1 PR & MEDIATION Peter Hörschinger/Karl Nessmann Abstract Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Public Relations (PR) und Mediation. In Kapitel 1 (PR – was ist das?) wird das Grundverständnis von moderner Öffentlichkeitsarbeit dargelegt. Kapitel 2 formuliert drei Kernthesen zum theoretischen und praktischen Naheverhältnis der beiden Disziplinen. Abschnitt 3 zeigt wie PR in und für Mediationsprojekte funktionieren kann. Im letzten Kapitel (Eigen-PR für Mediation und MediatorInnen) wird der Frage nachgegangen, wie PR für ‚Mediation als Verfahren’ und für ‚Mediatoren als Konfliktmanager’ erfolgreich gestaltet werden kann. 1. PR – WAS IST DAS? Public Relations (PR) bzw. Öffentlichkeitsarbeit wird von Mediatorinnen und Mediatoren zum Teil sehr divergent und ambivalent erlebt. In den Seminaren für angehende MediatorInnen fragen wir üblicherweise die TeilnehmerInnen, was sie mit ‚PR’ (Public Relations) assoziieren. Hier die Auszüge der häufigsten Nennungen: Negative Assoziationen zu PR: Manipulation, Propaganda, Prostitution, Reduktion, Oberflächlichkeit, Abhängigkeit, Verkauf, Schleichwerbung .... Positive Assoziationen zu PR: Erfolg, Gewinn, Wettbewerbsvorteil, Information, Unterhaltung, Netzwerk, Beziehungspflege, Spaß, Selbstbewusstsein, Aufmerksamkeit erregen, Bedürfnisse wecken, Bekanntheitsgrad steigern, Krisen vermeiden ... Diese positiven und negativen PR-Assoziationen der MediatorInnen findet man auch in großen Teilen der breiten Öffentlichkeit. Die Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit sind mindestens so vielfältig wie die oben skizzierten Assoziationen. Instrumente und Methoden der Öffentlichkeitsarbeit werden zur Bewusstseinsbildung über gesellschaftlich und politisch relevante Themen (Gesundheit, Umwelt, Soziales...), zur Information über die Vor- und Nachteile von Produkten oder aber auch für das soziale und kulturelle Engagement von Unternehmen eingesetzt. Demgegenüber stehen aber auch die Schattenseiten der PR: So werden dieselben Instrumente und Methoden der Öffentlichkeitsarbeit mitunter von Unternehmen oder Regierungen (z. B. durch gezielte Falschmeldungen) zur bewussten Manipulation der öffentlichen Meinung eingesetzt, wie aktuelle Beispiele der Wirtschaftskriminalität oder der Kriegspropaganda zeigen. In ihren theoretischen und standespolitischen Grundsätzen aber sind andere Prämissen festgelegt: In Theorie und Praxis wird Öffentlichkeitsarbeit kurz und prägnant als das Management von Kommunikation definiert. PR als wichtige Managementfunktion dient dazu, wechselseitige Kommunikationsverbindungen herzustellen. Public Relations planen und steuern Kommunikationsprozesse von Organisationen oder Personen mit ihren relevanten Bezugsgruppen – intern wie extern. Öffentlichkeitsarbeit wird hier nicht als einseitige Informationsvermittlung, sondern als Dialog aufgefasst. Oder verkürzt bzw. plakativ 2 formuliert: PR sind nicht nur ‚reden’, sondern auch ‚zuhören’, d.h. PR haben nicht nur eine Sprachrohr- sondern auch eine Hörrohrfunktion. Im Zentrum der Public Relations stehen die Beziehungen (‚Relations’). Daher werden PR häufig auch als Beziehungspflege bzw. als Relationship-Management definiert, d.h. es geht um den Aufbau, die Pflege und Förderung der Beziehungen von Organisationen oder Personen mit deren Bezugsgruppen in der Öffentlichkeit. Ethisch verpflichtet sich Öffentlichkeitsarbeit der Wahrheit: In diesem Sinn gestalten Öffentlichkeitsarbeiter den Informationstransfer und Dialog informativ, offen und wahrheitsgemäß.1 Pragmatisch versteht sich Öffentlichkeitsarbeit als bewusst gestalteter, systematisch geplanter und kontinuierlich umgesetzter Kommunikationsprozess. Das erfordert eine stufenweise, konzeptionelle Vorgangsweise. Sie ist das wichtigste Handwerkszeug von PR-BeraterInnen, das Herzstück professioneller Öffentlichkeitsarbeit. Übergeordnete Ziele von Public Relations sind: gegenseitiges Vertrauen, Verständnis und Akzeptanz aufzubauen und zu sichern. Weitere Zielsetzungen bestehen darin, Öffentlichkeit herzustellen und die Urteilsfähigkeit von Dialoggruppen zu schärfen. Kurz zusammengefasst: PR informieren nach innen und außen, beeinflussen Einstellungen, wecken bzw. vertreten Interessen, machen bekannt, stellen Dialoge her und vermeiden im Idealfall Konflikte. Öffentlichkeitsarbeit vermittelt Standpunkte und ermöglicht Orientierung, um den politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Handlungsspielraum von Organisationen oder Personen im Prozess öffentlicher Meinungsbildung zu schaffen und zu sichern. 