ausgearbeitet fragen handelsrecht

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Grundzüge des Privatrechts:
Handelsrecht
(Fälle der Fragensammlung Doralt/Nowotny/Schauer, 5.Auflage)
Allgemeines Handelsrecht
Kaufmann und Firma
Fall 1
Gegenstand des Handelsrechts:
1) HR ieS: Sonderprivatrecht der Kaufleute (HGB)
2) HR iwS: HR ieS + Gesellschaftsrecht, Wertpapierrecht, gewerblicher Rechtschutz (zB
Patentschutz)...
Anwendung: HR steht zum BR in einem Spezialverhältnis. Grundsätzlich gelten HR und BR
nebeneinander, bei unterschiedlichen Vorschriften verdrängt das HR die Regelungen des
ABGB (Grundsatz: „lex specialis derogat legi generali“, Anwendugsvorrang für Sonderprivatrechte; vgl dazu auch BR/Fall 1b).
Das HGB ist prinzipiell auf Handelsgeschäfte anzuwenden. Ein Handelsgeschäft ist ein
Rechtsgeschäft, das ein Kaufmann (dazu Fall 2) im Betrieb seines Handelsgewerbes
abschließt. Zur Anwendung des HR reicht es, wenn dabei ein Vertragspartner Kaufmann iSd
HGB (einseitiges Handelsgeschäft) ist.
Fall 2
(vgl zum Kaufmannsbegriff auch Übersicht „Kaufleute“ – Fallprüfungsschema siehe
nächste Seite)
a) Kaufmann nach § ... HGB ?
1) Betrieb eines Gewerbes? *) selbständige (kein Arbeitnehmer !)
(Handelsgewerbe)
*) dauernde (saisonal ausreichend !)
*) planmäßige
*) als solche erkennbare
*) entgeltlich (ev. Gewinnerzielungsabsicht)
*) nicht freiberufliche (negatives Tatbestandsmerkmal)
Tätigkeit.
 Ja.
2) Betrieb eines Grundhandelsgewerbes nach § 1 Abs 2 HGB ? => § 1 Abs 2 Z 1:
Anschaffung und Weiterveräußerung von beweglichen Sachen (Waren)
 Ja.
3) Voll- oder Minderkaufmann? Für einen Maronibrater sind keine kaufmännischen
Einrichtungen erforderlich.
=> Der Maronibrater ist Kaufmann kraft Handelsgewerbes (hier: Grundhandelsgewerbes),
und zwar Minderkaufmann nach § 4 HGB. Für Minderkaufleute (Kleingewerbetreibende)
entfällt die Pflicht zur Eintragung ins Firmenbuch (FB). Weiters ist er nicht zur
Rechnungslegung gemäß dem 3. Buch des HGB verpflichtet. Minderkaufleute führen keine
Firma, können nicht Prokura (vgl BR/Fall 35) erteilen und keine OHG, KG...etc (Näheres im
Gesellschaftsrecht) gründen.
3
b) Kaufmann nach § ... HGB ?
1) Betrieb eines Gewerbes?
selbständig, dauernd, planmäßig, erkennbar, entgeltlich, nicht
freiberuflich
 Ja.
2) Betrieb eines Grundhandelsgewerbes nach § 1 Abs 2 HGB ?
 Nein.
3) => Es kommt § 2 HGB („Auffangtatbestand“; Sollkaufleute) zur Anwendung:
*) Gewerbe (ja, siehe Punkt 1)
*) Erfordernis der kaufmännischen Einrichtung (ja, bei 20 Mitarbeitern
durchaus erforderlich)
*) Eintragung ins FB erforderlich (Firmenbucheintragung verpflichtend!)
=> Ist der Vermieter der Spezialfahrzeuge ins FB eingetragen, ist er § 2 – Kaufmann („Sollkaufmann“). § 2 – Kaufleute sind IMMER Vollkaufleute. ( Unterlässt er die FB-Eintragung,
wäre er Nichtkaufmann!)
c) Kaufmann nach § ... HGB ?
1) Betrieb eines Gewerbes? – Nein. Betreiber eines Copy-Shops führen ja selbst gar keine
gewerbliche Tätigkeit aus. Sie stellen anderen nur ihre Vervielfältigungseinrichtungen zur
Verfügung. Die Geschäfte fallen auch nicht unter jene von Druckereien
(Grundhandelsgewerbe nach § 1 Abs 2 Z 9 HGB).
=> Sie sind Nichtkaufleute.
d) F. Wieselflink betreibt ein Handwerk (qualitative Merkmale: manuelle Wertschöpfung,
Individualität der Leistung, Arbeit auf Bestellung...etc; quantitative Merkmale: Art. 6 Nr 2
der 4. EVHGB: Umfang darf über Kleingewerbe nicht hinausgehen!).
F. Wieselflink ist Lohnhandwerker, dh er bearbeitet fremde Waren (Schuhe). Diese Tätigkeit
würde zwar unter § 1 Abs 2 Z 2 HGB fallen = Grundhandelsgewerbe, jedoch bestimmt § 1
Abs 2 Z 2 HGB ausdrücklich, dass der „Betrieb über den Umfang eines Handwerks
hinausgehen muss“. Nach dem SV (1 Mitarbeiter, kleine Kojen...) ist minderkaufmännischer
Umfang (Kleingewerbe) anzunehmen.
=> Der Handwerker ist Nichtkaufmann. (Bei Umfang, der über den eines Handwerks
hinausgeht, wäre er allerdings Vollkaufmann nach § 1 Abs 2 Z 2 HGB:
Grundhandelsgewerbe.)
e) Eine GmbH ist Kaufmann kraft Rechtsform. Die BUWOG ist Formkaufmann gem § 6
Abs 1 HGB iVm § 61 Abs 3 GmbHG (Kapitalgesellschaft). § 6 – Formkaufleute sind
IMMER Vollkaufleute (unabhängig von Art und Umfang der ausgeübten Tätigkeit!), sobald
sie ins FB eingetragen sind. Bei Kaufleuten kraft Rechtsform entsteht die
Kaufmannseigenschaft immer erst mit Eintragung ins FB (= konstitutive FB-Eintragung).
[Anm.: Anders hingegen bei § 1-Kaufleuten (Grundhandelsgewerbe) = Ausnahme:
Kaufmannseigenschaft entsteht bereits mit Aufnahme der Tätigkeit, FB-Eintragung nur
deklarativ!] Unterlässt die GmbH die FB-Eintragung, müsste weiters geprüft werden, ob sie
vielleicht Kaufmann kraft Handelsgewerbe (§ 1 , § 2 HGB, § 3 HGB) ist. Besitzt eine GmbH
aber auch kraft Handelsgewerbe keine Kaufmannseigenschaft, ist sie ohne FB-Eintragung
Nichtkaufmann.
f) Vor der Alleinübernahme seines Unternehmens war der Großhändler § 1 – Kaufmann:
1) Gewerbe: Merkmale gegeben: selbständig, dauerhaft, planmäßig, erkennbar, entgeltlich,
nicht freiberuflich
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2) Grundhandelsgewerbe: Anschaffung und Weiterveräußerung von bewegl. Sachen - § 1
Abs 2 Z 1 HGB), und zwar
3) Vollkaufmann (kaufmänn. Einrichtungen, große Zahl an Mitarbeitern, im FB
eingetragen!).
Nach der Trennung von all seinen Mitarbeitern und der Alleinübernahme wird er zum
Scheinkaufmann (sind IMMER Vollkaufleute!) nach § 5 HGB (Kaufmann kraft
Eintragung), weil er
1) immer noch im Firmenbuch eingetragen ist
2) noch ein Gewerbe betreibt ( Voraussetzung!!!).
[Stellt der Großhändler aber den Betrieb seines Gewerbes völlig ein, darf § 5 HGB nicht
mehr angewendet werden. Bis zur Löschung im FB ist er dann nach § 15 (1) HGB allein
aufgrund seiner Eintragung Fiktivkaufmann (ebenfalls IMMER Vollkaufmann), es sei denn,
dem Dritten war die Einstellung des Gewerbes bekannt (= „negatives Publizitätsprinzip des
Firmenbuches“). Achtung: § 15 (1) HGB ist nur auf ursprünglich richtige Eintragungen ins
FB anwendbar! ]
Fall 3
Ja. Es liegt ein (einseitiges) Handelsgeschäft iSd § 343 Abs 1 HGB (3.Buch) vor. Die GmbH
ist Kaufmann kraft Rechtsform (siehe Fall 2 e ).
Es sind auch die Bestimmungen des KSchG auf diesen Vertrag anwendbar, weil ein
Verbrauchergeschäft vorliegt: Die GmbH ist Unternehmer iSd § 1 Abs 1 Z 1 und Abs 2
KschG (selbständig, dauerhaft, organisiert, wirtschaftliche Tätigkeit...; vgl auch BR/Fall 17),
der Student Verbraucher.
Rechtlicher Unterschied zwischen Unternehmer und Kaufmann: zB keine Eintragungspflicht
ins FB für Unternehmer; Unternehmer dürfen auch freiberuflich tätig sein (Freiberufler: zB
Ärzte, Ziviltechniker... etc); keine Anwendungspflicht der Rechnungslegungsvorschriften des
3. Buches HGB etc....
Fall 4
a) Ja. Der Firmenkern eines Einzelunternehmens muss den Zunamen UND Vornamen des
Unternehmensträgers beinhalten. Durch die Beifügung des Firmenzusatzes („Inh....“) ist
dieses Erfordernis erfüllt.
b) Nein. Der Firmenname „...& Co“ ist bei dieser OHG mit 2 Gesellschaftern irreführend,
weil bereits die Zunamen beider Gesellschafter im Firmenkern erwähnt sind. Man könnte
auf eine OHG mit 3 oder mehreren Gesellschaftern schließen.
c) Nein. Der Name des beschränkt haftenden Gesellschafters, dh des Kommanditisten, darf
keinesfalls im Firmennamen einer KG aufscheinen! (§ 19 Abs 4 HGB).
d) Ja. Eine GmbH darf Sach- oder Personen-, oder Mischfirma sein. Wurde Personenfirma
gewählt, muss der Firmenname mindestens den Namen eines Gesellschafters enthalten
(§ 5 GmbHG).
e) Ja. Auch diese Firma ist zulässig, weil Dr. Karl Weißenburger ja Gesellschafter der
Weißenburger GmbH ist (Organ der GmbH). Wird die GmbH als Personenfirma geführt,
muss sein Name also im GmbH-Namen aufscheinen (min 1 Gesellschafter!). Die GmbH
selbst ist Komplementärin der KG. Bei der KG darf nur der Name des Komplementärs (=
unbeschränkt haftenden Gesellschafters  hier: Dr. Karl Weißenburg GmbH) im
Firmennamen aufgenommen werden. Dass Weißenburger zugleich Gesellschafter der KG,
nämlich Kommanditist (beschränkte Haftung) ist, spielt dabei keine Rolle. [Anm.: Sinn
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einer solchen GmbH & Co KG im engsten Sinn ist, dass zwar die Weißenburger GmbH
als Komplementärin unbeschränkt mit ihrem Gesellschaftsvermögen haftet, Dr. Karl
Weißenburger aber sowohl als Gesellschafter „hinter“ der GmbH als auch als
Kommanditist der KG nur beschränkt haftet (beschränkt haftende Personengesellschaft)]
f) Ja. Der Zusatz „OEG“ oder „KEG“ bei Offenen Erwerbsgesellschaften bzw Kommandit
– Erwerbsgesellschaften kann durch die Bezeichnung „...& Partner“ ersetzt werden (§ 6
EEG).
g) Ja. Auch Sachfirma bei GmbH erlaubt (siehe d)
h) Ja. Prinzipiell hat eine AG zwar eine Sachfirma zu sein, jedoch darf aus wichtigen
Gründen von diesem Grundsatz abgewichen werden: Der Name „Porsche“ stellt hier
aufgrund der Bekanntheit (Verkehrsgrund) der Firma einen solchen Grund dar. =>
Personenfa. hier (ausnahmsweise) zulässig!
Fall 5
Grundsätze der „abgeleiteten Firma“: Der Grundsatz der Firmenwahrheit wird vom
Grundsatz der Firmenkontinuität (Firmenbeständigkeit) nach §§ 21, 22 HGB durchbrochen.
Zum Schutz des sogenannten „good will“ (= Ruf, Bekanntheitsgrad, immaterieller
Vermögenswert einer Firma) darf unter gewissen Bedingungen die ehemalige Firma eines
Unternehmens bei Übernahme oder Namensänderung des Inhabers etc weitergeführt werden.
a) Ja. Bei Namensänderung durch Eheschließung des Inhabers darf der alte Firmenname
beibehalten werden (§ 21 HGB).
b) Ja. Damit die Firma bei Gesellschafterwechsel beibehalten werden darf, bedarf es bei
Ausscheiden eines namensgebenden Gesellschafters dessen Zustimmung (§ 24 Abs 2
HGB). Anna Gut muss also die Zustimmung zur Weiterführung der Firma geben, weil ihr
Name im Firmennamen enthalten war (Namensrecht).
c) Unternehmensübergang: Grundsätzlich darf beim Erwerb eines Handelsgeschäftes unter
Lebenden oder von Todes wegen die bisherige Firma – auch ohne Nachfolgezusatz –
fortgeführt werden, wenn der bisherige Geschäftsinhaber oder dessen Erben ausdrücklich
einwilligen (§ 22 Abs 1 HGB).
In diesem Fall widersprechen die Grundsätze der Firmenkontinuität den Grundsätzen der
Firmenwahrheit: Durch die Unternehmensübernahme ändert sich die Rechtsform des
Unternehmens: die Erwerberin ist eine GmbH.
=> Die Müller Handels GmbH (Käuferin) darf also den alten Firmennnamen nur
weiterführen, wenn
1) Barbara Schön und Michael Lustig (bisherige Inhaber) ausdrücklich einwilligen
Ein Nachfolgevermerk in den Firmenkern aufgenommen wird, der auf die Änderung der
Rechtsform hinweist.
 zB „Gut&Schön OHG, Inhaber Müller GmbH“
d) siehe oben: Grundsätze der abgeleiteten Firma...
Fall 6
Der Firmenname („Alt - Frisörbetriebs GmbH“) ist der Handelsname des Kaufmanns. Das
Firmenbuchgericht kann Firmenbetreibern, die ihnen eine nicht zustehende Firma gebrauchen,
nach § 24 FBG den Firmennamen verbieten (Zwangsstrafen) = öffentlichrechtlicher
Firmenschutz.
Weiters genießt der Firmenname privatrechtlichen Schutz:
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1) Nach § 37 HGB aus unbefugtem Gebrauch einer Firma: Bei § 37 HGB kann nur auf
Unterlassung und Beseitigung geklagt werden, nicht aber auf Schadenersatz (iUz § 43
ABGB). Ebenso werden nach § 37 HGB nur materielle und keine ideellen Interessen
geschützt!
2) Nach § 43 ABGB aus unbefugtem Gebrauch eines Namens (Namensschutz): Es kann auf
Unterlassung, Beseitigung UND Schadenersatz geklagt werden, auch ideele Schäden
werden ersetzt!
3) Nach § 9 UWG aus dem verwechslungsfähigen, aber fr zulässigem Gebrauch einer Firma
zu Wettbewerbszwecken (Wettbewerbsrecht): Es sind Klagen auf Unterlassung,
Beseitigung UND Schadenersatz denkbar, jedoch werden NUR materielle Schäden
ersetzt.
