Vorlesung Mathematik 2 1 B.Grabowski 3. April 2012 1 (C) Prof.Dr.B.Grabowski, HTW des Saarlandes, 3/2012, Skript zur Vorlesung Mathematik 2 Zusammenfassung Das vorliegende Papier umfasst den Inhalt der Vorlesung Mathematik 2 MST und MB und gibt Hinweise zu weiterführender Literatur. Wir verweisen auch auf die übliche Mathematik-StandardLiteratur, z.B. [Pap01]. Zur Ergänzung der im Skript enthaltenen Übungsaufgaben, d.h. zum weiteren Üben und zum Durchführen von Selbst-Kontrollen (Klausuren) verweisen wir auf unseren E-Learning-Tutor MathCoach. Inhaltsverzeichnis 1 Komplexe Zahlen 1.1 Definition der komplexen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Darstellungsformen komplexer Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Die Normalform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Die trigonometrische Form einer komplexen Zahl . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.3 Umrechnungen zwischen Normalform und trigonometrischer Form . . . . . 1.2.3.1 Umrechung von TF in NF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.3.2 Umrechnung von NF in TF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.4 Die Eulerform einer komplexen Zahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Rechenoperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Ordnungsrelationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Addition und Subtraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3 Multiplikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3.1 Multiplikation in NF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3.2 Multiplikation in EF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.4 Division . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.4.1 Division in NF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.4.2 Division in EF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Erweiterte arithmetische Operationen: Potenzieren, Wurzelziehen, Logarithmieren 1.4.1 Das Potenzieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.2 Der natürliche Logarithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.3 Wurzel-Ziehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Anwendung komplexer Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.1 Linearfaktorzerlegung (LFZ) von Polynomen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.2 Schwingungen als komplexe Zeiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.2.1 Darstellung von Schwingungen durch sin- und cos-Funktionen . . 1.5.2.2 Darstellung von harmonischen Schwingungen als komplexe Zeiger 1.5.2.3 Überlagerung (Addition, Superposition) gleichfrequenter Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 4 4 5 8 8 9 11 13 13 13 14 15 15 15 15 16 17 17 17 18 20 20 23 23 27 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 2.1 Abbildungen und Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Darstellungsformen von Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Eindeutigkeits-Eigenschaften von Funktionen und Umkehrfunktionen 2.3.1 Injektiv, Surjektiv und Bijektiv . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Umkehrfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Allgemeine Eigenschaften von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Symmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Monotonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3 Periodizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.4 Beschränkheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.5 Nullstelle einer Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Koordinatentransformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 31 33 38 38 39 40 40 41 42 42 43 43 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2 2.6 2.7 2.5.1 Parallelverschiebung . . . . . . . . . 2.5.2 Drehung . . . . . . . . . . . . . . . . Elementare Funktionen . . . . . . . . . . . . 2.6.1 Ganzrationale Polynome . . . . . . . 2.6.2 Gebrochen rationale Polynome . . . 2.6.3 Algebraische Funktionen . . . . . . . 2.6.4 Exponentialfunktionen . . . . . . . . 2.6.5 Logarithmus-Funktionen . . . . . . . 2.6.6 Trigonometrische Funktionen . . . . 2.6.7 Arcus-Funktionen . . . . . . . . . . 2.6.8 Hyperbel-Funktionen . . . . . . . . . 2.6.9 Area-Funktionen . . . . . . . . . . . Lösungen der Übungsaufgaben in Kapitel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 44 46 46 47 47 49 49 50 51 53 55 56 Kapitel 1 Komplexe Zahlen Bei der Übertragung von Signalen haben wir es mathematisch häufig mit der Lösung quadratischer Gleichungen zu tun. Wollen wir die Gleichung x2 + 4 = 0 lösen, so stellen wir fest, dass es keine reelle Zahl x gibt, die diese Gleichung löst. Es ist x2 + 4 = 0 ⇔ x2 = −4√ ⇔ x1/2 = −4 √ √ ⇔ x1/2 = −1 · 4 √ ⇔ x1/2 = −1 · 2. Die beiden Lösungen x1/2 sind in R nicht definiert, weil dort Wurzeln aus negativen Zahlen nicht √ definiert sind. Wenn wir aber zu den reellen Zahlen R die Zahl −1 einfach hinzunehmen und alle in R erlaubten √ Rechenoperationen (wie +, -, *, /, Potenzieren, Wurzelziehen usw.) auch für die neue Zahl −1 zulassen, so entsteht eine neue größere Zahlenmenge, die dann auch die Lösungen x1/2 der obigen Gleichung enthält. Die Zahlen in dieser Menge haben dann folgende Gestalt: √ z = a + −1 · b, a ∈ R, b ∈ R, und werden als komplexe Zahlen bezeichnet. Wir werden uns deshalb zunächst mit der Menge der komplexen Zahlen und dem Rechnen mit diesen Zahlen beschäftigen. 1.1 Definition der komplexen Zahlen Definition 1.1 Zahlen der Gestalt z = a + j · b, wobei a, b ∈ R und j = √ −1 sind heißen komplexe Zahlen. a = Re(z) heißt Realteil von z, b = Im(z) heißt Imaginärteil von z, j = Einheit (Schreibweisen: j, i). √ −1 heißt Imaginäre Die Menge C = {a + j · b| a ∈ R, b ∈ R} heißt Menge der komplexen Zahlen. Beispiele für komplexe Zahlen: 2j, √ −j 17, 3 + π · j, 4, −4. Wir bemerken, dass reelle Zahlen spezielle komplexe Zahlen sind, und zwar für b = 0. 3 Kapitel 1 Komplexe Zahlen 4 In der Menge C der komplexen Zahlen sind alle quadratischen Gleichungen lösbar! Beispiel: x2 − 2x + 10 =√0 √ ⇔ x1/2 = 1 ± 1 − 10 = 1 ± −9 ⇔ x1/2 = 1 ± j · 3. Bemerkung: Wie wir im Beispiel gesehen haben, erhalten wir zwei Lösungen der quadratischen Gleichung x2 − 2x + 10 = 0: x1 = 1 + 3j und x2 = 1 − 3j. Die beiden Lösungen unterscheiden sich dadaurch, dass ihre Imaginärteile entgegengesetzte Vorzeichen haben. Man kann zeigen, dass quadratische Gleichungen immer genau zwei Lösungen in C der Gestalt z1 = a + jb und z2 = a − jb haben. Man nennt ein solches Lösungspaar Paar konjugiert komplexer Zahlen. Definition 1.2 Sei z = a + jb. Dann heißt z ∗ = a − jb konjugiert komplexe Zahl (bzw. konjugiert Komplexe) zu z. Beispiele: z1 = 2 + j · 3 ⇒ z1∗ = 2 − j · 3, z2 = 1 − j ⇒ z2∗ = 1 + j. Bemerkung: Es gilt: Re(z) = Re(z ∗ ) und Im(z) = −Im(z ∗ ). Aufgabe 1.1 Geben Sie Realteil, Imaginärteil und die konjugiert Komplexe zu z an! a) z = −1 + 3j b) z = 4 − j Aufgabe 1.2 Lösen Sie folgende quadratische Gleichungen! a) z 2 + 3 · z + 6, 25 = 0 b) 3z 2 + 12z + 39 = 0 c) z 2 + 9 = 0 1.2 1.2.1 Darstellungsformen komplexer Zahlen Die Normalform Definition 1.3 Die Darstellung z =a+j·b der komplexen Zahl heißt Normalform (NF). Kapitel 1 Komplexe Zahlen 5 Eine komplexe Zahl z = a + jb ist eindeutig durch ihren Realteil a und ihren Imaginärteil b bestimmt. Das Paar (a, b) kann man sich grafisch als Punkt oder als Vektor veranschaulichen. a Und tatsächlich wird eine komplexe Zahl z = a + jb grafisch als Ortsvektor dargestellt, wir b bezeichen ihn als komplexen Zeiger z. Im(z) z = a + jb b Re(z) a Die Koordinatenachsen werden als Realteil-Achse (x-Achse) und Imaginärteil-Achse (y-Achse) bezeichnet. Bemerkung: Offensichtlich sind zwei komplexe Zahlen z1 = a1 + j · b1 und z2 = a2 + j · b2 gleich, wenn a1 = a2 und b1 = b2 ist. Beispiele: Im(z) z2 = −1 + 2j 2 z1 = 2 + j 1 Re(z) −1 2 z1∗ = 2 − j −1 Wir sehen, dass die konjugiert komplexe Zahl z ∗ zu einer komplexen Zahl z durch Spiegelung an der Realteil-Achse entsteht. 1.2.2 Die trigonometrische Form einer komplexen Zahl Wie wir an der grafischen Darstellung der komplexen Zahl als Vektor sehen, kann man sie auch eindeutig durch die Länge |z| ihres Zeigers und ihren Winkel ϕ zur x-Achse beschreiben. Im(z) z = a + jb b |z| Re(z) ϕ a Wir können folgende Zusammenhänge zwischen a, b, |z| und ϕ herstellen: Kapitel 1 Komplexe Zahlen 6 Nach Pythagoras erhalten wir die Länge des Zeigers gemäß |z| = Definition 1.4 |z| = √ √ a2 + b2 . a2 + b2 heißt Betrag der komplexen Zahl z = a + j · b. Gemäß den Gesetzen in rechtwinkligen Dreiecken gilt weiterhin a = |z| · cos(ϕ) und b = |z| · sin(ϕ). Daraus z = = = ergibt sich ausgehend von der NF a + jb |z| · cos(ϕ) + j · |z| · sin(ϕ) |z|(cos(ϕ) + j · sin(ϕ)) Definition 1.5 Die Darstellung z = |z| (cos (ϕ) + j · in (ϕ)) heißt trigonometrische Form (TF) von z. Dabei sind |z| die Länge des Zeigers von z und ϕ der Winkel von der positiven Realteil-Achse zu z in mathematisch positiver Drehrichtung (d.h. von Re(z)-Achse zu z gehen wir entgegengesetzt zum Uhrzeigersinn). Beispiele: Abbildung 1.1: Beispiele für komplexe Zahlen in trigonometrischer Form Bemerkung: In der TF einer komplexen Zahl ist der Winkel ϕ nicht eindeutig bestimmt. 