Grosser Rat - beim Kanton Aargau

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Art. 1505-1507
9. September 2003
107. Sitzung
9. September 2003, 10.00 Uhr
Vorsitzende:
Barbara Roth, Erlinsbach
Protokollführer:
Marc Pfirter, Staatsschreiber
Tonaufnahme/Redaktion:
Norbert Schüler
Präsenz:
Anwesend 173 Mitglieder
Abwesend mit Entschuldigung 26 Mitglieder, ohne Entschuldigung 1 Mitglieder
Entschuldigt abwesend: Baur Josef, Villmergen; Berger Erwin, Boswil; Brentano Max, Dr.,
Brugg; Brizzi Simona, Ennetbaden; Brunner Christian Peter, Dr., Zofingen; Burkart
Thierry, Baden; Dubler-Mattmann Flory, Kallern; Eichenberger-Walther Corina, Kölliken;
Erne Leo, Döttingen; Fehlmann Hans Ulrich, Oberbözberg; Feri Yvonne, Wettingen; Graf
Nils, Frick; Häusermann Matthias, Seengen; Iseli Marcel, Zurzach; Kistler Ernst, Dr.,
Brugg; Koch Hans-Jürg, Rothrist; Lüem Daniel, Hendschiken; Lüthi Benedikt, Lenzburg;
Markwalder Walter, Würenlos; Meier Nicole, Wettingen; Schibli Erika, Wohlenschwil;
Sommerhalder Martin, Schmiedrued-Walde; Suter Ruedi, Seengen; Vögtli Theo, Dr.,
Kleindöttingen; Weiersmüller-Scheuzger Susanne, Buchs; Wittwer Hansjörg, Aarau
Unentschuldigt abwesend: Schuhmacher Peter, Wettingen
Vorsitzende: Ich begrüsse Sie herzlich zur 107. Ratssitzung
der laufenden Legislaturperiode.
2. Der Grosse Rat wird angewiesen, die Ziffer 1 dieses
Urteilsdispositivs innert 30 Tagen seit der Zustellung des
vorliegenden Entscheids im Amtsblatt des Kantons Aargau
zu veröffentlichen.
1505 Mitteilungen
Vorsitzende: Mit Zuschrift vom 2. September 2003 an das
Präsidium des Grossen Rates hat Peter Buri, Lenzburg,
seinen Rücktritt als Mitglied des Kuratoriums auf den
31. Dezember 2003 bekannt gegeben. Das Büro wird die
Wahl einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers
vorbereiten.
1506 Neueingänge
Regierungsrätliche Vernehmlassungen an Bundesbehörden:
Vom 3. September 2003 an Bundesrat Joseph Deiss,
Vorsteher des Eidg. Volkswirtschaftsdepartements, Bern, zu
den Ausführungsbestimmungen zum Landwirtschaftsgesetz
und zum Tierseuchengesetz.
2. Aargauische Pensionskasse; Änderung der Statuten und
Versicherungsbedingungen. Vorlage des Regierungsrats
vom 27. August 2003. - Geht an die nichtständige
Kommission "Personalvorlagen".
Die
Staatskanzlei
stellt
auf
Verlangen
die
Vernehmlassungen samt den Unterlagen des Bundes zur
Verfügung. Die Vernehmlassungen können auch im Internet
(www.ag.ch) abgerufen werden.
Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Beschlüsse des
Grossen Rats: Urteil: Gemäss Urteil vom 26. Juni 2003 hat
das Verwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren der
Einwohnergemeinde Unterlunkhofen gegen den Beschluss
des Grossen Rats vom 21. August 2001 betreffend
Bauzonenplan,
Kulturlandplan
und
Bauund
Nutzungsordnung
der
Gemeinde
Unterlunkhofen
entschieden:
1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde werden die
Ziff. 1., 1.1 und 1.2 des Genehmigungsentscheids des Grossen Rats vom 21. August 2001 aufgehoben, und das
Geschäft wird an den Grossen Rat zur Genehmigung im
Sinne der Erwägungen zurückgewiesen.
1. Änderung des Dekrets über die Besoldung der Sektionschefs und der Sektionschefinnen. Vorlage des
Regierungsrats vom 27. August 2003. - Geht an die
Staatsrechnungskommission.
1507 Postulat Esther Egger-Wyss, CVP, Obersiggenthal,
betreffend
kantonale
Unterstützung
von
familienergänzender Kinderbetreuung; Einreichung und
schriftliche Begründung
Von Esther Egger-Wyss, CVP, Obersiggenthal, und 16
mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgendes
Postulat eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird eingeladen, die Verordnung zum
Sozialhilfe- und Präventionsgesetz in § 35 Abs. 4 und Abs. 5
dahingehend zu ändern, dass die Beteiligung des Kantons
den
bei
der
Beratung
des
Sozialhilfeund
Präventionsgesetzes zugrunde liegenden Vorgaben und
Absichten entspricht.
Begründung:
2313
15. November 1994
Bei der Beratung des Sozialhilfe- und Präventionsgesetzes
hat das Parlament klar den Willen geäussert, dass die
auch
dem
Kanton
auf
der
Basis
von
Leistungsvereinbarungen unterstützt werden kann (siehe §§
39 und 51 SPG). Diese Haltung wurde durch das Volk bei
der Annahme des Gesetzes gestützt.
Gemäss SPV § 35 Abs. 4 und 5 übernimmt der Kanton
maximal 20% der anrechenbaren Betriebskosten unter
Berücksichtigung aller Einnahmen. Faktisch bedeutet dies,
dass der Kantonsbeitrag nur anhand des nicht gedeckten
Defizits einer Organisation berechnet wird.
Für die Institutionen heisst dies nun konkret, dass sie mit
einem ausgeglichenen Budget keine Kantonsbeiträge
erhalten. Es wird jedoch kaum eine Gemeinde ein Budget
mit einem ausgewiesenen nicht gedeckten Defizit
genehmigen. Die Institutionen können nur insofern
reagieren, als sie Leistungsvereinbarungen mit möglichst
geringem festem Beitrag der Gemeinden erwirken müssen,
damit überhaupt ein annähernd adäquater Kantonsbeitrag
beantragt werden kann. Das Restdefizit müsste dann
wiederum durch die öffentliche Hand oder weitere private
Zuwendungen getragen werden.
Die der Verordnung zugrunde liegende Definition der
anrechenbaren Betriebskosten steht im Widerspruch zu einer
leistungs- und wirkungsorientierten Subventionierung. Sie
verhindert auch jegliche Eigeninitiative der Institutionen für
die Generierung zusätzlicher Mittel durch Private.
Nach wie vor sollte es für den Kanton wie auch die
Gemeinden oberstes Gebot sein, qualitativ gute und
möglichst breit gestreute Kinderbetreuungsinstitutionen zu
fördern. Mit der heute gültigen Verordnung zum SPG wird
diesem Anliegen zu wenig Rechnung getragen.
Art. 770
familienergänzende Kinderbetreuung von den Gemeinden
wie
Damit widerspricht diese Verordnung insbesondere bei der
finanziellen Mitbeteiligung des Kantons voll den
Grundsätzen von WOV.
§ 39 (SPG) Familienergänzende Kinderbetreuung
Die Gemeinde kann, soweit möglich in Zusammenarbeit mit
Privaten und anderen Gemeinden, für eine bedarfsgerechte
Bereitstellung von Einrichtungen der familienergänzenden
Kinderbetreuung, wie zum Beispiel Tagespflegeplätze,
Kinderkrippen und Tagesschulen, sorgen. Sie regelt die
Kostenbeteiligung der Benützenden unter Berücksichtigung
sozialer Aspekte.
§ 51 (SPG)
Er (der Kanton) beteiligt sich auf der Grundlage von
Leistungsvereinbarungen an privaten Institutionen der
Tagesbetreuung von Kindern gemäss § 39 im Umfang von
maximal 20% der anrechenbaren Betriebskosten, sofern sich
die Gemeinde angemessen beteiligt.
§ 35 (SPV)
Kostenbeteiligung an Institutionen der Tagesbetreuung von
Kindern (§ 51 SPG)
1
Die Kostenbeteiligung des Kantons gemäss § 51 Abs. 2
SPG setzt voraus, dass die Leistungsvereinbarung sich an
schweizerischen oder kantonalen Qualitätsstandards
ausrichtet.
2
Die angemessene Beteiligung der Gemeinde an den
Betriebskosten von Einrichtungen beinhaltet einen
mindestens dem Kantonsbeitrag entsprechenden Geldbetrag.
Naturalleistungen sind in Geldwerte umzurechnen. Bei der
Beteiligung mehrerer Gemeinden gilt die Beitragshöhe
gesamthaft.
3
1508 Postulat Geri Müller, Grüne, Baden, betreffend
Unterstützung
von
familienergänzenden
Betreuungsstrukturen; Einreichung und schriftliche
Begründung
Von Geri Müller, Grüne, Baden, und 5 mitunterzeichnenden
Ratsmitgliedern wird folgendes Postulat eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird eingeladen, die SPV dahingehend zu
ändern, dass sie dem vom Volk mit grossem Mehr
angenommenen SPG entspricht.
Begründung:
Die anrechenbaren Betriebskosten ergeben sich aus der
Differenz aus den anrechenbaren Einnahmen gemäss Absatz
4 und den anrechenbaren Ausgaben gemäss Absatz 5
nachstehend.
4
Als anrechenbare Einnahmen gelten:
a) die Kostgelder und Elternbeiträge;
b) Vermögenserträgnisse;
c) Betriebsbeiträge öffentlicher und privater Körperschaften;
d) übrige Betriebseinnahmen und nicht zweckgebundene
Spenden.
5
Als anrechenbare Ausgaben gelten alle nach
Betriebskonzept nötigen Ausgaben mit Ausnahme von
Amortisationen der Bauschuld, Abschreibungen auf
Mobilien, Rückstellungen und wertvermehrenden Anlagen.
6
Gemäss SPV übernimmt der Kanton maximal 20% des
Defizites unter Berücksichtigung aller Einnahmen (vgl. SPV
§ 35 Abs. 2). Wer für die restlichen 80% aufkommen soll,
ist jedoch unklar. Die Definition der anrechenbaren
Betriebskosten steht im Widerspruch zu einer leistungs- und
wirkungsorientierten Subventionierung. Dieses Modell ist
widersprüchlich zu der Forderung im SPG, welche eben
nicht auf Defizitdeckung ausgelegt werden sollte, sondern
auf Leistungsfinanzierung. Es werden besonders jene
Gemeinden bestraft, welche mit privaten Trägerschaften
Leistungsvereinbarungen eingehen. Denn je mehr eine
Gemeinde sich beteiligt, umso weniger bezahlt der Kanton.
2314
Im Fall einer Überdeckung wird der Kantonsbeitrag
entsprechend reduziert.
7
Gesuche sind dem Kantonalen Sozialdienst einzureichen.
1509 Interpellation Martin Bossard, Grüne, Kölliken,
betreffend Waldzustand im Aargau; Einreichung und
schriftliche Begründung
107. Grossratssitzung vom 9. September 2003 (Vormittag) / 1. Entwurfexemplar vom 3. Oktober 2003
Von Martin Bossard, Grüne, Kölliken,
mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird
Interpellation eingereicht:
und 5
folgende
Text und Begründung:
Zunahme von teils massiven Kronenverlichtungen und
absterbenden Bäumen.
In der Folge wurden eine Reihe von gesetzlichen und
technischen Massnahmen eingeleitet. So gilt seit 1986 die
Katalysatorpflicht für Autos mit Benzinmotoren. Während
1985 noch 120'000 t Stickoxide emittiert wurden, sind es
jetzt noch 28'000 t. Heute werden statt 1'600 t (1985) noch
ganze 4 t hoch giftiges Blei in die Umwelt verteilt (1). Fürs
erste konnte damit die damals befürchtete Katastrophe
aufgehalten werden. Die Waldschäden stabilisierten sich auf
hohem Niveau, nicht zuletzt auch dank dem unermüdlichen
Einsatz der Förster und Forstwarte, welche die geschädigten
Bäume laufend entfernten.
In den vergangenen Tagen wurde mit Schlagzeilen wie
"Kein Waldsterben in Vordemwald" suggeriert, dass kein
Grund zur Besorgnis zum Waldzustand bestehe. Die
Sanasilva-Zahlen
legen
andere,
alarmierende
Schlussfolgerungen nahe.
Der Anteil Bäume mit mehr als 25% Kronenverlichtung
"unbekannter Ursache", früher dem "Waldsterben"
zugeordnet, betrug zwischen 1985 und 1989 jeweils
zwischen 8,6 und 13,4%. Seit 1990 liegt er im Bereich von
12,9 bis 28,9% (2). Er hat also klar zugenommen. Der TotalAnteil Bäume mit über 25% Kronenverlichtung betrug seit
1990 immer zwischen 25,3 und 41,4% - mit starken
Schwankungen.
Tabelle: Sanasilva Waldschaden-Inventur, Stand 2002
Untere Kurve: Anteil Bäume mit Kronenverlichtungen über
25%, unbekannte Ursache.
Obere Kurve: Anteil Bäume total mit Kronenverlichtungen
Anfang der 1980-er Jahre musste befürchtet werden, dass
die Wälder in der Schweiz grossflächig absterben. Es gingen
tatsächlich ganze Wälder in Mittel- und Osteuropa ein, und
die Beobachtungen in der Schweiz zeigten eine schnelle
Eines der Hauptprobleme für den Wald (neben der massiv
überhöhten Ozon-Konzentration) ist der Stickstoff. 90% der
Waldstandorte weisen übermässige Stickstoffeinträge auf
(3). Mittelland-Wälder können maximal 10 bis 20 kg
Stickstoff pro Hektare und Jahr aufnehmen, ohne Schaden
zu erleiden. Durchschnittlich erhält der Wald die doppelte
Dosis: 30 bis 40 kg (4).
Dies hat mehrere Folgen. Solange der Boden die durch den
vielen Stickstoff und andere Luftschadstoffe verursachte
Versauerung neutralisieren kann, wirkt der Stickstoff als
Dünger, und die Bäume wachsen stärker. Im Mittelland
betrug der Zuwachs vor 20 Jahren noch 10 bis 11 m3 pro
Hektare, heute liegt er bei 14 m3 . Der Vorrat an
neutralisierenden Stoffen ("Basen") geht aber in diesen
Böden stark zurück: bis zu 25% allein in den vergangenen
fünf Jahren (4).
Damit stehen erstens weniger Pflanzennährstoffe wie
Phosphor, Kalium und Magnesium zur Verfügung. Der pHWert beginnt zu sinken. Je saurer der Boden wird, desto
mehr pflanzengiftige Stoffe wie Aluminium oder Blei
gelangen ins Bodenwasser und in die Pflanzen. Auf den
bereits versauerten Böden des Mittellandes, der Voralpen
und der Alpen ist das Wachstum deutlich messbar
zurückgegangen (4).
5. Treffen die genannten Zahlen auch für den Aargau zu?
6. Welches sind die Hauptverursacher
Stickstoffeintrag in die Aargauer Waldböden?
für
den
7. Können Basenverlust und Versauerung der Waldböden
auch im Aargau beobachtet werden? Wie stark sind diese in
den vergangenen Jahren? Wie ist der Trend für die
kommenden Jahre?
8. Werden regional Ertragsrückgänge durch Basenverluste
und Bodenversauerung und die damit verbundenen Effekte
beobachtet?
9. Wenn ja: sind diese Flächen zunehmend?
über 25%.
1. In welchem Gesundheitszustand befinden sich nach
Ansicht der Regierung Bäume mit über 25% Kronenverlust?
2. Wie gross ist der Anteil Bäume mit mehr als 25%
Kronenverlust im Kanton Aargau: total und mit unbekannter
Ursache?
3. Gibt es signifikante regionale Unterschiede?
4. Wie ist der Trend?
Hohe
Stickstoffeinträge
führen
zu
einem
Nährstoffungleichgewicht bzw. zu einem Mangel an
anderen essentiellen Nährstoffen (3). Es ist zudem seit
längerem mit Messungen nachgewiesen, dass die mit den
Baumwurzeln eng verbundenen Pilze (Mykorrhizen)
weniger Masse und weniger Fruchtkörper bilden. Die
empfindlichen Arten sind verschwunden (4). Die Bäume
können damit weniger gut Nährstoffe aufnehmen und sind
anfälliger auf Trockenheit, auf Schädlinge wie den
Borkenkäfer und auf Pflanzenkrankheiten. Als weitere
Reaktion gehen die Baumwurzeln weniger in die Tiefe. Sie
bilden mehr Wurzeln in der obersten, basenreicheren
Humusschicht. Die Bäume werden deutlich anfälliger auf
Windwürfe; diese haben in den letzten Jahren auch ohne
"Vivian" und "Lothar" massiv zugenommen.
10. Können diese Beobachtungen im Aargau bestätigt
werden?
Weil der Stickstoff nicht einmal zur Hälfte aufgenommen
werden kann, sickert er durch die belebte Schicht und
2315
9. September 2003
gelangt schliesslich als Nitrat ins Grundwasser. Von einem
unbelasteten Waldboden wird gesprochen, wenn weniger als
5 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr ins Grundwasser
gelangen. Heute beträgt der Durchschnittswert im Mittelland
rund das Sechsfache (4).
11. Treffen diese Zahlen auch für den Aargau zu?
Fragt man Förster, so erhält man zur Auskunft, dass die
Forstwirtschaft in den 80-er und 90-er Jahren vor allem
damit beschäftigt war, die absterbenden Bäume
herauszunehmen. Seit "Vivian" und "Lothar" würden fast
nur noch Feuerwehrübungen gemacht, um die Ausbreitung
des Borkenkäfers unter Kontrolle zu bringen. Von
geregeltem Waldbau sei seit Anfang der 80-er Jahre keine
Rede mehr. Die Förster erwarten nach dem
"Tropensommer" 2003 eine weitere Verschlechterung des
Waldzustandes.
14. Treffen diese Aussagen für den Kanton Aargau generell
zu?
15. Gibt es regionale Unterschiede?
16. Welche Strategie hält die Regierung im Bereich Wald
punkto der beobachteten Klimaveränderung und der damit
verbundenen Schäden für erfolgversprechender: Prävention
(z.B. C02- und Energieabgabe) oder nachträgliche
Schadensbehebung (z.B. Beiträge für Lothar-Schäden an
Waldbesitzer)?