Die Geschäftsbezeichnung („GmbHaar“) kann – im Gegensatz zur Firma – nicht nur von
Vollkaufleuten, sondern auch von Minder- bzw Nicht -.Kaufleuten verwendet werden. Sie ist
frei wählbar, sofern sie nicht irreführend ist. Sie genießt grundsätzlich
1) wettbewerbsrechtlichen Schutz (§ 9 UWG, siehe oben) bei Verwechslungsgefahr.
2) Namensrechtlichen Schutz nach § 43 ABGB NUR unter der Bedingung, dass die
Geschäftsbezeichnung bereits Verkehrsgeltung erlangt hat.
3) Allenfalls markenrechtlichen Schutz nach § 12 MSchG.
[Achtung: Eine Geschäftsbezeichnung genießt keinen firmenrechtlichen Schutz nach § 37
HGB, weil sie keine Firma ist!].
Fall 7
Ja. Der X-Verlag kann vom O-Verlag wegen unbefugten Gebrauchs von Markenzeichen
(bezeichnet eine Ware) auf angemessenes Entgelt, Schadenersatz und Herausgabe der
Bereicherung geklagt werden (§ 56 MSchG). Diesen markenrechtlichen Schutz genießt der
O-Verlag aber nur dann, wenn er in das Markenregister eingetragen ist („registrierte
Marke“).
Ebenso wären Ansprüche des O-Verlages aus § 34 MustG denkbar: Danach ist aber nicht das
Produkt selbst, sondern bloß das Muster ( = Vorbild für das Aussehen eines gewerblichen
Erzeugnisses; § 1 MustG) geschützt („Designschutz“).
Ist der O-Verlag nicht im Markenregister eingetragen, bleibt ihm noch der Schutz durch
„Ausstattung“ (= Hilfsmittel, das aufgrund seiner Form auf ein Unternehmen / eine Ware
hinweist zB Firmenlogos, Werbesprüche etc...). Bedingung für den Schutz der Ausstattung
nach § 9 UWG ist jedoch, dass die Ausstattung bereits Verkehrsgeltung erlangt hat.
[Anmerkung/Ergänzung: Unterscheide davon: Ein Patent ist eine technische Erfindung, das
erst durch Anmeldung beim Patentamt entsteht. Erst dann genießt es patentrechtlichen
Schutz.
Das Urheberrecht betrifft hingegen vor allem Gebiete wie Literatur, Kunst, Musik.... Im
Gegensatz zum Patentrecht entsteht dieses bereits beim Entstehen des Werkes.]
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Firmenbuch und Unternehmensübergang
Fall 8
Vor dem Umsatzrückgang und der Löschung im FB ist Thomas Kaufmann nach § 1 HGB,
weil er
1) ein Gewerbe (selbständig, planmäßig, dauerhaft, erkennbar, entgeltlich, nicht
freiberuflich) betreibt, und zwar
2) ein Grundhandelsgewerbe nach § 1 Abs 2 Z 1 HGB (Beschaffung und Weiterveräußerung
beweglicher Sachen/Waren: Blumenhändler).
3) Thomas war Vollkaufmann ( kaufmänn. Einrichtungen, Umsatz, Angestellte, ins FB
eingetragen!).
Nach der Löschung im FB betreibt Thomas
1) das Gewerbe (selbständig, planmäßig, dauerhaft, erkennbar, entgeltlich, nicht
freiberuflich) weiter.
2) Es handelt sich auch nach der Löschung um ein Grundhandelsgewerbe nach § 1 Abs 2 Z 1
HGB.
3) Sein Umsatz sinkt aber, kaufmännische Einrichtungen (gesamtes Geschäftslokal) sowie
Angestellte etc sind daher nicht mehr erforderlich, die FB-Eintragung wird gelöscht
=> Thomas bleibt grundsätzlich weiterhin § 1 – Kaufmann (kraft Grundhandelsgewerbe, „Istoder Muss-Kaufmann“), wird jedoch wegen Punkt 3) Minderkaufmann nach § 4 HGB.
Variante: Beantragt Thomas im FB keine Änderung,
a) bleibt er auch weiterhin Vollkaufmann gem § 5 HGB (Scheinkaufmann; Kaufmann
kraft Eintragung), weil er
1) im FB weiterhin als solcher eingetragen ist
2) ja noch ein Gewerbe betreibt (= Voraussetzung für Anwendbarkeit des § 5 HGB; vgl Fall
2 f ).
b) Stellt er den Blumenhandel allerdings völlig ein ohne eine Löschung im FB zu beantragen,
ist § 5 HGB unanwendbar: Es kommt § 15 Abs 1 HGB zur Anwendung: Danach ist
Thomas bis zur Löschung Fiktivkaufmann (Kaufmann kraft Eintragung) dh er kann sich
Dritten gegenüber nicht auf die Einstellung seines Gewerbes berufen. Es gilt nämlich das
negative Publizitätsprinzip des Firmenbuches. Dritte dürfen im Rahmen des Vertrauensschutzes auf die Eintragung im FB (Vollkaufmann) vertrauen, sofern sie selbst schutzwürdig sind, dh nichts von der Einstellung des Handelsgewerbes wussten (vgl Fall 2 f ).
Er muss gutgläubig handeln, leichte FL schadet bereits (Rsp).
Fall 9
a) Den Kauf eines Unternehmens durch seine eigenen Führungskräfte nennt man
„Management-Buy-Out“. Grundsätzlich (als Überbegriff) erwerben in diesem Fall Albert
und Bernd (GF) die B-GmbH von Christian Bauer (100 %) durch share deal (=
Beteiligungskauf; Unternehmenskauf iwS).
b) Im Gegensatz zum asset deal (= Unternehmenskauf ieS, vgl dazu gleich Fall 10) bedürfen
die einzelnen Gegenstände des Unternehmens keiner gesonderten Übereignung. Albert
und Bernd werden neue Eigentümer der B-GmbH durch Erwerb aller Anteile von Bauer.
Achtung: Gemäß § 76 GmbHG unterliegt die Übertragung von GmbH-Anteilen (Anm.:
nicht aber bei der AG!) einer gesetzlichen Formvorschrift: Sie ist notariatsaktpflichtig.
Gewisse schuldrechtliche Regelungen sind sowohl für den Unternehmenskauf ieS (asset
deal) als auch für den Anteilskauf (share deal; Unternehmenskauf iwS) relevant.
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 rechtliche Ausgestaltung
1) Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots (Konkurrenzklausel): kann zwischen Albert &
Bernd (Erwerber) und Bauer (Veräußerer der Anteile) für mehrere Jahre vereinbart
werden. Wurde es nicht ausdrücklich vereinbart, ist es eine vertragliche Nebenpflicht des
Veräußerers (Bauer), in der nächsten Zeit nicht in derselben Branche wie Albert & Bernd
tätig zu werden.
2) Wurden die Gewährleistungsansprüche gem § 929 ABGB nicht vertraglich ausgeschlossen (zB weil Albert und Bernd eine umfassende Einsicht ins Unternehmen gewährt
wurde), gelten jegliche Ansprüche aus dem Titel der Gewährleitung auch beim share deal:
Mit dem Anteilskauf erwerben Albert und Bernd (Käufer) ein Recht (Gesellschaftsanteil
= Bündel von Rechten und Pflichten). Unumstritten ist daher, dass Bauer (Veräußerer der
Anteile) jedenfalls für Mängel an den Anteilen selbst (=Rechtsmängel) im Rahmen der
Gewährleistung einstehen muss. Erwerben Albert und Bernd also beispielsweise mit den
GmbH-Anteilen nicht jene Rechtsposition, die ihnen zusteht, liegt ein
gewährleistungsrechtlich relevanter Mangel vor. Gem § 932 ABGB (zur Gewährleistung
siehe auch BR) haben die Erwerber je nach Art (behebbar - unbehebbar) und Schwere
(wesentlich - unwesentlich) unterschiedliche alternative Ansprüche (Wandlung;
Preisminderung; Verbesserung... siehe BR). Gesellschaftsanteile sind bewegliche Sachen,
für sie gilt daher die 6-Monate-Frist zur Geltendmachung der Ansprüche. Im Unterschied
zu Sachmängeln beginnt die Gewährleistungsfrist für Rechtsmängel erst ab
Erkennbarkeit des Rechtsmangels zu laufen.
Schwieriger ist die Rechtsfrage, ob beim share deal der Erwerber von Anteilen auch
Sachmängel, dh Mängel, die nicht die Anteile (versprochene Rechtsposition) sondern das
Unternehmen selbst (zB mangelhafte Ertragskraft, mangelnde Jahresabschlüsse, falsche
Bilanzen...etc...) gewährleistungsrechtlich gegenüber dem Anteilsverkäufer geltend
machen kann. Grundsätzlich sind Sachmängel beim Anteilskauf unerheblich, von diesem
Grundsatz gibt es aber 3 wesentliche Ausnahmen:
1. Erwerb ALLER Anteile
oder
2. Wenn der Erwerb dem Erwerb des Unternehmens gleichkommt
oder
3. Mängel an vertraglich besonders vereinbarten Eigenschaften (zB Bilanz- oder
Ertragsgarantien..)
 Albert und Bernd erwerben hier alle GmbH-Anteile (100%), sie haben
daher auch Anspruch auf Gewährleistung aus Sachmängeln!
3) Bestehende Rechtsverhältnisse: Weil sich beim share deal nur die Eigentümer der
Gesellschaft, nicht jedoch die GmbH als juristische Person selbst ändert, bleiben alle
privat- und öffentlich-rechtlichen Verträge (zB Arbeitsverträge, Lieferantenverträge,
Betriebsgenehmigungsverträge ...) vom Unternehmensübergang unberührt.
[Ausnahme: Mietvertrag über Geschäftsräumlichkeit: Gem § 12 a Abs 3 MRG darf der
bisherige Vermieter bei (bisher) zu niedrigem Mietzins den Mietzins angemessen
anheben.]
4) Schuldenhaftung des Erwerbers: Prinzipiell gibt es die (zwingende) Schuldenhaftung
nach § 1409 ABGB beim share deal nicht, dh der (die) Erwerber haften grundsätzlich
nicht für Schulden des Anteilsveräußerers.
(Albert und Bernd würden nur dann ausnahmsweise für Schulden des Christian Bauer
haften, wenn sein 100%-Anteil an der GmbH fast sein ganzes Vermögen darstellen
würden und sie sich dieser Tatsache bewusst wären.)
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Fall 10
Es liegt Unternehmenskauf ieS (asset deal) durch Einzelrechtsnachfolge vor. Nach
allgemeinem Zivilrecht (siehe BR, Sachenrecht) erwirbt man Eigentum durch Titel und
Modus. Diesem Prinzip folgt auch der Unternehmenserwerb ieS (asset deal) im Handelsrecht.
Titel (Verpflichtungsgeschäft) ist der Kaufvertrag über das gesamte Unternehmen zwischen
Sybille Selcher (Verkäuferin) und der Tramway GmbH (Erwerber).
Der Modus (Verfügungsgeschäft; Übereignung) muss beim asset deal aber gemäß dem
sachenrechtlichen Spezialitätsprinzip für jeden Bestandteil des Unternehmens gesondert
übertragen werden:
[Grundsätzlich sind beim Unternehmenskauf durch Einzelrechtsnachfolge 4 Übertragungsmöglichkeiten (Modi) relevant:
1) Modus für unbewegliche Sachen (zB Liegenschaften) => Eintragung ins Grundbuch
2) Modus für bewegliche Sachen => Übergabe (reale = körperliche Übergabe; subsidiär
Übergabe durch Zeichen; alternativ Übergabe durch Erklärung: a) Übergabe kurzer
Hand = traditio brevi manu; b) Übergabe durch Besitzkonstitut = constitutum
possessorium; Übergabe durch Besitzanweisung ; siehe BR, Sachenrecht)
3) Modus für Forderungen => Zession (= Forderungsabtretung; siehe BR)
4) Modus für Verbindlichkeiten (bestehende Schuldverhältnisse bzw Verträge) => Dreiparteieneinigung (Dreiparteienregel); dazu gleich unten!]
a) Der Bierlieferungsvertrag mit „Budschwaz“ ist ein Schuldverhältnis (Vertragsverhältnis).
Zur Übertragung von Schuldverhältnissen (Verbindlichkeiten) bedarf es prinzipiell der sog.
„Dreiparteieneinigung“, dh sowohl Selcher (Veräußerer), die GmbH (Erwerber) als auch der
bisherige Vertragspartner des Veräußerers (Bierlieferant, Gläubiger der Leistung) müssen der
Vertragsübernahme zustimmen. [...folgt dem Prinzip der bürgerlich-rechtlichen privaten
(befreienden) Schuldübernahme: Abhängigkeit von der Zustimmung des Gläubigers va wegen
Konkurs-/ Insolvenzgefahr des neuen Vertragspartners (Gläubigers)!]
=> Nach Übergang des Vertragsverhältnisses gemäß der Dreiparteienregel muss Tramway
den Vertrag erfüllen.
b) Es handelt sich um eine Ausnahme der „Dreiparteienregel“: Mietverträge, die § 1 MRG
(Miete von Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten; siehe BR) unterliegen, gehen beim
Unternehmenskauf ieS kraft gesetzlicher Vertragsübernahme (ex lege) über, wenn der
Tatbestand des § 12a MRG erfüllt ist:
Voraussetzungen:
1) Anwendbarkeit des MRG (§ 1 MRG: Mietobjekt zB Geschäftsräume etc; keine
Grundstücke: => ABGB!)
2) Unternehmensveräußerer (Sybille) war Hauptmieterin.
3) Das Unternehmen wird durch Kauf veräußert.
4) Das Unternehmen wird im Mietobjekt weitergeführt.
=> Die Stadtverwaltung (Vermieter) kann gegen den Mieterwechsel selbst nichts
unternehmen, weil bei der gesetzlichen Vertragsübernahme die Zustimmung des Vermieters
nicht erforderlich ist. Sie darf das Mietverhältnis nicht aufkündigen. Allenfalls kann sie den
Mietzins anheben, wenn der von Sybille Selcher (Veräußerer) bisher bezahlte Mietzins
niedriger als der „angemessene Mietzins“ (§ 16 MRG) war.
c) Nein. Auch der Vertragsübergang von Arbeitsverträgen stellt eine (weitere) Ausnahme
von der „Dreiparteienregel“ dar. Gem § 3 Abs 1 AVRAG haben Hannilore und Albert
(Arbeitnehmer) Recht auf Beibehaltung der Arbeitsverhältnisse. Der Erwerber (Tramway)
darf das Lohnniveau nicht senken (Ausnahme: Erwerb des Unternehmens aus Konkursverfahren).
10
Fall 11
Es liegt Unternehmenskauf ieS (asset deal) vor. Meyer ist Verkäufer, Walker Käufer, Stainer
(Alt)gläubiger von Meyer.
Zunächst ist zu prüfen, ob eine Haftung für die Altverbindlichkeiten nach § 25 HGB
besteht. Nach der Schuldenhaftung des § 25 HGB haftet nämlich der Erwerber (Walker)
neben dem Veräußerer (Meyer) für alle früheren Verbindlichkeiten, die der Veräußerer
(Meyer) im Betrieb seines Handelsgeschäfts begründet hat.