2. ZUM VERHÄLTNIS VON PR UND MEDIATION PR und Mediation stehen sowohl theoretisch als auch praktisch in einem Naheverhältnis. Eine wesentliche Schnittstelle zur Mediation besteht im Bereich der Konflikt-Kommunikation, denn eine zentrale Aufgabe von Öffentlichkeitsarbeit ist die sog. Krisen-PR. In diesem Sinne haben PR folgende Funktionen: einerseits potenzielle Konflikte bzw. Krisen rechtzeitig zu identifizieren bzw. zu vermeiden (PR als Frühwarnsystem) und andererseits aufgetretene Konflikte bzw. Krisen mit den oben genannten ethischen Grundsätzen und konzeptionellen Methoden (z. B. Krisenpläne) professionell zu managen. In Konflikt-Situationen (wie z. B. bei Bürgerprotesten, Anrainerkonflikten) bedient sich PR der Mediation. Insgesamt lassen sich drei Thesen zum Verhältnis von PR und Mediation formulieren: These 1: Erfolgreiche PR braucht keine Mediation Setzen Unternehmen und Organisationen konsequent und langfristig auf verständigungsorientierte Öffentlichkeitsarbeit, dann werden Konflikte in den seltensten Fällen soweit eskalieren, dass ein Mediationsverfahren erforderlich wird. Ob dies gelingt oder nicht, hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: Dialogorientierung als Handlungsprinzip Nur langfristige offene Kommunikation, die auch die Bedürfnisse und Befürchtungen der Gegenseite ernst nimmt, schafft jene Vertrauensbasis, die dann auch bei Interessenskollisionen eine Eskalation des potenziellen Konflikts vermeiden hilft. Voraussetzung dafür ist, dass der Dialog nicht erst beginnt, wenn es um die Durchsetzung konkreter 1 Siehe dazu die PR-Berufsbilder und Ehrenkodizes der Berufsverbände, für Österreich: www.prva.at oder www.pr-berater.at, für Deutschland: www.dprg.de oder www.pr-guide.de für die Schweiz: www.swisspr.ch 3 Entscheidungen oder Interessen geht. Beim Aufbau dieser Vertrauensbasis bewähren sich in vielen Fällen auch „mediationsnahe“ Instrumente wie Nachbarschafts-, Umwelt- oder auch Kundenbeiräte. Verständigungsorientierung als Handlungsprinzip Ein weiterer Grundsatz für erfolgreiche PR liegt im Verständigungsprinzip. PR werden demnach als verständigungsorientierte Öffentlichkeitsarbeit2 aufgefasst. Im Mittelpunkt dieses PR-Verständnisses steht nicht die einseitige Durchsetzung (z. B. der Interessen des Auftraggebers), sondern das erzielte Einverständnis zwischen den betroffenen Parteien. Damit Verständigung zustande kommt, muss nach dem Prinzip der verständigungsorientierten PR die symmetrische und dialogorientierte Kommunikation zumindest auf drei Ebenen erfolgen: Erstens: Kommunikation über das Projekt, den Sachverhalt, die Inhalte, Themen etc. (Worum geht es überhaupt?) Zweitens: Kommunikation über die Absichten und Ziele der Betreiber, Ansprechpartner, Verantwortliche etc. (Wer oder was steckt dahinter?) Drittens: Kommunikation über die Legitimität des Interesses, Rechtfertigung der Vorgangsweise, der Themen etc. (Warum gerade so?) Aus der praktischen Erfahrung heraus ist hier ein weiterer Punkt zu ergänzen: Information über die Kommunikation und das Verfahren: Wie kann eine offene, umfassende Information sichergestellt werden? Wie sieht die weitere Vorgangsweise, der weitere Entscheidungs- und Verfahrensprozess aus? Wann und unter welchen Bedingungen wird eine endgültige Entscheidung getroffen werden? Wie wird mit unterschiedlichen Positionen und Interessen umgegangen? (Wie gehen wir miteinander um?) Vielfach trifft man bei Projektbetreibern und Unternehmen immer noch die Haltung an, dass die Einhaltung der gesetzlichen und behördlichen Auflagen gepaart mit Argumenten wie der Höhe von Investitionssummen oder dem Versprechen von zusätzlichen Arbeitsplätzen ausreicht, um Projekte durchzusetzen. In solchen Fällen kommt häufig These 2 zum Tragen. These 2: Konfliktmanagement durch Mediation Verzichten Projektbetreiber auf den Dialog im Vorfeld oder gerät das Projekt in die Nähe einer grundsätzlichen gesellschaftlichen Risken-Diskussion (z.B. Atomenergie, Gentechnologie, Elektrosmog, ...), dann steigt das Risiko, dass aus unterschiedlichen Positionen und Interessen offene Konflikte werden. Die Merkmale solcher Situationen sind hinreichend bekannt: Projektgegner formieren sich in Initiativen, Medien machen sich zu Anwälten der Projektgegner, Politik und Interessensvertretungen versuchen aus der Situation Kapital zu schlagen, bereits beschlossene 2 Der verständigungsorientierte PR-Ansatz wurde vom Wiener Kommunikationswissenschafter Roland Burkart im Zuge der Planung von Sonderabfalldeponien entwickelt. Die Grundannahmen des Konzeptes konnten im Rahmen des Forschungsprojektes empirisch geprüft und teilweise bestätigt werden. Vgl. Burkart, Roland: Public Relations als Konfliktmanagement. Ein Konzept für verständigungsorientierte Öffentlichkeitsarbeit. Untersucht am Beispiel der Planung von Sonderabfalldeponien in Niederösterreich. (Studienreihe Konfliktforschung) Wien: Wilhelm Braumüller Verlag, 1993 4 Projekte werden grundsätzliche in Frage gestellt, Projektbetreiber stehen plötzlich alleine in der Öffentlichkeit. Für die Projektbetreiber bedeuten solche Situationen in mehrfacher Hinsicht ‚Gefahr in Verzug’: Verzögerungen bedeuten erhebliche Mehrkosten und stellen die Rentabilität von Vorhaben in Frage. Scheitern Projekte gänzlich, sind nicht nur sämtliche bisherigen Aufwendungen verloren, sondern in vielen Fällen auch nachhaltig negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Infrastruktur ganzer Regionen zu erwarten. Nur schwer in konkrete Zahlen zu fassen, deswegen aber nicht weniger relevant ist die Gefahr eines langfristigen Imageschadens für die Projektbetreiber. Damit wird Öffentlichkeitsarbeit sehr rasch zur Krisen- und Konfliktkommunikation. Aus der Sicht der Öffentlichkeitsarbeit für die Projektbetreiber geht es in solchen Situationen im Wesentlichen um folgende Anliegen: Deeskalation des Konflikts Gesprächsbasis mit allen beteiligten Interessensgruppen herstellen Positionierung der Projektbetreiber als dialogfähiger Gesprächs- und Verhandlungspartner Wiedergewinnung der Glaubwürdigkeit Versachlichung der Diskussion Neue Handlungsspielräume für alle Beteiligten schaffen Das erfordert in der Regel eine grundsätzliche Neuausrichtung der Kommunikationsstrategie der Projektbetreiber. Häufig werden damit dann auch die Voraussetzungen für ein Mediationsverfahren geschaffen. Denn in vielen Fällen ist es noch immer so, dass Mediation als Konfliktlösungsmodell erst akzeptiert wird, wenn der Leidensdruck groß genug ist. Einige der größten österreichischen Mediationsverfahren (Flughafen Wien, Hochleistungsstrecke Gasteiner Tal, Handymasten-Konflikt Salzburg, ...) sind genau aus solchen Situationen heraus entstanden. Aus der Perspektive der Mediation besteht dabei die Gefahr, als bloßes PR-Instrument zur Durchsetzung der Interessen der Projektbetreiber eingesetzt zu werden. Zunehmend setzt sich aber auf PR-Seite das Bewusstsein durch, dass Konfliktlösung durch Mediation nur dann erfolgreich sein kann, wenn Mediation mehr als nur ein kommunikationspolitisches ‚Feigenblatt’ ist. Vor diesem Hintergrund ist auch eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit für Mediation als Konfliktlösungsverfahren notwendig und wünschenswert. These 3: Mediation braucht PR Unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Rahmenbedingungen ein Mediationsverfahren startet: Der professionelle, bewusste Umgang mit Kommunikation und Information ist eine der zentralen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Verfahrensverlauf. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um Projekte und Verfahren von großem öffentlichen Interesse handelt. Die Notwendigkeit von PR in und für Mediationsverfahren leitet sich sowohl aus verfahrensimmanenten Erfordernissen als auch aus dem Gefährdungspotenzial der veröffentlichten und öffentlichen Meinung für Mediationsprozesse ab: Grundprinzip von Mediationsverfahren ist die Einbeziehung aller Konfliktbeteiligten. Diese sollen in allen Phasen der Mediation über den gleichen Informations- und 5 Wissensstand zum Verfahren verfügen. Gleichzeitig sind die Konfliktparteien in der Regel durch Vertreter repräsentiert, d.h. nicht alle Betroffenen können persönlich am Mediationsverfahren teilnehmen. Daraus resultiert die Notwendigkeit einer kommunikativen Infrastruktur für Mediationsverfahren, die einen entsprechenden Informationsfluss und einen möglichst zeitnahen Zugriff auf alle verfahrensrelevanten Informationen sicherstellt. Mediationsverfahren benötigen ein hohes Maß an Vertrauen und Vertraulichkeit. Je mehr Projekte und Mediationsverfahren im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen, umso größer ist das Gefährdungspotenzial für das Verfahren. Ganz entscheidend für den Verlauf sind die externen Einflüsse v.a. durch Politik und Medien. Obwohl beide häufig nicht am Verhandlungstisch sitzen, haben vor allem die Medien das Potenzial, den Prozess ganz entscheidend zu beeinflussen. Denn mediale Botschaften wirken sowohl nach innen (bei den Verhandlern) als auch außen (bei den repräsentierten Konfliktparteien, bei der ‚öffentlichen Meinung’). Das erfordert klare Spielregeln für den Umgang mit Informationen und Medien. Für die erfolgreiche Gestaltung von Mediationsverfahren leiten sich daraus zwei Konsequenzen ab: Mediationsverfahren brauchen neben der Mediations- auch PR-Kompetenz. Diese kann entweder bei den MediatorInnen selbst, beim Prozessprovider oder auch extern angesiedelt sein. Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation in Mediationsverfahren werden im Idealfall bereits in der Mediationsvereinbarung (Zuständigkeiten, Entscheidungsstrukturen, ‚Sprecher’-Rolle...) verbindlich geregelt. 