Brückenkurs Mathematik

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Brückenkurs Mathematik
Prof. Dr. D. Klatte
Anlage zur Vorlesung Mathematik I HS 2010
Literaturhinweise
1. H. Rommelfanger, Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler, Band 1, Spektrum, 2004.
2. K. Sydsaeter, P. Hammond, Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler,
Pearson Studium, 2004.
3. W. Purkert, Brückenkurs Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler, Teubner, 2001.
4. B. Luderer, U. Würker, Einstieg in die Wirtschaftsmathematik, Teubner, 2001.
5. H. Storrer, Einführung in die mathematische Behandlung der Naturwissenschaftlen I,
Birkhäuser, 2002.
6. K. Marti, D. Gröger, Grundkurs Mathematik für Ingenieure, Natur- und Wirtschaftswissenschaftler, Physica, 2004.
1
1
1.1
Arithmetik
Zahlen
Aus der Schule sind die folgenden Zahlenmengen bekannt:
Menge der natürlichen Zahlen N
N = {1, 2, 3, ...} abgeschlossen bezüglich Addition und Multiplikation, aber nicht
abgeschlossenen bezüglich Subtraktion und Division.
Menge der ganzen Zahlen Z
Z = {..., −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, ...} abgeschlossen bezüglich Addition, Subtraktion und
Multiplikation, aber nicht abgeschlossen bezüglich Division.
Menge der rationalen Zahlen Q
Q = {m
| m ∈ Z, n ∈ N} abgeschlossen bezüglich Addition, Subtraktion, Multin
plikation und Division, aber
√ nicht jedem Element der Zahlengerade entspricht eine
rationale Zahl, z.B. gilt 2 6∈ Q, π ∈
/ Q, e ∈
/ Q.
Menge der rellen Zahlen R
abgeschlossen bezüglich Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division sowie
repräsentiert durch die Zahlengerade, aber die Gleichung x2 = −1 hat keine reelle
Lösung (was die Einführung der komplexen Zahlen erfordert, die aber in der Mathematik I und II nicht behandelt werden).
1.2
Folgen
Sei M eine gegebene Menge. Die Abbildung (Zuordnung)
1, 2, ..., k, ...
↓
↓
..., ↓
a1 , a2 , ..., ak
∈N
↓
∈M
heisst (unendliche) Folge, geschrieben als {a1 , a2 , ..., ak , ...}.
Im Falle M = R sprechen wir von einer Zahlenfolge. Schreibweisen sind auch: {ak }k∈N
oder einfach {ak }. Jedes ak darin heisst Folgenglied.
In der Literatur trifft man auch eine etwas allgemeinere Definition an: Sei I ⊆ N eine
sogenannte Indexmenge. Die durch
k∈I
↓
ak ∈ M
2
definierte Abbildung heisst Folge (zur Indexmenge I), und man schreibt {ak }k∈I . Ist I eine
endliche Menge, z.B. I = {1, ..., n}, so sprechen wir von einer endlichen Folge.
Beispiele.
a) { k1 }k∈N = {1, 12 , 31 , ..., k1 ..., },
1
b) Mit I: = Menge der geraden Zahlen k = 2n: { k1 }k∈I = { 12 , 14 , 61 , ..., 2n
, ...}
Weiteres Beispiel: Folge der Spareinlagen mit Zinseszins. Bei einmaliger Einzahlung von 10’000 Fr. und fester jährlicher Verzinsung von 3% ergibt sich
Start
nach 1 Jahr
a1
a2
nach 2 Jahren
a3
..
.
nach k Jahren
= 100 000
= 100 000 + 300
= 1.03 · a1
= (1.03)2 · a1
= 100 609
ak+1 = 1.03 · ak
= (1.03)k · 100 000
Offenbar gilt:
ak+1 /ak = 1.03
∀k ∈ N.
Eine Zahlenfolge mit der hier angetroffenen Eigenschaft ak+1 /ak = q mit konstantem q 6= 0
heisst geometrische Folge, ihr Bildungsgesetz lautet
ak+1 = a1 · q k .
Eine Zahlenfolge {ak } mit der Eigenschaft ak+1 − ak = d, k ∈ N, mit konstantem d 6= 0
heisst arithmetische Folge, ihr allgemeines Bildungsgesetz lautet
ak := a1 + (k − 1)d.
1.3
Summen- und Produktzeichen, Doppelsummen
Das Summenzeichen:
n
X
ak = ar + ar+1 + ... + an
k=r
mit ak ∈ R für alle k.
3
Beispiel. Für ak = 2−k , r = 1 und n = 4 ist
4
X
ak = a1 + a2 + a3 + a4 =
k=1
1 1 1
1
15
+ + +
= .
2 4 8 16
16
Das Produktzeichen:
n
Y
ak = ar · ar+1 · ... · an
k=r
Beispiel. Mit ak = 2k , r = −1 und n = 1 ist
1
Y
ak = a−1 · a0 · a1 =
r=−1
1
· 1 · 2 = 1.
2
Dabei heissen
k
¾ Index der Summation (Produktbildung)
r, n
Grenzen der Summation (Produktbildung)
r≤n
Es sind auch negative ganze Zahlen und 0 als Indizes zugelassen.
P Q
Beispiele für die Verwendung von , :
(1) Gegeben sei eine Zahlenfolge {ak }k∈N . Dann heisst
sn =
n
X
ak
k=1
n-te Partialsumme der Folge. Die Folge {sn }n∈
die Elemente ak heissen Glieder der Reihe.
Harmonische Reihe:
Geometrische Reihe:
(2) n! :
an :
=
=
n
Q
i=1
n
Q
N
der Partialsummen heisst Reihe,
ak := k1 (k ∈ N)
ak := q k , q ∈
/ {0, 1}, (k ∈ N)
i, n ∈ N; 0! := 1
a, a ∈ R, n ∈ N
i=1
(3) Für r < n benutzt man auch die Schreibweise
n
P
ak und
k>r
n
X
ak = ar+1 + . . . + an
k>r
4
n
Q
k>r
ak , wobei
bzw.
n
Y
ak = ar+1 · . . . · an .
k>r
Rechenregeln für Summen- und Produktzeichen
Diese folgen aus den Rechenregeln der Addition/Subtraktion und Multiplikation/Division
reeller Zahlen, wir erwähnen z.B. (mit k, m, n, r ∈ N, r ≤ m < n and ak , bk , d ∈ R)
n
X
dak = d
k=r
n
X
n
X
ak ,
k=r
(ak + bk ) =
k=r
n
X
ak +
k=r
n
X
m
X
bk ,
k=r
ak +
k=r
n
X
ak =
k=m+1
n
X
ak
k=r
und (mit 0 6= ck ∈ R und s ∈ N)
n
Q
n
Y
ak · bk
k=r
ck
=
k=r
ak ·
n
Q
n
Q
bk
k=r
ck
,
m
Y
ak ·
n
Y
ak =
ak ,
k=r
k=m+1
k=r
n
Y
n
Y
Ã
(ak )s =
k=r
n
Y
!s
ak
.
k=r
k=r
Doppelsummen
Beispiel DS. Ein Unternehmen produziert 2 Güter. Im 1. Quartal 2004 wurden folgende
Umsätze (in Tausend Fr.) erzielt:
Gut
Monat
Januar
Februar
März
Gesamtumsatz je Gut
Gut 1
Gut 2
monatlicher Gesamtumsatz
21
30
30
81
10
10
15
35
31
40
45
116
Nun benötigen wir den folgenden Begriff:
Eine Anordnung



A = (aij ) = 

a11
a21
..
