Stoffaufbereitung für den Prüfungstermin am 06.06.08

Werbung
Ergänzung zu Schuppener
Arbeitsbereiche: Wohnen, Recht, Frühförderung, Schule, Alter,
Soziale Hilfen, Humangenetische Beratung,…
Institutionen und Bereiche: Kliniken (arbeiten interdisziplinär mit
Sozialarbeitern, Medizinern, Psychologen,…), Rehabzentren,
Sonderschulen, Frühförderzentren, Werkstätten,
Konstruktivistische Modelle:
Fornefeld: „Es gibt nicht den Menschen mit Behinderung“,
Behinderung ist mehrschichtig und keine statische Vorstellung.“
Wacker: „Menschen mit Behinderungserfahrungen“, „Ich werde
behindert, und nicht ich bin behindert“. Diagnosen werden häufig zu
überdramatisiert. Behinderung ist nicht unveränderlich.
Negativ: Menschen mit Behinderung sind in der Vergangenheit oft
behindert worden und tragen dadurch Narben, die gegenwärtig und
perspektivisch Narben hinterlassen.
Positiv: Menschen mit Behinderung sind kompetent und Experten in
eigener Sache und hinsichtlich ihrer zurückliegenden
Lebenserfahrung.
Menschen mit geistiger Behinderung entwickeln ihre eigenen
Strategien, um ihre Existenz zu sichern.
Lebenshilfe für das geistig behinderte Kind e.V.: haben den
Terminus der „geistigen Behinderung“ durchgesetzt. Durchsetzen
konnte sich hingegen nicht der Versuch einer Selbsthilfegruppe, die
auf eine Alternativbenennung „Menschen mit Lernschwierigkeiten“
plädierten. Für die Bezeichnung „Menschen mit geistiger
Behinderung“ spricht hingegen wieder, dass der Mensch im
Vordergrund steht und nicht die Behinderung, daher sollte der Begriff
der „geistigen Behinderung“ hinten angereiht werden. Probleme gibt
es (nach wie vor) bei der Abgrenzung zur „Lernbehinderung“.
1
Schuppener: „Die Menschen, die den Begriff der Behinderung
verstehen, akzeptieren oder ablehnen haben ein äußerst individuelles
Verständnis von der Bedeutung dieser Zuschreibung.“ (Schuppener,
112)
Thimm: Es gibt in der BRD ca. 350.000 Menschen mit dem Etikett
der „Geistigen Behinderung“, so THIMM.
KMK 2005: a.) Förderschwerpunkte: Sprache, Hören, Sehen,
Lernen körperlich/motorische Entwicklung, emotional/soziale
Entwicklung, geistige Entwicklung; Vor allem diese beiden
markierten Schwerpunkte betrafen eine hohe Anzahl an
Sonderschülern.
Ursachen geistiger Behinderung:
Medizin: Fokus auf Funktionen und Strukturen des Gehirns.
Seidel: „Geistige Behinderung sei nicht alleine mit medizinischen
Mitteln im engeren Sinne zu fassen.“
Neuhauser und Steinhausen: „Bestandsaufnahme über Stärken und
Schwächen“, „organisch-/biologische + psychosoziale Grundlagen
schaffen, für Behandlungsmaßnahmen schaffen. Der Behinderung
wirksam entgegentreten.“ Stellen aus medizinischer Sicht primär die
Ursachen und Entstehungsgeschichten vorhandener
Funktionsstörungen bei Menschen mit geistiger Behinderung in den
Vordergrund.
300 bis 400 Syndrome für geistige Behinderung, die oftmals nach
ihrem Entdecker benannt sind, z.B. das „Down-Syndrom“ nach
Langdon Down.
Pränatal: Genmutationen (Stoffwechselstörungen),
Fehlentwicklungen durch multiple Einflüsse wie AngelmannSyndrom, Fehlbildungen des ZNS, Chromosomenanomalien, Exogene
Einflüsse, wie Infektionen, Geburtstrauma, Sauerstoffmangel,…
2
Sinken der Rate der Behinderungen: Der Einfluss der
Pränataldiagnostik, die vor allem Spätgebärenden oder jungen Müttern
nahegelegt wird, ist erheblich. Rd. 98% der Frauen, die durch die
PND erfahren, dass ihr Kind Down-Syndrom hat, treiben das Kind ab.
