: • • • logb (xy) = logb x + logb y. logb (xa ) = a logb x. logb 1 = 0 und logb b = 1. Um diese Rechenregeln für Logarithmen nachzuprüfen können die Rechenregeln für Potenzen verwendet werden. Zum Beispiel: Aus und xy = blogb (xy) xy = blogb x blogb y = blogb x+logb y folgt logb (xy) = logb x + logb y (Eindeutigkeit!). Oder aus xa = blogb (x a) und xa = (blogb x )a = ba logb x folgt logb (xa ) = a logb x (Eindeutigkeit!). Frage: Ist loge 2 rational? Die Gleichung x√2 = −1 hat in R keine Lösungen. Daher wird R um die imaginäre Einheit erweitert: i = −1. Eine komplexe Zahl ist von der Form a + bi mit a, b ∈ R. Dabei heißt a Realteil, b Imaginärteil. Ist z =√a + bi eine komplexe Zahl, dann ist z = a − bi die komplex Konjugierte von z und |z| = a2 + b2 der Absolutbetrag von z. Die Menge der komplexen Zahlen ist C = {a + bi : a, b ∈ R}. Rechnen in C: • • • 12 (a + bi) + (c + di) = (a + c) + (b + d)i. (a + bi) · (c + di) = (ac − bd) + (ad + bc)i. 1 c d = c2 +d 2 − c2 +d2 i. c+di Kapitel 3 Gleichungen und Ungleichungen Beispiel: (lineare Gleichung) Gesucht ist die Lösungsmenge von ax + b = 0. Lösungsmenge: {− ab }, falls a 6= 0, ∅, falls a = 0 und b 6= 0, und R falls a = b = 0. Beispiel: (quadratische Gleichung) Gesucht ist die Lösungsmenge von ax2 + bx + c = 0 mit a 6= 0. Lösungsmenge für b2 − 4ac ≥ 0: √ √ −b − b2 − 4ac −b + b2 − 4ac , . 2a 2a Lösungsmenge (in R) für b2 − 4ac < 0: ∅. Beispiel: (Gleichungen mit Beträgen) Gesucht ist die Lösungsmenge von |1 − |x − 2|| = 2. Dazu verwenden wir Fallunterscheidungen, denn ( x−2 falls x − 2 ≥ 0, das heißt x ≥ 2, |x − 2| = −x + 2 falls x − 2 < 0, das heißt x < 2. • 1. Fall: x ≥ 2: ( 3−x falls 3 − x ≥ 0, das heißt x ≤ 3, |1 − |x − 2|| = |1 − (x − 2)| = |3 − x| = −3 + x falls 3 − x < 0, das heißt x > 3. • (a) x ≤ 3, also x ∈ [2, 3]: 3 − x = 2 =⇒ x = 1 ∈ / [2, 3]. Es gibt in diesem Fall keine Lösungen. (b) x > 3: −3 + x = 2 =⇒ x = 5 > 3. Also ist x = 5 eine Lösung. 2. Fall: x < 2: ( x−1 falls x − 1 ≥ 0, das heißt x ≥ 1, |1 − |x − 2|| = |1 + (x − 2)| = |x − 1| = −x + 1 falls x − 1 < 0, das heißt x < 1. 13 § Kapitel 3. Gleichungen und Ungleichungen (a) x ≥ 1, also x ∈ [1, 2): x − 1 = 2 =⇒ x = 3 ∈ / [1, 2). Es gibt in diesem Fall keine Lösungen. (b) x < 1: −x + 1 = 2 =⇒ x = −1 < 1. Also ist x = −1 eine Lösung. Lösungsmenge: {−1, 5}. Beispiel: (Gleichungen mit Wurzeln) √ √ Gesucht ist die Lösungsmenge von x + 1 + x − 1 = 2. Quadrieren ergibt: p (x + 1) + 2 (x + 1)(x − 1) + (x − 1) = 4. Also: √ x2 − 1 = 2 − x. Erneutes Quadrieren ergibt: x2 − 1 = (2 − x)2 =⇒ x2 − 1 = 4 − 4x + x2 =⇒ 4x = 5 =⇒ x = 54 . Kontrolle: q 5 4 +1+ q 5 4 −1= q 9 4 + q 1 4 = 3 2 + 1 2 = 2. Also ist x = 45 eine Lösung. Lösungsmenge: { 54 }. Beispiel: (quadratische Ungleichungen) Gesucht sind Zahlen x mit x2 ≤ 4, das heißt x2 − 4 ≤ 0. Dazu betrachten wir x2 − 4 = 0. Diese quadratische Gleichung hat die Lösungen x = ±2. Daraus folgt: x2 − 4 = (x − 2)(x − (−2)) = (x − 2)(x + 2). Gesucht sind also alle Zahlen x mit (x − 2)(x + 2) ≤ 0. • • 1. Fall: x − 2 ≥ 0 und x + 2 ≤ 0. Daraus folgt x ≥ 2 und x ≤ −2. Widerspruch. 2. Fall: x − 2 ≤ 0 und x + 2 ≥ 0. Also x ≤ 2 und x ≥ −2, das heißt x ∈ [−2, 2]. Insgesamt: {x ∈ R : x2 − 4 ≤ 0} = [−2, 2]. 14 Kapitel 4 Summen und Produkte Die Schreibweisen a1 + a2 + a3 + · · · + an und a1 · a2 · a3 · · · · · an werden rasch unübersichtlich P und mühsam. Als Alternativen gibt es das Summenzeichen ( , vom griechischen GroßQ buchstaben Σ für Summe) und das Produktzeichen ( , vom griechischen Großbuchstaben Π für Produkt): n X k=1 n Y ak = a1 + a2 + · · · + an , ak = a1 · a2 · · · · · an . k=1 Allgemeiner: s X ak = ar + ar+1 + · · · + as , k=r wobei • • • • ak der k-te Summand der Summe, k der Laufindex der Summe, r die untere Grenze der Summe, s die obere Grenze der Summe ist. Der Laufindex durchläuft der Reihe nach die ganzen Zahlen r, r + 1, r + 2, . . . , s. Analog: s Y ak = ar · ar+1 · · · · · as , k=r wobei • • ak der k-te Faktor des Produkts ist, et cetera. 15 § Kapitel 4. Summen und Produkte Beispiel: 6 X 2 Y (2k + 1) = 7 + 9 + 11 + 13, k=3 (k 2 + 1) = 5 · 2 · 1 · 2 · 5. k=−2 Rechenregeln: s X (cak ) = c k=r s X s X ak , k=r s Y (cak ) = c k=r s−r+1 k=r (ak + bk ) = s Y s X ak + k=r t X bk , k=r s Y s Y k=r k=r (ak · bk ) = ak , k=r s X ak · ak = k=r s Y bk , k=r s X ak + k=r t Y ak = k=r s Y t X ak , k=s+1 ak · k=r t Y ak . k=s+1 Laufindex verschieben: a1 + a2 + a3 + a4 = 4 X ak = k=1 3 X ak+1 = k=0 5 X ak−1 = · · · . k=2 Beispiel: (“Teleskop-Summe”) n X 2 (k + 1) − k 2 n n n+1 n X X X X 2 2 2 = (k + 1) − k = k − k2 k=1 k=1 = k=1 X n k=2 k 2 + (n + 1)2 k=1 n X 2 k − 1+ k=2 k=2 2 2 = (n + 1) − 1 = n + 2n + 1 − 1 = n2 + 2n. Geometrische Summe: n X ak = a0 + a1 + · · · + an = ??? k=0 Wir betrachten (a − 1) n X ak = a k=0 = n X k=0 n+1 X ak − k a − k=1 n X k=0 n X ak = k k=0 n X n X k=1 16 X n n X ak k=0 k a +a n+1 n X k − 1+ a = an+1 − 1. k=1 k=0 Kleiner Gauß: ak+1 − k=0 a = Also gilt n X ak = k=1 an+1 − 1 . a−1 k = 1 + 2 + · · · + n = ??? § Gauß-Trick: 1 + 2 + · · · + (n − 1) + n n + (n − 1) + · · · + 2 + 1 (n + 1) + (n + 1) + · · · + (n + 1) + (n + 1) = n · (n + 1) Also Pn k=1 k = 21 n(n + 1). Gauß-Trick