.
a12
a22
..
.
. . . a1n
. . . a2n
..
.
am1 am2 . . . amn
heisst Matrix mit m Zeilen und n Spalten, kurz (m, n)-Matrix.
5





Berechne den Gesamtumsatz im 1. Quartal:
Sei Umsatz im Monat i vom Gut j
entsprechende Matrix:

u11
 u21
u31
(i = 1, 2, 3; j = 1, 2) die Grösse uij und U = (uij ) die



u12
21 10
u22  =  30 10 
u32
30 15
Der Gesamtumsatz berechnete sich so:
1. Schritt:
Berechne

für i ∈ {1, 2, 3}
2
 oder
P
uij
j=1
2. Schritt:

für j ∈ {1, 2}
3
 P
.
uij
i=1
Berechne
3
2 P
2
3 P
P
P
( uij ).
( uij ) oder
j=1 j=1
i=1 j=1
Wegen der Assoziativität von ”+” können Klammern weggelassen werden, man erhält
Doppelsummen:
3 X
2
2 X
3
X
X
uij bzw.
uij .
i=1 j=1
j=1 j=1
Offenbar gilt stets wegen des Assoziativ- und des Kommutativgesetztes der Addition
3 X
2
X
uij =
i=1 j=1
2 X
3
X
uij
j=1 j=1
bzw. für die Aufsummierung aller Elemente aij der oben definierten (m, n)-Matrix A:
m X
n
X
aij =
i=1 j=1
n X
m
X
aij .
j=1 i=1
Fortsetzung von Beispiel DS. Berechnung eines Teilumsatzes
2 P
i
P
i=1 j=1
u11 + (u21 + u22 )
|{z}
| {z }
i=1
i=2
= 21 + 30 + 10
= 61
uij =
6
Beispiel ”Portfolio”. Man betrachte ein Portfolio mit Anlagen Ai , i = 1, ..., n, wobei
ri
Anlagerendite (Zufallsvariable)
zi
Gewicht von Ai im Portfolio (d.h.
n
P
zi = 1, zi ≥ 0 ∀i)
i=1
σi2
Varianz der Rendite ri
cov(i, j) Kovarianz ri (+ rj , i 6= j
σp2
Varianz der Portfoliorendite
Es gilt die aus der Statistik bekannte Formel (wobei man nutzt, dass stets gilt cov(j, i) =
cov(j, i)):
σp2 =
n
P
i=1
zi2 σi2 + 2
n−1
n
PP
zi zj cov(i, j).
i=1 j>i
Übungsaufgabe: Überlegen Sie sich, dass diese Formel mit der Konvention cov(i, i) := σi2
auch so geschrieben werden kann:
σp2 =
n X
n
X
zi zj cov(i, j).
i=1 j=1
1.4
Potenzen, Wurzeln, Logarithmen
Wir betrachten zunächst Potenzen
ax .
Die Definition im Fall 0 6= a ∈ R und x = n ∈ N bzw. x = 0 ist Ihnen wohlbekannt:
a0 = 1,
an = a · a · · · a (n mal),
a−n =
1
,
an
insgesamt ist damit ax im Fall 0 6= a ∈ R und x ∈ Z definiert. Man beachte:
00 ist nicht definiert.
Definition der n-ten Wurzel einer nichtnegativen reellen Zahl.
Zu 0 ≤ a ∈ R und n ∈ N heisst die
eindeutig bestimmte nichtnegative Lösung der Gleichung xn = a
die n-te Wurzel aus a, in Zeichen
√
n
a,
a heisst Radikant der Wurzel; im Falle n = 2 schreibt man
von a.
7
√
a, das ist die Quadratwurzel
Man merke sich folgendes Beispiel: Die Gleichung
x2 = 4
hat zwei reelle Lösungen, nämlich x = 2 und x = −2, aber nur eine nichtnegative
Lösung, nämlich x = 2, und das ist die Quadratwurzel aus 4.
Für positive (!) a ∈ R sowie m ∈ Z und n ∈ N setzt man
√
1
a n := n a
√
m
a n := n am .
Damit ist ax auch für 0 < a ∈ R und rationale Exponenten x definiert. Für rationale
Exponenten x und reelle a < 0 ist ax im allgemeinen nicht definiert (ausser in Spezialfällen
wie x ganzzahlig oder x = n−1 mit ungerader ganzer Zahl). Ferner setzt man
0x := 0 für 0 < x ∈ Q.
Für
x ∈ R,
definieren wir
a ∈ R, a ≥ 1,
1
ax := sup M x
mit M x := {ar | r ∈ Q, 0 < r < x},
wobei wir ausnutzen, dass es zu jeder reellen Zahl x eine natürliche Zahl n > x gibt und
deshalb wegen a ≥ 1 z.B. an obere Schranke von M x ist. Mittels
ax :=
1
(1/a)x
(0 < a < 1, x > 0)
und
1
(a > 0, x > 0)
ax
ist ax schliesslich für beliebige a > 0 und x ∈ R definiert (a0 = 1 gilt wie oben bemerkt für
a 6= 0 und somit speziell für a > 0).
a−x =
Rechnen mit Potenzen
Für x, y ∈ Z, a, b ∈ R, a 6= 0, b 6= 0 oder x, y ∈ R, a, b ∈ R, a > 0, b > 0 :
ax · ay
ax /ay
(ax )y
(a · b)x
=
=
=
=
ax+y
ax−y
ax·y
ax · bx
1
Hinweis: Eine nach oben beschränkten Menge M reeller Zahlen besitzt stets eine kleinste obere
Schranke, die mit sup M bezeichnet wird, vgl. Vorlesung Mathematik I
8
Dabei ist a0 = 1 für a ∈ R, a 6= 0. Ferner ist 0x := 0 für x ∈ R, x > 0. Achtung! 00 ist
nicht definiert.
Man definiert den Logarithmus y von x zur Basis a, wobei a und x als positive relle
Zahlen und a 6= 1 vorausgesetzt werden, durch
y=
a
log x
⇔
ay = x,
es wird auch die Schreibweise loga x verwendet. Die Definition ist dadurch gerechtfertigt,
dass unter den Voraussetzungen an die gegebenen Grössen a und x die Gleichung ay = x
eine eindeutige Lösung y hat. Wir gehen auf dieses Thema beim Abschnitt Exponentialund Logarithmusfunktionen in der Vorlesung Mathematik I ein.
Rechnen mit Logarithmen
Für a, b, c, x, z ∈ R mit a 6= 1, b 6= 1 und a, b, x, z > 0 gilt
a
log(x · z) = a log x + a log z
a
log(x/z) = a log x − a log z
a
log(xc ) = c a log x
a
log x
b
.
log x = a
log b
Speziell ist a log 1 = 0, a log a = 1 und a log ac = c.
1.5
Ungleichung zwischen geometrischem und arithmetischem
Mittel, Summenformeln
Es seien a1 , . . . , an nichtnegative reelle Zahlen. Dann gilt
v
u n
n
uY
1X
n
t
ai ≤
ai .
n
i=1
i=1
Der Wurzelausdruck auf der linken Seite heisst geometrisches Mittel der Zahlen a1 , . . . , an ,
die Summe rechts heisst arithmetisches Mittel der Zahlen a1 , . . . , an . Übungsaufgabe: Man
beweise die Ungleichung durch vollständige Induktion.