Gemäss Luftreinhalteverordnung § 31 ist der Kanton
verpflichtet, einen Massnahmenplan Luft zu erstellen, wenn
"feststeht oder zu erwarten ist, dass trotz vorsorglicher
Emissionsbegrenzungen
übermässige
Immissionen
verursacht werden". Der Kanton hat Massnahmen zu treffen,
um die Emissionen an der Quelle zu vermindern oder zu
verhindern.
17. Welche Instrumente stehen dem Aargau zur Sanierung
des möglicherweise unbefriedigenden Zustandes zur
Verfügung?
18. Welche Instrumente werden heute eingesetzt?
19. Was schlägt der Regierungsrat zusätzlich vor, wenn
diese Instrumente nicht ausreichen?
Quellen:
(1) BUWAL-Medienbericht: Zu früh zum Aufatmen.
Luftschadstoff-Emissionen des Strassenverkehrs 1950 bis
2020, publiziert am 13.4.2000
(2) BUWAL, Sanasilva-Inventur 2002
(3) Massnahmenplan Luft des Kantons Aargau, 2002
(4) Prof. Dr. Walter Flückiger, Institut für angewandte
Pflanzenbiologie, Schönenbuch, mündliche Auskunft
1510 Interpellation
Max
Chopard-Acklin,
SP,
Obersiggenthal,
betreffend
Massnahmen
gegen
Lohndumping und Erlass eines Normalarbeitsvertrages
für den Detailhandel im Kanton Aargau; Einreichung
und schriftliche Begründung
Art. 1508-1509
12. Wie schätzt die Regierung den Einfluss des überhöhten
Stickstoffeintrags auf das Grundwasser ein?
13. Rechnet die Regierung mit Kostenfolgen wegen
überhöhter Nitratwerte im Grundwasser? In welcher
Grössenordnung?
Von Max Chopard-Acklin, SP, Obersiggenthal, und 31
mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende
Interpellation eingereicht:
Begründung:
1. Im Zusammenhang mit den bilateralen Verträgen wurde
in der Politik heftig über die flankierenden Massnahmen
zum freien Personenverkehr und der Gefahr von
Lohndumping diskutiert. Vor der Volksabstimmung wurden
auch entsprechende Versprechen abgegeben und
Regelungen beschlossen. In diesem Zusammenhang gibt es
auch
die
Möglichkeit
der
Inkraftsetzung
von
Normalarbeitsverträgen. Mit Normalarbeitsverträgen können
gewisse Standards (wie Höchstarbeitszeit und Mindestlohn)
dort
festgelegt
werden,
wo
es
nicht
schon
allgemeinverbindliche
Gesamtarbeitsverträge
der
Sozialpartner gibt.
2. Das schweizerische Arbeitsrecht sieht die Möglichkeit
von Normalarbeitsverträgen (NAV) auf Stufe Bund oder
Kanton vor. Der Gesetzgeber begründet die Notwendigkeit
von Normalarbeitsverträgen damit, dass in bestimmten
Branchen tariffähige Partner fehlen und so kein
Gesamtarbeitsvertrag (GAV) zwischen den Sozialpartnern
zustande kommt. Im Detailhandel fehlen vielerorts
tariffähige
Partner
auf
der
Arbeitgeberseite.
Gesamtarbeitsverträge sind daher nur auf Firmenebene
möglich. Coop ist diesbezüglich ein positives Beispiel. Für
den gesamten Detailhandel - mit vielen kleinen
unorganisierten Partnern auf Arbeitgeberseite - ist dies aber
nicht möglich.
3. Das oft zitierte schweizerische Arbeitsgesetz (ArG) erfüllt
nur die Funktion eines Rahmengesetzes und sieht aus
diesem Grund ebenfalls die Institution eines GAV oder
NAV vor. Das ArG kann die Arbeitsbedingungen im
Detailhandel nicht hinreichend regeln. Es finden sich dort
keine Regelungen zu Minimallöhnen und weiteren
wichtigen Schutzbestimmungen für das Verkaufspersonal.
4. Der Kanton Aargau kennt schon durch den Regierungsrat
in Kraft gesetzte Normalarbeitsverträge. Zum Beispiel den
Normalarbeitsvertrag über das Arbeitsverhältnis in der
Landwirtschaft und in Freilandgärtnereien oder den
Normalarbeitsvertrag für das Hauspersonal.
5. Ein NAV würde einem GAV in keiner Art und Weise im
Wege stehen und sozialpartnerschaftliche Regelungen auch
nicht ausschliessen. Ein NAV im Detailhandel würde nur
die wichtigsten Eckwerte für alle gleichberechtigt festhalten.
Darüber hinaus gehende Abmachungen könnten weiterhin wo möglich - zwischen den Sozialpartnern getroffen
werden.
Text:
Ich bitte den Regierungsrat um die Beantwortung folgender
Fragen:
1. Welche Massnahmen sind im Aargau vorgesehen, um der
Gefahr von Lohndumping aktiv entgegenzutreten?
2316
Art. 1509
2. Begrüsst auch der Regierungsrat das Festhalten von
Mindeststandards, damit auf dem Arbeitsmarkt einseitigen
und schädlichen Wettbewerbsverzerrungen vorgebeugt
werden kann?
3. Im Bereich des Detailhandels ergibt sich im speziellen
folgende Frage: Kann sich der Kanton Aargau vorstellen,
gestützt auf Art. 359 OR, einen Normalarbeitsvertrag für
den Detailhandel in Kraft zu setzen?
Paritätische Kommission
- Es ist eine paritätische Kommission vorzusehen. Diese
besteht aus gleichen Teilen aus Vertretungen der
Arbeitgeberseite und der Arbeitnehmerseite.
- Die Aufgaben dieser Kommission sind in einem
Reglement festzuhalten.
Arbeitszeit
- Anzustreben ist generell die 40 Stunden Woche.
- Die Tagesarbeitszeit soll 9 Stunden nicht überschreiten.
- Arbeit auf Abruf ist nicht gestattet. Saisonale Spitzen
können mit befristet angestellten Aushilfen abgedeckt
werden.
Löhne
- Der Kanton Aargau erlässt verbindliche Mindestlöhne.
Diese sind abzustufen nach Ausbildungsstand und
Berufspraxis.
- Der Mindestlohn für Ungelernte soll Fr. 3'300.-- brutto
nicht unterschreiten. Derjenige für gelernte ist
branchenspezifisch entsprechen höher anzusetzen.
- Ein 13. Monatslohn ist verbindlich festzulegen.
- Arbeitszeit nach 19.00 Uhr ist mit einem Zuschlag in Form
von 25% abzugelten.
Mutterschaft
- Im Fall von Mutterschaft besteht eine Lohnzahlungspflicht
von 16 Wochen.
1511 Aufgaben- und Leistungsüberprüfung (ALÜP);
Fortsetzung der Detailberatung; Kenntnisnahme;
Einladung an Regierungsrat
(vgl. Art. 1504 hievor)
Detailberatung (Fortsetzung)
Vorsitzende: Wir fahren fort mit der Detailberatung. Die
Beratungen zum Gesundheitsdepartement haben wir
abgeschlossen. Wir befinden uns nun auf Seite 7 der
Synopse, die Massnahmen unter dem Baudepartement.
Baudepartement
Massnahme 44 - WOV-Projekt
Dr. Andreas Brunner, CVP, Oberentfelden, Präsident der
nichtständigen Kommission ALÜP: Dieser Massnahme
misst der Novo Consult Bericht sehr grosse Bedeutung zu.
Hier wird auch konkret die Zahl des Einsparungspotentials
9. September 2003
Untenstehend
mögliche
Eckwerte
Normalarbeitsvertrages im Detailhandel:
eines
solchen
Geltungsbereich
- Der NAV soll für alle Beschäftigten im Detailhandel
gelten.
mit (Zitat) "mindestens 5%" am höchsten angegeben. Diese
Zahl wird von der Regierung in der Botschaft bereits wieder
relativiert. Dieses Geschäft wird von der eigens dafür ins
Leben gerufenen WOV-Kommission begleitet. Die ALÜPKommission geht davon aus, dass das von der WOVKommission vorgegebene Tempo eingehalten werden soll.
Sie beantragt Priorität 1 mit 12 zu 0 Stimmen, bei 1
Enthaltung.
Zustimmung
Massnahme
45
(Individualverkehr)
-
Finanzierung
der
Mobilität
Dr. Andreas Brunner, CVP, Oberentfelden, Präsident der
nichtständigen Kommission ALÜP: Der begleitende
Regierungsrat kündigt an, dass in dieser Sache ein neuer
Vorschlag erarbeitet wird. Die Kommission beantragt
Priorität 1 ohne Gegenstimme.
Roland Stöckli, Boswil: Es macht aus Sicht der
mehrheitlichen SP-Fraktion keinen Sinn, die Finanzierung
der Mobilität mit Priorität 1 anzugehen.
1. Eine Erhöhung der Motorfahrzeugabgaben ist beim Volk
nicht mehrheitsfähig. Solche Vorhaben wurden beim Volk
bereits mehrmals abgelehnt. Eine lineare Erhöhung der
Motorfahrzeugabgaben ist ohnehin abzulehnen! Wenn
schon, ist eine verbrauchsabhängige Steuer zu erheben.
2. Eine Verschuldung der Strassenkasse wäre eine sehr
absurdes Verhalten. Einerseits strebt man im Staatshaushalt
ein ausgeglichenes Budget an, andererseits soll sich die
Strassenkasse verschulden?
3. Es ist genügend Geld in der Strassenkasse für Projekte
mit einem guten Kosten-Nutzen-Verhältnis. Für derart
priorisierte Vorhaben reicht das Geld. Es braucht vielleicht
etwas Mut, umstrittene und veraltete Grossprojekte zu
streichen, aber es würde einige Geldprobleme lösen.
Ich beantrage im Namen der mehrheitlichen SP-Fraktion,
die Finanzierung der Mobilität auf die Priorität 3 zu setzen.
Ich bitte Sie, im Interesse der Effektivität und Effizienz, uns
zu unterstützen!
Vorsitzende: Es liegt keine Wortmeldung mehr aus dem
Plenum vor.
Regierungsrat Ernst Hasler, SVP: Ich bitte Sie, die Priorität
bei 1 zu belassen, denn es gibt den Hauptgrund, dass wir
zahlreiche baureife Strassenbauprojekte vorliegen haben und
jetzt wäre es unehrlich, auf Priorität 2 oder 3 zu setzen und
zu sagen, die Finanzierung interessiere uns nicht. Wir
müssen jetzt mit der Strassenkasse, mit dem Eingang der
Kürzungsmassnahmen des Bundes bei der Strassenkasse
schauen, wie wir umgehen mit dieser Finanzierung. Hier
werden wir dem Grossen Rat eine Vorlage unterbreiten, wie
wir einerseits diese Projekte realisieren wollen und
andererseits entsprechend auch die Finanzierung
2317
9. September 2003
sicherstellen wollen. Und schon deshalb, dass die
Auseinandersetzungen stattfinden, muss die Priorität 1 hier
belassen werden!
Abstimmung:
Der Antrag Stöckli (SP) wird mit grosser Mehrheit, bei 38
befürwortenden Stimmen, abgelehnt.
Massnahme 46 - Systematische Ausschreibungen von
Leistungen im Regionalverkehr
Massnahme
47
Professionalisierung
Liegenschaftsmanagement
Dr. Andreas Brunner, CVP, Oberentfelden, Präsident der
nichtständigen Kommission ALÜP: Die Regierung will
IMAG bis 2004 flächendeckend einführen. Das
Optimierungspotential wird laufend ausgeschöpft. Die
Kommission beantragt Priorität 1, ohne Gegenstimme.
Zustimmung
Massnahme 48 - Risikomanagement und Änderung des
Finanzierungsmechanismus Wasserbau
Dr. Andreas Brunner, CVP, Oberentfelden, Präsident der
nichtständigen Kommission ALÜP: Hier wurde Priorität 1
ohne Gegenstimme beschlossen.
Zustimmung
Massnahme 49 - Abteilung Hochbau; weiteres Potential
Dr. Andreas Brunner, CVP, Oberentfelden, Präsident der
nichtständigen Kommission ALÜP: Behmen II ist noch in
den Köpfen aller. Die Frage wurde diskutiert, ob der Kanton
in diesem Bereich nicht zu viel und das auf zu hohem
Niveau mache. Für die reine Bauherrfunktion würde zuviel
Aufwand betrieben. Es wird ein Bericht erwartet. Die
Kommission beantragt Priorität 1 mit 14 zu 0 Stimmen.
Reto P. Miloni, Grüne, Mülligen: Während wir von den
Grünen
aus
einer
Professionalisierung
des
Liegenschaftsmanagements durchaus zustimmen können,
sind wir der Ansicht, dass der Kanton bei seinen
Hochbauvorhaben teilweise noch völlig falsche Prioritäten
setzt. Er mietet zuviel, statt dass er selber baut. Die
Beispiele Behmen und Falken in Baden haben gezeigt, dass
hier ein grosses Potential besteht an Einsparungen, wenn der
Kanton selber bauen würde. Stellen Sie sich ganz einfach
vor, dass wir Mietverträge abschliessen über 20 Jahre, wobei
diese Mietverträge bei den Investoren Bruttorenditen von
über 6% effektiv erzielen lassen. Wenn der Kanton mit
seinen längerfristigen eigenen Baubedürfnissen vermehrt die
Immobilien selber erstellen würde, könnte hier ein grosses
Potential ausgeschöpft werden. Das ist in der Vorlage noch
nicht enthalten und da sehen wir durchaus weiteres
Einsparungspotential.
Vorsitzende: Es liegt keine Wortmeldung mehr aus dem
Plenum vor.
Regierungsrat Ernst Hasler, SVP: Genau das ist ja das Ziel
dieses Liegenschaftsmanagements. Genau das ist ja der
Inhalt, dass wir hier zu klareren Aussagen kommen im
Einzelfall und sagen können, ob es besser ist, zu mieten oder
selber zu bauen. Diese Frage soll mit dem
Liegenschaftsmanagement beantwortet werden. Deshalb ist
es wichtig, dass wir das rasch einführen.
2318
Art. 1510
Dr. Andreas Brunner, CVP, Oberentfelden, Präsident der
nichtständigen Kommission ALÜP: Der Optimierung der
Kosten im ÖV wird eine sehr hohe Priorität eingeräumt. Die
Kommission diskutierte auch, dass die Höhe der Beteiligung
der Gemeinden nach diesem Optimierungsschritt neu
beurteilt werden sollte. Sie beantragt Priorität 1, ohne
Gegenstimme.
Zustimmung
Zustimmung
Massnahme 50 - Abteilung Tiefbau
Dr. Andreas Brunner, CVP, Oberentfelden, Präsident der
nichtständigen Kommission ALÜP: Obwohl wir es hier mit
einem WOV-Piloten zu tun haben, will die Kommission die
Frage der Normierungen und Standards diskutiert wissen.
Sie beantragt Priorität 1 mit 14 zu 1 Stimme.
Zustimmung
Art. 1511
9. September 2003
Finanzdepartement
Massnahme 51 - Schaffung eines Ressourcendepartements
Dr. Andreas Brunner, CVP, Oberentfelden, Präsident der
nichtständigen Kommission ALÜP: Ich will hier nicht
inhaltlich auf Diskussion eingehen, die geführt wurde über
die Thematik eines Super-Departements. Diese Frage wird
auch mit der Parlamentsreform aufgeworfen. Fragen wurden
im Bereich der Weisungsbefugnisse des Inhabers dieses
Departements gegenüber den anderen Regierungsräten
diskutiert. Die Kommission beantragt Priorität 1 mit 13 zu 0
Stimmen. Die Regierung will hier Priorität 2.
Vorsitzende: Es liegt keine Wortmeldung aus dem Plenum
vor.
Landstatthalter Roland Brogli, CVP: Wie der
Kommissionspräsident richtig bemerkt hat, setzt die
Schaffung
eines
Ressourcedepartements
eine
Regierungsreform voraus. Dabei müssen also Aufgaben und
Zuständigkeiten neu festgelegt und neue Mechanismen
bestimmt werden. Mit den gegenwärtig laufenden
Staatsleitungsreformen und mit den Reformen zu WOV
wird dafür ja eine Basis geschaffen. Aus diesen Gründen
und auch aus Kapazitätsgründen, da wir nicht alle Projekte
gleichzeitig in Angriff nehmen können, bitte ich Sie im
Namen des Regierungsrates, hier Priorität 2 zu setzen und
die Arbeiten dafür in der neuen Legislaturperiode
aufnehmen zu lassen!
Abstimmung:
Der Antrag der Kommission (Priorität 1) wird mit grosser
Mehrheit, gegenüber 31 Stimmen, gutgeheissen.
sierung führen. Die Kommission beantragt Priorität 3 mit 10
zu 1 Stimmen, bei 1 Enthaltung. Dem stimmt die Regierung
zu.
Zustimmung
Massnahme 55 - Abteilung Personal und Organisation
Dr. Andreas Brunner, CVP, Oberentfelden, Präsident der
nichtständigen Kommission ALÜP: Hier beschloss die
Kommission Priorität 3 ohne Gegenstimme.
Zustimmung
Massnahme
56
Stellenhalbierung
-
Abteilung
Landwirtschaft;
Dr. Andreas Brunner, CVP, Oberentfelden, Präsident der
nichtständigen Kommission ALÜP: Man hört selbst in
landwirtschaftlichen Kreisen, dass diese Abteilung
überdotiert sei. Bei abnehmender Anzahl Landwirten sei die
Anzahl der Beschäftigten hier gleich geblieben. Anderseits
wurde argumentiert, dass mit wachsendem Siedlungsdruck
und vermehrt gemischter Nutzung von landwirtschaftlichen
Flächen die Arbeit in dieser Abteilung nicht abnehme. Die
Kommission beantragt Priorität 1 mit 12 zu 2 Stimmen.