Perinatal: durch Geburtstraumen während der Geburt oder durch
Sauerstoffmangel (Sauerstoffmangelversorgung), Frühgeburt oder
Erkrankung des Neugeborenen.
Postnatal: Entzündliche Erkrankungen des Gehirns,
Hirnhautentzündung, Gehirnentzündung, Intoxikationen, SchädelHirntraumen, Hirntumore, Thrombosen,..
Perinatale und Postnatale Ursachen für Geistige Behinderung
nehmen allerdings zu.
Definitionen:
Theunissen: „Geistige Behinderung als Etikett…“, dass Menschen
auferlegt wurde, die auf emotionaler, kognitiver, sozialer und
psychischer Ebene auf verschiedenste Bewältigungsstrategien
zurückgreifen und hierfür Ressourcen zur Unterstützung in ihrer
Lebensbewältigung benötigen – unter Einbezug der
lebensweltbezogenen Maßnahmen.“
Kognitionspsychologische Modelle:
Sarimski: „Schwierigkeiten, Zusammenhänge und Ordnungen in der
Umwelt und in sozialen Beziehungen verstehen und Verhalten zu
planen.“
Meyer: „Menschen mit geistiger Behinderung wird eine geringe Zahl
an schwach ausgebildeten Intelligenzfaktoren zugesprochen.“
Klassifikationen: Einteilung in IQ-Klassifikationen (z.B. nach der
AAMD 1959 (im anglo-amerikanischen Raum): 70 – 84
[Grenzfälle], 55- 69 [leicht], 40 – 54 [mäßig], 26 – 39 [schwer] und
weniger als 25 [sehr schwer]: die ersten beiden Gruppen fallen unter
3
die Gruppe der Lernbehinderten). Von der AAMD gibt es bis heute
aber eine andere, noch immer gebräuchliche Einteilung. Ebenso gab es
von der WHO ein so genanntes „Drei-Stufen-Schema“ (schwere
Unterentwicklung, mäßige Unterentwicklung und leichte
Unterentwicklung)
Solche IQ-Klassifikationen sind nur in geringem Maße
aussagekräftig, da sie viele wichtige Faktoren, wie Förderbedürfnisse
beispielsweise, außer Acht lassen. Sie sagen tatsächlich aber nichts
aus, wie der Mensch wirklich ist.
IQ-Klassifikation der ICD-10: WHO
Leichte Intelligenzminderung:
IQ 50 – 69 (höchster Anteil)
Mittelgradige Intelligenzminderung
IQ 35 – 49
Schwere Intelligenzminderung
IQ 20 - 34
Schwerste Intelligenzminderung
IQ unter 20 (gerings. Anteil)
Anglo-amerikanischer Raum: Bezeichnungen und
Klassifikationen
Mental-deficiency oder auch mental retardation: umfasst
Lernbehinderung und Geistige Behinderung!
Slow learners bezeichnet ebenfalls Lernbehinderte.
Die spätere, heute noch gebräuchliche Einteilung durch die
AAMD in „Grade der geistigen Retardierung“ (od.
„Behinderungsgrade“)
Sehr schwer
weniger als 20
4
Schwer
20 - 35
Mäßig
36 – 52
Die amerikanische Klassifikation lässt nur wenig Spielraum für
soziale und Lernkompetenzen, sowie Sprachfertigkeiten.
Die AAMR – American Association on mental retardation und
das Doppelkriterium:
AAMR benennt sich momentan wieder um, da “mental disability”
weniger stigmatisierend als “mental retardation”. (frühere AAMD =
American association of mental deficiency)
Die Einführung des so genannten „Doppelkriteriums“ war eine
Konsequenz der AAMR, welche die IQ-Klassifikation kritisierte. Das
„Doppelkriterium“ berücksichtigt im Rahmen der Beschreibung einer
geistigen Behinderung nicht nur das Intelligenzkriterium , sondern
auch den Faktor der sozialen Anpassung. Nach ihrer Definition
müssen mindestens 2 der genannten Bereiche des adaptiven
Verhaltens Einschränkungen vorweisen, um von einer geistigen
Behinderung sprechen zu können.