Die Ungleichung hat eine ökonomische Interpretation: Bei Wachstumsraten, Inflationsraten, Renditen etc. führt das arithmetische Mittel oft zu einer Überschätzung. Ändert sich
z.B. der Bananenpreis von 2.50 CHF im 1. Jahr auf 2 CHF (Senkung um 20 % gegenüber
dem Vorjahr) im 2. Jahr und wieder auf 2.50 CHF (Steigerung um 25 % gegenüber dem
Vorjahr) im 3. Jahr, ist die durchschnittliche Änderung im Sinne des arithmetischen Mittels 12 (−0.2 + 0.25) = 0.025, während das geometrische Mittel der Änderungen gleich 0 ist.
9
GAUSSsche Summenformel
n
X
k=
k=1
n(n + 1)
2
n-te Partialsumme der der arithmetischen Folge (ak+1 − ak = d)
sn :=
n
X
(a1 + (k − 1)d) = n
k=1
a1 + an
2
Summenformel der geometrischen Reihe (k = 1, ..., n)
sn :=
n
X
qk =
k=1
q − q n+1
1−q
(q 6= 1)
Summenformel der geometrischen Reihe (k = 0, ..., n)
s̃n :=
n
X
qk =
k=0
1.6
1 − q n+1
1−q
(q ∈
/ {0, 1})
Gleichungen, Ungleichungen und Absolutbetrag
Grundlagen für das Rechnen mit Gleichungen und Ungleichungen sind folgende, aus der
Schule bekannte Gesetze über das
Rechnen mit Gleichungen
Für a, b, c ∈ R gilt
(1) a = b ⇐⇒ a + c = b + c
(2) a = b ⇐⇒ a · c = b · c, falls c 6= 0
(3a) a = b =⇒ an = bn für n ∈ N
(3b) a = b =⇒ an = bn für n ∈ Z, n ≤ 0, falls a 6= 0, b 6= 0.
Die Erweiterung auf reelle Exponenten gilt, falls a > 0, b > 0.
Die Umkehrung in (3a), (3b) gilt im allgemeinen nicht, wie man sich leicht überlegt.
(4) a · b = 0 ⇐⇒ (a = 0) ∨ (b = 0)
Das wichtige Gesetz (4) illustrieren wir durch folgende Aufgabe: Gesucht sind alle x ∈ R
mit
x(x − 1) = (x − 1)2 · x2 .
(∗)
10
Die trivialen Lösungen (nie vergessen!) sind:
x = 0 und x = 1.
Für x 6∈ {0, 1} ist (∗) äquivalent zu 1 = (x − 1) · x, d.h. x2 − x − 1 = 0, d.h.
r
1
1
x1,2 = ±
+ 1.
2
4
Die Menge L aller Lösungen von (∗) ist also
L = {0, 1,
1 1√ 1 1√
+
5, −
5}.
2 2
2 2
Rechnen mit Ungleichungen
Für das Rechnen mit Ungleichungen modifizieren sich diese Gesetze wie folgt, wobei 2
irgendeines der Zeichen <, ≤, > oder ≥ bedeute und sign a das Vorzeichen einer Zahl
a 6= 0 symbolisiert.
(1)’ a2b ⇐⇒ a + c2b + c
(2)’ a2b ⇐⇒ a · c2b · c, falls c > 0
(3)’ a2b ⇐⇒ ar 2br für r ∈ R, r > 0, a > 0, b > 0.
(4)’ a · b < 0 ⇐⇒ sign a 6= sign b.
a · b > 0 ⇐⇒ sign a = sign b.
In (2)’ und (3)’ vertauschen sich die Ungleichheitsszeichen (d.h., < wird zu >. ≤ wird zu
≥ usw.), wenn c < 0 bzw. r < 0 sind.
Beispiel. Gesucht ist die Lösungsmenge L der Ungleichung
x+1
≤ 2,
x−1
wobei x 6= 1. Im Fall 1 sei x > 1. Dann ist die Ungleichung äquivalent zu
x + 1 ≤ 2(x − 1),
was gleichbedeutend mit x ≥ 3 ist. Im Fall 2 sei x < 1. Dann ist die Ungleichung äquivalent
zu
x + 1 ≥ 2(x − 1),
was gleichbedeutend damit ist, dass sowohl x ≤ 3 als auch x < 1 gilt. Daraus folgt
L = (−∞, 1) ∪ [3, +∞).
11
Der absolute Betrag
Für a ∈ R ist
½
|a| : =
a, falls a ≥ 0
−a, falls a < 0
Beispiel. An einer Eisenbahnstrecke AB mit Kilometer 0 bei A und Kilometer 160 bei
B befinden sich an den Kilometern 60, 140 und 160 Reparaturwerkstätten (RW). Im
Abschnitt AB soll ein Zentrallager (ZL) entstehen. Aus ökonomischen Erwägungen sei
bekannt, dass die mittlere Entfernung des ZL zu den RW 50 km nicht überschreiten darf.
Wo kann das ZL eingerichtet werden?
60
A=0
140
B=160
Gesucht ist die Lösungsmenge L von
1
(|x
3
− 60| + |x − 140| + (160 − x)) ≤ 50 bezüglich x ∈ [0, 160] !
Lösen durch Fallunterscheidung (Zerlegung von [0,160]):
[0, 160]
x ∈ I1 : = [0, 60)
x ∈ I2 : = [60, 140)
x ∈ I3 : = [140, 160]
|x − 60|
60 − x
x − 60
x − 60
|x − 140|
140 − x
140 − x
x − 140
Sei
Li : = Ii ∩ L (i = 1, 2, 3).
Fall 1
0 ≤ x < 60
60 − x + 140 − x + 160 − x ≤ 150
⇐⇒ 210 − 3x ≤ 0
⇐⇒ x ≥ 70
Widerspruch zu x < 60, d.h. L1 = Ø.
Fall 2
60 ≤ x < 140
x − 60 + 140 − x + 160 − x ≤ 150
⇐⇒ 90 − x ≤ 0
⇐⇒ x ≥ 90
=⇒ L2 = [90, 140)
12
Fall 3
140 ≤ x ≤ 160
x − 60 + x − 140 + 160 − x ≤ 150
⇐⇒ x ≤ 190
=⇒ L3 = [140, 160].
Folglich gilt
L = L1 ∪ L2 ∪ L3 =⇒ L = [90, 160].
Unter den ökonomischen Erwägungen der Aufgabenstellung kann das ZL im Streckenabschnitt zwischen Km 90 und Km 160 errichtet werden.
Weiteres Beispiel: Man löse die Gleichung
|2x + 8| + |x − 2| = 12.
Zum Finden einer geeigneten Zerlegung von R bemerken wir:
2x + 8 ≥ 0 ⇐⇒ x ≥ −4,
x − 2 ≥ 0 ⇐⇒ x ≥ 2.
Eine geeignete Zerlegung ist also
R = (−∞, −4) ∪ [−4, 2) ∪ [2, +∞).
Wir lösen nun die gegebene Gleichung in diesen Intervallen:
(−∞, −4) : −2x − 8 − x + 2 = 12 ⇐⇒ x = −6.
[−4, 2) : 2x + 8 − x + 2 = 12 ⇐⇒ x = 2.
Also folgt
L = {−6, 2}.
Übung. Zeichnen Sie die Funktion g(x) = max{|3 − x| , |2x + 1|}, x ∈ [−8, 8], in ein
kartesisches Koordinatensystem.
