AStW 2012/01 Jahressteuergesetz 2013 – Geplante Änderungen sind ein bunter Mix aus vielen Rechtsgebieten ..... 2 Änderung des Einkommensteuergesetzes ........................................................................... 2 Änderung im Umsatzsteuergesetz ..................................................................................... 5 Weitere Gesetze im Kurzüberblick ..................................................................................... 6 EStG, UStG – Drei weitere Änderungen ..................................................................................... 9 § 4 EStG – Begrenzter Schuldzinsenabzug bei Erstausstattung mit Umlaufvermögen ..................... 11 §§ 4, 9 EStG – Ausbildungsstätte stellt eine regelmäßige Arbeitsstätte dar .................................. 13 § 5 EStG – Rechtliche Verpflichtung für Rückstellung muss nicht vor Bilanzstichtag liegen ............. 15 § 5 EStG – Keine Passivierung einer Schuld beim qualifizierten Rangrücktritt ............................... 17 § 6 EStG – Dem Ausweisverbot unterliegende Schulden sind beim Kauf zu passivieren .................. 18 § 7g EStG – Nachweise für den Investitionsabzugsbetrag bei Betriebseröffnung ........................... 20 § 8 EStG – Geldwerter Vorteil für mittägliche Zwischenheimfahrten mit dem Firmenwagen ............ 22 § 9 EStG – Beim Ledigen ist für doppelte Haushaltsführung keine Kostenbeteiligung nötig ............. 24 § 9 EStG – Angemessenheit der Pkw-Kosten bei Dienstfahrten ................................................... 26 § 9 EStG – Dreimonatsfrist beim Verpflegungsmehraufwand für einen Tunnelbaumonteur ............. 28 § 10 EStG – Abzug von Ausbildungskosten nur als Sonderausgaben ist verfassungsgemäß ............ 30 § 17 EStG – Kurzfristige Überschreitung der Beteiligungsgrenze ist unschädlich............................ 32 § 20 EStG – Steuerpflicht der Zinsen aus einer vor 2005 abgeschlossenen Lebensversicherung ...... 34 § 33 EStG – Kein Abzug von Adoptionskosten im Gegensatz zur künstlichen Befruchtung .............. 36 § 8c KStG – Kein Verlustabzugsverbot bei unterjährigem schädlichen Beteiligungserwerb .............. 37 § 10 KStG – Steuer auf Erstattungszinsen bei Kapitalgesellschaften ist zulässig ............................ 39 § 8 GewStG – Verfassungsmäßige Zweifel an den Hinzurechnungen ............................................ 41 § 3c UStG – Chauffeurservice ist eine Beförderungsleistung ....................................................... 43 § 14 UStG – Anwendungsschreiben des BMF zur elektronischen Rechnungs-stellung ..................... 45 § 15 UStG – Vorsteuerabzug in drei verschiedenen Fällen .......................................................... 47 Holdinggesellschaft........................................................................................................ 47 Erwerb und Einziehung zahlungsgestörter Forderungen...................................................... 48 Vorsteuer aus Strafverteidigungskosten ........................................................................... 48 Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ................................................................... 49 § 193 AO – Prüfungsanordnung als Ermessensentscheidung kann Willkür oder Schikane sein ........ 51 § 370 AO – Straffreiheit bei gering-fügigen Fehlern in der Selbstanzeige ..................................... 52 StraBEG – Keine Straffreiheit bei Falschangaben in der strafbefreienden Erklärung ...................... 53 Steuern kompakt .................................................................................................................. 55 §§ 10b, 19 EStG – Steuerliche Behandlung bei Schulprojekten ........................................... 55 § 19 EStG – Ausgleich für Altersteilzeit ist Arbeitslohn ....................................................... 55 § 22 EStG – Keine Besonderheiten bei freiwilligen Rentenbeiträgen ..................................... 55 § 22 EStG – Abfindungen aus Versorgungseinrichtungen sind sonstige Einkünfte .................. 56 § 32 EStG – Prüfkriterien beim Wohnen im Ausland ........................................................... 56 § 33 EStG – Kein Abzug von Krankheitskosten bei Erstattungsverzicht................................. 56 § 9 KStG – Spenden für satzungsmäßige Zwecke .............................................................. 57 § 15 UStG – Zeitige Zuordnung bei gemischt-genutztem Wirtschaftsgut .............................. 57 § 15 UStG – Vorsteuerabzug aus Investitionskosten .......................................................... 57 § 15a UStG – Vorsteuerberichtigung bei Berufung auf EU-Recht.......................................... 58 § 74 AO – Haftung des Eigentümers gilt auch für das Surrogat ........................................... 58 § 370 AO – Nacherklärte Rente kann Steuerhinterziehung sein ........................................... 58 AStW 2012/02 Jahressteuergesetz 2013 – Geplante Änderungen sind ein bunter Mix aus vielen Rechtsgebieten Der Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2013 beinhaltet wie seine Vorgängerversionen in einem Artikelgesetz Änderungen in vielen Steuerbereichen. Der anstehende Regelungsbedarf beinhaltet insbesondere Anpassungen des Steuerrechts an Recht und Rechtsprechung der Europäischen Union. Weitere Maßnahmen greifen Empfehlungen des Bundesrechnungshofes auf, dienen der Sicherung des Steueraufkommens oder der Verfahrensvereinfachung im Besteuerungsverfahren. Das Gesetz tritt im Wesentlichen am 1.1.2013 und nur in wenigen Bereichen zu abweichenden Zeitpunkten in Kraft. Nachfolgend haben wir für Sie die für die Praxis wichtigsten geplanten Änderungen zusammengefasst. Aufgrund des Umfangs und der Vielseitigkeit der Änderungen erfolgt dies lediglich in einer stichwortartigen Übersicht. Änderung des Einkommensteuergesetzes Als Folge des Wehrrechtsänderungsgesetzes 2011 wird § 3 Nr. 5 EStG neu gefasst. Damit soll künftig keine Steuerfreiheit für den freiwilligen Wehrdienst mehr gewährt werden. Steuerfrei bleiben nur noch die Geld- und Sachbezüge sowie die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung von Wehrpflichtigen und Zivildienstleistenden. Anstelle des Zivildienstes kann dann kein anderer Dienst im Ausland abgeleistet werden, um damit die Anforderungen zu erfüllen. Für die Berücksichtigung beim Kindergeld und für die Steuerfreibeträge wird der Dienst im Ausland aus dem Katalog der Freiwilligendienste gestrichen. Seit dem 1.7.2011 kann ein freiwilliger Wehrdienst geleistet werden. Die ersten sechs Monate gelten als Probezeit und werden einer Ausbildung gleichgestellt und der Ausbildungsphase eines Kindes zugeordnet. Derzeit werden arbeitsuchende Kinder und Kinder in Berufsausbildung über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt, wenn sie den gesetzlichen Grundwehr- oder Zivildienst leisten. Mit der Aus- AStW 2012/03 setzung entfällt die Notwendigkeit einer Verlängerung bei den Freibeträgen und dem Kindergeld. Ergänzend soll jedoch eine Verlängerung der Berücksichtigung von Kindern, die den Grundwehr- oder Zivildienst vor der Aussetzung am 1.7.2011 angetreten und vollendet haben, erfolgen. Hier soll der Berücksichtigungszeitraum über das 25. Lebensjahr hinaus um sechs Monate verlängert werden, wenn sich das Kind in der Berufsausbildung befindet. Entsprechendes soll für den Zivildienst und die Tätigkeit als Entwicklungshelfer gelten. Der Listenpreis im Rahmen der Ein-Prozent-Regelung für die private Kfz-Nutzung soll bei Elektrofahrzeugen um die enthaltene Sonderausstattung für den Akkumulator (Batterie) gemindert werden. Diese Regelung soll bei Selbstständigen ebenso wie bei Arbeitnehmern Anwendung finden. Dabei werden sowohl die private Nutzung als auch die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einbezogen. Bei der Fahrtenbuchmethode ist ein zusätzlich gezahltes Entgelt für den Akkumulator von den Gesamtkosten abzuziehen und die AfA entsprechend zu mindern. Dies soll zeitlich beschränkt ab 2013 bis Ende 2022 erfolgen und soll auch beim Erwerb von Elektro-Kfz gelten, die bereits im Betriebsvermögen vorhanden sind. Der Sonderausgabenabzug für die Kranken- und Pflegeversicherung soll künftig auch dann in Betracht kommen, wenn die Beiträge an Versicherungsunternehmen außerhalb des EU- und EWR-Raums geleistet werden. Bei Abspaltungen ab 2012 sollen die Anteile an der übernehmenden anteilig an die Stelle der Aktien der übertragenden Gesellschaft treten. Die Anschaffungskosten werden dann fortgeführt, um die Abgeltungsteuer für Sparer und Kreditinstitute praktikabel zu gestalten. Der Pflege-Pauschbetrag von 924 EUR soll auf die häusliche persönlich durchgeführte Pflege im gesamten EU-/EWR-Ausland ausgeweitet werden, wenn die Hilflosigkeit der im Ausland pflegebedürftigen Person nachgewiesen wird. Die Anerkennung einer im Ausland festgestellten Schwerbehinderung kann durch inländische deutsche Behörden erfolgen. AStW 2012/04 Ein im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigender Freibetrag soll infolge der Einführung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale ELStAM für zwei Jahre als Regelfall gelten. Der Arbeitnehmer braucht nicht mehr jährlich den Antrag auf Lohnsteuer- Ermäßigung zu stellen. Für die darauf folgenden zwei Jahre kann die weitere Berücksichtigung des Freibetrags mit einem vereinfachten Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung beantragt werden. Es bleibt für den Arbeitnehmer die Verpflichtung, bei Veränderungen zu seinen Ungunsten die Höhe des Freibetrags ändern zu lassen. Die zweijährige Geltungsdauer soll erstmals für den Lohnsteuerabzug 2014 möglich sein. Der Arbeitgeber kann aus einer geringfügigen Beschäftigung die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 2 % erheben und zusammen mit den Beiträgen zur Sozialversicherung an die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See entrichten. Obwohl für die zu erhebende einheitliche Pauschsteuer grundsätzlich die allgemeinen Verfahrensvorschriften der Abgabenordnung gelten, werden hiervon abweichend aus Gründen der Arbeitserleichterung für die Anmeldung, Abführung und Vollstreckung der einheitlichen Pauschsteuer die sozialrechtlichen Regelungen angewendet. Künftig sollen auch für die Erhebung von Säumniszuschlägen sowie im Mahnverfahren die sozialrechtlichen Verfahrensvorschriften gelten. Das geänderte Arbeitnehmerüberlassungsgesetz hat den Kreis der Verleiher zum 1.12.2011 ausgeweitet. Diese Erweiterung soll auch im EStG nachvollzogen werden. Erfasst werden natürliche und juristische Personen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, auch wenn sie keine Erwerbszwecke verfolgen oder keine Gewerbsmäßigkeit der Arbeitnehmerüberlassung vorliegt. Bei der Kapitalertragsteuer soll es zur Vermeidung von Veranlagungsfällen zu Erleichterungen bei Zinsen von Gewinnobligationen, Wandelanleihen sowie Genussrechten kommen. Davon ebenfalls betroffen sein sollen Aktien, die über eine ausländische Stelle in zeitlicher Nähe zum Ausschüttungstermin erworben werden, Gewinnausschüttungen AStW 2012/05 einer GmbH und nicht börsennotierter AG, nicht verbriefte Genussrechte sowie Kapitalerträge einer Personengesellschaft. Änderung im Umsatzsteuergesetz Bei Leistungen an juristische Personen, die sowohl unternehmerisch und darüber hinaus auch nicht unternehmerisch tätig sind, soll sich der Ort der Leistung nach dem Sitz der juristischen Person richten, sofern kein Bezug für den privaten Bedarf des Personals erfolgt. Der Ort für die langfristige Vermietung eines Sportbootes an Nichtunternehmer soll dort liegen, wo das Sportboot dem Leistungsempfänger zur Verfügung gestellt wird. Bei der langfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln an Nichtunternehmer wird der Leistungsort an den Wohnsitz oder den Sitz des Leistungsempfängers verlagert. Umsätze von Blinden sind befreit, solange sie nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten bislang der Ehegatte, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Auszubildenden. Künftig sollen auch eingetragene Lebenspartner nicht als Arbeitnehmer gelten. Die Umsatzsteuerbefreiung für Vorumsätze in der Luftfahrt an Luftfahrtunternehmer mit Ambulanzflügen soll künftig ausgeschlossen werden. Davon betroffen sind auch inländische Luftfahrtunternehmen, die neben internationalem Luftverkehr auch grenzüberschreitende Krankentransporte mit Luftfahrzeugen durchführen. Der Begriff des im Ausland ansässigen Unternehmers soll an die EuGH-Rechtsprechung angepasst werden. Danach ist ein Unternehmer auch dann im Ausland ansässig, wenn er dort den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, seine Geschäftsleitung oder eine feste Niederlassung und im Inland nur einen Wohnsitz hat. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist im Inland der Wohnsitz maßgebend. Das Recht für die Rechnungsstellung soll sich künftig nach den Vorschriften des Mitgliedstaates richten, in dem der Umsatz ausgeführt AStW 2012/06 wird. Die Rechnung muss in Fällen der Besteuerung von Reiseleistungen und der Differenzbesteuerung gesetzlich definierte Angaben enthalten. Der Anspruch auf Vorsteuerabzug aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für das Unternehmen wird auf Fälle eingeschränkt, in denen der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 UStG in Deutschland bewirkt wird. Die Neufassung des § 4 Nr. 21 UStG befreit Bildungsleistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, staatlich genehmigte oder nach Landesrecht erlaubte Ersatzschulen erbracht werden, von der Umsatzsteuer. Auch andere Einrichtungen mit vergleichbarer Zielsetzung wie etwa selbstständige Lehrer sowie Privatlehrer sind in die Steuerbefreiung eingeschlossen. Weitere Gesetze im Kurzüberblick Die EU-Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung wird mit dem EU-Amtshilfegesetz in nationales Recht umgesetzt. Sie tritt zum 1.1.2013 an die Stelle der Amtshilferichtlinie und soll das Funktionieren des Binnenmarktes gewährleisten, insbesondere um die Steuern bei grenzüberschreitenden Steuersachverhalten ordnungsgemäß festzusetzen und eine effiziente Zusammenarbeit auf internationaler Ebene zwischen den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten zu forcieren. Durch die Amtshilferichtlinie werden Prüfungsmöglichkeiten und Mindeststandards festgelegt und der OECD-Standard für Transparenz und effektiven Informationsaustausch für Besteuerungszwecke verbindlich implementiert. Die Änderungen des Körperschaft- und Gewerbesteuergesetzes betreffen redaktionelle Anpassungen an die Neufassung der Mutter-TochterRichtlinie, die Amtshilferichtlinie, den Vertrag von Lissabon, den Vertrag zur Gründung der EU und den Vertrag über die Arbeitsweise der EU. Änderungen des Außensteuergesetzes – insbesondere § 1 AStG – sollen dazu dienen, die Besteuerung grenzüberschreitender Vorgänge im AStW 2012/07 Hinblick auf die Gewinnabgrenzung und -verteilung klar und für Kapital- und Personengesellschaften sowie Betriebsstätten und Niederlassungen einheitlich zu regeln. Dazu wird das OECD-Musterabkommen 2010 inhaltlich in deutsches Recht umgesetzt. Zudem sollen Geschäftsbeziehungen von Mitunternehmerschaften denen von Kapitalgesellschaften hinsichtlich der Einkünfteabgrenzung gleichgestellt werden. Beteiligte sind nach § 90 AO zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet und müssen die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und der Finanzbehörde vorlegen. Künftig soll ein FA auch dann zuerst ein Auskunftsersuchen gegenüber dem Kreditinstitut stellen, wenn ihr die Konto- oder Depotbeziehung bereits bekannt ist und sie lediglich Kontoauszüge oder ähnliche Dokumente einsehen will. Die Berufung auf ein Verfahren, das bei dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig ist, soll keine Verfahrensruhe bewirken können. Im InvStG erfolgen redaktionelle Anpassungen an die Änderungen durch das EStG. Durch Änderungen im Gesetz über Steuerstatistiken sollen zur Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer die dreijährlichen Bundesstatistiken auf die jährliche Aufbereitung von Daten umgestellt werden. Bei der staatlich geförderten Riester-Rente sollen Anpassungen für die statistische Aufbereitung der Inanspruchnahme der Zulagen von der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen erfolgen. Anstelle der Anlage VL in Papierform tritt dann die elektronische Vermögensbildungsbescheinigung. Eine Arbeitnehmer-Sparzulage kann damit von der Finanzverwaltung nur gewährt werden, wenn der Arbeitnehmer der Finanzverwaltung die für die Festsetzung und Auszahlung erforderlichen Angaben mitteilt, indem er in die Übermittlung der erforderlichen Daten vom Institut einwilligt und seine Identifikationsnummer übergibt. Derzeit ist noch offen, wann die Vorbereitungen abgeschlossen sein AStW 2012/08 werden. Deshalb wird der Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung durch ein im BStBl zu veröffentlichendes Schreiben mitgeteilt. Fundstelle: BMF-Referentenentwurf Jahressteuergesetz (JStG) 2013, 5.3.12, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120913 AStW 2012/09 EStG, UStG – Drei weitere Änderungen Im Gesetz zur Änderung der Gemeindefinanzreform geht es zwar in erster Linie um die Anhebung der Höchstbeträge zur Berechnung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer, um die Ziele der Gemeindefinanzreform durch eine Verteilung auf Grundlage des örtlichen Aufkommens zu erreichen. Über den Finanzausschuss fließen jedoch auch drei ertrag- und umsatzsteuerrechtliche Änderungen in das Gemeindefinanzreformgesetz, die man eigentlich nicht in diesem Paket vermutet, mit ein. Verbilligte PC-Nutzung: Die Steuerfreiheit der Vorteile des Arbeitnehmers aus der kostenlosen oder verbilligten privaten Nutzung von Computern und Software nach § 3 Nr. 45 EStG soll aufgrund der technischen Fortentwicklung neu gefasst werden. Dies soll auch gelten, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Datenverarbeitungsgeräte wie Smartphones oder Tablets überlässt. Zudem werden geldwerte Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von Systemprogrammen wie z.B. Betriebssysteme, Virenscanner, Browser und Anwendungsprogramme, die der Arbeitgeber in seinem Betrieb einsetzt und dem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt überlässt, steuerfrei gestellt. Computerspiele sind in der Regel nicht steuerfrei. Bisher war die Überlassung von Software nach R 3.45 LStR nur dann steuerfrei, wenn sie auf einem betrieblichen PC installiert war, den der Arbeitnehmer privat nutzt. Die Änderung soll rückwirkend in allen offenen Fällen ab 2000 gelten. Umsatzsteuersatz auf Pferde: Der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % soll auf die Lieferungen von lebenden Pferden einschließlich reinrassiger Zuchttiere, ausgenommen Wildpferde, ab dem 1.7.2012 aufgehoben werden. Auf sämtliche Lieferungen, Einfuhren und innergemeinschaftliche Erwerbe von Pferden soll nunmehr der reguläre Steuersatz erhoben werden. Dies erfolgt durch die Streichung der Nr. 1a der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG und ist eine Folge der EuGH-Rechtsprechung zum Steuersatz für die Lieferung von Pferden. Laut EU-Kommission ist eine Ermäßigung nach der Mehrwert- AStW 2012/010 steuer-Richtlinie nur zulässig für Tiere, die zur Herstellung von Nahrungs- oder Futtermitteln oder zum Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung eingesetzt werden. Ausländische Schachteldividenden: In der Mehrzahl der DBA werden Dividenden, die ein ausländisches Unternehmen an eine wesentlich und meist 10 oder 25 % beteiligte Kapitalgesellschaft im Inland ausschüttet, über das Schachtelprivileg beim Zahlungsempfänger steuerfrei gestellt. Sind Dividenden freigestellt, soll dies bei Ausschüttungen ab 2012 ungeachtet des DBA zur Verhinderung von Steuerausfällen nur insoweit noch gewährt werden, als sie nach deutschem Steuerrecht nicht einer anderen Person zuzurechnen sind. Anderenfalls werden sie der anderen Person zugerechnet und bei dieser nach DBA-Maßgabe freigestellt. Notwendig wurde die Änderung durch den neuen § 50d Abs. 11 EStG, da die Freistellung der ausländischen Schachteldividenden durch entsprechende Gestaltungen in Hinblick auf die BFH-Rechtsprechung vielfach gezielt eingesetzt werden, damit ein bestimmter Personenkreis wie etwa der persönlich haftende Gesellschafter bei einer KGaA und der atypisch still Beteiligte einer GmbH oder AG die Dividenden ohne Teileinkünfteverfahren steuerfrei vereinnahmen können. Fundstellen: Neuntes Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes und von steuerlichen Vorschriften, BT-Drucks. 17/8235, 17/8867, BR-Drucks. 114/12 EuGH 12.5.11, Rs. C-453/09, BFH/NV 11, 1276 EU-Kommission ABl EU 2010 Nr. C 24, 32 BFH 19.5.10, I R 62/09; 29.5.96, I R 21/95, BStBl II 97, 64 AStW 2012/011 § 4 EStG – Begrenzter Schuldzinsenabzug bei Erstausstattung mit Umlaufvermögen Schuldzinsen oberhalb von 2.050 EUR sind nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbar, soweit Überentnahmen getätigt worden sind. Von dieser Abzugsbeschränkung sind jedoch Darlehensaufwendungen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ausgenommen. Der BFH weist darauf hin, dass nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG die Beschränkung des Schuldzinsenabzugs die Finanzierung von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens auch insoweit beinhaltet, als es sich um die erstmalige Ausstattung mit Umlaufvermögen aufgrund einer Betriebseröffnung handelt. Eine entgegenstehende Auslegung der Vorschrift kommt nicht in Betracht. § 4 Abs. 4a EStG stellt nicht auf einen durch Entnahmen entstandenen oder vergrößerten Liquiditätsmangel ab. Nur betriebliche Investitionen in Anlagevermögen sollen nicht erschwert werden. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Privilegierung des Anlagevermögens bestehen nach Meinung des BFH nicht. Für eine Gleichbehandlung von Umlauf- mit dem Anlagevermögen besteht kein Anlass, da Umlaufvermögen wie beispielsweise Waren zum baldigen Absatz bestimmt ist und bei späteren Käufen häufig von Lieferanten längere Zahlungsziele eingeräumt werden. Die Differenzierung zwischen den Vermögensarten beim Schuldzinsenabzug ist auch dann nicht willkürlich, wenn Umlaufvermögen anlässlich der Betriebseröffnung angeschafft wird. Auch diese Gegenstände sind zum sofortigen Verkauf bestimmt; hierdurch werden die investierten Gelder zeitnah wieder frei. Praxishinweis: Zuvor hatte der BFH bereits entschieden, dass die auf die Finanzierung von Umlaufvermögen begrenzt abziehbaren Schuldzinsen bei verfassungskonformer Auslegung der Übergangsregelung in § 52 Abs. 11 EStG bei den Überentnahmen des Jahres 1998 nicht zu berücksichtigen sind. AStW 2012/012 Fundstellen: BFH 27.10.11, III R 60/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 121005 BFH 23.3.11, X R 28/09, BStBl II 11, 753 AStW 2012/013 §§ 4, 9 EStG – Ausbildungsstätte stellt eine regelmäßige Arbeitsstätte dar Eine Ausbildungsstätte ist nach dem Urteil des FG Niedersachsen grundsätzlich eine regelmäßige Arbeits- bzw. Betriebsstätte, wenn eine Vollzeitausbildung die Arbeitskraft nahezu vollständig in Anspruch nimmt und Auszubildende oder Studierende daneben nur in geringem Umfang Einnahmen aus einer weiteren Tätigkeit erzielen. Aufwendungen eines Hochschulstudiums gehören zu den Betriebsausgaben, wenn diese einen hinreichend konkreten Bezug zu einer künftig angestrebten betrieblichen Tätigkeit aufweisen und keine Erstausbildung vermittelt. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn vor Aufnahme des Studiums bereits eine Ausbildung abgeschlossen wurde. Für Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte sind nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG die Werbungskostengrundsätze entsprechend anzuwenden. Wird für die Fahrten kein zum Betriebsvermögen gehörendes Kfz genutzt, können diese Kosten über die Entfernungspauschale abgezogen werden, weil Ausbildungsstätten und damit auch die Fachhochschule als regelmäßige Betriebsstätte zu beurteilen sind. Zwar wird die Fachhochschule laut BFH nicht zur Betriebsstätte, wenn ein Arbeitnehmer neben seiner Vollbeschäftigung mit regelmäßiger Arbeitsstätte eine zeitlich befristete Bildungsmaßnahme an einem anderen Ort absolviert. Im Unterschied hierzu ging der Studierende jetzt aber keiner anderen vollen Beschäftigung nach, sondern übte sie nur im geringfügigen Umfang aus. Bei mehreren Tätigkeitsstätten kann es laut BFH nur eine regelmäßige Arbeitsstätte geben. Zwar ist naheliegend, die geänderte Rechtsprechung auch auf die Bestimmung der Betriebsstätte zu übertragen. Aber auch in diesem Fall wäre die Fachhochschule als solche anzusehen, weil sich an der Ausbildungsstätte der qualitative Tätigkeitsmittelpunkt befindet und der Steuerpflichtige anderswo nur geringfügige Leistungen erbringt. Fundstellen: FG Niedersachsen 4.1.12, 4 K 211/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120271 AStW 2012/014 BFH 10.4.08, VI R 66/05, BStBl II 08, 825; 9.6.11, VI R 55/10 BFH/NV 11, 1764 AStW 2012/015 § 5 EStG – Rechtliche Verpflichtung für Rückstellung muss nicht vor Bilanzstichtag liegen Bei rechtlich vor dem Bilanzstichtag entstandenen Verpflichtungen ist für die Bildung einer Rückstellung die wirtschaftliche Verursachung vor dem Bilanzstichtag nicht erforderlich. Mit diesem Urteil wendet sich das FG Münster gegen den BFH und das BMF. Voraussetzung für die Rückstellung ist das Bestehen einer dem Betrag nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens dem Grunde nach, wobei die Höhe ungewiss sein kann, die wirtschaftliche Verursachung vor dem Bilanzstichtag sowie die Erwartung einer ernsthaften Inanspruchnahme. Die Rückstellung für eine Verpflichtung aufgrund öffentlich-rechtlicher Bestimmungen setzt voraus, dass sie hinreichend konkret ist und auf ein Handeln innerhalb eines bestimmten Zeitraums abzielt. Zudem müssen an die Pflichtverletzung Sanktionen geknüpft sein. Unterschiedliche Auffassungen bestehen darüber, ob die wirtschaftliche Verursachung zeitlich vor dem Bilanzstichtag gegeben sein muss, wenn die Verbindlichkeit rechtlich bereits besteht und nur in der Höhe ungewiss ist. Nach Auffassung des 1. Senats des BFH ist sie unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Verursachung zu berücksichtigen. Andere Senate fordern, dass die Verpflichtung zuvor im Wesentlichen verwirklicht oder eine wirtschaftliche Belastung eingetreten ist. Das FG hält das Gebot, voraussehbare und konkrete Risiken bilanziell auszuweisen, soweit sie entstanden sind und das Gebot der Vollständigkeit der Bilanz für maßgebend. Praxishinweis: Nach Verwaltungsansicht dürfen Rückstellungen erst dann gebildet werden, wenn sie rechtlich entstanden und wirtschaftlich verursacht sind. Danach ist die Rechtsprechung des 1. Senats nicht anzuwenden. AStW 2012/016 Fundstellen: FG Münster 14.12.11, 10 K 1471/09 K, G, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 121006 BFH 19.7.11, X R 26/10; 8.9.11, IV R 5/09 BMF 21.1.03, IV A 6 - S 2137 - 2/03, BStBl I 03, 125 AStW 2012/017 § 5 EStG – Keine Passivierung einer Schuld beim qualifizierten Rangrücktritt Soweit eine Verbindlichkeit nur aus künftigen Gewinnen oder einem Liquidationsüberschuss erfüllt werden muss, kann diese mangels gegenwärtiger wirtschaftlicher Belastung noch nicht ausgewiesen werden. Mit diesem Urteil verweist der BFH auf § 5 Abs. 2a EStG, wonach solche Verbindlichkeiten oder Rückstellungen mit der Verbindung zu künftigen Bedingungen erst dann anzusetzen sind, soweit diese später eintreten, also Einnahmen oder Gewinne anfallen. Sind entsprechende Verpflichtungen passiviert, sind diese aufgrund der Übergangsregel in § 52 Abs. 12a EStG zum Schluss des ersten ab 1999 beginnenden Wirtschaftsjahres aufzulösen. Im zugrunde liegenden Fall ging es um Darlehensverbindlichkeiten einer GmbH gegenüber ihrem Alleingesellschafter. Eine Verbindlichkeit ist zu bilanzieren, wenn der Unternehmer zu einer konkreten und vom Gläubiger erzwingbaren Leistung an einen Dritten verpflichtet ist. An dieser wirtschaftlichen Belastung fehlt es, wenn Darlehen nur aus den die bestehenden Verlustvorträge übersteigenden künftigen Überschüssen rückzahlbar sind. Bei einer solchen Verbindlichkeit mit Rangrücktritt tritt die Forderung des Gläubigers hinter die aller übrigen Gläubiger zurück und ist daher nicht auszuweisen. Teile der Literatur vertreten demgegenüber die Auffassung, dass eine Forderung bei einem Rangrücktritt rechtlich schon entstanden ist. Dem widerspricht der BFH. Nach Auffassung des BFH ist ein Ausweis nicht gerechtfertigt, weil der Schuldner ohne entsprechend hohe Gewinne in seinem gegenwärtigen Bilanzvermögen noch nicht belastet ist, ähnlich der Verbindlichkeit gegen Besserungsschein. Fundstelle: BFH 30.11.11, I R 100/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120689 AStW 2012/018 § 6 EStG – Dem Ausweisverbot unterliegende Schulden sind beim Kauf zu passivieren Sind betriebliche Verbindlichkeiten wie Jubiläumszuwendungen und Beiträge an den Pensionssicherungsverein beim Verkäufer aufgrund steuerlicher Rückstellungsverbote nicht bilanziert worden, unterliegen sie beim Erwerber keinem Passivierungsverbot, soweit er die Verbindlichkeit bei einem Betriebserwerb übernommen hat. Sie sind als ungewisse Verbindlichkeit auszuweisen und nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit ihren Anschaffungskosten oder ihrem höheren Teilwert zu bewerten. Damit führt der BFH seine Auffassung fort, die er bereits zu Drohverlustrückstellungen geäußert hatte (s. AStW 10, 226) und wendet sich gegen die Verwaltungsauffassung. Auch die Übernahme steuerlich zu Recht nicht bilanzierter Verbindlichkeiten ist Teil der Zahlung vom Erwerber und erhöht daher dessen Anschaffungskosten, auch wenn diese dem Ansatz- und Ausweisverbot unterliegen. Die Verbote sollen lediglich Verpflichtungen entgegen den HGBVorgaben auf künftige Jahre verlagern. Sind sie aber entgeltlich erworben, greifen die Verbote nicht, weil dann die Verpflichtung realisiert ist. Sie ist vom Erwerber sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz zu passivieren, abgestellt auf die jeweilige im Zuge des Betriebserwerbs übernommene Schuldposition. Der Vorgabe des BMF, es greife dennoch das steuerliche Ausweisverbot, ist nicht beizupflichten, betont der BFH. Es ist falsch, den eigentlichen Anschaffungsvorgang und den rückstellungsgesperrten Bilanzansatz voneinander zu trennen. Anderenfalls würden auch mit erworbene Schulden einem Ausweisverbot unterworfen und damit ein Erwerbsgewinn ausgewiesen werden, der dem Anschaffungskostenbegriff und -verständnis fremd ist. Tatsächlich wendet der Erwerber infolge der Schuldübernahme entsprechend weniger auf, wodurch sich seine Anschaffungskosten mindern. AStW 2012/019 Fundstellen: BFH 14.12.11, I R 72/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120688 BFH 16.12.09, I R 102/08, BStBl II 11, 566 BMF 24.6.11, IV C 6 - S 2137/0-03, BStBl I 11, 627 AStW 2012/020 § 7g EStG – Nachweise für den Investitionsabzugsbetrag bei Betriebseröffnung Die Ansparrücklage darf bei Neugründung und wesentlicher Erweiterung nur bei verbindlicher Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen am maßgebenden Stichtag gebildet werden. Diese strenge Anforderung von BFH und Verwaltung an die Darlegung der Erwerbsabsicht lässt das FG Münster beim Investitionsabzugsbetrag für die geplante Anschaffung einer Solaranlage nicht gelten. Nach Auffassung des FG Münster besteht hier eine Ausnahme, weil es durch die rückwirkende Verzinsung im Bildungsjahr nicht mehr zu ungerechtfertigten Stundungsvorteilen kommen kann und deutlich weniger Missbrauchsgefahr als bei der Ansparabschreibung besteht. Entsprechend hatten zuvor schon mehrere andere FG entschieden. Die Verwaltung hat allerdings gegen die Urteile – insbesondere hinsichtlich einer Fotovoltaikanlage – jeweils Revision eingelegt. Das FG Münster betont, dass für den Nachweis der Investitionsabsicht anstatt der Bestellung andere Nachweise notwendig sind, um eine bereits im Abzugsjahr bestehende Investitionsabsicht nachzuweisen – insbesondere in den Fällen einer noch nicht abgeschlossenen Betriebseröffnung der wesentlichen Betriebsgrundlagen. Hierdurch muss feststellbar sein, dass der Steuerpflichtige ernsthaft und endgültig zur Anschaffung entschlossen war und nicht lediglich ein vager Investitionsplan vorliegt. Das gilt etwa, wenn zwar ein Investitionsentschluss vorliegt, dieser aber vom Eintritt bestimmter Bedingungen abhängig ist und der Bedingungseintritt eher unwahrscheinlich ist. Aus einem Angebot über die Errichtung einer Fotovoltaikanlage folgt nicht automatisch, dass der Steuerpflichtige eine hinreichend konkrete Investitionsabsicht besessen hat, sondern besagt lediglich, dass er sich mit der Anschaffung beschäftigt hat, möglicherweise noch in der Phase der Entscheidungsfindung war und hierzu den Markt beobachtete. In solchen und vergleichbaren Fällen ist der Investitionsabzugsbetrag noch nicht zu gewähren, weil nach den Umständen des Einzelfalls keine Investitionsabsicht vorliegt. Das traf auch auf den Urteilsfall zu, indem lediglich ein konkretes Angebot eines Herstellers vorlag. AStW 2012/021 Praxishinweis: Demnächst wird also der BFH zum Nachweis der Investitionsabsicht in mehreren Urteilen Stellung nehmen und dabei insbesondere die Frage für Selbstständige und private Hausbesitzer mit einem Solardach klären, ob für den Nachweis der Investitionsabsicht im Fall einer noch nicht abgeschlossenen Betriebseröffnung eine verbindliche Bestellung erforderlich ist oder ob insbesondere wegen der geringeren Missbrauchsgefahr im Vergleich zur Vorgängerregelung bei der Ansparabschreibung alternativ auch andere Nachweise ausreichend sind und welche Nachweise im Einzelnen das sein können. Fundstellen: FG Münster 8.2.12, 11 K 3035/10 E, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 121007 FG Münster 12.5.11, 10 K 4791/08 G,F, Revision unter IV 22/11; 21.1.10, 11 K 435/08 E, Revision unter III R 15/10 FG Niedersachsen 3.5.11, 13 K 12121/10, Revision unter III R 37/11; 20.7.10, 16 K 116/10, EFG 10, 2075, Revision unter X R 25/10 FG München 26.10.10, 2 K 655/10, EFG 11, 521, Revision unter X R 20/11 FG Nürnberg 28.7.11, 7 K 655/10, Revision unter X R 42/11 FG Berlin-Brandenburg 16.9.10, 12 K 12197/09, Revision unter VIII R 48/10 BMF 8.5.09, IV C 6 - S 2139 b/07/10002, BStBl I 09, 633, Tz. 28 ff. BFH 29.6.11, X B 59/10, BFH/NV 11, 1862 AStW 2012/022 § 8 EStG – Geldwerter Vorteil für mittägliche Zwischenheimfahrten mit dem Firmenwagen Die Entfernungspauschale kann grundsätzlich pro Arbeitstag nur einmal angesetzt werden. Vor diesem Hintergrund ist für mittägliche private Zwischenheimfahrten kein Abzug von Werbungskosten oder Betriebsausgaben möglich. Das gilt nach dem Urteil des FG Baden-Württemberg auch dann nicht, wenn ein Bürgermeister durch die mittäglichen Pendelstrecken vom Rathaus nach Hause Präsenz innerhalb der Gemeinde zeigen würde und dabei Pausen für das eine oder andere Gespräch mit Bürgern einlegen würde. Für private Zwischenheimfahrten ist kein Werbungskostenabzug möglich und bei Betriebs-Kfz auf der Einnahmenseite ein zusätzlicher Nutzungsvorteil zu erfassen, ohne Verwendung eines Fahrtenbuchs über die Listenpreis-Regelung. Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören auch andere Bezüge und Vorteile der Beschäftigten im privaten oder öffentlichen Dienst, also auch die private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs. Dabei gehören nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ebenso wie das Mittagessen selbst auch die Fahrten zur Wohnung anlässlich der Essenseinnahme zum Bereich der privaten Lebensführung. Der für privat veranlasste Zwischenheimfahrten anfallende Aufwand ist bei Verwendung eines eigenen Privatwagens nicht als Werbungskosten abziehbar. Insofern liegen beim Betriebs-Pkw keine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vor, deren geldwerter Vorteil durch den 0,03 %-Zuschlag gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG abgegolten wird. Dieser ist daher nach der Ein-Prozent-Regel zusätzlich zu erfassen. Die Zuschlagsregelung beim Listenpreis hat insbesondere nicht die Funktion, jede zusätzliche private Nutzung des Dienstwagens zu bewerten. Das Hessische FG bekräftigt in einem aktuellen Urteil im Wesentlichen die Ausführungen des FG Baden-Württemberg, wonach auch Arbeitnehmer, die aus beruflichen Gründen zweimal am Tag vom Wohnort zu ihrer Arbeitsstelle fahren müssen, die Entfernungspauschale nur einmal ansetzen AStW 2012/023 und ein weiterer Werbungskostenabzug für die zweite Fahrt nicht möglich ist. Dabei ging es um einen Musiker, der oft zweimal täglich von zu Hause zum Theater fuhr, da seine Proben und Aufführungen nach dem Arbeitsvertrag ungünstig verteilt waren und zwischendurch lange Pausen von mindestens vier Stunden lagen. Zwar liegt nach Meinung des FG eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern vor, die bei geringen Fahraufwendungen ebenfalls die volle Entfernungspauschale pro Tag erhalten, was das objektive Nettoprinzip durchbricht, wenn der Künstler die zweimal am Tag anfallenden Kosten nicht doppelt ansetzen kann. Allerdings ist das nicht verfassungswidrig, weil es sich bei den langen Pausen um einen atypischen Fall handelt. Generell bewegt sich der Gesetzgeber im Interesse eines vereinfachten Steuerverfahrens mit der gesetzlichen Regelung in § 9 EStG zur Entfernungspauschale mit einem Ansatz pro Tag noch innerhalb des ihm zustehenden Typisierungsspielraums. Praxishinweis: Über das Steuervereinfachungsgesetz 2011 kommt es ab 2012 jahresbezogen zum Ansatz von Entfernungspauschale oder der Summe der Kosten laut Fahrkarten, wenn Berufstätige für die Pendelfahrten abwechselnd öffentliche Verkehrsmittel und den Pkw nutzen. Nur noch bis einschließlich 2011 ist es möglich, einzelne Aufwendungen für Fahrscheine gesondert statt der Pauschale abzusetzen, soweit sie bezogen auf den einzelnen Arbeitstag höher ist. Fundstellen: FG Baden-Württemberg 27.10.11, 1 K 3014/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 121008 FG Hessen 6.2.12, 4 K 3301/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 121009 BVerfG 9.12.08, 2 BvL 1/07, BFH/NV 09, 338 BFH 4.4.08, VI R 68/05, BStBl II 08, 890; 18.12.92, VI R 36/92, BStBl II 93, 505 AStW 2012/024 § 9 EStG – Beim Ledigen ist für doppelte Haushaltsführung keine Kostenbeteiligung nötig Voraussetzung für eine doppelte Haushaltsführung ist ein eigener Hausstand neben einer Wohnung am Beschäftigungsort. Dafür ist eine finanzielle Beteiligung an den Kosten des Haushalts nicht zwingend erforderlich, weil für den Abzug der Mehraufwendungen allein auf die berufliche Veranlassung abzustellen ist. Nach der geänderten BFH-Rechtsprechung in Wegzugsfällen ist es unerheblich, wenn aus privaten Gründen ein weiterer neben dem beruflich notwendigen Haushalt am Arbeitsplatz genutzt wird. Das FG Münster hat aktuell zugunsten einer Steuerpflichtigen entschieden. Die Frau nutzte innerhalb der Woche eine Wohnung am Beschäftigungsort. An den Wochenenden hielt sie sich in der Wohnung ihres Partners am 90 km entfernten Ort auf. Später heiratete das Paar. Zu diesem Termin meldete sie dort erstmals ihren Wohnsitz an. Das FA hatte die Aufwendungen für die Zeit vor der Hochzeit nicht anerkannt, da sie sich finanziell nicht an den Kosten für die Wohnung des Mannes beteiligt hatte. Dieser Anforderung widersprach das Gericht. Hausstand ist eine Wohnung am Lebensmittelpunkt, wenn der Arbeitnehmer die Haushaltsführung mitbestimmt und nicht nur in einen fremden Haushalt eingegliedert ist. Eine Entgeltlichkeit ist zwar ein Indiz dafür, aber keine zwingende Voraussetzung, was auch in Bezug auf eine Kostenbeteiligung gilt. Liegt die nicht vor, ist damit die eigene Haushaltsführung nicht ausgeschlossen. Umgekehrt spricht ein finanzieller Beitrag allein nicht zwingend für den eigenen Haushalt. Für einen eigenen Hausstand sprechen die Zweitwohnung am Beschäftigungsort, der ausschließliche Aufenthalt an den Wochenenden beim künftigen Mann und die fast wöchentlichen Familienheimfahrten dorthin. Die anschließende Eheschließung unterstreicht dies. AStW 2012/025 Fundstellen: FG Münster 20.12.11, 1 K 4150/08 E, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120204 BFH 21.4.10, VI R 26/09, BFH/NV 10, 1894; 5.3.09, VI R 23/07, BStBl II 09, 1016 AStW 2012/026 § 9 EStG – Angemessenheit der Pkw-Kosten bei Dienstfahrten Nutzt der Arbeitnehmer seinen privaten Pkw beruflich, sind die im Rahmen seiner Dienstfahrten entstandenen Aufwendungen Werbungskosten, wobei die Höhe, ihre Notwendigkeit, Üblichkeit und Zweckmäßigkeit für die steuerliche Anerkennung als Werbungskosten bei Dienstreisen grundsätzlich ohne Bedeutung sind. Allerdings dürfen gem. § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG Aufwendungen, die die Lebensführung berühren, den Gewinn nicht mindern, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind. Dabei schließt eine fast ausschließlich berufliche Nutzung des Pkw nach einem rechtskräftigen Urteil des FG BadenWürttemberg nicht aus, dass für die Anschaffung und Nutzung nicht allein berufliche Gründe maßgeblich sind, sondern die Entscheidung auch von einer persönlichen Vorliebe für luxuriöse Fahrzeuge der Oberklasse beeinflusst worden ist. In einem solchen Fall sind grundsätzlich zu berücksichtigende Werbungskosten für Dienstfahrten dann unangemessen, wenn sich aus Arbeitsvertrag, Tantiemevereinbarung oder anderen schriftlichen Äußerungen des Arbeitgebers ergibt, dass für Repräsentationszwecke die Nutzung eines Dienstwagens der Mittelklasse angemessen ist und die vom Außendienstmitarbeiter gemachten Aufwendungen in krassem Missverhältnis zu seinen Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit stehen. Praxishinweis: Die Zweckmäßigkeit eines Pkw bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung breiter Bevölkerungskreise und nicht nach der konkreten Berufsbranche. Zudem bemisst sich die Angemessenheit der Werbungskosten nicht am Umsatz und Gewinn des Arbeitgebers, sondern am Bruttoarbeitslohn des Arbeitnehmers. Die Aufwendungen für die Fahrzeuge werden nämlich nicht vom Betrieb, sondern vom Angestellten getragen, der somit selbst entscheidet, welche KfzKosten für seine beruflichen Fahrten erforderlich sind. AStW 2012/027 Fundstelle: FG Baden-Württemberg 9.11.11, 2 K 1253/11, rkr., unter www.iww.de, Abruf-Nr. 121040 AStW 2012/028 § 9 EStG – Dreimonatsfrist beim Verpflegungsmehraufwand für einen Tunnelbaumonteur Auch wenn ein Tunnelbauer bei einem ausgedehnten Bauprojekt länger als drei Monate auswärts tätig wird, hat er danach keinen Anspruch auf Abzug von Verpflegungsmehraufwand. Die Bewegung der Tätigkeitsstätte im Tunnelbau ist nach dem Urteil vom FG Köln keine Wanderbaustelle. Beim Tunnelbauer liegt zwar grundsätzlich eine Auswärtstätigkeit vor, weil er vorübergehend von der Wohnung entfernt beruflich tätig ist, an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten eingesetzt wird und nicht über einen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt seiner beruflichen Tätigkeit verfügt. Dennoch beschränken sich die Verpflegungspauschalen auf die ersten drei Monate. Bei Tunnelausgängen handelt es sich als überschaubarer Raum nur dann um eine Tätigkeitsstätte, wenn diese lediglich wenige Kilometer voneinander entfernt liegen und sich beide Enden mit einem Kfz in wenigen Minuten erreichen lassen. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht deswegen, weil eine Wanderbaustelle vorliegen könnte. Zwar gilt die Dreimonatsfrist nicht bei auswärtigen Tätigkeitsstätten, die sich laufend örtlich verändern wie etwa beim Autobahnbau oder der Hochspannungsleitungsmontage. Ein täglicher Vortrieb des Tunnels von wenigen Metern rechtfertigt nicht die Beurteilung, dass sich die örtlichen Verpflegungsmöglichkeiten innerhalb kürzerer Zeit verändern und deswegen die Dreimonatsfrist nicht gilt. Praxishinweis: Die Dreimonatsfrist findet nach der aktuellen BFHRechtsprechung bei einer Fahrtätigkeit keine Anwendung, weil sie nur bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit am selben Arbeitsort beschränkt ist. Als eine solche kann jedoch ein Fahrzeug oder ein Schiff nicht angesehen werden, weil § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 3 EStG zwischen Tätigkeitsstätte und Fahrzeug unterscheidet. Fundstellen: AStW 2012/029 FG Köln 21.10.11, 4 K 2532/08, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 114133 BFH 24.2.11, VI R 66/10; 9.7.09, VI R 21/08, BStBl II 09, 822 AStW 2012/030 § 10 EStG – Abzug von Ausbildungskosten nur als Sonderausgaben ist verfassungsgemäß Über das EU-Beitreibungsrichtlinien-Gesetz wurde gegen die BFH- Rechtsprechung rückwirkend ab 2004 gesetzlich klargestellt, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium nach Abschluss der allgemeinen Schulausbildung vom Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ausgeschlossen sind. Sie bleiben damit Sonderausgaben, die ab 2012 mit dem von 4.000 auf 6.000 EUR angehobenen jährlichen Höchstbetrag in Abzug gebracht werden können. Das FG Düsseldorf ist nicht von der Verfassungswidrigkeit überzeugt, setzt das Verfahren nicht aus und holt auch keine Entscheidung des BVerfG ein. Nach Meinung des FG ist diese echte Rückwirkung verfassungsrechtlich zulässig. Eine sogenannte echte Rückwirkung ist zwar regelmäßig unzulässig und der Vertrauensschutz des Bürgers in die Abgeschlossenheit ehemaliger Rechtsfolgen hat Vorrang. Dies kann jedoch dann durchbrochen werden, wenn kein schutzbedürftiges Vertrauen vorliegt. Bei Ausbildungskosten konnte kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts gebildet werden, weil die Lage lückenhaft war und jetzt durch eine eindeutige Regelung mit Wirkung für die Vergangenheit so ersetzt wird, wie sie bis zu einer Änderung der BFH-Rechtsprechung allgemeiner Rechtsanwendungspraxis entsprach. Daher konnte ein Auszubildender kein schützenswertes Vertrauen in die Abzugsfähigkeit seiner Ausbildungsaufwendungen als Werbungskosten bilden und keine Dispositionen im Vertrauen auf geltendes Recht treffen. Ein Steuerpflichtiger konnte nämlich nicht davon ausgehen, dass die von ihm getragenen Aufwendungen für seine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten anerkannt würden. Praxishinweis: Das FG Münster sieht mit ähnlicher Begründung ebenfalls keinen Verfassungsverstoß in der Rückwirkung zum 1.1.2004. Hiergegen ist die Revision anhängig, sodass Einsprüche ruhen können. AStW 2012/031 Fundstellen: FG Düsseldorf 14.12.11, 14 K 4407/10 F, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 121010 FG Münster 20.12.11, 5 K 3975/09 F, Revision unter VI R 8/12 AStW 2012/032 § 17 EStG – Kurzfristige Überschreitung der Beteiligungsgrenze ist unschädlich Eine wesentliche Beteiligung im Sinne von § 17 EStG ist nicht anzunehmen, wenn im Zuge mehraktiger Anteilsübertragungen zwar vorübergehend in der Person eines Gesellschafters die Schwelle überschritten wird, er nach dem Gesamtvertragskonzept aber endgültig nur mit weniger als 25 % beteiligt werden soll und auch wird. Das gilt nach einem neueren Urteil des BFH immer dann, wenn mit dieser Übertragung nach dem Willen aller Vertragsbeteiligten keinerlei wirtschaftliche Verfügungsbefugnis verbunden ist und es sich um einen bloßen technischen Durchgangserwerb handelt. Risiko und Chance von Wertveränderungen müssen endgültig übergegangen sein, damit der Gesellschafter alle damit verbundenen wesentlichen Vermögens- und Verwaltungsrechte und insbesondere Gewinnbezugs- und Stimmrechte ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann. Daher ist bei der Bestimmung des wirtschaftlichen Eigentums nicht das formal Vereinbarte, sondern das wirtschaftlich Gewollte und tatsächlich Bewirkte ausschlaggebend. Beim technischen Durchgangserwerb wird keine tatsächliche Befugnis über die Beteiligungsgrenze hinaus verschafft. Zudem hatte der Erwerber zu keinem realen Zeitpunkt die tatsächliche Möglichkeit, aus einer wesentlichen Beteiligung resultierende Rechte auszuüben. Zur Bestimmung des Prozentwertes ist § 17 EStG vor dem Hintergrund des wirtschaftlich Gewollten nur so auszulegen, inwieweit der Gesellschafter Gewinnbezugsrechte übertragen bekommen sollte. Soweit die frühere Rechtsprechung des BFH aus dem Jahre 2006 in vergleichbaren Zusammenhängen formal-rechtlichen Aspekten ein noch stärkeres Gewicht beigemessen hat, hält der BFH daran nunmehr nicht mehr fest. Praxishinweis: Bezogen auf das wirtschaftliche Eigentum (§ 39 AO) liegt nach einem weiteren Urteil des BFH kein Erwerb nach § 17 EStG vor, wenn Gesellschaftsanteile im Rahmen einer vorweggenommenen AStW 2012/033 Erbfolge unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs übertragen werden. Das gilt immer dann, wenn die Einkünfte weiterhin dem Nießbraucher zuzurechnen sind, weil dieser nach dem Inhalt der getroffenen Abrede alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Vermögensund Verwaltungsrechte ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann. Auch zivilrechtlich ist der Nießbraucher einem Gesellschafter gleichzustellen, wenn der Nießbrauch die gesamte Beteiligung umfasst und ihm eine Position vermittelt, die entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft verschafft. Unter diesen Voraussetzungen ist dem Nießbraucher der Gesellschaftsanteil erst recht dann steuerlich nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zuzurechnen. Die Grundsätze gelten auch, wenn zu entscheiden ist, ob GmbH-Anteile unentgeltlich gemäß § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG erworben werden. Hat der neue Besitzer kein wirtschaftliches Eigentum an dem Gesellschaftsanteil erlangt, hat er ihn auch nicht erworben. Fundstellen: Grenze: BFH 5.10.11, IX R 57/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120920; BFH 22.7.08, IX R 61/05, BFH/NV 08, 2004; 14.3.06, VIII R 49/04, BStBl II 06, 746 Nießbrauch: BFH 24.1.12, IX R 51/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120919; BFH 26.1.11, IX R 7/09, BStBl II 11, 540; 20.7.10, IX R 38/09, BFH/NV 11, 41 BGH 5.4.11, II ZR 173/10, NJW 11, 6; 28.6.99, II ZR 272/98, BGHZ 142, 116 AStW 2012/034 § 20 EStG – Steuerpflicht der Zinsen aus einer vor 2005 abgeschlossenen Lebensversicherung Ein durch eine Lebensversicherung abgesichertes Darlehen dient nicht unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung der begünstigten Anschaffungs- oder Herstellungskosten, wenn es teilweise auch zur Finanzierung laufender Werbungskosten verwendet wird. In diesem Fall entfällt die Steuerbefreiung der Zinsen bei vor 2005 abgeschlossenen Policen, da die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2a EStG nicht erfüllt sind. Laut BFH dürfen zudem die zur Tilgung oder Sicherung verwendeten Ansprüche aus der Versicherung nicht die mit dem Darlehen finanzierten Kosten übersteigen. Im zugrunde liegenden Fall wurde ein Darlehen nicht direkt an den Hersteller einer Autowaschanlage, sondern auf ein Bankkonto überwiesen. Ein solches Zwischenparken durch Zahlung der Aufwendungen für das begünstigte Wirtschaftsgut erst im Nachhinein ist nach Verwaltungsansicht nur unschädlich, wenn dazwischen nicht mehr als 30 Tage liegen. Dabei hält es der BFH für unschädlich, wenn eine Kredit-Teilauszahlung über einen längeren Zeitraum auf dem Konto verbleibt. Die Zeitüberschreitung hat nämlich dann keine Auswirkung auf die Steuerfreiheit der Zinsen, wenn zwischen Gutschrift und Weiterleitung über die Kreditmittel keine schädliche Disposition getroffen wird. Dient das Darlehen aber aus anderen Gründen nicht unmittelbar und ausschließlich der Bezahlung einer Anschaffung oder Herstellung, sondern Werbungskosten wie im Urteilsfall beispielsweise der Zahlung von Erbpacht- und Darlehenszinsen, liegt eine schädliche Verwendung vor. Auch nach erneuter Überprüfung seiner Rechtsprechung hält der BFH daran fest, dass es auf die tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel ankommt. Dies diene der Rechtssicherheit und vermeide Abgrenzungsschwierigkeiten. Fundstellen: BFH 12.10.11, VIII R 7/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120743 AStW 2012/035 BFH 6.11.09, VIII R 7/08, BStBl II 10, 294 BMF 15.6.00, IV C 4 -S 2221- 86/00, BStBl I 00, 1118 AStW 2012/036 § 33 EStG – Kein Abzug von Adoptionskosten im Gegensatz zur künstlichen Befruchtung Nach dem Urteil des FG Baden-Württemberg sind Adoptionskosten keine außergewöhnlichen Belastungen. Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass der BFH jetzt Aufwendungen für die Befruchtung mit Fremdsamen als zwangsläufige Heilbehandlung ansieht und die Kosten für eine heterologe künstliche Befruchtung nunmehr als außergewöhnliche Belastungen für steuerlich abzugsfähig erklärt hat. Für eine Adoption gelten diese Grundsätze nicht. Die Befruchtung der gesunden Ehefrau mit Fremdsamen bezweckt keine Beseitigung oder Linderung von Schmerzen oder Beschwerden als Symptome der Unfruchtbarkeit des Ehemannes. Sie zielt aber – wie auch eine homologe künstliche Befruchtung wegen der Sterilität des Mannes – auf die Beseitigung der Kinderlosigkeit eines Paares ab. Diesem Umstand kommt zwar nicht selbst Krankheitswert zu, er ist aber unmittelbare Folge der Erkrankung des Mannes. Durch den Fremdsamen wird die durch Krankheit behinderte Körperfunktion, nämlich die Zeugung eines Kindes auf natürlichem Wege, durch eine medizinische Maßnahme ersetzt, was nunmehr unter § 33 EStG fällt. Im Gegensatz dazu liegt in Fällen der Adoption schon dem Grunde nach keine auf das Krankheitsbild der Betroffenen abgestimmte Heilbehandlung vor. Die gegen das Urteil zugelassene Revision wurde inzwischen eingelegt, sodass entsprechende Fälle über einen ruhenden Einspruch dahingehend offen-gehalten werden können, ob Adoptionskosten weiterhin nicht zwangsläufig sind oder der BFH seine Rechtsprechung hierzu ebenfalls ändern wird. Fundstellen: FG Baden-Württemberg 10.10.11, 6 K 1880/10; Revision unter VI R 60/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 121011 Befruchtung: BFH 16.12.10, VI R 43/10, BStBl II 11, 414 Adoption: BFH 17.5.00, III B 71/99, BFH/NV 00, 1352 AStW 2012/037 § 8c KStG – Kein Verlustabzugsverbot bei unterjährigem schädlichen Beteiligungserwerb Werden innerhalb von fünf Jahren mehr als 25 % der Beteiligungsrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber übertragen, sind nach § 8c Abs. 1 KStG die bis dahin ungenutzten Verluste nicht mehr abziehbar. Erfolgt der schädliche Beteiligungserwerb jedoch während des laufenden Wirtschaftsjahrs, unterliegt ein bis zu diesem Zeitpunkt erzielter Verlust nach Auffassung des BFH nicht der Verlustabzugsbeschränkung. Damit kann ein bis zu diesem Zeitpunkt erzielter Gewinn mit dem bisher noch nicht genutzten Verlust verrechnet werden. Mit diesem Urteil wendet sich der BFH gegen die Verwaltungsauffassung. Das Abzugsverbot bei Abkürzung der Ermittlungsperiode durch den unterjährigen Beteiligungserwerb rechtfertigt die Einbeziehung vorher erwirtschafteter negativer und positiver Einkünfte. Der Gegenstand des Verlustabzugsverbots ist dann der Saldo aus dem verbleibenden Verlustvortrag des Vorjahres und dem laufenden Gewinn. Der Verlustabzugsbeschränkung liegt nach der Gesetzesbegründung der Gedanke zugrunde, dass sich ungeachtet des Trennungsprinzips die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners ändert. Die in früherer Zeit erwirtschafteten Verluste sollen für das neue wirtschaftliche Engagement unberücksichtigt bleiben. Wenn damit das wirtschaftliche Ergebnis der Kapitalgesellschaft nach dem schädlichen Beteiligungserwerb von dem vor diesem Zeitpunkt erwirtschafteten negativen Ergebnis unbeeinträchtigt bleiben soll, spricht nichts dafür, bei dieser Separierung ein vor diesem Zeitpunkt erzieltes positives Zwischenergebnis auszusparen. Dies entspricht auch der Praxis, bis zum schädlichen Beteiligungserwerb erwirtschaftete negative Einkünfte unabhängig vom Wirtschaftsjahr in die Verlustabzugsbeschränkung einzubeziehen. Diesem Ergebnis kann nicht entgegengehalten werden, dass es