3. PR IN UND FÜR MEDIATIONSPROJKETE Mediationsverfahren brauchen Öffentlichkeitsarbeit, d.h. die bewusst gestaltete, systematisch geplante und kontinuierlich umgesetzte Kommunikation mit den relevanten Dialoggruppen. Basis dafür ist ein Kommunikationskonzept, das sich im Wesentlichen an folgender Gliederung orientiert: Ausgangslage, Situationsanalyse, Ziele, Dialoggruppen, Themen, Strategie, Instrumente und Evaluation. Schritt 1: Ausgangslage Die Beschreibung der Ausgangssituation skizziert die Aufgaben- und Problemstellung, die Vorstellungen und Zielsetzungen, sowie die zeitlichen und budgetären Rahmenbedingungen aus der Sicht des Auftraggebers. Aus unserer Sicht sind bei der PR in bzw. für Mediationsprojekte(n) an dieser Stelle zwei wesentliche Entscheidungen zu treffen: Wer ist Auftraggeber für die projektbegleitende Öffentlichkeitsarbeit? Aus der praktischen Erfahrung heraus sollten die Auftraggeber für die PR in und für Mediationsprojekte(n) die MediatorInnen und der Prozessprovider sein. Denn nur diese sind ausschließlich dem Fortgang des Verfahrens und nicht eigenen Interessen verpflichtet. Daher können weder der Projektbetreiber noch andere an der Finanzierung des Mediationsprojekts Beteiligte gleichzeitig Partei und Auftraggeber für die begleitende Öffentlichkeitsarbeit sein. 6 Wie steht es mit den zeitlichen und budgetären Rahmenbedingungen? PR in und für Mediationsprojekte erfordern organisatorische, zeitliche, personelle und budgetäre Mindestanforderungen. Diese sollten bereits in der Vorbereitung des Mediationsverfahrens berücksichtigt und dimensioniert werden. Schritt 2: Bestandsaufnahme und Situationsanalyse Kernstück einer PR-Konzeption ist die Bestandsaufnahme und Situationsanalyse. In der Bestandaufnahme geht es um die Sammlung sämtlicher Fakten rund um das Mediationsverfahren: Wer sind die beteiligten Parteien? Wie wurde das Projekt bisher in der (ver-)öffentlich(t)en Meinung kommuniziert? Wie haben die Parteien bisher mit- bzw. gegeneinander kommuniziert? Wie sieht die Organisationsstruktur des Mediationsprojekts aus? Wie sehen die zeitlichen und verfahrenstechnischen Rahmenbedingungen aus? Wie sieht die technische und kommunikative Infrastruktur bei den unterschiedlichen Beteiligten aus? Große Teile dieser Informationen werden vom Prozessprovider in der Vorbereitung des Mediationsverfahrens zusammengestellt. Ergänzungen und zusätzliche Recherchen sind vor allem im Bereich der öffentlichen und veröffentlichten Meinung empfehlenswert (Umfragen zu Meinungen, Einstellung und Bedürfnissen relevanter Dialoggruppen, die bisherige mediale Berichterstattung, etc.). Sind die Fakten gesammelt geht es in der Situationsanalyse darum, diese Fakten und Informationen zu bewerten und zu gewichten, um die Chancen und Risken für die Öffentlichkeitsarbeit zu identifizieren. Schritt 3: PR- und Kommunikationsziele Aus der Situationsanalyse lassen sich dann die konkreten Aufgaben und Ziele für die Öffentlichkeitsarbeit ableiten. Zu den allgemeinen Aufgaben und Zielsetzungen von Öffentlichkeitsarbeit in Mediationsprojekten gehören u.a.: Transparenz im Verfahren Information über sämtliche verfahrensinterne Abläufe (Termine, Veranstaltungen, ...) für alle am Verfahren Beteiligte bereitstellen, Unterstützung der Rückbindung der Informationen und Verfahrensfortschritte an die im Verfahren repräsentierten Dialoggruppen Chancengleichheit bei Information und Wissen Bereitstellung aller vorhandenen, verfahrensrelevanten Informationen (Protokolle, Expertenbeiträge, Gutachten, etc.) für alle am Verfahren Beteiligten, Zugriffsmöglichkeit auf eine gemeinsame Wissens- und Informationsbasis zum Verfahren Positionierung des Mediationsprojekts Aus einem Konflikt zwischen Parteien wird ein gemeinsames Projekt, das sowohl nach innen als auch nach außen möglichst eigenständig wahrgenommen werden soll. Vertrauen, Verständnis und Akzeptanz für das Mediationsprojekt Mediationsverfahren sind häufig einem großen öffentlichen Erwartungsdruck ausgesetzt. Daher gelten für alle Mediationsverfahren folgende zentralen, übergeordneten Ziele: Vertrauen in das bzw. für das Mediationsprojekt schaffen, Verständnis für das Verfahren 7 und seine Mechanismen vermitteln, Akzeptanz für die im Mediationsprojekt verhandelten Verfahrensregeln sicherstellen, Verständnis für die unterschiedlichen Sichtweisen, Interessen, Positionen ermöglichen. Schritt 4: Dialoggruppen Hier werden die für das PR-Projekt relevanten Dialoggruppen aufgelistet. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit können in Mediationsverfahren folgenden Dialoggruppen identifiziert werden: Grafik: ikp Schritt 5: Themen und Botschaften Bei den Kern-Themen und Kern-Botschaften sind einerseits die spezifischen inhaltlichen Gegebenheiten der jeweiligen Mediationsprojekte von besonderer Relevanz. Auf der anderen Seite sind Themen und Botschaften festzumachen, die in allen Mediationsverfahren Gewicht haben: dazu zählen vor allem jene Themen, die Mediation als Methode und Verfahren zum Inhalt haben. Denn Hintergrundinformation zur Methode ist eine wichtige Voraussetzung dafür, Vertrauen in das Verfahren zu etablieren. Schritt 6: Strategische Leitlinien und Grundsätze Die Frage nach den strategische Leitlinien ist die Frage nach dem Weg und dem Stil: Wie wollen wir kommunizieren? Hier ergeben sich schon aus den Verfahrenserfordernissen bzw. dem Selbstverständnis von Mediation wichtige Weichenstellungen: Öffentlichkeitsarbeit in Mediationsverfahren muss zeitnah, transparent, allparteilich und sachlich sein. Eine weitere wichtige Weichenstellung ist die organisatorische Positionierung von PR