AG Handels- und Gesellschaftsrecht Peter Schantz Sommersemester 2009 Fall 8 Die Studenten A und B betreiben unter dem Namen „A und B, Software Systems GbR“ ein Softwareentwicklungsunternehmen. Über eigene Geschäftsräume verfügen sie nicht. Erhalten sie einen Auftrag, entwickeln sie die Software in den Räumen ihrer WG. Während des laufenden Semesters lehnen sie bisweilen auch Aufträge ab, schließlich wollen sie ihr Studium in der Regelstudienzeit ‚durchziehen‘. Die von ihnen benutzte Hardware entspricht nicht mehr dem neuesten Stand der Technik. Für den Kauf neuer Computer brauchen sie daher dringend Geld. Da sie selbst beide vermögenslos sind und auch im Gesellschaftsvermögen keine liquiden Mittel zur Verfügung stehen, überlegen sie, den vermögenden X als neuen Gesellschafter aufzunehmen. Um X für ihre Sache zu gewinnen, schwärmen sie ihm gegenüber von einem nichtexistenten Großauftrag. ‚Zum Beweis‘ zeigen sie ihm gefälschte Auftragsbestätigungen. Aufgrund der positiven Auftragslage willigt X ein. A und B schließen daraufhin einen Vertrag mit X, demzufolge dieser für zunächst 3 Jahre Gesellschafter von „Software Systems“ werden soll. Die vereinbarte Einlage von 5.000 € leistet X an die Gesellschaft; er wird auch auf den gemeinsamen Briefkopf von „Software Systems“ aufgenommen. Mit selbigem bestellt der einzelgeschäftsführungsbefugte A namens der Gesellschaft bei E neue Computer und Zubehör im Werte von 5.000 €, die auch vereinbarungsgemäß geliefert werden und deren Kaufpreis aus Gesellschaftsmitteln bezahlt wird. Darüber hinaus bestellt A namens der Gesellschaft bei F Büromöbel im Werte von 3.000 €, die dieser auch liefert. Der Kaufpreis wird jedoch nicht gezahlt. In der Zwischenzeit hat X von dem nichtexistenten Großauftrag erfahren und ficht seinen Beitritt zur Gesellschaft an. Weiterhin verlangt er die Rückerstattung seiner Einlage. F hingegen macht gegen X seinen Kaufpreisanspruch wegen der Büromöbel in Höhe von 3.000 € geltend. Wie ist die Rechtslage? Abwandlung 1: Welche Ansprüche stünden X zu, wenn A und B ihr Unternehmen in der Rechtsform einer OHG betrieben hätten? Abwandlung 2 A und B betreiben keinen Softwareunternehmen, sondern sind Anwälte und bilden eine Zwei-Mann-Sozietät. Im Februar 2008 stellen Sie den promovierten Junganwalt J bei sich an. Obwohl J nur als angestellter Anwalt arbeitet, führen sie J als Partner auf dem Briefkopf, da sich der Doktortitel so gut macht. Kann F den J wegen des Kaufpreises in Anspruch nehmen? b) Auf dem Weg zum Gericht übersieht J eine rote Ampel und fährt die Rentnerin R an. An wen kann sich R halten? 1 AG Handels- und Gesellschaftsrecht Peter Schantz Sommersemester 2009 Lösung Fall 8 A. Anspruch des F gegen X auf Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 3.000 € gem. § 433 Abs. 2 BGB i.V.m. 128 S.1 HGB F könnte gegen X ein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises iHv 3000 € gem. § 433 II BGB iVm § 128 HGB zustehen. Dies setzt zunächst voraus, dass es sich bei „Software Systems“ um eine OHG handelt. Dies richtet sich nach dem wirksamen Vorliegen einer OHG im Außenverhältnis gem. § 123 HGB. „Software Systems“ ist nicht im Handelsregister eingetragen, so dass sie nicht gem. § 123 I HGB im Außenverhältnis wirksam ist. Auch ist zweifelhaft, ob „Software Systems“ gem. § 123 II HGB Dritten gegenüber wirksam ist. Zwar hat die Gesellschaft ihre Geschäfte, die Entwicklung von Software, schon vor Eintragung im Handelsregister betrieben. Allerdings müsste es sich bei dem Geschäftsgegenstand um das Betreiben eines Handelsgewerbes iSv § 1 HGB handeln. Gem. § 1 II HGB ist ein Handelsgewerbe jeder Gewerbebetrieb, der nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, was sich aus einer Gesamtschau im Einzelfall ergibt. Angaben über den Umsatz des von A und B betriebenen Geschäftes liegen nicht vor. Sie verfügen weder über Angestellte, noch über Geschäfts- oder Lagerräume. Es ist auch kaum vom Bedürfnis einer Lagerhaltung oder der Teilnahme am Wechsel- und Kreditverkehr auszugehen. All dies spricht gegen das Bedürfnis eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes, eine Wirksamkeit