[ Anmerkung: Diese Schuldenhaftung (Solidarhaftung des Erwerbers mit dem Veräußer) folgt
dem Prinzip des bürgerlich-rechtlichen Schuldbeitritts (dazu siehe BR/ Fall 62 unten!): Beide
(Veräußerer und Erwerber) haften dem (Alt)gläubiger solidarisch für die Altverbindlichkeit.
Wird der Erwerber allerdings vom Gläubiger in Anspruch genommen, hat dieser im
Innenverhältnis einen Regressanspruch gegen den Veräußerer.]
Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 25 HGB ist aber, dass
1) ein vollkaufmännisches Handelsgeschäft unter Lebenden veräußert wurde: ja
2) das Unternehmen unter der bisherigen Firma vom Erwerber fortgeführt wird: ja.
Anm.: Der Nachfolgezusatz des Achim Walker zum alten Firmenkern ist dafür unerheblich.
[Ebenso unerheblich wären geringfügige Abweichungen im Firmenname und ob diese
Fortführung selbst firmenrechtlich rechtmäßig (§ 22 HGB) ist.]
Ist dieser Tatbestand erfüllt, treten die Rechtsfolgen des § 25 HGB ein.
Die Haftung nach § 25 HGB ist ....
 solidarisch ( => Regressmöglichkeit!)
 unbeschränkt (dh im Gegensatz zu § 1409 ABGB nicht mit dem Wert der
übernommenen Aktiva beschränkt, Haftung für alle Verbindlichkeiten des Veräußeres)
 dispositiv (dh im Gegensatz zu § 1409 ABGB vertraglich abdingbar; § 1409 ABGB = ius
cogens!), der vertragliche Haftungsausschluss für sämtliche Altverbindlichkeiten muss
aber veröffentlicht, dh den betroffenen Gläubigern (persönlich) mitgeteilt ODER ins FB
eingetragen werden!
=> Grundsachverhalt: Achim Walker hat zwar die Haftung für die Altverbindlichkeiten des
Maximialian Meyer im Kaufvertrag ausgeschlossen, das aber weder veröffentlicht noch dem
Gläubiger Stainer (persönlich) mitgeteilt.
=> Nach § 25 HGB haftet Achim Walker ergo unbeschränkt.
Wird er von Stainer zur Zahlung der 30.000 Euro in Anspruch genommen, hat er aber gegen
Meyer einen Regressanspruch.
Variante: Achim Walker haftet allerdings nicht nach § 25 HGB wenn er den vertraglichen
Ausschluss seiner Haftung für Altverbindlichkeiten allen Gläubigern (persönlich) mitgeteilt
hat und in einer Lokalzeitung veröffentlicht hat.
[Anmerkung: Die Schuldenhaftung des § 1409 ABGB bleibt in diesem Fall völlig unberührt,
weil ohnehin die Haftung nach § 25 HGB gegeben ist. Als Ergänzung wird jedoch – aufgrund
der Prüfungsrelevanz – auch die Haftung nach § 1409 ABGB durchgeprüft. Unterschiede
zwischen den beiden Haftungsschemen kommen dadurch besser zur Geltung.
Auch die Schuldenhaftung nach § 1409 ABGB beruht auf dem Prinzip des Schuldbeitritts.
Voraussetzung für eine Schuldenhaftung nach § 1409 ABGB ist, dass
1) Der Erwerber Eigentum am Unternehmen erwirbt (keine Pacht = Unterschied zu § 25
HGB: auch bei Verpachtung anwendbar!): ja (SV)
2) Er das Unternehmen rechtsgeschäftlich (zB durch Kauf) erworben hat (und nicht geerbt
hat => Übernahme nach Erbrecht fällt nicht unter § 1409 ABGB - Unterschied zu § 25
HGB: auch Erben eines Unternehmens können nach § 25 HGB haften!): ja – Kaufvertrag
zw. Meyer und Walker (SV)
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3) Er bei Übernahme die Schulden kannte bzw kennen musste. (Beweislast trägt der
Gläubiger. Ausnahme: Ist Erwerber naher Angehöriger des Verkäufers =>
Beweislastumkehr!); => zur Unterstützung: „Diligence – Prüfung“
4) Es sich um Unternehmensschulden (wirtschaftlicher Zusammenhang) und nicht um
Privatschulden des Veräußerers handelt: ja – SV: Die Schulden stammen aus einer
Warenlieferung.
=> Rechtsfolge:
Die Schuldenhaftung nach § 1409 ABGB ist....
 solidarisch (=> Regress)
 beschränkt durch den Wert der übernommenen Aktiva (iUz § 25 HGB!)
 zwingend (ius cogens; vertraglich nicht abdingbar)
=> Die Schulden (30.000 Euro) übersteigen die übernommenen Aktiva (Wert des
Unternehmens = 599.987 Euro) ohnehin nicht.
Walker würde Stainer gegenüber auch nach § 1409 ABGB für die gesamten (Alt)lieferverbindlichkeiten des Meyer (30.000) haften.]
Fall 12
Nein. Diesem Fall liegt als Tatbestand das „Prinzip der Vergesellschaftung“ (§ 28 HGB),
bei der ein Einzelunternehmen entweder in eine OHG oder in eine KG umgewandelt wird,
zugrunde:
In ein Einzelunternehmen („Hannes Tisch Souvenirs“) tritt Iris Schutz gem § 28 HGB als
persönlich haftende Gesellschafterin ein. => Es entsteht die „Schutz & Co OHG“
(=derivatives Entstehen einer OHG, die Einlage des H. Tisch ist sein Unternehmen =
Sacheinlage).
[Anm.: Für die Anwendung des § 28 HGB ist es iUz § 25 HGB (vgl Fall 11) unerheblich, ob
die Gesellschaft unter der bisherigen Firma weitergeführt wird oder nicht!]
Wesentlichste Rechtsfolge der Vergesellschaftung nach § 28 HGB ist, dass
1) neben dem Altschuldner (Hannes Tisch)
2) auch die neu entstandene Gesellschaft (OHG) mit ihrem Gesellschaftsvermögen für alle
betrieblichen Altschulden des Einzelunternehmens haftet (Übergang der Altschulden des
EU auf Gesellschaft; OHG haftet als Gesamthandschaft mit dem gesamten
Gesellschaftsvermögen; vgl Gesellschaftsrecht: OHG – Recht / Fall 26).
3) Bei einer OHG bedeutet das aber weiters, dass nicht nur die Gesellschaft mit ihrem
Gesellschaftsvermögen, sondern auch die OHG – Gesellschafter (Komplementäre) selbst
nach § 128 HGB (dazu gleich unten!) für Schulden der Gesellschaft haften.
=> Neben die (persönliche) Haftung des bisherigen Unternehmensträgers (Einzelunternehmer
Hannes Tisch haftet 1) als Altschuldner 2) nun auch als OHG-Gesellschafter, dh
Komplementär) und die Haftung der OHG (als Gesellschaft) tritt in diesem Fall also auch
noch die (persönliche) Haftung der neuen Gesellschafterin (=> Haftung der Iris Schutz als
zweite Komplementärin der OHG).
=> Iris kann Walter Hai (Altgläubiger des Hannes Tisch) daher die Zahlung der
Altverbindlichkeit (Lieferverbindlichkeit von 1.000 Euro) nicht verweigern. Gem § 128 HGB
(= ius cogens!) haften die Gesellschafter einer OHG (Komplementäre) für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nämlich
 persönlich (dh mit ihrem gesamten Privatvermögen)
 primär (dh der Gläubiger Walter Hai darf die OHG-Gesellschafterin Iris Schutz
persönlich zur Zahlung der Altschulden in Anspruch nehmen, auch wenn dafür das
Gesellschaftsvermögen der OHG ausgereicht hätte; Gegenteil = subsidiär zB Bürge)
12

unmittelbar (dh Walter Hai muss nicht zuerst die OHG zur Zahlung auffordern, er kann
Iris Schutz direkt auf Zahlung klagen!)
 unbeschränkt (und unbeschränkbar; Gegenteil: Haftung des Kommanditisten, siehe KG)
 solidarisch (dh als Gesamtschuldner = Solidarschuldner iSd §§ 891 ff ABGB: Jeder
einzelne Gesellschafter schuldet dem Gläubiger die gesamte Leistung. Muss Iris allerdings
alleine die gesamte Schuld an Walter zahlen, hat sie im Innenverhältnis (IV) zunächst
einen Regressanspruch gegen die OHG als Gesellschaft (Tilgung einer Gesellschaftsschuld).
[Anm.: vgl BR/ Figur des Schuldbeitritts = Schuldzession: 1.Solidarschuldner = OHG,
2.Solidarschuldner = Iris; bei Zahlung => Regressanspruch des Zahlenden gegen Solidarschuldner entsteht kraft Legalzession: Zahlung einer „fremdem“ Schuld...]
Kann sie sich nicht aus dem Gesellschaftsvermögen befriedigen, hat sie nach hM einen
(anteilsweisen) Regressanspruch iSd 896 ABGB gegen ihren Mitgesellschafter Hannes.
Wie bei der Schuldenhaftung nach § 25 HGB (vgl Fall 11) kann aber die neuentstandene
Gesellschaft (OHG) die Haftung für die Altverbindlichkeiten des Einzelunternehmens
ausschließen (Haftung nach § 28 HGB ist dispositiv!), wenn
 der Haftungsausschluss dem Altgläubiger (Walter Hai) von einem Gesellschafter mitgeteilt
ODER
 ins FB eingetragen UND veröffentlicht wurde ( § 28 Abs 2 HGB).
Fall 13
Struktur des Sachverhalts:
1) Ottakringer Bau AG, Wien
(= börsennotierte Gesellschaft)
 Cems AG
(hält 25 % der Ott. B. AG)
 Bau Bet. AG, Linz (hält 26 % der Ott. B. AG)
2) Bau Bet. AG, Linz (Mutter) & Bau Union GmbH, Linz (Tochter)
3) Bau Union GmbH, Linz (Tochter d. Bau Bet. AG) möchte die 25%-Beteiligung an der
Ott. B. AG von der Cems AG erwerben.
=> Würde dazu führen, dass Bau Union GmbH, Linz (Tochter) gemeinsam mit Bau
Beteiligungs AG, Linz (Mutter, 26 %) 51 % der Anteile an der Ottakringer Bau AG, Wien
halten würden!
a) Im Firmenbuch. Dort sind die Bau U. GmbH und die Bau Bet. AG als Rechtsträger
eingetragen.
b) Einsicht in das Hauptbuch kann Bertl Wendheim (Ott. Bau AG, Wien) nicht am Wiener
Handelsgericht (Gerichtshof erster Instanz), sondern grundsätzlich beim Landesgericht
Linz (= Hauptniederlassungsort der Bau Bet. AG => örtliche Zuständigkeit) nehmen.
Wendheim braucht aber dennoch nicht nach Linz fahren, weil er sich zB bei einem
Wiener Notar einen FB – Auszug holen kann. Weiters wäre er auch noch zu einer EDVAbfrage (zB über BTX der Post, IBM..) befugt (§ 34 FBG).
Will Wendheim jedoch in die Urkundensammlung (dort liegen die Unterlagen für die
Eintragungen im Hauptbuch auf) Einsicht nehmen, muss er sehr wohl nach Linz fahren,
weil die Urkundensammlung zur Zeit noch nicht auf EDV-Datenbanken des FB umgestellt ist.
c) Nein. Die einzelnen Gesellschafter sind nur bei einer GmbH, nicht aber bei der AG im
FB eingetragen!
13
d) Relevante Rechtsvorschriften zum Schutz der Minderheitsaktionäre der Ottakringer Bau
AG (nach Aktienverkauf der Cems AG nur mehr 49 % !):
1) Übernahmegesetz (ÜbG 1998):
[Grundsätzliches: Das zum Schutz von Minderheitsaktionären am 1.1.1999 in Kraft getretene
ÜbG regelt die Übernahme einer börsennotierten Aktiengesellschaft mit Sitz im Inland, bei
der der Käufer (= Bieter) den Aktionären der zu übernehmenden Kapitalgesellschaft (=
Zielgesellschaft; siehe § 1 Z 2 ÜbG) öffentlich den Kauf ihrer Aktien anbietet.]
In diesem Fall kommt § 22 ÜbG zur Anwendung: Wer eine kontrollierende Beteiligung
(jedenfalls bei einer Mehrheit der Stimmrechte; zB 51%-Beteiligung) an einer Gesellschaft
erlangt, muss ein Angebot für alle Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft stellen ( =
Pflichtangebot nach § 22 Abs 1 ÜbG). Unter die Erlangung einer kontrollierenden
Beteiligung fällt nicht nur die unmittelbare Beherrschung der Zielgesellschaft durch den
Käufer (Bieter). Eine kontrollierende Beteiligung kann auch vorliegen, wenn ein mittelbarer
beherrschender Einfluss auf die Zielgesellschaft (zB über ein Konzernverhältnis) vorliegt.
Genau das ist hier gegeben: Weder die Bau Bet. AG (26%) allein noch die Bau U. GmbH
(Erwerb von 25%) hält die Mehrheit der Stimmrechte an der Ott. Bau AG (=
Zielgesellschaft). Zu beachten ist allerdings, dass die beiden Unternehmen in einem
Konzernverhältnis (Unterordnungskonzern: Muttergesellschaft – Tochtergesellschaft) stehen
und die Bau Bet. AG (Mutter) über die Bau U. GmbH (Tochter) mittelbar beherrschenden
Einfluss auf die Zielgesellschaft (Ott. Bau AG) ausüben kann. Gemeinsam würden nämlich
beide Unternehmen eine 51 % - Beteiligung , dh auf jeden Fall die Mehrheit der Stimmrechte
( => kontrollierende Beteiligung) halten.
=> Nach ÜbG sind also beide Unternehmen (Mutter und Tochter) als Bieter verpflichtet, den
Minderheitsaktionären (49 % Restbeteiligung) der Ott. Bau AG (Zielgesellschaft) ein
(öffentliches) Pflichtangebot zum Kauf der restlichen Aktien zu stellen. Sinn dieser
Bestimmung ist, dass die Minderheitsaktionäre der Zielgesellschaft bei einem
Kontrollwechsel und einer damit verbundenen Änderung der Stimmrechte zu ihren
Ungunsten die Möglichkeit haben sollen, ihr Kapital von der betroffenen Gesellschaft
abzuziehen.
Für die Ausarbeitung des Pflichtangebot durch die Bieter gelten dieselben Regeln wie für
freiwillige öffentliche Übernahmeangebote (zB Geheimhaltungspflicht der Pläne als Schutz
gegen Marktverzerrungen aufgrund von Gerüchten, Informationspflicht bei starken
Kursbewegungen aufgrund von Gerüchten, Prüfung der Angebotsunterlage durch
Sachverständigen, Vorlegen des Angebots dem Vorstand und Aufsichtsratvorsitzenden der
Zielgesellschaft etc...).
Auch ist der Mindestpreis, den die Bieter (Bau Bet. AG und Bau U. GmbH) den Aktionären
der Zielgesellschaft (Ott. Bau AG) für den Kauf ihrer Aktien anbieten müssen, gesetzlich
festgelegt (§ 26 ÜbG).
Missachten die Bieter die Bestimmungen des ÜbG, drohen ihnen je nach Schwere der
Verletzung (Entscheidung durch Übernahmekommission = Verwaltungsbehörde; einzige
Instanz => Berufung an den VwGH unzulässig!) unterschiedliche zivil- und verwaltungsrechtliche Sanktionen.
