SOS Biene/Wespe: Rund 17.500 Salzburger sind schwer allergisch Unterschätzt – Trotz Lebensgefahr lässt sich nur jeder fünfte Allergiker behandeln! 12. Mai 2015 – Jedes Jahr schockieren mehrere Todesfälle aufgrund eines Bienen- oder Wespenstiches ganz Österreich. Trotzdem wird die Insektengift-Allergie zu häufig nicht ernst genommen. Nur 2 von 10 Allergiker werden mit einer Insektengift-Immuntherapie behandelt, die eine bis zu 95-prozentige Wirkung hat. Nur die Hälfte der Patienten, die sich dafür entschieden haben, bringt diese Therapie schließlich auch tatsächlich zu Ende und hat so nachhaltigen Schutz und Sicherheit. Warnzeichen zu ignorieren oder die lebensgefährliche Erkrankung zu banalisieren, gleicht russischem Roulette, warnen Experten. Einer von 30 Österreichern (3,3%) ist schwer allergisch gegen den Stich einer Biene oder Wespe – das sind rund 300.000 Menschen österreichweit.1 Umgelegt sind das etwa 17.500 Salzburger. „Sommer für Sommer landen Hunderte wegen einer Insektengift-Allergie in den österreichischen Notaufnahmen, und vier bis fünf Menschen sterben pro Jahr an den Folgen eines Bienen- oder Wespenstiches“, zeigt OA Dr. Isidor Huttegger, Leiter der Kinderallergie- und Kinderlungenambulanz an der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde St. Johanns-Spital in Salzburg die Dramatik dieser gefährlichsten Allergieform auf. „Vorwiegend sind Erwachsene betroffen und sie sind aufgrund von Begleiterkrankungen, meist HerzKreislaufproblemen, besonders gefährdet. Bei Kindern sind Insektengift-Allergien meist weniger schwer verlaufend.“ Zusätzlich reagieren weitere knapp 400.000 Österreicher (4,6%) mit einer übermäßigen Lokalreaktion der Haut.1 Huttegger: „Die ist zwar unangenehm, aber nicht weiter bedrohlich.“ Ein Stich genügt und Allergiker können innerhalb weniger Minuten in Lebensgefahr schweben. „Erstes Warnzeichen kann eine Quaddel an der Einstichstelle sein. Das ist soweit noch kein Grund zur Panik“, so Huttegger. „Bedrohlich wird es, wenn der Hautausschlag nicht nur lokal, sondern am ganzen Körper auftritt und/oder es zu Schwellungen im Gesicht oder Hals, Kribbeln an den Hand- und Fußinnenflächen, Übelkeit, Atemnot, Schwindel oder Herzrasen kommt.“ Lebensgefährlicher Leichtsinn Trotz der akuten Lebensgefahr wird eine Insektengift-Allergie häufig nicht ausreichend ernst genommen. „Viele Patienten suchen erst Jahre später einen Arzt auf – wenn überhaupt. Dabei verpassen sie die wichtige Chance, sich mit der spezifischen Immuntherapie langfristig und sicher zu schützen. Nur zwei von zehn der Behandlungsbedürftigen sind in Therapie2“, zeigt OA Dr. Thomas Hawranek, Leiter der Allergie-Ambulanz an der Universitätsklinik für Dermatologie in Salzburg auf. Anders gesagt: 80 Prozent riskieren Sommer für Sommer aufs Neue ihr Leben. Spezifische Immuntherapie hilft praktisch immer Die schlechte Akzeptanz verwundert angesichts der Tatsache, dass kaum eine andere medizinische Therapie einen derart guten Wirkungsnachweis erbringen kann. „Durch eine korrekt ausgeführte spezifische Immuntherapie kann sich nahezu jeder Patient fast 100-prozentig schützen“, so Hawranek und erklärt wie sie funktioniert: „Im Zuge dieser Behandlung bekommt der Patient den Allergie-Auslöser in anfangs steigender Dosierung in den Oberarm injiziert. Die Immuntherapie gewöhnt den Körper nachhaltig an das Insektengift, wodurch die allergische Reaktion meist gar nicht erst auftritt. Der Erfolg zeigt sich bereits nach einer kurzen Behandlungszeit.