im Außenverhältnis gem. § 123 II HGB scheidet somit aus. Folglich handelt es sich bei „Software Systems“ nicht um eine OHG, so dass kein Anspruch gem. § 433 II BGB iVm § 128 S. 1 HGB besteht. B. Anspruch des F gegen X auf Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 3.000 € gem. § 433 Abs. 2 BGB i.V.m. 128 S.1 HGB analog F könnte einen Anspruch gegen X auf Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 3.000 € gem. § 433 Abs. 2 BGB i.V.m. 128 S.1 HGB analog haben. Dies setzt voraus, dass X im Zeitpunkt des wirksamen Kaufvertragsschlusses zwischen F und der GbR noch Gesellschafter der GbR war. I. wirksamer Kaufvertrag zwischen F und der Gesellschaft Zwischen F und der GbR müsste ein Kaufvertrag geschlossen worden sein, der die GbR wirksam verpflichtet. 1. Vorliegen einer rechtsfähigen Gesellschaft in Form einer GbR Fraglich ist zunächst, ob „Software Systems, A und B GbR“ eine selbständige Zuordnungseinheit darstellt. Dies wäre der Fall, wenn es sich bei „Software Systems, A und B GbR“ um eine rechtsfähige Gesellschaft handelte. a. Gesellschaftsvertrag einer GbR Dazu bedarf es zunächst eines zwischen A und B abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages iSv § 705 BGB. Ein solcher liegt vor. b. (Teil-)Rechtsfähigkeit der GbR Weiterhin bedarf es der Rechtsfähigkeit der GbR. Zumindest eine nach außen auftretende GbR ist als eigenständiges Rechtssubjekt anzusehen (vgl. Grundsatzentscheidung BGHZ 146, 341 ff). Von einer Außen-GbR ist jedenfalls dann auszugehen, wenn sie unter eigenem Namen am Rechtsverkehr teilnimmt. A und B entwickeln unter dem gemeinsamen 2 AG Handels- und Gesellschaftsrecht Peter Schantz Sommersemester 2009 Namen „Software Systems, A und B GbR“ Software. Abweichend von § 709 BGB ist Einzelgeschäftsführung vereinbart, so dass zudem eine der Teilnahme am Rechtsverkehr dienende Organisationsstruktur gegeben ist. Damit handelt es sich bei „Software Systems, A und B GbR“ um eine Außen-GbR, die ein eigenständiges Rechtssubjekt darstellt. 2. wirksamer Kaufvertragsschluss a. Einigung durch Abgabe übereinstimmender WEn (+) b. wirksame Vertretung der Gesellschaft durch A A müsste die GbR bei Abschluss des Kaufvertrages wirksam gem. §§ 164 I, 714 BGB vertreten haben. A hat bei Vertragsschluss eine Willenserklärung im Namen der GbR (offenkundig) abgegeben (§ 164 I 2 BGB); fraglich ist lediglich, ob dies im Rahmen der ihm zustehenden Vertretungsmacht geschah. Gem. § 714 BGB richtet sich die Vertretungsmacht nach der Geschäftsführungsbefugnis, soweit (im Gesellschaftsvertrag) nichts Abweichendes vereinbart ist. A war nach dem Gesellschaftsvertrag einzelgeschäftsführungsbefugt; somit war er bei Abschluss des Kaufvertrages auch (einzel)vertretungsberechtigt. II. X als Gesellschafter der GbR X müsste ferner bei Inanspruchnahme durch F Gesellschafter gewesen sein. Dies ist der Fall, wenn er in die GbR wirksam eingetreten war und seine Gesellschafterstellung bis zu diesem Zeitpunkt nicht wieder verloren hat. 1. wirksamer Eintritt in die GbR X müsste zunächst wirksam in die GbR eingetreten sein. Zum Eintritt in eine Personengesellschaft sind ein Vertragsschluss zwischen den Altgesellschaftern und dem Aufzunehmenden, sowie die Leistung der Einlage erforderlich. X hat mit A und B einen Vertrag über die Aufnahme in die GbR geschlossen, sowie seine Einlage in Höhe von 5000 € geleistet. Dies ist durch die Aufnahme in den Briefkopf von „Software Systems“ auch nach außen erkennbar geworden. Damit ist er wirksam in die GbR eingetreten. Exkurs: Beitritt in eine Personengesellschaft Der Beitritt setzt ein Handeln aller Gesellschafter voraus, da es um die Änderung des Gesellschaftsvertrages und damit um ein Grundlagengeschäft der Gesellschaft geht. Die Vornahme eines Grundlagengeschäfts ist nicht mehr von der Geschäftsführungsbefugnis eines einzelnen Gesellschafters gedeckt, d.h. alle Gesellschafter müssen an solchen Geschäften beteiligt werden. Zur Aufnahme eines neuen Gesellschafters in eine bestehende Gesellschaft bedarf es eines Vertrages zwischen dem Aufzunehmenden und den bisherigen Gesellschaftern (BGHZ 26, 330, 