geometrisch: = + Bernoulli-Trick: Wegen (k + 1)2 = k 2 + 2k + 1 folgt n n n n n X X X X X 2 2 2 (k + 1) = (k + 2k + 1) = k +2 k+ 1. k=1 k=1 k=1 k=1 {z } |k=1 =n Umstellen: 2 n X k= n X k=1 (k + 1)2 − n X k=1 k2 − n = n+1 X k=1 k2 − k=2 n X k2 − n k=1 2 = (n + 1) − 1 − n = n(n + 1). Also Pn k=1 k= 1 n(n 2 + 1). Fakultät: (n ∈ N) 0! = 1 und n! = n · (n − 1) · · · 1 = n Y k. k=1 Binomialkoeffizient: (n ∈ N ∪ {0}, k ∈ {0, 1, . . . , n}) n n! = k k!(n − k)! Pascal’sche Regel: n n = =1 0 n Pascal’sches Dreieck: n n−1 n−1 = + . k k−1 k und 0 0 =1 1 0 =1 1 1 2 0 =1 2 1 =2 3 0 =1 3 1 =3 3 2 =1 4 1 =4 4 2 4 0 =6 =1 2 2 =1 =3 3 3 4 3 =4 =1 4 4 =1 17 § Kapitel 4. Summen und Produkte Binomische Formel: (a + b)0 (a + b)1 (a + b)2 (a + b)3 = 1 · a0 b 0 , = 1 · a1 b 0 + 1 · a0 b 1 , = 1 · a2 b 0 + 2 · a1 b 1 + 1 · a0 b 2 , = 1 · a3 b 0 + 3 · a2 b 1 + 3 · a1 b 2 + 1 · a0 b 3 , ... Allgemein: n n n 0 n n−1 1 n 0 n X n n−k k (a + b) = a b + a b + ··· + ab = a b . 0 1 n k k=0 n Beweis? Vollständige Induktion: Es sei A(n) eine Aussage, die von einer ganzen Zahl n ≥ 0 (oder n ≥ 1) abhängt. Wir beweisen zweierlei: • • Induktionsanfang: A(n) gilt für n = 0 (oder n = 1). Induktionsschritt: Wenn A(n) für ein beliebiges n gilt (Induktionsvoraussetzung), dann gilt auch A(n + 1). Damit gilt A(n) für alle n ≥ 0 (oder für alle n ≥ 1). P Beispiel: Es sei A(n) die Gleichheit nk=1 k = 12 n(n + 1). P • Induktionsanfang für n = 1: 1k=1 k = 1 und 21 · 1 · (1 + 1) = 1. Also gilt A(1). • Induktionsschritt: A(n) ist A(n + 1) ist n X k=1 n+1 X k = 12 n(n + 1), k = 12 (n + 1)(n + 1 + 1). k=1 Damit: n+1 X k=1 k= n X k + (n + 1) = 21 n(n + 1) + (n + 1) = 12 (n + 1)(n + 1 + 1). k=1 Beispiel: Für alle n ∈ N ist n2 + n gerade. • • Induktionsanfang für n = 1: 12 + 1 = 2 ist gerade. Induktionsschritt: A(n) ist “n2 + n ist gerade”, A(n + 1) ist “(n + 1)2 + (n + 1) ist gerade”. Damit: 2 (n + 1)2 + (n + 1) = n2 + 2n + 1 + n + 1 = n + n} + 2n + 2} | {z | {z ist gerade ist eine gerade Zahl. 18 ist gerade § Beweis der Binomischen Formel: • Induktionsanfang für n = 0: n X n n−k k (a + b) = 1 = 1 · a b = a b . k k=0 0 • 0 0 Induktionsschritt: A(n) ist die Gleichheit (a + b) = n A(n + 1) ist die Gleichheit (a + b)n+1 n X n an−k bk , k k=0 n+1 X n + 1 n+1−k k = a b . k k=0 Damit: (a + b) n+1 n = (a + b) · (a + b) = (a + b) n X n k=0 k an−k bk n n X n n+1−k k X n n−k k+1 = a b + a b k k k=0 k=0 n n X n n+1−k k X n n+1 =a + a b + an+1−k bk + bn+1 k k − 1 k=1 k=1 n X n+1 = an+1 + an+1−k bk + bn+1 k k=1 n+1 X n + 1 n+1−k k = a b . k k=0 19 Kapitel 5 Trigonometrie Winkel werden in