1. Verwendung von Perioden Kapitel 1 Komplexe Zahlen 7 Im(z) z = |z| · (cos(ϕ) + j · sin(ϕ)) = |z| · (cos(ϕ + 2π) + j · sin(ϕ + 2π)) ϕ Re(z) Addieren wir 2 · π oder ein ganzzahliges Vielfaches k · 2 · π dieser Zahl zu ϕ, so entspricht das einer vollständigen Drehung bzw. k Drehungen des komplexen Zeigers im Zeigerdiagramm und wir erhalten im Ergebnis die gleiche komplexe Zahl. Dasgleiche trifft für die Subtraktion von k · 2π von ϕ zu. Das heißt, es gilt: z = |z| (cos (ϕ) + j · sin (ϕ)) = |z| (cos (ϕ + k · 2π) + j · sin (ϕ + k · 2π)) , k ∈ Z. Beispiel: Es ist z = 2(cos(90◦ ) + jsin(90◦ )) = 2(cos(450◦ ) + jsin(450◦ )). 2. Verwendung der negativen Winkeldrehrichtung Im(z) z = |z| · (cos(ϕ) + j · sin(ϕ)) = |z| · (cos(α) − j · sin(α)) α + ϕ = 2π ϕ Re(z) α In der TF von z haben wir den Winkel ϕ in mathematisch positiver Drehrichtung (d.h. entgegengesetzt zur Uhrzeigerrichtung) bestimmt. Wir können z aber auch durch den Winkel α = 2π − ϕ beschreiben, den wir in mathematisch negativer Drehrichtung (in Uhrzeigerrichtung) erhalten. Es gilt ϕ = 2π − α. Setzen wir das in die TF von z ein und berücksichtigen die Eigenschaften der Periodizität von sinus und cosinus, so ergibt sich Kapitel 1 Komplexe Zahlen z 8 = |z| (cos (ϕ) + j · sin (ϕ)) = |z| (cos (2π − α) + j · sin (2π − α)) = |z| (cos (−α) + j · sin (−α)) (Periodizität von sin und cos) = |z| (cos (α) − j · sin (α)) (Symmetrie von sin und cos) Satz 1.1 Sei ϕ = 2π − α. Dann gilt: z=|z| (cos (ϕ) + j · sin (ϕ))=|z| (cos (α) − j · sin (α)) Beispiel: Es ist z = 2(cos(270◦ ) + jsin(270◦ )) = 2(cos(90◦ ) − jsin(90◦ )). Aufgabe 1.3 Skizzieren Sie folgende komplexe Zahlen im Zeigerdiagramm! a) z1 = 2 (cos(30◦ ) − j · sin(30◦ )) b) z2 = 4 (cos(390◦ ) + j · sin(390◦ )) c) z3 = −3 + 2j d) z4 = z2∗ 1.2.3 Umrechnungen zwischen Normalform und trigonometrischer Form 1.2.3.1 Umrechung von TF in NF Ist die komplexe Zahl in TF gegeben: z = |z|(cos(ϕ) + j · sin(ϕ)) = |z| · cos(ϕ) + j · |z| · sin(ϕ), so können wir sie leicht in die NF umwandeln. Denn in rechtwinkligen Dreiecken gilt: Im(z) z |z| Gegenkathete Hypothenuse = sin(ϕ) ⇒ b |z| = sin(ϕ) Ankathete Hypothenuse = cos(ϕ) ⇒ a |z| = cos(ϕ) b Re(z) ϕ a Daraus folgt a = |z|cos(ϕ) und b = |z|sin(ϕ) und wir erhalten z = = |z|cos(ϕ) + j a + j |z|sin(ϕ) b z = = |z|cos(ϕ) − j a − j |z|sin(ϕ) b Analog gilt: Beispiel: Wie lautet die komplexe Zahl z = 2(cos(90◦ ) − j · sin(90◦ )) in Normalform? Lösung: Es ist cos(90◦ ) = 0 und sin(90◦ ) = 1 und folglich erhalten wir: Kapitel 1 Komplexe Zahlen 9 z = 2(cos(90◦ ) − j = 2 · cos(90◦ ) − j = 2·0 − j = −j sin(90◦ )) 2 · sin(90◦ ) 2·1 2 Aufgabe 1.4 Rechnen Sie folgende komplexe Zahlen in NF um! Prüfen Sie Ihr Ergebnis, indem Sie die komplexe Zahl im Zeigerdiagramm darstellen! a) z1 = 2(cos(π) + j · sin(π)) b) z2 = −j · sin(135◦ ) c) z3 = 3 · cos( π4 ) − j · 3 · sin( π4 ) 1.2.3.2 Umrechnung von NF in TF Sei z = a + jb eine komplexe Zahl in NF. Wollen wir ihre TF bestimmen, müssen wir den Betrag |z| und den Winkel ϕ von z bestimmen. Der Betrag ergibt sich gemäß |z| = √ a2 + b2 Zur Berechnung des Winkels nutzen wir wieder Gesetzmäßigkeiten in rechtwinkligen Dreiecken aus. Es gilt: Im(z) z Gegenkathete Ankathete |z| b = tan(ϕ) ⇒ ab = tan(ϕ) ⇒ ϕ = tan−1 ( ab ) = arctan( ab ) Re(z) ϕ a Bei der Berechnung des Winkels ϕ müssen wir allerdings noch den Quadranten berücksichtigen, indem dem komplexe Zeiger liegt. Wir unterscheiden dabei 2 Fälle. 1. Fall: Der komplexe Zeiger liegt direkt auf einer Achse des Koordinatensystems. Im(z) z2 Re(z) z3 z1 z4 Kapitel 1 Komplexe Zahlen z1 z2 z3 z4 Fall : a > 0, b = 0 : a = 0, b > 0 : a < 0, b = 0 : a = 0, b < 0 10 Winkel ϕ=0 ϕ = 90◦ = π2 ϕ = 180◦ = π ϕ = 270◦ = 23 π 2. Fall: Der komplexe Zeiger liegt nicht direkt auf einer Koordinatenachse. Fall Skizze Im(z) Winkel z 1.Quadrant : a > 0, b > 0 |z| tan(ϕ) = b ϕ = arctan( ab ) Re(z) ϕ b a a Im(z) z 2.Quadrant : a < 0, b > 0 tan(α) = |z| b b |a| ϕ=π−α ϕ α Re(z) b ϕ = π − arctan( |a| ) a Im(z) Re(z) a α tan(α) = 3.Quadrant : a < 0, b < 0 ϕ=π+α |z| b |b| |a| |b| ϕ = π + arctan( |a| ) z Im(z) Re(z) a α tan(α) = 4.Quadrant : a > 0, b < 0 ϕ= |z| b ϕ= z Aufgabe 1.5 Füllen Sie in der 4.Zeile der Tabelle die 3. Spalte aus! Beispiel: Stellen Sie z = −2 + 2j in TF dar! Kapitel 1 Komplexe Zahlen 11 Lösung: Betrag: |z| = √ √ 4 + 4 = 2 2. Winkel: Die komplexe Zahl liegt (weil a < 0 und b > 0 ist) im 2. Quadranten. Demzufolge ist b ) = π − arctan(1) = π − ϕ = π − arctan( |a| π 4 = 34 π. Wir erhalten als Ergebnis: √ z = −2 + 2j = 2 2 cos 3 4π + j · sin 3 4π Im(z) z 2 √ 2 2 ϕ = 34 π Re(z) −2 Aufgabe 1.6 Rechnen Sie folgende komplexe Zahlen in TF um! Prüfen Sie Ihr Ergebnis, indem Sie die komplexe Zahl im Zeigerdiagramm darstellen! a) z1 = 2 + 3j b) z2 = −4j c) z3 = −3 − 2j d) z4 = z2∗ 1.2.4 Die Eulerform einer komplexen Zahl Die Eulerform einer komplexen Zahl basiert auf ihrer trigonometrischen Form, d.h. auf der Angabe von Betrag und Winkel. Diese Form erhalten wir unter Verwendung des folgenden Satzes, der besagt, dass man die Funktionen cos(x), sin(x) und ex als Polynome unendlicher Ordnung (sogenannte Potenz- oder TaylorReihen) darstellen kann. Satz 1.2 Es gilt 1. cos(x) = 1 − x2 2! + x4 4! + 2. sin(x) = x − x3 3! + x5 5! − .... 3. ex = 1 + x 1! + x2 2! .... x6 6! .... Kapitel 1 Komplexe Zahlen 12 Auf der Basis dieses Satzes kann man nun für x = jϕ einen Zusammenhang zwischen cos(x), sin(x) und ex herstellen. Zunächst sei bemerkt, dass gilt: j 2 = −1, j 3 = −j, j 4 = 1, j 5 = j usw. usf. Setzen wir nun x = jϕ in die Gleichung für ex ein, so erhalten wir ejϕ = 1 = 1 = (1 = + (jϕ) 1! + jϕ 2 − ϕ2! + − + cos(ϕ) (jϕ)2 2! ϕ2 2!4 ϕ 4! + − ∓ (jϕ)3 3! jϕ3 3! ···) 4 + (jϕ) 4! 4 + ϕ4! + j(ϕ + + + − (jϕ)5 5! jϕ5 5! ϕ3 3! + − + j · sin(ϕ) (jϕ)6 6! ϕ6 6!5 ϕ 5! + − ∓ Satz 1.3 Es gilt: 1. ejϕ = cos(ϕ) + j · sin(ϕ) 2. e−jϕ = cos(ϕ) − j · sin(ϕ) Definition 1.6 Sei z = |z|(cos(ϕ) + jsin(ϕ)) eine komplexe Zahl. Die Darstellung z = |z| ejϕ = |z| ej(ϕ+k·2π) , k∈Z heißt Eulerform (EF) der komplexen Zahl z. Bemerkungen: 1. Hat man die TF der komplexen Zahl, also ϕ und |z|, so hat man auch die EF von z. D.h., die Umrechnung einer komplexen Zahl von NF in EF bzw. EF in NF erfolgt analog zur Umrechnung von NF in TF bzw. TF in NF. 2. Die EF einer komplexen Zahl ist genauso wie die TF nicht eindeutig im Winkel. 3. Ist z = |z|ejϕ , so ist die konjugiert Komplexe gleich z ∗ = |z|e−jϕ . Beispiele 1. Wie lautet die EF von z = −2 + 2j? Lösung: √ Wir rechnen die NF zuerst in TF um: wie wir oben gesehen haben ist |z| = 2 2 und ϕ = 34 π. Daraus ergibt sich √ die 3EF, es ist: z = −2 + 2j = 2 2(ej 4 π) . π 2. Wie lautet die NF von z = 3e− 4 ? Lösung: π z = 3e− 4 = 3(cos( π4 ) − jsin( π4 )) = √3 2 − j √32 . Aufgabe 1.7 Rechnen Sie folgende komplexe Zahlen in EF um! Prüfen Sie Ihr Ergebnis, indem Sie die komplexe Zahl im Zeigerdiagramm darstellen! ... ... ···) Kapitel 1 Komplexe Zahlen 13 a) z1 = 2 + 3j b) z2 = −4j c) z3 = −3 − 2j d) z4 = z2∗ Aufgabe 1.8 Rechnen Sie folgende komplexe Zahlen in NF um! Prüfen Sie Ihr Ergebnis, indem Sie die komplexe Zahl im Zeigerdiagramm darstellen! a) z1 = 2e−jπ π b) z2 = 4ej 2 2 c) z3 = 3e−j 3 π d) z4 = ej 1.3 11 3 π Rechenoperationen 1.3.1 Ordnungsrelationen 1. Gleichheit Definition 1.7 2 komplexe Zahlen z1 = a1 + jb1 = |z1 | ejϕ1 und z2 = a2 + jb2 = |z2 | ejϕ2 sind gleich,wenn sie in ihrem Real- und ihrem Imaginärteil übereinstimmen, bzw. wenn die Beträge gleich sind und die Winkel bis auf ein Vielfaches von k·2π gleich sind. D.h., es gilt: z1 = z2 ⇔ a1 = a2 ∧ b1 = b2 ⇔ |z1 | = |z2 | ∧ ϕ1 = ϕ2 ± k · 2π, k ∈ Z. 2. Anordnungen Komplexe Zahlen werden durch 2 Parameter a und b bestimmt. Deshalb kann man sie nicht ordnen. Beispielsweise kann man nicht sagen, welche der beiden komplexen Zahlen z1 = 1 + 2j, z2 = 2 + 1j kleiner ist. D.h. in C gibt es keine Ordnungsrelation < (bzw >). Es gibt in C nur = und 6=. 1.3.2 Addition und Subtraktion Die Addition und Subtraktion zweier komplexer Zahlen erfolgt nur in NF. Das Ergebnis liegt dann wieder in NF vor. Definition 1.8 Seien z1 = a1 + j · b1 , z2 = a2 + j · b2 . Dann ist z1 ± z2 = (a1 + jb1 ) ± (a2 + jb2 ) = (a1 ± a2 ) + j · (b1 ± b2 ) Kapitel 1 Komplexe Zahlen 14 D.h., 2 komplexe Zahlen werden addiert bz. subtrahiert, indem man ihre Real- und Imaginärteile addiert bzw. subtrahiert. Geometrisch entspricht das der Vektoraddition bzw. -subtraktion. Beispiel. Seien z1 = 1 − 2j und z2 = 2 + j. Ermitteln Sie u = z1 + z2 und w = z1 − z2 geometrisch und rechnerisch! Lösung: Rechnerisch: u = z1 + z2 = 1 − 2j + (2 + j) = 3 − j w = z1 − z2 = 1 − 2j − (2 + j) = 1 − 2j − 2 − j = −1 − 3j Geometrisch: Vektoraddition und -subtraktion. 