Offenbar gilt
½
|3 − x| =
½
|2x + 1| =
3 − x, falls x ≤ 3
x − 3, falls x > 3
2x + 1, falls x ≥ − 12
2x − 1, falls x < − 12
13
16
14
12
y
10
8
6
4
2
0
−8
−6
−4
−2
0
x
2
4
6
Die Knickstellen errechnet man durch Lösen der folgenden Gleichungen
3 − x = −2x − 1 ⇐⇒ x = −4
und
2
3 − x = 2x + 1 ⇐⇒ x = ,
3
vgl. die Grafik.
14
8
2
2.1
Elemente der analytischen Geometrie
Veranschaulichung im kartesischen Koordinatensystem
Punkte und Vektoren in der Ebene bzw. im dreidimensionalen Raum schreiben wir einheitlich als geordnete Paare (x, y) bzw. geordnete Tripel (x, y, z) von reellen Zahlen, ein
Punkt wird demnach als Ortsvektor vom Koordinatenursprung aus angesehen. Wie in der
Vorlesung eingeführt, bezeichnet man die Menge aller geordneten Paare reeller Zahlen mit
R2 , die Menge aller geordneten Tripel reeller Zahlen mit R3 .
Die Veranschaulichung im kartesischen Koordinatensystem sei hier an den Beispielen
gph f = {(x, y) ∈ R2 | y = f (x) := (sin x)/x}
(mit dem uneigentlichen Grenzwert (sin 0)/0 := limx→0 ((sin x)/x) = 1)
y
1
0.8
gph f = {(x,y)|y=f(x)}
0.6
0.4
0.2
x
-7.5
-5
-2.5
5
2.5
7.5
-0.2
und
M = {(x, y, z) ∈ R3 | z = x2 + y 2 }
z
20
4
10
2
0
-2
0
y
-1
-2
0
x
1
-4
2
illustriert.
Die Addition von geordneten Zahlenpaaren entspricht der Addition von Vektoren in der
Ebene, es gilt
(x1 , y1 ) + (x2 , y2 ) := (x1 + x2 , y1 + y2 ).
15
Illustrieren wir das für einen Spezialfall:
y
1
(1,-0.5)
0.8
(1,1)
0.6
0.4
(2,0.5)
0.2
0.5
1
1.5
2
x
Addition von Vektoren
Die Multiplikation eines geordneten Zahlenpaars (x1 , x2 ) mit einer reellen Zahl λ,
λ(x1 , x2 ) := (λx1 , λx2 ),
entspricht der Streckung/Stauchung (ggf. Orientierungsumkehr) eines Vektors, die Illustration ist offensichtlich.
Völlig analog definiert und illustriert man die Summe von zwei Zahlentripeln oder die
Multiplikation eines Zahlentripels mit einer reellen Zahl.
2.2
Geraden in der Ebene
Wir betrachten die Gerade
G = {(x, y) ∈ R2 | x − 2y + 4 = 0}.
(1)
y
4
3
2
1
-4
-2
2
4
x
G
Zum Einzeichnen der Geraden G gibt es verschiedene Möglichkeiten:
• Zwei Punkte auf G bestimmen diese Gerade, z.B. setze man x = 0 bzw. y = 0, und
man erhält die Punkte (0, 2) und (−4, 0).
• Aus der expliziten Beschreibung G = {(x, y) | y = 12 x + 2} sieht man: G schneidet die
y-Achse bei y = 2 und hat den Anstieg 12 . Die allgemeine Form lautet y = mx + c
(m Anstieg, y = c Schnittpunkt mit der y-Achse).
• Man verwendet die Punkt-Richtung-Darstellung von einem festen Punkt aus, z.B.
(x, y) = (2, 0)+t(1, 21 ) mit t ∈ R. Diese Darstellung ist natürlich nicht eindeutig: Man
16
kann einen anderen festen Punkt auf G nehmen und als Richtungsvektor irgendein
Vielfaches (6= 0) von (1, 12 ). Die allgemeine Form der Punkt-Richtung-Darstellung
einer Geraden lautet (x, y) = (a, b) + t(p, q), t ∈ R, wobei (a, b) ein Punkt auf
der Geraden und (p, q) 6= (0, 0) die Differenz von zwei verschiedenen Punkten in G
(Richtungsvektor ) ist (wobei (p, q) auch als ein Element der parallelen Geraden durch
den Koordinatenursprung interpretiert werden kann).
• Seien auf der Geraden G zwei feste Punkte P = (xP , yP ) und Q = (xQ , yQ ) mit P 6= Q
gegeben. Dann gilt für den Anstieg der Geraden G bekanntlich tan α = 12 , wobei α
der Anstiegswinkel ist. Insbesondere gilt in unserem Falle xP 6= xQ . Nach Definition
des Tangens (Gegenkathete/Ankathete) gilt also für einen beliebigen Punkt (x, y) 6=
(xP , yP ) der Geraden
yQ − yP
1
y − yP
=
,
= tan α =
2
x − xP
xQ − xP
man veranschauliche sich das in der Zeichnung etwa für P = (−4, 0) und Q = (0, 2).
Man nennt diese Form Zwei-Punkte-Darstellung der Geraden G. Will man auch
Geraden einbeziehen, die parallel zur y-Achse sind, also die Darstellung x ≡ const.
haben (d.h., x = xP = xQ ), kann man die Zwei-Punkte-Darstellung in der folgenden
ganz allgemeinen Form angeben, wie Sie sich leicht selbst überlegen können (man
beachte, dass P 6= Q vorausgesetzt war).
(x − xP )(yQ − yP ) = (y − yP )(xQ − xP ).
• Man nimmt einen festen Punkt, z.B. wieder (0, 2), und konstruiert zu einem Normalenvektor n (das ist ein Vielfaches des Vektors (1, −2), gebildet aus den Koeffizienten der Bestimmungsgleichung von G) die Senkrechte, vgl. die folgende Zeichnung.
Allgemein gilt für den Normalenvektor n = (µ, ν), einen festen Punkt P = (a, b) und
einen variablen Punkt X = (x, y) der Geraden die Beziehung
µ(x − a) + ν(y − b) = 0,
d.h., das euklidische Skalarprodukt zwischen den Vektoren n und X − P ist gleich
0. Im Spezialfall unserer Geraden G mit Punkt (0, 2) und Normalenvektor (1, −2)
bedeutet das
0 = 1 · (x − 0) + (−2) · (y − 2) = x − 2y + 4,
womit wieder die Ausgangsgleichung erzeugt worden ist.
y
4
3
2
1
-4
-2
n
2
G
17
4
x
Die Hessesche Normalform der Geradengleichung
x − 2y + 4 = 0
lautet
1
√ (x − 2y + 4) = 0.
5
√
Offenbar ist in unserem Beispiel 5 die (euklidische) Länge des Normalenvektors (1, −2),
wobei
p
k(x, y)k := x2 + y 2
die Länge des Vektors (x, y) (in der euklidischen Norm) ist. Die allgemeine Form der
Hesseschen Normalform einer Geradengleichung (zu einer Geraden G) lautet
(mit a2 + b2 = 1).
ax + by + c = 0
(2)
Da in der Hesseschen Normalform der Koeffizientenvektor (a, b) die Länge 1 hat, ist |c|
der euklidische Abstand des Koordinatenursprungs (Nullpunkt) zur gegebenen Gerade G
(Länge des Lotes vom Koordinatenursprung auf die Gerade G), was man so sieht: Der
Nullpunkt liegt auf der zu G parallelen Geraden
ax + by = 0,
und man ermittelt den Schnittpunkt der darauf senkrechten Geraden {(ta, tb) | t ∈ R} mit
der durch (2) definierte Geraden G aus
c = a(ta) + b(tb) = t(a2 + b2 ) = t.