in 8 Mediationsverfahren. In der klassischen PR-Theorie ist Öffentlichkeitsarbeit eine Stabsfunktion (PR als Managementfunktion) und daher direkt bei der Unternehmensleitung angesiedelt. Überträgt man dieses Modell auf Mediationsverfahren, so ist die PRVerantwortung am besten bei den für die Steuerung des Projekts verantwortlichen Gremien angesiedelt (z.B. Prozessteuerungsgruppe, MediatorInnen-Team, Prozessprovider, ...). Je nach Umfang des Verfahrens hat es sich bewährt, entweder einen eigenen Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit zu installieren oder die PR zumindest zum fixen Thema in der Steuerungsgruppe zu machen. Schritt 7: PR-Instrumente Der Öffentlichkeitsarbeit steht eine Vielzahl von Instrumenten zur Verfügung. Zur PRKonzeption für Mediationsverfahren gehört natürlich auch die Auswahl an Instrumenten und die konkrete Beschreibung einzelner Kommunikationsmaßnahmen. Die Palette an PRInstrumenten ist äußerst vielfältig. Zur Auswahl stehen u.a. - der direkte, persönliche Dialog: Gespräche, Veranstaltungen ... eigenproduzierte Medien: Folder, Plakate, Broschüren, Briefe, E-Mail, Internet ... Massenmedien: Tages- und Wochenzeitungen, Magazine, Zeitschriften, Radio, Fernsehen ... Aus unserer Sicht empfiehlt sich in Mediationsprojekten der Einsatz folgender BasisInstrumente: Projekt-Name, Logo und Corporate Design Neben einem Projektnamen trägt auch eine optische Wiedererkennbarkeit wesentlich dazu bei, einem Mediationsverfahren eine eigene Identität zu geben. Ansprechpartner/Anlaufstelle für interne und externe Dialoggruppen Die Definition und Kommunikation einer zentralen Anlaufstelle ist zum einen natürlich ein organisatorisches Erfordernis. Zum anderen ist das aber auch aus Sicht der Öffentlichkeitsarbeit unabdingbar: Nur wenn nachvollziehbar ist, was mit Anfragen passiert und wer solche beantwortet, kann die Vertraulichkeit und damit auch das Vertrauen in das Verfahren sichergestellt werden. ‚PressesprecherIn’ für das Verfahren Gerade in Mediationsprojekten, die von starkem öffentlichen Interesse begleitet werden, muss klar geregelt sein, wer für das Mediationsprojekt spricht. Ist diese Rolle nicht besetzt, werden sehr rasch Stellungnahmen der Mediationsparteien sowohl nach innen als auch nach außen zum Anlass von Missverständnissen und Irritationen werden. Internes Informations- und Protokollwesen (häufig auf E-Mail-Basis) Eine verbindliche Regelung für das interne Informations- und Protokollwesen ist vor allem aus verfahrenstechnischen Gründen notwendig. Der Einsatz elektronischer Medien wie EMail und Website erweist sich dabei in der Praxis als sehr hilfreich und effizient. Website als Informationspool Als Informationspool für alle internen und externen Dialoggruppen bietet sich eine 9 umfassende Website an.3 Dort können sowohl alle verfahrensimmanenten Informationen (Protokolle, Termine, Gutachten, Expertenstellungnahmen, ... ) bereitgestellt werden, als auch natürlich Hintergrundinformationen zur Methode, den involvierten Parteien und Personen, den Spielregeln, der Mediationsvereinbarung etc. gegeben werden. Bei Bedarf können unterschiedliche Benutzergruppen definiert werden, die auf unterschiedliche Informationsbestände zugreifen. Damit kann gleichzeitig ein für Mediationsverfahren wichtiges Prinzip umgesetzt werden: die möglichst umfassende, transparente und zeitnahe Information aller am Verfahren Beteiligten. Gleichzeitig wird damit aus der Bringschuld der für das Verfahren Verantwortlichen die Holschuld der am Verfahren Beteiligten. Trotz des Online-Informationspools empfehlen wir, Basis-Information zum Mediationsprojekt und zur Mediation als Verfahren auch in gedruckter Form als Folder und/oder Infomappe bereitzustellen. Informations- und Diskussionsveranstaltungen Wesentliches Element der Mediation ist der direkte Dialog der Beteiligten. Diesem Anspruch kann mit Informationsveranstaltungen, Ausstellungen, Begehungen und Besichtigungen etc. auch in der projektbegleitenden Öffentlichkeitsarbeit Rechnung getragen werden. Gleichzeitig bieten sich diese Instrumentarien auch zur Rückbindung von VerfahrensteilnehmerInnen an die delegierenden Gruppierungen an. Print-/Online-Newsletter Ein Newsletter stellt ein geeignetes Instrument zur regelmäßigen Information einer breiteren, am Verfahren und Projekt interessierten Öffentlichkeit dar. Gegenüber der Pressearbeit hat man zwei entscheidende Vorteile: Erstens können sowohl Inhalt als auch Form selbst bestimmt werden. Zweitens ist der Kreis der Empfänger bekannt und klar definiert, wodurch gezielt auf deren Informationsbedürfnisse eingegangen werden kann. Anlassbezogene, pro-aktive Presse- und Medienarbeit Das Spektrum der Medienarbeit reicht von Einzel- und Hintergrundgesprächen über Pressekonferenzen bis hin zu Presseaussendungen. Am Beginn empfehlen sich Hintergrundgespräche oder auch eine Pressekonferenz. Geht es um organisatorischtechnische Informationen zum Verfahrensverlauf, werden oft