Aufnahme: Marlene Breuer, 13.04. 2007, 12.15 Uhr, PR5

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Hessischer Rundfunk
Redaktion: Heike Ließmann
Aufnahme: Marlene Breuer, 13.04. 2007, 12.15 Uhr, PR5
WISSENSWERT
Weniger ist mehr.
Die demographische Entwicklung in neuem Licht
Von
Andrea Wicke
Sendung: 18.04.2007, 8.30 –8.45 Uhr, hr2
Sprecherin
O-Töne in dabs: weniger ist mehr 1,2,3,4ff
Atmo (Kinder, Kinderlachen)
07-028
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des Hessischen Rundfunks.
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((Regie: Kinderatmo oder Kinderlachen als Akzent einsetzen, falls es dramaturgisch als sinnvoll
erscheint))
O-Ton-Potpourri
B (RKH) 131 Wir sind oft mit der Angst konfrontiert [...] dass wir
denken, je weniger Kinder wir haben, desto weniger Menschen
haben wir, die unsere Kultur weitertragen.
C (Roth, NDR, 041205) 8:29 Betrachten wir doch mal unsere
Generation: Die jetzt – die grauhaarig geworden sind: Zuerst
haben wir die Pille erfunden, und nun erfindet dieselbe
Generation, nachdem sie älter geworden ist, auch noch Viagra.
Und glaubt damit in Ewigkeit in Lust leben zu können.
D (Hondrich, 061106) - wir sind an der Schwelle zu einem
veränderten Modus der Reproduktion. Früher: Viele Kinder mit
kurzer Lebenszeit in einem hochriskanten Leben. Heute: Wenig
Individuen, wenig Kinder – mit einem sicheren Leben und
einem langen Leben. (23:10)
E (Birg, 150501) (7:44) - richtig ist allerdings, dass in dem
gerade begonnen Jahrhundert die Bevölkerungszahl in
Deutschland drastisch schrumpfen wird [...] (8:30) Also das jetzt
begonnene Jahrhundert, das stimmt, da nehmen die Zahlen
drastisch ab F (RKH) - wir schauen jetzt nicht moralisch wertend auf den
Geburtenrückgang, sondern wir gucken, hat der
Geburtenrückgang auch eine Funktionalität heute in der
Gesellschaft. 018
Sprecherin:
Nicht nur in Deutschland, in allen Industrieländern,
Informations- und Dienstleistungsgesellschaften gehen die
Geburten zurück. Und dass sozialer und medizinischer
Fortschritt, wirtschaftliches Wachstum und politische Teilhabe
dazu führen, dass weniger Kinder geboren werden, dieser
Zusammenhang lässt sich auf der ganzen Welt beobachten.
Seit den 70er-Jahren verlangsamt sich das weltweite
Bevölkerungswachstum, und die Bevölkerungsprognosen
wurden immer wieder nach unten korrigiert.
Akzent ?
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Das öffentliche Interesse für Demographie entstand hierzulande
etwa um die Jahrtausendwende. Mit der Sorge um die sozialen
Sicherungssysteme – die Renten, die gesetzliche
Krankenversicherung, die Pflegeversicherung und auch die
Arbeitslosenversicherung – mehrten sich die Fragen danach,
wie sich die Bevölkerung hierzulande entwickelt. (...) Bislang
verschafften sich vor allem die Warner vor dem
“demographischen Niedergang Deutschlands” Gehör . Eine
andere Haltung vertreten der im Januar 2007 verstorbene Karl
Otto Hondrich und seine Mitarbeiterin Rabea Krätschmer-Hahn.