2) § 41 KartellG: Zu beachten ist, dass ein mittelbarer Erwerb von Anteilen vorliegt, wobei
der Beteiligungsgrad von 50% überschritten wird. Alle drei Gesellschaften sind
Unternehmer. Es besteht die Gefahr, dass die Bau Bet. AG zusammen mit der Bau U. GmbH
eine marktbeherrschende Stellung einnimmt. => Nach § 41 KartellG ist dieser Zusammenschluss verboten, wenn die Unternehmen zusammen bzw jede für sich eine gewisse
gesetzliche Umsatzgrenze überschreitet.
14
e) Ja. Gemäß § 12a Abs 3 MRG (vgl dazu auch Fall 9 Pkt 3 und Fall 10 b) darf der
Vermieter bei Mietobjekten, die unter § 1 MRG (Geschäftsräumlichkeiten; Wohnungen...)
den Mietzins bei einer Veränderung der rechtlichen oder wirtschaftlichen Einflussmöglichkeit auf den „angemessenen Mietzins“ anheben. Durch den Verkauf der Anteile
verliert die Ott. Bau AG (Mieter) rechtliche und wirtschaftliche Einflussmöglichkeiten. =>
Hannes H. (Vermieter) handelt zu Recht.
[Anm.: Diese Bestimmung soll langjährigen niedrigen „Friedenszinsmieten“ va bei jur. Personen entgegenwirken.]
Fall 14
(vgl Fall 9 b 2: Gewährleistung beim Unternehmenskauf)
Es liegt Unternehmenskauf ieS (asset deal) vor. Verkäufer der Geschäftslokale ist die G-AG,
Käufer die P-AG. Titel ist der Kaufvertrag. Modus die Übergabe der verkauften Filialen. =>
Die P-AG hat (derivativ) Eigentum an den Geschäftslokalen der G-AG in Kärnten und
Osttirol erworben.
Die fehlenden Betriebsanlagengenehmigungen stellen allerdings einen Sachmangel (vgl BR)
dar (Mangel am Unternehmen selbst), weil Betriebsbewilligungen übliche Eigenschaften für
Geschäftslokale einer Restaurantkette sind. Der Mangel bestand schon bei Übergabe. Der
Sachmangel ist wesentlich ( er verhindert den ordentlichen Gebrauch der Filialen!) und
(allenfalls) behebbar ( die Betriebsgenehmigungen können von der G-AG noch erlangt
werden, die Schließung der Lokale ist ja nur vorübergehend!). => Nach Bürgerlichem Recht
hat die P-AG daher Ansprüche auf Verbesserung zB durch Nachtrag des Fehlenden oder
auf Preisminderung (§ 932 ABGB).
Da Unternehmen im Zusammenhang mit Gewährleistung immer als unbewegliche Sachen
gelten, gilt die 3-Jahres-Frist.
=> Die P-AG muss ergo ihre Gewährleistungsansprüche innerhalb von 3 Jahren ab Übergabe
der Filialen (Sachmangel!) gegen die G-AG geltend machen.
[Ergänzung: Liegt Verschulden der G-AG (Veräußerer) vor, kann die P-AG alternativ zur
Gewährleistung auch Schadenersatzansprüche geltend machen. Bei grobem Verschulden
(grobe FL + Vorsatz) der G-AG kann sie von der G-AG zusätzlich auch noch den durch die
vorübergehende Schließung der Filialen entgangenen Gewinn verlangen. Genaueres dazu
siehe BR / Schadenersatzrecht.]
Variante: Schließt die P-AG (Erwerber) zum Kauf der Filialen der G-AG einen share deal
(Anteilskauf, Unternehmenskauf iwS) mit der T- GmbH (Tochter der G-AG) ab, ist § 76
GmbHG zu beachten: Die Übertragung von GmbH-Anteilen unterliegt einer gesetzlichen
Formvorschrift: Sie bedarf eines Notariatsaktes (= notarielle Beurkundung einer Willenserklärung UND zusätzliche Rechtsbelehrung zB Warnungen etc...). Es liegt zunächst kein
Mangel der Anteile selbst (=Rechtsmangel) vor, weil ja die P-AG durch den Erwerb der
Geschäftsanteile jene Rechtsposition (Stellung als Gesellschafter) erhalten hat, zu der sie der
Kaufvertrag (Titel; Verpflichtungsgeschäft) berechtigt.
=> (Streng juristisch betrachtet) bestehen keine Gewährleistungsansprüche aus Sachmängeln
beim share deal.
 Die P-AG kann also nicht gegen die G-AG vorgehen.
Dennoch gibt es 3 (wirtschaftliche) Ausnahmen, bei welchen eine Sachmängelhaftung auch
beim Anteilsakuf möglich ist:
1) Wenn die P-AG ALLE Anteile (100%) der T-GmbH erwirbt. (Sinn hinter dieser
Ausnahme ist die Tatsache, dass ein 100 %-Anteilserwerb dem wirtschaftlichen Kauf des
Unternehmens praktisch gleichkommt.)
15
[Anm.: ACHTUNG - Selbst beim Verkauf ALLER Anteile der T-GmbH an die P-AG bleibt
die T-GmbH aber noch rechtlicher Träger des Unternehmens, das wirtschaftliche Eigentum
befände sich dann jedoch völlig in den Händen der P-AG.]
2) Wenn der Anteilserwerb dem Unternehmenserwerb gleichkommt
3) bei speziell vertraglich vereinbarten Garantien (zB Bilanzgarantie, Erfolgsgarantie etc...)
b) durch Einsicht ins Firmenbuch und sog „due-dilgence-Prüfung“ ....
Vertriebssysteme
Fall 15
Handelsvertreter sind selbständig tätig und frei von persönlichen Weisungen. Sie trifft keine
persönliche Arbeitspflicht (können sich auch Angestellte nehmen!). => Auf Handelsvertreter
sind die Bestimmungen des Handelsvertreterrechts (HVertrG 1993) anwendbar.
Ein angestellter Provisionsvertreter ist jedoch unselbständig. => Für ihn gelten die
Bestimmungen des Arbeitsrechts.
Fall 16
Aloisia ist Handelsvertreter (HV) der Fa. Hiteck, weil sie
1) selbständige Gewerbetreibende ist. Sie ist kein Arbeitnehmer (unselbständig), da sie zB
über freie Zeiteinteilung im Beruf verfügt (= Merkmal für das Fehlen einer persönlichen
Abhängigkeit).
2) Rechtsgeschäfte über bewegliche Sachen (Hifi-Geräte) prinzipiell nur vermittelt. Werden
HV allerdings von ihrem GH ausdrücklich dazu ermächtigt, können sie selbst nicht nur
Rechtsgeschäfte vermitteln, sondern diese auch wirksam abschließen.
3) ständig von der Fa. Hiteck (Geschäftsherr, GH ) betraut wird
4) In fremdem Namen und auf fremde Rechnung, dh im Namen des Geschäftsherrn tätig ist
(Prinzip der bürgerlich-rechtlichen direkten Stellvertretung; vgl BR/ Stellvertretung)
=> Der SV bietet keinen Anhaltspunkt, dass Aloisia (HV) von der Fa. Hiteck (GH) ausdrücklich zum Abschluss von Verträgen ermächtigt worden wäre. Im Zweifelsfall hat sie
daher keine Abschlussvollmacht gegenüber Dritten (A). Schließt A (Händler) also mit Aloisia
(HV) einen Kaufvertrag ab, liegt einen Vollmachtsübertretung (Vertretung ohne Vertretungsmacht) vor.
[Nach Bürgerlichem Recht (vgl Kap. Stellvertretung) ist Aloisia falsus procurator und es ist
ein schwebend unwirksamer Vertrag (negotium claudicans, hinkendes Rechtsgeschäft)
zustande gekommen, das nur durch die Zustimmung des (scheinbar) Vertretenen (GH)
rückwirkend rechtswirksam gemacht werden kann. Die Fa. Hiteck liefert auch, darin wäre
eine Willensbetätigung (Realannahme; konkludente Zustimmung des GH) zu sehen. => Der
Vertrag wurde nach § 1016 ABGB rückwirkend rechtswirksam gemacht (rückwirkende
Heilung des Vertretungsmangels).]
Im Gegensatz dazu enthält das HVertrG jedoch eine Sonderbestimmung: Nach § 2 Abs 2
HVertrG müsste die Fa. Hiteck dem zwischen Aloisia (HV) und A abgeschlossenen
16
Kaufvertrag UNVERZÜGLICH nach Kenntnisnahme widersprechen. Andernfalls gilt das
Geschäft sonst als genehmigt (Schweigen ausnahmsweise als konkludente Zustimmung!).
=> In diesem Fall wurde das Rechtsgeschäft ohnehin vom GH genehmigt => A kann von der
Fa. Hiteck Gewährleistungsansprüche aus Sachmängelhaftung verlangen.
Fall 17
a) Siegbert (HV) hat von seinem GH (GmbH) das Alleinvertriebsrecht für die gesamte
Steiermark erteilt bekommen, dh es gebühren ihm für alle in diesem Gebiet abgeschlossenen Geschäfte des GH Provisionen. Folglich hat er auch einen Provisionsanspruch
aus dem Geschäft mit Manfred, auch wenn er nicht an seinem Zustandekommen beteiligt
war!
b) Siegbert hat Anspruch auf Bucheinsicht und Auskunftserteilung (§ 16 HVertrG). Wenn
sich seine Vermutung als wahr herausstellt, hätte die GmbH (GH) einen außerordentlichen
Kündigungsgrund für Siegi gesetzt!
Fall 18
[Grundsätzliche Unterschiede zw HV (HVertrG) und Makler (MaklerG):
Makler
 sind nicht dauernd zur Geschäftsmittlung beauftragt (Ausnahme: Versicherungs- und
Immobilienmakler)
 haben keine Pflicht zum Tätigwerden ggü. dem Auftraggeber (GH)
 haben oft eine Doppeltätigkeit (Tätigkeit f. Dritten und Mandanten)]
Werner ist Versicherungsmakler. Er übt eine Doppeltätigkeit (für Versicherer und Versicherten) aus. Versicherungsmakler unterscheiden sich von anderen Maklern dadurch, dass sie
ständig mit der Geschäftsvermittlung betraut sind. Sie unterliegen trotzdem dem MaklerG.
Herr Werner ist aufgrund seiner Doppeltätigkeit verpflichtet, überwiegend das Interesse der
Versicherungskunden zu wahren, die grundsätzlich aber nicht zur Provisionszahlung
verpflichtet sind. Weiters trifft Versicherungsmakler iGz den übrigen Maklern eine Pflicht
zum Tätigwerden gegenüber Kunden!
Fall 19
H hat in jedem Fall einen Ausgleichsanspruch gegen G (§ 24 HVertrG = relativ zwingendes
Recht).
Für einen angemessenen Ausgleichsanspruch des H (HV) sind folgende Voraussetzungen
nötig:
1) Vermittlung neuer Kunden: ja
2) Weiterhin erhebliche Vorteile für G (GH): ja, Aufbau eines Stammkundenstocks
3) Berücksichtigung der Billigkeit, dh eventueller ausgleichsmindernder Umstände wie zB
freiwillige Versorgungsleitungen durch G, Gewährung eines Mindesteinkommens...etc...
= Ermessenssache des Gerichts!
=> H hat ergo jedenfalls einen Ausgleichsanspruch gegen G (§ 24 HVertrG = ius cogens).
Die Höhe des maximalen Ausgleichsanspruchs ist die Jahresvergütung für die entgangenen
Provisionen (Berechnung: Durchschnitt der letzten 5 Geschäftsjahre
17
Variante:
a) Der Ausgleichsanspruch des H entfällt, weil H schuldhaft gehandelt hat. Die
Entgegennahme von Zahlungen stellt für G einen außerordentlichen Kündigungsgrund
dar. [vgl im Arbeitsrecht: Abfertigungsanspruch nach AngG!]
b) Bei der Kündigung durch H (Selbstkündigung) ohne berechtigten Anlass entfällt der
Ausgleichsanspruch des H ebenfalls, G hat nicht schuldhaft gehandelt.
[Anm.: Unterscheide allgemein ordentliche – außerordentliche Kündigung: Eine ordentliche
Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses kann immer nur unter Einhaltung eines
bestimmten Kündigungstermins und einer Kündigungsfrist erfolgen. Anders die
außerordentliche Kündigung: ohne Fristeinhaltung („fristlos“), jedoch nur bei Vorliegen eines
wichtigen Grundes!]
Fall 20
a) A hat als Verbraucher ein besonderes Rücktrittsrecht vom Vertrag, weil er den
Mietvertrag an dem Tag abschließt, an dem er die Immobilie zum ersten Mal besichtigt
(§ 30a KSchG: Rücktritt von Immobiliengeschäften als Schutz des Verbrauchers vor
unüberlegten, übereilten Vertragsabschlüssen). Er muss seinen Rücktritt schriftlich
innerhalb einer Woche nach Unterschreiben des Angebots bekanntgeben. Hat A keine
Zweitschrift des Vertrages erhalten und ist er nicht über das besondere Rücktrittsrecht
belehrt worden, beginnt die Frist jedoch nicht zu laufen. In jedem Fall ist sein
Rüchtrittsrecht aber einen Monat nach der Besichtigung erloschen.
b) Ja. Das Rücktrittsrecht bezüglich des Mietvertrages erstreckt sich auch auf den Maklervertrag (§ 30a Abs 2 KSchG).
Fall 21
a) Anton ist Vertragshändler von WV (Hersteller), weil er wie ein unabhängiger
Zwischenhändler Waren des Herstellers
 in eigenem Namen
 auf eigene Rechnung
verkauft
 und zu WV in einem Dauerschuldverhältnis steht. Weitere Merkmale:
 Einsatz von Eigenkapital
 Äußere Erscheinung eines Filial-/ Tochterbetriebs
 Meist Gebietsschutz durch Hersteller eingeräumt bekommen, dh WV selbst darf in diesem
Raum nicht tätig werden.
b) Pflichten des Vertragshändlers:
1) Förderung des Warenabsatzes des Herstellers
2) Interssenswahrung des Herstellers durch Ersatzteillager, Kundendienst, Serviceleistungen (Reparatur) etc...
3) Schadenersatzpflicht bei (schuldhaftem) Herbeiführen eines Kündigungsgrundes
4) Berichtspflicht
5) Werbepflicht.... etc...
18
Fall 22
Es liegt ein Franchisevertrag vor. Dieser ist gesetzlich nicht geregelt und hat sich aus der
Wirtschaftspraxis im Rahmen der Privatautonomie entwickelt.
a) wirtschaftlicher Sinn eines Franchisevertrages:
Hannes (Franchisenehmer, FN) bringt
 Betriebskapital (Eigenkapital) und
 seine Arbeitsleistung (+ Berufserfahrung ein => Betriebspflicht) und agiert als
 selbständiger Unternehmer (der mit dem FG in einem Dauerschuldverhältniss steht)
Der Franchisegeber (FG) bringt ins Vertragsverhältnis
 sein „Franchisepaket“ (= bewährte Strategien, Markenrechte, Marketingkonzepte,
Werbestrukturen etc...) ein
 bietet Unterstützung beim Aufbau des Unternehmens,
 behält aber Kontrollbefugnis über den FN (hat Kontroll- und Weisungsbefugnisse)
b) Der Bierbezugsvertrag ist gültig, weil der Brauerei Säufer (Dritter, Außenverhältnis)
Beschränkungen aus dem Franchisevertrag zwischen Hannes und der FG (Innenverhältnis)
aufgrund des Vertrauensschutzes nicht entgegengehalten werden können. Hannes tritt
gegenüber Säufer als selbständiger Unternehmer auf, und erzeugt bei diesem eine
Anscheinsvollmacht, auf die Säufer gutgläubig vertraut.