Presseaussendungen reichen. Geht es um substanzielle inhaltliche Themen, empfiehlt sich der direkte Dialog mit den MedienvertreterInnen. Schritt 8: Evaluation Bei umfangreicheren und längeren Verfahren empfiehlt sich eine begleitende Evaluierung der Öffentlichkeitsarbeit. Die eingesetzten Verfahren und Methoden dazu sind vielfältig und unterschiedlich aufwändig. Das Spektrum reicht dabei von der einfachen Dokumentation von Verteilern (Wer hat wann was bekommen?) über das kontinuierliche Monitoring der medialen Berichterstattung bis hin zu Befragungen ausgewählter Dialoggruppen. Eine begleitende Evaluierung soll vor allem sicherstellen, dass Veränderungen im kommunikativen Umfeld rechtzeitig erkannt und sowohl in der PR als auch im Mediationsverfahren selbst berücksichtigt werden können. 3 Vgl. z.B. www.viemediation.at , www.s-bahn-salzburg.at 10 4. EIGEN-PR FÜR MEDIATION UND MEDIATOREN Im vorherigen Kapitel wurde bereits darauf hingewiesen, dass es auch notwendig sei, Mediation als Verfahren bzw. Methode zum Inhalt der Kommunikation zu machen, d.h. PR für Mediation. Aber auch Mediatorinnen und Mediatoren, die am freien Markt4 ihre Dienstleistungen anbieten bzw. ‚verkaufen’, müssen PR in eigener Sache betreiben, d.h. PR für MediatorInnen. Beim Thema ‚Eigen-PR’ herrscht bei den SeminarteilnehmerInnen ebenfalls große Skepsis: „PR in eigener Sache – wozu? Diese Form der Selbstdarstellung ist nichts für Mediatoren. Das ist eine Art von Prostitution, (Aus-)Verkauf und Vermarktung, die nicht zum Stil von Mediatoren passt.“ Solche und ähnliche Aussagen werden häufig von SeminarteilnehmerInnen (nicht nur von MediatorInnen, auch von anderen Berufsgruppen) gemacht. Außerdem zähle primär die Leistung (Qualität, Kompetenz ...) und diese „spreche sich schon herum“, so der Tenor in den Seminaren. Richtig, die Qualität der Arbeit ist eine wichtige, unabdingbare Basis für erfolgreiches Weiterkommen im Beruf. Die Frage ist nur: Was kann bzw. soll ich tun, damit meine Qualitäten, mein (Mediations-)Angebot bzw. meine Dienstleistungen von den relevanten Bezugsgruppen (z. B. potenziellen Kunden) auch wahrgenommen werden? Damit wären wir bereits bei einer möglichen Zielsetzung von Eigen-PR, wie z. B. sich und seine Leistungen bekannt machen bzw. auf sich (und seine Qualitäten) aufmerksam machen. Neben dem Bekanntheitsgrad und der Aufmerksamkeit gibt es allerdings noch weitere PRZielsetzungen, wie z. B. Vertrauen, Verständnis, Anerkennung oder Akzeptanz. In der personenbezogenen PR geht es auch darum, sein persönliches Leitbild (Werte, Ziele, Visionen) zu transportieren, Beziehungen und Kontakte zu pflegen, neue (berufliche oder private) Netzwerke zu schaffen, Kommunikationschancen wahrzunehmen, persönliche Interessen zu vertreten oder (last, but not least) ein stimmiges Image aufzubauen. Die Ziele von Eigen-PR sind so vielfältig wie die Menschen selbst, d.h. sie sind von den individuellen (beruflichen wie privaten) Lebens-Zielen abhängig. Die Auswahl der oben genannten Ziele ist auch davon abhängig, ob jemand als Selbstständige(r) Mediation anbietet oder als Arbeitnehmer(in) in einer Organisation im Rahmen seiner/ihrer Tätigkeit Mediation betreibt. Eines gilt aber in beiden Fällen: Die Basis für erfolgreiche Eigen-PR ist jedenfalls ein intensiver Klärungsprozess, im PR-Jargon Bestandsaufnahme und Situationsanalyse genannt. Hierzu gehören die Einschätzung bzw. Erhebung des Image (Selbst-, Fremd- und Wunschbild5) sowie die Auseinandersetzung mit Stärken, Schwächen, Qualitäten, Vorzügen, Begabungen, Talenten, Kenntnissen, Erfahrungen, Wünschen, Werten, Zielen, Visionen etc. Der übergeordnete Sinn dieser Bestandsaufnahme bzw. Situationsanalyse besteht in Hinblick auf Eigen-PR darin, sich ein Profil zu bilden, sich am ‚Markt’ (z. B. Arbeitsmarkt, Meinungsmarkt) zu positionieren – und nicht zu prostituieren bzw. ‚sich zu verkaufen’. Es geht (in der Werbe- und Marketingterminologie formuliert) um die Unique Selling Proposition (USP), das einzigartige (Verkaufs-)Angebot bzw. Argument, die individuelle, Der Begriff ‚Markt’ ist zunehmend zu einer vorherrschenden Metapher in vielen Lebensbereichen geworden. Märkte werden als Rahmen verstanden, in dem Produkte und Dienstleistungen (z. B. Mediation) aufgrund von Angebot und Nachfrage zu einem momentanen Tauschwert gekauft und verkauft werden. 5 Fremdbild (Wie werden Sie von anderen gesehen bzw. wahrgenommen?), Selbstbild (Wie sehen Sie sich selbst? ) Wunschbild (Wie möchten Sie gesehen werden?) 