Markus Leimbacher, SP, Villigen: Das darf doch nicht wahr
sein: In der Abteilung Landwirtschaft soll die Anzahl der
Stellen halbiert und in der Abt. Wald sollen 13 Stellen
gestrichen werden! Und dies ohne vernünftige Begründung,
einfach so. Der Zweck, der damit verfolgt wird, ist aber
offensichtlich: Die Kontrollen in der Landwirtschaft sollen
minimiert und erschwert werden. Welches die Folgen dieses
Massnahme 52 - Einführung eines Kosten- und
Leistungsrechnungssystems für die gesamte Verwaltung
Dr. Andreas Brunner, CVP, Oberentfelden, Präsident der
nichtständigen Kommission ALÜP: Die Kommission sieht
Verwandtschaft mit dem WOV-Projekt. Der Aufwand muss
verhältnismässig sein. Sie beantragt Priorität 1 mit 13 zu 0
Stimmen.
Zustimmung
Massnahme 53 - Vollkostendeckende Gebühren
Dr. Andreas Brunner, CVP, Oberentfelden, Präsident der
nichtständigen Kommission ALÜP: Gebühren müssen
kostendeckend sein und dürfen keinen Steuercharakter
haben.
Eine
allgemeine
Überprüfung
des
Kostendeckungsgrades sollte vorgenommen werden. Die
vollkostendeckenden Gebühren sollten auch dort
angewendet werden, wo Gewinn anfällt. Die Kommission
beantragt Priorität 1 mit 11 zu 1 Stimmen.
Heinrich Schöni, SP, Oftringen: Ich spreche im Namen der
SP-Fraktion. Wir sind nicht gegen vollkostendeckende
Gebühren; wir wehren uns aber gegen allfällig unsoziale
Gebühren.
Zustimmung
Massnahme
54
Steuerverwaltung;
verstärkte
Zentralisation der Veranlagung natürlicher Personen
Dr. Andreas Brunner, CVP, Oberentfelden, Präsident der
nichtständigen Kommission ALÜP: Es wird bezweifelt, dass
die Zentralisation zur Vermehrung des Steuersubstrates
führt. Anderseits kann die Zentralisation zur Professionalikurzsichtigen Handelns sein werden, ist klar: Es leidet der
Landschaftsschutz und es leidet die Ökologie.
Dazu bietet die SP keine Hand, ist aber dennoch bereit, die
entsprechenden Massnahmen genauer zu prüfen. Die
Priorität 1 erscheint allerdings nicht richtig. Prioritär sind
ganz andere Dinge. Bei den Massnahmen 56 und 57
erscheint uns die Priorität 3 als angemessener und wir bitten
Sie, uns zu unterstützen!
Vorsitzende: Es liegt keine Wortmeldung mehr aus dem
Plenum vor.
Landstatthalter Roland Brogli, CVP: Die ganze Abteilung
Landwirtschaft steht im Moment am Schluss einer
tiefgreifenden Abbau-, Umbau- und Reorganisationsphase.
Ich erinnere an die Aufhebung der landwirtschaftlichen
Bildungs- und Beratungszentren Muri und Frick, an die
Neuorganisation auf der Liebegg oder beispielsweise an die
Übertragung der landwirtschaftlichen Bildung an das BKS
per 1. Januar 2004. Das Personal der Abteilung
Landwirtschaft ist im Moment mit diesen Umbauphasen
sehr gefordert. Gleichzeitig besteht aufgrund des laufend
ausgeübten politischen Drucks auf das Personal eine grosse
Verunsicherung. Ich bitte hier nachdrücklich auch einmal
um Verständnis für das Personal, das sich bewusst ist, dass
es in einer Reorganisationsphase steht. Wir sind gewillt, und
der Regierungsrat ist damit einverstanden, dass sowohl die
Vollzugs- und Verwaltungszentrale der Abteilung in Aarau
wie auch der Fachstelle für Weiterbildung, Beratung und
Vollzug an der Liebegg einer Organisations- und
Effizienzüberprüfung durch eine externe Unternehmung
unterzogen wird. Dabei sollen selbstverständlich auch
2319
9. September 2003
Art. 1511
weitere Möglichkeiten einer Ausgliederung bzw.
Privatisierung geprüft werden. Ich kann mir durchaus
vorstellen, dass wir das auch in Priorität 1 machen. Priorität
3 würde ja heissen, nicht vollziehen. Deshalb bitte ich Sie,
hier Priorität 1 zu setzen!
Ich weise aber auch darauf hin, dass die Abteilung Wald und
ihre Organisation selbstverständlich wie die ganze Abteilung
und Verwaltung des Staates weiter verbessert werden und
und immer versucht wird, entsprechende Einsparungen zu
realisieren.
Abstimmung:
Die Abläufe, sowie insbesondere die Frage der
zweckmässigen
Aufgabenstellung
zwischen
den
Kreisforstämtern und der Abteilung Wald in Aarau, werden
zurzeit in einem Organisationsentwicklungsprojekt geprüft.
Wir sind daran, hier zu arbeiten und Neuorganisationen
kann ich Ihnen allenfalls in Aussicht stellen. Deshalb setzen
Sie hier bitte die Priorität 1!
Der Antrag von Regierungsrat und Kommission (Priorität 1)
wird mit grosser Mehrheit angenommen. Auf den Antrag
der SP-Fraktion entfallen 35 Stimmen.
Massnahme 57 - Abteilung Wald
Dr. Andreas Brunner, CVP, Oberentfelden, Präsident der
nichtständigen Kommission ALÜP: Die Staatsaufgabe Wald
ist konstant unter die Lupe zu nehmen. Die Kommission
beantragt Priorität 1 mit 14 zu 0 Stimmen.
Vorsitzende: Hier hat die SP-Fraktion ihren Antrag bereits
gestellt und verlangt Priorität 3. Herr Leimbacher hat diesen
Antrag bereits begründet.
Vorsitzende: Es liegt keine Wortmeldung mehr aus dem
Plenum vor.
Landstatthalter Roland Brogli, CVP: Möglicherweise
besteht hier ein Missverständnis. Es wurde hier in den
Massnahmen nicht verlangt, dass 13 Stellen abgebaut
werden, sondern dass bei 13 Stellen weniger bis anhin
schon, sich das Ergebnis um 2,5 Mio. Franken
verschlechtert hat. Ich weise nochmals darauf hin, dass die
Abteilung Wald in den letzten Jahren eine deutliche Stellenund Aufwandreduktion realisiert hat und dass die
vorübergehenden Aufwandsteigerungen von 2,5 Mio., von
denen die Rede ist, in den Jahren 2002-2005 auf die
Lotharbeiträge aus Zahlungskrediten zurückzuführen sind.
Geri Müller, Grüne, Baden: Für die Grünen ist es klar:
Aufgaben müssen laufend überprüft werden, ob sie nötig
sind oder ob sie sich erübrigt haben. Sie müssen ebenso auf
ihre Qualität hin überprüft werden, d.h. ob sie verbessert
werden müssen oder ob es allenfalls zusätzliche
Investitionen braucht. Unter diesem Aspekt haben wir diese
Vorlage in der Fraktion diskutiert. Unter diesem Aspekt
haben wir auch in der Kommission Vorstösse zu machen
versucht. Die Art und Weise, wie die Vorlage in der
Kommission und jetzt hier im Rat diskutiert wurde, macht
uns grosse Bedenken, ob das Ziel, das verfolgt werden
sollte, erreicht wird. In der Diskussion stellen wir fest, dass
ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber dem Staat und der
Verwaltung besteht. Mit einem solchen Misstrauen ist es
schwierig, in die Zukunft zu schauen. Es geht teilweise nicht in dieser Beratung hier, aber in anderen - bis zur
Verhöhnung von gewissen staatlichen Organen.
Zudem haben wir festgestellt, dass einige Vorstösse reine,
verkappte Sparmassnahmen waren. Es kann nicht ein
politisches Ziel sein, einfach zu sparen. Es muss Ziel sein,
vernünftige Aufgaben zu bewältigen, die Mittel dafür
freizustellen, dass die Aufgaben auch gut gemacht werden
können und es muss Ziel sein zu schauen, ob diese
Aufgaben längerfristig nötig sind. Das wäre eigentlich die
Aufgabe des Grossen Rates! Es muss auch ein politisches
Ziel sein, zu investieren! Alle, die ein Unternehmen haben,
wissen, dass ein Unternehmen, das keine Investitionen
macht, längerfristig keine Chance hat! Das gilt auch für den
Staat. Wir sehen, dass ausgerechnet bei den heiklen
2320
Abstimmung:
Der Antrag von Regierungsrat und Kommission (Priorität 1)
wird mit grosser Mehrheit angenommen. Auf den Antrag
der SP-Fraktion entfallen 30 Stimmen.
Massnahme 58 - Aargauische Staatstrotte
Dr. Andreas Brunner, CVP, Oberentfelden, Präsident der
nichtständigen Kommission ALÜP: Ich gehe davon aus,
dass der heutige Besuch der Tessiner Freunde nicht der
letzte sein wird in der Staatstrotte in Frick. Die Kommission
beantragt Priorität 1 mit 14 zu 0 Stimmen. Verschiedene
Möglichkeiten wurden diskutiert. Abklärungen zur
Änderung des heutigen Systems sollen untersucht werden,
einige bezweifeln jedoch einen Effizienzgewinn.
Zustimmung
Vorsitzende: Wir haben somit die Detailberatung über die
einzelnen Massnahmen abgeschlossen. Wir kommen damit
zur Abstimmung über die Hauptanträge auf Seite 2 der
Synopse.
Bereichen Sparansätze gemacht werden. Wir haben am
letzten Dienstag ziemlich holzschnittartig in der Bildung
gefuhrwerkt, wohlwissend, dass uns Berichte sagen, dass
unsere Bildung in einem kritischen Bereich ist. Wir haben
eingewirkt in die Gesundheit, wohlwissend, dass die
Gesundheit vor grossen Aufgaben steht, die nur mit
Zusatzinvestitionen gelöst werden können, sonst rationieren
wir noch mehr, als wir es heute schon tun! Wir sind bereit,
Einsparungen zu machen in Umweltbelangen, notabene
Umweltbelange, die uns in den letzten Jahren gezeigt haben,
was für Konsequenzen das haben könnte, die Millionen
verursachen. Fragen Sie die Rückversicherer, was die in den
letzten Jahren für Beiträge bezahlt haben. Wir werden die
weitere Beurteilung dieser Geschäfte und Massnahmen ganz
scharf beobachten und werden dafür sorgen, dass wir hier
nicht einfach blindwütig sparen, damit wir diese Steuersätze
einhalten können, dass wir den Investitionsschub, den wir in
einigen Bereichen brauchen, wirklich fördern können. Dort
wo Aufgaben überflüssig sind, soll gespart werden!
Eine grosse Aufgabe, vor allem ein Risiko, das wir tragen,
nämlich die ganze Beteiligung an den Atomkraftwerken,
nicht überprüft werden darf. Das wurde in der Kommission
beantragt und abgelehnt. Da wäre wahrscheinlich in der
Zukunft ein Klumpenrisiko vorhanden. Erinnern Sie sich an
Kölliken und an andere Deponien!
Antrag 1
Katharina Kerr Rüesch, SP, Aarau: Der Antrag lautet auf
Kenntnisnahme, diese ist de facto bereits erfolgt, wie immer
Art. 1511
bei dieser Art von Geschäften. Trotzdem stellen sich an
dieser Stelle ein paar grundsätzliche Fragen. Wir ersuchen
den Regierungsrat, uns diese hier und jetzt zu beantworten,
damit der Rat in Kenntnis der Folgen abstimmen kann.
1. Wie soll die Koordinierung von ALÜP mit den übrigen
Projekten und Reformen im Staate Aargau vonstatten
gehen?
Der
Aargau
ist
im
Moment
eine
Verwaltungsbaustelle. Eine aufwendige Reform jagt die
andere. Wo und wie werden die Prioritäten gesetzt? Wie ist
die Hierarchie der Reformen geplant bzw. vorgesehen?
Kommt zuerst WOV (bis 2012) oder ALÜP?
2. Geht es bei ALÜP einfach darum, die angedrohten 720
Mio. einzusparen? Dann hätte man die Übung verkürzen
und sich das viele Geld, das hier verbuttert wurde, sparen
können, schon nur die fast 100'000 Franken, um die FDPFraktion zu befriedigen! Hier möchten wir eine klare
Antwort, die nicht nur aus Ja oder Nein bestehen darf!
3. Oder ist ALÜP, wie wir schwer vermuten, eine
Alibiübung mehr? Eine teure Alibiübung, wie doch zu
bemerken ist. Diese Frage ist vielleicht etwas rhetorisch:
Kein Regierungsrat kann es sich leisten, sie mit Ja zu
beantworten. Gestellt werden muss sie trotzdem. Wir wollen
sehen, wie die Antwort darauf lautet, wie klug oder weniger
klug.
4. Wie viel kostet die Übung?
5. Wer soll ALÜP in der Verwaltung bearbeiten? Einerseits
will eine Fraktion und mit ihr offenbar auch die Regierung
massiv Stellen kürzen. Anderseits soll die gleiche
Verwaltung immer mehr Aufgaben erfüllen. Das geht nicht!
Wer also wird hier zusätzlich arbeiten? Was kostet dies?
Von der Beantwortung dieser Fragen werden wir unser
Abstimmungsverhalten abhängig machen.
September die Spezialmassnahmen vorlegen. Die haben
selbstverständlich auch etwas mit ALÜP zu tun und hier
müssen wir dann Prioritäten setzen, was wir zuerst und was
wir später machen. Das ist für den Regierungsrat klar, aber
wir müssen ja zuerst das Echo auf diese Massnahmen
kennen, die wir zusätzlich vorschlagen werden. Von dem
hier vorliegenden Paket ist vorgesehen, dass wir dazu die
Koordination über diese ALÜP-Stelle machen wollen, die
wir schaffen wollen und dann unter den Departementen
Verfassung, Gesetz, Dekret und Verordnung, das gibt
verschiedene Pakete und diese müssen unter den
Departementen koordiniert werden, damit wir zu einem
gemeinsamen Vorgehen kommen. Aber wie gesagt, die
Sondermassnahmen, die jetzt noch auf uns zukommen,
müssen wir dann in diesem Paket einordnen.
2. Zur Frage dieser 720 Mio. Franken: Das ist
selbstverständlich eine Mischvorlage. Da gibt es
Budgetveränderungen, da gibt es ALÜP-Massnahmen, da
gibt es die Frage der Finanzströme, da gibt es
Personalkostenfragen usw. Diese Massnahmen, die dann
einzeln, je nach Gruppe, wo sie unterzuordnen sind, werden
dann selbstverständlich aufeinander abgestimmt. Das
werden wir Ihnen mit der Botschaft Voranschlag 2004 dann
auch aufzeigen.
3. Wenn Sie die Massnahmen, diese 58 Vorschläge, hier
durchgehen und dann von einer Alibiübung sprechen, dann
finde ich das schon etwas problematisch. Die Massnahmen
9. September 2003
Vorsitzende: Es liegt keine Wortmeldung mehr aus dem
Plenum vor.
Regierungsrat Ernst Hasler, SVP: Zu Herrn Müller: Die
Optimierung bestreiten Sie ja nicht. Das Vorgehen ist die
Frage, dass diese heiklen Punkte, die durchaus in den
Anträgen in den einzelnen Massnahmen vorhanden sind, bei
den einzelnen Massnahmen mit der Vorlage auf die ganze
Vernehmlassungsphase diskutiert werden müssen usw. Den
Grundsatz aber dürfen wir nicht aus den Augen verlieren,
dass wir bei den Veränderungen, in denen wir sind, wieder
den Handlungsspielraum brauchen und dafür müssen wir
Massnahmen einleiten. Da sind wir uns hoffentlich einig.
Ich glaube - und das haben wir auch deutlich gesagt -, dass
es den politischen Konsens braucht, wie die Kernaufgaben
in Zukunft aussehen. Nur so können wir Veränderungen
erreichen.
Zu Frau Kerr: Wie soll die Koordination mit den übrigen
Bereichen stattfinden, wie und in der Hierarchie wie? 1. Zu
der Frage WOV oder ALÜP: Ich glaube, beides ist wichtig.
WOV gibt die Antwort, wie wir eine Aufgabe erfüllen. Der
Inhalt wird da also von innen gesehen. Die
Prozessoptimierung und alles in den einzelnen Aufgaben,
das kann WOV beantworten. Hingegen welche Aufgaben
gemacht werden sollen, das will man mit ALÜP einbringen.
Deshalb haben wir auch eine doppelte Strategie gefahren:
Einerseits WOV und andererseits von neutralen,
aussenstehenden Experten im Vergleich zu übrigen
Staatsverwaltungen
unseren
Kanton
einmal
zu
durchleuchten und Ideen zu bekommen, wie wir die
Optimierung bezüglich der Kernaufgaben angehen können.
Zur Frage der Koordination: Diese wird sehr heikel und sehr
schwierig. Sie wird noch schwieriger, wenn wir Ihnen Mitte
einzeln betrachtet werden natürlich Konsequenzen haben.
Wir haben vom Regierungsrat darauf hingewiesen und 340
Seiten Begründungen geliefert. Hier muss beim einzelnen
Bereich dann die politische Diskussion stattfinden, ob das
auch im Volk mehrheitsfähig ist, was wir da beschliessen
wollen.
4. Wie viel kostet das Ganze: Einerseits haben Sie die
externen Kosten der Novo Consult angegeben. Das sind
etwa 400'000 Franken. Bezüglich der Weiterarbeit haben wir
immer gesagt, dass die Regierung, je nachdem welche
Massnahmen mit Priorität 1 weiterbearbeitet werden sollen,
aufzeigen wird, was für einen Aufwand die Erfüllung dieser
Aufgaben für die Verwaltung bringt. Wir werden das über
einen NK und das Budget dem Grossen Rat aufzeigen und
vorlegen, was die Umsetzung für Aufwand und Kosten
bringt. Mit diesen 4 Punkten glaube ich, Ihnen die
Antworten gegeben zu haben.
Abstimmung:
Dem Antrag 1 wird mit grosser Mehrheit zugestimmt.