Für
√ unsere spezielle Gerade G aus (1) ist also der Abstand des Nullpunktes von G gleich
4/ 5.
2.3
Ebenen und Geraden im 3-dimensionalen Raum
Die Ebene
E := {(x, y, z) ∈ R3 | 2x − 3y − z − 1 = 0}
lässt sich wie folgt darstellen:
10
z
0
2
-10
0
-2
0
x
-2
2
18
y
Die allgemeine Form einer Ebenengleichung (etwa zu einer Ebene E) ist
ax + by + cz + d = 0,
(3)
wobei (a, b, c) nicht der Nullvektor sein darf. Damit lässt sich die Gleichung auch in
expliziter Form schreiben, ist z.B. c 6= 0, so haben wir die Schreibweise
z = αx + βy + γ
mit α = a/c, β = b/c und d/c, die Werte von z ergeben sich also aus einer sogenannten
affin-linearen Funktion in den Variablen x und y.
Auch eine Punkt-Richtung-Darstellung ist möglich, und zwar durch
(x, y, z) = (x0 , y0 , z0 ) + s(p, q, r) + t(u, v, w),
s, t ∈ R,
wobei P := (x0 , y0 , z0 ) ein Punkt auf E ist sowie V := (p, q, r) und W := (u, v, w) zwei
verschiedene Elemente der zu E parallelen Ebene durch den Koordinatenursprung (Richtungsvektoren) sind (was gleichbedeutend damit ist, dass V = A − P und W = B − P mit
Hilfe von zwei Punkten A, B ∈ E dargestellt werden kann).
Daraus wird auch deutlich, dass E durch drei nicht auf einer Geraden liegenden Punkte
von E eindeutig bestimmt ist.
Schliesslich ist wieder jedes Vielfache (ungleich 0) des Vektors
n := (a, b, c)
mit a, b, c aus der Darstellung (3) ein Normalenvektor auf E. Kennt man einen Vektor
aus E, sagen wir P = (x0 , y0 , z0 ), dann ergibt sich für variables X = (x, y, z) ∈ E die
Ebenengleichung (3) wieder aus ”Skalarprodukt von n und (X − P ) = 0”, also
a(x − x0 ) + b(y − y0 ) + c(z − z0 ) = 0,
in der Tat gilt ja
0 = a(x − x0 ) + b(y − y0 ) + c(z − z0 ) = ax + by + cz − (ax0 + by0 + cz0 ) = ax + by + cz + d,
wobei ax0 + by0 + cz0 = −d (wegen P = (x0 , y0 , z0 ) ∈ E) ausgenutzt wurde.
Eine Gerade G im R3 wird üblicherweise als Lösungsmenge von zwei linearen Gleichungen
ax + by + cz + d = 0,
αx + βx + γz + δ = 0,
19
repräsentiert, wobei (a, b, c) kein Vielfaches des Tripels (α, β, γ) sein darf 2 , oder in PunktRichtung-Darstellung gegeben:
(x, y, z) = (x0 , y0 , z0 ) + t(u, v, w), t ∈ R,
wobei wieder (x0 , y0 , z0 ) ∈ G gilt und (u, v, w) Differenz zweier Elemente von G ist.
Machen wir uns das an einem Beispiel klar. Betrachten wir das lineare Gleichungssystem
x + y − z = 1
− 4y − z = 1
Addiert man das 1/4-fache der 2. Gleichung zur 1. Gleichung und dividiert dann die 2.
Gleichung durch −4, ergibt sich das äquivalente Gleichungssystem
x
−
5
z
4
=
5
4
y +
1
z
4
= − 14
.
Die Lösungsmenge ist die Schnittgerade zweier Ebenen (d.h., die Gerade, die durch die
Punkte P und Q aufgespannt wird):
P
Q
Die Punkt-Richtung-Darstellung in abstrakter Form, vgl. Zeichnung, sieht so aus:
X := (x, y, z) = P + tV, t ∈ R,
mit V := Q − P .
In unserem konkreten Beispiel lassen wir z beliebig variieren, wir setzen also z := t, t ∈ R,
und es ergibt sich dann x = 45 + 54 t sowie y = − 41 − 14 t, in Vektorschreibweise (komponentenweise Zusammenfassung)
(x, y, z) = ( 54 , − 14 , 0) + t( 54 , − 14 , 1), t ∈ R,
d.h., die Gerade verläuft durch den Punkt ( 54 , − 14 , 0) in Richtung ( 54 , − 14 , 1), das ist die
Punkt-Richtung-Darstellung.
2
andernfalls wären die beiden Ebenen parallel, hätten also einen leeren Durchschnitt, oder sie fielen
zusammen, bildeten also keine Gerade
20
3
Elementare reelle Funktionen
Wir betrachten in diesem Abschnitt
– Polynome,
– gebrochen rationale Funktionen,
– Potenzfunktionen,
– trigonometrische Funktionen.
Exponential- und Logarithmusfunktionen werden in der Vorlesung Mathematik I eingeführt
und hier daher nicht behandelt.
3.1
Polynome
Sei n ∈ N ∪ {0} und eine Funktion Pn : D ⊆ R → R gegeben durch
Pn (x) = an xn + an−1 xn−1 + . . . + a1 x + a0
mit ai ∈ R für alle i sowie an 6= 0. Dann heisst Pn Polynom vom Grade n auf D bzw.
ganzrationale Funktion auf D. Für D = R spricht man einfach von einem Polynom vom
Grade n (bzw. einer ganzrationalen Funktion).
Spezialfälle sind
– konstante Funktionen (n = 0),
– lineare Funktionen (n = 1), bei a0 6= 0 auch affin-lineare Funktionen genannt,
– quadratische Funktionen (n = 2).
Lineare Funktionen
Wir betrachten die lineare Funktion
y = 21 x + 2
mit dem Graphen G = {(x, y) | 12 x − y + 2 = 0}, d.h.
y
4
3
2
1
-4
-2
2
4
x
G
Zum Einzeichnen der Geraden G gibt es verschiedene Möglichkeiten, vgl. den Abschnitt
Elemente der analytischen Geometrie.
21
Quadratische Funktionen
Man betrachte die quadratische Funktion
g(x) = −x2 − 2x + 1, x ∈ R,
mit dem Funktionsgraphen
g(x) = − ( x + 1 )2 + 2
2
0
y
−2
−4
−6
−8
−3
−2
−1
0
1
2
x
Durch quadratische Ergänzung erhalten wir
g(x) = −x2 − 2x + 1 = (−x2 − 2x − 1) + 1 + 1 = −(x + 1)2 + 2,
das ist eine Form, in der man den Graphen der Funktion sofort analysieren kann:
Das Minuszeichen deutet auf eine nach unten geöffnete Parabel hin (das ist eine
konkave Funktion),
der Scheitelpunkt der Parabel liegt bei (−1, 2), also nimmt g an der Stelle x = −1
ihr globales Maximum y = 2 über R an,
es handelt sich um eine in diesen Punkt verschobene ”negative Einheitparabel”
(genauer: nach Koordinatentransformation t = x + 1 und Verschiebung des Koordinatenursprungs in den Punkt (−1, 2)) der Form y = −t2 ,
der Wertebereich Wg lautet Wg = (−∞, 2].