Trianguläres Verständnis von geistiger Behinderung und
Schwermehrfachbeeinträchtigung (Abbildung SchuppenerFolien)
Geistige Behinderung + Schwermehrfachbehinderung als Konstrukt
im Sinne einer „sozialen Behinderung“ (gemeint ist sozial behindert
werden).
Geistige Behinderung + Schwermehrfachbehinderung als
Entwicklungsfähigkeit im Sinne von „Kompensation von
Entwicklungsbarrieren“.
Geistige Behinderung + Schwermehrfachbehinderung als subjektive
Kompetenz im Sinne von der „Fähigkeit zur Selbst- und
Fremdregulation“
5
Dies läuft zusammen zum Grundverständnis von:
„Geistiger Behinderung und Schwermehrfachbehinderung als
Ausdruck individueller Kompetenz im Umgang mit biographisch
relevanten Behinderungserfahrungen.“
In Bezug auf die Definition der AAMR ist folgendes zusammen zu
fassen:
Von geistiger Behinderung ist erst dann zu sprechen, wenn wie bereits
angemerkt, 2 der so genannten Bereiche adaptiven Verhaltens (->
adaptive behavior, gemeint ist hier die soziale Kompetenzschwäche),
wie z.B. neben kognitiven auch soziale Anpassungsschwierigkeiten,
vorhanden sind.
Von (geistiger) Behinderung ist auch erst dann zu reden, wenn sie vor
dem 18.en Lebensjahr eingetreten ist.
Definitionen Geistiger Behinderung
Feuser: „Menschen, die wir eben dieser „Kategorie geistige
Behinderung“ zuordnen, weil wir sie – im Spiegel der Normen und
unserer Wahrnehmung von ihnen (und der Vorstellen wie „normale“
Menschen sein sollen) so bezeichnen.“ => „Sind Menschen, die wir
als geistig behindert bezeichnen.“ „Geistig Behinderte gibt es
nicht!“
Geistige Behinderung also als Folge externer Zuschreibungsprozesse.
Anhand eines Textausschnittes sollten noch einmal wesentliche
Aussagen Feuser’s in Bezug auf den Begriff und das Konstrukt
der Andersartigkeit und die Auswirkung seiner Theorie für die
Praxis, dargestellt werden: Hier eine Zusammenfassung der wesentlichen
Punkte:
6
 Zuschreibungsprozesse
 Gesellschaftlich festgelegte Normen implizieren Menschenbilder
durch Einstellungen und Werte, die wiederum dann zu
Vorurteilen und Bewertungen führen und stigmatisierend
wirken.
 Etikettierung
 Schubladisierung
 Behinderung als soziales Konstrukt
 Feuser wendet sich von einer Persönlichkeitsstörung ab, da diese
Individualität bedeute. Er tendiert zu Verhaltensstörung.
 Er kritisiert auch die Pädagogik, die die Lehrpläne für
Behinderte verkürze.
 Sein Ziel wäre eine Totale Integration. Also weg von einer
Einzelintegration hin zu einer Doppelintegration.
 Er kritisiert weiters die Leistungsbeurteilung
 Er plädiert für eine Aufhebung der Sonderschulen, einer
Umorientierung im Betreuungssystem und einer Anpassung des
Schulsystems an das Kind!
 Festhalten an einer zu defizitären und medizinischen Sichtweise.
Soziale Ebene würde komplett weggeblendet.
 Feuser’s Begriff der „Andersartigkeit“ könnte man beschreiben
als eine „andersartige Wahrnehmung“ oder eine „andersartige
Individualität“
Soziales Konstrukt Behinderung
- Behinderung entsteht durch Zuschreibung und Etikettierung (im
Spiegel gesellschaftlich festgelegter Normen)
- Behinderung entsteht durch „Hindernisse“ (vgl. „Ich Werde
behindert“)
- Behinderung in einem außersozialen Sinn gibt es nicht, oder
doch: JA: Menschen als „Bio-Psycho-Soziale“ Einheit
- Schädigungen, die uns einfach auffallen, äußerlich erkennbare
„Andersartigkeiten“ zum Beispiel
- Wir nehmen war, reagieren darauf und bewerten (negativ) und
bilden uns daraufhin eine Definition, dass jemand aufgrund
dessen für uns als „behindert“ gilt
7
Offene Frage: Sind Normen sozial bestimmt oder geschaffen?