Antrag 2
Pascal Furer, SVP, Staufen: Ich spreche im Namen der
SVP-Fraktion. Der Antrag 2 widerspricht eigentlich den
nachfolgenden Anträgen, indem beantragt wird, dass wir der
Stossrichtung der Regierung zustimmen. Doch eigentlich
wollen wir das ja nicht. Wir wollen die Stossrichtung
2321
9. September 2003
Art. 1511
vorgeben. Der Kommission entging dieser Punkt ein wenig.
Deshalb beantragt die einstimmige SVP-Fraktion, diesen
Antrag 2 zu streichen.
nicht zustimmen und bitte Sie - auch im Namen eines
grösseren Teils der SP-Fraktion - Antrag 2 abzulehnen, also
nicht nur zu streichen!
Markus Leimbacher, SP, Villigen: Ich spreche im Namen
der SP-Fraktion. Wir haben also den Bericht endlich zur
Kenntnis genommen - und das genügt aus meiner Sicht,
mehr ist auch nicht notwendig. Ich persönlich kann der von
der Kommission definierten Stossrichtung nicht zustimmen eine Stossrichtung, welche ganz klar und eindeutig zu einem
Leistungsabbau, aber kaum zu echten Einsparungen führen
wird! Dazu biete ich keine Hand! Insbesondere gestützt auf
die detaillierten Darlegungen im Bericht der Novo business
consultants bin ich der Ansicht, dass der Aargau praktisch
kein Abbau- und schon gar kein Sparpotenzial mehr hat. Der
Aargau nimmt schon heute keine a priori überflüssigen
Aufgaben wahr und die Verwaltung kann bereits heute als
absolut schlank bezeichnet werden.
Geri Müller, Grüne, Baden: Ich bin sehr überrascht über
diesen Vorstoss und gebe hier ein Votum aus persönlicher
Sicht als Kommissionsmitglied ab. Hier steht, der Grosse
Rat stimmt der von der Regierung definierten Stossrichtung
zu, dann beziehe ich mich auf die Botschaft vom 19. Juni
2002. In dieser Botschaft steht beispielsweise, "Aufgabenund Leistungsüberprüfung als permanenter Prozess". Gegen
diesen Grundsatz haben wir als Grüne nichts. Jede Aufgabe
überall - ob beim Staat oder in einem Privatbetrieb - muss
überprüft und angeschaut werden. Dagegen sind wir nicht.
Wenn wir noch weiterschauen, dann schreibt uns die
Kantonsverfassung diesen Rahmen auch vor, also ist diese
Aufgabe eigentlich in Ordnung. Wenn ich dann auf Seite 3
sehe, dass das eigentlich ein permanenter Prozess ist, der
heute schon gemacht wird, kann ich dieser Stossrichtung
zustimmen. Wir müssen uns aber überlegen, was passiert,
wenn wir diesen zweiten Satz jetzt streichen. Wer macht
dann die Stossrichtung? Da verstehe ich die SP jetzt nicht
ganz, weil ich befürchte, dass die Stossrichtung dann von
einem wildgewordenen Haufen gemacht wird, der dann
überall Sparpotential sieht und beantragen wird. Dann ist es
ein konzeptloses Vorgehen und dem könnte ich nicht
zustimmen. Die Regierung ist die Führung der Verwaltung
und die Regierung muss das Geschäft führen können und
muss die Überhand haben, weil es sonst ziellos wird. Diesen
Antrag kann ich so nicht unterstützen und ich bitte Sie, noch
einmal zu überprüfen, ob es wirklich gut ist, diesen Antrag
abzulehnen.
Dies ist die eine Seite: Ich erachte die vorliegende Botschaft
als nicht den richtigen Weg, die nur momentan schwierige
Finanzsituation in den Griff zu bekommen. Eine andere
Seite ist aber die, dass für mich keinerlei Klarheit darüber
besteht, in welchem grösseren Zusammenhang die heute zu
behandelnde Vorlage steht. Es bestehen Schnittstellen zur
Parlamentsreform,
zu
WOV,
zum
drastischen
Sparprogramm mit der 720-Mio.-Blackbox und zur
Aufgabenneuverteilung zwischen Kanton und Gemeinden.
Heute konnte mir niemand abschliessend eine Erklärung
darüber abgeben - auch der Herr Gesundheitsdirektor nicht , wie diese Schnittstellen spielen und wie das
Zusammenspiel zwischen den umfangreichen Reformen
funktioniert. Wir haben alleine gehört, dass dies später der
Fall sein wird in verschiedenen Paketen, über die erst später
abgestimmt wird. Ich verlange heute Transparenz, damit es
eben nicht zu einer Alibiübung verkommt, wie dies bereits
Frau Kerr gesagt hat.
Unter diesem Gesichtspunkt kann ich dem Ergebnis der
heutigen Beratung und der entsprechenden Stossrichtung
indem er die Standesinitiative nicht unterstützt, damit der
Kanton gegen das Steuerpaket vorgehen kann. Also hängen
wir hier noch einmal etwas an. Das kann nicht sein! Mein
Vertrauen ist jetzt also wirklich grösser in die Staatsführung,
die die Finanzen wirklich im Grossen und Ganzen anschaut
und nicht partiell auf die nächste Steuerperiode.
Vorsitzende: Es liegt keine Wortmeldung mehr aus dem
Plenum vor.
Dr. Andreas Brunner, CVP, Oberentfelden, Präsident der
nichtständigen Kommission ALÜP: Dieser Antrag wurde in
der Kommission nicht gestellt und es fand deshalb auch
keine Diskussion darüber statt. Ich persönlich stelle fest und das war eigentlich auch die Meinung der Kommission dass dieser Antrag 2 derart zu interpretieren ist, dass der
Grosse Rat von der Stossrichtung insofern Kenntnis nimmt,
als dass die Regierung den Grossen Rat von Anfang an in
diese Arbeit einbeziehen will, so dass der Regierungsrat also
nicht eine Aufgabenüberprüfung machen will, ohne den
Grossen Rat miteinzubeziehen. Wenn wir uns auf das
beziehen, dann müssen wir den Antrag 2 drinlassen. Wenn
wir den Antrag 2 jetzt streichen oder ablehnen, dann fragt
sich, wer dann die substantiellen Botschaften schreibt, die
wir jetzt erwarten und die der Grosse Rat dann
weiterbehandeln soll, um die Leistungsüberprüfung
vorzunehmen. Ja, wer schreibt denn die? Geben wir dem
2322
Noch etwas: Das Vertrauen in die Regierung ist eben, auch
für eine Partei, die nicht in der Regierung ist, schon grösser,
wenn ich den letzten Dienstag anschaue, wo der Grosse Rat
beschlossen hat, den Kanton halb in den Boden zu fahren,
Regierungsrat jetzt Ferien und sagen, dass er das nicht
schreiben muss, sondern dass wir das in den Fraktionen tun?
Ich glaube, dass es das ja nicht sein kann!
Ich bin überrascht von diesem Antrag und bitte Sie, den
Antrag abzulehnen, weil mir die Folgen nicht klar sind!
Noch etwas zur SP-Fraktion: Die Schnittstellenproblematik
mit
WOV,
Staatsrechnungskommission,
mit
der
Kommission Aufgabenteilung Kanton - Gemeinden wurde
in der Kommission lange diskutiert und ich habe im
Einführungsreferat darüber gesprochen.
Regierungsrat Ernst Hasler, SVP: 1. Die Ausführungen von
Herrn Leimbacher haben natürlich nicht nur mit Antrag 2
etwas zu tun. Da müsste man dann auch bei Antrag 3 über
die grundsätzliche Frage diskutieren.
2. Wenn Sie das Antragsdispositiv des Regierungsrates linke Seite Synopse - anschauen, dann besteht der Antrag 3
nicht mehr, weil der Regierungsrat Ihnen rechts einen neuen
Antrag unterbreitet. Insofern ist es richtig, dass der Antrag 2
- das Vorgehen und die Stossrichtung - sowohl im
Änderungsantrag der Kommission wie auch im neuen
Antrag des Regierungsrates enthalten ist. Insofern ist von
mir aus gesehen eine Streichung von Antrag 2, ohne dass
Art. 1511
wir das im Regierungsrat diskutiert haben, möglich und
sinnvoll.
Vorsitzende: Die SVP-Fraktion beantragt, Antrag 2 zu
streichen. Die SP-Fraktion beantragt, Antrag 2 abzulehnen.
Ich schlage Ihnen folgendes Vorgehen vor. Wir werden
zuerst über Streichung dieses Antrages befinden. Wird
dieser Antrag belassen, dann stimmen wir über Zustimmung
oder Ablehnung ab.
Abstimmung:
Für den Antrag der SVP-Fraktion (Streichung von Antrag
2): 96 Stimmen.
Dagegen: 52 Stimmen.
Vorsitzende: Eine weitere Abstimmung zu diesem Antrag ist
damit obsolet.
Antrag 3
Dr. Daniel Heller, FDP, Aarau: Wenn ich die Voten von
Herrn Geri Müller und von Herrn Markus Leimbacher höre,
wie es aus Sicht der "Staatsaufbläher" um den Aargauer
Haushalt und das Sparpotential steht, so würde ich mich
nicht wundern, wenn uns die beiden Herren demnächst
weismachen wollten, die Erde sei eine Scheibe und keine
Kugel!
Die FDP-Fraktion ist einhellig der Meinung, dass Antrag 3
in der Fassung der Kommission zu beschliessen ist. Dies aus
3 Gründen:
1. Die FDP-Fraktion will nach 340 Seiten Berichten und
Abklärungen und einem Jahr Kommissionsarbeit jetzt
Umsetzungsschritte! Der Rat hat heute durch Priorisierung
der Massnahmen dem Regierungsrat einen ausreichend
qualifizierten Feedback gegeben. Auf dieser Basis ist die
Regierung handlungsfähig. Die Regierung hatte weiss Gott
genug Zeit, die von ihr - nicht von uns - in Form der
Massnahmen des Novo Consult vorgeschlagenen
Massnahmen vertieft abzuklären.
2. Nun wird eingeworfen, man möchte noch vertiefter
abklären, welche Konsequenzen einzelne Massnahmen
kung einer Massnahme mit sich bringt. Stellen Sie sich
einmal vor, Sie machen jetzt wirklich diesen Kahlschlag bei
den Primar- und Sekundarschulen, den Sie am letzten
Dienstag beschlossen haben. Wenn die Regierung nicht
sagen kann, was für eine Auswirkung das hat, dann kann die
Regierung definitiv abdanken und wir können ins
Säulenhaus gehen und dort weiterdiskutieren. Das ist doch
nicht Ding der Sache! Wir haben hier keine Scheibe. Wer
hier die Scheibe hat in diesem Grossen Rat, darüber müssen
wir beim Mittagessen diskutieren. Es kann doch nicht sein,
dass wir nach diesen 7 oder 8 Sitzungen, wo wir uns darüber
unterhalten haben, welche Konsequenzen es haben könnte,
blindlings, denn wir sind keine Fachleute, die über Bildung,
Gesundheit oder Umwelt eine Ahnung haben. Wir haben
gesagt, wir beauftragen die Verwaltung, uns eine Vorlage
mit sämtlichen Konsequenzen aufzubereiten; das macht die
Regierung jetzt in dieser dritten Sparte. Ich bitte Sie sehr,
diesem Blindflug mindestens ein Ziel vorzugeben, damit wir
nicht ganz scheitern!
Vorsitzende: Es liegt keine Wortmeldung mehr aus dem
Plenum vor.
9. September 2003
hätten. Es ist nicht zu erwarten, dass eine neue
Berichtsrunde wesentliche Zusatzerkenntnisse liefert. Wer
weitere Berichte und Abklärungen will, muss nicht das
Antragsdispositiv anpassen, sondern die Rückstufung einer
Massnahme von Prio 1 in Prio 2 beantragen. Denn Priorität
2
heisst
per
definitionem:
Es
sind
weitere
Zusatzabklärungen nötig, bevor die Umsetzung eingeleitet
werden kann.
3. Die Frage, welche Aufgaben der Staat auf welchem
Niveau zu erfüllen hat, ist keine objektiv wissenschaftlich zu
beantwortende Fragestellung. Sie ist und bleibt eine
politische Frage! Sie abschliessend zu beantworten ist heute
nicht unsere Aufgabe. Eine schlüssige Beantwortung erfolgt
letztlich im Rahmen des normalen politischen Prozesses:
Auftrag zur Erarbeitung einer Vorlage - das wollen wir ja
mit Antrag 3 - Vorentwurf einer Vorlage Vernehmlassungsverfahren - Beratungen in Kommission
und Plenum und nötigenfalls: Vorlage vor das Volk. Am
Beschreiten dieses Prozesses - mit all seinen Risiken können auch 20 Zusatzberichte nichts ändern. Mit
Zustimmung zum Antrag 3 in der Fassung der Kommission
machen wir nichts anderes, als diesen uns allen bekannten
politischen Meinungsbildungsprozess jetzt einzuleiten.
Die FDP-Fraktion will den systematischen Weg der
Aufgaben- und Leistungsüberprüfung gehen. Heute gilt es,
Farbe zu bekennen! Angesichts von in Kürze
bevorstehenden Vorschlägen derselben Regierung, 720
Millionen Franken einzusparen, ist ihre Verzögerungstaktik
hier schlicht nicht nachvollziehbar. Es ist Zeit zu handeln.
Unterstützen sie die Anträge der vorberatenden
Kommission!
Geri Müller, Grüne, Baden: Sie müssen sich nicht so
aufregen, Herr Heller. Jetzt haben wir vorhin beschlossen,
wir nehmen den Pilot aus dem Flugzeug und fliegen einfach
einmal im Blindflug los. Jetzt möchten Sie auch noch die
politische Komponente rauskippen. Damit ist auch das Ziel
des Fluges nicht mehr klar. Das Ziel, das sich die Regierung
hier gesetzt hat, uns aufzuzeigen, was die politische AuswirDr. Andreas Brunner, CVP, Oberentfelden, Präsident der
nichtständigen Kommission ALÜP: Ich möchte mit
Nachdruck für die Fassung der Kommission Werbung
machen. Zu Herrn Müller: Wir bekommen ja Botschaften,
wenn wir das jetzt absegnen und die Prioritäten, die wir
beschlossen haben, auch einhalten. Wir hatten die Aufgabe,
hier über die Prioritäten zu diskutieren und nicht über die
Inhalte. Diese Diskussion über die Inhalte wird folgen und
deshalb ist es kein Blindflug. Stimmen Sie dem Antrag der
Kommission zu!
Regierungsrat Ernst Hasler, SVP: Es liegt hier eine
Differenz vor mit der Regierung. Herr Heller hat die
Argumentation der Kommission aufgenommen, indem die
Priorität 1 Motionscharakter besitzt. D.h. also, dass Handeln
angesagt ist. Der Regierungsrat hat auch nach diesem
Beratungsdispositiv, das etwas schnell abgewickelt wird, die
Meinung, dass hier noch eine Zwischenrunde einzuschieben
ist, indem man die politischen und betriebswirtschaftlichen
Auswirkungen aufzeigen sollte, um damit den
Entscheidungsprozess etwas zu vertiefen und andererseits
um den Aufwand, der für die zahlreichen Rechtsänderungen
angezogen wurde, dann noch besser zu kennen und um dem
Grossen Rat aufzeigen zu können, welche Ressourcen das
2323
9. September 2003
Art. 1511
dann auch braucht. Insofern ist die Differenz vorhanden.
Wir bitten Sie, auch wenn in der ersten Ausführung von
Herrn Furer dokumentiert wurde, dass wenn eine Vorlage,
die völlig im Abseits steht oder nicht akzeptiert werden
kann, wenn die mit Vernehmlassungen und allem zu laufen
beginnt, dass wir hier eine Tür offen lassen, dass dann der
Regierungsrat wieder an den Grossen Rat gelangen kann
und eine Änderung der Priorität oder wie das dann gehen
muss, beantragen kann. Herr Grossrat Heller nickt. Ich bitte
Sie deshalb, der Regierung zu folgen mit Antrag Synopse
rechts. Wenn Sie das nicht tun können, dann bitte ich Sie,
diese Türe offen zu lassen, so dass wir das noch ändern
könnten, falls etwas den Zielen, die Sie letztlich erreichen
wollen, nicht entspricht.
3.
Abstimmung:
Der Regierungsrat wird eingeladen, die Massnahmen, die
die Fraktionen eingebracht haben, in einer weiteren
Botschaft dem Grossen Rat zu unterbreiten.
Antrag 3 in der Fassung der Kommission wird mit grosser
Mehrheit beschlossen. Auf den Antrag des Regierungsrats
entfallen 37 Stimmen.
Antrag 4
Der Grosse Rat lädt den Regierungsrat ein, ihm
baldmöglichst zu den von ihm mit Priorität 1 bewerteten
Massnahmen der Experten sowie der Kommission ALÜP
die
nötigen
Verfassungs,
Gesetzesund
Dekretsänderungen
respektive
Beschlussentwürfe
vorzulegen unter Aufzeigen der finanziellen Konsequenzen.
4.
Der Regierungsrat wird eingeladen, zu den Massnahmen mit
Priorität 2 in einem Bericht aufzuzeigen, ob eine Umsetzung
aus Sicht der Regierung sinnvoll ist.
5.
Vorsitzende: Wir sind damit am Ende dieses Geschäftes. Ich
danke der Kommission und ihrem Präsidenten für die
geleistete Arbeit.
Vorsitzende: Es liegt keine Wortmeldung aus dem Plenum
vor.
Abstimmung:
Antrag 4 wird mit grosser Mehrheit gutgeheissen.
Antrag 5
Vorsitzende: Es liegt keine Wortmeldung aus dem Plenum
vor.
Abstimmung:
Antrag 5 wird mit grosser Mehrheit gutgeheissen.
Beschluss:
1.
Der Grosse Rat nimmt vom vorliegenden Bericht zur
Aufgaben- und Leistungsüberprüfung Kenntnis.
2.