Gesamtgesellschaftlich gesehen, so argumentieren die beiden
Frankfurter Soziologen, macht es durchaus Sinn, dass die
Geburtenzahlen sinken. Rabea Krätschmer-Hahn:
2. O-Ton: Rabea Krätschmer-Hahn (RKH) 011
Es ist so, dass wir erst mal den Geburtenrückgang als globales
Phänomen fassen und nicht als nationales, das ist erst mal
unser Ansatz. Und wir interpretieren den Fall () der
Geburtenrückgänge () als eine Umstellung des
Reproduktionsmodus, wir meinen also, dass sich auf lange
Sicht jetzt gesehen, die Nachwuchssicherung umstellt, das
heißt, von bisher vielen riskanten Lebensverläufen auf wenige
und sichere. 015 Und mit dieser Umstellung einher sehen wir
auch Problemlösungen, die durch den Geburtenrückgang
eintreten. 016 Das heißt – was auch oft falsch verstanden wird,
wir schauen jetzt nicht moralisch wertend auf den
Geburtenrückgang, sondern wir gucken, hat der
Geburtenrückgang auch eine Funktionalität heute in der
Gesellschaft. 018
Sprecherin:
Die Diskussion um den demographischen Wandel ist
überfrachtet mit ideologischen Vorstellungen, politischen
Ansprüchen und existenziellen Ängsten. Das ist eigentlich
nichts Neues: Seit es Bevölkerungsstatistiken gibt, werden die
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Berechnungen genutzt, um moralische Normen, politische
Zwecke und staatliche Interessen durchzusetzen. In der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es beispielsweise in vielen
deutschen Staaten Heiratsverbote, die Angehörige der
Unterschicht daran hindern sollten, Kinder zu bekommen. Und
die Bevölkerungpolitik der Nationalsozialisten wollte
Kinderreichtum auf der einen Seite, ermordete aber Menschen
wie Juden, Slaven, sogenannte Zigeuner, angeblich Asoziale,
Homosexuelle und Kranke, um – wie sie es nannten - “den
Volkskörper zu reinigen”. Vor diesem Hintergrund reagieren
Bevölkerungswissenschaftler heute sehr vorsichtig, wenn sie
nach geeigneten politischen Maßnahmen gefragt werden, um
die Bevölkerung zu mehren. So auch der Bielefelder
Demographieforscher Herwirg Birg:
3. O-Ton: Herwig Birg 061101: 48‘
Also nun mal langsam. Die Menschen kriegen nicht Kinder, weil
es eine richtige Politik gibt, sondern sie kriegen Kinder aus
Gründen, die sie persönlich betreffen. Und so bleibt es
hoffentlich auch. [...] Also es ist nicht so wie die frühere DDR
glaubte, da ist ein mächtiger Staat, der erfüllt die Wünsche der
Bevölkerung nach Kindern, sondern die Menschen haben
Kinder gegen den Widerstand der widrigen Lebensumstände,
48:38 die dann von der Politik verbessert werden müssen. Aber
der Wunsch selber nach Kindern wird hoffentlich nicht politisch
abhängig entstehen, sondern aus den Menschen selbst
kommen. Und da kann man nun schlecht was entwickeln aus
der Wissenschaft heraus, es war immer eine höchst
persönliche, höchst individuelle Angelegenheit, sich über das
eigene Leben hinaus Gedanken zu machen – und das ist der
eigentliche Sinn von Kindern, die überdauern ja die Eltern. So
war das üblich in unserem Kulturkreis seit Jahrhunderten. Dass
man über das eigentliche Leben hinausgedacht hat, die
wunderbaren Gebäude wie der Kölner Dom und viele anderen
Dinge, aber auch Wirtschaftsdinge werden ja nicht gegründet,
um mit dem Ableben des Firmengründers zu verschwinden,
sondern man handelt über das eigene Leben hinaus. Das war
mal normal! Und um da wieder hinzukommen – dafür bedarf es
mehr als Kindergeld und irgendwelche Anreize der
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Familienpolitik, dafür bedarf es eigentlich eines
Bewusstseinswandels, um nicht zu sagen einer Kulturrevolution
[...].