3 Kernaussagen zum Begriff Behinderung…
Behinderung = eine illegitime Verhaltensweise gegenüber Menschen
Behinderung= negativ bewertetes, raltionales Merkmal einer
Abweichung zu sehen (CLOERKES)
Behinderung = eine existentielle Notwendigkeit und Kennzeichen
von Normalität (FEUSER) Feuser arbeitet mit „Restgruppen“, die aus
allen Institutionen fallen.
Georg Paulmichl: österreichischer Künstler und Dichter, schrieb 4
Bücher und ist selbst geistig behindert. (Bitte noch ergänzen)
Geschichtliche Entwicklung Geistig Behinderter und erste
Pädagogisierungsversuche
 Ausgangspunkt: Hochkulturen: Bei Sumerern, aber auch später
bei den Römern und den Griechen wurden Menschen mit
geistiger Behinderung verstoßen und getötet – bis zum
Mittelalter. Es gibt jedoch keine wirklichen Indizien dafür
 Menschen mit geistiger Behinderung wurden von jeglicher
gesellschaftlicher und erzieherischer Fürsorge ausgeschlossen
 Im Mittelalter setzte sich der Glaube an mythologische Ursachen
für Schwachsinn durch. Der Teufel hätte gesunde Kinder gegen
ein behindertes Kind eingetauscht, z.B. wenn die Eltern sündig
waren oder so. Oft sind die Menschen dann oft beten gegangen
in der Hoffnung vielleicht später noch ein gesundes Kind zu
bekommen. Als „Wechselbälge“ bezeichnete man Kinder mit
sowohl körperlicher als auch geistiger Behinderung. Man dachte,
der Satan hätte die Mägde zu sich ins Wasser gezerrt und sie so
lange dort behalten, bis diese schwanger würden. Dann hätte er
deren Kinder genommen und anderen Eltern in die Wiege
gelegt.
8
 Weiters wurden diese Menschen auch vor der Öffentlichkeit
abgeschirmt oder anders auch zur Schau gestellt – zur
Belustigung auf Jahrmärkten oder sie wurden als Hofnarren
gehalten.
 Bis ins 19. Jahrhundert gab es einzelne Klöster. Als es während
der Reformationszeit zur Auflösung dieser Klöster kam, kamen
die Kinder in Waisenhäuser, wodurch ihre „Andersartigkeit“
mehr und mehr verstärkt wurde.
 19. Jahrhundert: Mehr und mehr wandte man sich dem
Personenkreis geistig behinderter Menschen zu. Der Beginn der
Geistigbehindertenpädagogik ist in diese Zeit zu datieren. Die
Zuwendung zu Menschen mit geistiger Behinderung erfolgte aus
3 Sichtweisen: a) aus medizinischer Position, b) aus
pädagogisch-sozialer Position und c) aus religiös-karitativer
Position.
 Die Diskussion um Menschen mit geistiger Behinderung war
nicht auf der Ebene der „Menschlichen Würde“, sondern fand
vor allem auf der Ebene einer „Kosten-Nutzen-Frage“ statt
(„Vom Almosenempfänger zum Steuerzahler“)
 Auch waren die Interessen vielmehr wissenschaftlicher Natur:
„Wie ist eine Geistesschwäche feststellbar“ und „welche Formen
gibt es“? Als eine Form gab es den „Kretinismus“: Bei diesem
ging man damals als Ursache von einem Jodmangel aus, weil
Kretinismus bevorzugt auch in den Alpenländern auftrat.
 Medizinische Heilung des Schwachsinns -> damalige
Ziel(vorstellung)! Aufgrund der Vorstellung des Gedankens zur
Heilung gab es in folgender Zeit Gründungen von Heilanstalten
(für Heilbare und für Unheilbare)
 Guggenbühl: 1841: Gründung der 1. Heilanstalt. Diese Anstalt
musste er jedoch wieder aufgeben, da keine Besserung auftrat.
 Langdon Down: Entdeckung -> „Schwachsinnige als ‚zu
Erziehende’ zu sehen“
 Pestalozzi
 Gezielte Erziehungs- und Bildungsversuche: durch Itard (war
auch Taubstummenlehrer und pariser Arzt) -> Bsp. von „Viktor,
das wilde Kind von Aveyron“. Itard hatte nur begrenzt Erfolge
und ist letztlich gescheitert.