333); die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter ist erforderlich, wenn sie nicht im Gesellschaftsvertrag - durch Mehrheitsentscheidung - vorweggenommen wurde. Durch die Aufnahme wird die Identität der Gesellschaft nicht berührt. Deshalb ist keine Übertragung des Gesellschaftsvermögens erforderlich (es entsteht also keine neue Gesellschaft); 3 AG Handels- und Gesellschaftsrecht Peter Schantz Sommersemester 2009 vielmehr wächst der Anteil dem Gesellschaftsvermögen zu und der neue Gesellschafter wird automatisch Mitglied der Gesamthand (Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl. 2006, unter § 6 IV 4; zu den Besonderheiten der Gesamthand vgl. Hueck/Windbichler, Gesellschaftsrecht, 21. Aufl. 2008, § 3 Rn 4-9.). 2. Anfechtung der Beitrittserklärung Fraglich ist, ob durch die Anfechtung der Beitrittserklärung zur Gesellschaft die Erklärung ex tunc gem. § 142 I BGB nichtig und X somit nicht Gesellschafter der GbR ist. Dies erfordert eine wirksame Anfechtung der Eintrittserklärung. Voraussetzungen der Anfechtung a) Anfechtungsgrund: arglistige Täuschung gem. § 123 Abs. 1 BGB b) Anfechtungserklärung: § 143 I BGB: liegt vor c) Anfechtungsfrist: § 124 I BGB: wurde hier eingehalten Zwischenergebnis: Die Voraussetzungen für die Anfechtung liegen vor. 3. Rechtsfolge: Die Rechtsfolge wäre gem. § 142 I BGB die Nichtigkeit der Beitrittserklärung des X mit der Wirkung ex tunc (Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Zustandekommens). X wäre nicht Gesellschafter der GbR und könnte somit auch nicht akzessorisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften. 4. Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft (fG) Fraglich ist jedoch, ob die Regeln der Anfechtung im Gesellschaftsrecht uneingeschränkt Anwendung finden. Die Rückwirkung der Anfechtung des Gesellschaftsvertrages gem. § 142 I BGB würde zu erheblichen Rückabwicklungsschwierigkeiten führen. Die Gesellschaft müsste so angesehen werden, als habe sie in dieser Form nie bestanden, obwohl sie als solche im Rechtsverkehr auftrat und auch Geschäfte abschloss. Die in Vollzug gesetzte Gesellschaft ist jedoch eine Organisation, auf deren Bestand und Beschaffenheit sich außenstehende Dritte ebenso wie die Gesellschafter selbst verlassen (Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Auflage 2006, unter § 26 I; zur Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrages allgemein Hueck/Windbichler, Gesellschaftsrecht, 21. Aufl. 2008, § 6 Rn 2 ff). Sie ist eine auf Dauer angelegte und tatsächlich vollzogene Leistungsgemeinschaft, zu der die Gesellschafter Beiträge erbringen, deren Gewinnchancen sie nutzen und deren Risiko sie tragen. Gleiches gilt für den Beitritt zu einer Gesellschaft, da das Vertrauen in den Bestand und die Beschaffenheit der Gesellschaft geschützt wird (BGH NJW 1992, 1501, 1502: Nach ständiger Rspr. gelten die zur fehlerhaften Gesellschaft entwickelten Grundsätze auch für den fehlerhaften Beitritt zu einer Gesellschaft.). Vor allem hinsichtlich der Rechtsfolgen können also die Bestimmungen der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre nicht ohne weiteres auf die Gesellschaft angewandt werden. Die Rechtsfolgen von Mängeln/Fehlern nach den für fehlerhafte Rechtsgeschäfte geltenden Vorschriften sind vielmehr aus Gründen des Dritt- bzw. Gläubigerschutzes einzuschränken. Für das Problem von Fehlern/Mängeln des Gesellschaftsvertrages wurde daher die Lehre von der 4 AG Handels- und Gesellschaftsrecht Peter Schantz Sommersemester 2009 fehlerhaften Gesellschaft entwickelt, um die „soziale Wirklichkeit des Verbandes mit den Maßstäben des Vertragsrechts zu versöhnen“ (K.Schmidt, § 6 I 1 a). Fraglich ist, ob die Anwendungsvoraussetzungen der fehlerhaften Gesellschaft vorliegen. a) wirksamer Beitritt (bzw. Gesellschaftsvertrag) Es müsste ein wirksamer Beitritt erfolgt sein. Dies ist der Fall (s.o.). b) Beitritt (bzw. Gesellschaftsvertrag) in Vollzug gesetzt Der wirksame Beitritt des X müsste auch tatsächlich vollzogen worden sein. BGH NJW 1992, 1501, 1502: Der Beitritt ist erst vollzogen, wenn Rechtstatsachen geschaffen worden sind, an denen die Rechtsordnung