1512 Antrag der SVP-Fraktion auf Direktbeschluss vom
26. August 2003 betreffend Einreichung einer
Standesinitiative
"Einbürgerungen";
Erheblicherklärung;
Über-weisung
an
Einbürgerungskommission
(vgl. Art. 1448 hievor)
Lieni Füglistaller, SVP, Rudolfstetten: Ich spreche im
Namen der SVP-Fraktion. Die SVP stellt Ihnen Antrag, dass
der Kanton Aargau eine Standesinitiative einreicht mit dem
Begehren, die Bundesverfassung Art. 38 mit einem Absatz 4
zu ergänzen, welcher wie folgt lautet:
"Die Stimmberechtigten jeder Gemeinde legen in der
Gemeindeordnung
fest,
welches
Organ
das
Gemeindebürger-
gestrichen.
recht erteilt. Der Entscheid dieses Organs über die Erteilung
des Gemeindebürgerrechts ist endgültig."
Unser Antrag zielt in 2 Richtungen:
1. Wollen wir nach wie vor, dass das Volk, der Souverän
entscheidet über Einbürgerungen und nicht irgendeine
Behörde oder Verwaltung.
2. Wir wollen kein Beschwerderecht, also keine
Rechtsmittel, um diese Entscheidungen anzufechten und
diese wiederum durch irgendwelche Gerichte entscheiden zu
lassen.
Mit seinem Entscheid vom 9. Juli 2003, dass
Einbürgerungsabstimmungen an der Urne verfassungswidrig
seien und der Emmener Entscheid vom März 2000 zu
korrigieren sei, mischt sich das Bundesgericht nicht nur in
unzulässiger Weise in politische Vorgänge ein, sondern
stellt die Säulen und Grundwerte der schweizerischen
Demokratie überhaupt in Frage.
2324
Direkte Demokratie bedeutet, dass der einzelne Bürger
direkt über Sachfragen abstimmen kann und so, zusammen
mit dem Parlament, die Aufgaben der gesetzgebenden
Gewalt erfüllt. Also ist es immer noch so, dass der Souverän
als Gesamtheit der Bürgerschaft die oberste rechtssetzende
Instanz ist. Jeder Versuch diese Instanz zu entmachten,
gefährdet den Rechtsstaat und öffnet damit der Willkür Tür
und Tor. Auch die neue Verfassung, welcher wir am
18. April 1999 zugestimmt haben, sieht in diesem Punkt
nichts anderes vor, als die alte Ordnung. Sie erinnern sich,
dass der damalige Bundesrat Koller immer wieder betont
und versprochen hat: Die neue Bundesverfassung sei eine
Fortschreibung der alten Verfassung ohne materielle
Änderung. Entweder sind wir auf die Schalmeien vom
Bundesrat hereingefallen oder das Bundesgericht hat sich
mit seinem verunglückten Entscheid in absolut
unverständliche Sphären emporgeschwungen, welche die
Bürgerschaft nicht versteht. Wir wollen nach wie vor, dass
die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an unserem
politischen Diskurs jederzeit möglich ist - unabhängig von
Art. 1512
finanziellen
Provenienzen.
9. September 2003
Voraussetzungen
und
persönlichen
Im Gegensatz zu unserem direktdemokratischen System
steht die in EU-Staaten verbreitete repräsentative
Demokratie, welche dem Einzelnen lediglich erlaubt, die
obersten Staatsorgane, insbesondere das Parlament, zu
wählen. Sämtliche anfallenden Sachgeschäfte werden ohne
direkte Mitwirkung des Volkes durch die gewählten
Repräsentanten getroffen. In jüngster Vergangenheit - dies
ist eine gefährliche, aber immer öfter zu beobachtende
Tendenz - traf sogar ein Gericht politische Entscheide; so
etwa das deutsche Bundesverfassungsgericht in Bezug auf
den Euro. Den Grund nannte der ehemalige Bundeskanzler
Helmut Kohl in einem Interview in aller Offenheit: "Hätte es
eine Volksabstimmung gegeben, wäre der Euro nie
durchgekommen." Geht es nun auch in der Schweiz darum,
dass Gerichte politische Entscheidungen treffen, wo das
Volk anders entscheiden würde?
Die Entscheidung, wer zum Souverän, zum abstimmenden
Volk gehören soll, ist demnach eine eminent politische
Entscheidung. Die Bürgerrechtserteilung kann deshalb nie
ein blosser Verwaltungsakt werden, wie ihn das
Bundesgericht offenbar will. Diese Bürgerrechtserteilung
entsteht doch aus einem politischen Entscheid des
Souveräns, jenen die volle Mitsprache im Staat
einzuräumen, die die grundsätzlichen Prinzipien unseres
freiheitlichen Rechtsstaates anerkennen und mittragen. Die allenfalls sogar kollektive - Verweigerung des Bürgerrechts
an Gruppen, die einer unserer Demokratie und unserem
Rechtsstaat
widersprechender
Gesellschaftsnorm
verpflichtet sind, wie zum Beispiel das "Recht auf
persönliche Rache" steht einzig und allein den Bürgerinnen
und Bürgern dieses Landes zu. Und niemand hat das Recht,
einen solchen Entscheid des Souveräns als "willkürlich" zu
diffamieren.
Eine Gemeinde - eine öffentlich rechtliche Körperschaft also
- muss weiterhin das Recht haben, demokratisch darüber zu
befinden, wen sie als Mitglied aufnimmt und wen nicht! Die
Bundesverfassung anerkannte bisher ausdrücklich diese
Kompetenz einer Gemeinde.
Damit komme ich zum 2. Punkt unserer Stossrichtung:
Weder bei einer Wahl von Behörden, noch bei einer
Anstellung
von
Staatsangestellten
besteht
ein
verfassung unsere oberste, rechtsstaatliche Ordnung. Doch
auch sie ist den allgemeinen Rechtsgrundsätzen unterstellt.
Es ist deshalb fraglich, ob die mit der Initiative indirekt
beabsichtigte Einführung von Referenden sich bei der
materiellen Überprüfung der Initiative als zulässig erweist.
Zu den rechtsstaatlichen Prinzipien gehören insbesondere
die Rechtsklarheit und die Rechtssicherheit. Da ist es sehr
fragwürdig, wenn jede Gemeinde die ihr beliebige Lösung
festlegen kann. Demokratie in Einbürgerungsverfahren Ja,
aber in rechtlich sicheren und klaren Schranken!
Standesinitiativen aus dem Aargau: Wenn man sich
ausserkantonal umsieht und umhört, gehen die Reaktionen
im Allgemeinen meist in die gleiche Richtung: von einem
müden Lächeln bis zur Mutmassung, dass der Aargau von
seinen Standes- und Volksvertretern in Bern zu wenig gut
vertreten wird.
Rechtsanspruch. Ebensowenig bei Einbürgerungen! Es stellt
sich die Frage, ob es für die Ablehnung einer Einbürgerung
tatsächlich eine Begründung braucht. Wenn ja, wäre doch
fast jeder Entscheid im Staat anfechtbar. Jeder
personenbezogene Mehrheitsentscheid, also jede Wahl, hat
doch etwas Willkürliches und kann vom Unterlegenen als
Diskriminierung empfunden werden. Stellen Sie sich vor,
was passieren würde, wenn jeweils bei Wahlen den
Nichtgewählten eine Begründung zustehen würde. Das
bedeutet doch in letzter Konsequenz die Umsetzung dieses
unhaltbaren Bundesgerichtsurteils. Wir könnten also
demnach
nur
noch
über
generelle,
abstrakte Geschäfte befinden.
Wir haben bereits die Konstellation im Aargau, dass der
Regierungsrat die Gemeinden mit Schreiben vom 15.
August 2003 auf den Bundesgerichtsentscheid aufmerksam
macht und bei ablehnenden Entscheidungen eine
Begründung stipuliert. Ebenso steht die erste staatsrechtliche
Beschwerde einer einbürgerungswilligen Person im Aargau
an, wegen eines entsprechenden, ablehnenden Bescheids. So
schnell geht's, und das Bundesgericht bürgert in Zukunft ein,
wahrscheinlich dann gleich kollektiv und ganze
Völkerstämme!
Es geht nicht an, dass Gerichte politische Entscheidungen
treffen! Über Einbürgerungen muss weiterhin demokratisch
entschieden werden können. Es soll den Stimmbürgern jeder
Gemeinde überlassen werden, wie dieser demokratische
Entscheid,
ob
via
Gemeindeversammlung,
Urnenabstimmung, durch die Exekutive oder eine
Spezialbehörde erfolgt. Der Entscheid muss wiederum
endgültig sein, denn es kann nicht sein, dass Gerichte
demokratisch getroffene Beschlüsse korrigieren und die
Judikative sich so über den Souverän stellt.
Wir bitten Sie deshalb, unseren Antrag erheblich zu erklären
und das Geschäft wie vom Büro vorgeschlagen zur Beratung
der Einbürgerungskommission zuzuweisen.
Dr. Karl Frey, CVP, Wettingen: Ich spreche im Namen der
CVP-Fraktion. Wir sind mehrheitlich gegen die Einreichung
dieser Standesinitiative. Einbürgerungsverfahren stehen im
Spannungsfeld von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Für
die ganze Fraktion haben die demokratischen Prinzipien
einen hohen Stellenwert. Sie sollen nicht stärker geschmälert
werden als notwendig. Aber sie sind an die rechtsstaatlichen
Grundsätze und Schranken gebunden. Zwar ist die BundesPhilipp Müller, FDP, Reinach: Ich spreche im Namen der
FDP-Fraktion. Die Fraktion der FDP unterstützt den Antrag
der SVP einstimmig. Der vorliegende Antrag ist die direkte
Folge zweier Bundesgerichtsurteile, welche den Entscheid
über die Verleihung des schweizerischen Bürgerrechts
faktisch zu einem Verwaltungsakt degradieren und der
letztinstanzlichen Kompetenz des Souveräns entziehen. Ich
möchte dabei betonen, dass es hier lediglich um die
ordentlichen Einbürgerungen geht. Die erleichterten
Einbürgerungen, welche immerhin rund einen Drittel aller
Einbürgerungen ausmachen, sind dem Entscheid des
Souveräns ohnehin entzogen.
Als Folge der Ablehnung ihrer Einbürgerungsgesuche haben
am 19. März 2002 in der Gemeinde Emmen 5 Gesuchsteller
staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des
Regierungsrates des Kantons Luzern erhoben, der die
Verweigerung der Einbürgerungen durch die Gemeinde
2325
9. September 2003
Emmen geschützt hatte. Hauptsächliches Argument der
Kläger war dabei die Behauptung, dass die Ablehnung der
Einbürgerungsgesuche einer Gruppe von Personen aus Ostund Südosteuropa das in der Bundesverfassung enthaltene
Diskriminierungsverbot verletzt habe. Zusätzlich wurde von
den Klägern geltend gemacht, dass eine Begründung für die
Ablehnung ihrer Gesuche nicht vorhanden sei. Das
Bundesgericht schloss sich dieser Argumentation
vollumfänglich
an
und
hob
den
Nichteinbürgerungsentscheid auf.
Noch vor dem Fall Emmen hatte das Bundesgericht eine
Volksinitiative der stadtzürcherischen SVP zu beurteilen,
welche die Kompetenz zur Erteilung des Bürgerrechts an
Ausländer dem Souverän zuweisen wollte. Der Stadtrat
Zürich - in Vertretung des Zürcher Gemeinderates - hatte
zuvor die Initiative wegen Unvereinbarkeit mit der
Bundesverfassung für ungültig erklärt. Mit ähnlicher
Begründung wie im Fall Emmen wies das Bundesgericht die
Klage der SVP ab und beliess es bei der Ungültigkeit der
Initiative.
Das hohe Gericht hat das in der Bundesverfassung
enthaltene Diskriminierungsverbot höher gewichtet als die
ebenfalls in der Verfassung verankerte freie Willensbildung
des Stimmbürgers (Art. 34 BV).
Selbstverständlich ist die für die Schweiz fundamental
wichtige Gewaltentrennung zu achten, womit folglich die
Entscheide des Bundesgerichtes zu respektieren sind. Es gilt
daher, eine legislatorisch saubere Grundlage zu schaffen,
welche auch den Anforderungen des Bundesgerichtes
genügt. Im Rahmen der hängigen Revision der
Einbürgerungsgesetzgebung muss das Beschwerderecht
gegen abgelehnte Einbürgerungsentscheide ausgeschlossen
werden. Insbesondere sind die Bundesverfassung und das
"Bundesgesetz über den Erwerb und Verlust des Schweizer
Bürgerrechts" (BüG) dahingehend anzupassen, dass
Entscheidungen
über
ordentliche
Einbürgerungen
letztinstanzlich und unanfechtbar beim schweizerischen
Souverän liegen. Das Bürgerrecht ist weiterhin vom Volk
und nicht vom Richter zu verleihen.
Es gibt gewichtige Gründe für die Beibehaltung der
Einbürgerungskompetenz
durch
die
Schweizer
Stimmbürgerinnen
und
Stimmbürger.
In
einem
direktdemokratischen Staat wie der Schweiz berechtigt das
Bürgerrecht nicht nur zur Teilnahme an Parlamentswahlen,
sondern via Referendum und Initiative auch zur
Einflussnahme auf sachpolitische Vorlagen.
einem Rechtsstaat der Entscheid des obersten Gerichtes zu
akzeptieren ist.
Wir müssen akzeptieren, dass die direkte Demokratie ihre
Grenzen hat. Unsere Staatsgründer wollten eine solche
Gewaltentrennung, um die Ansammlung von zu grosser
Machtfülle in der Hand von Einzelnen zu verhindern. Nun
versucht die SVP mit dieser Standesinitiative, am
Gleichgewicht dieser 3 Staatsgewalten zu rütteln.
Die direkte Demokratie hat aber ihre Grenzen. Sie scheitert
an der Gerechtigkeit. Das Recht eines Volkes findet seine
Grenzen an der Gerechtigkeit. Hier hört die direkte
Demokratie auf, hier werden ihr verfassungsrechtliche
Grenzen gesteckt. Es gibt zahlreiche Beispiele bei
Einbürgerungen, wo die Mehrheit der Gerechtigkeit
2326
Art. 1512
Durch diese Ganzjahresdemokratie haben Schweizerinnen
und Schweizer einen unmittelbaren Einfluss auf die künftige
Gestaltung der "ldee Schweiz". Es geht bei der Erteilung des
Schweizer Bürgerrechts also um die Berechtigung, an der
Ausgestaltung unseres Staatsgebildes und unseres
Rechtssystems mitzuwirken. Und dies ist ein hochpolitischer
Akt, diese Mitwirkung kann nicht einfach durch einen
simplen Verwaltungsentscheid ermöglicht werden. Es ist
daher legitim, dass Schweizerinnen und Schweizer ihre
eigenen Vorstellungen über die weitere Entwicklung des
eigenen Staatsgebildes umsetzen wollen und nur Personen
einbürgern, von denen sie annehmen können, dass der Wille
zur Weiterführung des demokratisch gewachsenen
Wertekonsenses vorhanden ist.
Aus den genannten Gründen unterstützt die Fraktion der
FDP den vorliegenden SVP-Antrag einstimmig.
Cécile Frei, SP, Gebenstorf: Ich spreche im Namen der SPFraktion. Im Juli hat das Bundesgericht entschieden, dass
Einbürgerungen an der Urne verfassungswidrig sind. Und
zwar, auch wenn kein Anspruch auf Einbürgerung besteht,
haben die Bewerber trotzdem Anspruch auf Beachtung der
verfassungsrechtlichen Garantien. Dazu gehört der
Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs bzw. auf
eine
Begründung
des
Entscheids.
Das
Einbürgerungsverfahren ist kein rechtsfreier Vorgang; die
verfassungsrechtlichen Garantien müssen respektiert
werden!
In einem Rechtstaat sind die Urteile des obersten Gerichtes
zu akzeptieren. Trotzdem versucht nun die SVP in einem
zweiten Anlauf, dass die Stimmberechtigten der Gemeinde
selber
festlegen
können,
welches
Organ
das
Gemeindebürgerrecht erteilt. Dies sollte ihrer Ansicht nach
in der Gemeindeordnung festgelegt werden. Damit wollen
sie an der Urnenabstimmung festhalten und damit durch eine
Verfassungsänderung einen ihr nicht genehmen Entscheid
aus Lausanne aushebeln. Bewusst versucht die SVP, diese
Forderung nach Autonomie und direkte Demokratie auf
Gemeindeebene einzufädeln.
Die Gemeindestufe ist nämlich die erste und wichtigste
Hürde, welcher ein Gesuchsteller nehmen muss, um
überhaupt im Verfahren weiter zu kommen. Die
Gesuchsteller hatten auch bis heute kein Beschwerderecht
bei einer Ablehnung. Umsomehr ist zu beachten, dass die
verfassungsrechtlichen Garantien eingehalten werden.
Vehement kritisiert die SVP den Bundesgerichtsentscheid
und sieht Gefahr für die direkte Demokratie. Die SP ist der
Meinung,
dass
in
widersprach. Ich wehre mich gegen eine direkte Demokratie
nach dem Prinzip der "Tyrannei der Mehrheit", wie dies
hinsichtlich der Einführung des Frauenstimmrechtes und der
Mutterschaftsversicherung stattfand. Die SP steht ein für die
direkte Demokratie und für die Volksrechte. Aber es darf
nicht sein, dass Menschenrechte und Volksrechte
gegeneinander ausgespielt werden. Einbürgerungen sind
Verwaltungsakte. Und als solche müssen sie auch
gehandhabt werden, um Willkür zu verhindern! Jeder und
jede, der Schweizer oder die Schweizerin werden will, hat
bestimmte Auflagen zu erfüllen; diese sind allgemein
bekannt und dürfen - doch nicht der Willkür ausgesetzt
werden!
Art. 1512
Auch Einbürgerungen an Gemeindeversammlungen müssen
abgeschafft werden. Für die Gesuchsteller gilt das in der
Bundesverfassung verankerte Verbot auf Diskriminierung
und der Anspruch auf rechtliches Gehör. Daraus ergibt sich,
dass das Organ, welche das Gemeindebürgerrecht erteilt,
nicht das Volk sein kann, sondern nur die Exekutive.
Ich nehme die SVP als selbstgefällig wahr, weil sie glauben,
die Politik in der Schweiz und somit die direkte Demokratie
sei die einzig richtige, und zwar nicht etwa, weil das die
besten Lösungen bringt, nein, weil sie vom Volk bestimmt
wird. Die SVP versucht in dieser Standesinitiative den
Willen der Mehrheit so geschickt auszulotsen, damit ihr
eigener Wille durchgesetzt werden kann. Sie gehorchen
kritiklos ihren selbsternannten Vordenkern in der
Machtzentrale. Zurzeit ist auf Bundesebene eine
Bürgerrechtsrevision in der Vernehmlassung, die einzig von
der SVP erfolglos bekämpft wurde. Die laufende Revision
ist ein Schritt in die richtige Richtung, die umgesetzt werden
muss.