=> Der Vertrag ist gültig, jedoch wird Hannes (FN) der FG im Innenverhältnis aus dem
Franchisevertrag schadenersatzpflichtig, weil er deren Weisungsrechte missachtet hat.
Gesellschaftsrecht
Personengesellschaften
Offene Handelsgesellschaft
Fall 23
a) Voraussetzungen für die Gründung einer OHG:
7 Voraussetzungen müssen überprüft werden.
Zunächst werden die 4 allgemeinen Wesensmerkmale einer Gesellschaft (allgemeines
Gesellschaftsrecht) geprüft:
1) Vorliegen eines Rechtsgeschäfts zur Gründung (Gesellschaftsvertrag = Satzung): Ja. Bei
Personengesellschaften ist kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag nötig (Formfreiheit).
2) Rechtsgemeinschaft 2 oder mehrerer Personen: Ja. Hier wollen 3 Personen eine
Rechtsgemeinschaft gründen.
3) Organisiertes Zusammenwirken der Gesellschafter: Ja. Es werden meist die
Geschäftsführung (betrifft nur das Innenverhältnis der Gesellschaft zB
Buchführungspflicht, Korrespondenzerledigung, Personalaufsicht, innerbetriebliche
Organisation etc... ) und Vertretung (betrifft das Außenverhältnis zwischen Gesellschaft
und Dritten, zB Abschluss von Kaufverträgen mit Dritten etc...) der Gesellschaft im
Gesellschaftsvertrag (dh im Innenverhältnis) geregelt werden. Bei Personengesellschaften
19
liegt Selbstorganschaft (Geschäftsführung und Vertretung durch Gesellschafter selbst)
vor. Bei Kapitalgesellschaften ist Fremdorganschaft (Drittorganschaft) üblich.
4) Gemeinsamer Zweck: Ja. Eine OHG darf nur zu materiellen, nicht zu ideellen Zwecken
geführt werden. Die drei Einzelhändler verfolgen mit dem Verkauf von Elektrogeräten
einen materiellen Zweck.
Nun kann die Prüfung der 3 speziellen Voraussetzungen für die Gründung einer OHG
erfolgen:
5) Eine OHG kann nur ein vollkaufmännisches Handelsgewerbe betreiben.
1. Gewerbe? Müller, Rüttler und Bauer betreiben ein Handelsgewerbe (selbständig,
planmäßig, dauerhaft, entgeltlich, erkennbar, nicht freiberuflich).
2. Betrieb eines Grundhandelsgewerbes? Der Verkauf von Elektrogeräten stellt ein
Grundhandelsgewerbe nach § 1 HGB Abs 2 Z 1 (Veräußerung von beweglichen
Sachen) dar. Für den Verkauf von Elektrogeräten werden geschäftliche Einrichtungen in
vollkaufmännischem Umfang benötigt. => Vollkaufmännisches Grundhandelsgewerbe
liegt vor.
6) Die Firma muss unter einer gemeinsamen Firma geführt werden. Ja (siehe b).
7) Alle Gesellschafter einer OHG müssen unbeschränkt haften.
=> Grundsätzlich können sie sich zu einer OHG zusammenschließen.
b) Ja. Die Firma ist bei der OHG grundsätzlich eine Personenfirma. Der Firmenkern einer
OHG muss zumindest den Namen von 1 Gesellschafter (hier: „Rüttler“; Vorname = fakultativ!) + einen Zusatz, der auf eine Gesellschaft hinweist, enthalten (hier: „...& Co.“). Eine
reine Sachfirma wäre bei einer OHG unzulässig, der Zusatz „Elektrogeräte...“ im Firmenkern
ist jedoch möglich!
=> Die Firma ist zulässig.
c) Folgende Tatsachen müssen zum FB angemeldet werden:
 Personengesellschaft => Eintragung aller Gesellschafter ins FB: Name + Geburtsdatum
 FB – Nr, Firma, Rechtsform (OHG), Hauptniederlassung (Firmensitz), Zustelladresse,
Datum bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages, bei Vertretern: Name, Geburtsdatum
etc...
[Anmerkung: Wie die Kaufmannseigenschaft bei § 1–Kaufleuten entsteht diese OHG im
Außenverhältnis bereits mit Aufnahme des Grundhandelsgewerbes. => Die FB-Eintragung
ist nur mehr deklarativ.
Würde die OHG aber ein Gewerbe nach § 2 bzw § 3 HGB betreiben, würde die Gesellschaft
erst mit der Eintragung im FB entstehen = konstitutive Wirkung.
Im Innenverhältnis, dh mit bindender Wirkung für die Gesellschafter untereinander, entsteht
die OHG bereits mit Wirksamwerden des Gesellschaftsvertrages (übereinstimmende
Willenserklärungen).  siehe BR, Rechtsgeschäftslehre.]
d) entweder die 3 Gesellschafter selbst oder Dritte, denen die Gesellschafter eine Vollmacht
zur Anmeldung zum FB erteilt haben (Stellvertretung)
e) Nein. Prinzipiell sind Bareinlagen (Geld) oder Sacheinlagen (Grundstücke, WP,
Lizenzen, ganze Unternehmen...) nötig. Manche Gesellschafter brauchen aber keine
Einlage ieS erbringen. Sie erbringen ihren „Beitrag“ zB in Form von
* Geschäftsführung
* Vertretung
* bei KG zB die Übernahme unbeschränkter Haftung etc...
Diese Gesellschafter werden auch als reine „Arbeitsgesellschafter“ bezeichnet.
f) Ja. Bei der OHG sind sowohl (nur) Bar- als auch (nur) Sacheinlagen zulässig. Die
Einbringung der Einzelunternehmen in die Gesellschaft ist die Einbringung von
Sacheinlagen. Die Bewertung der Sacheinlagen ist in § 202 HGB (3. Buch: Rechnungslegung) geregelt. § 202 HGB sieht ein Wahlrecht vor: Er ermöglicht die Bewertung der
Unternehmen entweder mit dem Tageswert (zum Zeitpunkt der Leistung) oder mit dem
20
Buchwert (=Buchwertfortführung). [Anm.: Die Ansetzung mit dem Tageswert bringt die
(zwingende) Aufdeckung der enthaltenen stillen Reserven (=Differenz Tageswert – Buchwert) mit sich, was wiederum zu einer Erhöhung der Steuerlast führt. Bei der
Buchwertfortführung wird die stR zunächst nicht aufgedeckt.]
g) Grundsätzlich ja: Sofern die Haftung für Altverbindlichkeiten nach § 28 Abs 1 HGB
(Prinzip der Vergesellschaftung, vgl Fall 12) nicht vertraglich ausgeschlossen (Haftung
nach § 28 Abs 1 HGB = dispositiv, vgl § 28 Abs 2 HGB) und der Haftungsausschluss
entweder den Altgläubigern direkt mitgeteilt bzw ins FB eingetragen und veröffentlicht
wurde, besteht grundsätzlich eine Solidarhaftung (dazu Fall 12)
1) der Gesellschaft (OHG) mit ihrem Gesellschaftsvermögen
sowie
2) der 3 Gesellschafter Müller, Rüttler und Bauer selbst (Haftung nach § 128 HGB: Die
Haftung der Gesellschafter einer OHG = Komplementäre ist immer unbeschränkt
(und im Außenverhältnis unbeschränkbar!), persönlich, dh mit ihrem Privatvermögen,
primär, unmittelbar, dh sie können geklagt werden und solidarisch; vgl Fall 12) und
3) natürlich der Altschuldner (zB Rüttler) selbst. =>
=> ACHTUNG: Der Haftungsausschluss für Altverbindlichkeiten der Einzelunternehmer
kann immer nur für die Gesellschaft (OHG) und die jeweiligen nicht betroffenen
Gesellschafter gelten. => Beispiel: Ist G ein Altgläubiger des Rüttler, gilt der
Haftungsausschluss nach § 28 Abs 2 HGB nur für die OHG und die Gesellschafter
Müller und Bauer (übrigen Gesellschafter).
Rüttler selbst haftet dem G trotz
Haftungsausschluss nach wie vor als Altschuldner (Personalschuldner, siehe Pkt 3). =>
=> Alte Privatgläuibger kann man auch nicht durch Gesellschaftsgründung + Haftungsausschluss loswerden!!!
[Anmerkung: Die folgenden (möglichen) Haftungsfälle für Altverbindlichkeiten stehen in
keinem Zusammenhang zum Sachverhalt. Weil aber dennoch häufig Verwechslungen bei
Klausuren etc passieren, seien hier an dieser Stelle aufgrund der Prüfungsrelevanz die
wesentlichsten Unterschiede der Haftungsmöglichkeiten und ihren Voraussetzungen
dargestellt:
1) § 28 HGB – GRÜNDUNG einer Gesellschaft: Tatbestand nach Abs 1:
Vergesellschaftung: „Eintritt eines persönlich haftenden Gesellschafters oder eines Kommanditisten (=beschränkt haftenden Gesellschafters) in ein bestehendes Einzelunternehmen.“
Möglichkeiten:
a) EinzelU + (min) 1 Ges (Komplementär, unbeschr.) => OHG
=> Rechtsfolge:
 Haftung der OHG (dispositiv)
 Haftung aller Gesellschafter (Komplementäre) nach §§ 128 ff HGB (unbeschränkt,
persönlich, primär, unmittelbar, solidarisch) (dispositiv)
 (unabdingbare) Weiterhaftung des Altschuldners selbst (zwingend)
b) EinzelU + (min) 1 Ges (Kommanditist, beschr.) => KG
=> Rechtsfolge:
 Haftung der KG (dispositiv)
 Haftung der Kommanditisten (Genaueres siehe KG-Recht Fall 32 b) nach §§ 171 ff HGB
(beschränkt: mit der Höhe der Haftsumme im FB;
jedoch ....
=> bei Leistung bzw Einzahlung der Einlage in voller Höhe der Haftsumme: => Haftung des
Kommanditisten nur mittelbar, dh überhaupt nicht persönlich !!
=> bei Nichtleistung bzw nur teilweisen Leistung => unmittelbare, persönliche und solida21




rische Haftung des Kommanditisten für die Differenz zwischen Kapitaleinlage und eingetragener Haftsumme!
(dispositiv)
Haftung der Komplementäre nach §§ 128 ff HGB (unbeschränkt etc...) (dispositiv)
(unabdingbare) Weiterhaftung des Altschuldners selbst (zwingend)
2) § 130 HGB, § 173 HGB – EINTRITT von Gesellschaftern in eine BESTEHENDE
OHG:
Möglichkeiten:
a) OHG + 1 Ges (Komplementär, unbeschr.) => (bleibt) OHG (§ 130 HGB)
=> Rechtsfolge:
(zusätzliche) Haftung des neu eingetretenen Komplementärs für alle Altverbindlichkeiten
der Gesellschaft nach §§ 128 ff HGB (unbeschränkt, etc...) (zwingend nach § 130 Abs 2
HGB)
b) OHG + 1 Ges (Kommanditist, beschr.) => KG (§ 173 HGB)
=> Rechtsfolge:
(zusätzliche) Haftung des neu eingetretenen Kommanditisten für alle Altverbindlichkeiten
der (ehemaligen) OHG nach §§ 171 ff HGB (beschränkt mit Haftsumme, bei Einzahlung
nur mittelbar und überhaupt nicht persönlich, hingegen bei Nicht- bzw Teileileistung
unmittelbar, persönlich u. solidarisch etc....) => Vgl Fall 32!
(zwingend nach
§ 173 Abs 2 HGB) ]
Fall 24
Mangels anderer vertraglicher Vereinbarungen greift die gesetzliche Verlustverteilung ein.
Diese bestimmt eine Verteilung des Verlustes nach Köpfen. => 180.000 : 3 = 60.000 Euro
Verlust pro Gesellschafter.
 Kapitalkontenstände:
1) Müller: 40.000 – 60.000 = - 20.000 Euro
2) Bauer: 40.000 – 60.000 = - 20.000 Euro
3) Rüttler: 70.000 – 60.000 = + 10.000 Euro
Variante:
a) 2. Geschäftsjahr: Gewinnverteilung (Gesamtgewinn = 210.000 Euro):
I.) Ausschüttung der Vorzugsdividende (= 4 % des Kapitalanteils; Anm.: reine „Arbeitsgesellschafter“ haben mangels Kapitaleinlage keinen Anspruch darauf!):
1) Müller: keine (negativer Kapitalanteil)
2) Bauer: keine (negativer Kapitalanteil)
3) Rüttler: 4 % von 10.000 = 0,04*10.000 = 400 Euro
II.) restlicher Gewinn (210.000 – 400 = 209.600 Euro) nach Köpfen.
=> 209.600 : 3 = 69.866,67 Gewinn/Gesellschafter => Addition zu den einzelnen
Kapitalkontenständen => neue Kap. Kto. stände (2. Geschäftsjahr)
b) Höhe der Kapitalanteile wichtig für ...
 Gewinnverteilung – Vorzugsdividende (siehe Variante a)
 Entnahmerecht [unabhängig vom Gewinn: Kapitalentnahmerecht 4% des im letzten
Geschäftsjahr festgestellten Kapitalanteils (Kapitalkontostandes); + Gewinnentnahme22
recht: Anspruch auf Auszahlung des Gewinnes des letzten Gj, der diese 4% noch
übersteigt ; vgl dazu auch Fall 31]
 Liquidationsquote bei Auflösung der Ges.
 Berechnung des Abfindungsguthabens bei Ausscheiden eines Gesellschafters
c) „starre Kapitalkonten“: Die Kapitalkontostände (Kapitalanteile) der einzelnen
Gesellschafter ändern sich ständig (zB durch Gewinne, Verluste, Entnahmen etc...). Wie in
Variante a) kann es daher auch durchaus passieren, dass sie Kapitalkontostände einzelner
Gesellschafter negativ werden. Ein negativer Kapitalanteil bedeutet aber zB den Verlust der
Vorzugsdividende (siehe oben). Bei „starren Kapitalkonten“ werden aus diesem Grund alle
Veränderungen der ursprünglichen Kapitaleinlagen ab der Gründung der Ges. auf einem
jeweilig zweiten Konto („Privatkonto“, „Verrechnungskonto“ ....) verbucht.
 Vorteil: Der starre Betrag am Kapitalkonto wird nicht gemindert = zB
Garantie für Vorzugsdividende. Auch der Liquidationserlös
(Liquitationsquote) kann dann NIE negativ sein!!
Fall 25
Zur Prüfung, ob tatsächlich eine OHG entstanden ist, müssen wieder alle 7 Voraussetzungen
für eine OHG überprüft werden (vgl Fall 23 a).
4 allgemeine Wesensmerkmale einer Gesellschaft (allgemeines Gesellschaftsrecht):
1) Vorliegen eines Rechtsgeschäfts (Gesellschaftsvertrages): Ja (siehe SV).