4 11 persönliche Note. Hier geht es um Fragen, wie z. B.: Was kann ich besonders gut? Was qualifiziert mich besonders? Wo bin ich Experte? Das Ergebnis dieses Auseinandersetzungsprozesses sollte schriftlich, z. B. in Form des (von uns so bezeichneten) persönlichen Profilbogens festgehalten und in regelmäßigen Abständen auf deren Aktualität hin überprüft werden. Als Ergänzung zum sog. Profilbogen, der die Basics zu den oben genannten Persönlichkeitsmerkmalen (Stärken, Qualitäten ...) dokumentiert, empfiehlt sich auch eine systematische bzw. gebündelte Darstellung der wichtigsten W-Fragen in Form des PR-Mission-Papers: Wer bin ich? (Name, Rolle, Funktion ...) * Was mache ich? (Angebote, Dienstleistungen, Tätigkeiten ...) * Wie mache ich das? (Eigenschaften, Leidenschaften, Werte ...) * Warum mache ich das? (Motivation, Legitimation, Ziele, Visionen ...) * Was kann ich besonders gut? (USP) * Für wen mache ich das? (Bezugsgruppen) * Welchen Nutzen haben meine Bezugsgruppen? (Benefit, Vorteile ...). Ein solches Dokument ist besonders für Präsentationen bzw. Selbstdarstellungen (z. B. bei Kundenkontakten, Tagungen, Seminaren etc.) hilfreich. PR für MediatorInnen ist immer auch PR für Mediation. Gerade wenn eine Methode, ein Verfahren noch relativ jung am Markt ist, muss dieser aufbereitet werden. Denn vielen potenziellen Auftraggebern müssen die Vorteile von Mediation als Konfliktlösungsverfahren erst bewusst gemacht werden. Daher ist es für MediatorInnen besonders wichtig, dass sie ihren relevanten Bezugsgruppen (Netzwerk-Partnern, Kollegen aus anderen Branchen, potenziellen Kunden etc.) nicht nur mitteilen können, worin ihre persönlichen Stärken (Arbeitsschwerpunkte etc.) liegen, sondern vor allem auch, was Mediation als Konfliktlösungsverfahren (Methode, Disziplin, Instrument) überhaupt ist. Diese Kernfrage ist (wie sich in den Seminaren herausgestellt hat) besonders schwierig zu kommunizieren. Dafür ist eine gezielte (d.h. auf die jeweilige Zielgruppe und Thematik abgestimmte) Argumentationsvorbereitung erforderlich. Als besonders hilfreich haben sich auch hier die klassischen W-Fragen erwiesen: Wer macht was, wie, warum, wozu, wo, wann, für wen und – last, but not least – mit welchem Nutzen (d. h. die Vorteile für die beteiligten Gruppen, inklusive stichhaltiger Begründung und nachvollziehbarer Beweise kommunizieren). Das wären Fragen, wie z. B.: Wer betreibt Mediation? Wer darf/soll/kann Mediation überhaupt durchführen? Was ist Mediation? Was kann Mediation (nicht)? Wie funktioniert Mediation? Für welche Anlässe bzw. Zielgruppen ist Mediation sinnvoll? Was kann Mediation besser als andere Methoden (Disziplinen, Instrumente)? Worin unterscheidet sich Mediation von anderen Methoden? Wo liegt der eigentliche (Kunden-)Nutzen bzw. Vorteil der Mediation? Die Instrumente personenbezogener PR sind vielfältig: Der persönliche „Profilbogen“ (Basics zur Person), das „PR-Mission-Paper“ (gebündelte W-Fragen zur Person) und der „Argumentationskatalog“ (W-Fragen zur Mediation als Verfahren) wären bereits drei BasisInstrumente der PR, die sowohl in der schriftlichen als auch in der mündlichen Kommunikation angewendet werden können. Weitere PR-Instrumente für MediatorInnen wären z. B. die Präsentations-(oder Bewerbungs-)unterlagen, der Folder, die Homepage, die Visitenkarte (inkl. Adressenkartei) und der Anrufbeantworter, um einige Beispiele für eigenproduzierte PR-Medien zu nennen. Aber auch die Instrumente der Medien- und Pressearbeit eignen sich für Eigen-PR, wie z. B. die schriftliche Presseinformation, das mündliche Presse(hintergrund)gespräch mit Journalisten, der Leserbrief, der Gastkommentar in einer Zeitung oder der Beitrag in einer Fachzeitschrift. Besonders wirkungsvolle PRInstrumente sind das Schreiben von Artikeln oder Büchern, das Halten von Vorträgen oder die Beteiligung an Diskussionsveranstaltungen – vorausgesetzt man kann es gut und tut es gerne. Und wenn man schon selbst nicht gerne Vorträge hält oder sich bei 12 Diskussionsveranstaltungen aktiv beteiligt, dann bleiben einen immer noch die Veranstaltungen (Events) als PR-Bühne bzw. Plattform für persönliche Gespräche, Kontakte, Beziehungspflege und Networking. Im Grunde genommen passiert Eigen-PR über alle Arten der Kommunikation – auch über das Auftreten, über Äußerungen, über das Outfit (Kleidung, Frisur, Styling ...), über Sprache und Stimme, Gestik und Mimik.6 Aber nicht nur die Art und Weise, wie wir auftreten, sondern auch wie wir mit unseren Mitmenschen umgehen, wie wir ihnen begegnen, ist Bestandteil von Eigen-PR. Denn: das Gesamtbild, das Image einer Person, entsteht durch die Summe aller Informationen, die sie aussendet. Entscheidend dabei ist die Stimmigkeit (Kongruenz). Erst mit einem stimmigen und authentischen Verhalten kann man Vertrauen und Glaubwürdigkeit gewinnen. Und darum geht es schließlich der personenbezogenen PR. Hier geht es (so zumindest das Verständnis der Autoren) nicht nur um Aufmerksamkeit, Publicity und Medienpräsenz (z. B. in den ‚Seitenblicken’). Eigen-PR ist nur zum Teil ‚Selbstdarstellung’ (Impression Management) und einseitige Informationsweitergabe. Es geht vielmehr um wechselseitige, symmetrische Kommunikation. Personenorientierte Öffentlichkeitsarbeit7 wird hier (in Anlehnung an das im ersten Kapitel vorgestellte PR-Verständnis) als kommunikatives Handeln verstanden, das (von den ethischen Prinzipien her) offen, ehrlich und aufrichtig