an einer Rechtsgrundlage fehlt. Es geht insoweit nicht um die Voraussetzungen des Verlustabzugs nach § 10d EStG im Jahr des Beteiligungserwerbs, AStW 2012/038 sondern um die Bemessung des nicht genutzten Verlustes nach § 8c Satz 1 KStG als Gegenstand der Verlustabzugsbeschränkung. Praxishinweis: Dem BVerfG liegt eine Verfassungsbeschwerde zur Verlustverrechnungsbeschränkung vor. Darin geht es um die Frage, inwieweit es zulässig ist, dass ein Gesellschafterwechsel bei einer Kapitalgesellschaft dazu führt, dass Verluste vollständig oder teilweise verloren gehen. Zudem ist eine Revision anhängig, sodass GmbHs und ihre Gesellschafter bereits entstandene oder künftig anstehende Verlustfälle mit begrenzter Verrechnung in Hinsicht auf Körperschaft- und Gewerbesteuermessbescheide über einen ruhenden Einspruch offenhalten sollten. Eine Aussetzung in Bezug auf den unterjährigen Erwerb hielt der BFH im Hinblick auf das Verfahren beim BVerfG aber nicht für geboten, da bei der nunmehr anerkannten Gewinnverrechnung die Höhe der Körperschaftsteuer nicht von § 8c KStG beeinflusst worden ist und insoweit nicht von der künftigen Entscheidung beeinflusst wird. Fundstellen: BFH 30.11.11, I R 14/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120687 BFH 5.7.07, I R 9/06, BStBl II 08, 988 BMF 4.7.08, IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl I 08, 736, Tz. 31 S. 2 FG Hamburg 4.4.11, 2 K 33/10, beim BVerfG unter 2 BvL 6/11 Sächsisches FG 16.3.11, 2 K 1869/10, Revision unter I R 31/11 AStW 2012/039 § 10 KStG – Steuer auf Erstattungszinsen bei Kapitalgesellschaften ist zulässig Nachzahlungs- und Aussetzungszinsen gehören nach § 10 Nr. 2 KStG zu den nicht abziehbaren Aufwendungen und mindern deshalb auch nicht die Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer. Zinsen auf erstattete Körperschaftsteuerzahlungen erhöhen das Einkommen der GmbH. Die geänderte Rechtsprechung, wonach Erstattungszinsen nicht der Einkommensteuer unterliegen, ist auf Kapitalgesellschaften nicht übertragbar. Diese verfügen nach dem Beschluss des BFH über keine außerbetriebliche Sphäre. Ob an dieser Begründung vor dem Hintergrund der zwischenzeitlichen Rechtsentwicklung uneingeschränkt festzuhalten ist, konnte der BFH im vorläufigen Verfahren offenlassen. Er betont aber, dass der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht zu einer rechtsformneutralen Ausgestaltung der Besteuerungsvorschriften verpflichtet ist. Es bestehen systematische Unterschiede in der Besteuerung von GmbH und natürlichen Personen. Zinsen für rückerstattete Körperschaftsteuerzahlungen sind der Erwerbssphäre der Kapitalgesellschaft zuzuordnen, unabhängig davon ob Nachzahlungszinsen in die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer eingehen. Erstattungszinsen sollen den vorübergehenden Entzug von Kapital ausgleichen. Ihre Versteuerung entspricht beispielsweise den aufgrund verliehenen Kapitals erzielten Darlehenszinsen. Das Abzugsverbot für Nachzahlungszinsen nach § 10 Nr. 2 KStG ist eine Gleichbehandlung mit der Steuerbelastung natürlicher Personen. Daher besteht auch kein tragfähiger Grund für eine identische Regelung im KStG und EStG. Praxishinweis: Gegen die Definition der Erstattungszinsen als Kapitaleinnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Reaktion auf das BFHUrteil durch das Jahressteuergesetz 2010 sind Revisionen anhängig. AStW 2012/040 Fundstellen: BFH 15.2.12, I B 97/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120847 BFH 15.6.11, VIII R 33/07, BStBl II 11, 503 AStW 2012/041 § 8 GewStG – Verfassungsmäßige Zweifel an den Hinzurechnungen Das FG Hamburg hält die mit dem Unternehmenssteuerreformgesetz ab 2008 wesentlich geänderte gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen, Mieten und Pachten nach § 8 Nr. 1a, d und e GewStG wegen des Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz im Art. 3 Abs. 1 GG für verfassungswidrig und hat deshalb das BVerfG zur Klärung der Frage angerufen. Dem Beschluss lag der Fall eines Tankstellenbetriebs zugrunde. Die zum Betrieb der Tankstelle benötigten wesentlichen Wirtschaftsgüter wurden angepachtet. Die Pachtzinsen wurden als Betriebsausgaben berücksichtigt. Sie mindern daher den zu versteuernden Gewinn bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer. Anders sieht es jedoch bei der Gewerbesteuerberechnung aus, indem die Beträge dem Gewinn wieder hinzugerechnet werden. Nach Ansicht des FG Hamburg fordert der allgemeine Gleichheitssatz eine gleichmäßige Belastung aller Steuerpflichtigen nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit, die unter Berücksichtigung des Eigentumsgrundrechts in Art. 14 GG zu bestimmen ist. Erwirtschaftet ein Gewerbetreibender mit seinem Betrieb einen Ertrag und wird dieser besteuert, ohne dass Miete und Pacht berücksichtigt werden, ist das sogenannte Ist- Leistungsfähigkeitsprinzip verletzt. Dies könnte zwar gerechtfertigt und möglich sein. Voraussetzung hierzu sind allerdings Rechtfertigungsgründe, die dem verfassungsrechtlichen Leistungsfähigkeitsprinzip mindestens gleichrangig sind. Als solche werden vielfach und allgemein der Objektcharakter der Gewerbesteuer, das Äquivalenzprinzip sowie die Gleichstellung von Fremd- und Eigenkapitaleinsatz angenommen. Praxishinweis: Die gleichzeitig mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 eingeführte Regel, wonach die Gewerbesteuer selbst keine bei der Gewinnermittlung abziehbare Betriebsausgabe mehr ist, hält das FG hingegen trotz verfassungsrechtlicher Zweifel für anwendbar. AStW 2012/042 Fundstelle: FG Hamburg 29.2.12, 1 K 138/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120853 AStW 2012/043 § 3c UStG – Chauffeurservice ist eine Beförderungsleistung Werden Fahrzeuge mit Chauffeur für vereinbarte oder wahlfreie Fahrtstrecken zur Verfügung gestellt, handelt es sich laut BFH um Beförderungsleistungen. Der Ort bestimmt sich nach § 3b UStG. Insoweit gilt nicht der Grundsatz, dass eine sonstige Leistung nach § 3a Abs. 1 UStG an dem Ort ausgeführt wird, von dem aus das Unternehmen betrieben wird. Im Urteilsfall bot ein Chauffeurservice bei Konzertveranstaltungen im Ausland für die Beförderung von Künstlern und Begleitpersonen zu den Konzert-orten Kleinbusse und Luxuslimousinen mit eigens ausgebildeten Fahrern an, meist für Strecken zwischen Flughafen, Hotel und Veranstaltungsort. Die Künstler durften die Fahrzeuge samt Fahrer aber auch für Fahrten zu Restaurants, Bars oder zum Einkaufen nutzen. Der Anbieter rechnete nach Pauschalen ab. Bei den einzelnen Dienstleistungen handelt es sich um eine einheitliche Beförderungsleistung, die dann im Ausland ausgeführt wird. Dabei ist nach der BFH-Rechtsprechung die Art des Beförderungsmittels für die Beurteilung einer Leistung nicht von Bedeutung, was regelmäßig auf Taxis angewendet wird. Für den Vergleich mit dem Chauffeurservice ist irrelevant, dass Taxis zwischen den Beförderungen auf Kunden warten. Die Einordnung als Beförderungsleistung ist zudem nicht ausgeschlossen, nur weil dem Kunden zusätzliche Annehmlichkeiten geboten werden. Denn die Qualität der Verpflegung und Unterbringung auf einem Schiff beeinflusst beispielsweise grundsätzlich auch nicht die Art der Personenbeförderung, sondern nur die jeweiligen Umstände. Gleiches gilt auch bei der Verschaffung eines angenehmen Reiseerlebnisses. Nach Ansicht des BFH sind die Bereitstellung von Luxusfahrzeugen und qualifizierten Fahrern als besonderer Komfort lediglich unschädliche Annehmlichkeiten, um Beförderungsleistungen optimal in Anspruch nehmen zu können. Fundstellen: BFH 8.9.11, V R 5/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120444 AStW 2012/044 BFH 2.3.11, XI R 25/09, BStBl II 11, 737 AStW 2012/045 § 14 UStG – Anwendungsschreiben des BMF zur elektronischen Rechnungsstellung Das BMF hat den Entwurf eines Anwendungserlasses zu den durch das Steuervereinfachungsgesetz ab Juli 2011 eingeführten Neuregelungen bei EDV-Rechnung zur Stellungnahme der Verbände veröffentlicht. Gleichzeitig werden die entsprechenden Abschnitte im UStAE angepasst. Jetzt gilt als eine elektronische Rechnung nach § 14 Abs. 1 UStG eine in einem elektronischen Format ausgestellte und empfangene Rechnung, wodurch die Anforderungen an die Übermittlung elektronischer Rechnungen für den Vorsteuerabzug gegenüber der alten Rechtslage deutlich reduziert wurden. Nicht mehr erforderlich sind zwingend die qualifizierte elektronische Signatur oder der Datenträgeraustausch EDI. Als ausreichend sind auch Rechnungen anzuerkennen, die auf andere Weise elektronisch übermittelt oder bereitgestellt werden. Das führt zu keiner Erhöhung der Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit. Sowohl bei Papier- als auch bei elektronischen Rechnungen gelten dieselben Voraussetzungen, was durch jedes innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden kann, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung herstellt. Ist der Nachweis der Vorlage einer korrekten EDV-Rechnung erbracht, misst die Verwaltung der Durchführung des innerbetrieblichen Kontrollverfahrens im konkreten Einzelfall keine eigene Bedeutung mehr zu. Das FA kann insbesondere den Vorsteuerabzug nicht mehr versagen. Mit innerbetrieblichen Kontrollverfahren gleicht der Unternehmer seine Zahlungsverpflichtungen ab. Er ist in der Wahl des Verfahrens frei, sofern ein Zusammenhang zwischen Rechnung und zugrunde liegender Leistung hergestellt werden kann. Dabei gibt das BMF-Schreiben keine technischen Verfahren vor, die zu verwenden sind und erwartet auch keine gesonderte Dokumentationspflicht. Sowohl Papier- und elektronische Rechnungen sind zehn Jahre lang aufzubewahren. Sie müssen nach § 14b Abs. 1 Satz 2 UStG während des gesamten Aufbewahrungszeitraums die Echtheit der Herkunft, die Unver- AStW 2012/046 sehrtheit des Inhalts, die Lesbarkeit der Rechnung gewährleisten und die Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme sowie zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen erfüllen. Für den Vorsteuerabzug muss der Unternehmer eine nach §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzen. Verletzt er Aufbewahrungspflichten, kann das zwar als eine Ordnungswidrigkeit geahndet werden, der Vorsteuerabzug bleibt hiervon aber unberührt. Der Unternehmer trägt allerdings die objektive Feststellungslast für alle Tatsachen, die den Vorsteueranspruch begründen. Aufgrund der deutlichen Reduzierung der Anforderungen an eine elektronische Rechnungsstellung dürfen im Rahmen einer Umsatzsteuer- Nachschau auch elektronisch gespeicherte Aufzeichnungen und elektronische Rechnungen auf Verlangen eingesehen werden. Der Beamte darf hierfür die eingesetzten Datenverarbeitungssysteme nutzen. Praxishinweis: Von den Verbänden wird in den Stellungnahmen insbesondere bemängelt, dass das BMF-Entwurfsschreiben keine Hinweise an die Anforderungen und den Umfang der ordnungsgemäßen Archivierung von elektronischen Rechnungen beinhaltet. So fehlen Angaben, auf welchen Datenträgern dies zu erfolgen hat und ob Begleitdokumente oder die zugrunde liegende E-Mail hinzuzufügen sind. Zudem geht nicht daraus hervor, in welchem zeitlichen Turnus die elektronische Archivierung zu erfolgen hat. Nicht erwähnt wird zudem die Vermeidung der Risiken einer doppelten Rechnungsausstellung, was zur Steuerschuldnerschaft des Rechnungsausstellers nach § 14c Abs. 1 UStG führen kann. Diese Fälle werden vermutlich zunehmen, beispielsweise durch die elektronische Versendung und zusätzliche Versendung noch einmal in Papierform oder dem mehrfachen Downloaden oder Versenden der Dokumente. Fundstellen: BMF 1.2.12, IV D 2 - S 7287 a/09/10004: 003, unter www.iww.de, AbrufNr. 