2) Rechtsgemeinschaft 2 oder mehrerer Personen : Ja. (3 Personen)
3) Organisiertes Zusammenwirken der Gesellschafter: Ja.
 Der GV regelt die Vertretung (Außenverhältnis) der Gesellschaft: David ist nicht vertretungsbefugt (Beschränkung der Ausübung), Leonards Vertretungsbefugnis ist im
Gesellschaftsvertrag (= im Innenverhältnis!) auf Geschäfte bis zu 7.000 Euro beschränkt
(= Beschränkung des Umfangs).
4) Gemeinsamer Zweck: Ja. Eine OHG darf nur zu materiellen Zwecken geführt werden.
Dieser ergibt sich aus dem SV.
+ 3 spezielle Voraussetzungen für eine OHG:
5) Betrieb eines vollkaufmännischen Handelsgewerbes?
Die OHG betreibt
1. ein Gewerbe (selbständig, planmäßig, erkennbar, dauerhaft, entgeltlich, nicht freiberuflich)
2. ein Grundhandelsgewerbe nach § 1 Abs 2 Z 1 HGB (Weiterveräußerung bewegl. Sachen).
Es erfordert kaufmännische Einrichtungen. => Ja, vollkaufmänn. Gewerbe.
6) Gemeinsame Firma: Ja. Die OHG wird unter der Firma „Müller OHG“ geführt. Der
Firmenname ist zulässig (OHG = Personenfirma: Nachname von min 1 Ges. im Firmenkern + Hinweis auf eine Gesellschaft).
7) unbeschränkte Haftung der Gesellschafter (Komplementäre).
 Zunächst sind alle Merkmale einer OHG gegeben.
Allerdings ist keine Firmenbucheintragung der OHG erfolgt. Ist eine OHG nicht ins FB
eingetragen, muss man grundsätzlich zwei Möglichkeiten unterscheiden (vgl Fall 23c):
Im Außenverhältnis (im Verhältnis zu Dritten) entsteht die OHG wie die Kaufmannseigenschaft
1. bei Betrieb eines Grundhandelsgewerbes (§ 1 – Kaufleute) bereits mit Aufnahme der
Geschäftstätigkeit (FB-Eintragung nur deklarativ)
2. bei Betrieb eines Gewerbes nach § 2 bzw § 3 HGB erst mit Eintragung ins FB
(konstitutive FB- Eintragung).
23
=> Die „Müller OHG“ betreibt ja ein Grundhandelsgewerbe und hat die Tätigkeit (Betrieb
von Gemischtwarenläden) bereits aufgenommen.
=> Die OHG ist bereits entstanden. Dennoch darf die (nur deklarative) Firmenbucheintragung
nicht unterlassen werden (§ 1-Vollkaufleute werden ja auch „Musskaufleute“ genannt). =>
Unterlässt die „Müller OHG“ die FB-Eintragung kann sie gem § 24 Abs 1 FBG mit einer
Zwangsstrafe bis zu 50.000 öS zur Anmeldung angehalten werden!
[Zusatz: Im Innenverhältnis, dh für die Gesellschafter untereinander, entsteht die OHG bereits
mit Wirksamwerden des Gesellschaftsvertrags (übereinstimmende Willenserklärungen).]
b) Vertretung der OHG (Außenverhältnis, Verhältnis der Gesellschaft zu Dritten): Bei der
OHG gilt wie bei allen Personengesellschaften das Prinzip der Selbstorganschaft (dh die
OHG wird durch ihre Gesellschafter selbst vertreten).
Die gesetzliche Vertretung der OHG ist in §§ 125 ff HGB geregelt: Danach ist jeder einzelne
Gesellschafter einer OHG – im Gegensatz zur Geschäftsführung (Innenverhältnis) –
einzelvertretungsbefugt für alle gewöhnlichen und außergewöhnlichen (zB risikoreiche
Geschäfte, nicht jedoch für Grundlagengeschäfte=Ausnahme, dh Geschäfte, die zB den
Gesellschaftsvertrag betreffen) Geschäfte, sofern er nicht durch den Gesellschaftsvertrag von
der Vertretung ausgeschlossen ist. (Diese gesetzliche Regelung ist allerdings dispositiv, dh
sie kann im Gesellschaftsvertrag abgeändert werden.) David ist von der Vertretungsbefugnis
der OHG ausgeschlossen worden (=Beschränkung der Vertretungsmacht in der Ausübung).
Dennoch schließt er ein Rechtsgeschäft für die OHG ab. Er handelt als Vertreter ohne
Vertretungsmacht (falsus procurator, siehe BR, Stellvertretung). Der Ausschluss eines
Gesellschafters von der Vertretungsbefugnis (= Beschränkung der Vertretungsmacht in der
Ausübung) ist grundsätzlich auch für das Außenverhältnis wirksam, muss jedoch im FB
eingetragen werden. Andernfalls kann die Tatsache Dritten nicht entgegengehalten werden.
Die „Müller OHG“ ist überhaupt nicht im FB eingetragen. Dritte können also nichts von
Davids Ausschluss von der Vertretungsmacht wissen. => Es kommt daher des negative
Publizitätsprinzip des FB zur Anwendung: Nach § 15 Abs 1 HGB können ins FB einzutragende Tatsachen bis zu ihrer Eintragung gutgläubigen Dritten nicht entgegengehalten
werden. => Der Verkäufer des Lastkahns ist dadurch geschützt (Vertrauensschutz), weil er
nichts von dem Ausschluss wissen konnte. => Es ist ein wirksamer Kaufvertrag zustande
gekommen.
=> Die „Müller OHG“ ist an den Kaufvertrag gebunden. (David wird der Gesellschaft
allerdings im Innenverhältnis aus dem Gesellschaftsvertrag schadenersatzpflichtig.)
c) Ja. Die (gesetzliche) Vertretungsmacht räumt jedem Gesellschafter einer OHG (Leonard)
Einzelvertretungsbefugnis für alle gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäfte ein (§
125 Abs 1 HGB), sofern er nicht im GV davon ausgeschlossen wurde. Ihr Umfang ist
umfassend (§ 126 Abs 1 HGB: für gerichtliche und außergerichtliche Geschäfte;
Veräußerung und Belastung von Grundstücken, Prokuraerteilung und –widerruf). Allerdings
kann der Umfang der Vertretungsbefugnis im Innenverhältnis (dh im Gesellschaftsvertrag)
beliebig beschränkt werden. Hier ist im GV (im Innenverhältnis) bestimmt, dass Leonard nur
bestimmte Geschäfte im Außenverhältnis für die Gesellschaft abschließen darf (< 7000 Euro).
Solche Beschränkungen des Umfangs der Vertretungsbefugnis im IV (GV) sind jedoch für
das Außenverhältnis aus Verkehrsschutzgründen unwirksam (§ 126 Abs 2 HGB). Selbst
wenn der Dritte (die Virgin AG) die Beschränkung von Leonards Vertretungsbefugnis
kannte, muss die Müller OHG das Geschäft dennoch gegen sich gelten lassen! [
Ausnahme: Bei Kollusion = Missbrauch der Vertretungsmacht, wenn der Vertreter und der
Dritte arglistig (dolos) zusammenwirken, um die Gesellschaft (Vertretene) zu schädigen. Vgl
zur Kollusion BR, Fall 36 b) ]. Der SV bietet keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer
Kollusion.
24
=> Die Virgin AG kann die 20.000 Euro sofort von Rosa verlangen. (Im Innenverhältnis
jedoch wird Leonard der Gesellschaft aus dem Gesellschaftsvertrag schadenersatzpflichtig.)
Fall 26
a) Nein. Herberts Hinweis auf seine „subsidiäre“ Haftung ist irrelevant, weil bei der OHG
sowohl die Gesellschaft als Gesamthandschaft (Achtung: eine OHG ist nach hM keine jur.
Person!) mit ihrem Gesellschaftsvermögen als auch alle Gesellschafter (Komplementäre)
selbst mit ihrem Privatvermögen für Schulden der Gesellschaft haften (vgl Fall 12, Fall 23 g).
=> Herbert haftet daher für sämtliche Gesellschaftsschulden
1) persönlich (dh auch mit seinem gesamten Privatvermögen)
2) unbeschränkt und unbeschränkbar (Komplementär)
3) primär und unmittelbar (dh er kann vom Gläubiger = Brauerei Hort NICHT verlangen,
dass er zunächst die Gesellschaft = Plechutta OHG in Anspruch nimmt, selbst wenn diese
in der Lage wäre, den Gläubiger aus dem Gesellschaftsvermögen zu befriedigen!)
4) solidarisch (dh jeder Ges. haftet mit seinem Vermögen für die gesamte Schuld = Gesamtschuldverhältnis. Der Gläubiger hat das Wahlrecht, wen und wieviele Schuldner er zur
Zahlung in Anspruch nimmt).
 Herbert muss zahlen!
b) Nein. Muss Herbert tatsächlich zahlen (Tilgung einer Gesellschaftsschuld), tritt er zunächst kraft Zahlung einer fremden Schuld (Legalzession) in die Rechte des Gläubigers
(Gläubigerposition) ein. Daraus ergibt sich für Herbert ein Regressanspruch
1) gegen die Gesellschaft (OHG) selbst.
Nur wenn er sich aus dem Gesellschaftsvermögen nicht befriedigen kann, hat Herbert nach
hM auch einen (anteilsweisen) Regressanspruch
2) gegen seine Mitgesellschafter.
[Dieser anteilsweise Regressanspruch wird nach der Verlustbeteiligung unter den
Gesellschaftern berechnet.]
=> Die anderen Gesellschafter müssen nicht ohne weiteres zahlen, bevor Herbert nicht die
OHG (Gesellschaftsvermögen) als primären Regressschuldner in Anspruch genommen hat.
[Anm.: Sogennannte „Sozialverbindlichkeiten“ (Ansprüche eines Gesellschafters aus dem
Gesellschaftsverhältnis zB Aufwendungsersatz, Gewinnanspruch etc...) können hingegen
überhaupt nur gegen die Gesellschaft, nicht aber gegen Mitgesellschafter geltend gemacht
werden!]
Fall 27
a) Es liegt Gesellschafterwechsel (Ausstieg eines Gesellschafters) vor. Es existiert kein
gesetzliches Austrittsrecht. =>
I) Ein freiwilliges Ausscheiden Mayers (=Austrittskündigung; Kündigung der Mitgliedschaft) aus der OHG ist aber mit sofortiger Wirkung nur dann möglich, wenn
1) ALLE Gesellschafter dem Ausstieg zustimmen
ODER
2) im Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Kündigungsmöglichkeit vorgesehen wurde.
Nur unter diesen Bedingungen kann Mayer mit sofortiger Wirkung seine Mitgliedschaft
kündigen. Die Gesellschaft kann dann von den übrigen Gesellschaftern weitergeführt werden.
II) Stimmen seinem Austritt nicht alle Gesellschafter zu und wurde auch im Gesellschaftsvertrag keine Kündigungsmöglichkeit vorgesehen, bleibt Mayer noch die Auflösungs25
kündigung (=Kündigung der Gesellschaft) nach § 132 HGB: Wie alle unbefristeten Dauerschuldverhältnisse kann die Auflösungskündigung der Gesellschaft (ordentliche Kündigung)
nur unter Einhaltung eines bestimmten Kündigungstermins und einer Kündigungsfrist
erfolgen. [Anm.: Für eine ordentliche Kündigung ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes
nicht erforderlich.] § 132 HGB bestimmt, dass eine Gesellschaft durch eine ordentliche
Kündigung nur unter Einhaltung einer 6-monatigen Frist (gesetzliche Kündigungsfrist) und
jeweils nur am Ende eines Geschäftsjahres (gesetzlicher Kündigungstermin) aufgelöst
werden kann. [Anm.: Die gesetzliche Kündigungsfrist darf im Gesellschaftsvertrag zur
Erschwerung der Kündigung verlängert werden. Ein völliger Ausschluss des
Kündigungsrechts ist allerdings nach Art. 7 Nr. 14 EVHGB nichtig, dh unwirksam.]
III) Nur wenn ein wichtiger Grund (zB grobe Pflichtverletzung oder Verstoß gegen den
Gesellschaftsvertrag) vorliegt, bleibt Mayer allenfalls noch die Auflösungsklage (=Klage auf
Auflösung der Gesellschaft) nach § 133 HGB durch gerichtliche Entscheidung. (Prinzip der
außerordentlichen Kündigung von Dauerschuldverhältnissen).
[Achtung: Mit diesen 3 Möglichkeiten darf nicht die Ausschlussklage nach § 140 HGB verwechselt werden. Mit dieser wird ein Gesellschafter zwangsweise=gegen seinen Willen durch
seine Mitgesellschafter hinausgekündigt, vgl Fall 29]
=> Mayer scheidet nach I) mit Zugang der Austrittskündigung an die Gesellschafter, nach II)
bei ordentl. Künd. am Ende des Geschäftsjahres, nach III) durch gerichtliche Entscheidung
aus der „Müller & Mayer OHG“ aus.
=> Rechtsfolgen einer Mitgliedschaftskündigung (Austrittskündigung) und des sofortigen
Ausscheidens nach Pkt. I) (Weiterführung der Ges.):
1) Anwachsung: Mayers Kapitalanteil wächst den übrigen Gesellschaftern Müller und
Schmidt an (ius cogens).
2) Gegenstände, die Mayer der OHG bloß zur Nutzung (Einlagen „quoad usum“) überlassen
hat, erhält er zurück. (ius dispositivum)
3) Vgl auch unten Frage b): Mayer hat gegen die OHG einen schuldrechtlichen
Abfindungsanspruch (zwingend). Diesen erhält der ausscheidende Gesellschaft anstelle
der dinglichen Berechtigung als Gesamthandschaftseigentümer der OHG. Die Höhe
(dispositiv) des Anspruchs wird aufgrund einer Abschichtungsbilanz durch Bewertung des
Unternehmens zum Tageswert (Stichtag=Tag des Ausscheidens) ermittelt. (weiter unter b)
4) Teilnahme am G + V von bereits bindenden aber noch nicht erfüllten Geschäften
(dispositiv, wird in der Praxis meist vertragl. abbedungen)
5) Eventuelle Befreiung des Ausscheidenden von Altschulden der Gesellschaft
(Enthaftungserklärung = dispositives Recht), gilt aber nur im Innenverhältnis (gegenüber
den Gesellschaftern), NICHT aber im Außenverhältnis (ggü. Dritten)! Im AV haftet der
ausgeschiedene Gesellschafter Dritten gegenüber weiterhin (zwingend!) nach § 159 HGB
(vgl dazu gleich unten Fragen d) und e).
6) Ist Mayers Abfindungsanspruch negativ, trifft ihn eine Einzahlungspflicht!
=> Rechtsfolgen bei Auflösungskündigung nach Pkt II) bzw Auflösungsklage nach Pkt III):
1) Die Auflösungskündigung (§ 132 HGB) und die Auflösungsklage (§ 133 HGB) stellen
gesetzliche Auflösungsgründe (dispositiv, können durch GV abgeändert werden!) für eine
OHG dar (siehe Auflösungsgründe § 131 HGB).
2) Stimmt auch Mayer (Ausscheidender) zu, kann die Gesellschaft von den verbleibenden
Gesellschaftern trotz Vorliegens eines Auflösungsgrundes weitergeführt werden.