nicht vorbei kann. Das ist der Fall, wenn der Beitretende Beiträge geleistet oder gesellschaftsvertragliche Rechte ausgeübt hat. Dazu genügt es, wenn der Gesellschafter den Geschäftsführer (monatelang) für die Gesellschaft und damit auch für sich handeln lässt. X hat seine Einlage an die Gesellschaft gezahlt; danach wurden durch A mehrere Geschäfte für die Gesellschaft abgeschlossen. Exkurs: fehlerhafte Gesellschaftsgründung Bea: Liegen Mängel oder Fehler bei Abschluss eines Gesellschaftsvertrages (Gründungsvertrag) vor und geht es in diesem Zusammenhang um die Frage des Vollzugs der Gesellschaft, so reicht (in jedem Fall bei den Personengesellschaften) die Zahlung der Einlage/des Beitrages an die Gesellschaft für den Vollzug der Gesellschaft nach einer Auffassung nicht aus. In diesen Fällen muss die Gesellschaft vielmehr im Außenverhältnis tätig geworden sein, um einen Vollzug bejahen zu können. Die Anforderungen sind im Einzelnen umstritten, wobei teilweise Unterschiede in Bezug auf die Behandlung einer fehlerhaften GbR gegenüber der einer fehlerhaften OHG gemacht werden (vgl. insoweit die überblicksartige Darstellung Hueck/Windbichler, Gesellschaftsrecht, 21. Aufl. 2008, § 6 Rn 8 (GbR), § 13 Rn 14 (OHG)). Exkurs: Beitritt noch nicht vollzogen Wie wäre der Fall zu behandeln, wenn der Beitritt noch nicht vollzogen wäre? X könnte (soweit die Voraussetzungen vorliegen) seine Beitrittserklärung anfechten, mit der Wirkung, dass der dem Beitritt zugrunde liegende Vertrag als von Anfang an nichtig anzusehen ist. Der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag zwischen A und B bliebe davon "unberührt", d.h. bestünde weiterhin zwischen den ursprünglichen Gesellschaftern A und B fort. c) Gesellschaftsverhältnis muss mit Fehler/Mangel behaftet sein Ferner müsste das Gesellschaftsverhältnis mit einem Mangel behaftet sein, der bei Anwendung der allgemeinen Vorschriften eine anfängliche Unwirksamkeit des Beitrittes zur Folge hätte. X ficht seine Beitrittserklärung an; nach den allgemeinen Vorschriften hätte dies 5 AG Handels- und Gesellschaftsrecht Peter Schantz Sommersemester 2009 deren Nichtigkeit mit der Wirkung ex tunc gem. § 142 I BGB zur Folge ( vgl. oben.). d) keine überwiegenden Interessen eines Einzelnen oder der Allgemeinheit entgegenstehend Der Annahme einer fG dürfte nicht ausnahmsweise der Schutzzweck der allgemeinen Bestimmungen des Privatrechts entgegenstehen. Dies wäre der Fall, wenn der Gesellschaftsvertrag gegen ein gesetzliches Verbot verstieße (§ 134 BGB), besonders grobe Sittenwidrigkeit iSv § 138 I BGB vorläge, oder ein Minderjähriger an der Gesellschaft beteiligt wäre (bei MJ sind die Rechtsfolgen im Einzelnen strittig). Auch bei einer gem. § 117 BGB zum Schein eingegangenen Gesellschaft finden die Grundsätze über die fG keine Anwendung, gutgläubige Dritte werden über die Regeln der Vertrauenshaftung geschützt. (vgl. zu den Grenzen der fG: Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Auflage 2006, unter § 26 IV, sowie zu den Besonderheiten im Falle der arglistigen Täuschung bei einer zweigliedrigen Gesellschaft). Selbst wenn X von A und B arglistig getäuscht worden ist, steht weder sein Schutzinteresse, noch das der Allgemeinheit der Annahme einer fehlerhaften Gesellschaft entgegen. e) Zwischenergebnis: Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft sind gegeben. Im Grundsatz besteht damit das Gesellschaftsverhältnis trotz des Mangels solange fort, bis der Fehler von einem Gesellschafter geltend gemacht wird; es wird fingiert, dass die Gesellschaft sowohl im Außenals auch im Innenverhältnis wirksam zustande gekommen ist. 5. Rechtsfolge: Abweichend von den Rechtsfolgen nach den allgemeinen Vorschriften hat der fehlerhaft der „Software Systems GbR“ beigetretene Gesellschafter X nur das Recht zur außerordentlichen Kündigung der Gesellschaft, § 723 Abs. 1 BGB. Bis zur Ausübung des Kündigungsrechtes besteht die Gesellschaft mit X als Gesellschafter weiterhin fort. Damit kann der Beitritt zur Gesellschaft entgegen den allgemeinen Vorschriften nicht für die Vergangenheit (ex tunc), sondern lediglich für die Zukunft (ex nunc) beseitigt werden. Zwar kann die Anfechtungserklärung des X als außerordentliche Kündigung der Gesellschaft ausgelegt werden. Die Kündigung erfolgte jedoch erst nach Vertragsschluss mit F. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit F war X somit Gesellschafter der GbR. Als solcher haftet X gem. § 128 HGB analog akzessorisch für die Gesellschaftsverbindlichkeiten. III. Ergebnis F hat einen Anspruch gegen X auf Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 3.000 € aus §§ 433 Abs. 2 BGB i.V.m. 128 HGB analog. 6 AG Handels- und Gesellschaftsrecht Peter Schantz Sommersemester 2009 C. Anspruch des X auf Erstattung seiner Einlage i.H.v. 5.000 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB X könnte gegen „Software Systems, A und B GbR“ einen Herausgabeanspruch gem. § 812 I 1 Alt. 1 BGB haben, wenn er die 5.000 € ohne Rechtsgrund an die Gesellschaft geleistet hat. I. Etwas geleistet X müsste an die GbR etwas geleistet haben, d.h. er müsste ihr bewusst und zweckgerichtet zur Mehrung ihres Vermögens einen geldwerten Vorteil verschafft haben. Dies hat er getan, indem er zur Tilgung seiner Einlageschuld 5.000 € an die GbR gezahlt hat, die in Eigentum und Besitz der GbR übergegangen sind. II. ohne Rechtsgrund X müsste die 5000 € jedoch ohne Rechtsgrund an die GbR geleistet haben. 1. Gesellschaftsvertrag als Rechtsgrund X ist durch Vertrag mit A und B dem Gesellschaftsvertrag beigetreten; aufgrund der darin getroffenen Vereinbarung hat X seine Einlage von 5.000 € an die Gesellschaft (an das Gesamthandsvermögen) geleistet. Damit besteht grundsätzlich ein Rechtsgrund. 2. Nichtigkeit des Beitrittsvertrages gem. § 142 I BGB wegen Anfechtung durch X Der Beitrittsvertrag könnte jedoch wegen der Anfechtung des X gem. § 142 I BGB ex tunc nichtig sein. Wie oben bereits ausgeführt, hat die Anfechtung des X jedoch nicht die Nichtigkeit seiner Willenserklärung mit der Wirkung ex tunc zur Folge. Vielmehr kommt die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft zur Anwendung: folglich steht X ein außerordentliches Kündigungsrecht zu, der Gesellschaftsvertrag bzw. Beitrittsvertrag aber wird bis zur Ausübung dieses Rechtes als wirksam betrachtet. Der Rechtsgrund für die Zahlung der Einlage besteht somit. Dieser ist auch nicht nachträglich weggefallen, weil die Gesellschaft durch die Kündigung in ein spezielles gesellschaftsrechtliches Abwicklungsverfahren (§§ 730 ff. BGB: Auflösung - Liquidation/Auseinandersetzung - Beendigung) überführt wird. III. Ergebnis X hat gegen die Gesellschaft keinen Anspruch gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung der Einlage. Exkurs: Beachte: Auch bei einer fehlerhaften Gesellschaft bleibt die Einlagenverpflichtung des Gesellschafters grundsätzlich bestehen, da bis zur Geltendmachung der fehlerhaften Gesellschaft die Gesellschaft bzw. der Beitritt wirksam besteht. Dies ist vor allem in den Fällen relevant, in denen der Gesellschafter seine Einlage in das Gesellschaftsvermögen noch nicht voll erbracht hat. D. Anspruch des X auf Rückzahlung der 5.000 € gem. § 733 Abs. 2 BGB X könnte ein Anspruch auf Rückzahlung seiner Einlage in Höhe von 5000 € gem. § 733 II BGB zustehen. I. Auflösung der GbR 7 AG Handels- und Gesellschaftsrecht Peter Schantz Sommersemester 2009 Dies setzt die Auflösung der GbR mit anschließender Auseinandersetzung voraus. Der Gesellschaftsvertrag zwischen A, B und X wurde auf bestimmte Zeit (3 Jahre) geschlossen. Die Gesellschaft könnte jedoch durch außerordentliche Kündigung gem. § 723 I 2 BGB des X aufgelöst worden sein. 1. Kündigungserklärung An die Kündigungserklärung sind (bei der GbR) keine besonderen Anforderungen zu stellen; eine formlose Willenserklärung reicht aus. Die Anfechtungserklärung des X kann hier als Kündigung ausgelegt werden. 