1 3 1 u , −2 + 21 = −1 und w , −2 − 21 = −1 −3 Im(z) z2 Re(z) u z1 z2 Aufgabe 1.9 Ermitteln Sie in obiger Grafik die komplexe Zahl w = z1 − z2 durch Vektorsubtraktion! Aufgabe 1.10 π Seien z1 = 2 + 3j, z2 = 2 − 4j, z3 = 2ej·π , z4 = 2e−j 4 . Berechnen Sie folgende komplexe Zahlen! Prüfen Sie Ihr Ergebnis, indem Sie die Ergebnisse grafisch im Zeigerdiagramm ermitteln! a) u1 = z1 + z2 b) u2 = z1 − z3 c) u3 = z1∗ + z4∗ 1.3.3 Multiplikation Man kann 2 komplexe Zahlen die beide in NF vorliegen, miteinander multiplizieren. Das Ergebnis liegt wieder in NF vor. Man kann aber auch 2 komplexe Zahlen die beide in EF vorliegen, miteinander multiplizieren. Kapitel 1 Komplexe Zahlen 15 Das Ergebnis liegt dann in EF vor. D.h., die zu multiplizierenden komplexen Zahlen müssen die gleiche Darstellungsform besitzen. 1.3.3.1 Multiplikation in NF Definition 1.9 Seien z1 = a1 + j · b1 , z2 = a2 + j · b2 . Dann ist z1 · z2 = (a1 + jb1 ) · (a2 + jb2 ) = (a1 a2 − b1 b2 ) + j(b1 a2 + a1 b2 ) Beispiel. Sei z1 = 3 + 4j und z2 = 2 − 5j. Dann ist z1 · z2 = (3 + 4j) · (2 − 5j) = 6 + 8j − 15j − 20j 2 = (6 + 20) + j(8 − 15) = 26 − 7j 1.3.3.2 Multiplikation in EF Definition 1.10 Seien z1 = |z1 | · ejϕ1 , z2 = |z2 | · ejϕ2 . Dann ist z1 · z2 = |z1 | · ejϕ1 · |z2 | · ejϕ2 = |z1 ||z2 | · ej(ϕ1 +ϕ2 ) . D.h., die Beträge werden multipliziert und die Winkel addiert. Beispiel. π Sei z1 = 3ej 2 und z2 = 2e−jπ . Dann ist π π π jπ z1 · z2 = 3e 2 · 2e−jπ = 3 · 2ej 2 · e−jπ = 6ej( 2 −π) = 6e−j 2 . Aufgabe 1.11 a) Multiplizieren Sie z1 = −2 + 3j und z2 = 1 + j und stellen Sie das Ergebnis in NF und EF dar! π b) Was bedeutet die Mulltiplikation von z mit ej 4 geometrisch? Was passiert mit z im Zeigerdiagramm? π 2 c) Multiplizieren Sie z1 = 4ej 2 und z2 = 3e−j 3 π ! d) Zeigen Sie dass gilt: z · z ∗ = |z|2 ! e) Multiplizieren Sie z1 = 4ej 1.3.4 2π 3 und z2 = 1 − j! Division Analog zur Multiplikation kann man 2 komplexe Zahlen nur dann dividieren, wenn sie entweder beide in NF oder beide in EF vorliegen. Das Ergebnis liegt im ersten Fall wieder in NF und im 2. Fall in EF vor. 1.3.4.1 Division in NF Liegen die zu dividierenden komplexen Zahlen in NF vor, so gehen wir wie folgt vor. Wir erweitern den komplexen Bruch mit der konjugiert komplexen des Nenners und machen dadurch den Nenner reell. Danach multiplizieren wir den Zähler aus und sortieren die komplexe Zahl nach Real- und Imaginärteil. Das Ergebnis liegt dann in NF vor. Kapitel 1 Komplexe Zahlen 16 Betrachten wir dazu ein Beispiel. Beispiel z = 1−2j 3+4j (1−2j)·(3−4j) (3+4j)·(3−4j) =erweitern = (1−2j)·(3−4j) 32 +42 = −5−10j 25 = − 15 − 25 j Aufgabe 1.12 a) Berechnen Sie −2+3j 1+j ! b) Berechnen Sie 1j ! c) Berechnen Sie 1.3.4.2 z z∗ ! Division in EF Definition 1.11 Seien z1 = |z1 | · ejϕ1 , z2 = |z2 | · ejϕ2 . Dann ist z1 z2 = |z1 |·ejϕ1 |z2 |·ejϕ2 = |z1 | |z2 | · ej(ϕ1 −ϕ2 ) . D.h., die Beträge werden dividiert und die Winkel subtrahiert. Beispiel. π Sei z1 = π3ej 2 und zπ2 = 2e−jπ . Dann ist z1 3ej 2 3 ej 2 3 j( π 3 j 3π 2 +π) = 2 . z2 = 2e−jπ = 2 · e−jπ = 2 e 2e Aufgabe 1.13 a) Berechnen Sie z = und EF dar! z1 z2 mit z1 = −2 + 3j und z2 = 1 + j und stellen Sie das Ergebnis z in NF b) Was bedeutet die Division von z durch ej gramm? pi 4 geometrisch? Was passiert mit z im Zeigerdia- π 2 c) Berechnen Sie z = z1 z2 mit z1 = 4ej 2 und z2 = 3e−j 3 π ! d) Berechnen Sie z = z1 z2 mit z1 = 4ej 2π 3 und z2 = 1 − j! Aufgabe 1.14 Weisen Sie folgende Rechengesetze für die Division nach! 1 j = −j ∗ ∗ z b) zz21 = z1∗ 2 1| c) zz12 = |z |z2 | a) Kapitel 1 Komplexe Zahlen 1.4 17 Erweiterte arithmetische Operationen: Wurzelziehen, Logarithmieren Potenzieren, Definition 1.12 Wir betrachten die Gleichung z n = a, z ∈ C, a ∈ C, n ∈ Q Sind 2 der 3 Größen z, n, a gegeben, so können wir aus dieser Gleichung die dritte Größe berechnen. Je nachdem, welche der 3 Größen zu berechen ist, sprechen wir vom Potenzieren, Wurzelziehen oder Logarithmieren. Ges.: a = z n , √ • Wurzelziehen: Geg.: n, a, Ges.: z = n a, • Potenzieren: Geg.: z, n, • Logarithmieren: Geg.: z, a, Ges.: n = logz (a). Alle drei Operationen werden im komplexen nur in EF durchgeführt. 1.4.1 Das Potenzieren Definition 1.13 Sei z = |z| ejϕ . Dann ist z n = |z| ejϕ n n = |z| · ejnϕ Aufgabe 1.15 Berechnen Sie π 4 a) ej 4 und geben Sie das Ergebnis in EF und NF an! π 6 b) 2e−j 2 und geben Sie das Ergebnis in EF und NF an! 1.4.2 Der natürliche Logarithmus Sei z = |z| ejϕ . Wir wollen den natürlichen Logarithmus ln(z) berechnen. Dieser ist für komplexes z nicht eindeutig. Um alle Werte für ln(z) zu finden, stellen wir z in der allgemeinen EF dar: z = |z| ejϕ = |z| ej(ϕ+k·2π) , k ∈ Z Daraus folgt in Anwendung des Logarithmengesetzes ln(a · b) = ln(a) + ln(b): ln(z) = ln |z| ej(ϕ+k·2π) = ln (|z|) + ln ej(ϕ+k·2π) = ln (|z|) + j (ϕ + k · 2π) , k ∈ Z Satz 1.4 Sei z = |z| ejϕ . Dann sind alle Lösungen n der Gleichung en = z, n ∈ C (e = Eulersche Zahl) gegeben durch n = ln(z) = ln(|z|) + j(ϕ + k · 2π), k ∈ Z Für k=0 erhalten wir die sogenannte Hauptlösung: ln(z) = ln(|z|) + jϕ. Kapitel 1 Komplexe Zahlen 18 Abbildung 1.2: Grafische Darstellung aller Lösungen n = ln(z) der Gleichung en = z Aufgabe 1.16 Berechnen Sie ln(z) und stellen Sie die Ergebnisse grafisch dar! π a) z = 2ej 3 b) z = 1 + j 1.4.3 Wurzel-Ziehen Suchen wir für ein gegebenes n ∈ N und eine gegebene komplexe Zahl a ∈ C die Lösung √ z ∈ C der Gleichung z n = a, so sprechen wir vom Wurzelziehen; wir schreiben für die Lösung n a. Die Aufgabenstellung lautet dann: a) Geben Sie alle Lösungen z ∈ C von z n = a an! oder äquivalent dazu: √ b) Berechnen Sie n a! Die Lösung z der Gleichung z n = a ist nicht eindeutig, wir werden sehen, dass es genau n verschiedene Lösungen gibt. Um alle Lösungen zu finden, stellen wir a zunächst wieder in der allgemeinen EF dar: a = |a|ej(ϕa +k·2π) , k ∈ Z. Allgemeines Vorgehen beim Wurzelziehen: Kapitel 1 Komplexe Zahlen ⇔ ⇔ ⇔ ⇔ zn (|z|ej·ϕ )n |z|n · ej·nϕ |z|n =p |a| und |z| = n |a| und 19 = a = |a|ej(ϕa +k·2π) = |a|ej(ϕa +k·2π) nϕ = ϕa + k · 2π ϕ = ϕna + nk · 2π Darstellen von z in EF und a in erw. EF z n in EF darstellen Beträge und Winkel müssen gleich sein |z| und ϕ berechnen Die Lösungen z sind also: zk = |z|ej·ϕk mit |z| = p n |a| und ϕk = ϕa n + k n · 2π, k ∈ Z. Die Lösungen haben also alle die gleiche Länge. Die Winkel zweier benachbarter Lösungen zk und zk+1 unerscheiden sich um 2π n . ϕ0 ϕ1 ϕ2 .. . = = = ϕn−1 ϕn ϕn+1 .. . = = = ϕa n ϕa n ϕa n + + 1 n 2 n ϕa n ϕa n ϕa n + + + n−1 n · 2π n n · 2π , n+1 n · 2π .. . .. . · 2π · 2π ϕ0 , ϕ1 Satz 1.5 Die Gleichung z n = a hat genau n verschiedene komplexe Lösungen: p zk = |z|ej·ϕk mit |z| = n |a| und ϕk = ϕna + nk · 2π, k = 0, · · · n − 1. Die komplexen Lösungszeigerp zk , k = 0, · · · , n − 1 liegen mit der Zeigerspitze auf dem Kreisbogen des Kreises mit dem Radius n |a| und bilden ein regelmäßiges n-Eck. Abbildung 1.3: Grafische Darstellung aller Lösungen z der Gleichung z n = a Beispiel: √ Gesucht sind alle Lösungen von z 3 = 2 − 2j bzw. die Wurzel 3 2 − 2j! Lösung: √ π Wir berechnen die EF von a = 2 − 2j. Es ist 2 − 2j = 8e−j 4 . Kapitel 1 Komplexe Zahlen 20 Damit erhalten wir: ⇔ ⇔ ⇔ ⇔ für k z3 (|z|ej·ϕ )3 |z|3 · ej·3ϕ √ |z|3 =√ 8 und |z| = 6 8 und = 0, 1, 2. = √ 2 − 2j π = √8ej(− 4 +k·2π) π = 8ej(− 4 +k·2π) 3ϕ = − π4 + k · 2π π ϕ = − 12 + k3 · 2π Darstellen von z in EF und a in erw. EF z n in EF darstellen Beträge und Winkel müssen gleich sein |z| und ϕ berechnen Wir erhalten die 3 Lösungen: ◦ √ √ π z0 = 6 8e−j 12 = 6 8e−j·15 ◦ √ √ π 1 z1 = 6 8e−j( 12 − 3 ·2π) = 6 8ej·105◦ √ √ π 2 z2 = 6 8e−j( 12 − 3 ·2π) = 6 8ej·225 Abbildung 1.4: Grafische Darstellung aller Lösungen z der Gleichung z 3 = 2 − 2j Aufgabe 1.17 Berechnen Sie a) z 3 = j √ b) 4 1 + j und stellen Sie die Lösungen grafisch dar! 1.5 1.5.1 Anwendung komplexer Zahlen Linearfaktorzerlegung (LFZ) von Polynomen Wir betrachten Polynome Pn (x) der Ordnung n, d.h. Funktionen der Gestalt: Pn (x) = an xn + an−1 xn−1 + ... + a1 x + a0 , ai ∈ Q, x ∈ C. Kapitel 1 Komplexe Zahlen 21 Beispiele: Polynom 2.Ordnung (Parabel) n=2: P (x) = 2x2 + 4x + 2. Polynom 4. Ordnung n=4: P (x) = x4 + 3x3 − x − 7. Satz 1.6 : (Hauptsatz der linearen Algebra) Sei Pn (x) = an xn + an−1 xn−1 + ... + a1 x + a0 , ai ∈ Q, x ∈ C. ein Polynom n.ter Ordnung. Dann gilt: 1. Pn (x) hat genau n komplexe Nullstellen. 2. Pn (x) hat höchstens n reelle Nullstellen. 3. Ist xv = αv + jβv , βv 6= 0 eine komplexe Nullstelle von Pn (x), dann ist auch die konjugiert komplexe x∗v = αv − jβv Nullstelle von Pn (x). D.h. komplexe Nullstellen treten immer paarweise als Paar konjugiert komplexer Nullstellen (xv , x∗v ) auf. 4. Ist xv Nullstelle von Pn (x), so heißt (x − xv ) Linearfaktor (LF) von Pn (x). Es gilt: Pn (x) = (x − xv ) · Pn−1 (x), wobei Pn−1 (x) ein Polynom n-1-ter Ordnung ist. D.h., wir können von Pn (x) den LF (x − xv ) abspalten. 