Grad oder im Bogenmaß gemessen: voller Winkel = 360° = 2π. Winkelfunktionen: Gegenkathete Sinus: sin α = Hypotenuse Kosinus: cos α = e p Hy Ankathete Hypotenuse sin α Gegenkathete = Tangens: tan α = Ankathete cos α Satz von Pythagoras: (cos α)2 + (sin α)2 = 1. us n e t o α • Ankathete α Sinussatz & Kosinussatz: a b c Sinussatz: = = sin α sin β sin γ c Kosinussatz: c2 = a2 + b2 − 2ab cos γ b γ β a Beweis zum Sinussatz: Es gilt: sin β = hc und sin γ = hb . Damit: c sin β = h = b sin γ. h Also: sinb β = bc = sinc γ . c h β • a 20 b γ Gegenkathete 2π ist der Umfang eines Kreises mit Radius 1. § Der Berg im See: 2m Höhe h = ? Entfernung x Berg 10° 12° See Spiegelung Es gilt: tan(10°) = h−2 x und tan(12°) = h+2 . x Damit: h−2 h+2 =x= , tan(10°) tan(12°) 2(tan(12°) + tan(10°)) h= ≈ 21.4677 . . . m. tan(12°) − tan(10°) Additionstheoreme: sin(α + β) = sin α cos β + cos α sin β, cos(α + β) = cos α cos β − sin α sin β. cos(α + β) • sin(α) sin(β) α+β cos(α) sin(β) 1 sin(α + β) α • (β ) cos sin(α) cos(β) Folgerung: Mithilfe des Satzes von Pythagoras (cos α)2 + (sin α)2 = 1 folgt cos(2α) = (cos α)2 − (1 − (cos α)2 ) = 2(cos α)2 − 1. Also 4(cos α)2 = 2 + 2 cos(2α) und p 2 cos α = 2 + 2 cos(2α) für α ∈ [0, π2 ]. (β ) sin Winkelverdoppelung: (α = β) sin(2α) = 2 sin α cos α, cos(2α) = (cos α)2 − (sin α)2 . β α cos(α) cos(β) • 21 § Kapitel 5. Trigonometrie Insbesondere gilt für α = π 2 2 cos( π2 ) = 0, √ √ 2 cos( π4 ) = 2 + 0 = 2, q √ π 2 cos( 8 ) = 2 + 2, r q √ π 2 cos( 16 ) = 2 + 2 + 2, s r q π 2 cos( 32 )= 2+ 2+ 2+ √ 2, ... 2= da cos 0 = 1 ist. 22 v u u t s 2+ 2+ r q √ 2 + 2 + 2 + · · ·, Kapitel 6 Vektoren Ebene: R2 = R × R = {(x, y) : x, y ∈ R}. Raum: R3 = R × R × R = {(x, y, z) : x, y, z ∈ R}. Allgemein: Rn = R · · × R} = {(x1 , . . . , xn ) : x1 , . . . , xn ∈ R}. | × ·{z n mal x1 Zeilenvektor: (x1 , . . . , xn ). Spaltenvektor: ... . xn Länge eines Vektors: (Satz von Pythagoras) x p y = x2 + y 2 + z 2 , z x p 2 2 y = x +y , x1 q .. . = x21 + · · · + x2n . xn Rechnen mit Vektoren: • Addition: u1 v1 u1 + v1 .. .. .. . + . = . . un • vn Multiplikation mit einer Zahl (Skalar) α ∈ R: v1 αv1 α ... = ... . vn • un + vn αvn Skalarprodukt: u1 v1 n .. .. X uk vk = u1 v1 + · · · + un vn . . · . = k=1 un vn 23 § Kapitel 6. Vektoren Rechenregeln: Es seien ~u, ~v , w ~ ∈ Rn und es seien α, β ∈ R. • • • • • • • • • • (~u + ~v ) + w ~ = ~u + (~v + w). ~ ~u + ~v = ~v + ~u. (αβ)~u = α(β~u). (α + β)~u = α~u + β~u. α(~u + ~v ) = α~u + α~v . ~u · ~v = ~v · ~u. (α~u) · ~v = α(~u · ~v ) = ~u · (α~v ). ~u · (~v + w) ~ = ~u · ~v + ~u · w. ~ 2 k~uk = ~u · ~u. kα~uk = |α|k~uk. Winkel zwischen ~u und ~v : Der zwischen den Vektoren ~u und ~v eingeschlossene Winkel ϕ mit ϕ ∈ [0, 180°] erfüllt ~u · ~v = k~uk k~v k cos ϕ. Insbesondere gilt ~u · ~v = 0 genau dann, wenn ϕ = 90° ist. ~u − ~v ~v ϕ ~u Beweis: Mithilfe des Kosinussatzes gilt k~u − ~v k2 = k~uk2 + k~v k2 − 2k~uk k~v k cos ϕ. Aufgrund der Rechenregeln gilt k~u − ~v k2 = (~u − ~v ) · (~u − ~v ) = ~u · ~u − 2~u · ~v + ~v · ~v = k~uk2 − 2~u · ~v + k~v k2 . Damit folgt k~uk2 − 2~u · ~v + k~v k2 = k~uk2 + k~v k2 − 2k~uk k~v k cos ϕ und ~u · ~v = k~uk k~v k cos ϕ. Kreuzprodukt im R3 : u1 v1 u2 v3 − u3 v2 u2 × v2 = −(u1 v3 − u3 v1 ) . u3 v3 u1 v2 − u2 v1 Eigenschaften: Es seien ~u, ~v ∈ R3 . • • • 24 ~u · (~u × ~v ) = 0 und ~v · (~u × ~v ) = 0. Also steht ~u × ~v senkrecht auf ~u und ~v . ~u × ~v = −~ v× ~u. 0 ~u × ~u = 0 . 0 § Länge des Kreuzproduktes: Wegen k~u × ~v k2 = (~u × ~v ) · (~u × ~v ) = . . . Rechnen . . . = k~uk2 k~v k2 − (~u · ~v )2 = k~uk2 k~v k2 (1 − (cos ϕ)2 ) | {z } =(sin π)2 gilt k~u × ~v k = k~uk k~v k sin ϕ, wobei ϕ der Winkel zwischen ~u und ~v ist. ~u Flächeninhalt A des Parallelogramms zu ~u, ~v : Wegen h = k~v k sin ϕ folgt ~v h A = h k~uk = k~uk k~v k sin ϕ = k~u × ~v k. ϕ ~v • ~u 25 Kapitel 7 Konvergenz von Folgen Eine Folge (an )n≥1 = (a1 , a2 , . . . ) ordnet jeder natürlichen Zahl n eine reelle Zahl zu. Dabei heißt an das n-te Folgenglied. Konvergenz: (an )n≥1 nähert sich einer Zahl a ∈ R (dem Grenzwert) immer mehr an. 1 2 a1 = 1 4 1 5 1 6 1 7 1 8 a5 = 1 9 a6 = a7 = a8 = • a9 = • a4 = 1 3 a2 = • a3 = an nähert sich dem Grenzwert 0 an. 1 n 1 1 Beispiel: Die Folge (an )n≥1 mit an = • • • 1 2 • 3 Beispiel: Die Folge (an )n≥1 mit an = • • 6 7 8 9 n 4 5 (−1)n n nähert sich dem Grenzwert 0 an. an a2 = • 1 1 2 a4 = 3 2 • a3 = − 31 • 4 1 4 5 a6 = • a5 = − 15 • 6 1 6 7 • a8 = • 1 8 9 • n 8 1 a7 = − 17 a9 = − 9 • a1 = − 11 Beispiel: Die Folge (an )n≥1 mit an = 10−n nähert sich dem Grenzwert 0 an. 26 § Formale Definition der Konvergenz: Eine Folge (an )n≥1 heißt konvergent gegen den Grenzwert a ∈ R (oder konvergiert gegen a), wenn folgendes gilt: Für jedes ε > 0 gibt es ein N ∈ N, so dass an ∈ (a − ε, a + ε) für alle n ≥ N gilt. an • • a+ε a a−ε • • • • • n N +3 N +2 3 N +1 2 N 1 Alternative Formulierung für an ∈ (a − ε, a + ε): Für jedes ε > 0 gibt es ein N ∈ N, so dass |an − a| < ε für alle n ≥ N gilt. Schreibweise: an → a für n → ∞ oder limn→∞ an = a. Unendliche Summen und unendliche Produkte: Es sei (an )n≥1 eine Folge. Die n-te Partialsumme von (an )n≥1 ist sn = n X ak = a1 + · · · + an . k=1 Das