2. Kündigungsgrund X müsste gem. § 723 I 2 BGB ein wichtiger Grund zustehen, aus dem er die Kündigung erklärt. X hat seinen Beitritt zur Gesellschaft von A und B wegen arglistiger Täuschung angefochten. Aufgrund der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft hat die Anfechtung jedoch nicht die Nichtigkeit des Rechtsverhältnisses ex tunc zur Folge. Vielmehr ist aufgrund der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft die Rechtsfolge, dass dem X ein fristloses Kündigungsrecht gem. § 723 Abs. 1 2 BGB (aus wichtigem Grund) zusteht. Exkurs: Kündigungsrecht als Rechtsfolge der fehlerhaften Gesellschaft Die Rechtsfolge der fehlerhaften Gesellschaft bei der GbR ist das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund. § 723 Abs. 1 S. 1 BGB bestimmt, dass bei einer auf unbestimmte Zeit eingegangenen Gesellschaft auch die ordentliche Kündigung jederzeit möglich sein soll. Die Kündigung ist eigentlich keinen Fristen unterworfen, d.h. sie ist mit sofortiger Wirkung möglich. Diese Bestimmung kann gesellschaftsvertraglich jedoch abbedungen werden, was auch meistens der Fall ist. Die Rechtsfolge der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund sichert also unabhängig von den vertraglichen Vereinbarungen dem betroffenen Gesellschafter das Recht zu, sofort kündigen zu können. Eine weitere Frage ist, ob die Kündigung immer zur Auflösung der Gesellschaft führt. Grundsätzlich ist dies bei der GbR der Fall. Durch eine entsprechende Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag (vgl. § 736 BGB) kann die Kündigung auch zum Ausscheiden des Gesellschafters führen. Ob der Fall der außerordentlichen Kündigung auch von einer entsprechenden Fortsetzungsklausel erfasst wird, ist Auslegungsfrage und muss im Einzelfall entschieden werden, dabei muss auch die Grenze der "unzulässigen Rechtsausübung" beachtet werden. 3. keine Kündigung zur Unzeit Die Kündigung darf gem. § 723 II BGB nicht zur Unzeit geschehen, sofern kein wichtiger Grund vorliegt; ansonsten hat der kündigende Gesellschafter den übrigen Gesellschaftern den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Unzeitig ist die Kündigung, wenn ihr Zeitpunkt die gemeinschaftlichen Interessen der Gesellschafter verletzt. Mit der fehlerhaften Gesellschaft liegt ein wichtiger Grund für die Kündigung des X vor. II. Rechtsfolge 8 AG Handels- und Gesellschaftsrecht Peter Schantz Sommersemester 2009 Die Auflösung der Gesellschaft führt jedoch nicht zur völligen Beseitigung, sondern zur Liquidation (Auseinandersetzung) nach den allgemeinen Vorschriften, §§ 730ff. BGB (für OHG/KG §§ 145 ff. HGB). Nach der Auflösung der Gesellschaft findet gem. § 730 Abs. 1 BGB die Auseinandersetzung der Gesellschaft statt. Gemäß § 733 Abs. 2 BGB kann X die Rückzahlung seiner Einlage verlangen. Der letztlich an ihn zu zahlende Betrag richtet sich aber nach dem verbleibenden Gesellschaftsvermögen. Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen unterliegen folgender Reihenfolge: 1. Begleichung von Gesellschaftsschulden (§ 733 Abs. 1) 2. Einlagenrückgewähr (§ 733 Abs. 2) 3. Überschussverteilung (§ 734). Dieser Anspruch besteht zwar, wird aber im vorliegenden Fall wohl nicht zur (vollständigen) Befriedigung des X führen, da das Gesellschaftsvermögen wiederum nicht zur (vollständigen) Befriedigung ausreicht. E. Schadensersatzanspruch des X gegen die Täuschenden (A und B) gem. §§ 280 Abs. 1 i.V.m. 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB X könnte gegen A und B ein Schadensersatzanspruch gem. §§ 280 Abs. 1 i.V.m. 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB zustehen. I. vorvertragliches Vertrauensverhältnis; § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB Zwischen A und B einerseits, sowie X andererseits ist durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen über den Beitritt des X zur GbR ein vorvertragliches Schuldverhältnis im Sinne von § 311 II Nr. 1 BGB entstanden. II. Verletzung vorvertraglicher Pflichten (Schutz-, Obhuts- oder Informationspflichten) A und B haben dem X falsche Tatsachen über die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft dargelegt. Damit haben sie ihre Informationspflichten verletzt. III. Vertretenmüssen iSd § 276 I BGB A und B haben diese Pflichtverletzung auch zu vertreten, §§ 280 Abs. 1 S. 2 i.V.m. 276 Abs. 1 S. 1 BGB. IV. Schaden Durch diese Pflichtverletzung müsste dem X ein Schaden entstanden sein. Durch die falschen Informationen von A und B ist X der