Wir sehen keinen Handlungsbedarf und finden diese
Standesinitiative unnötig. Die SP ist einstimmig gegen die
Erheblichkeitserklärung.
Dr. Heidi Berner-Fankhauser, EVP, Lenzburg: Ich spreche
im Namen der EVP-Fraktion. Wir sind gegen die
Erheblicherklärung der Standesinitiative. Es gibt
verschiedene Gründe dagegen, ganz emotionslose. Es ist
kein spezifisches Aargauer Problem. Die Gesetzgebung zur
Einbürgerung ist beim Bund sowieso in Revision. Es macht
wenig Sinn, in einem laufenden Verfahren zusätzlich
eingreifen zu wollen. Die SVP hat in Bern ja genügend
Vertreter, um ihre Anliegen direkt einzubringen. Oder hat
sie etwa Angst, dass dies nach den Wahlen nicht mehr so
sein wird?
Nun noch einige persönliche Bemerkungen: Die
vorgeschlagene Standesinitiative geht entschieden in die
falsche Richtung. Vergessen Sie nicht, am 5. September
2000 - das ist schon lange her - hat der Grosse Rat eine
Motion von mir zu diesem Thema als Postulat überwiesen.
Darin habe ich verlangt, dass das kantonale Gesetz über das
Kantons- und Gemeindebürgerrecht so geändert werden soll,
dass
keine
willkürlichen
und
diskriminierenden
Ablehnungen von Einbürgerungsgesuchen mehr vorkommen
dürfen. Die Regierung hat damals argumentiert, man warte
mit kantonalen Gesetzesänderungen bis der Bund seine
Revision abgeschlossen habe.
Gemäss Bundesgerichtsentscheid handelt es sich bei der
Einbürgerung materiell um einen Akt der Rechtsanwendung.
Es gilt, die Balance zu finden zwischen Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit. Unsere Demokratie ist ein hohes Gut.
kann. Es ist fraglich, ob das die gleiche Ebene ist, wie die
Einführung des Euro in Deutschland. Das ist eine zur
Absurdität führende Volksdemokratie!
Die Demokratie hat festgelegt, wie es aussehen soll, wer wie
eingebürgert werden sollte. Aber auf die Person
zuschreiben, dann sind wir auf derselben Ebene wie am
letzten, katastrophalen Dienstag, wo wir auch beschlossen
haben, dass die Gemeindeversammlung sagen soll, ob wir
Sonderklassen führen sollen oder nicht. Das kann es einfach
nicht sein! Es geht hier also nicht - und das wurde auch
falsch gesagt - darum, zu wählen. Wir wählen die
Ausländerinnen und Ausländer nicht aus, ob sie Schweizer
9. September 2003
Doch dem Volk dürfen nur Entscheide abverlangt werden,
die kein höheres Recht verletzen. Geben wir Sorge zur
Demokratie und missbrauchen wir sie nicht für
fremdenfeindliche Manifestationen! Welche Bedingungen
erfüllt werden müssen für eine Einbürgerung, das kann
demokratisch entschieden werden. Ob diese Bedingungen
erfüllt sind, ist aber ein Akt der Rechtsanwendung. Man
könnte sogar verlangen, dass alle, die Schweizer werden
wollen, Jassen, Hornussen und Jodeln können müssen. Ob
das sinnvoll ist, ist eine andere Frage. Vielleicht müssten wir
alle dann auch den Tatbeweis erbringen.
Geri Müller, Grüne, Baden: Ich spreche im Namen der
Fraktion der Grünen. Ich masse mir nicht an, dass ich die
staatsrechtliche Weisheit per se habe, wie das jetzt vorhin
vorgetragen wurde von den beiden Vertretern der SVP und
der FDP. Trotzdem einige Bemerkungen: Die erste Frage ist
wirklich die: Die Einbürgerungskommission ist tatsächlich
sehr unterbeschäftigt. Es ist einfach fraglich, ob man mit
Standesinitiativen diese Kommission zusätzlich mit Arbeit
versehen will. Soviel zum Thema Sparmassnahmen.
2. Jetzt haben Sie die Mehrheit der National- und Ständeräte
in Bern. Ja was wollen Sie denn noch mehr? Sagen wir es
doch deutsch und deutlich: Es sind Wahlen angesagt und es
ist einfach, dieses Thema jetzt noch mitaufzugleisen. Ich
sage es noch einmal: Es findet eine Revision der
Einbürgerungsgesetze statt. Springen Sie dort auf!
Zum Inhalt: Sie müssen sich die Geschichte
vergegenwärtigen, die das Einbürgerungsverfahren hinter
sich hat. Das ist aufgebaut auf dem Anag, das 1931
eingesetzt wurde. Sie müssen wissen, dass die Einbürgerung
nicht zu dem Thema gemacht wurde wie heute.
Einbürgerungen waren moderat und einfach gestaltet. Erst
seit dem 2. Weltkrieg sind die Einbürgerungen zu einem
Thema geworden. Dafür hat man Kriterien aufgebaut. Diese
wurden demokratisch festgelegt, genau so wie in anderen
Gefässen (Sozialhilfe, Baugesetze usw.). Man hat Kriterien
festgelegt, wann man einem Hausbau, einer Therapie oder
einem Staatsbürgerrecht zustimmt und wann nicht. Das ist
alles an Gremien delegiert. Diese sind gut vertreten, auch
wieder aus den Parteien der FDP und der SVP. Ich kenne
kein Einbürgerungsgremium das zur Mehrheit aus Grünen,
Sozialdemokraten, Christdemokraten oder EVP besteht. Sie
haben dort Leute eingesetzt, die die Einbürgerungswilligen
auf Herz und Nieren überprüft. Notabene: Es ist ein riesiger
Prozess von über 12 Jahren, der dahintersteht. Jetzt müssen
Sie sich einfach überlegen - und das ist eine Frage an die
Staatsrechtler -, ob es dann Sinn macht, ob jemand, der den
Einbürgerungswilligen überhaupt nicht kennt, Einsprache
erheben kann gegen die Einbürgerung, wenn er nicht
gewichtige
Gründe
dagegen
vorbringen
werden dürfen oder nicht. Das ist keine Wahl wie die
Grossratswahl. Das sind Leute, die Schweizer werden
wollen und dann wird überprüft, ob sie die Bedingungen
erfüllen. Es geht nicht um eine Wahl und auch nicht um eine
Verleihung oder so. Es geht einfach um einen nüchternen
Entscheid. Wir sind ja froh, wenn wir mehr Leute haben,
mehr Schweizerinnen und Schweizer haben. Viele haben ja
Angst, dass wir über die 18%-Schwelle fallen.
Hier einen Unterschied machen zu wollen zwischen direkter
und repräsentativer Demokratie ist der falsche Ort. Wir
haben hier die direkte Demokratie. Die Spielregeln werden
vom Volk festgelegt und ein paar vertraute Leute, die die
2327
9. September 2003
Art. 1512
Akten gut kennen, prüfen, ob die Leute einbürgerungsfähig
sind oder nicht.
ungerecht und falsch! - In diesem Sinne bitte ich Sie, auf die
Erheblichkeitserklärung zu verzichten!
Ich erinnere Sie daran, dass die Fraktionen, die jetzt hier
gegen das Rekursrecht bei Einbürgerungen votieren, bei
anderen Rekursrechten dann auch wieder sehr dagegen sind.
Ich bitte Sie, diese Standesinitiative auch inhaltlich für
obsolet zu erklären!
Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, SVP, Windisch: Wir haben
interessante Dinge gehört. Wir haben gehört, nur die
Exekutive oder (Zitat) "ein paar vertraute Leute", das war
Herr Müller, dürften diese Frage entscheiden und nicht das
Volk. Damit ist nach 200 Jahren das absolutistische Prinzip
des beschränkten Untertanenverstandes wieder eingeführt
worden in diesem Land. (Heiterkeit). - Es gibt eben Leute,
die dürfen das entscheiden und dem Pöbel darf man das
nicht anvertrauen. Gerechtigkeit ist die wichtigste Aufgabe
des Gesetzgebers. Demokratin sein, Demokrat sein heisst,
der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger zuzutrauen,
richtig zu entscheiden. Demokratin sein, Demokrat sein
heisst, der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger
zuzutrauen, gerecht zu entscheiden. Das hat das Schweizer
Volk durch Jahrhunderte bewiesen. Erklären wir diese
Standesinitiative für erheblich!
Vorsitzende: Wir kommen zu den Einzelvoten.
Dieter Egli, SP, Windisch: Ich möchte eine grundsätzliche
Anmerkung vorbringen zu dem, was Sie heute morgen hier
vorhaben. Denn es hat sich offenbar herumgesprochen, dass
man im aargauischen Parlament mit seiner stabilen SVPFDP-Mehrheit Anliegen auf die bundespolitische Ebene
vorbringen kann, die auf anderem Wege wohl keine Chance
hätten.
Ich finde es staatspolitisch bedenklich und äusserst stossend,
wie in diesem Kanton in letzter Zeit das Instrument der
Standesinitiative bis zu einem unerträglichen Mass
ausgereizt, ja überreizt wird. Eine Standesinitiative wird von
einem Kanton dann eingereicht, wenn er von einer
Problematik ganz unmittelbar, ganz direkt als Kanton
betroffen ist. Dies ist doch hier nicht der Fall! Wir haben es
mit einem Bundesgerichtsentscheid zu tun, über den man
natürlich diskutieren kann. Tatsache ist allerdings, dass die
Einbürgerungsfrage auf Bundesebene diskutiert wird, dass
eine Bürgerrechtsreform am Laufen ist, und dass unsere
Kantonsvertreterinnen und -vertreter in dieser Sache die
Interessen unseres Kantons wahrnehmen. Ich gehe jedenfalls
davon aus, dass sie dies tun. Ich weiss nicht, wie es Ihnen
geht.
Vor diesem Hintergrund befremdet dieser Aktivismus
unseres Kantons überaus. Ich habe diesen Aktivismus schon
oft bei wichtigeren Fragen vermisst, wo es darum gegangen
wäre, wirklich die Interessen unseres Kantones zu
wahrzunehmen - nicht zuletzt heute vor einer Woche in
diesem Saal. Aber was machen wir heute? Wir
verschleudern einmal mehr unsere wertvolle Zeit mit der
Diskussion von Fragen anderer politischer Ebenen, die wir
letztlich nicht direkt werden beeinflussen können.
Es ist doch offensichtlich: Hier geht es nicht um die
Interessen unseres Kantones, sondern vielmehr um
knallharte Parteiinteressen, die noch dazu derart quer in der
bundespolitischen Landschaft stehen, dass sie wohl auf
anderem Wege als durch unser Parlament überhaupt keine
Chance hätten!
Hier wird das falsche politische Gremium für ein falsches
politisches Anliegen ausgenützt. Was Sie heute vorhaben, ist
nicht effizient, nicht effektiv, es ist sinnlos, und - um auf die
inhaltliche Ebene zurückzukommen - es ist polemisierend,
hen, dass diese Person hochkriminell ist usw. gibt es ein
Rekursverfahren. Aber nicht einfach per se. Ich habe von
Leuten
gelesen,
die
gesagt
haben,
an
der
Gemeindeversammlung ist das einfach so schlank
durchgegangen, deshalb habe ich ein Referendum ergriffen.
Das kann doch nicht Sache sein, dass man eine solch
wichtige Frage wie die Einbürgerung so banalisiert. Ich
wehre mich dagegen! Ich werde nie und nimmer
autokratisch werden. Aber wir haben eine gewählte
Behörde, die hauptsächlich auch von bürgerlichen Parteien
2328
Geri Müller, Grüne, Baden: Das ist schon ein bisschen
deftig! Ich bin weit weg von irgendwelchen autoritären
Behörden, die sagen dürfen, was Sache ist und was nicht.
Ich komme noch einmal auf den Rahmen zurück. Der
Rahmen ist klar: Ich bin dafür, dass die Schweizer und
Schweizerinnen diesen Rahmen abstecken. Von mir aus
können sie alles - wie das Frau Berner gesagt hat mithineinnehmen inklusive Jodeln und Jassen. Das ist
eigentlich egal. Darüber muss Konsens herrschen und
darüber muss das Volk befragt werden. Welche Kriterien
müssen befolgt werden, damit Leute Schweizerin oder
Schweizer werden können?
Auf der anderen Seite gibt es einen Persönlichkeitsschutz.
Ich kann doch nicht erwarten, dass sich ein
einbürgerungswilliger Mensch vor der gesamten Gemeinde
in der Art und Weise austut, wie er das bei der
Einbürgerungskommission machen muss. Irgendwo gibt es
auch noch eine Privatsphäre. Sie müssen wissen, dass der
grosse Teil der Einbürgerungen problemlos funktioniert.
Gewisse Gemeinden sind zu dieser Massnahme gekommen,
weil einzelne Personen herausgezogen wurden, die eine
falsche Namensendung gehabt haben in ihren Augen. Dann
wollte man über diese Leute abstimmen. Ich wiederhole hier
noch einmal: Sie werden nicht darüber abstimmen können,
auch wenn die Person "-itch" heisst, wenn der Vater die
Mutter der Kinder heiratet, dann wählen die Schweizer,
ohne dass irgend jemand etwas dazu zu sagen hat. Nur in
dieser ausgewählten Situation, wo es darum geht, einer
Familie oder einer Person mit einem Namensende, das eben
nicht beliebt ist, darüber wollen dann gewisse Leute ein
Referendum ergreifen. Das ist kein gleiches Recht mehr für
alle anderen. Es wäre eine Peinlichkeit, wenn man es
wirklich so machen würde! Hätte jemand wirklich ein
Einspracherecht und sagt, ihr habt nicht geseunterstützt ist. Sie selektioniert. Wenn dort kein Vertrauen
mehr besteht, wem wollen Sie dann noch vertrauen, meine
Damen und Herren?
Ich stimme Herrn Egli zu: Wie viel Zeit wir wieder
verbrauchen für dieses Geschäft. Zurzeit wird eidgenössisch
revidiert. Lassen wir es dabei bewenden!
Katharina Kerr Rüesch, SP, Aarau: Es ist Wahlkampf! Sie
haben einmal mehr das Thema gewählt, von dem Sie
denken, dass Ihnen wieder Stimmen zufliegen werden. Sie
Art. 1512
9. September 2003
haben dabei etwas vergessen. Ich wundere mich eigentlich
bei einem Menschen hier im Rat, der an sich sehr gebildet
ist, das ist Herr Dr. Stüssi, dass er solche Dinge sagt, wie er
sie vorhin gesagt hat. Herr Stüssi: Sie haben nicht gemerkt,
dass wir nicht mehr im Ancien Régime leben. Das haben Sie
nicht gemerkt. Im Ancien Régime gab es das
Zensuswahlrecht. Es durften nur jene Leute zur Urne, die
genügend Geld hatten. Es gab das Zensusheiratsrecht. Es
durfte nur heiraten, wer genügend Geld hatte. Wer
bestimmte das? Das war ein bestimmter Teil des Volkes. Es
war nicht das Recht! Heute leben wir aber im Rechtsstaat
und daran halten wir fest. Wenn Sie vorgeben, dass Sie die
Demokratie schützen wollen, indem Sie Bürgerwehren
gegen einbürgerungswillige Ausländerinnen und Ausländer
aufrichten, dann tun Sie das Gegenteil: Sie schaden der
Demokratie, denn Sie schaden dem Rechtsstaat! Sie werden
persönlich nie die Verantwortung dafür übernehmen
müssen. Das wissen Sie und darum können Sie sich auf
dieser Spielwiese - die leider eine sehr ernste Spielwiese ist bewegen, wie es Ihnen passt. Sie schämen sich auch nicht
dafür. Aber ich schäme mich für Sie!
Kriterien und transparent erfolgen, wenn wir das Gesetz
befolgen wollen. Im Kanton Aargau geschieht das. Die
Gemeinden machen das bei ihren Einbürgerungsverfahren,
dementsprechend auch auf kantonaler Ebene die
Einbürgerungskommission. Das Verfahren ist also dem
Gesetz
entsprechend
auszugestalten.
Reine
Urnenabstimmungen würden diesem Gesetz nicht
entsprechen. Das ist auch die Schlussfolgerung des
eidgenössischen
Beurteilungskriteriums
durch
das
Bundesgericht. Die Bewerberinnen und Bewerber haben im
Laufe des 12-jährigen Wohnsitzes in der Schweiz unser
Land als Rechtsstaat kennengelernt und wollen
dementsprechend jetzt diesen Schritt vollziehen. Sie werden
wiederholt auf die rechtsstaatlichen Traditionen und die
daraus abgeleiteten Rechte, aber auch Pflichten
hingewiesen. Es ist deshalb für den Regierungsrat nicht
nachvollziehbar, weshalb ausgerechnet anlässlich ihrer
Einbürgerung, die der Verleihung der politischen Rechte
nachkommt, die rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätze
nicht gelten sollen! Eine solche Einbürgerungspolitik wäre
widersprüchlich zu den gesetzlichen Bestimmungen!
Reto P. Miloni, Grüne, Mülligen: Ich wünschte mir, die SVP
und die FDP würden ebensoviel Energie darauf verwenden,
das Aufkommen von Flüchtlingen und Migrationswilligen
zu dämpfen. 1,2 Mia. Menschen sind auf der Flucht. Sie sind
hauptsächlich wegen Klimaveränderungen auf der Flucht.
Afrika, das 5% zu den klimaschädigenden Emissionen
beiträgt, hat 25% der Weltbevölkerung und ist
überproportional durch Dürre, Wüstenbildung etc. betroffen.
In den USA ist es umgekehrt. Ich glaube nicht daran, dass es
eine Lösung sein kann, wie Rommel damals vor der
Normandie, immer grössere Hürden aufzubauen und die
Gemeindeversammlung jetzt zum Scherbengericht zu
machen
aus
lauter
Frustration
vor
einem
Bundesgerichtsentscheid. Ich kann meinen Vorrednerinnen
und Vorrednern aus der SP zustimmen. Sie sind auf dem
falschen Weg! Wir müssen gar nicht mehr auf Emmen
zeigen, wir haben auch schwierige Fälle im Aargau!