n-te Partialprodukt von (an )n≥1 ist pn = n Y ak = a1 · · · an . k=1 Wir schreiben ∞ X ak = s, k=1 falls die Folge (sn )n≥1 der Partialsummen gegen s konvergiert, und wir schreiben ∞ Y ak = p, k=1 falls die Folge (pn )n≥1 der Partialprodukte gegen p konvergiert. Beispiel: Es sei an = 10−n , dann ist die n-te Partialsumme gleich sn = 1 1 1 + + · · · + n = 0.1 + 0.01 + · · · + 0.0 . . . 01 = 0. 1| .{z . . 1} . 10 100 10 n mal Damit: ∞ X 1 1 = 0.1 = . n 10 9 k=1 27 § Kapitel 7. Konvergenz von Folgen Basler Problem: (Euler) ∞ X 1 π2 . = 2 k 6 k=1 Vieta-Produkt: √ p √ 2 2 2+ 2 = · · π 2 2 q 2+ p 2 √ 2+ 2 r q p √ 2+ 2+ 2+ 2 · 2 ··· Zu Erinnerung: √ 2 , 2 p √ 2 + 2 cos( π8 ) = , q 2 p √ 2+ 2+ 2 π cos( 16 ) = , 2 r q p √ 2+ 2+ 2+ 2 π cos( 32 , )= 2 ... cos( π4 ) Also = ∞ π 2 Y cos k+1 . = π k=1 2 Verträglichkeit von Grenzwertbildung und Funktionsanwendung: Es sei f : R → R eine Funktion. Eine wünschenswerte Eigenschaft von f ist die Verträglichkeit mit der Grenzwertbildung: f lim an = lim f (an ) n→∞ n→∞ für alle konvergenten Folgen (an )n≥1 . In diesem Fall heißt f stetig. 28 Kapitel 8 Ableitungen Die Aufgabe der Differenzialrechnung ist die Bestimmung der Tangente in einem Punkt des Funktionsgraphen einer Funktion f : R → R. Dazu genügt es die Steigung der Tangente zu bestimmen. Beispiel: Es sei f : R → R mit f (x) = x2 und es sei x0 ∈ R. Die Sekante Steigung der Sekante = x2 − x20 f (x) − f (x0 ) = = x + x0 . x − x0 x − x0 Die Steigung der Tangente sollte sich durch das Einsetzen von x = x0 ergeben: Steigung der Tangente = x0 + x0 = 2x0 . f (x) Tangente zu x0 Sekante zu x0 und x x x0 x Definition der Ableitung: Die Ableitung f 0 (x0 ) oder df (x0 ) dx an der Stelle x0 ∈ R ist f (xn ) − f (x0 ) , n→∞ xn − x0 f 0 (x0 ) = lim sofern der Grenzwert für beliebige Folgen (xn )n≥1 mit xn → x0 und xn 6= x0 existiert und immer dasselbe Ergebnis liefert. In diesem Fall heißt f in x0 differenzierbar. 29 § Kapitel 8. Ableitungen Höhere Ableitungen: f 00 (x0 ), f 000 (x0 ), . . . , f (n) (x0 ) d2 f d3 f dn f (x ), (x ), . . . , (x0 ). 0 0 dx2 dx3 dxn und f (0) (x0 ) = d0 f (x0 ) dx0 beziehungsweise = f (x0 ). Rechenregeln: Es seien f und g differenzierbare Funktionen und es seien a, b ∈ R, dann gilt: • Linearität: (af + bg)0 = af 0 + bg 0 . • Produktregel: (f g)0 = f 0 g + f g 0 . • Quotientenregel: ( fg )0 = • Kettenregel: (f (g(x)))0 = f 0 (g(x))g 0 (x). Dabei heißt f 0 (g(x)) die äußere Ableitung und g 0 (x) die innere Ableitung. f 0 g−f g 0 . g2 Ableitungen von speziellen Funktionen: • • • (xr )0 = rxr−1 für r 6= 0. (ex )0 = ex und (ln