121012 AStW 2012/047 BMF 26.7.11, Frage-Antwort-Katalog zur Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung § 15 UStG – Vorsteuerabzug in drei verschiedenen Fällen In drei zeitgleich veröffentlichten Entscheidungen hat sich der BFH mit den Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs bei Holdinggesellschaften, beim Erwerb zahlungsgestörter Forderungen und aus Strafverteidigungskosten befasst und zu letzteren eine Vorabanfrage an den EuGH gestellt. In einem weiteren Urteil hat sich der EuGH zu den Auswirkungen der Fahrten Wohnung/Arbeit in Hinsicht auf die Vorsteuer grundlegend geäußert. Holdinggesellschaft Ist Hauptzweck einer Holdinggesellschaft das Halten von Beteiligungen und erbringt sie die entgeltlichen Leistungen nur als Nebenzweck, kann sie höchstens zum hälftigen Vorsteuerabzug aus den Gemeinkosten berechtigt sein. Im Urteilsfall verfügte sie über einen umfangreichen Beteiligungsbesitz und erbrachte daneben auch entgeltliche Dienstleistungen. Das Halten von Beteiligungen ist keine wirtschaftliche Tätigkeit und unterliegt deshalb nicht der Umsatzsteuer. Daher resultiert hieraus das Ergebnis, in welchem Umfang die Vorsteuer aus den Gemeinkosten auf diese nicht wirtschaftliche Tätigkeit entfällt und deshalb teilweise nicht abzugsfähig ist. Sie ist in analoger Anwendung des § 15 Abs. 4 UStG nur insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt, als die Eingangsleistungen ihren entgeltlichen Ausgangsleistungen wirtschaftlich zuzurechnen sind. Bei einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu einem Ausgangsumsatz, der mangels wirtschaftlicher Tätigkeit nicht der Steuer unterliegt oder steuerfrei ist, besteht auch dann keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug, wenn der Unternehmer eine Leistung für einen steuerfreien Ausgangsumsatz bezieht, um mittelbar seine zum Vorsteuerabzug berechtigende wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu stärken, da der von ihm verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist. Ohne Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangs- und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen kann der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, AStW 2012/048 wenn die Kosten zu den allgemeinen Aufwendungen gehören und Bestandteile des von ihm erbrachten Leistungspreises sind. Erbringen solche Holdinggesellschaften neben dem Halten von Beteiligungen auch entgeltliche Dienstleistungen, gingen sie bislang davon aus, zum uneingeschränkten Vorsteuerabzug berechtigt zu sein. Erwerb und Einziehung zahlungsgestörter Forderungen Auf Vorlage durch den BFH hatte der EuGH entschieden, dass der Forderungserwerber beim Kauf der Forderungen gegenüber dem Verkäufer keine entgeltliche Leistung erbringt, wenn der Kaufpreis dem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der Forderung entspricht. Diese Voraussetzungen hat der BFH im Urteilsfall als gegeben erachtet, sodass im Zusammenhang mit dem Erwerb der Forderungen kein Abzug der Vorsteuer möglich ist. Der Vorsteuerabzug entfällt dann auch aus den Kosten, die ihm im Zusammenhang mit der Einziehung der erworbenen Forderungen entstehen. Laut EuGH ist die Differenz zwischen dem Nennwert der übertragenen Forderungen und deren Kaufpreis keine Gegenleistung für eine solche Dienstleistung, sondern auf die Zahlungsstörungen und ein erhöhtes Risiko des Ausfalls der Schuldner zurückzuführen. Dies stellt keine entgeltliche Leistung dar. Aus dem vereinbarten Abschlag lässt sich nicht ableiten, dass die Parteien einen Forderungskauf zu einem unter Wert liegenden Kaufpreis vereinbaren wollten. Die gegenteilige Verwaltungsauffassung in Abschn. 2.4 Abs. 8 UStAE ist mit dem EuGH-Urteil nicht vereinbar. Vorsteuer aus Strafverteidigungskosten Der BFH fragt beim EuGH an, ob ein Unternehmen, dessen Inhaber und Mitarbeiter sich zur Erlangung von Aufträgen möglicherweise wegen Bestechung oder Vorteilsgewährung strafbar gemacht haben, aus den zur Abwehr dieser Vorwürfe angefallenen Strafverteidigungskosten zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Für den Vorsteuerabzug spricht, dass die möglicherweise strafbaren Handlungen dazu dienten, die steuerpflichtige Umsatztätigkeit des Unternehmens zu fördern. Dagegen spricht, dass die Leistungen der Strafverteidiger unmittelbar nur den persönlichen Interes- AStW 2012/049 sen der Beschuldigten dienen. Das Interesse des Unternehmens an der Straffreiheit seines Inhabers und seiner Mitarbeiter könnte dann als nur mittelbarer Zusammenhang für den Vorsteuerabzug unbeachtlich sein. Geklärt werden soll im Rahmen der Vorabanfrage auch, wer bei einer Beauftragung durch mehrere Auftraggeber, wie z.B. Beschuldigter und Unternehmer, zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Wurde für den Erwerb der Forderungen eine Rechnung mit Steuerausweis erteilt, schuldet der Unternehmer die ausgewiesene Steuer nach § 14c UStG. Eine erst spätere Rechnungsberichtigung wirkt nicht auf den Zeitpunkt der Rechnungserteilung zurück. Hieran hat sich nichts geändert, denn das EuGH-Urteil zu Ungarn betrifft nur die Frage, ob eine Rechnungsberichtigung für Zwecke des Vorsteuerabzugs auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung zurückwirkt. Das ist für die sich aus § 14c UStG ergebende Steuerschuld ohne Bedeutung. Wie sich aus dem ausdrücklichen Verweis auf § 17 Abs. 1 UStG ergibt, wirkt die Rechnungsberichtigung erst für den Besteuerungszeitraum der Berichtigung ohne Rückwirkung. Jede andere Auslegung wäre mit dem Normzweck des § 14c UStG, einer Gefährdung des Steueraufkommens durch einen unzutreffenden Steuerausweis in Rechnungen entgegenzuwirken, nicht zu vereinbaren. Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Der EuGH hat zu einem Fall aus Bulgarien entschieden, dass der Vorsteuerabzug für die Anschaffung eines Kfz nach dem Unionsrecht nur dann möglich ist, wenn der Wagen für besteuerte Umsätze verwendet und zudem vollständig dem Unternehmensvermögen zugeordnet wird. Unter die Verwendung für besteuerte Umsätze fallen auch die Privatnutzung durch den Unternehmer sowie die Verwendung eines Gegenstands für den Bedarf des eigenen Personals. Hinzu kommen unternehmensfremde Dienstleistungen gegen Entgelt. Nach diesen Grundsätzen sind Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eines GmbH-Geschäftsführers grundsätzlich nicht dem unternehmerischen Bereich einer Gesellschaft zuzuordnen. Insoweit entfällt der Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten des Fahrzeugs, stellt der EuGH klar. AStW 2012/050 Die Anschaffung eines Fahrzeugs muss im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens stehen. Nach Auffassung des EuGH dient die Verwendung des Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit grundsätzlich den privaten Belangen des Geschäftsführers. Davon zu unterscheiden ist die Nutzung für Pendelfahrten eines Einzelunternehmers. Hierin ist eine unternehmerische Nutzung zu sehen. Praxishinweis: Die Finanzverwaltung nimmt bei Anwendung des UStG bei der Überlassung eines Kfz an das Personal regelmäßig einen tauschähnlichen Umsatz an. Dieser unterliegt der Besteuerung, sodass ein voller Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Pkw möglich ist. Dabei kann der Umsatz aus Vereinfachungsgründen mit den lohnsteuerlichen Werten angesetzt werden, also der Ein-Prozent-Regelung oder der Fahrtenbuch-Methode. Fundstellen zu den verschiedenen Sachverhalten: Holding: BFH 9.2.12, V R 40/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120779 Forderung: BFH 26.1.12, V R 18/08, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120777; BFH 10.12.09, V R 18/08, BStBl II 10, 654 EuGH 27.10.11, C-93/10; DB 11, 2642 Strafverteidiger: BFH 22.12.11, V R 29/10, beim EuGH unter C-104/12 Rückwirkung: EuGH 15.7.10, C-368/09, Pannon Gép, DStR 10, 1475 BFH 17.2.11, V R 39/09, BStBl II 11, 734 Pendelfahrten: EuGH 16.2.12, Rs. C-118/11 BMF 27.8.04, IV B 7 - S 7300 - 70/04, BStBl I 04, 864, Tz. 3, 4.2 AStW 2012/051 § 193 AO – Prüfungsanordnung als Ermessensentscheidung kann Willkür oder Schikane sein Nach Ansicht des BFH kann die Anordnung einer Außenprüfung wegen eines Verstoßes gegen das Willkür- und Schikaneverbot rechtswidrig sein, wenn im Einzelfall besondere Umstände darauf hindeuten, dass sich das FA bei Erlass der Prüfungsanordnung von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen und die Prüfung der steuerlichen Verhältnisse dadurch in den Hintergrund getreten ist. Ein solcher Verfahrensmangel kann aber auch in einer ungenügenden Sachaufklärung liegen. Zwar darf eine Außenprüfung grundsätzlich ohne Voraussetzungen angeordnet werden. Sie muss aber nach § 2 BpO dem Zweck dienen, die Ermittlung und Beurteilung der steuerlich bedeutsamen Sachverhalte des Geprüften aufzuklären, um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherzustellen. Im Urteilsfall ging es um einen Rechtsanwalt mit seit Jahren unveränderten und bekannten steuerlichen Verhältnissen. Er vertrat einen Beamten der Finanzverwaltung, der behauptete, vom Vorsteher gemobbt worden zu sein. Zwei weitere Mandanten von ihm hatten sich mit entsprechenden Vorwürfen erfolgreich an den Petitionsausschuss gewandt. Zeitgleich wurden Außenprüfungen bei den mit den Petitionen befassten Abgeordneten und dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses veranlasst. Entscheidend ist, ob das FA die Prüfung aus sachfremden Erwägungen angeordnet hat. Dies ist z.B. durch Zeugen aufzuklären. Außerdem ist zu klären nach welchen Kriterien das FA im fraglichen Zeitraum seinen Prüfungsplan erstellt hat und wie sich dies insbesondere in Bezug auf die in Betracht kommende Berufsgruppe verhielt. Zudem ist relevant, wie der zeitliche Ablauf von Vorschlag zur Außenprüfung, Aufnahme in den Prüfungsplan und Beginn verlaufen ist. Fundstellen: BFH 28.9.11, VIII R 8/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120852 BFH 29.10.92, IV R 47/91, BFH/NV 93, 149 AStW 2012/052 § 370 AO – Straffreiheit bei geringfügigen Fehlern in der Selbstanzeige Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen noch nicht verjährten Straftaten einer Steuerart in vollem Umfang unrichtige Angaben berichtigt, ergänzt oder nachholt, erlangt gemäß § 371 AO Straffreiheit. Nach einem Beschluss des BGH kann eine unvollständige Selbstanzeige grundsätzlich auch dann noch zu einer vollständigen Strafbefreiung führen, wenn die Abweichungen in der Berichtigung oder Nacherklärung vom geforderten Inhalt der Selbstanzeige nur geringfügig sind. Nach der Rechtslage vor und ab dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz ist prinzipiell eine Abweichung von mehr als 5 % des Verkürzungsbetrags nicht mehr geringfügig. Allerdings ist diese Grenze nicht als starre Schwelle zu verstehen, sodass nicht automatisch jede Abweichung, die sich noch innerhalb der tolerierten 5 % bewegt, als geringfügig anzusehen ist. Darüber hinaus ist in einem zweiten Prüfungsschritt noch eine wertende Betrachtung der Umstände im Einzelfall erforderlich, die zu der Abweichung geführt hat. Entscheidend ist dabei, ob es sich hierbei um bewusste Abweichungen handelt oder in der Selbstanzeige noch eine Rückkehr zur Steuerehrlichkeit gesehen werden kann. Diese ist vor allem bei einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen denkbar. Praxishinweis: Der Ausschluss der Strafbefreiung bei Abweichungen bezieht sich nicht auf die steuerliche Bemessungsgrundlage, sondern auf den verkürzten Betrag. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach dem Kompensationsverbot in § 370 Abs. 4 AO ermäßigende Gründe oder Steuervorteile sich nicht mindernd auswirken. Fundstellen: BGH 25.7.11, 1 StR 631/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113020 BGH 20.5.10, 1 StR 577/09; 13.10.98, 5 StR 392/98, wistra 99, 27 AStW 2012/053 StraBEG – Keine Straffreiheit bei Falschangaben in der strafbefreienden Erklärung Die zwischen Neujahr 2004 und Ende März 2005 mögliche Steueramnestie im Rahmen einer strafbefreienden Erklärung führt nicht zum erwünschten Erlöschen des Steueranspruchs, wenn dort zu Unrecht abgezogene Werbungskosten oder Betriebsausgaben fälschlicherweise als nicht erklärte Betriebs- und Zinseinnahmen dargestellt werden. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn damit eine Besteuerung der nacherklärten Beträge nur in Höhe von 60 % der Einnahmen statt einer vollen Besteuerung zu 100 % bei richtiger Erklärung der fingierten Ausgaben erreicht werden soll. Nach Ansicht des BFH kann das FA in diesem Fall noch eine Änderung nach § 173 AO vornehmen, weil der auf der Erklärung basierende Steuermehrbetrag nicht erloschen ist, denn trotz abgegebener strafbefreiender Erklärung tritt in einem solchen Fall keine Straf- oder Bußgeldfreiheit ein. Die erlöschende Wirkung setzte nämlich voraus, dass unrichtige oder unvollständige Angaben vollständig korrigiert und anschließend entrichtet wurden. Aus der Sicht des FA als Empfänger der strafbefreienden Erklärung hatten Steuerpflichtige also den tatsächlich verwirklichten Lebenssachverhalt darzustellen und nachzuerklären. Die Angabe von fingierten Beträgen stellt aber eine Fehlbezeichnung des Lebenssachverhalts dar, denn erforderlich war damals eine Darstellung, wonach richtig nachversteuert werden konnte. Die Abgabe einer korrigierten Strafbefreiungserklärung mit nunmehr richtigem Ausweis hat keine erlöschende Wirkung mehr, wenn der zugrunde liegende Lebenssachverhalt im Zeitpunkt der Erklärung bereits Gegenstand einer laufenden Außenprüfung war. Damit konnten darauf bezogene strafbefreiende Erklärungen nicht mehr zur Straf- und Bußgeldfreiheit führen. Fundstellen: BFH 28.6.11, VIII R 25/08, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120222 AStW 2012/054 BFH 15.7.10, VIII B 103/09, BFH/NV 10, 1785; 26.11.08, X R 20/07, BStBl II 09, 388 AStW 2012/055 Steuern kompakt §§ 10b, 19 EStG – Steuerliche Behandlung bei Schulprojekten Spenden Schüler bei Schulprojekten in Unternehmen oder Privathaushalten den erarbeiteten Lohn an die jeweilige Organisation, haben sich die obersten Länderfinanzbehörden darauf verständigt, dass die gespendeten Gehälter aus Vereinfachungsgründen beim steuerpflichtigen Arbeitslohn außer Ansatz bleiben und nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegen. Die Vergütungen dürfen nicht als Spende berücksichtigt werden. Die Vereine haben sicherzustellen, dass hierüber keine Zuwendungsbestätigungen ausgestellt werden (OFD Magdeburg 12.1.12, S 2332 - 81 - St 225). § 19 EStG – Ausgleich für Altersteilzeit ist Arbeitslohn Wird ein im Blockmodell geführtes Altersteilzeitarbeitsverhältnis vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Zeit beendet und erhält der Arbeitnehmer für seine in der Arbeitsphase erbrachten Vorleistungen Ausgleichszahlungen, stellen diese Ausgleichszahlungen Arbeitslohn dar. Solche Ausgleichszahlungen sind sonstige Bezüge, sodass sie nach dem Zuflussprinzip zu erfassen sind. Die Auszahlung beruht auf der Beendigung der Altersteilzeit und stellt deshalb gerade kein regelmäßig zufließendes Entgelt und keinen laufenden Arbeitslohn dar (BFH 15.12.11, VI R 26/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120616). § 22 EStG – Keine Besonderheiten bei freiwilligen Rentenbeiträgen Bis 2005 begonnene Renten unterliegen auch bei freiwilligem Eintritt in die Pflichtversicherung der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 EStG mit einem Besteuerungsanteil von 50 %. Die freiwillig eingegangene Versicherungspflicht ändert nichts daran, dass die bezogenen Leistungen unter die Vorschrift fallen und nicht der günstigere Ertragsanteil gilt. Allerdings ist vor dem Ansatz des Besteuerungsanteils von 50 % zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Öffnungsklausel hinsichtlich Einzahlungen oberhalb der Beitragsbemessungsgrundlage erfüllt sind und ob der Höchstbeitrag mindestens zehn Jahre überschritten wurde (Jahresbetrag der Rente) (BFH 24.8.11, VIII R 23/08, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 121013). AStW 2012/056 § 22 EStG – Abfindungen aus Versorgungseinrichtungen sind sonstige Einkünfte Kapitalabfindungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen sind als Leistungen nach § 22 Nr. 1 EStG steuerpflichtig, da sie anderenfalls nicht steuerbar wären. Entgegen anderer Literaturauffassung erfasst die Vorschrift nicht nur wiederkehrende Bezüge, sondern auch Einmalzahlungen mit dem Besteuerungsanteil. Die Änderung mit dem Alterseinkünftegesetz hat lediglich unechte Rückwirkung, da die Belastung erst ab 2005 eintritt, auch wenn zuvor Beiträge geleistet wurden (FG Düsseldorf 18.1.12, 15 K 1556/11 E, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 121014). § 32 EStG – Prüfkriterien beim Wohnen im Ausland Ob ein Kind, das sich zeitweise im Ausland aufhält, seinen inländischen Wohnsitz beibehält oder aber zunächst aufgibt und bei einer späteren Rückkehr wieder neu begründet, hängt nicht allein von der Dauer des Auslandsaufenthalts, sondern von einer Vielzahl weiterer Faktoren ab. Hierzu gehören insbesondere Kindesalter, Unterbringungsart am Ausbildungsort im Vergleich zum Elternhaus, Häufigkeit und Dauer der Aufenthalte bei den Eltern sowie persönliche Beziehungen des Kindes am heimischen und auswärtigen Ort. Zu berücksichtigen sind dabei die Dauer einer Schulausbildung, die oft nicht hinreichend genau bestimmt werden kann (BFH 22.11.11, III B 154/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 121015). § 33 EStG – Kein Abzug von Krankheitskosten bei Erstattungsverzicht Krankheitskosten können nur dann als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd berücksichtigt werden, wenn und soweit der Steuerpflichtige hierdurch tatsächlich endgültig wirtschaftlich belastet wird. Können sie sich durch Rückgriff auf ihre Krankenversicherung ganz oder teilweise schadlos halten und verzichten sie wegen eines Anspruchs auf Beitragsrückerstattung lediglich darauf, fehlt es an der notwendigen Zwangsläufigkeit (FG Rheinland-Pfalz 31.1.12, 2 V 1883/11, rkr., unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120432). AStW 2012/057 § 9 KStG – Spenden für satzungsmäßige Zwecke Ist einer privaten Stiftung nach ihrer Satzung vorgegeben, ihr Einkommen ausschließlich für eine bestimmte gemeinnützige Körperschaft zu verwenden, können Zahlungen an diese Körperschaft nicht als Spenden abgezogen werden. Es existiert keine gesetzliche Regelung, nach der die Zahlungen steuermindernd geltend gemacht werden könnten. Werden Spenden nicht freiwillig geleistet, sondern ist jemand zur Zahlung verpflichtet, kommt aufgrund der strikten Vorgaben in einer Satzung hinsichtlich des Empfängers kein Steuerabzug in Betracht (BFH 12.10.11, I R 102/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120441). § 15 UStG – Zeitige Zuordnung bei gemischt-genutztem Wirtschaftsgut Der BFH bekräftigt erneut, dass die Entscheidung über die Zuordnung eines gemischt-genutzten Wirtschaftsgutes zum Unternehmen spätestens in der zeitnah erstellten Umsatzsteuererklärung für das Jahr nach außen zu dokumentieren ist, in das der Leistungsbezug fällt. Die verspätete Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung berechtigt daher dazu, den daraus resultierenden Vorsteuerabzug zu versagen (BFH 11.11.11, V B 19/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 121016). § 15 UStG – Vorsteuerabzug aus Investitionskosten Dürfen weder Gesellschafter noch die Gesellschaft Vorsteuern für Investitionskosten geltend machen, die vor Gründung im Hinblick auf die wirtschaftliche Tätigkeit getragen wurden, ist das EU-widrig. Der Vorsteuerabzug darf nicht deshalb versagt werden, weil die Rechnung vor der Eintragung auf Gesellschafter ausgestellt wurde. Der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer verlangt, dass schon die ersten Investitionsausgaben für Unternehmenswecke als wirtschaftliche Tätigkeiten und auch die Gesellschafter als umsatztsteuerpflichtig angesehen werden (EuGH 1.3.12, C-280/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 121017). AStW 2012/058 § 15a UStG – Vorsteuerberichtigung bei Berufung auf EU-Recht Die Vorsteuer ist zu berichtigen, wenn sich der Unternehmer nachträglich auf eine im nationalen Recht nicht vorgesehene Steuerbefreiung wie etwa dem Betrieb von Geldspielautomaten nach EU-Recht beruft. Als Folge daraus ist der in Anspruch genommene Vorsteuerabzug nach § 15a UStG zu berichtigen. Es liegt eine Änderung der Verhältnisse vor, weil der Unternehmer beim Erwerb steuerpflichtige Umsätze beabsichtigt hat, wohingegen sie später steuerfrei sind (BFH 15.9.11, V R 8/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120290). § 74 AO – Haftung des Eigentümers gilt auch für das Surrogat Die Haftungsinanspruchnahme des am Unternehmen wesentlich beteiligten Eigentümers nach § 74 AO erstreckt sich neben den überlassenen und dem Betrieb dienenden Gegenständen auch auf Fälle von Abgabe oder Verlust von Gegenständen wie beispielsweise die Veräußerungserlöse, Schadenersatzzahlungen oder sonstige Surrogate, wenn der Haftende anderweitig das Eigentum aufgegeben oder verloren hat. Dies erscheint nach Sinn und Zweck der speziellen Haftungsnorm geboten (BFH 22.11.11, VII R 63/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120380). § 370 AO – Nacherklärte Rente kann Steuerhinterziehung sein Macht ein Steuerpflichtiger im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung keine Angaben über den Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente, verwirklicht er regelmäßig eine die verlängerte zehnjährige Festsetzungsfrist auslösende Steuerhinterziehung. Hat der Rentenempfänger Zweifel hinsichtlich der Steuerpflicht, ist er grundsätzlich zur Einholung eines fachkundigen Rates verpflichtet. Dies setzt voraus, dass gegenüber einem Experten, etwa dem Steuerberater, der dem Rentenbezug zu Grunde liegende Sachverhalt offen gelegt wird, um damit eine pflichtgemäße und verantwortungsvolle Auskunftserteilung zu ermöglichen (FG Köln 22.6.11, 4 K 950/08, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120423).