Die direkte Betroffenheit der Bewerberinnen und Bewerber
und die Bedeutung, welche die Einbürgerung für sie hat,
sprechen dafür, dass es sich bei der Einbürgerung materiell
um einen eigentlichen Verwaltungsakt handelt. Dabei sind
die üblichen Verfahrensgrundsätze einzuhalten! Der
Regierungsrat hat diese Auffassung schon früher vertreten.
So in der Stellungnahme zu den Postulaten Bodmer und
Hunn, wo es um diese Fragen gegangen ist. Der
Regierungsrat erachtet aus diesem Grund auch die jüngste
bundesgerichtliche
Rechtssprechung
logisch
und
folgerichtig. Es ist nicht ein Willkürakt, der geschehen ist.
Die
Betonung
rechtsstaatlicher
Grundsätze
im
Einbürgerungsverfahren ist nicht etwa Ausdruck irgendeiner
Richterrevolution, sondern sie ist sachlich begründet und
abgesehen davon in manchen Kantonen bereits geläufig.
Vorsitzende: Es liegt keine Wortmeldung mehr aus dem
Plenum vor.
Regierungsrat Kurt Wernli, parteilos: Ich versuche
emotionslos in dieser Frage zu sein. Der Regierungsrat
vertritt, was gesetzlich festgelegt ist und damit
Voraussetzung bei dieser Frage, nämlich die Auffassung,
dass gut integrierte Ausländerinnnen und Ausländer
eingebürgert werden sollen, wenn sie dies selber wünschen.
Das ist auch die gesetzliche Rahmenbestimmung. Damit hat
der demokratische Entscheidungsprozess auf diesem Wege
stattgefunden. Der Gesetzgeber und damit das Volk hat die
Voraussetzungen für eine Einbürgerung festgelegt. D.h. der
Regierungsrat versteht Einbürgerungen als Ergebnis einer
erfolgreichen und damit geglückten Integration. Massstab
für die Einbürgerung ist deshalb die ausreichende
Integration, wie sie eben im Gesetz verankert ist. Die
entsprechende Beurteilung muss somit nach sachlichen
er dagegen ohne sachliche Rechtfertigung ausgeschlossen
werden.
Für
den
Grundrechtsschutz
und
die
Verfahrensgarantien ist entgegen den Ausführungen in der
Begründung
der
Standesinitiative
auch
nicht
ausschlaggebend, ob ein direkter Anspruch des
Gesuchstellers oder der Gesuchsstellerin auf eine
Bewilligung oder eine staatliche Leistung besteht. Die
entsprechenden Garantien sind gerade dort besonders
Das Bundesgericht hat mit seinen Urteilen die
Gewaltenteilung nicht verletzt. Es hat sich nicht in die
Kompetenzen des Gesetzgebers eingemischt! Vielmehr hat
es bewährte und anerkannte Verfassungsgrundsätze wie das
Willkür- und Diskriminierungsverbot angewendet. Es hat,
wie in anderen Fällen, überprüft, ob geltendes Recht sowie
darauf basierende Verfahren und Entscheide diesen
Verfassungsgrundsätzen genügen. Das Bundesgericht war
gehalten, dies zu tun. Die vorgeschlagene Standesinitiative
will den Grundrechtsschutz und die Verfahrensgarantien
ausser Kraft setzen, indem dem Bundesgericht durch eine
Verfassungsänderung die Hände gebunden werden. Dieses
Vorgehen ist im Grundsatz und unabhängig von der Sache
zumindest fragwürdig!
In anderen Bereichen mit grosser individueller Betroffenheit
(Steuern, Handels- und Gewerbefreiheit) wird auch von den
Initianten ein umfassender Grundrechtsschutz zu Recht
vorausgesetzt und gefordert. Im Einbürgerungsbereich soll
wichtig, wo die entscheidende Behörde über ein Ermessen
verfügt. Die Stossrichtung der Standesinitiative widerspricht
auch in dieser Hinsicht rechtsstaatlichen Grundsätzen.
Noch einige Ausführungen zum Text: Der erste Satz des
vorgeschlagenen Artikels 38 Abs. 4 BV neu nimmt den
Kantonen
die
im
schweizerischen
Föderalismus
hochgehaltene Möglichkeit, die Gemeindeautonomie selber
2329
9. September 2003
Art. 1512
zu umschreiben oder einzuschränken. Es stellt damit einen
Eingriff in die kantonale Hoheit dar.
Organ persönlich betroffen sind und sich somit in den
Ausstand zu begeben haben.
Im Interesse der Gleichbehandlung und der Rechtssicherheit
erachtet es der Regierungsrat nicht als zweckmässig, wenn
in den aargauischen Gemeinden eine Vielzahl von
unterschiedlichen
Kompetenzregelungen
für
den
Einbürgerungsentscheid bestehen. Die Gesetzgebung muss
den Rahmen vorgeben, der Rechtmässigkeit und
Transparenz des Einbürgerungsentscheides sicherstellt. Die
offene Formulierung der Standesinitiative genügt diesen
Anforderungen nicht.
Für Angestellte der AKB gilt diese Ausstandspflicht nicht,
weil sie als Angestellte nicht direkt betroffen sind durch die
Rechtsformänderung, die wir beraten. Zum Thema
Ausstandspflicht liegt eine persönliche Erklärung vor.
2. Der Begriff 'Gemeinde' ist unklar. Im Aargau ist die
Einwohnergemeinde für die Einbürgerung zuständig. In
anderen Kantonen ist teilweise die Bürgergemeinde für
Einbürgerungen zuständig. Wenn nun mit 'Gemeinde' die
Bürgergemeinde gemeint ist, dann würde die Initiative einen
zusätzlichen Eingriff in die aargauische Kompetenzordnung
darstellen. Somit ist auch aus diesen Gründen die Initiative,
zumindest was diesen Bereich anbelangt, fragwürdig.
Abstimmung:
Für Erheblicherklärung: 100 Stimmen.
Dagegen: 65 Stimmen.
Vorsitzende: Damit ist die Standesinitiative für erheblich
erklärt worden. Das Büro des Grossen Rates hat präventiv
im Falle der Erheblichkeitserklärung mit Datum vom
2. September beschlossen, dass dieses Geschäft der
Einbürgerungskommission zugewiesen wird und der
Kommission
eine
viermonatige
Frist
für
die
Berichterstattung und Antragstellung gesetzt wird.
1513 Änderung der Rechtsform der Aargauischen
Kantonalbank;
Gesetz
über
die
Aargauische
Kantonalbank; Totalrevision; erste Beratung; Beginn
der Eintretensdiskussion
(Vorlage vom 29. August 2001 des Regierungsrats samt
Änderungsanträgen vom 24. Januar 2003 der nichtständigen
Kommission 01-3 "Aargauische Kantonalbank", denen der
Regierungsrat mit Ausnahme von § 6 Abs. 2 Satz 2 und § 7
Abs. 2 zustimmt)
Vorsitzende: Ich halte fest: Im Auftrag des
Grossratspräsidiums
hat
der
Rechtsdienst
des
Regierungsrates ein Gutachten zur Thematik der
Ausstandspflicht für die Mitglieder des Bankrates der AKB
erstellen lassen. Dieses Kurzgutachten wurde allen
Mitgliedern des Büros zugestellt. Somit sind auch die
Fraktionspräsidien und die Fraktionen informiert.
Ich weise darauf hin, dass alle Mitglieder des Grossen Rates
berechtigt sind, an der Beratung teilzunehmen. Bei der
Abstimmung ist klar, dass der Vizepräsident und die
Mitglieder des Bankrates der AKB gemäss § 29 Abs. 2 des
Geschäftsverkehrsgesetzes in ihrer Funktion als leitendes
bestimmen müssen, ob sie sich bei Abstimmungen in den
Ausstand begeben oder nicht.
Heinrich Schöni, SP, Oftringen: Präsident der
nichtständigen Kommission "Aargauische Kantonalbank":
2330
Ernst Frey, SVP, Kaiseraugst: Ich gebe eine persönliche
Erklärung - auch im Namen von Herrn Füglistaller ab - zu
der Feststellung der Frau Präsidentin. Wir haben bewusst im
Vorfeld dieser Debatte wissen wollen, ob eine
Ausstandspflicht besteht oder nicht. Sie haben gehört, dass
der Rechtsdienst des Regierungsrates festgestellt hat, dass
wir - Herr Füglistaller und ich - persönlich betroffen sind.
Damit
ist
die
Ausstandspflicht
klar
gegeben.
Selbstverständlich gehen wir in den Ausstand und zwar
nicht nur bei den Abstimmungen, sondern auch bei den
Beratungen. Wir hätten das so oder so gemacht, denn unser
Anstand und unsere politische Hygiene hätte uns das
sowieso geraten.
Es ist eigentlich interessant: Wir sind von diesem Parlament
gewählt worden, dass wir die Interessen unserer
Aargauischen Kantonalbank (AKB), aber auch die
Interessen unseres Kantons zu vertreten, weil diese Bank
dem Kanton gehört. Jetzt ist man da persönlich betroffen,
wenn man die Interessen des Kantons vertreten will. Die
persönliche Betroffenheit, - der Rechtsdienst hat das
festgestellt, - empfinde ich nicht als solche, denn wenn die
überwiesenen Motionen einmal umgesetzt werden, dass in
Zukunft wegen der Unvereinbarkeit keine Mitglieder des
Grossen Rates mehr in den Gremien der Staatsanstalten sein
können, wären wir sowieso bald nicht mehr persönlich
betroffen und das wird ja unabhängig von der
Gesetzesberatung, vor der wir jetzt stehen, irgendwann
einmal ausgeführt.
Die persönliche Betroffenheit hat für mich allerdings eine
leicht groteske Note. Es sitzen in diesem Rat hier Kollegen die meisten Namen konnten Sie gestern teilweise mit Bild in
einer grossen Aargauer Zeitung nachlesen -, die nach meiner
Meinung und der von Herrn Füglistaller weitaus mehr
betroffen sind als wir, die die Interessen des Kantons
vertreten müssen. Diese Betroffenen könnten Interessen
vertreten, die vermutlich nicht unbedingt im Interesse dieses
Kantons und seiner eigenen Institutionen sind und könnten ich spreche im Konjunktiv - sogar gegen ihr eigenes
Gelöbnis, das Sie hier in diesem Grossen Rat abgelegt
haben, verstossen. Meiner Meinung nach sind diese weitaus
mehr betroffen. Von mir aus gesehen müssten auch diese
Kollegen in den Ausstand! Ich kann nicht mehr befehlen, ich
sitze nicht mehr hier oben, das war vor einigen Jahren, ich
denke aber, es wäre ein Zeichen von politischer Kultur und
parlamentarischem Anstand, wenn auch diese Kollegen in
den Ausstand treten würden, wenn es nötig ist!
Vorsitzende: Auch ich kann die Ausstandspflicht nicht
befehlen für jene Kollegen, die Sie gemeint haben.
Trotzdem denke ich, dass diese Kollegen eine moralische
Verpflichtung und Verantwortung haben und dies selbst
Die Botschaft zur Änderung der Rechtsform der AKB und
Umwandlung in eine AG geht auf den Grundsatzbericht des
Regierungsrates vom Dezember 1994 zurück und auf den
Auftrag, den der Grosse Rat dem Regierungsrat erteilte die
Umwandlung der AEW und der AKB zu prüfen und dem
Art. 1513
Grossen Rat entsprechende Gesetzesentwürfe zu
unterbreiten. Mit der Botschaft 01.257 vom 29. August 2001
erfüllt der Regierungsrat den zweiten Teil des
ursprünglichen Auftrages, nachdem die Umwandlung der
AEW 1999 vollzogen wurde.
Unsere Kommission hat die Arbeit am 25. Februar 2002
aufgenommen. In 11 Sitzungen haben wir die Botschaft, das
Gesetz über die Aargauische Kantonalbank und die Statuten
der neuen AG diskutiert und behandelt.
An
den
Verhandlungen
nahmen
nebst
den
Kommissionsmitgliedern
Vertreter
der
Regierung
Regierungsrat Kurt Wernli, Vertreter der AKB, Dr.
Wendolin Stutz, Bankratspräsident, Urs
Grätzer,
Vorsitzender der Geschäftsleitung, Luc P. Tschudin vom
Rechtsdienst der AKB teil. Das Protokoll wurde durch Frau
Dayana Bernyi Kamm geführt.
Zur Behandlung und Beschlussfassung in der ersten Lesung
kommt nur der Gesetzesentwurf (Synopse gelbe Fassung),
nicht aber die ebenfalls durch die Kommission behandelten
Statuten. Diese werden erst bei zweiten Lesung durch den
Grossen Rat behandelt. Es ist ja nicht auszuschliessen, dass
gewisse Beschlüsse der ersten Lesung Auswirkungen auf die
Statuten haben können.
Allgemeine Aussprache, Eintretensdebatte: Es zeigte sich
bereits bei der Eintretensdebatte, dass die Fragen: Braucht
der Staat Aargau eine Kantonalbank? Service Public?
Wettbewerbsverzerrung (Ja oder Nein)? Höhe der
Mehrheitsbeteiligung durch den Kanton? Staatsgarantie Ja
oder Nein? Zukunftsstrategie der AKB? Eigentümerstrategie
Kanton Aargau nach der Umwandlung Corporate
Governance?
Diese Fragen wurden aufgeworfen und waren von grösstem
Interesse für die einzelnen Mitglieder. Ich verzichte aber
hier auf diese näher einzugehen, da ich dies im Rahmen der
Behandlung der einzelnen Abschnitte der Botschaft tun
werde.
Speziell an dieser Stelle erwähnen möchte ich, dass die
AKB in der heutigen Rechtsform ein sehr erfolgreiches
Unternehmen ist und in den letzten 5 Jahren erhebliche
ordentliche und ausserordentliche Ablieferungen in Form
von marktgerechter Verzinsung des Dotationskapitals oder
eines Beitrages zur Sanierung der Pensionskasse von
gesamthaft 140 Mio. Franken erwirtschaftet hat. Das
Eigenkapital ist in der gleichen Zeit aus eigenen Kräften um
279 Mio. gesteigert worden. Das Vermögen des Kantons hat
sich demzufolge um 419 Mio. Franken vermehrt. Als
Gegenleistung stellt der Kanton der AKB das
Dotationskapital von 200 Mio. Franken und die
Staatsgarantie zur Verfügung. Die 419 Mio. sind also eine
bemerkenswerte Leistung.
9. September 2003
Behandlung der Botschaft in der Kommission: 1.
Ausgangslage: Zu dieser habe ich mich schon anfangs
geäussert. Zu erwähnen ist noch, dass die Diskussion um die
Kantonalbanken fast in allen Kantonen läuft oder bereits
gelaufen ist. Verschiedene Kantonalbanken sind in AGs
umgewandelt worden (Berner, St. Galler, Luzerner) in der
Zwischenzeit klar abgelehnt das Vorhaben im Kanton
Thurgau. Die Basler sieht keine Rechtsformänderung vor
und bei der Zürcher Kantonalbank hat das Volk bereits die
Rechtsform als öffentlich-rechtliche Anstalt bestätigt.
Weitere Kantone (Zug, Genf, Waadt, Jura, Wallis) haben
seit
längerer
Zeit
eine
öffentlich-rechtliche
Aktiengesellschaft und leben damit unterschiedlich gut oder
weniger gut.
2. Das Umfeld der Kantonalbanken: Strukturelle
Änderungen der Branche und Entwicklung der
wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen:
In
diesem
Zusammenhang wurde die Frage bzw. Antrag gestellt, ob
nicht Hearings mit Experten, aber auch mit Konkurrenten
(IRB, Hypo Lenzburg) mit Vertretern anderer
Kantonalbanken oder andern Kantonen gemacht werden
sollten. Die Kommission entschied gegen Hearings zum
voraus bzw. mit Konkurrenten, da dies kaum ohne
vernünftiges Zahlenmaterial möglich ist und somit Daten
der AKB öffentlich würden, die sicher so nicht der
Konkurrenz vorgelegt werden können. In Sachen Experten
soll dies offen gelassen werden, sobald konkrete Fragen zum
Beispiel zur Staatsgarantie vorliegen.
Die Frage zur kritischen Grösse der Bank wurde durch
dessen Vertreter mit rund 30 Milliarden beziffert. Dies
könne aus eigener Kraft nicht erreicht werden, auch wenn
die Bank jetzt jährlich um 500 bis 800 Mio. Franken wachse
und deshalb könne diese nur über allfällige
Zusammenschlüsse mit ähnlichen Banken in der
Grössenordnung der heutigen AKB geschehen. Dazu
brauche es aber die Umwandlung der AKB in eine AG um
mittels Fusionen/Aktientausch diese Grössenordnung zu
erreichen. Hier stellt sich die Frage: kann es sich die
Eigentümerschaft leisten, dieses Unternehmen unter diesen
Voraussetzungen zu halten? Damit sei eigentlich bereits
gesagt, dass die Bank die Umwandlung in eine AG machen
müsse, um solche Zusammenschlüsse tätigen zu können.
Ein sehr wichtiger Faktor im heutigen Bankenumfeld ist die
Refinanzierung. Das Sparverhalten hat sich verändert.
Spargelder fliessen in andere Kanäle, wie Fonds, Aktien.
Deshalb sei auch die AKB gezwungen, die Refinanzierung
an den Kapitalmärkten zu tätigen. Mit der Staatsgarantie sei
dies besser möglich, d.h. zu besseren und marktgerechten
Konditionen.
Als
Tochter
der
CS
habe
die
Hauptkonkurrentin NAB den Vorteil zu den günstigen
Konditionen der Grossbank CS zu refinanzieren.
Im Weiteren kann festgestellt werden, dass eine neue
Rechtsform beschlossen werden kann, ohne dass der § 57
der Kantonsfassung geändert werden muss. Nach einer sehr
eingehenden allgemeinen Aussprache und einer intensiven
Eintretensdebatte
aller
Beteiligten
beschloss
die
Kommission mit 11 gegen 2 Stimmen der SP-Vertretung auf
diese Geschäft einzutreten.