5. Seien x1 , ..., xn die n komplexen Nullstellen von Pn (x). Dann gilt: Pn (x) = an (x − x1 )(x − x2 ) · ... · (x − xn ) (Linearfaktorzerlegung (LFZ) von Pn (x).) Aufgabe 1.18 Welche Nullstellenkombinationen sind für das Polynom P (x) = 3x3 − 8x2 + 4x + 15 nicht möglich? a) 3 relle Nullstellen b) 3 komplexe Nullstellen c) 2 reelle und eine komplexe Nullstelle d) 1 reelle und 2 komplexe Nullstellen Begründen Sie Ihre Angaben! Beispiel: Bestimmen Sie die LFZ von P4 (x) = 2x4 + 4x3 + 2x2 + 16x − 24! Lösung: Dieses Polynom hat genau 4 Nullstellen, entweder 4 reelle oder 2 reelle und ein Paar konjugiert komplexer Nullstellen oder 2 Paare konjugiert komplexer Nullstellen. Um diese zu bestimmen gehen wir wie folgt vor: 1. Wir raten die erste Nullstelle. Dabei verwenden wir folgenden Satz. Satz 1.7 Hat P (x) = an xn + · · · + a1 x + a0 eine ganzzahlige Nullstelle, so ist sie Teiler von a0 . Kapitel 1 Komplexe Zahlen 22 In unserem Beispiel ist a0 = −24. D.h., wir probieren alle Teiler von a0 = −24 durch, das sind {1, 2, 3, 4, 6, 8, 12, 24, −1, −2, −3, −4, −6, −8, −12, −24} . Wir erhalten als eine erste Nullstelle von P4 (x) den Wert x0 = 1. 2. Wir spalten den Linearfaktor (x − x0 ) von P4 (x) ab. Das geschieht durch Polynomdivision P4 (x)/(x − x0 ) oder durch Anwendung des Hornerschemas. Das Hornerschema kann man zum Berechnen des Funktionswertes Pn (x) für vorgegebenes x oder zur Abspaltung von LF verwenden. x an 0 bn an−1 cn−1 bn−1 an−2 cn−2 bn−2 ··· ··· ··· a1 c1 b1 a0 c0 Pn (x) Dabei ist bj = aj + cj und cj−1 = bj · x, j = n, n − 1, · · · 1. Ist x = x0 eine Nullstelle, so steht in der rechten unteren Ecke der Tabelle Pn (x) = 0 und die Werte bn , bn−1 , bn−2 , · · · , b1 in der letzten Zeile der Tabelle sind die Koeffizienten des reduzierten Polynoms Pn−1 (x), d.h. es ist: Pn (x) = (x − x0 ) · (bn xn−1 + bn−1 xn−2 + ... + b2 x + b1 ). Wir wenden das Hornerschema auf unser Beispiel für die Nullstelle x0 = 1 an: x1 = 1 2 0 2 4 2 6 2 6 8 16 8 24 -24 24 0 Das reduzierte Polynom ist also P3 (x) = 2x3 + 6x2 + 8x + 24 und es gilt: P4 (x) = P3 (x) · (x − x0 ) = (x − 1) 2x3 + 6x2 + 8x + 24 . 3. Bestimmung der Nullstellen des reduzierten Polynoms P3 (x) = 2x3 + 6x2 + 8x + 24. Wir erhalten durch Einsetzen (raten) eines Wertes aus der Menge der Zahlen {1, 2, 3, 4, 6, 8, 12, 24, −1, −2, −3, −4, −6, −8, −12, −24} (ganzzahlige Teiler von 24) die Nullstelle x1 = −3. Wir wenden nun wieder das Hornerschema an, um den LF (x-(-3)) abzuspalten und erhalten: 2 6 8 24 x2 = −3 -6 0 -24 2 0 8 0 Ds heißt es ist P3 (x) = 2x3 +6x2 +8x+24 = (x+3)·(x2 +8) bzw. P4 (x) = (x−1)·(x+3)·(x2 +8). 4. Bestimmung der Nullstellen des reduzierten Polynoms P√2 (x) = x2 + 8. √ Die Lösungen x2 + 8 = 0 sind x2 = +j 8 und x2 = −j 8. Als Ergebnis erhalten wir also folgende LFZ von P4 (x): √ √ P4 (x) = 2x4 + 4x3 + 2x2 + 16x − 24 = (x − 1)(x + 3)(x − j 8)(x + j 8). Kapitel 1 Komplexe Zahlen 23 Als reelle LFZ bezeichnet man: P4 (x) = 2x4 + 4x3 + 2x2 + 16x − 24 = (x − 1)(x + 3)(x2 + 8). Aufgabe 1.19 Zerlegen Sie folgende Polynome in Linearfaktoren! a) P (x) = 3x3 − 4x2 + 1 b) P (x) = 4x6 + 8x3 + 4 1.5.2 Schwingungen als komplexe Zeiger 1.5.2.1 Darstellung von Schwingungen durch sin- und cos-Funktionen Schwingungen werden in der Mathematik i.A. durch die trigonometrische Funktionen Sinus oder Cosinus dargestellt. Die einfachste Form sind Schwingungen der Form y = sin(x) und y = cos(x), x ∈ R. Abbildung 1.5: Die sin(x)-Schwingung Eigenschaften der Funktion y = sin(x): 1. Die Amplitude A ist gleich 1. (D.h.,|sin(x)| ≤ 1). 2. y = sin(x) ist periodisch, die Periode T ist T = 2·π, d.h. es gilt sin(x) = sin(x+k·2π), k ∈ Z. 3. Die Anzahl der Schwingungen im Intervall der Länge 2π wird als Kreisfrequenz ω bezeichnet. Diese Anzahl ist ω = 2π T = 1. 4. Die Frequenz f einer Schwingung ist gleich f = einem Intervall der Länge T stattfindet. 1 T und bedeutet, dass 1 Schwingung in 5. Die y = sin(x)-Funktion ist achsensymmetrisch, d.h. es gilt: sin(x) = −sin(−x). Kapitel 1 Komplexe Zahlen 24 Aufgabe 1.20 a) Skizzieren Sie die Funktion y = cos(x)! b) Welche Amplitude, Periode, Kreisfrequenz und Frequenz besitzt y = cos(x)? c) Welche Symmetrieeigenschaft besitzt y = cos(x)? Satz 1.8 Es gilt: sin(x) = cos(x − π2 ) und cos(x) = sin(x + π2 ) Der Satz besagt, dass eine Schwingung sowohl durch die sinus-Funktion, als auch durch die cosinus-Funktion dargestellt werden kann. Schwingungen starten nicht immer im Koordinatenursprung. Die allgemeine Form einer Schwingung ist y = A · sin(ω · x + ϕ) oder y = A · sin(ω · x + ϕ) Abbildung 1.6: Schwingungen y1 = A · sin(ω · x + ϕ) und y2 = A · sin(ω · x + ϕ) Eigenschaften der Schwingungen y1 (x) = A · sin(ω · x + ϕ) und y2 (x) = A · cos(ω · x + ϕ). 1. Amplitude= A (D.h.,|sin(x)| ≤ A). 2. Kreisfrequenz = ω. 3. Periode T = 2·π ω 4. Frequenz f = 1 T bzw. ω = = 2π T . ω 2π . 5. Phase = ϕ. D.h. die sinus-Schwingung y1 (x) startet im Punkt x0 = die cosinus-Schwingung y2 (x) startet im Punkt x0 mit y2 (x0 ) = 1. −ϕ ω mit y1 (x0 ) = 0 und 6. Symmetrieeigenschaft (achsen- oder punktsymmetrisch) muss nicht erfüllt sein. Aufgabe 1.21 Worin besteht der einzige Unterschied beim Zeichnen von y1 = A · sin(ω · x + ϕ) im Gegensatz zum Zeichnen von y2 = A · cos(ω · x + ϕ) Kapitel 1 Komplexe Zahlen 25 Beispiel: Skizzieren Sie y(t) = 2sin 3t − Π 2 ! Lösung: A = 2 , ϕ = − Π2 , ω = 3. Amplitude: 2 Start: 3t − Π2 = 0 ⇒ t = Π6 2 4 Periode: T = 2Π ω = 3Π = 6Π Abbildung 1.7: Skizze Aufgabe 1.22 a) Skizzieren Sie die Funktion y1 (x) = 3sin(2 · x + π4 )! b) Welche Amplitude, Kreisfrequenz, Periode, Frequenz und Phase besitzt y1 (x)? c) Skizzieren Sie die Funktion y2 (x) = 3cos(2 · x + π4 )! Wir können uns auf die Darstellung einer Schwingung durch die Sinus-Funktion beschränken, weil jeder cosinus durch einen sinus dargestellt werden kann, wie folgender Satz beagt. Satz 1.9 Es gilt: A · sin(ω · x + ϕ) = A · cos(ω · x + ϕ − π2 ) A·cos(ω · x + ϕ) = A · sin(ω · x + ϕ + π2 ) Aufgabe 1.23 Wie lautet die Gleichung der Funktion y(x) = 2 · cos(2 · x − A · sin(ω · x + ϕ)? π 4) in der Darstellung y1 (x) = Kapitel 1 Komplexe Zahlen 26 Aufgabe 1.24 Folgender Graf zeigt eine Schwingung. a) Wie lautet die sinus- Funktionsgleichung? D.h. wie groß sind A, ω und φ in der Schwingungsgleichung y = A · sin(ω · x + ϕ)? b) Wie lautet die cosinus- Funktionsgleichung? D.h. wie groß sind A, ω und φ in der Schwingungsgleichung y = A · cos(ω · x + ϕ)? Bemerkung Wir haben hier nur Schwingungen betrachtet, deren Amplitude A konstant ist. Man bezeichnet solche Schwingungen als harmonische Schwingungen. Ändert sich die Amplitude bei Änderung von x, d.h. A = A(x), so handelt es sich nicht mehr um eine harmonische Schwingung. Typische Beispiele sind die sogenannten gedämpften Schwingungen oder die verstärkten Schwingungen. Kapitel 1 Komplexe Zahlen 27 Abbildung 1.8: Harmonische und gedämpfte Schwingungen Aufgabe 1.25 Durch welche Amplitudenfunktion A = A(x) kann man eine harmonische Schwingung y = Asin(ωx + ϕ) dämpfen? Wie kann man sie verstärken? Aufgabe 1.1 Lösen Sie folgende Aufgaben zu Schwingungen in MathCoach! a) Zeichne die Sinus-Funktion! b) Welche Grafik gehört zur Funktionsgleichung? c) Wie lautet die Funktionsgleichung zur Grafik? 1.5.2.2 Darstellung von harmonischen Schwingungen als komplexe Zeiger Die Sinus-Transformation Eine Schwingung der Form y(t) = A · sin(ωt + ϕ) an der Stelle t kann man als Imaginärteil der komplexen Zahl y(t) = A·ej(ωt+ϕ) = A(cos(ωt+ϕ)+j ·sin(ωt+ϕ) auffassen, es ist y(t) = Im(y(t)). Definition 1.14 Die Zuordnung reell komplex y(t) = A · sin(ωt + ϕ) ⇔ y(t) = A · ej(ωt+ϕ) = A(cos(ωt + ϕ) + j · sin(ωt + ϕ)) heißt Sinustransformation. Es ist y(t) = Im(y(t)). y(t) = A · ej(ωt+ϕ) = A · ejϕ · ejωt heißt komplexe Schwingung. y(0) = A · ejϕ heißt komplexe Amplitude bzw. komplexer Scheitelwert der Schwingung y(t). Folgende Grafik zeigt ein- und dieselbe Schwingung in reeller und in komplexer Darstellung. Kapitel 1 Komplexe Zahlen 28 Abbildung 1.9: Schwingung in reeller Form und in komplexer Form Aufgabe 1.26 Vervollständigen Sie die folgende Tabelle! Abbildung 1.10: Formeln und Graf von Schwingungen in reeller Form und in komplexer Form 1.5.2.3 Überlagerung (Addition, Superposition) gleichfrequenter Schwingungen Satz 1.10 Seien Kapitel 1 Komplexe Zahlen 29 y1 (t) = A1 · sin(ωt + ϕ1 ) und y2 (t) = A2 ∗ sin(ωt + ϕ2 ) zwei gleichfrequente harmonische Schwingungen. Dann gilt: y(t) = y1 (t) + y2 (t) = A · sin(ωt + ϕ), d.h., die Summe (Überlagerung, Superposition) zweier gleichfrequenter harmonischer Schwingungen ist wieder eine harmonische Schwingung der gleichen Frequenz. Wir betrachten nun folgende Aufgabe: Gegeben: y1 (t) = A1 ∗ sin(ωt + ϕ1 ) und y2 (t) = A2 ∗ sin(ωt + ϕ2 ). Gesucht: y(t) = y1 (t) + y2 (t) = A · sin(ωt + ϕ), d.h., gesucht sind A und ϕ. Lösung: Diese Aufgabe lässt sich bequem lösen, indem wir die Schwingungen