Beschränkt man wie in der Zeichnung den Definitionsbereich auf D = [−3, 1] – z.B. aus
Erwägungen eines praktischen Problems heraus, in dem die Funktion g eine Rolle spielt –,
dann schränkt sich der Wertebereich ein auf das Intervall [−2, 2].
22
Die ganze Mühe mit der quadratischen Ergänzung kann man sich sparen, wenn man die
Differentialrechnung zur Hilfe nimmt, dann wir alles ganz einfach. Die zweite Ableitung
von g(x) = −x2 − 2x + 1 lautet
g 00 (x) = −2 < 0,
also ist g konkav, der Graph von g ist also eine nach unten geöffnete Parabel. Das Maximum
x̂ wird dann genau dort angenommen, wo g 0 (x̂) = 0 ist, also
g 0 (x̂) = −2x̂ − 2 = 0
⇔
x̂ = −1,
der Scheitelpunkt ist also (x̂, g(x̂)) = (−1, 2).
Eine Umkehrfunktion hat g nur über Intervallen, auf denen g injektiv ist. Man nehme z.B.
das Intervall D = [−1, +∞). Durch Auflösen der Gleichung
−x2 − 2x + 1 = y, x ≥ −1, y ≤ 2,
nach x erhält man
x = g −1 (y) := −1 +
p
2 − y, y ∈ (−∞, 2),
als Umkehrfunktion von g : D → (−∞, 2] (dabei steht gph g für den Graphen von g und
gph g −1 für den Graphen von g −1 ):
-1
gph g
2
-10
-8
-6
-4
-2
2
-2
-4
-6
-8
gph g
Übungsaufgabe. Analysieren Sie die Funktion
h(x) = 12 x2 − 2x + 1, x ∈ R.
23
Nullstellen von Polynomen
Wir starten mit einem ökonomischen Beispiel. Zur Bewertung des Nutzens einer Investition
zieht man häufig die Methode des internen Zinsfusses (internal rate of return) heran. Eine
Investition koste 400’000 CHF, der erwartete Geldabfluss nach einem Jahr betrage 30’000
CHF, während in den Jahren 2 bis 5 jährlich Geldrückflüsse von 120’000 CHF erwartet
werden. Der Liquidationserlös der Anlage nach dem 5. Jahr betrage 100’000 CHF. Die
Methode des internen Zinsfusses fragt nun nach
i = p/100,
so dass der Kapitalwert der geplanten Investition mit diesem i positiv wird, sich die Investition also lohnt. Als Idee steckt dahinter, dass die Investitionssumme alternativ mit
einer Verzinsung von p Prozent pro Jahr angelegt werden könnte. Der Kapitalwert K der
Investition berechnet sich zu
30
120
120
120
220
K = −400 −
+
+
+
+
.
(4)
2
3
4
1 + i (1 + i)
(1 + i)
(1 + i)
(1 + i)5
Der Kapitalwert in Abhängigkeit von i ist
K
150
125
100
75
50
25
i
0.02
0.04
0.06
0.08
0.1
Der interne Zinssatz iintern errechnet sich nun als Lösung der Gleichung K = 0, für einen
Vergleichszinssatz i > iintern lohnt sich die Investition nicht mehr. Offenbar ist aber
K = 0 mit K gemäss (4) äquivalent zur Suche einer Nullstelle (im ökonomisch sinnvollen
Bereich) eines speziellen Polynoms 5. Grades.
Über Nullstellen von Polynomen gibt es einen zentralen Satz der Mathematik, den sogenannten Fundamentalsatz der Algebra, der von C.F. Gauss bewiesen wurde, man vergleiche
zu diesem Thema Abschnitt 4.5.1 in Rommelfanger, Band 1. Wir wollen hier die zentrale
Aussage etwas anders formulieren und starten dazu wieder mit einem Beispiel. Man betrachte
P5 (x) = (x − 1)2 · (x + 1) · (x2 + 1) = x5 − x4 − x + 1.
(5)
24
Offenbar gilt für dieses Polynom
P5 (x) = 0
⇔
(i) (x − 1)2 = 0 ∨ (ii) x + 1 = 0 ∨ (iii) x2 + 1 = 0.
Die quadratische Gleichung (i) hat die Lösung x = 1, man spricht von einer doppelten
Nullstelle des Polynoms P5 (x). Die lineare Gleichung (ii) hat die Lösung x = −1, man
spricht von einer einfachen Nullstelle des Polynoms P5 (x). Die quadratische Gleichung
(iii) hat keine reelle Lösung, sie liefert gar keine reelle Nullstelle des Polynoms P5 (x). Wir
nennen quadratische Funktionen x2 + px + q ohne reelle Nullstelle unzerlegbar.
Interessant ist nun die Frage, ob sich ein Polynom n-ten Grades immer in Faktoren wie
in (5) zerlegen lässt (dort hatten wir ja die Zerlegung vorgegeben, aber wir könnten von
rechts beginnen und mit einiger Mühe die Zerlegung finden). Dann wären auch alle reellen
Nullstellen dieses Polynoms bekannt. In der Tat gilt der folgende Existenzsatz, der aber
noch keine Methode enthält, eine Zerlegung zu finden:
Satz. Jedes Polynom n-ten Grades Pn (x) lässt sich eindeutig als Produkt seines n-ten
Koeffizienten an sowie von r Linearfaktoren der Form (x − αi ) und von m unzerlegbaren
quadratischen Faktoren (x2 + βj x + γj ) schreiben, wobei n = r + 2m gilt. Dabei können
gewisse lineare oder unzerlegbare quadratische Faktoren mehrfach vorkommen, und es kann
r = 0 oder m = 0 sein.
3
Die Zahlen α1 , . . . , αr sind dann die reellen Nullstellen des Polynoms Pn (x). Es müssen
gar keine reellen Nullstellen existieren, man betrachte die Gleichung x2 + 1 = 0. Aus dem
Satz erhalten wir aber sofort
Folgerung. Jedes Polynom n-ten Grades Pn (x) hat höchstens n reelle Nullstellen. Falls
n ungerade ist, so hat Pn (x) mindestens eine Nullstelle.
Beweis. Beide Aussagen folgen sofort aus der Beziehung n = r + 2m.
Ist für ein Polynom bereits eine Nullstelle (und damit ein Linearfaktor) bekannt, kann man
es durch Polynomdivision zunächst einmal in ein Produkt eines Polynoms niedrigerer Dimension mit dem betreffenden Linearfaktor zerlegen – in der Hoffnung, dass die Nullstellen
(bzw. die Zerlegung) des Polynoms niedrigerer Dimension leichter zu finden sind.
Wir betrachten ein Beispiel aus Sydsaeter/Hammond, Kapitel 4.7. Gesucht sind alle Nullstellen (bzw. die Zerlegung in Linearfaktoren) von
P3 (x) = −x3 + 4x2 − x − 6.
25
Durch Probieren sieht man, dass x = 2 eine Nullstelle ist (nennen wir sie x0 ). Man dividiere
(−x3 + 4x2 − x − 6) : (x − 2) = −x2
−x3 + 2x2
2x2 − x
+2x
2x2 − 4x
3x − 6
+3
3x − 6
0
Nun ist also die quadratische Gleichung
−x2 + 2x + 3 = 0,
d.h., x2 − 2x − 3 = 0,
(6)
zu lösen. Die bekannte Lösungsformel gibt
√
x1,2 = 1 ± 1 + 3 = 1 ± 2.