3) Kommt es zur Auflösung der OHG, tritt die OHG zuerst in das Stadium der Abwicklung
(meist durch Liquidation). Zweck der Ges. ist dann die Beendigung laufender Geschäfte,
26
Gläubigerbefriedigung und „Versilberung“ des Vermögens. Erst danach erfolgt die
(deklarative) Löschung der OHG im Firmenbuch durch die Liquidatoren.
b) Vgl oben Pkt 3): Ja. Die Vertragsklausel im Gesellschaftsvertrag ist nichtig (unwirksam),
weil eine derartige Bestimmung unzulässig (sittenwidrig) ist. Die Höhe des Anspruchs darf
nach hL und hRsp vertraglich modifiziert (eingeschränkt) werden. Die hL sieht als
Untergrenze die sog. „Buchwertklausel“ . Nach dieser wird das Unternehmen nicht zum
Tageswert, sondern bloß mit den Werten der Jahresbilanz bewertet.
c) Hier geht es um die Grundsätze der abgeleiteten Firma (Firmenbeständigkeit; vgl dazu
auch Fall 5b) bei Gesellschafterwechsel: Mayer wird nur Erfolg haben, wenn er nicht bei der
Gründung der OHG im Gesellschaftsvertrag eine Zustimmung zur Weiterführung der Firma
unter seinem Namen gegeben hat. Ansonsten sind die übrigen Gesellschafter an eine
Zustimmung von Mayer (namensgebender Gesellschafter) gebunden (Namensrecht!). [Anm.:
Sollte der Rest der OHG die Fa. gegen Mayers Willen unter seinem Namen weiterführen,
kann er nach § 37 HGB (Firmenrecht) bzw § 43 ABGB (Namensrecht) gegen die OHG
vorgehen (Genaueres siehe Fall 6).
d) Grundsätzlich haftet ein ausscheidender Gesellschafter bis zu 5 Jahren für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Diese 5-jährige Verjährungsfrist beginnt aber erst mit Eintragung des
Ausscheidens des Gesellschafters ins Firmenbuch zu laufen. Verjährt der Anspruch
allerdings nach Bürgerlichem Recht (zur Verjährung siehe BR, Fall 37 und Fall 38) früher,
gilt die Frist des Allgemeinen Zivilrechts (vgl § 159 Abs 1 uns Abs 2 HGB). Forderungen
FÜR L&L verjähren nach allgemeinem Zivilrecht bereits 3 Jahre nach Fälligkeit (§ 1486 Z
1 ABGB). Werklohnforderungen gelten ab Vorlage der Rechnung fällig. Franz hat die
Rechnung über 2.000 Euro der Mayer & Müller OHG am 2. 2. 1996 vorgelegt. Nach
Bürgerlichem Recht ist die Werklohnforderung ab 2. 2. 1999 gerichtlich nicht mehr
durchsetzbar. Am 4. 3. 1999 (Eintragung von Mayers Ausscheiden im FB) ist der Anspruch
von Franz also bereits verjährt. [Anm.: Das Datum des vereinbarten Termins von Mayers
Ausscheiden (Austrittsstichtag der 31. 12. 1998) ist irrelevant!]
e) Ja. Herr Mayer haftet für alle Gesellschaftsverbindlichkeiten, die bis zu seinem
Ausscheiden begründet worden sind, grundsätzlich 5 Jahre ab Eintragung seines
Ausscheidens weiter, sofern das ABGB keine kürzere Verjährungsfrist bestimmt ( § 159 Abs
1 und Abs 2 HGB). Die Verbindlichkeit (=Aufnahme des Darlehens) entstand am 31. 1. 1999,
also eigentlich nach dem Austrittsstichtag (31.12.1998) Mayers aus der OHG. Maßgeblich ist
aber wieder die Eintragung des Ausscheidens im Firmenbuch , also der 4. 3. 1999. Auch
wenn Mayer bereits aus der OHG ausgetreten war, galt er für die Kreditbank AG (Gläubiger
der OHG) als gutgläubigen Dritten noch als Gesellschafter, weil er noch im FB eingetragen
war (negatives Publizitätsprinzip des Firmenbuches § 15 HGB).
 Mayer muss zahlen.
Fall 28
Für Zielschuldverhältnisse ist die Regelung des § 159 HGB (vgl Fall 27 d ) unproblematisch.
Bei Ansprüchen aus Dauerschuldverhältnissen kommt es bei Anwendung des § 159 HGB
aber zu Schwierigkeiten: Für Dauerschuldverhältnissen (zB Miete, hier: Pachtvertrag) ist die
Erbringung wiederkehrender Leistungen (zB monatlicher Mietzins) charakteristisch. Das
bedeutet aber, dass die einzelnen Teilleistungen beispielsweise immer erst am Monatsende
(Jahresende oder Ende einer Rechnungsperiode etc...) fällig werden.
In diesem Fall hatte die Gast OHG, aus der Karin ausscheidet, (vor ihrem Ausscheiden) einen
99jährigen Pachtvertrag geschlossen. Der Pachtzins (wiederkehrende Leistung) wird laut
Pachtvertrag halbjährlich fällig (per 31.01. und 31.07.). § 159 Abs 3 HGB bestimmt, dass
Ansprüche des Gesellschaftsgläubigers (Dritten) gegen die Gesellschaft, welche zwar VOR
27
der FB-Eintragung des Ausscheidens des Gesellschafters begründet, jedoch erst NACH der
Eintragung FÄLLIG werden, erst ab dem Zeitpunkt ihrer Fälligkeit verjähren. Im konkreten
Fall würde das allerdings bedeuten, dass nach wörtlicher Interpretation (zu den 4 anerkannten
Auslegungsarten von Gesetzen siehe BR 1 und § 6 ABGB!) des § 159 Abs 3 HGB Karin bis
zu ihrem Lebensende (Vertragsdauer = 99 Jahre!) nach ihrem Ausscheiden dem Verpächter
für den Pachtzins der Gast OHG haften würde! => § 159 HGB wollte aber genau das
Gegenteil: Er sollte die Haftung des ausscheidenden Gesellschafters zeitlich begrenzen! =>
Eine wörtliche (grammatikalische) Interpretation ist hier unbrauchbar! =>
=> Ergo muss § 159 Abs 3 für Dauerschuldverhältnisse teleologisch (telos, griech.=Ziel,
Zweck) interpretiert werden (teleologische Gesetzesauslegung): Daraus sind mehrere
juristischen Theorien (Lösungsansätze) und Kontroversen entstanden:
1) Stammrechtstheorie: Sie besagt, dass mit der Verjährung der ersten nach dem
Ausscheiden fälligen Teilleistung auch das Stammrecht verjährt.
=> Für den konkreten Fall bedeutet das: Die erste NACH Karins Ausscheiden (Eintragung per
01.03.1999) fällige Teilleistung ist die Pachtzinsforderung vom 31.07.1999. Für Pachtzinsforderungen gilt die „kurze“ Verjährungsfrist des ABGB: Sie verjähren nach 3 Jahren (§
1486 Z 4 ABGB). => Die erste nach Karins Ausscheiden fällige Teilleistung würde also am
31.07.2002 verjähren. => Nach der Stammrechtstheorie verjähren mit diesem Zeitpunkt auch
alle übrigen Ansprüche des Dritten (Gesellschaftsgläubigers) gegen den ausgeschiedenen
Gesellschafter aus dem „Stammrecht“ (=Pachtvertrag).
=> Nach der Stammrechtstheorie würde Karin bis zum 31.07.2002 für diese Verbindlichkeiten haften.
2) Kündigungstheorie (umstritten): Sie besagt, dass der ausgeschiedene Gesellschafter aus
kündbaren Dauerschuldverhältnissen nur für jene Verbindlichkeiten in Anspruch genommen
werden kann, die bis zum nächstzulässigen Kündigungstermin NACH seinem Ausscheiden
entstanden sind. Macht der Gesellschaftsgläubiger von der ordentlichen Kündigung des
Duerschuldverhältnisses keinen Gebrauch, wird darin ein konkludenter Verzicht auf die
Weiterhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters gesehen. [Anm.: Diese Regelung nicht
sehr einsichtig ist (warum sollte der Gläubiger den Vertrag kündigen, um sich einen
Weiterhaftung des Ausgeschiedenen zu sichern??)]
=> Im konkreten Fall würde das bedeuten: Angenommen, der Verpächter kann den
Pachtvertrag frühestens per 30.09.1999 (fiktives Datum) kündigen. Wenn der Verpächter zu
diesem Termin den Pachtvertrag kündigt, würde Karin für alle entstandenen Pachtzinsforderungen ab ihrem Ausscheiden (01.03.1999) bis zum 30.09.1999 haften. Das bedeutet,
dass sie auch für die Zahlung vom 31.07.1999 noch drei weitere Jahre ab Fälligkeit, dh bis
zum 31.07.2002 vom Gläubiger in Anspruch genommen werden könnte. Kündigt der
Verpächter aber den Vertrag nicht per 30. 09. 1999, hat er jegliche Ansprüche auf Karins
Weiterhaftung für Pachtzinsforderungen, die NACH ihrem Ausscheiden entstanden sind,
verloren. [umstritten]
=> Für alle Pachtzinsforderungen, die VOR ihrem Ausscheiden entstanden sind (zB die vom
31. 01.1999) haftet Karin UNABHÄNGIG von einer Kündigung des Pachtvertrages durch
den Verpächter bis 31. 01. 2002 (bis 3 Jahre nach Fälligkeit).
3) Teil der Lehre (TdL) & Rsp des OGH: Bei Dauerschuldverhältnissen, bei welchen der
Leistungsaustausch Zug-um-Zug erfolgt, kann der ausgeschiedene Gesellschafter nicht für
„Neuschulden“, die NACH der Eintragung seines Ausscheidens entstanden sind, zur Haftung
herangezogen werden.
=> Nach der Rsp würde Karin nur für die Pachtzinszahlung vom 31.01.1999 3 Jahre ab
Fälligkeit, dh bis zum 31.01.2002, haften. Für die „Neuschuld“, die erst NACH ihrem
Ausscheiden fällig wird (vom 31. 07. 1999) haftet Karin überhaupt nicht mehr.
28
Fall 29
Möglichkeit I):
a) Thomas kann Sonja zwangsweise mit der Übernahmeklage nach § 142 HGB aus der OHG
hinauskündigen.
[Anm.: Die Ausschlussklage nach § 140 HGB ist in diesem Fall nicht anwendbar, weil nach
dem Ausschluss Sonjas nur mehr EIN Gesellschafter übrigbleibt. (Anwendungsvoraussetzung
für die Ausschlussklage nach § 140 HGB ist aber, dass nach dem Gesellschafterausschluss
mindestens ZWEI Gesellschafter übrigbleiben.) => Die Übernahmeklage nach § 142 HGB
ergänzt also die Ausschlussklage nach § 140 HGB. ]
Beide Klagen setzen voraus, dass
1) Die Ausschlussklage bzw Übernahmeklage im GV nicht beseitigt wurden (die Klagen
sind dispositiv!)
2) der betroffene Gesellschafter aus wichtigem Grund ausgeschlossen wird: Im konkreten
Fall liegt ein wichtiger Grund für Sonjas Ausschluss vor. Sie hat mehrmals die Treuepflicht verletzt (Illoyalität) und grobe (vorsätzlich bzw grob fahrlässige wesentliche)
Pflichtverletzung bzw Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung bewiesen.
3) sich auch kein anderer zumutbarer Weg findet, um den Missstand zu beseitigen. Auch
das ergibt sich aus dem SV: Thomas hat Sonja mehrmals erfolglos ermahnt.
 Thomas (Übernehmer) kann Sonja (Auszuschließende) mit der
Übernahmeklage nach § 142 HGB (Rechtsgestaltungsklage). Mit
Rechtskraft des der Klage stattgegebenen Urteils ist Sonja ausgeschlossen.
b) Thomas übernimmt das Unternehmen und führt es als Einzelunternehmen fort. Die OHG
wird durch Umwandlung zum Einzelunternehmen. Diese Umwandlung erfolgt durch Rechtsübergang durch Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession) [vgl dazu Übergang durch
Einzelrechtsnachfolge zB beim Unternehmenskauf ieS, Fall 10, Fall 11, Fall 14 ]. Im
Unterschied zu Kapitalgesellschaften gibt es bei Personengesellschaften keine Einmanngesellschaft.
Rechtsfolgen der Gesamtrechtsnachfolge:
1) Thomas erwirbt als Rechtsnachfolger der OHG automatisch Eigentum am
Gesellschaftsvermögen, es bedarf keiner gesonderten Modi (vgl Fall 10) zum Eigentumserwerb an den einzelnen Unternehmensgegenständen.
2) Schulden der (ehemaligen) „Sorglos & Co OHG“ gehen ebenfalls automatisch auf
Thomas über. [Anm.: Es bedarf keiner (privaten) Schuldübernahme bzw Zustimmung der
Gläubiger. § 25 HGB und § 1409 ABGB sind unanwendbar!]
3) Bestehende Rechtsverhältnisse (zB Lieferantenverträge) gehen auf den Rechtsnachfolger
(ohne Dreiparteieneinigung vgl Fall 10a) über. Für Arbeitsverträge oder Mietverträge
gelten allerdings eigene Schutzbestimmungen.
4) Anwachsung (vgl Fall 27, unabhängig vom Ausscheidungsgrund!): Sonjas Kapitalanteil
wächst Thomas (zwingend) an (ius cogens).
=>
Anspruch Sonjas: Sonja hat daher einen (zwingenden) schuldrechtlichen Abfindungsanspruch gegen Thomas (als Entschädigung für den Verlust der dinglichen Berechtigung an
der OHG als Gesamthandschaftseigentümer). Die Höhe ihres Anspruchs wird grundsätzlich
zu Tageswerten berechnet (Stichtag: Tag der Klage wegen Gefahr der Prozessverschleppung),
kann aber eingeschränkt werden. Untergrenze stellt nach hL und hRsp die „Buchwertklausel“ (vgl Fall 27 b) dar.
c) Nein. Ein solcher Firmenkern wäre irreführend und unzulässig (Grundsatz der
Firmenwahrheit als zwingende Grenze der Firmenkontinuität). => Der Zusatz „... & Co
OHG“ weist ausdrücklich auf das Vorliegen einer Gesellschaft hin. Der Firmenkern eines
29
Einzelunternehmens muss aber jedenfalls Vor- und Zunamen des Einzelunternehmers enthalten (vgl Fall 4 a ).
=> Sollte Sonja Sorglos (namensgebende Gesellschafterin der ehemaligen OHG) nicht bereits
im Gesellschaftsvertrag ihre Zustimmung zur Firmenfortführung unter ihrem Namen gegeben
haben, ist Thomas an ihre Einwilligung gebunden (Namensrecht § 43 ABGB etc).
Nur wenn sie zustimmt, könnte er das Unternehmen allenfalls mit einem Nachfolgevermerk
zB unter „Thomas Treusam, vormals Sorglos & Co“ weiterführen.