9
 Einen weiteren Versuch startete Seguin, der durch Itard
beeinflusst war. Von ihm gibt es das „1. Lehrbuch über die
Behandlung der Idiotie“: Entwicklung des Konzeptes. Es ging
genauer um die „physiologische Erziehung“ und er unterschied
weiters zwischen Idiotie und Imbezillität. Laut Seguins
Definition ist erstere Form als „schuldfähiger“ (schwerere Form)
zu sehen, während er zweitere Form als „unverbesserlich“
darstellt, beschreibt.
 Ad Seguin: Idiotie: Nach Seguin sei diese auch pädagogisch
beeinflussbar. Bei Seguin ist durchaus eine „sensible
Wahrnehmung“ in Bezug auf Idiotie zu erkennen. Er beschrieb
etwa, dass das „Schreien“ etwa ja die einzige Ausdrucksform
dieser Kind sei…“
 Erste staatliche Hilfsschulen (diese waren auf Privatinitiativen
gestützt) -> Ende des 19. Jahrhunderts. Davor gab es noch
zahlreiche Anstalten zur „Heilung und Bildung“.
 Die Heilpädagogik war zu dieser Zeit sehr stark auch von der
Reformpädagogik beeinflusst!
 Im 20.Jahrhundert war die Heilpädagogik allerdings weniger
von der Reformpädagogik als vielmehr von der „NS-Pädagogik“
beeinflusst.
 Ausgangspunkt der NS-pädagogischen Ideen einer Pädagogik
waren Theorien von Darwin (Selektion) und Mendel
(Vererbungslehre). Die NS-Ideologien interpretierten diese
Theorien zum Zwecke ihrer Vorstellungen und setzten diese
auch so um.
 Konsequenz für Menschen mit geistiger Behinderung: Ihnen
– den so genannten Schwachsinnigen - wurde das Lebensrecht
abgesprochen und sie wurden für bildungsunfähig abgestempelt.
 1.1.1934 – Inkraftreten des Gesetzes zur „Zwangssterilisation“
zur Verhinderung/Vermeidung unwerten Lebens.
 Euthanasieprogramm vernichtete alle als schwachsinnig
geltenden Menschen
 Das Hilfsschulwesen wurde abgeschafft
 Kosten-Nutzen-Analyse-Tabellen bestimmten oder regelten die
ökonomische Brauchbarkeit und Verwertbarkeit Behinderter.
10
Die Situation nach dem 2.Weltkrieg
 Anknüpfungsversuche an das Versorgungs- und Bildungssystem
vor 1930
 Menschen mit geistiger Behinderung werden noch immer als
bildungsunfähig angesehen -> Reichsschulpflichtgesetz von
1938
 1958: Gründung der „Lebenshilfe für das geistig behinderte
Kind e.V.“ durch eine Elterninitiative
 70-er Jahre: Errichtung von Lehrstühlen für
Geistigbehindertenpädagogik
 1973: Beschulung von Schwerstbehinderten
STOP: Skript Seite 15
11
„Sichten und Vernichten“: Die Nazis missbrauchten die
Psychiatrie nicht, die Psychiatrie brauchte die Nazis.
Ziel war es die Anstalten von den Ballastexistenzen zu befreien, um
mit der Therapie für Heilbare beginnen zu können. Die Nazis
machten also das möglich, was Anstalten schon lange forderten. Ärzte
und Schwestern erhielten Blutgeld, wenn sie schwiegen.
Die Funktion der Psychiatrie zur NS-Zeit war eine andere, wie sie es
heute ist. Damals war das Anliegen nicht „Heilen“ oder
„Therapieren“, sondern „Entsorgen“, „Verwahren“ der
Ballastexistenzen. Mit Hilfe der Nationalsozialisten wurde nicht nur
verwahrt und entsorgt, sondern auch zwangssterilisiert (vgl.
Bonhoeffer: „Forderung nach einer sauberen Diagnostik“ und
„Unfruchtbarmachung geistig behinderter Menschen“), geforscht,
getötet und seziert – vor allem bei Kindern. Im Interesse der
Forschung missbrauchte man Kindern zum Zwecke der
Gehirnforschung – beispielsweise dann, wenn ein Kind eine
„interessante Krankheit“ aufwies.