Also haben wir die folgenden Nullstellen von P3 (x)
x0 = 2, x1 = 3, x2 = −1
und damit die Zerlegung (man beachte den Vorzeichenwechsel in (6))
−x3 + 4x2 − x − 6 = −(x − 2)(x − 3)(x + 1).
3.2
Gebrochen rationale Funktionen
Seien Pn (x) und Qm (x) Polynome vom Grade n bzw. m. Eine Funktion f : Df ⊆ R → R
der Gestalt
Pn (x)
f (x) =
, Df := {x ∈ R | Qm (x) 6= 0},
Qm (x)
heisst gebrochen rationale Funktion. Im Falle n ≤ 1 und m = 1 sprechen wir speziell von
einer linear gebrochenen Funktion.
Ein Beispiel für eine linear gebrochene Funktion ist
g(x) =
x−5
, x 6= 10.
x − 10
40
20
5
10
-20
-40
26
15
20
Ein weiteres Beispiel für eine gebrochen rationale Funktion (nicht linear gebrochen):
h(x) =
x2 − 2x + 3
, x 6∈ {−4, 1, 5}.
x3 − 2x2 − 19x + 20
2
1
-20
-10
10
20
-1
-2
Kommentar: In beiden Zeichnungen sind die vertikalen Asymptoten (an den Stellen x = 10 bzw. x ∈
{−4, 1, 5} ) mit eingezeichnet.
Ein ökonomisches Anwendungsbeispiel für gebrochen rationale Funktionen ist das sogenannte Klassische Losgrössenmodell in der Lagerhaltungstheorie:
Für ein zu lagerndes Produkt sei bekannt: Es besteht eine Nachfrage von r Stück pro
Tag, die Lagerungskosten pro Tag und Stück sind h > 0 CHF, die fixen Bestellkosten bei
einer Anlieferung ins Lager sind K ≥ 0 CHF, der variable Bestellkostensatz bei Anlieferung ins Lager ist c > 0 CHF pro Stück. Fehlmengen im Lager seien keine zugelassen,
die Bestellung werde ausgelöst, sobald das Lager leer ist, denn die Lieferzeit sei Null (oder
vernachlässigbar). Gesucht sind die Losgrösse (Bestellmenge) Q ≥ 0 [in Stück] und die
Periodenlänge T > 0 [in Tagen] zwischen zwei Lieferungen (Bestellungen), für die die
Gesamtkosten pro Tag minimal sind.
Offenbar besteht der folgende Zusammenhang zwischen Periodenlänge T und Losgrösse Q:
Q = rT.
(7)
Eine Lieferung (Bestellung) verursacht die Bestellkosten
kB = K + cQ (fixe + variable Bestellkosten).
Der mittlere Lagerbestand während einer Periode von T Tagen ist Q/2, also betragen die
Lagerungskosten über eine Periode
kL = h ·
Q
T.
2
Teilen wir kB und kL durch T und addieren Sie, entstehen die Gesamtkosten pro Tag, die
mittels (7) als Funktion γ von Q ausgedrückt werden können (nachrechnen!):
γ(Q) =
Q
rK
Q
K + cQ
+h· =
+ rc + h · .
T
2
Q
2
27
(8)
Bringen wir die Summanden auf den gemeinsamen Nenner Q, entsteht eine gebrochen
rationale Funktion mit einer quadratischen Funktion im Zähler. Veranschaulichen wir uns
das an einer Funktion des Typs (8), z.B.
f (x) =
4
+ 2x + 1, x > 0 :
x
50
40
30
20
10
2
4
6
8
10
Typisch für gebrochen rationale Funktionen ist das Auftreten von Asymptoten, speziell von
Polstellen (vertikale Asymptoten). Bei der Kurvendiskussion sind weiterhin interessant:
lokale bzw. globale Extremalstellen, Bereiche, über denen die Funktion monoton bzw.
konvex bzw. konkav ist. In dem Anwendungsbeispiel Klassisches Losgrössenmodell in der
Lagerhaltungstheorie ist übrigens die optimale Losgrösse Q∗ und die daraus abgeleitete
optimale Periodenlänge T ∗ gleich
p
p
Q∗ = (2rK)/h,
T ∗ = Q∗ /r = (2K)/(rh),
wie man ohne grosse Probleme mit Hilfe der Extremwerttheorie ermittelt.
3.3
Potenzfunktionen
Die allgemeine Potenzfunktion ist definiert durch
f (x) = c xr , x > 0,
wobei c und r beliebige reelle Konstanten sind. Im Falle positiver r ist xr auch für x = 0
definiert.
Eine für viele ökonomische Modelle wichtige Funktionenklasse ist z.B. die der CobbDouglas-Funktionen
g(x, y) = cxr y 1−r , x, y > 0,
wobei die Konstanten c > 0 und r ∈ (0, 1) erfüllen. Hält man den Wert einer Variablen
fest, entsteht eine spezielle Potenzfunktion in einer Variablen.
Für rationale Exponenten r ordnen sich die Potenzfunktionen in die Klasse der algebraischen Funktionen ein, für Details konsultiere man Rommelfanger, Band I, Abschnitt 4.5.3,
bzw. Marti/Gröger, Abschnitt 13.4.
28
Für verschiedene Exponenten r werden im Folgenden die Graphen der Potenzfunktionen
xr gegeben:
r=0.8
3.5
3
2.5
r=0.5
2
1.5
r=0.2
1
0.5
1
2
3
5
4
r=2.5
r=3
250
200
150
r=2
100
50
2
4
6
8
10
50
40
30
20
10
r = -1
0.2
3.4
0.4
0.6
0.8
1
Trigonometrische Funktionen
Für die Einführung der trigonometrischen Funktionen, auch als Winkelfunktionen bekannt,
erinnern wir zunächst an den Einheitskreis im kartesischen Koordinatensystem:
29
v
A
1
x
0.5
α
-1.5
-1
C
-0.5
0.5
1
1.5
2
u
-0.5
-1
Der Einheitskreis hat den Radius 1 und den Umfang 2π. Die Punkte (u, v) auf dem Einheitskreis erfüllen die Kreisgleichung u2 + v 2 = 1.
Für die Winkelmessung am Einheitskreis wird der feste Punkt C = (0, 1) ausgezeichnet.
Die Winkelmessung ist vorzeichenbehaftet, positive Winkel ergeben sich im mathematisch
positiven Drehsinn (entgegen dem Uhrzeigersinn) vom Punkt C aus.
Einheitswinkel ist der rechte Winkel, ihm wird in der durch Grad, Minuten und Sekunden gegebenen Winkelmessung das Mass 90◦ (90 Grad) zugeordnet bzw. in der durch die
Bogenlänge gegebenen Winkelmessung das Mass π/2 zugeordnet - das ist die Länge des
Bogens zwischen den Punkten C = (1, 0) und (0, 1).
Einem beliebigen x ∈ R entspricht ein Punkt A auf dem Einheitskreis, der durch Abtragen
eines Bogens der vorzeichenbehafteten Länge x entsteht, vgl. die vorige Zeichnung. Bei
2nπ < x ≤ 2(n + 1)π, n ∈ Z, wird dabei der Einheitskreis zunächst |n|-mal durchlaufen
(in mathematisch positivem oder negativem Sinn).
Die Umrechnungsformel für Winkel von Bogenmass x in α (gemessen in Grad) lautet
x
α
=
.
◦
360
2π
In der Analysis misst man Winkel im Gegensatz zur Geometrie meist im Bogenmass, was
wir nun auch tun werden bei der Einführung von sin x und cos x am Einheitskreis.