ist und (von den pragmatischen Prinzipien her) bewusst gestaltet, systematisch geplant und kontinuierlich umgesetzt wird. Übergeordnete Ziele von Personen-PR sind gegenseitiges Vertrauen und Verständnis. Wie schwierig es ist, solche Zielkategorien umzusetzen, wissen MediatorInnen aus ihrer Praxis nur zu gut (z. B. jemanden im Vertrauen etwas mitteilen, ein vertrauensvolles Gespräch führen, sich anzuvertrauen etc.). Geht es doch um menschliche Beziehungen. Vertrauen ist schließlich die Grundlage einer jeden ‚guten’ Beziehung. Auf die vielen Facetten von Vertrauen hier einzugehen, würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Aber so viel sei zum Abschluss gesagt: Um Vertrauen werben (ein häufig verwendeter Übersetzungsversuch von PR) funktioniert nicht. Man kann nicht um Vertrauen ‚werben’. Vertrauen muss man sich er-werben, er-arbeiten. Wie? Durch aufrichtiges kommunikatives Handeln – indem man sich öffnet, aufeinander zugeht. Vertrauen hat nach unserem PRVerständnis zumindest zwei Zugänge: einerseits sich selbst etwas zu trauen (zu-trauen zu mir selbst, Mut haben, etwas wagen, vor-zu-wagen, riskieren etc.) und andererseits anderen zu trauen (sich jemanden an-vertrauen, sich auf jemanden einlassen bzw. ver-lassen, sich in andere hineinversetzen können bzw. wollen, auf andere eingehen etc.). 5. RESUMEE Die Beschäftigung mit dem Thema PR und Mediation hat gezeigt, dass die beiden Disziplinen sowohl theoretisch als auch praktisch in einem Naheverhältnis stehen. Eine wesentliche Schnittstelle besteht im Bereich der Konflikt-Kommunikation, die u.a. auch eine zentrale Aufgabe von Öffentlichkeitsarbeit ist. Eine weitere Einsicht, die im Zuge dieses Auseinandersetzungsprozesses deutlich wurde, ist die wechselseitige Abhängigkeit: 6 Moderne PR-Beratung setzt mittlerweile auch hier an und bietet ihren Kunden vielfältige Coachingprogramme, z. B. Präsentations- und Kommunikationstraining, Interviewtraining, Farb- und Stilberatung etc. 7 Die personenorientierte Sichtweise der Öffentlichkeitsarbeit wurde vom Co-Autor dieses Beitrages entwickelt. Vgl. Nessmann, Karl: PR für Personen. In: Herbst, Dieter (Hrsg.): Der Mensch als Marke. Konzepte, Beispiele, Experteninterviews. Göttingen: Business Village Verlag, 2003, S. 161 – 179 13 PR braucht Mediation und Mediation braucht PR. Öffentlichkeitsarbeit versucht zwar von den hier dargestellten Handlungsprinzipien her (Dialog- und Verständigungsorientierung) durch systematische und kontinuierliche Kommunikation im Idealfall Konflikte zu vermeiden. In Konfliktsituationen aber braucht PR die Mediation. Umgekehrt braucht Mediation in mehrerlei Hinsicht die Öffentlichkeitsarbeit: Mediationsprojekte (insbesondere größere Wirtschafts- oder Umweltverfahren) brauchen neben der Mediationskompetenz auch PR-Kompetenz. Diese kann entweder bei den MediatorInnen selbst, beim Prozessprovider oder auch extern angesiedelt sein. Jedenfalls ist Öffentlichkeitsarbeit eine wesentliche Schlüsselfunktion in Mediationsverfahren. Aber auch die ‚Mediation als Verfahren’ braucht PR, um das Wesen und die Vorteile von Mediation als Konfliktlösungsverfahren bewusst zu machen (PR für Mediation). Schließlich brauchen MediatorInnen selbst Eigen-PR, damit ihre Dienstleistungen, Angebote, Qualitäten etc. auch wahrgenommen werden (PR für MediatorInnen als Konfliktmanager). LITERATURTIPPS Avenarius, Horst: Public Relations. Die Grundform der gesellschaftlichen Kommunikation. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1995 [417 Seiten, ISBN 3-534-11286-5] Bentele, Günter/ Rolke, Lothar (Hrsg.): Konflikte, Krisen und Kommunikationschancen in der Mediengesellschaft: Casestudies aus der PR-Praxis (Serie Öffentlichkeitsarbeit, Public Relations und Kommunikationsmanagement, Band 7). Berlin: Vistas Verlag, 1998 [200 Seiten, ISBN 3-89158-224-2] Bogner, Franz: Das Neue PR-Denken. Strategien, Konzepte, Aktivitäten. Wien: Ueberreuter, 1999 (3., aktualisierte und erweiterte Aufl.) [468 Seiten, ISBN3-7064-0575-X] Herbst, Dieter: Public Relations. Das Professionelle 1x1. Berlin: Cornelsen Verlag, 1997 [175 Seiten, ISBN 3-464-49031-9] Herbst, Dieter: Krisen meistern durch PR. Ein Leitfaden für Kommunikationspraktiker. Neuwied: Luchterhand Verlag, 1999 [148 Seiten, ISBN 3-472-03675-3] Hopfgartner, Gerhard/Nessmann, Karl: PR-Public Relations für Schulen. So gelingt erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit. Strategien, Konzepte, Fallbeispiele. Wien: öbv&hpt Verlag, 2000 [175 Seiten, ISBN 3-209-03105-3] Rolke, Lothar / Wolff, Volker (Hrsg.): Der Kampf um die Öffentlichkeit – Wie das Internet die Macht zwischen Medien Unternehmen und Verbrauchern neu verteilt. Neuwied: Luchterhand Verlag, 2002 [293 Seiten, ISBN 3-472-05042-X] Fissenewert, Renée/Schmidt, Stephanie: Konzeptionspraxis. Eine Einführung für PR- und Kommunikationsfachleute – mit einleuchtenden Betrachtungen über den Gartenzwerg. Frankfurt am Main: F.A.Z. Verlag, 2002 [192 Seiten, ISBN 3-934191-59-2]