Sprecherin:
Tatsächlich ist äußerst umstritten, ob überhaupt und wenn ja
mit welchen Maßnahmen sich die Geburtenzahlen beeinflussen
lassen. Doch hinter der verbreiteten Auffassung, dass es zu
wenig Kinder hierzulande gibt, steht nicht immer nur der
Wunsch nach mehr Kindern. Nach Herwig Birg jedenfalls
scheint eine stabile Bevölkerung auch für die Bewahrung
unserer kulturellen Traditionen unerlässlich – und auch darum
will er der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit bewusst
machen, dass pro Frau durchschnittlich 2,1 Kinder geboren
werden müssen. Damit die Bevölkerungsgröße gleich bleibt –
und unsere Kultur überlebensfähig. Der Soziologe Karl Otto
Hondrich schließt dagegen einen allgemeinen
Bewusstseinswandel, der die Geburtenzahl erhöhe, aus. Zu
groß seien die Spannungen zwischen den verschiedenen
gesellschaftlichen Lebenssphären, insbesondere zwischen
Elternschaft und Erwerbstätigkeit. Karl Otto Hondrich während
einer Diskussion im November 2006:
4. O-Ton: Karl Otto Hondrich 061106: 21:26
Es wird keinen Bewusstseinswandel in eine Richtung geben.
Die Gesellschaft steckt voller Konflikte und voller
konfligierender Werthaltungen. Also aus dieser Diskussion ist
schon hervorgegangen: Es gibt diese Spannung zwischen der
Familie, der kinderreichen Familie und den Anforderungen des
Wirtschaftslebens. Und eine letzte Bemerkung vielleicht noch
zum Hintergrund – einer längerfristigen Perspektive: Alles das,
was wir hier an sehr wichtigen Maßnahmen diskutieren, um die
Geburtenrate zu stabilisieren – oder vielleicht ein bisschen nach
oben zu bringen, darf uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass
die Geburtenrate weltweit im freien Fall ist. 22:21 Und umso
tiefer und umso schneller, je schneller die Produktivität und die
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Wirtschaft wächst. Über Korea las ich gerade: 1,16 Kinder pro
Frau. [...] Das zeigt uns, dass es dieses Spannungsverhältnis
zwischen wirtschaftlicher Entwicklung, Produktivität und der
Kinderzahl gibt. Da kommen wir nicht draus hervor – und wir
sind an der Schwelle zu einem veränderten Modus der
Reproduktion. Früher: Viele Kinder mit kurzer Lebenszeit in
einem hochriskanten Leben. Heute: Wenig Individuen, wenig
Kinder – mit einem sicheren Leben und einem langen Leben.
23:10
Sprecherin:
Nüchtern weist Hondrich darauf hin, dass wir – zum
modernsten Teil der Weltgesellschaft gehörend – schlicht nicht
mehr Nachwuchs brauchen. Unser Wohlergehen ist – anders
als früher – nicht mehr an eine Masse von Menschen geknüpft.
Wir müssen, das betonen die Soziologen Hondrich und
Krätschmer-Hahn immer wieder, keine Angst davor haben,
weniger zu werden. Der Fall der Geburtenrate sei ein Glücksfall
für die gesamte Gesellschaft, keine Gefahr. Gegen die gängige
Sicht der Dinge argumentiert Rabea Krätschmer Hahn, wenn
sie behauptet, weder die Wirtschaft noch unsere
umlagefinanzierten sozialen Sicherungen bräuchten
Nachwuchs:
5. O-Ton: RKH 089
Ich kann das an zwei Beispielen vielleicht machen, wo () wir
denken, dass [...], dass der Geburtenrückgang eine Funktion
erfüllt, nämlich einmal, da bewege ich mich nochmal im Bereich
der sozialen Sicherung, da haben wir die Funktion, [...] also
unser soziales Sicherungssystem ist so aufgebaut, dass wir die
Hochleister der mittleren Jahre haben, so nennen wir die. Die
versorgen mit ihrer Erwerbstätigkeit sowohl die Alten,
Arbeitslosen, Pflegebedürftigen, all das – und auch die Jungen,
wofür sie aufkommen müssen, wofür sie die Erziehung leisten
müssen. 095 Und wenn wir hier jetzt eine erhöhte
Kinderlosigkeit haben, ist das erstmal eine Entlastung für diese
mittleren Jahrgänge – denn: ein Teil derer, die sie verpflegen,
und für die sie Verantwortung übernehmen müssen, fällt weg.