als komplexe Zeiger darstellen. Der Lösungsweg ist der folgende: 1. Komplexe Darstellung der Schwingungen y1 (t) und y2 (t). y1 (t) ⇒ y1 (t) = A1 · ejϕ1 · ejωt = y1 (0) · ejωt y2 (t) ⇒ y2 (t) = A2 · ejϕ2 · ejωt = y2 (0) · ejωt 2. Addition der komplexen Schwingungen, d.h. Addition der beiden komplexen Scheitelwerte y(t) = y1 (t) + y2 (t) = y1 (0) + y2 (0) · ejωt = A1 ejϕ1 + A2 ejϕ2 ejωt Wir addieren nun die beiden komplexen Amplituden wie folgt: • y1 (0) = A1 ejϕ1 und y2 (0) = A2 ejϕ2 in NF darstellen. • und addieren. Graphisch entspricht das der Addition der beiden Vektoren y1 (0) und y2 (0). Das Resultat liegt in NF vor. • Das Ergebnis der Addition transformieren wir nun in EF! Es ist dann y1 (0) + y2 (0) = A1 ejϕ1 + A2 ejϕ2 = A · ejϕ 3. Die überlagerte Schwingung ist dann y(t) = y1 (0) + y2 (0) · ejωt = A · ejϕ · ejωt = A · ej·(ωt+ϕ) . Diese transformieren wir über die Sinustransformation zurück, es ist y(t) = y1 (t) + y2 (t) = Im(y(t)) = A · sin(ωt + ϕ) Kapitel 1 Komplexe Zahlen Hausaufgabe 1 : Übungsblatt 30 Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen In diesem Kapitel beschäftigen wir uns mit allgemeinen grundlegenden Eigenschaften von reellwertigen Funktionen in einer Veränderlichen. Ergänzend verweisen wir auf das Lehrbuch [Pap01]. Zum zusätzlichen interaktiven Rechner-(web-)basierten Üben und zur Klausurvorbereitung verweisen wir auf unseren E-learning-Turor MathCoach. 2.1 Abbildungen und Funktionen Häufig muss man Zusammenhänge zwischen 2 Größen x und y beschreiben. Das geschieht durch eine Vorschrift f, die festlegt, welchem x-Wert welcher y-Wert zugeordnet wird. Beispiel 1: Parabel: y = x2 oder f (x) = x2 oder f : x 7−→ x2 , für x ∈ R. Beispiel 2: Beschreibung des Weges s in Abhängigkeit von der Zeit t (y=s, x=t): 1 s(t) = − gt2 + s0 , für t ∈ R≥0 . 2 Definition 2.1 Unter einer Abbildung verstehen wir ein Tripel (D, f, B), wobei gilt: f ist die Funktionsvorschrift, die beschreibt, wie jedem x ∈ D ein y ∈ B zugeordnet wird. Wird durch f jedem x ∈ D genau ein y ∈ B zugeordnet, so bezeichnen wir f auch als Funktion. x wird als unabhängige Variable und y als abhängige Variable bezeichnet. D ⊆ R ist die Menge aller x-Werte, für die die Abbildung erklärt ist und wird als Definitionsbereich bezeichnet. B ⊆ R ist der Bildbereich, d.h. die Menge von y-Werten. Er umfasst mindestens den sogenannten Wertebereich W, wobei W gleich der Menge aller y-Werte ist, die auch tatsächlich durch f(x) angenommen werden, d.h. es ist W = {y ∈ R | ∃x ∈ D mit f (x) = y}. 31 Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 32 Schreibweisen: (D, f, B) oder y = f (x), x ∈ D, y ∈ B oder f : x ∈ D 7−→ y = f (x) ∈ B. Bemerkung: Wird der Definitionsbereich D bzw. Bildbereich B nicht angegeben, so ist D = R. bzw. B = R. 2 Beispiele: (1) f (x) = x2 , x ∈ R. (Hier sind D = R, B = R, W = R≥0 ). (2) f (x) = x2 , x ∈ [−2, 2]. (Hier sind D = [−2, 2], B = R, W = [0, 4]). (3) f : x ∈ R 7−→ y = x2 ∈ R. (Hier sind D = R, B = R, W = R≥0 ). (4) y 2 = x, x ∈ [0, 4]. (Hier sind D = [0, 4], B = R, W = [−2, 2]). Die Abbildungen (1), (2) und (3) sind Funktionen und (4) ist keine Funktion, siehe auch folgende Grafiken für (2) und (4) in Abbildung 2.1. Abbildung 2.1: Funktion und Abbildung Bemerkungen: Da der Wertebereich unserer Funktionen/Abbildungen aus reellen Zahlen besteht, spricht mann auch von reellwertigen Funktionen/Abbildungen im Unterschied z.B. zu komplexwertigen Funktionen. Ist bei Funktionen nur eine unabhängige Variable im Spiel, so spricht man von einer Funktion in einer Veränderlichen, ansonsten von einer Funktion in mehreren Veränderlichen. Beispiel einer Funktion in 2 Veränderlichen: f (x, y) = x2 + y 2 , (x, y) ∈ D ⊆ R2 . Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 33 Wir beschäftigen uns in diesem Kapitel nur mit Funktionen in einer Veränderlichen. Aufgabe 2.1 (Lösung: Seite 56) Welche der folgenden Tripel sind Funktionen: a) D = R, B = R, f : x 7−→ x2 √ b) D = R≥0 , B = D, f : x 7−→ x 2 für x≤0 c) D = R, B = R, f : x 7−→ {xex für x≥0 d) D = R\{0}, f (x) = x1 x rational e) D = [0, 1], B = {0, 1}, f (x) = {01 wenn wenn x irrational f) D = N, B = P, f (x) = x2 − x + 41, wobei gilt: N ={0,1,2,....}, P=Menge aller Primzahlen ={2,3,5,7,11,13,17,.......} Aufgabe 2.2 (Lösung: Seite 56) Geben Sie für folgende Abbildungen jeweils den Wertebereich W an! a) D = R, B = R, f : x 7−→ sin(x2 ) + 2 b) D = R\{0}, B = R, f : x 7−→ 2sin(3x + 1) 2 für x≤0 c) D = R, B = R, f : x 7−→ {xex für x>0 1 d) D = R\{0}, f (x) = x 2.2 Darstellungsformen von Abbildungen 1. Explizite Darstellung y = f (x) Explizite Darstellungen werden angewendet, wenn es sich um eindeutige Abbildungen, also Funktionen handelt. Beispiele: y = cos(x), x ∈ R; f (x) = ln(x), x > 0; 0 wenn x ≥ 0 √ 1 wenn 0 < x ≤ 2 , x ∈ R. f : x 7−→ x2 + 1, x ∈ R; f (x) = 2 wenn x > 2 2. Implizite Darstellung Nicht eindeutige Abbildungen stellt man i.A. implizit dar, d.h., der Zusammenhang zwischen x und y wird durch eine Gleichung der Form F (x, y) = 0 beschrieben. Ist dieser Zusammenhang nicht eindeutig, so lässt er sich oft nicht mehr nach y umstellen, also explizit formulieren. Beispiele: x2 + y 2 − r2 = 0, x ∈ [0, r]; x − 3y 2 + 2 = 0, x > 0. Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 34 3. Parameterische Darstellung Häufig wird in Physik und Technik, sowie in der Computergrafik die Parameterdarstellung für Kurven verwendet, bei der der Zusammenhang zwischen x und y durch einen reellen Parameter t ∈ I ⊆ R beschrieben wird: x(t) x = x(t), y = y(t), t ∈ I ⊆ R bzw. ~r(t) = , t ∈ I. y(t) Diese Darstellung nennt man Parameterdarstellung (siehe Abbildung 2.2). t kann z.B. als Zeit oder als Winkel aufgefasst werden. Abbildung 2.2: Parameterdarstellung einer Kurve Beispiele (1) Kreis mit Radius r: ~r(t) = x(t) rcos(2πt) = rsin(2πt) , t ∈ [0, 1]. y(t) x(t) 1 2 = y(t) = 1 + t 1 , t ∈ I = (2) Gerade in der Ebene: ~r(t) R. (3) Funktion y = f (x), x ∈ D : x(t) = t, y(t) = f (t), t ∈ D. (4) Schiefer Wurf: Ein Körper wird vom Boden aus mit der Anfangsgeschwindigkeit v~o und mit dem Abwurfwinkel αo in die Höhe geworfen (siehe Abbildung 2.3). Die Luftwiederstandskraft soll vernachlässigt werden. In waagerechter Richtung (x-Richtung) bewegt sich der Körper dann mit konstanter Geschwindigkeit | v~o |= vo cos(αo ) und in senkrechter Richtung (y-Richtung) erfolgt eine gleichförmig beschleunigte Bewegung. D.h. der schiefe Wurf kann wie folgt parametrisch dargestellt werden: g x(t) = vo tcos(αo ), y(t) = vo tsin(αo ) − t2 , t ≥ 0, 2 (g ist die Erdbeschleunigung). Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 35 Abbildung 2.3: Schiefer Wurf (5) Zykloide: Eine gewöhnliche Zykloide entsteht, wenn ein Kreis auf einer Geraden abrollt und wir die Bewegung eines Punktes auf dem Kreis beschreiben. Z.B. bewegt sich ein Punkt auf einem Reifen eines fahrenden Fahrrades (z.B. das Ventil) auf einer gewöhnlichen Zykloide. Abbildung 2.4: Gewöhnliche Zykloide Diese Zykloide kann wie folgt parametrisch beschrieben werden: x(t) = r(t − sin(t)), y(t) = r(1 − cos(t)), t ∈ [0, 2π], wobei r den Radius des Kreises und t den Parameter (’Wälzwinkel’) bezeichnet. Bemerkung: Kurven bzw. Abbildungen in Parameterdarstellung können manchmal in explizite Form umgewandelt werden. Dazu stellt man die Variable x(t) nach t um und setzt dieses t in y(t) ein. Beispiel: Gegeben sei folgende Abbildung in Parameterform: x(t) = 1 + 2t, y(t) = 1 + t, t ∈ [a, b] ⊆ R. Stellen wir x(t)=x nach t um, so ergibt sich: t = x−1 2 . Setzen wir dieses t in y(t) ein, so erhalten wir: y(t) = 1 + t = 1 + In expliziter Form lautet also die Abbildung: y= 1 1 x + , x ∈ [1 + 2a, 1 + 2b]. 2 2 x−1 2 = 12 x + 12 . Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 36 4. Darstellung in Polarkoordinaten Zur mathematischen Beschreibung und grafischen Darstellung auf dem Computer von geometrischer Figuren, wie Kreisen, Spiralen usw. eignet sich besonders die folgende Darstellung. Hier wird ein Punkt (x,y) der Abbildung f in Polarkoordinaten dargestellt: x(r, φ) = r · cos(φ), y(r, φ) = r · sin(φ). Der Abbildungs-Zusammenhang zwischen x und y wird dann als Zusammenhang zwischen r und φ also z.B. durch r = r(φ), φ ∈ Dφ dargestellt, siehe Abbildung 2.5). Abbildung 2.5: Darstellung einer Abbildung in Polarkoordinaten: r = r(φ) Beispiele: (1) Kreis mit Radius R und Mittelpunkt (0, 0): r(φ) = R, φ ∈ [0, 2π]. (2) Archimedische Spirale: Die Archimedische Spirale wird durch folgende Abbildung in Polarkoordinaten dargestellt: r = r(φ) = aφ, φ ∈ [0, 2π], a ist eine fest vorgegebene natürliche Zahl. Für die grafische Darstellung der Archimedischen Spirale stellen wir zunächst eine Wertetabelle der Funktion r(φ) auf, hier für φ in der Schrittweite π/8, a = 2 . φ 0 r 0 π/8 π/4 π/4 π/2 ··· ··· 2π 4π Wir zeichnen dann Strahlen mit den Winkeln φ in das Koordinatensystem ein und tragen an jedem Strahl den entsprechenden Radius r = r(φ) = aφ ab, siehe Abbildung 2.6). Die entsprechenden sich ergebenden Punkte werden verbunden und ergeben die Archimedische Spirale. Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 37 Abbildung 2.6: Archimedische Spirale r = aφ für a = 2, φ ∈ [0, 2π] Aufgabe 2.3 (Lösung: Seite 56) Beschreiben Sie einen Halb-Kreis mit dem Radius R, dem Mittelpunkt 0 und Werten y ≥ 0 a) explizit, b) implizit, c) parametrisch, d) in Polardarstellung. Aufgabe 2.4 (Lösung: Seite 56) a) Geben Sie die Gerade y = 3x − 7 in Parameterform an! b) Geben Sie die Funktion f (x) = 3x2 − 1 in Parameterform an! c) Beschreiben Sie den schiefen Wurf in expliziter Form! d) Beschreiben Sie die parametrisch gegebene Funktion x(t) 1 2 ~r(t) = = +t ,t ∈ I = R y(t) 1 1 in expliziter Form! Aufgabe 2.5 (Lösung: Seite 56) a) Geben Sie einen Kreis mit dem Radius R und dem Mittelpunkt (3, 4) in Polarkoordinatendarstellung an! b) Skizzieren Sie die sogenannte Kardioide: r = 1 + cos(φ), φ ∈ [0, 2π]! Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 2.3 38 Eindeutigkeits-Eigenschaften von Funktionen und Umkehrfunktionen In diesem Abschnitt betrachten wir Eigenschaften von eindeutigen Abbildungen, also Eigenschaften von Funktionen. 2.3.1 Injektiv, Surjektiv und Bijektiv 1. Injektive Funktionen Eine Funktion (D, f, B) heißt injektiv, falls es zu jedem y ∈ B höchstens ein x ∈ D gibt mit der Eigenschaft: f (x) = y. (Siehe Abbildungen 2.7 und 2.8) 2 2. Surjektive Funktionen Eine Funktion (D, f, B) heißt surjektiv, falls es zu jedem y ∈ B mindestens ein x ∈ D gibt mit der Eigenschaft: f (x) = y, d.h., falls der Bildbereich gleich dem Wertebereich der Funktion, also B = W ist. (Siehe Abbildungen 2.7 und 2.8) 2 3. Bijektive Funktionen Eine Funktion (D, f, B) heißt bijektiv, falls sie a) injektiv und b) surjektiv ist. (Siehe Abbildungen 2.7 und 2.8). 2 Abbildung 2.7: Schematische Darstellung injektiver, surjektiver und bijektiver Funktionen Abbildung 2.8: Beispiele für injektive, surjektive und bijektive Funktionen Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 2.3.2 39 Umkehrfunktionen Für bijektive Funktionen gibt es zu jedem y ∈ B genau ein x ∈ D mit f (x) = y und - da f Funktion, also eindeutig ist - auch umgekehrt zu jedem x ∈ D genau ein y ∈ B mit f (x) = y. Für solche Funktionen kann man die Abbildungsvorscrift y=f(x) nach x umstellen, also die zugehörige Umkehrfunktion x=g(y) bilden. Definition 2.2 Sei durch (D, f, W) eine bijektive Funktion f gegeben. Dann (W, g, D)Umkehrfunktion von f falls gilt: y = f (x) genau dann, wenn x = g(y) für alle Paare (x, y) ∈ DxW. Bezeichnung: g = f −1 . heißt die Funktion 2 Bezeichnen wir die unabhängige Variable wieder mit x und die abhängige Variable mit y, so lautet die Umkehrfunktion y = g(x) = f −1 (x). Zeichnen wir diese und die Ausgangsfunktion y = f (x) in ein und dasselbe Koordinatensystem, so erkennen wir, dass sich f und g = f −1 an der Winkelhalbierenden y = x spiegeln. Abbildung 2.9: y = f (x) und die Umkehrfunktion y = f −1 (x) Beispiel: y = f (x) = ln(x), x ∈ D = R>0 und y ∈ W = R. Die Umkehrfunktion ist also x = f −1 (y) = ey mit dem Definitionsbereich R und dem Wertebereich R>0 . Abbildung 2.10: y = ln(x) und die Umkehrfunktion y = ex Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 40 Aufgabe 2.6 (Lösung: Seite 57) Welche der folgenden Funktionen sind injektiv oder/und surjektiv oder/und bijektiv? a) D = R, B = R, f : x 7−→ x2 √ b) D = R≥0 , B = D, f : x 7−→ x 2 für x≤0 c) D = R, B = R, f : x 7−→ {xex für x>0 d) D = R\{0}, f (x) = x1 x rational e) D = [0, 1], B = {0, 1}, f (x) = {01 wenn wenn x irrational Aufgabe 2.7 (Lösung: Seite 57) Geben Sie die Umkehrfunktion der folgenden Funktion an: 3 f (x) = 10x · , D = R, B = R>0 . 4 Skizzieren Sie diese Funktion und die Umkehrfunktion in einem Koordinatensystem! 2.4 Allgemeine Eigenschaften von Funktionen In diesem Abschnitt betrachten wir weitere Eigenschaften von Funktionen. 2.4.1 Symmetrie Definition 2.3 Sei (D, f, B) eine Funktion. 1. f heißt achsensymmetrisch bzw. gerade, wenn für alle x ∈ D gilt: f (x) = f (−x). Der Graph der Funktion wird an der y-Achse gespiegelt. 2. f heißt punktsymmetrisch bzw. ungerade, wenn für alle x ∈ D gilt: f (x) = −f (−x) bzw. − f (x) = f (−x). Der Graph der Funktion wird am Ursprung gespiegelt. 2 Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 41 Abbildung 2.11: Symmetrie-Eigenschaften Beispiele: (1) f (x) = x4 , x ∈ R. f ist achsensymmetrisch, denn es gilt f (−x) = (−x)4 = x4 = f (x). (2) f (x) = x3 , x ∈ R. f ist punktsymmetrisch, denn es gilt f (−x) = (−x)3 = −(x3 ) = −f (x). (3) f (x) = sin(x), x ∈ R. f ist punktsymmetrisch, denn es gilt f (−x) = sin(−x) = −sin(x). (4) f (x) = x3 · sin(x), x ∈ R. Wir untersuchen zuerst die beiden Teilfunktionen, aus denen f zusammengesetzt ist. Es gilt (−x)3 = −(x3 ) und sin(−x) = −sin(x), d.h. beide Teilfunktionen von f sind punktsymmetrisch. Daraus folgt aber, dass ihr Produkt, also f , achsensymmetrisch ist, denn es gilt: f (−x) = (−x)3 · sin(−x) = −(x3 ) · (−sin(x)) = x3 · sin(x). Bemerkung: Wie man sich leicht selbst überlegt, ist das Produkt zweier achsensymmetrischer Funktionen und das Produkt punktsymmetrischer Funktionen achsensymmetrisch, während das Produkt einer achsensymmetrischen mit einer punktsymmetrischen Funktion punktsymmetrisch ist. 2.4.2 Monotonie Definition Sei (D, f, B) eine Funktion. Dann heißt diese Funktion im Bereich M ⊆ D 1. monoton steigend, falls für alle x1 , x2 ∈ M mit x1 < x2 gilt f (x1 ) ≤ f (x2 ). 2. streng monoton steigend, falls für alle x1 , x2 ∈ M mit x1 < x2 gilt f (x1 ) < f (x2 ). 3. monoton fallend , falls für alle x1 , x2 ∈ M mit x1 < x2 gilt f (x1 ) ≥ f (x2 ). 4. streng monoton steigend, falls für alle x1 , x2 ∈ M mit x1 < x2 gilt f (x1 ) > f (x2 ). Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 42 2 Beispiel: f : R → R; x 7−→ x2 Sei x1 < x2 . Gilt dann x21 < x22 ? In dieser Allgemeinheit nicht, denn z.B. ist −2 < −1 aber (−2)2 > (−1)2 . Wir zerlegen den Definitionsbereich in die beiden Teil-Bereiche (−∞, 0] und [0, ∞). Verhalten von f im Bereich (−∞, 0]: Es gilt: x1 < x2 ⇒ x21 > x22 ⇔ f (x1 ) > f (x2 ). Folglich ist die Funktion in diesem Bereich streng monoton fallend. Verhalten von f im Bereich [0, ∞): Es gilt: x1 < x2 ⇒ x21 < x22 ⇔ f (x1 ) < f (x2 ). Folglich ist die Funktion in diesem Bereich streng monoton wachsend. 2.4.3 Periodizität Definition Eine Funktion (D, f, B) heißt periodisch mit der Periode T, falls für alle x ∈ D und k ∈ Z gilt f (x) = f (x + kT ), k ∈ Z 2 Abbildung 2.12: Periodizität Beispiel: Die Periode der Funktion f : x 7−→ sin(ax + φ), D = R ist: T = 2π a . 2.4.4 Beschränkheit Definition Eine Funktion (D, f, B), D ⊆ R, B ⊆ R, heißt auf A ⊆ D 1. nach oben beschränkt, falls es eine Schranke S0 gibt, so dass f (x) ≤ S0 für alle x ∈ A gilt. 2. nach unten beschränkt, falls es eine untere Schranke Sn gibt, so dass f (x) ≥ Sn für alle x ∈ A gilt. Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 43 3. beschränkt, falls sie sowohl nach oben als auch nach unten beschränkt ist, d.h. es gibt dann ein S mit |f (x)| ≤ S für alle x ∈ A. 2 Beispiel: f : x 7−→ sin(2x + pi 4 ), D = R ist beschränkt auf ganz D. Es gilt S = 1 bzw. f (x) ≤ 1 für alle x ∈ D. 2.4.5 Nullstelle einer Funktion Definition Sei durch (D, f, B), D ⊆ R, B ⊆ R, eine Funktion gegeben. Dann heißt x0 Nullstelle von f , wenn gilt: f (x0 ) = 0. 2 Beispiel: f : x 7−→ f (x) = sin(2x − π4 ), x ∈ R. Die Schwingungsdauer (Periode) dieser Funktion ist T = 2 ∗ π2 = π. Eine Nullstelle ergibt sich an der Stelle x = x0 , für die 2x − π4 = 0 gilt, also bei x0 = π8 . Die anderen Nullstellen ergeben sich von x0 aus gesehen nach jeweils einer halben Schwingungsdauer, also an den Stellen xk = x0 + k T2 = π8 + k π2 . Alle Nullstellen sind demzufolge gegeben durch xk = π π + k , k ∈ Z. 8 2 Aufgabe 2.8 (Lösung: Seite 58) Sei f (x) = (3x2 − 1)sin(2x + π/2), x ∈ R. a)Skizzieren Sie sin(2x + π/2)! b)Untersuchen Sie f (x) auf Symmetrie, Periodizität und Beschränktheit! c) Geben Sie alle Nullstellen von f (x) an! d) Für welche x-Werte ist 3x2 − 1 streng monoton wachsend? Aufgabe 2.9 (Lösung: Seite 59) Zeigen Sie, dass das Produkt einer geraden mit einer ungeraden Funktion ungerade ist! 2.5 2.5.1 Koordinatentransformationen Parallelverschiebung Verschieben wir das x-y-Koordinatensystem parallel um a in x-Richtung und um b in y-Richtung, so erhalten wir ein neues Koordinatensystem mit den Achsen u und v. Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 44 Abbildung 2.13: Parallelverschiebung (Translation) Wir erkennen folgende Beziehungen: u = x−a x = bzw. v = y−b y = u+a v+b (2.1) Wir stellen uns nun die Frage, wie die Gleichung einer Funktion y = f (x) im neuen (u,v)Koordinatensystem aussieht. Dazu setzen wir die in (2.1) gegebenen Beziehungen x = u+a, y = v+b in die Funktion ein und erhalten y = f (x) ⇔ v + b = f (u + a) ⇔ v = f (u + a) − b Beispiel: Wie lautet die Gleichung der Funktion y = 2+3x in einem um 2 Einheiten in positiver xRichtung und um 3 Einheiten in Richtung der negativen y-Achse verschobenen Koordinatensystem? Es ist a=2 und b=-3. Die Funktionsgleichung lautet folglich: v v v 2.5.2 = f (u + 2) + 3 ⇔ = 2 + 3(u + 2) + 3 ⇔ = 3u + 11 Drehung Die Drehung eines Koordinatenystems entgegen dem Urzeiger um den Winkel α ist in Abbildung 2.14 dargestellt. Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 45 Abbildung 2.14: Drehung gegen den Urzeiger um den Winkel α Wir erkennen folgende Beziehungen: u = = = = OE OD + OD + ysin(α) + v DE und BP xcos(α) = = = = OA DB DC − BC ycos(α) − xsin(α) D.h. es gilt folgende Beziehung zwischen alten Koordinaten (x,y) und neuen Koordinaten (u,v): u = xcos(α) + ysin(α) und v = ycos(α) − xsin(α) In Matrizenschreibweise erhalten wir: u cos(α) sin(α) x = · v −sin(α) cos(α) y Die Matrix cos(α) sin(α) −sin(α) cos(α) (2.2) wird als Drehungsmatrix bezeichnet. Mit der inversen Drehungsmatrix −1 cos(α) sin(α) cos(α) −sin(α) = −sin(α) cos(α) sin(α) cos(α) erhalten wir die Transformation von neuem (u,v)-Koordinatensystem zum alten (x,y) - Koordinatensystem, bzw. die Transformation bei Drehung des (u,v)-Systems in Urzeigerrichtung um den Winkel α: x cos(α) −sin(α) u = · (2.3) y sin(α) cos(α) v Beispiel: Wie lautet die Gleichung der Funktion y = 2x + 1 in einem um α = 20◦ nach links gedrehten Koordinatensystem? Es ist sin(20◦ ) = 0, 34 und cos(20◦ ) = 0, 94. Aus den Transformationsgleichungen ergibt sich dann: y 0, 34u + 0, 94v 0, 34u + 0, 94v v v = 2x + 1 ⇔ = 2x + 1 ⇔ = 2(0, 94u − 0, 34v) + 1 ⇔ ⇔ = 2·0,94u−0,34u+1 0,94+2·0,34 1 = 1,54 u + 1,62 1,62 Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 46 Aufgabe 2.10 (Lösung: Seite 59) Sei f (x) = (3x2 + 2x − 1), x ∈ R. Wie lautet die Gleichung dieser Funktion in einem um 45◦ nach rechts gedrehten und um a = 2 und b = 4 in positive x- bzw. y-Richtung verschobenen Koordinatensystem? Geben Sie diese Gleichung in impliziter Form in den Koordinaten u (unabhängige Variable) und v (abhängige Variable) an! 2.6 Elementare Funktionen Unter elementaren Funktionen versteht man folgende Klassen von Funktionen: 1)Ganzrationale Polynome, 2)Gebrochen rationale Polynome, 3)Algebraische Funktionen (Abbildungen), 4)Exponentialfunktionen, 5)Logarithmusfunktionen, 6)Trigonometrische Funktionen, 7)Arcus-Funktionen, 8)Hyperbel-Funktionen, 9)Area-Funktionen. 2.6.1 Ganzrationale Polynome P (x) = ao + a1 x + · · · + an xn , ai ∈ R, x ∈ D ⊆ R (Nullstellenbestimmung, LFZ, Hornerschema, Polynomendivision, Koeffizientenbestimmung bei der Anpassung eines Polynoms n.ten Grades an n+1 Messdatenpaare (xi , yi ), i = 1, ..., n + 1, für ein Polynom 2. Ordnung (Parabel): Scheitelpunktsform, p-q-Formel) Aufgabe 2.11 (Lösung: Seite 59) Geben Sie ein ganzrationales Polynom an, welches durch die 4 Punkte (−2, 0), (−1, 0), (0, 1), (1, 2) verläuft! Aufgabe 2.12 (Lösung: Seite 59) Von einer ganzrationalen Funktion y = f (x) sei folgendes bekannt. f (x) ist eine gerade Funktion mit den einzigen Nullstellen x1 = 3 und x2 = 6 (jeweils einfach). Der Funktionsgraph schneidet die y-Achse an der Stelle y(0) = −3. Wie lautet die Gleichung der Funktion f (x)? Aufgabe 2.13 (Lösung: Seite 59) a) Geben Sie die LFZ der Funktion f (t) = −2t4 − 2t3 − 4t + 8 an! b) Wie lautet der Funktionswert an der Stelle t = 5? Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 2.6.2 47 Gebrochen rationale Polynome P (x) = Zn (x) , x ∈ D ⊆ R, Nm (x) wobei Zn (x) und Nm (x) Polynome vom Grad n und m sind. echt gebrochen: n < m, unecht gebrochen: n ≥ m. Beispiele: P (x) = x4 −7 2x3 +3x2 −x+12 , P (x) = 2x+7 x2 +1 , x ∈ R. (Polynomendivision, Nullstellen, Polstellen, (später: Partialbruchzerlegung)). Aufgabe 2.14 (Lösung: Seite 60) Eine gebrochen rationale Funktion besitzt folgende Eigenschaften: a) Nullstellen des Zählers: x1 = 2 (einfach), x2 = −4 (dopelt) b) Nullstellen des Nenners: x3 = −1, x4 = 1 c) y(0) = 4 Wie lautet die Funktionsgleichung? 2.6.3 Algebraische Funktionen Bei algebraischen Funktionen wird der Zusammenhang zwischen x und y durch die implizite Form F (x, y) = 0 beschrieben. Algebraische Funktionen sind Lösungen der Gleichung F (x, y) = an (x)y n + an−1 (x)y n−1 + · · · + a1 (x)y + ao (x) = 0, wobei die Koeffizientenfunktionen ak (x), k = 0, · · · n Polynome der Variablen x sind. Beispiele: 2y + 3x2 y − 3x = 0, (x − 2)2 + (y + 3)2 = 16. Bemerkung: Im Allgemeinen sind allgebraische Funktionen nicht eindeutig und damit keine Funktionen sondern Abbildungen. Kegelschnitte Besondere Algebraische Funktionen sind die sogenannten Kegelschnitte, die durch algebraischen Gleichung vom Typ: Ax2 + By 2 + Cx + Dy + E = 0(a2 + B 2 6= 0) implizit definiert sind (siehe auch Abbildung 2.15). Das sind z.B.: • Kreis mit dem Mittelpunkt (xo , yo ) und dem Radius R: (x − xo )2 (y − yo )2 + =1 R2 R2 Parameterdarstellung: x(φ) = xo + Rcos(φ), y(φ) = yo + Rsin(φ), φ ∈ [0, 2π). Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 48 • Ellipse mit dem Mittelpunkt (xo , yo ) und den Halbachsen a und b auf der x- bzw. y-Achse: (y − yo )2 (x − xo )2 + =1 a2 b2 Parameterdarstellung: x(φ) = xo + acos(φ), y(φ) = yo + bsin(φ), φ ∈ [0, 2π). • Hyperbel mit dem Mittelpunkt (xo , yo ) und den Halbachsen a und b: (y − yo )2 (x − xo )2 − =1 a2 b2 • Parabel mit dem Scheitelpunkt (xo , yo ) und dem Parameter p: (y − yo )2 = 2p(x − xo ) Abbildung 2.15: Kegelschnitte Beispiel: Welcher Kegelschnitt wird durch folgende algebraische Gleichung dargestellt? 16x2 + 4y 2 + 64x − 24y + 64 = 0 Lösung: Zunächst ordnen wir die Glieder: 16x2 + 64x + 4y 2 − 24y + 64 = 0 Durch quadratische Ergänzung folgt dann weiter: Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 49 16(x2 + 4x) + 4(y 2 − 6y) + 64 = 0 ⇔ 16(x + 2)2 + 4(y − 3)2 = 36 2 (y−3)2 ⇔ 94 (x + 2)2 + 19 (y − 3)2 = 1 ⇔ (x+2) =1 9/4 + 9 Folglich handelt es sich um eine Ellipse mit dem Mittelpunkt (−2, 3) und den Halbachsen a = 3/2 und b = 3. Aufgabe 2.15 (Lösung: Seite 60) Welche Kegelschnitte werden durch folgende algebraische Gleichungen dargestellt? a) 4x2 + 9y 2 − 4x + 24y = 127 b) 2y 2 − 9x + 12y = 0 c) x2 − 2x − 4y 2 + 8y = 4 2.6.4 Exponentialfunktionen y = ax , x ∈ R mit a > 0 und a 6= 1 heißt Exponentialfunktion. Anwendung: Beschreiben von Abkling- bzw. Aufladevorgängen. (Skizzieren für a < 1, a > 1, Eigenschaften bestimmen, Lösen von Exponentialgleichungen) Aufgabe 2.16 (Lösung: Seite 60) Skizzieren Sie die Exponentialfunktion y = ax , x ∈ R für a > 1 und für a < 1! Aufgabe 2.17 (Lösung: Seite 60) Der Kolben eines KFZ-Stoßdämpfers lege beim Einschieben einen Weg x nach dem Zeitgesetz: x(t) = 30cm 1 − e−at zurück. Nach 0,1s ist er ca. 5,44cm eingeschoben. Nach welcher Zeit ist der Kolben um 15,2cm eingeschoben? 2.6.5 Logarithmus-Funktionen y = loga (x), x ∈ R>0 , a > 0, a 6= 1 heißt Logarithmusfunktion. Sie ist die Umkehrfunktion zur Exponentialfunktion. Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 50 Abbildung 2.16: Logarithmusfunktionen (Skizzieren für a < 1, a > 1, Eigenschaften bestimmen, Logarithmengesetze, Lösen von Exponential- und Logarithmusgleichungen) Aufgabe 2.18 (Lösung: Seite 60) Lösen Sie folgende Gleichungen! a)ex + 2e−x = 3 b)(log√10 (x))2 − 2log100 (x) = 2 c)ln( x) + 1, 5ln(x) = ln(2x) 2.6.6 Trigonometrische Funktionen sin(x), cos(x), tan(x) = cos(x) sin(x) , cot(x) = , x ∈ R. cos(x) sin(x) Anwendung: Z.B. Darstellung von harmonischen Schwingungen Asin(ωx + φ), bzw. Acos(ωx + φ). Für trigonometrische Funktionen gelten wichtige Beziehungen: 1. cos ensteht durch Verschiebung des sin um π/2 nach links: π cos(x) = sin x + 2 2. sin ensteht durch Verschiebung des cos um π/2 nach rechts: π sin(x) = cos x − 2 (2.4) (2.5) 3. Satz von Phytagoras: (sin(x))2 + (cos(x))2 = 1 (2.6) sin(2α) = 2sin(α)cos(α) (2.7) 4. Additionstheoreme: Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 51 (Skizzieren, Bogenmaß, Gradmaß, Darstellung als komplexer Zeiger, Überlagern von gleichfrequenten Schwingungen, Alle Eigenschaften: Nullstellen, Polstellen, Monotonie, Symmetrie, Periodizität, Beschränktheit kennen, Additionstheoreme). Aufgabe 2.19 (Lösung: Seite 60) Skizzieren Sie sin(x), cos(x), tan(x), cot(x)! Aufgabe 2.20 (Lösung: Seite 60) Zeigen Sie, dass aus den allgemeinen Additionstheoremen sin(x1 ± x2 ) = sin(x1 )cos(x2 ) ± cos(x1 )sin(x2 ) cos(x1 ± x2 ) = cos(x1 )cos(x2 ) ∓ sin(x1 )sin(x2 ) die Beziehungen a) sin(2x) = 2sin(x)cos(x) b)cos(2x) = cos2 (x) − sin2 (x) c) sin2 (x) = 21 (1 − cos(2x)) d)cos2 (x) = 21 (1 + cos(2x)) folgen! Aufgabe 2.21 (Lösung: Seite 60) Skizzieren Sie die Funktionen a) 2sin(2x + π/3) b) 3cos(4x − π/2) c) cos2 (3x + π/2) d) 3sin(2x + π/4) + 2cos(2x + π/4) (Hinweis zu c) und d):Überlegen Sie sich zunächst eine einfachere Darstellung für die Funktion!) 