Die „Behandlung“ der „Verwahrten“ erfolgte durch Elektroschocks,
die oftmals zu Knochenbrüchen führten oder durch Insulinschocks,
welche nach einigen Stunden zu Bewusstlosigkeit führten.
Kinder wurden wie Forschungsobjekte behandelt und vorgeführt.
Vergleich auch die Ereignisse in „Schloss Hartheim“.
Grundhaltung Paul Klee’s gegenüber der Psychiatrie
„Ein weltweit einmaliges Verbrechen: Psychiater versuchen, Kranke
und Behinderte komplett auszurotten.“ (zit. n. Klee, bidok-online)
Selbst nach Hitler’s 1941 angeordneten Vergasungsstop und nach der
Befreiung wurde weiter gemordet, und zwar mehr denn zur Nazizeit
selbst. Der Massenmord sei nicht nur als einmalige Gelegenheit
genutzt worden, die "Ballastexistenzen" loszuwerden, nein, die so
genannten "Lebensunwerten" dienten auch als menschliche
Versuchskaninchen, so Klee weiter. (ebd.)
12
Er bemängelt, dass Anstaltsleiter und Gehilfen nie zur Verantwortung
gezogen wurden und im Gegenteil, sogar nach der NS-Zeit noch
„höhere Stellen“ einnahmen, oder sogar Auszeichnungen bekommen.
Vor, während und nach der NS-Zeit wurden Tötungen als legitim
angesehen und nicht sanktioniert. Kein einziger deutscher Psychiater
verhinderte einen Abtransport. Schwestern erhielten Blutgeld, damit
sie über die Vorkommnisse schwiegen.
Definition Geistiger Behinderung unter Berücksichtigung des
„Sozialen Konstrukts“
Nach Feuser „gibt es geistige Behinderung nicht“: Sie verstehe sich
nur als eine Bezeichnung für einen Personenkreis – den wir in
Wahrnehmung seiner Tätigkeiten, unter dem Blickwinkel von
gesellschaftlich festgelegten Normen, mit dem Etikett „Geistig
Behindert“ versehen.
Geistige Behinderung als Zuschreibung und Etikettierung. Von der
Gesellschaftlich festgelegte Normen führen bei den Menschen zu
bestimmten Menschenbildern und Einstellungen. Sie beginnen –
anhand bestimmter Wert- und Normvorstellungen – zu bewerten und
beurteilen, also zu etikettieren. Das ist stigmatisierend und defizitär
orientiert.
ICD-10 und DSM-IV im Vergleich:
Die ICD-10 umfasst in Kapitel V „Psychische Störungen und
Verhaltensstörungen“, in den Punkten F70-79 sind Menschen mit
„Intelligenzminderung“ klassifiziert. Dieser Definition ist rein
medizinisch geprägt. Als Intelligenzminderung wird ein Zustand
beschrieben, der aufgrund verzögerte und unvollständiger
Entwicklung geistiger Fähigkeiten einher getreten ist.
Der Schwergrad der Intelligenzminderung kann durch standardisierte
Verfahren wie IQ-Tests ermittelt werden, gegebenenfalls in
Kombination mit Skalen zur Ermittlung der sozialen Anpassung.
13
Die DSM-IV ist ein diagnostisches und medizinisches Manual
psychischer Störungen und von der „American Psychiatric
Association“ herausgegeben. Sie ist defizitorientiert und verteilt nach
IQ-Werten. Vom IQ-Bereich wird auf Merkmale der Behinderung
geschlossen. Soziale Anpassungsschwierigkeiten werden durch
kognitive Schwächen erklärt.
Vor- und Nachteile von Intelligenzdiagnostik
Nachteile: Die IQ-bezogene Sichtweise ist sehr fragwürdig und
einseitig, da sie die pädagogischen Qualitäten zu sehr ausspart, bzw.
kommunikative und soziale Aspekte völlig ausgrenzt.
Nachteil: IQ sagt nichts über Lebenserfolg und Kompetenzen aus.
Auch Menschen mit einem hohen IQ haben oder können psychische
Störungen haben, daher zeigt sich auch hier die Eingeschränktheit
einer solchen Klassifizierung.