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097 Bewege ich mich noch einmal in dem anderen Bereich der
Wirtschaft, da kann man sagen: Da ist es momentan ja auch
sehr funktional, dass wir nicht mehr Kinder haben, denn:
Vielleicht hätten wir noch ne höhere Arbeitslosigkeit. Und man
kann auch historisch den Zusammenhang betrachten, dass das
Wirtschaftswachstum auch immer mit dem
Bevölkerungswachstum zusammenhängt. 101 Das heißt: Sehr
produktive Gesellschaften sind meist in der Reproduktion sehr
schwach. Das ist so eine Korrelation, die man ganz gut auch
über viele Länder hinweg feststellen kann. 102 Und das heißt,
wir haben anscheinend eine produktive Wirtschaft, die
anscheinend gar nicht mehr junge, nachkommende Kinder
braucht. 104
Sprecherin:
Seit Mitte der 70er-Jahre liegt die durchschnittliche Zahl der
Geburten bei anderthalb Kindern pro Frau. Bleibt die
Geburtenrate so niedrig wie heute, kann – so sagen Prognosen
– die Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 2030 um die Hälfte verringert
werden. Grundsätzlich gilt: Weniger Menschen produzieren
heute größeren Wohlstand als früher. Zu diesem Wohlstand
gehören materielle wie immaterielle Güter – und auch der
Umstand, dass die Menschen heute länger leben. Das ist eine
kulturelle Errungenschaft. Damit verlängert sich allerdings auch
die Zeit, in der die über 65-Jährigen ihre Rente beziehen. Um
die Rentenversicherungen zu entlasten, wird nun allmählich das
Lebensalter erhöht, ab dem wir unsere Rente beanspruchen
dürfen. Im November 2006 äußert sich Karl Otto Hondrich
skeptisch dazu, ob solche politischen Maßnahmen wirkungsvoll
sein werden. Allerdings ist er durchaus davon überzeugt, dass
wir uns eine Gesellschaft mit mehr alten Menschen leisten
können:
6. O-Ton: Hondrich: 6:57
Die Alten werden trotz allem nicht so lange arbeiten, wie wir es
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wünschen. Die tatsächliche Entwicklung ist ja so verlaufen,
dass von der offiziellen Altersgrenze wir heruntergerutscht sind
von 65 auf 62-60 Jahre. [...] Es gibt das nicht als ein politisches
zu verordnendes Anheben der allgemeinen Arbeitszeiten. Das
Ergebnis wird nur sein, dass die Leute, die ohnehin nicht länger
arbeiten können, weil die Wirtschaft sie auch nicht braucht zu
den Konditionen, dass die eine Rentenkürzung in Kauf nehmen
müssen. 8:32 Noch eine größere als bisher. Nun die gute
Nachricht: Wir können älter werden, wir können mehr Ältere
werden und wir können auch mit relativ geringer zeitlicher
Erwerbstätigkeit in der Gesellschaft auskommen, sofern die
Produktivität, das heißt, die Leistung pro Beschäftigten steigt.
Das hat sie bisher immer getan. 9:14
Sprecherin:
Seit über dreißig Jahren sterben in Deutschland mehr
Menschen, als Kinder geboren werden – und liegt die
Geburtenrate unter dem sogenannten
Bestandserhaltungsniveau. Gleichwohl ist die Bevölkerung
innerhalb dieser drei Jahrzehnte aufgrund von Zuwanderungen
gewachsen, von 78 auf 82,5 Millionen.
9. O-Ton: Rabea Krätschmer-Hahn 131
Wir sind oft mit der Angst konfrontiert, wenn wir
Geburtenrückgang als nationales Phänomen begreifen. Dass
wir denken, je weniger Kinder wir haben, desto weniger
Menschen haben wir, die unsere Kultur weitertragen. Das ist so
dieser Gedankengang erstmal. Und wir glauben, dass wir zwei
Punkte da vernachlässigen. Nämlich: Dass unsere Kultur sich
auch weiterträgt, losgelöst von unseren eigenen Nachkommen.