2.6.7 Arcus-Funktionen Als Arcus-Funktionen (arcsin(x), arccos(x), arctan(x), arccot(x)) werden die Umkehrfunktionen der trigonometrischen Funktionen (sin(x), cos(x), tan(x), cot(x)) bezeichnet. Da die trigonometrischen Funktionen auf dem Definitionsbereich D = R nicht bijektive sind, schränkt man zur Definition der Umkehrfunktionen den Definitionsbereich D ein. f (x) = sin(x), x ∈ R ist z.B. im Intervall [− π2 , π2 ] bijektiv. In diesem Intervall ist die Umkehrfunktion, die als Arcus-Sinus bezeichnet wird, definiert (siehe Abbildung 2.17). Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 52 Abbildung 2.17: Arcussinus-Funktion Definition Die Funktion π π f (x) = arcsin(x), x ∈ [−1, 1], y = f (x) ∈ W = [− , ] 2 2 ist die Umkehrfunktion von y = sin(x), d.h., es gilt: π π y = arcsin(x) ⇔ x = sin(y), ∀x ∈ [−1, 1], ∀y ∈ [− , ]. 2 2 2 Analog definieren wir die Umkehrfunktionen der anderen trigonometrischen Funktionen. Definition • Die Funktion f (x) = arccos(x), x ∈ [−1, 1], y = f (x) ∈ W = [0, π] ist die Umkehrfunktion von y = cos(x), d.h., es gilt: y = arccos(x) ⇔ x = cos(y), ∀x ∈ [−1, 1], ∀y ∈ [0, π]. • Die Funktion π π f (x) = arctan(x), x ∈ R, y = f (x) ∈ W = [− , ] 2 2 ist die Umkehrfunktion von y = tan(x), d.h., es gilt: π π y = arctan(x) ⇔ x = tan(y), ∀x ∈ R, ∀y ∈ [− , ]. 2 2 • Die Funktion π π f (x) = arccot(x), x ∈ R, (y = f (x) ∈ W = [− , ]) 2 2 ist die Umkehrfunktion von y = cot(x), d.h., es gilt: π π y = arccot(x) ⇔ x = cot(y), ∀x ∈ R, ∀y ∈ [− , ]. 2 2 2 Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 53 Beispiel (Lösen einer trigonomertischen Gleichung): Bestimmen Sie alle x ∈ R für die gilt: sin(2x + π/3) = 0.5. (Skizzieren können, Eigenschaften kennen, Lösen trigonometrischer Gleichungen). Aufgabe 2.22 (Lösung: Seite 60) Skizzieren Sie die Arcus-Funktionen y = arccos(x), y = arctan(x), y = arccot(x) in ihrem Definitionsbereich! Aufgabe 2.23 (Lösung: Seite 60) Bestimmen Sie alle Nullstellen folgender Funktionen! a) f (x) = sin(2x + p 5) − 0, 4 b) p f (x) = sin(x) − 1 − sin2 (x) √ c) cos(x − 1) − 1/ 2 Aufgabe 2.24 (Lösung: Seite 60) √ Beweisen Sie: sin(arccos(x)) = 1 − x2 2.6.8 Hyperbel-Funktionen Befestigen wir an zwei Punkten P1 und P2 , die sich in gleicher Höhe befinden, eine Kette, so nimmt diese unter dem Einfluss der Schwerkraft die geometrische Form einer sogenannten Kettenlinie an (siehe Abbildung 2.18). Mathematisch kann man die Kettenlinie durch eine der als Hyperbelfunktionen bezeichneten Funktion y = cosh(x) beschreiben. Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 54 Abbildung 2.18: Kettenlinie y = c · cosh(ax) Hyperpelfunktionen setzen sich aus den beiden e-Funktionen ex und e−x zusammen. Die Definitionsgleichungen der Hyperbelfunktionen lauten: Sinus hyperbolicus: y = sinh(x) = 21 (ex − e−x ), x ∈ R + e−x ), x ∈ R Cosinus hyperbolicus: y = cosh(x) = 1 x 2 (e Tangens hyperbolicus: y = tanh(x) = sinh(x) cosh(x) , x ∈R Cotangens hyperbolicus: y = coth(x) = coth(x) sinh(x) , x ∈ R \ {0} Die Hyperbelfunktionen besitzen ähnliche Eigenschaften wie die trigonometrischen Funktionen, d.h. für sie existieren Additionstheoreme. Eine wichtige Beziehung ist die folgende: (cosh(x))2 − (sinh(x))2 = 1 Aufgabe 2.25 (Lösung: Seite 60) Zeigen Sie dass gilt: cosh2 (x) − sinh2 (x) = 1. Aufgabe 2.26 (Lösung: Seite 60) Ein durchhängendes Seil genüge der Funktionsgleichung y = acosh(x/a). Berechnen Sie gemäß der Skizze in Abbildung 2.19) den Durchhang H für a = 20m und l = 90m. Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 55 Abbildung 2.19: Kettenlinie y = c · cosh(ax) 2.6.9 Area-Funktionen Die Umkehrfunktionen der Hyperbelfunktionen sind die Areafunktionen. Die Funktionen sinh(x), tanh(x) und coth(x) sind auf dem gesamten Definitionsbereich bijektiv und damit umkehrbar. Bei y = cosh(x) müssen wir den Definitionsbereich einschränken, wir wählen das Intervall [0, ∞). Als Wertebereich für cosh(x) erhalten wir für dieses Intervall den Bereich [1, ∞). Weiterhin erhalten wir: p 1 y = cosh(x) = (ex + e−x ) ⇔ x = ln(y + y 2 − 1) 2 Daraus ergibt sich nach Umbennennung der Variablen die Funktion arcosh(x): p y = cosh(x) = ln(x + x2 − 1), x ∈ [1, ∞) Bezeichnung und Schreibweise Areasinus hyperbolicus: Areacosinus hyperbolicus: Areatangens hyperbolicus: Areacotangens hyperbolicus: der y y y y Areafunktionen: = arsinh(x), = arcosh(x), = artanh(x), = arcoth(x), x∈R x ∈ [1, ∞) x ∈ (−1, 1) |x| > 1 Aufgabe 2.27 (Lösung: Seite 60) Geben Sie die Formeln, Definitions- und Wertebereich für alle Umkehrfunktionen der Hyperbelfunktionen an! Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 2.7 56 Lösungen der Übungsaufgaben in Kapitel 2 Zu Aufgabe 2.1, Seite 33 Funktionen sind a), b), d), e) . Keine Funktionen sind: c) weil an der Stelle x = 0 nicht eindeutig, f) weil der Bildbereich zu klein ist und den Wertebereich W nicht enthält, d.h. es gilt B ⊂ W und nicht W ⊆ B. Zu Aufgabe 2.2, Seite 33 a) W = [1, 3] b) W = [−2, 2] c) W = [0, ∞) d) W = R\{0} Zu Aufgabe 2.3, Seite 37 √ a) Die Kreisgleichung lautet in impliziter Form: x2 + y 2 = R2 . Daraus folgt y = ± R2 − x2 . Demzufolge lautet die Funktionsgleichung des (nördlichen) Halbkreises (y ≥ 0) in expliziter Form: √ y = R 2 − x2 , √ b)in impliziter Form: y − R2 − x2 = 0, Rcos(φ) c)in Parameterform: ~r(φ) = x(φ) = Rsin(φ) , φ ∈ [0, π], y(φ) d)in Poalarkoordinatendarstellung: r(φ) = R, für alle φ ∈ [0, π]. Zu Aufgabe 2.4, Seite 37 t a)~r(t) = x(t) = 3t−7 , t ∈ R. y(t) t b)~r(t) = f (t) = 3t2t−1 , t ∈ R. c)Schiefer Wurf in Parameterform: g x(t) = vo tcos(αo ), y(t) = vo tsin(αo ) − t2 , t ≥ 0. 2 x . Stellen wir die erste Gleichung nach t um, so ergibt sich t in Abhängigkeit von x: t = vo cos(α o) Dieses t setzen wir in die Gleichung für y ein und erhalten die gesuchte explizite Form des Schiefen Wurfes: g y = xtan(αo ) − x2 , x ≥ 0. 2(vo cos(αo ))2 d) y = 1+x 2 ,x ∈ R. Zu Aufgabe 2.5, Seite 37 a) x(φ) = 3 + Rcos(φ), y(φ) = 4 + Rsin(φ), φ ∈ [0, 2π]. b) Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 57 Abbildung 2.20: Kardioide r(φ) = 1 + cos(φ), φ ∈ [0, 2π] Zu Aufgabe 2.6, Seite 40 a) b) c) d) e) injektiv − x − x − surjektiv − x − x x bijektiv − x − x x Zu Aufgabe 2.7, Seite 40 f (x) = 10x · 34 ⇔ 10x = 43 · y ⇔ x = log10 ( 34 · y) ln(y) = 0, 125 + ln(10) = 0, 125 + 0, 434 · ln(y) D.h., die Umkehrfunktion zu f (x) = 10x · 34 , x ∈ R, B = R>0 lautet: f −1 (x) = g(x) = 0, 125 + 0, 434 · ln(x), x > 0. Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen Abbildung 2.21: f (x) = 10x · 3 4 und f −1 (x) = g(x) = 0, 125 + 0, 434 · ln(x) Zu Aufgabe 2.8, Seite 43 a) Abbildung 2.22: Skizze von f (x) = sin(2x + π/2) b) Symmetrie: gerade bzw. achsensymmetrisch. 58 Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen 59 Periodizität: Keine. Beschränktheit: Nach unten beschränkt, untere Schranke z.B. K = −1. Nach oben unbeschränkt. c)Für die Nullstellen gilt: f (x) = 0 ⇔ 3x2 − 1 = 0 oder sin(2x + π/2) = 0. Es gilt 3x2 − 1 = 0 ⇔ x1/2 = ± √13 und sin(2x + π/2) = 0 ⇔ 2x + π/2 + k · π = 0, k ∈ Z ⇔ x(k) = − π4 + k · π2 , k ∈ Z. Die Nullstellen von f(x) sind folglich: x1/2 = ± √13 und x(k) = − π4 + k · π2 , k ∈ Z. d) x ∈ [0, ∞). Zu Aufgabe 2.9, Seite 43 Seien f (x) = f (−x) eine gerade Funktion, g(x) = −g(−x) eine ungerade Funktion und h(x) = f (x) · g(x). Dann gilt: h(x) = f (x) · g(x) = f (−x) · (−g(−x)) = −f (−x) · g(−x) = −h(−x). Folglich ist h(x) = f (x) · g(x) ungerade. Zu Aufgabe 2.10, Seite 46 Verschiebung: Die Transformationsgleichungen lauten gemäß Formel (2.1) x = u1 + 2, y = v1 + 4. Einsetzen in y = f (x) ergibt: y ⇔ v1 + 4 ⇔ v1 = f (x) = 3(u1 + 2)2 + 2(u1 + 2) − 1 = 3u21 + 14u1 + 11 Drehung nach Rechts (in Urzeigerrichtung) bedeutet α = −45◦ bzw. α = 315◦ . Wir erhalten gemäß Formel (2.3) die Transformationsgleichungen: u1 v1 = = cos(−45◦ )u2 − sin(−45◦ )v2 sin(−45◦ )u2 + cos(−45◦ )v2 = √12 u2 + √12 v2 = − √12 u2 + √12 v2 Einsetzen in die Gleichung v1 = 3u21 + 14u1 + 11 ergibt: v1 ⇔ − √12 u2 + ⇔ −u2 + v2 √1 v2 2 = 3u21 + 14u1 + 11 = 3( √12 u2 + √12 v2 )2 + 14( √12 u2 + √12 v2 ) + 11 = √32 (u2 + v2 )2 + 14(u2 + v2 ) + 11 Die implizite Form der neuen Gleichung der Funktion im gedrehten und verschobenen u-vKoordinatensystem lautet folglich: 3 √ (u + v)2 + 15u + 13v + 11 = 0. 2 Zu Aufgabe 2.11, Seite 46 usw. Zu Aufgabe 2.12, Seite 46 usw. Zu Aufgabe 2.13, Seite 46 usw. Kapitel 2 Reellwertige Funktionen in einer Veränderlichen Zu Aufgabe 2.14, Seite 47 usw. Zu Aufgabe 2.15, Seite 49 usw. Zu Aufgabe 2.16, Seite 49 usw. Zu Aufgabe 2.17, Seite 49 usw. Zu Aufgabe 2.18, Seite 50 usw. Zu Aufgabe 2.19, Seite 51 usw. Zu Aufgabe 2.20, Seite 51 usw. Zu Aufgabe 2.21, Seite 51 usw. Zu Aufgabe 2.22, Seite 53 usw. Zu Aufgabe 2.23, Seite 53 usw. Zu Aufgabe 2.24, Seite 53 usw. Zu Aufgabe 2.25, Seite 54 usw. Zu Aufgabe 2.26, Seite 54 usw. Zu Aufgabe 2.27, Seite 55 usw. 60 Literaturverzeichnis [Pap01] L.Papula. Mathematik für Ingenieure. schweig/Wiesbaden, Band 2, 2010. 61 Friedr. Vieweg und Sohn, Braun-