Selektion wird wichtiger als Förderung.
Häufig liegen in der Intelligenzdiagnostik veraltete Normierungen vor.
Tests sind nicht auf die Zielgruppe Geistig Behinderter ausgerichtet.
Testaufgaben sind oft zu schwer.
Viele Tests sind oft sprachgebunden, was viele Menschen mit
geistiger ‚Behinderung nicht testbar macht.
Tests sind auch oft alterbezogen, also auf Kinder und Jugendliche, und
auch schulleistungsbezogen.
Lösungsvorschläge
14
Wiederholung von Testaufgaben
Orientierung am potentiellen Entwicklungsalter bzw. leichtere
Aufgaben
Umformulierung von Fragen und Instruktionen
Motivations- und Lösungshilfen, keine strengen Zeitrahmen,
Aufheben der Prüfungsfunktion durch Eisbrecherfunktion durch in
Kontakttreten mit den Personen, z.B. mit Spielzeug,
Alternativvorschläge
Ausführliche Anamnesen, strukturierte Verhaltensbeobachtung,
Gespräche und/oder Übungen, Spiele, keine Altersvergleiche, keine
Einordnung;
Vorteile:
Klinische Psychologie
Untersucht als Teildisziplin der Psychologie „biologische, soziale,
entwicklungs- und verhaltensbezogene sowie kognitive und emotionale
Grundlagen psychischer Störungen, sowie Auswirkungen dieser
Störungen und anderer Erkrankungen (z.B. neurologische Störungen,
Krebs, chronische Herzleiden uvm.) auf die oben genannten Bereiche
des Erlebens und Verhaltens“.
Primär betreibt die Klinische Psychologie allerdings
Grundlagenforschung, „indem sie aus der Erforschung von
„gestörtem“ Erleben und Verhalten Rückschlüsse auf „normale“
psychische Funktionsbereiche liefert“. (ebd.)
15
Entwicklungspsychologische Sichtweise von Geistiger
Behinderung
Nach dieser Perspektive sei bei geistiger Behinderung das „zentrale
Merkmal der Verlangsamung grundlegender Entwicklungsverläufe zu
sehen“.
Differenz- und Entwicklungstheoretische Ansätze
Ausgangspunkt:
Seit Anfang 90-er: Frage nach der Anteiligkeit erworbener und/oder
angeborener Einschränkungen: Itard-Pinel-Kontroverse: Itard:
„Jeder ist von seiner Umwelt beeinflusst“. Pinel: „Determinanten der
Entwicklung liegen in der Person selbst“.
Differenztheoretische Sichtweise
Geistige Behinderung = „grundsätzliche Andersartigkeit“ der
Entwicklung. Theorien nach diesem Ansatz: „Rigiditätstheorien“
nach Lewin, „Theorie der Reizspurschwäche“ nach Ellis und
„Theorie der Systemdissoziation“ nach Lurija. Hinweis auf Differenzund Defekttheorien: Defekttheorien -> bestimmte kognitive Prozesse
bei Kindern mit geistiger Behinderung, werden gar nicht durchlaufen.
Differenztheorien: postulieren keinen direkten Wegfall kognitiver
Entwicklungsphasen, aber sie weisen auf eine geringere Ausprägung
16
einzelnen kognitiver Entwicklungsprozesse im Gegensatz zu normal
entwickelten Kindern hin.
Differenztheorie:
Geistig Behinderte unterscheiden sich von Normalen trotz gleichen
Niveaus der Allgemeinintelligenz in speziellen kognitiven
Funktionen. Das pädagogische Anliegen dieses Ansatzes liegt in der
Kompensation von Defiziten.
Entwicklungstheoretische Sichtweise
Geistige Behinderung = Kinder durchlaufen grundsätzlich die
gleichen Entwicklungsstufen wie Kinder ohne Beeinträchtigung, aber
mit verlangsamten Entwicklungstempo.
Fazit
Differenztheoretischer Ansatz wurde in den letzten Jahren zunehmend
von dem entwicklungstheoretischen Ansatz abgelöst. Die
entwicklungstheoretische Sichtweise hat dafür verschiedentliche
Reformulierungen erfahren.
17
18
Herunterladen