[...] Also Immigranten, die hier im Land leben, [...] zu großen
Teilen nehmen sie Werte unserer Kultur an – und tragen sie
weiter. 139 Das ist so die eine Strategie – und die andere ist
auch, dass man sieht, über die letzten Jahre und Jahrzehnte ist
gerade der Westen auch kulturell sehr expandiert. [...] Und das
sehen wir bei Werten wie der Liebesehe oder der
Emanzipation, die sich ja auch über die letzten Jahrzehnte sehr
weit fortgetragen hat, sozusagen. 150
9
Sprecherin:
Den Kampf der Kulturen, so Krätschmer-Hahn, habe der
Westen – entgegen dem gegenwärtigen Eindruck – bereits für
sich entschieden. Und dies obwohl der Anteil der
Weltbevölkerung, der auf dem Territorium westlicher Kulturen
geboren wird, rückläufig ist. Dementsprechend gelte auch für
die deutsche Gesellschaft, dass die meisten Einwanderer ganz
unspektakulär in die hiesige Kultur hineinwachsen, westliche
Werte übernehmen und sie weitergeben:
10. O-Ton: Rabea Krätschmer-Hahn 205
Ich glaube, dass grundsätzlich die Gefahren, die wir für unsere
Kultur wähnen, nämlich, mach‘ ich das fest am Beispiel
Terrorismus oder nichtgeglückte Integration von einzelnen
Einwanderern, dass die viel präsenter in unserem ()
Meinungsbild sind, allein durch mediale Beschäftigung damit,
aber auch dadurch dass einfach missglückte Integration viel
vehementer auffällt. 211 Ich glaube, dass wir unter’m Strich
eine sehr sehr viel größere Zahl geglückter Integration und
auch Weitertragung kultureller westlicher Werte haben, aber
dass diese positive Entwicklung aus unserer Sicht nicht
wahrgenommen wird. 214
Sprecherin:
Schließlich zerpflückt Rabea Krätschmer-Hahn noch ein
weiteres Klischee der Demographiedebatte: Es besteht in der
Vorstellung, die wenigen Kinder führten zum Zusammenbruch
allen familiären Lebens. Zwar ist richtig, dass sich die Zahl der
Familien verringert, aber gleichzeitig werden die
realexistierenden Familienverbände durch Patchworkfamilien
größer. Vor allem, so Krätschmer-Hahn, sei die verblüffende
Tendenz feststellen, dass die Familien desto besser werden, je
weniger es gibt. Wer heutzutage zu Eltern wird, der hat sich
10
seine Entscheidung meist gut überlegt – und widmet seinen
Kindern mehr Liebe, Bildung und Geld als in früheren Zeiten.
11. O-Ton: Rabea Krätschmer-Hahn 152
((158 Das heißt, die Realfamilie ist genauso groß, wie sie immer war, setzt sich nur anders zusammen.
Was weniger geworden ist, ist die Anzahl der Familien. 160 Und da ist unser Ansatz eben, zu sagen:
Ja, aber))
(hier rein falls Anschluß so geht)
....qualitativ geht damit anscheinend ne Steigerung einher. Weil:
Wer bekommt denn heute Kinder? Das sind die, die ja
Einbußen hinnehmen müssen. Das heißt, im Geld, in den
Optionen, in den Lebensoptionen, in den Möglichkeiten, in dem,
was man tut, wie man sein Leben gestaltet. 164 Und die
entscheiden sich für Kinder und nehmen diese Verluste in Kauf,
sozusagen. Das heißt: Die Eltern sind im Vergleich zu den
Nicht-Eltern heute jetzt nicht per se die besseren Menschen,
aber sie sind die besseren Familienmenschen. 166 Weil heute
im Durchschnitt auf ein Kind eben mehr – Liebe, mehr Bildung,
mehr Geld kommt, wenn man sich eben anschaut, dass es
nicht mehr so viele gibt. 168
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