“ Die WHO empfiehlt die Behandlung, deren Kosten von der Krankenkasse zur Gänze übernommen werden, ausdrücklich auch für Kinder und Jugendliche. Nebenwirkungen treten selten auf und sind in der Regel mild. Zur Wahl stehen zwei Varianten: Die konventionelle Therapie, mit einer Steigerung der Giftdosis durch mehrere Monate. Diese sollte daher vor der warmen Jahreszeit begonnen werden. Weiters gibt es auch Schnell-Schemata, für die ein kurzer stationärer oder tagesklinischer Aufenthalt im Krankenhaus erforderlich ist. Vorteil dieser schnellen Option ist, dass die Therapie kurz vor oder sogar während der Saison gestartet werden kann und dass ein sicherer Schutz bereits nach den ersten Wochen erreicht ist. Nach diesen Steigerungsphasen ist nur noch eine Spritze etwa alle vier bis acht Wochen nötig. Diese Folgebehandlungen können auch beim niedergelassenen Arzt in der Ordination durchgeführt werden. Nach drei bis fünf Jahren Therapie ist in beiden Fällen ein langfristiger Schutz vor einer lebensgefährlichen Reaktion aufgebaut. Ein solches Schnell-Schema wird auch an der Salzburger Hautklinik angeboten. Hauptargument für Therapieabbruch: Keine Zeit Besorgniserregend ist weiters, dass viele, die sich für eine Behandlung entschieden haben, die drei- bis fünfjährige Therapie frühzeitig abbrechen. Eine aktuelle österreichische Studie3 erhob, dass nur die Hälfte der Patienten (51,3%) die Therapie nach Plan beendet. Den Gründen eines vorzeitigen Therapieabbruchs wurde in einer anderen Studie nachgegangen: „An erster Stelle wird Zeitmangel genannt. Manchmal wird auch das Risiko von den Betroffenen als “rechnerisch“ zu gering eingeschätzt“, so Hawranek.4 Kein Ausflug ohne Notfallapotheke! Zusätzlich sollten Allergiker auch immer für den Notfall gerüstet sein. Das gilt vor allem für jene, die (noch) nicht durch die Immuntherapie geschützt sind. Denn tritt eine allergische Reaktion auf, kann binnen weniger Minuten der ganze Körper betroffen sein. „Das Ausmaß ist nicht vorhersehbar, der Verlauf unkalkulierbar. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt“, warnt Huttegger. Sein Appell: „Allergiker sollten ihre Notfallmedikamente, allen voran einen Adrenalin-Autoinjektor, der den Kreislauf rasch stabilisiert, immer mit sich tragen und in deren Umgang sicher sein. Speziell bei Kindern ist es wichtig, dass auch das Umfeld, wie Schule, Hort, Kindergarten etc., den Adrenalin-Pen im Notfall einsetzen können sollte.“ Zurzeit wird nur bei etwa einem Viertel der selbst behandelten Notfälle Adrenalin verabreicht.5 Die Empfehlung der beiden Experten: Eine Reaktion, die über eine lokale Hautreaktion hinausgeht, sollte unbedingt bei einem allergologisch versierten Facharzt bzw. in einem Allergieambulatorium oder einer Allergieambulanz im Krankenhaus abgeklärt werden. Lebensrettende Medikamente müssen für den Ernstfall immer griffbereit sein und Allergiker sollten sich die Zeit für eine Therapie mit der spezifischen Immuntherapie nehmen! Linktipp: www.initiative-insektengift.at Unter dem Motto „Sicher durch den Sommer“ gibt es auf www.initiative-insektengift.at umfassende Information über Warnzeichen, Vorbeugung, Behandlung und richtiges Verhalten im Notfall etc. Literaturquellen 1 Bokanovic D et al. Allergy 2011; 66: 1395-6 2 Przybilla B et al. Der Hautarzt 2014; 768-9 3 Bokanovic D, Schwarz I, Laipold K, Smolle C, Schrautzer C, Wutte N, Aberer W, Sturm GJ. Abstract, in press 4 Jurilj, M; Hawranek, T; Aberer, W; Horn, T; Sturm, G. Allergy. 2008; 63: 146-146 5 NORA, Allergy 2014;69(10):1397-404 Kontakt für Journalisten-Rückfragen: OA Dr. Thomas Hawranek Leiter der Allergie-Ambulanz an der Universitätsklinik für Dermatologie Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburger Landeskliniken T: 0662/4482-3023 E: [email protected] OA Dr. Isidor Huttegger Pädiatrische Allergologie und Pneumologie Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburger Landeskliniken T: 0662/4482-57537 E: [email protected] Text und Fotos in Printqualität gibt’s bei Elisabeth Leeb, T: 0699/1 424 77 79, E: [email protected] und auf www.initiative-insektengift.at (für Medien)