Die technologischen Entwicklungen sind enorm und eine
Bank, wie die AKB kann sich solche Investitionen alleine
gar nicht leisten. Nur mit diesen neuen Entwicklungen in der
Bankeninformatik sind aber kostengünstige Dienstleistungen
mit weniger Fixkosten möglich, welche heute am Markt
verlangt werden. Hier hat sich die AKB als Miteigentümerin
des grössten Bankeninformatikcenters der RTC Rail Time
Center AG Bern die nötigen Voraussetzungen geschaffen.
3. Zwischen Staat und Markt: Die Diskussion, ob es
Aufgabe des Kantons sei, eine eigene Bank zu führen, zeigte
die verschiedensten Ansichten. Diese Frage stellt sich aber
hier im Moment nicht. Die Bank ist da und die
Kantonsverfassung § 57 spricht klare Worte und die
Staatsaufgabe ist damit legitimiert. Eine Änderung der
2331
9. September 2003
Art. 1513
Kantonsverfassung steht ja auch nicht zur Diskussion Damit
ist auch klar, dass die Verflechtung zwischen Staat und
Politik und Markt gegeben ist.
Kanton. Eine gute, gesunde AKB erwirtschaftet einen
optimalen Ertrag und das komme dem Kanton seit Jahren
zugute.
4. Neue Herausforderungen: Inwieweit eine Ausdehnung der
Tätigkeiten über die Kantonsgrenze hinaus richtig ist, kann
nicht grundsätzlich beantwortet werden. Zusätzliche Risiken
sind aber sicher vorhanden, auch wenn die gleiche Sorgfalt
eingehalten wird. Allerdings ist die AKB schon jetzt
ausserhalb tätig. In diesem Zusammenhang ist auch die
Frage der Staatsgarantie gestellt und im gleichen Umfeld
sind die zusätzlichen Risiken zu stellen. Eingrenzungen
müssten allenfalls im Rahmen der Statuten gemacht werden,
nicht aber im Gesetz.
Die AKB-Verantwortlichen sind auch klar der Meinung,
dass heute faktisch jede Bank auf ihre Art eine
Staatsgarantie habe. Als Tochter der CS könne sich die NAB
auf die Mutter verlassen, dass, wenn etwas schief gehe,
diese kaum die NAB fallen lassen könne. Zudem profitiere
diese von den günstigen Konditionen bei der
Fremdfinanzierung ebenfalls von der Mutter. Sollte je
einmal eine der Grossbanken in extreme Schwierigkeiten
kommen, so werde mit Bestimmtheit der Bund einspringen,
weil er kein volkswirtschaftliches Fiasko eingehen könne,
was der ganzen Schweiz sehr schaden könnte. Auch
Beispiele aus dem Ausland wurden von seiten der
Bankvertreter im Zusammenhang mit der Staatsgarantie
aufgezeigt. Inwieweit das EU-Recht da Probleme bieten
könnte, wurde im Moment verneint. Die Bankvertreter
mussten sich von einzelnen Kommissionsmitgliedern den
Vorwurf machen lassen, sie hätten zuerst nur die Grösse als
Grund zur Umwandlung erwähnt, um am Markt optimale
Konditionen zu erhalten. Jetzt sehe diese aber mit dem
klaren Votum zur Staatsgarantie etwas anders aus. Das
Wachstum sei das eine Kriterium und dieses könne ja nicht
sofort umgesetzt werden. Die Staatsgarantie sei das andere,
ebenso wichtige Kriterium, um am Markt optimale
Konditionen für die Fremdfinanzierung erhalten zu können.
Dies die Stellungnahme der Bankenvertreter.
5. Chancen nicht verpassen: Zu diesem hatten die
Kommissionsmitglieder keine speziellen Fragen oder
Bemerkungen.
6. Rechtliche Rahmenbedingungen: Die Frage, ob es richtig
sei, dass im Gesetz der Zweck enthalten sein müsse oder ob
dies nur in den Statuten zu erfolgen habe, konnte beim
Handelsregister soweit abgeklärt werden, dass eine
Umwandlung gesetzlich nicht definitiv geregelt ist und dass
der Zweckartikel im Gesetz absolut identisch mit
demjenigen der Statuten sein muss. Im übrigen sind
sämtliche Paragraphen des Gesetzes durch die zuständigen
Stellen geprüft worden. Abweichende Formulierungen aus
der Beratung sind entsprechend angepasst worden
Eine weitere Diskussion entstand über das Vorgehen:
Revision des bestehenden Gesetzes in welchem festgehalten
wird, dass die Kantonalbank als Aktiengesellschaft geführt
wird oder eben ein Umwandlungsgesetz, welches uns hier
vorliegt. Nach längerer Diskussion fand die Kommission,
dass das gewählte Vorgehen das bessere sei.
7. Zweckbestimmung: Keine spezielle Diskussion. Dazu
komme ich dann bei der Gesetzesberatung zurück.
8. Staatsgarantie: 8.1 Notwendigkeit. Dieser Punkt war in
der Kommission einer der wichtigsten und in der Diskussion
kam immer wieder die gleiche Frage, inwieweit der Aargau
eine Bank haben will oder nicht und ob diese Bank als AG
die Staatsgarantie noch haben soll oder nicht. Wie bereits
ausführlich in der Botschaft erwähnt, ist die Staatsgarantie
für die AKB äusserst wichtig, auch nach einer Umwandlung
in eine AG.
In der Kommission wurde über alle möglichen
Einschränkungen der Staatsgarantie diskutiert. Ist es
überhaupt möglich, die Staatsgarantie einzuschränken, vor
allem nach einer Umwandlung und wenn der Kanton nur
noch eine Mehrheitsbeteiligung von 51% haben sollte? Es
könne doch nicht angehen, dass die Minderheitsaktionäre
von der Staatsgarantie des Kantons profitieren können. Eine
Einschränkung sei allenfalls möglich, aber führe doch nur zu
einer Verunsicherung der Kunden.
Die Bankenvertreter legten mit ihren Voten klar und
deutlich dar, dass die AKB eine volle, unbeschränkte
Staatsgarantie benötige. Sie brauche diese Garantie, um am
Markt
zu
möglichst
guten
Konditionen
die
Fremdfinanzierung zu sichern. Die Staatsgarantie helfe mit,
das bestehende gute Rating beizubehalten, was sich günstig
auf dem Kapitalmarkt auswirke. Davon profitiere auch der
2332
Hier darf festgehalten werden, dass ein dichtes Netz von
Vorschriften, Kontrollen und Aufsichtspflichten vorhanden
sind, die sich direkt auf die AKB auswirken. Die
Geschäftstätigkeit der Bank wird von verschiedenen
Kontrollorganen geprüft: Der Bankrat als Organ der
Oberleitung, Aufsicht und Kontrolle mit klarer Trennung
von den Aufgaben der Geschäftsleitung, das Inspektorat, die
bankengesetzliche, externe Revisionsstelle Ernst & Young,
die Aufsicht der EBK, die Kontrollkommission gemäss
kantonaler Gesetzgebung, die grossrätliche Kommission für
selbständige Staatsanstalten.
Das eingegangene Risiko des Kantons wird damit und mit
der Strategie der Bank, welche das Risiko klar begrenzt und
jederzeit messbar umschreibt, wesentlich eingeschränkt. Die
Kommission ist denn auch grundsätzlich nicht gegen eine
Weiterführung der Staatsgarantie auch nach der
Umwandlung.
8.2 Abgeltung der Staatsgarantie: Zu Beginn dieser
Diskussion und Behandlung wurde darüber abgestimmt ob
ein umfassendes Hearing (Sinn, Notwendigkeit, Auswirkung
bei Abschaffung, Wert, Möglichkeit der Einschränkung
usw.) zur Abgeltung der Staatsgarantie durchgeführt werden
soll. Wir einigten uns darauf, drei Experten zur Anhörung
einzuladen. Diese sollen sich zur Frage der Höhe der
Abgeltung und zur Staatsgarantie allgemein äussem. Zeit
gaben wir uns maximal einen halben Tag. Eingeladen
wurden Prof. Hans Geiger, Institut für Schweiz. Bankwesen,
Fritz Studer, Direktionspräsident Luzerner Kantonalbank,
Daniel Zuberbühler, Direktor EBK.
Von den Kommissionsmitgliedern wird festgehalten, dass
nicht nur die Staatsgarantie als solche, sondern verbunden
mit der Abgeltung, schlussendlich das "pièce de resistance"
Art. 1513
sei. Unbestritten ist, dass die Staatsgarantie einen Wert hat.
Dieser ist aber schwierig zu ermitteln, was von
verschiedenen namhaften Experten schon bestätigt wurde.
Es handelt sich schlussendlich auch nicht um eine
Versicherung.
Es
besteht
dazu
auch
kein
Versicherungsmarkt. Die vorgeschlagene Abgeltung von 1%
des gesetzlichen Eigenmittelbedarfs ist grundsätzlich nicht
bestritten und liegt im Vergleich zu den andern
Kantonalbanken eher an der oberen Grenze. 5 Mio. Franken
Basis Geschäftsjahr 2000.
Die Meinungen der Experten zeigten ein klares Bild. Fritz
Studer CEO Luzerner Kantonalbank sagte klar und deutlich,
dass eine Abschaffung dramatische Auswirkungen auf die
Bank haben werde. Schon wegen des Gläubigerschutzes
müsse die Staatsgarantie beibehalten werden. Eine
Beschränkung sei Sand in die Augen der Steuerzahler
gestreut. Auch bei einer eingeschränkten Garantie müsse der
Staat geradestehen. Eine Bezifferung des Wertes sei
schwierig. Mit dem Vorschlag liege man aber sicher im
Rahmen der heute angewendeten Abgeltung.
Daniel Zuberbühler, Direktor EBK: Die Expertenmeinungen
seien sehr unterschiedlich. Er sei ein Verfechter dieser
Garantie. Im Moment gewähre man den Kantonalen Banken
mit Staatsgarantie noch einen Rabatt von 12,5% auf den
Eigenmitteln. Dieser werde aber bei der nächsten Revision
abgeschafft. Das heisst, dass die AKB höhere Eigenmittel
schaffen muss. Die Substanz der Bank soll in erster Linie
bei der Bank selber und nicht im Kanton sein. Den Wert der
Abgeltung betrachtet er, so wie dieser vorgeschlagen wird,
als richtig, überzeugend und innovativ.
Prof. Hans Geiger, Institut für Schweiz. Bankwesen: Es sei
grundsätzlich gegen die Staatsgarantie. Er ist der Meinung,
der Markt löse diese Probleme. Er glaube die Staatsgarantie
wirke wettbewerbsverzerrend.
Die Kantonalbanken argumentieren immer mit den
Grossbanken.
Andere
Konkurrenten
seien
die
Regionalbanken. In der EU werden diese Garantien
abgeschafft. Längerfristig sei das auch ein Thema für die
Schweiz. Bei der Staatsgarantie sei es ursprünglich um den
Schutz des Sparers gegangen. Er glaube, es gehe jetzt nicht
mehr primär darum, sondern um die Refinanzierung. Die
Staatsgarantie spiele nur in einer Krise eine Rolle. Er
empfehle deshalb nicht, die Staatsgarantie zu streichen. Die
Abgeltung, so wie sie im Gesetzesentwurf vorgesehen sei,
erachte er als vernünftig. Eine Beschränkung der
Staatsgarantie auf 10 Jahre bewirke, dass man die
entsprechenden Kredite auch nur noch auf diese Dauer
bekomme. Bestehende Obligationen müssten von der
zeitliche Beschränkung der Staatsgarantie ausgenommen
werden. Soweit zu den Stellungnahmen der Experten.
Von Seiten der Kommission wurden keine Anträge auf eine
höhere Abgeltung der Staatsgarantie gemacht.
9. Finanzielle Auswirkungen: Nach der Rechtsformänderung
verfügt der Kanton über 100% des Aktienkapitals der
Aargauer Kantonalbank AG. Der Buchwert (Eigenkapital)
muss mit der vorgesehenen Mindestbeteiligung des Kantons
von 51% weiterhin dem Verwaltungsvermögen zugeordnet
werden. Das restliche, im Eigentum des Kantons befindliche
Aktienkapital (49%) stellt Finanzvermögen dar. Als AG
untersteht die Aargauer Kantonalbank AG der ordentlichen
Steuerpflicht. Der Anteil am Ertrag fliesst dem Kanton neu
9. September 2003
in Form von Dividenden zu. Hinzu kommt eine separate
Abgeltung für die Staatsgarantie. An Anteil Steuern,
Dividenden und Abgeltung Staatsgarantie ergibt in Zukunft
gemäss Botschaft einen gesamthaft etwas höheren Betrag zu
Gunsten des Kantons.
10. Eigentümerstrategie: 10.1 Allgemeines: Von Seiten der
Kommissionsmitgliedern wurden verschiedene Fragen im
Zusammenhang mit der zukünftigen Eigentümerstrategie
aufgeworfen. Grundsätzliche Zukunftsstrategie, zukünftige
Risikofestlegung, Dividendenpolitik, Corporate Governance,
Zusammensetzung des Verwaltungsrates (Professionalität),
Organisation des VR, Transparenz, Offenlegung,
Risikosteuerung.
Der Regierungsrat legte der Kommission ein separates
Vertrauliches Papier vor, welches über diese Fragen sehr
ausführlich Auskunft gibt. Im Sinne der Vertraulichkeit
dieser zukünftigen Strategie kann und will ich hier keine
detaillierte Berichterstattung abgeben. Grundsätzlich bleibt
die Strategiegrundlage der § 57 der KV, d.h. die
vorgegebene Förderung der wirtschaftlichen und sozialen
Entwicklung des Kantons Aargau. Deshalb ändert sich mit
einer Rechtsformänderung, der Beibehaltung der
Staatsgarantie und einem Aktienverkauf bis maximal 49%
grundsätzlich nichts an der bisherigen Ausrichtung. Die
Aargauische Kantonalbank berücksichtigt bei all ihren
Tätigkeiten die menschlichen und gesellschaftlichen Werte,
welche ihre Unternehmenskultur ausmachen. Dies kommt in
ihrem Handeln gegenüber der Aargauer Wirtschaft, ihren
Kunden und Kundinnen sowie ihren Mitarbeitenden zum
Ausdruck.
Zur
Eigenmittelausstattung
und
Dividendenpolitik ist zu erwähnen, dass die AKB auch in
Zukunft den Grundsatz der Selbstfinanzierung von Projekten
und Neuinvestitionen aufrechterhalten will, wie dies bei gut
geführten Unternehmen der Fall ist bzw. sein soll.
Im Hinblick auf die Aufhebung des Kantonalbank-Rabatts
von 12,5% der erforderlichen Eigenmittel auf frühestens
2005 ist mittelfristig eine Überdeckung von mindestens
150% anzustreben. Ohne dieses bankengesetzliche Privileg
der Kantonalbanken würde sich die Überdeckung per Ende
2001 von 136% auf 119% reduzieren. Damit erscheint auch
eine Kapitalrückführung von der Rechtsformänderung nicht
als sinnvoll. In der Dividendenpolitik wird Kontinuität
angestrebt und die Höhe der Dividende richtet sich
grundsätzlich nach dem Geschäftsergebnis. Schwankungen
bei der Dividendengestaltung sollten vermieden werden.
Der Kanton als Hauptaktionär darf aus Sicht des
Regierungsrates seine Bank im eigenen Interesse und trotz
grossem Finanzbedarf nicht einfach aushöhlen, sondern
muss diese soweit fördern, dass sie ihren Zweck erfüllen
kann. Was nicht ausbezahlt wird, verbleibt in Form höherer
Substanz im Aktienpaket.
Zur Corparate Governance äussert sich der Regierungsrat zu
einer klaren Professionalität in der Zusammensetzung des
Verwaltungsrates und auch im Anforderungsprofil für die
einzelnen Mitglieder und deren Präsidenten. Dies soll auch
in einem entsprechenden Reglement festgehalten werden,
kann aber nicht Bestandteil des Gesetzes sein.
10.2 Plazierung von Aktien: In der Botschaft werden dazu
klare Aussagen gemacht: Breite Streuung in der
Bevölkerung des Kantons, Eingehen von Kooperationen mit
2333
9. September 2003
Art. 1513
andern Banken und Finanzdienstleistern zur Verbesserung
Mehrwert, Erwirtschaften eines optimalen Erlöses aus den
Aktienverkäufen für den Kanton. Dieser Erlös soll vor allem
für die Finanzierung der Sonderlasten verwendet werden,
was in der Zwischenzeit durch das Parlament mit separatem
Beschluss bereits beschlossen wurde.
Noch zu Ihrer Information: Während der Beratung in der
Kommission erhielten wir einen Brief (3. Mai 2002) von
Herrn Max Bühlmann, Möriken (privater Briefkopf). Er ist
Verwaltungsrats-Präsident der Hypothekarbank Lenzburg.
In diesem Brief wurde vor allem auch die Staatsgarantie und
deren Abgeltung von ihm angesprochen. Wir haben
einstimmig beschlossen, keine Stellungnahme abzugeben
und haben den Eingang und die Kenntnisnahme dieses
Briefs an Herrn Bühlmann bestätigt. Die Vertreter der AKB
in der Kommission haben ihre Stellungnahme zu Handen
der Marktchancen der AKB, Generierung von zukünftigem
der Kommission abgegeben und damit war dieses Geschäft
für die Kommission erledigt.
Nach der Abstimmung zum Elektrizitätsmarktgesetz (EMG)
vom September 2002 hat die SVP-Delegation den Antrag
gestellt, die Kommissionsarbeit abzubrechen. Dies wurde
von der Kommission abgelehnt, weil das Büro des Grossen
Rates dieses Gechäft uns zur Bearbeitung überwiesen hat
und wir gar nicht zuständig sein können, einen solchen
Abbruch zu bestimmen. Damit war auch dieses
"Zwischengeplänkel" erledigt.
Vorsitzende: Ich schliesse die Sitzung an dieser Stelle und
wünsche Ihnen einen guten Appetit! Die Sitzung ist
geschlossen.
(Schluss der Sitzung: 12.35 Uhr.)
_______________________________________________
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