x)0 = x1 . (sin x)0 = cos x und (cos x)0 = − sin x. Beispiele: • • • • • (3x3 + 4x4 )0 = 3(x3 )0 + 4(x4 )0 = 3 · 3x2 + 4 · 4x3 = 9x2 + 16x3 . √ ( x2 + 1)0 = 2√x12 +1 · 2x = √xx2 +1 . sin x 0 (tan x)0 = ( cos ) = x (sin x)0 cos x−sin x(cos x)0 (cos x)2 cos x (ecos x )0 = ecos x · (− sin x) = −e x 0 (x ) = (e x ln x 0 ) =e x ln x (ln x + x ) x = (cos x)2 +(sin x)2 (cos x)2 = 1 . (cos x)2 sin x. = xx + xx ln x. Berechnung von Extremwerten: Ist f differenzierbar und ist x0 ein lokales Extremum, dann gilt f 0 (x0 ) = 0. Die Umkehrung ist im Allgemeinen falsch! Beispiel: Für die Funktion f : R → R mit f (x) = x3 gilt f 0 (0) = 0, aber x0 = 0 ist kein lokales Extremum. Monotonie und Konvexität: Es sei f : R → R eine Funktion. • • 30 Gilt f 0 (x) ≥ 0 (beziehungsweise f 0 (x) ≤ 0) für alle x ∈ (a, b), dann ist f auf dem Intervall (a, b) monoton wachsend (beziehungsweise monoton fallend). Gilt f 00 (x) ≥ 0 (beziehungsweise f 0 (x) ≤ 0) für alle x ∈ (a, b), dann ist f auf dem Intervall (a, b) konvex (beziehungsweise konkav). Kapitel 9 Integration Die Aufgabe der Integralrechnung ist die Bestimmung der Fläche zwischen einer Funktion und der x-Achse. Dazu sei f : R → R eine Funktion und es sei [a, b] ⊆ R ein Intervall. f (x) Z b f (x) dx a x a b Definition mithilfe von Riemann-Summen: Der Flächeninhalt zwischen Funktion und x-Achse wird mithilfe von schmalen Rechtecken approximiert. Dazu sei a = x0 < x1 < · · · < xn = b eine Zerlegung von [a, b] in n Teilintervalle. Außerdem sei t1 ∈ [x0 , x1 ], t2 ∈ [x1 , x2 ], . . . , tn ∈ [xn−1 , xn ]. f (x) • • • • • x0 t 1 x1 • t2 x2 t3 x3 t4 x4 t5 x5 t6 x6 x Die Summe der Rechtecksflächeninhalte ist die Riemann-Summe n X f (tk )(xk − xk−1 ). k=1 Ist der Grenzübergang, bei dem die Zerlegung immer feiner wird, erlaubt, dann heißt der Rb Grenzwert der Riemann-Summen das Integral a f (x) dx von f auf dem Intervall [a, b]. 31 § Kapitel 9. Integration Stammfunktion: Eine Funktion F : R → R heißt Stammfunktion von f : R → R, wenn F 0 (x) = f (x) für alle x ∈ R gilt. Sind F1 und F2 zwei Stammfunktionen von f , dann gibt es eine Konstante c ∈ R so, dass F2 (x) = F1 (x) + c für alle x ∈ R gilt. Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung: • Ist f : R → R stetig und ist F : R → R durch Z t F (t) = f (x) dx a • gegeben, wobei a ∈ R beliebig ist, dann ist F eine Stammfunktion von f . Ist F eine Stammfunktion der stetigen Funktion f , dann gilt Z b f (x) dx = F (b) − F (a) a für alle a, b ∈ R mit a < b. Rechenregeln: Es seien f, g stetige Funktionen und α, β, a, b ∈ R. • Linearität: Z Z Z αf (x) + βg(x) dx = α b Z f (x) dx + β b Z αf (x) + βg(x) dx = α a • g(x) dx, Z b f (x) dx + β a g(x) dx. a Partielle Integration: Z Z 0 f (x)g (x) dx = f (x)g(x) − f 0 (x)g(x) dx, Z b Z b h ib 0 f (x)g (x) dx = f (x)g(x) − f 0 (x)g(x) dx. x=a a a Denn aufgrund der Produktregel gilt Z Z 0 f (x)g(x) + C = (f (x)g(x)) dx = f 0 (x)g(x) + f (x)g 0 (x) dx. • Substitution: Es sei u : R → R “schön”. Z Z 0 f (x) dx f (u(t))u (t)dt = , x=u(t) Z b 0 Z u(b) f (u(t))u (t)dt = a f (x) dx. u(a) Denn aufgrund der Kettenregel gilt Z Z Z 0 f (x) dx = F (u(t)) + C = F (u(t)) dt = F 0 (u(t))u0 (t) dt, x=u(t) wobei F eine Stammfunktion von f sei. 32 § Integrale spezieller Funktionen: Unter Verwendung des Hauptsatzes gilt folgendes: R r 1 • x dx = r+1 xr+1 + C für r 6= −1. R 1 • R x dx = ln|x| + C. • R ex dx = ex + C. • R sin x dx = − cos x + C. • cos x dx = sin x + C. Beispiele: R 1 √ + x dx: • x2 Z • R R + Z x dx = 1 −1 · x−1 + 1 3/2 · x3/2 + C = − x1 + 2 3 √ x3 + C. Z f 0 (x) = 1 f (x) = x 1 · ln x dx = = x ln x − x · x1 dx = x ln x − x + C. g(x) = ln x g 0 (x) = x1 xex dx: Mithilfe von partieller Integration gilt Z f (x) = x f 0 (x) = 1 x x · e dx = 0 = xe − ex dx = xex − ex + C. g (x) = ex g(x) = ex x R√ 2x + 1 dx: Mithilfe von Substitution gilt Z • x−2 + x1/2 dx = Z • √ ln x dx: Mithilfe von partieller Integration gilt Z • 1 x2 R Z u(x) = 2x + 1 √ √ 1 du =2 2x + 1 dx = u · 2 du = dx 1 dx = 2 du p Rücksubst. = 12 · 32 u3/2 + C = 13 (2x + 1)3 + C. xex dx: Mithilfe von Substitution gilt 2 Z u(x) = x2 x2 du = 2x xe dx = = eu · 12 du = 12 eu + C dx 1 xdx = 2 du Z • Rücksubst. = 1 x2 e 2 + C. R√ 1 − x2 dx: Wir suchen nach einer Substitution, so dass aus 1 − x2 ein Ausdruck der Form y 2 entsteht. Also y 2 = 1 − x2 und x2 + y 2 = 1. Letzteres ist die Kreisgleichung für den Kreis um den Ursprung mit Radius 1. Diesen Kreis können wir mithilfe von Kosinus und Sinus parametrisieren: {(x, y) : x2 + y 2 = 1} = {(cos α, sin α) : α ∈ [0, 2π)}. Daher verwenden wir die Substitution x(α) = cos α: Z √ Z p Z x(α) = cos α 2 dx 2 = − sin α 1 − x dx = 1 − (cos α) (− sin α) dα = − (sin α)2 dα. = dα | {z } dx = − sin αdα =(sin α)2 33 § Kapitel 9. Integration Dieses unbestimmte Integral berechnen wir mithilfe von partieller Integration: Z Z f (α) = sin α f 0 (α) = cos α 2 (sin α) dα = 0 = − sin α cos α + (cos α)2 dα g (α) = sin α g(x) = − cos α Z Z 2 = − sin α cos α + 1 − (sin α) dα = − sin α cos α + α − (sin α)2 dα. Daraus folgt Z (sin α)2 dα = 21 (α − sin α cos α). Durch Rücksubstitution erhalten wir schließlich Z √ √ 1 − x2 dx = − 21 arccos x + 12 x 1 − x2 . 34