Gesellschaft beigetreten und Gesellschafter geworden; dies hätte er nicht getan, wenn er die wirklichen Tatsachen gekannt hätte. V. Schadensumfang: (negatives Interesse) X ist so zu stellen, wie er stünde, wenn er von dem Geschäft nichts gehört hätte: - Einlage abzüglich der im Rahmen der Auseinandersetzung zurückerhaltenden Gelder. - soweit X gezahlt hat: Erstattung der für die Gesellschaft getilgte Kaufpreisverbindlichkeit des F F. §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 StGB (+) G. § 826 BGB (wohl +) Abwandlung: 9 AG Handels- und Gesellschaftsrecht Peter Schantz Sommersemester 2009 Würde es sich bei „Software Systems“ um eine OHG handeln, so stünde grundsätzlich X der Weg der Auflösungsklage gem. § 133 HGB offen. Neben der ordentlichen Kündigung gem. §§ 132, 134 HGB oder der Möglichkeit einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung, die zum Ausscheiden des Gesellschafters führt (§ 131 III Nr. 1 HGB), gibt es die Auflösung durch gerichtliche Entscheidung gem. § 133 HGB bei Vorliegen eines wichtigen Grundes. Aus Gründen der Rechtssicherheit steht die Auflösung durch gerichtliche Entscheidung anstelle der außerordentlichen Kündigung; erst mit Rechtskraft des Gestaltungsurteils wird aufgelöst. Ein wichtiger Grund besteht grundsätzlich bei Vorliegen eines Sachverhaltes, der das Zusammenwirken der Gesellschafter zur Erreichung des Gesellschaftszweckes beeinträchtigt und dem Kläger die Fortsetzung der Gesellschaft unzumutbar macht. Im Rahmen der fehlerhaften Gesellschaft sind an den wichtigen Grund keine besonderen Anforderungen zu stellen; der der Gesellschaft anhaftende Mangel/Fehler ist ausreichender Grund für ihre Beseitigung (Baumbach/Hopt, HGB, § 133 Rn 2). Etwas anderes ergibt sich für die Publikums-Personenhandelsgesellschaft in Form der OHG bzw. KG (vgl. anschaulich Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Auflage 2006, unter § 21 III; Hueck/Windbichler, Gesellschaftsrecht, § 19 Rn 16. In der Praxis werden z.B. geschlossene Fondsprodukte in dieser Form organisiert). Beruht der Beitritt auf arglistiger Täuschung, ist nach den Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft auch hier eine Anfechtung mit Rückwirkung ausgeschlossen, der Beitritt also zunächst wirksam. Die Auflösungsklage gem. § 133 HGB, die dem Betroffenen normalerweise zusteht, würde jedoch den Interessen der bei der Publikums-Personenhandelsgesellschaft großen Anzahl fortsetzungsbereiter Mitgesellschafter nicht gerecht. Daher steht dem getäuschten Gesellschafter nach der Rechtsprechung des BGH ein formloses außerordentliches Kündigungsrecht zu, das nicht an eine Frist oder an eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag gebunden ist. Der BGH erreicht dies durch Umdeutung der Anfechtungserklärung. Folge ist das Ausscheiden des Gesellschafters. Die Rechtslage ändert sich, wenn der wichtige Grund nicht nur in der Person eines Gesellschafters, sondern im Gesellschaftsverhältnis selber angelegt ist. In einem solchen Falle lasse sich der vereinbarte Gesellschaftszweck in der Regel nicht mehr erreichen, so dass nur Auflösungsklage erhoben werden könne – sofern nicht eine qualifizierte Mehrheit eine Fortsetzung mit verändertem Gesellschaftszweck beschließe (BGHZ 69, 160, 163 ff). Nach der HGB-Reform von 1998 ist das Recht der Personenhandelsgesellschaften dahingehend geändert worden, dass die Fortführung der Gesellschaft und das Ausscheiden des Gesellschafters nunmehr die Regel sind, statt wie zuvor die Auflösung der Gesellschaft bei Austritt eines Gesellschafters. Dementsprechend führt nach § 131 III Nr. 3 HGB die ordentliche Kündigung nicht zur Auflösung, sondern zum Ausscheiden des Gesellschafters. Dies entspricht den Bedürfnissen der wirtschaftlichen Praxis (Wertverlust durch Zerschlagung) und hatte zuvor schon in der Kautelarjurisprudenz Niederschlag in entsprechenden Fortsetzungsklauseln gefunden. Nicht geändert worden ist jedoch § 133 HGB. Daher ergibt sich nun folgendes Problem für die Nicht-PublikumsPersonenhandelsgesellschaft: Ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht auch (nur) das Ausscheiden des Gesellschafters