30
Einführung von sin x und cos x am Einheitskreis (Sinus und Kosinus)
A=(u,v)
1
v
x
0.5
B
α
-1.5
-1
-0.5
O
0.5
C=(1,0)
1
1.5
2
u
-0.5
-1
Definition. Sei x ∈ R. Ausgehend vom Punkt C = (1, 0) trage man auf dem Einheitskreis
einen Bogen der vorzeichenbehafteten Länge x ab, und man erhält den Punkt A = (u, v).
Wir definieren
cos x := u,
sin x := v,
womit die Kosinusfunktion cos x und die Sinusfunktion sin x gegeben sind, also
A = (cos x, sin x).
Bemerkung. Die Definition passt auch zu der bekannten Definition von sin α und cos α
mit Hilfe eines rechtwinkligen Anstiegsdreiecks (in dem ja bekanntlich neben dem rechten
Winkel nur Winkel kleiner als 90◦ vorkommen). Sei also 0◦ < α < 90◦ . Das Anstiegsdreieck OBA im Einheitskreis hat eine Hypothenuse der Länge 1, es ist also u = cos α
die Länge der Ankathete und v = sin α die Länge der Gegenkathete. Definiert man noch
sin 0◦ = cos 90◦ = 0 und sin 90◦ = cos 0◦ = 1 und setzt man cos α bzw. sin α geeignet fort
für alle Winkel α 6∈ [0◦ , 90◦ ], kommt man nach Umrechnung in Bogenmass x wieder zur
oben gegebenen Definition.
Folgende Eigenschaften von sin x und cos x folgen sofort:
• sin2 x + cos2 x = 1 für alle x (wegen der Kreisgleichung).
• Beide Funktionen bilden R auf [−1, 1] ab.
• sin x ist ungerade und hat die Periode 2π (d.h. sin(x + 2nπ) = sin x ∀n ∈ Z).
• Die Nullstellen der Sinusfunktion sind x = nπ, n ∈ Z.
• cos x ist gerade und hat die Periode 2π.
• Die Nullstellen der Kosinusfunktion sind x = π/2 + nπ, n ∈ Z.
• sin(x + π) = − sin x, cos(x + π) = − cos x.
• sin(x + π/2) = cos x, cos(x − π/2) = sin x (d.h., Phasenverschiebung um π/2).
31
Folgende Additionstheoreme (gültig für alle x, y ∈ R) sind oft nützlich
sin(x + y)
sin(x − y)
cos(x + y)
cos(x − y)
=
=
=
=
sin x cos y
sin x cos y
cos x cos y
cos x cos y
+
−
−
+
cos x
cos x
sin x
sin x
sin y
sin y
sin y
sin y ,
zum Beweis vgl. Marti/Gröger, Theorem 13.1.
Definition von tan x und cot x (Tangens und Kotangens)
tan x :=
sin x
cos x
(x 6= π/2 + nπ, n ∈ Z) ,
cos x
1
=
sin x
tan x
cot x :=
(x 6= nπ, n ∈ Z).
Es gelten folgende Eigenschaften
• tan x und cot x sind beide ungerade und haben die Periode π.
• tan(π/2 − x) = cot x, cot(π/2 − x) = tan x,
die vorletzte Gleichheit folgt mit den oben angegebenen Eigenschaften von sin und cos:
sin(
π
π
π
π
π
− x) = − sin(x − ) = sin(x + ) = cos x und cos( − x) = cos(x − ) = sin x,
2
2
2
2
2
die letzte Gleichheit folgt analog.
Die Funktionsgraphen der Winkelfunktionen sehen so aus:
cos x
1
0.5
-6
-4
-2
2
-0.5
sin x
4
-1
tan x
30
20
10
-6
-4
-2
2
4
6
2
4
6
-10
-20
-30
cot x
30
20
10
-6
-4
-2
-10
-20
-30
32
6
Winkelfunktionen spielen eine wichtige Rolle in der Mathematik und ihren Anwendungen.
Erinnern Sie sich bitte an die Interpretation der Ableitung einer differenzierbaren reellen
Funktion f an einer Stelle x0 , es gilt gerade f 0 (x0 ) = tan α, wobei tan α der Anstieg der
Tangente an den Graphen von f im Punkt x0 ist.
Periodische Prozesse werden häufig mit Hilfe von Winkelfunktionen modelliert. Bei der
Analyse von Datenreihen (z.B. historische Daten zu Aktienkursen oder Indizes, Wechselkursverläufe usw.) versucht man oft, periodische Gesetzmässigkeiten herauszufinden.
Die Behandlung derartiger Themen übersteigen die Anforderungen einer Anfängervorlesung, und wir können darauf nicht eingehen.
Nur zur Illustration sei auf die Approximation von periodischen Funktionen durch sogenannte Fourier-Reihen hingewiesen. Man betrachte die Rechteckschwingung
½
1, falls 0 < x < π
R(x) =
−1, falls π < x < 2π,
die mit der Periode 2π nach links und rechts fortgesetzt wird:
1
0.5
−2π
π
0
−π
2π
-0.5
-1
Rechteckschwingung
An den Stellen x = kπ, k ∈ Z springt die Funktion. Häufig möchte man aber eine stetige
bzw. sogar differenzierbare Funktion einsetzen, dazu eignet sich die Fourier-Reihe von
R(x)
n
4 X sin((2n + 1)x)
.
R(x) ≈ Fn (x) =
π k=0
2n + 1
Je grösser n ist, desto genauer ”approximiert” Fn (x) für x 6= nπ, n ∈ Z, die Werte R(x)
(ohne hier genau zu sagen, in welchem Sinne man ”approximieren” meint), vgl. folgende
Zeichnung der Approximation von R(x) durch F3 (x):
1
0.5
−2π
−π
0
-0.5
-1
Approximation durch Fourierreihe
33
π
2π
Polarkoordinaten
Für praktische Rechnungen ist oft eine Umwandlung des kartesischen Koordinatensystems
in ein anderes Koordinatensystem nützlich.
Speziell interessiert man sich für die Umwandlung in Polarkoordinaten:
P=(u,v)
2
1.5
r
1
ϕ
0.5
-2
-1
1
2
Darunter versteht man folgenden Zusammenhang: Wenn P = (u, v) ∈ R2 ein Punkt im
kartesischen Koordinatensystem ist, liegt dieser Punkt auf einem Kreis durch den Koordinatenursprung mit dem Radius
√
r = u2 + v 2 ≥ 0.
Ist ferner ϕ ∈ [0, 2π) der eingezeichnete Winkel (im Bogenmass), so sind auf diese Weise
den Koordinaten u und v neue Koordinaten r und ϕ zugeordnet. Sind umgekehrt r ≥ 0
und ϕ ∈ [0, 2π) gegeben, so ist dadurch eindeutig ein Punkt auf dem Kreis durch den Koordinatenursprung mit dem Radius r bestimmt, und zwar der Punkt mit den kartesischen
Koordinaten
u = r cos ϕ, v = r sin ϕ
In der Tat gilt
u2 + v 2 = r2 (cos2 ϕ + sin2 ϕ) = r2 .
Übungsaufgabe. Stellen Sie die folgenden Punkte, die in kartesischen Koordinaten
gegeben sind, in Polarkoordinaten dar:
P = (3, 4),
Q = (−0.4, 0.3).
Geben Sie den Punkt S, der in den Polarkoordinaten
(r, ϕ) = (2, (5/6)π)
gegeben ist, in kartesischen Koordinaten an.
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