möglich? Führt die ordentliche Kündigung nicht mehr zur Auflösung, sondern in der Regel nur zum Ausscheiden des kündigenden Gesellschafters, muss erst recht bei Vorliegen eines wichtigen 10 AG Handels- und Gesellschaftsrecht Peter Schantz Sommersemester 2009 Grundes die außerordentliche Kündigung zulässig sein. (Baumbach/Hopt, HGB, § 133 Rn 1 mit Hinweisen auf die hL und die Rspr., jedenfalls bei der Publikumsgesellschaft). Dies gilt umso mehr, als die außerordentliche Kündigung in der Praxis die Regel ist, ist doch das Recht zur ordentlichen Kündigung idR gesellschaftsvertraglich abbedungen. Strittig ist des weiteren, ob ein solches außerordentliches Kündigungsrecht durch einfache Kündigungserklärung oder nur durch Gestaltungsklage geltend zu machen ist (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, § 133 Rn 1). Abwandlung 2: Haftung bei sog. Scheinsozius Es ist streng zu unterscheiden: Haftung des Scheinsozius für Alterverbindlichkeiten, dazu a) und Haftung der Gesellschafter und der anderen Gesellschafter für ein Handeln des Scheinsozius, dazu b). a) Haftung des Scheinsozius für Altverbindlichkeiten OLG Saabrücken (NJW 2006, 2862), näher dazu Lapczyk 2006, 3391 verneint Haftung des Scheinsozius für Altverbindlichkeiten Kern(wertungs)argument: Scheinsozius keinen Einfluss und keine finanzielle Beteiligung wie ein Partner. Den hohen Haftungsrisiken stehen keine entsprechenden Chancen gegenüber b) Haftung der Gesellschaft bzw. der Gesellschafter für Handeln des Scheinsozius Vertiefungshinweis: BGH v.3.5.2007 – IX ZR 218/05, ZIP 2007, 1460 = NJW 2007, 2490: Haftung bejaht. Kern(wertungs)argument: Wer sich mit einem Namen auf dem Briefkopf brüstet muss auch für das Handeln dieser Person einstehen Folgt man dem, kommt man zu denselben Ergebnissen wie bei Frage 1. Vertiefung - Eine gute Darstellung der Lehre der fehlerhaften Gesellschaft finden Sie bei Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 26. - Der Vorlagebeschluss des BGH zur Kollision der fG mit EU-Verbraucherschutzrecht (Haustürwiderrufsrichtlinie) finden Sie in der ZIP 2008, 1018. Hier der Leitsatz: Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft werden folgende Fragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gemäß Art. 234 EG zur Vorabentscheidung vorgelegt: a) Ist die Bestimmung des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen dahin auszulegen, dass davon der Beitritt eines Verbrauchers zu einer Personen-, einer Personenhandelsgesellschaft, einem Verein oder einer Genossenschaft umfasst ist, wenn der Zweck des Beitritts vorrangig nicht darin besteht, Mitglied der Gesellschaft, des Vereins oder der Genossenschaft zu werden, sondern - was vor allem bei der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds häufig zutrifft - die mitgliedschaftliche Beteiligung nur ein anderer Weg der Kapitalanlage oder der Erlangung von Leistungen ist, die typischerweise Gegenstand von Austauschverträgen sind? b) Ist die Bestimmung des Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen dahin auszulegen, dass sie einer nationalen (richterrechtlichen) Rechtsfolge im Sinne des Art. 7 der Richtlinie entgegensteht, die besagt, dass ein solcher in einer Haustürsituation erklärter Beitritt eines Verbrauchers im Falle des Widerrufs des Beitritts dazu führt, dass der widerrufende Verbraucher einen auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Widerrufs berechneten Anspruch gegen die Gesellschaft, den Verein oder die Genossenschaft auf sein Auseinandersetzungsguthaben, d.h. einen dem Wert seines Gesellschafts-, Vereins- oder Genossenschaftsanteils im Zeitpunkt des Ausscheidens entsprechenden Betrag erhält, mit der 11 AG Handels- und Gesellschaftsrecht Peter Schantz Sommersemester 2009 (möglichen) Folge, dass er wegen der wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft, des Vereins oder der Genossenschaft entweder weniger als den Wert seiner Einlage zurückerhält oder sich ihnen gegenüber sogar noch über den Verlust der geleisteten Einlage hinausgehenden Zahlungspflichten ausgesetzt sieht, weil das Auseinandersetzungsguthaben negativ ist (Rn.22)? 12