Möglichkeit II):
[vgl Fall 27]
a) Thomas kann, wenn eine Übernahmeklage nach § 142 HGB im GV ausgeschlossen wurde
oder er zur alleinigen Fortführung des Unternehmens nicht bereit ist, die Auflösung der
OHG herbeiführen. Das kann nur durch Kündigung der Gesellschaft erfolgen. In diesem
Fall wird Thomas eine Auflösungsklage nach § 133 HGB anstrengen, weil ein wichtiger
Grund (wesentliche Vertragsverletzung/ Pflichtverletzung durch Sonja) vorliegt. Im
Gegensatz zur ordentlichen Kündigung der Gesellschaft nach § 132 HGB wird die
Auflösungsklage nach § 133 HGB (entspricht einer außerordentlichen Kündigung von
Dauerschuldverhältnissen) ohne Fristablauf mit der gerichtlichen Entscheidung rechtswirksam. =>
b) Rechtsfolgen der Auflösungskalge nach § 133 HGB:
1) Die OHG tritt ins Stadium der Abwicklung. Diese erfolgt meist durch Liquidation. Ziel
der Gesellschaft im Abwicklungsstadium ist der Abschluss der laufenden Geschäfte, die
Befriedigung der Gläubiger und die „Versilberung“ (= Umsatz des restlichen Vermögens
in Geld).
2) Sonja hat bei einem übrigbleibenden Abwicklungsgewinn (Liquidtionserlös) Anspruch
auf dessen Auszahlung. Mangels Vereinbarung wird ein solcher Gewinn nach dem
Verhältnis der Kapitalanteile in der Schlussbilanz verteilt (analog für Verlust). [Hat Sonja
allerdings einen negativen Kapitalkontostand, erhält sie nichts und muss den fehlenden
Saldo ausgleichen.]
3) Löschung der OHG im FB
Kommanditgesellschaft
und sonstige Personengesellschaften
Fall 30
a) Grundsätzlich gilt das für Komplementäre bestehende Wettbewerbsverbot ( §§ 112 f HGB)
nicht für Kommanditisten (§ 165 HGB). K ist allerdings geschäftsführungsbefugte Kommanditistin.
[Anm.: Nach (dispositiver) gesetzlichen Regelung hätte K als Kommanditistin keine
Geschäftsführungsbefugnis!]
Als geschäftsführungsbefugte Kommanditistin trifft K allerdings eine Treuepflicht. Sie darf
ihre Kenntnisse, die sie aufgrund ihrer Gesellschafterstellung erlangt hat, nicht zum Nachteil
der Gesellschaft ausnützen. => Diese Treuepflicht verletzt K aber und fügt der Gesellschaft
einen Schaden (Umsatzrückgang) zu (absichtliche Schädigung).
=> Die KG kann Schadenersatzansprüche in der Höhe des entgangenen Gewinns (10.000
Euro) wegen Verletzung der Treuepflicht von K verlangen. Die KG (Geschädigte) ist
beweispflichtig.
30
b) § 113 HGB regelt das Eintrittsrecht bei der OHG. Nach § 165 HGB ist dieses allerdings
nicht auf eine KG anzuwenden. Sinn hinter dieser Bestimmung ist aber, dass
Kommanditisten normalerweise ohnenhin - aufgrund ihrer (gesetzlich) nicht vorhandenen
Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis – im Vergleich zu Komplementären nur
einen geringen Einblick in die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft haben. K ist hier aber
geschäftsführungsbefugt und zusätzlich Prokuristin. Es besteht daher sehr wohl die
Gefahr der Verwertung des Wissens über die KG. => (Ausnahmsweise) ist (wie oben §
112 HGB) auch § 113 HGB aus dem OHG-Recht für die KG anzuwenden. => Dieses
Eintrittsrecht besagt, dass der Gesellschafter, der die Treuepflicht verletzt, die auf eigene
Rechnung abgeschlossenen Geschäfte für die Gesellschaft gelten lassen muss. K hat in
derselben Branche und mit denselben Modellen wie die KG gehandelt. => Die KG kann
(anstelle des Schadenersatzes!) alternativ auch die 30.000 Euro von K verlangen.
c) 1) Entzug der Prokura: C kann K die Prokura entziehen. Gem § 116 Abs 3 HGB kann
der Widerruf der Prokura von jedem geschäftsführenden Gesellschafter erfolgen. Wurde
K (Kommanditistin) die Prokura aber bereits im Gesellschaftsvertrag zugesichert, kann
sie ihr nach hA nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes entzogen werden. Ein solch
wichtiger Grund ist hier gegeben: Verletzung der Treuepflicht, Schädigung der KG etc...
[Achtung: Mangels Regelung im GV sieht das Gesetz zur Bestellung eines Gesellschafters
zum Prokuristen einen einstimmigen Beschluss aller geschäftsführenden Gesell-schafter
vor.]
2) Antrag auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis aus wichtigem Grund
3) Übernahmeklage nach § 142 HGB (vgl Fall 29 Möglichkeit I):
Voraussetzungen aus dem OHG-Recht:
1. Vorliegen eines wichtigen Grundes: Ja; grobe Pflichtverletzung etc (siehe oben)
2. Wenn keine andere Lösung möglich ist
3. C bleibt nach Ausschluss der K als einziger Gesellschafter übrig (deshalb
Übernahmeklage § 142 und nicht Ausschlussklage § 140 HGB)
=> Rechtsfolgen: C übernimmt die KG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge und führt
das Unternehmen als Einzelunternehmen weiter ..... (einzelne detaillierte Rechtsfolgen
siehe OHG-Recht, Fall 29)
4) Auflösungsklage nach § 133 HGB (vgl Fall 29 Möglichkeit II):
Kann gemäß OHG-Recht auf Antrag des C nur aus wichtigem Grund durch gerichtliche
Entscheidung erfolgen (=außerodentliche Kündigung). Den wichtigen Grund hat K gesetzt.
=> Rechtsfolgen: Auflösung der KG => Abwicklung => Liquidation (Geschäftsbeendigung, Gläubigerbefriedigung, „Versilberung“) => Löschung der KG im FB .....
(detaillierte Beschreibung der einzelnen Rechtsfolgen siehe OHG-Recht, Fall 29).
Fall 31
a) Wenn der GV keine andere Regelung vorsieht, erhalten – wie bei der OHG – sowohl
Gert Mayer als Komplementär als auch Toni als Kommanditist der Mayer-KG zunächst
4 % Vordividende ihres jeweiligen Kapitalanteils:
Toni (Kommanditist): 4 % von 20.000 = 800 Euro
Gert (Komplementär): 4 % von 100.000 = 4.000 Euro
Der Rest wird aber nicht wie bei der OHG nach Köpfen, sondern „in einem angemessenen Verhältnis“ dh (hier) im Verhältnis der angegebenen Einlagen zwischen den
beiden aufgeteilt.
=> Rest: 10.000 (Gesamtgewinn) – 4.800 (Vordividende) = 5.200 Euro
Einlagen (ursprünglich): Toni: 100.000 Euro / Gert: 400.000 Euro
31
 5.200 Euro im Verhältnis 1 : 4 aufteilen
 Toni (Kommanditist) erhält zusätzlich noch 1.040 Euro
 Gert (Komplementär) erhält zusätzlich noch 4.160 Euro des restlichen
Gewinns
Konten am Ende des vergangenen Geschäftsjahres:
Am Ende des Gj. beträgt Tonis Kapitalkontostand 20.000 + 800 + 1.040 = 21.840 Euro.
Der Kapitalkonostand Gert Mayers beträgt 100.000 + 4.000 + 4.160 = 108.160 Euro.
b) Entnahmerechte:
1) Kapitalentnahmerecht:
 Gert (Komplementär): Komplementäre einer KG sind (wie OHG-Komplementäre)
berechtigt, UNABHÄNGIG vom erwirtschafteten Gewinn 4 % ihres Kapitalanteils zu
entnehmen. => Gert hat im laufenden Gj das Kapitalentnahmerecht auf 4% seines
Kapitalanteils des letzten Gj:
0,04*108.160 = 4.326,4 Euro
 Toni (Kommanditist): Kommanditisten haben nach § 169 HGB iVm § 122 HGB KEIN
vom Gewinn unabhängiges Kapitalentnahmerecht! Er kann grundsätzlich nur die
Auszahlung des auf ihn fallenden Gewinnanteils eines Jahres verlangen (Bedingung dafür
aber gleich unter Pkt 2).
2) Gewinnentnahmerecht:
 Gert (Komplementär): Als Komplementär hat Gert neben dem Kapitalentnahmeanspruch
einen Gewinnentnahmeanspruch jenen Betrages des letzten Jahresgewinns, der die 4 %
des Kapitalentnahmeanspruchs übersteigt: Gewinn des Vj: 8.160 Euro – 4.326,4 Euro
(Kapitalentnahme) = 3.833,6 => Gert kann auch noch die Auszahlung des restlichen
Gewinns von 3.833,6 Euro verlangen.
 Toni (Kommanditist): Sein Gewinn (= 1.840 Euro) kann nur seinem Kapitalkonto
gutgeschrieben werden. Toni kann die Auszahlung seines Gewinnes solange nicht
fordern bis seine ursprüngliche (bedungene) Einlage von 100.000 Euro wieder
überschritten wird. => Sein derzeitiger Kapitalanteil beträgt aber erst 20.000 Euro +
1.840 Euro Gewinngutschrift. => Es besteht derzeit kein Gewinnentnahmerecht für den
Kommanditisten.
[Anm.: Bekommt Toni seinen Gewinn dennoch ausbezahlt, obwohl die von ihm zur
Gänze geleistete Einlage (100.000 Euro) auf 20.000 Euro gemindert war, liegt Einlagenrückgewähr in Höhe von 1.840 Euro vor. Das hat zur Folge, dass er dafür mit seinem
Privatvermögen haftet (Wiederaufleben der Haftung des Kommanditisten bei
Einlagenrückgewähr), dazu Fall 32 b)].
Variante:
a) Entnahmerechte:
1) Kapitalentnahmerecht: Wurde im letzten Gj wieder kein Gewinn erzielt, hat
 Gert (Komplementär): ein vom Gewinn unabhängiges Kapitalentnahmerecht von 4 %
seines Kapitalanteils im letzten Gj = 0,04*100.000 = 4.000 Euro
 Toni (Kommanditist): Nach § 169 iVm § 122 HGB besteht KEIN Kapitalentnahmerecht
für Kommanditisten.
2) Gewinnentnahmerecht: => irrelevant, da kein Gewinn erwirtschaftet wurde!
b) Ein Verlust müsste bei einer KG - iUz OHG- ebenfalls in „einem den Umständen
entsprechenden Verhältnis (dh unter Berücksichtigung des Anteils an der GF/Vertretung,
Mitarbeit; Haftungsübernahme....) der einzelnen Gesellschafter verteilt werden.
=> In diesem Fall wäre die Verlustaufteilung zB nach dem Verhältnis der Einlagen, dh im
Verhältnis 1 : 4 zwischen Toni und Gert aufzuteilen.
32
Fall 32
a) [Vgl zu diesem Fall Haftungsübersicht über mögliche Haftung für Altverbindlichkeiten
unter Fall 23, Anmerkung Punkt 2 b).]
Nein. Durch einen in eine bestehende OHG eintretenden Kommanditisten wird die OHG zur
KG. Zwischen Bernd und Silvia Abraham (ehemaligen OHG-Gesellschafter) und dem neu
eintretenden Kommanditisten (Hans) wurde ein Aufnahmevertrag geschlossen. Es macht
keinen Unterschied, ob Cäcilias (Gläubigerin der ehem. OHG) Forderung vor oder nach
Hans´ Eintritt entstanden ist. Nach § 173 HGB haftet nämlich der in eine OHG eintretende
Kommanditist [(zusätzlich) zur (unbeschränkten) Haftung der beiden Komplementäre Bernd
und Silvia der KG!] auch für Altverbindlichkeiten der OHG, die VOR seinem Eintritt
begründet wurden. Diese Haftung des eingetretenen Kommanditisten kann nicht im GV
abbedungen werden, sie ist zwingend! (§ 173 Abs 1 HGB ist ius cogens; vgl dazu § 173 Abs
2 HGB). Art und Umfang der Haftung des Kommanditisten richten sich nach §§ 171 ff HGB
(dazu gleich unter Frage b)
b) Zwischen den Begriffen „Einlage“ und „Haftsumme“ besteht ein rechtlicher Unterschied:
 „Einlage“ (oder „bedungene Einlage“ oder „Pflichteinlage“ oder „Kapitaleinlage“)
bezieht sich immer auf jenen Betrag, zu dessen Zahlung sich der Kommanditist gegenüber
seinen Mitgesellschaftern bei der Aufnahme verpflichtet hat. Die Einlage betrifft also
ausschließlich das Innenverhältnis (sie muss zB auch überhaupt nicht geleistet werden,
darf gestundet werden etc....). Sie wird daher nicht ins FB eingetragen.
 „Haftsummme“ (oder „Hafteinlage“) bezieht sich immer auf jenen Betrag, bis zu
welchem der Kommanditist einem Gesellschaftsgläubiger für Gesellschaftsschulden
haftet (deshalb beschränkte Haftung des Kommanditisten!). Die Hafteinlage (Haftsumme) betrifft also immer das Außenverhältnis. Weil sie für Dritte (Gläubiger) von
Bedeutung ist, wird die Höhe der Haftsumme auch ins Firmenbuch eingetragen.
[Anmerkung: Zu Verwechslungen kommt es manchmal, weil das Gesetz (Kapital-)einlagen
als „bedungene Einlage“, die Haftsumme aber ebenfalls als „Einlage“ bzw
„Vermögenseinlage“ bezeichnet!]
Meistens sind die (einbezahlte) Kapitaleinlage und die im FB eingetragene Haftsumme gleich
hoch. Das muss aber nicht so sein. Diese Tatsache ist wichtig für die Haftung des (der)
Kommanditisten.
Die Haftung eines Kommanditisten ist gem §§ 171 ff HGB .....
beschränkt mit der im FB eingetragenen Höhe der Hafteinlage (Haftsumme), jedoch...
*) bei voller Einzahlung (Leistung) der Einlage in Höhe der Haftsumme:
 nur mittelbar (er selbst kann vom Gesellschaftsgläubiger nicht geklagt werden, dieser
muss sich an die Gesellschaft = KG wenden!)
 dh auch nicht persönlich (nicht mit seinem Privatvermögen)
*) bei Nicht- bzw Teilleistung der Einlage:
 unmittelbar (er kann vom Gesellschaftsgläubiger direkt auf Zahlung geklagt werden)
 dh auch persönlich (mit seinem Privatvermögen)
 primär (dh nicht subsidiär)
 solidarisch (gemeinsam mit Mitgesellschaftern)
Ausnahme: unbeschränkte Haftung des Kommanditisten nur, wenn seine Kommanditisteneigenschaft (beschränkte Haftung) noch nicht im FB eingetragen ist und ein gutgläubiger
Dritter (Gläubiger) nichts von seiner beschränkten Haftung wusste!
 Für den konkreten Fall bedeutet das:
Hans haftet für die Altverbindlichkeiten bis zur Höhe der im FB eingetragenen Haftsumme
(10.000 Euro) = beschränkte Haftung. Weil er aber seine (Kapital-)einlage („bedungene
33
Einlage“) im Innenverhältnis noch nicht erbracht hat (Stundung der Einlage bis Jahresende!),
haftet er unmittelbar (und persönlich, primär, solidarisch) für den Betrag.
 Hans muss an Cäcilia 10.000 Euro zahlen.
[Ergänzung: Fiktive Fallvarianten bzw mögl. Haftungsfälle für Hans
Bed.: Eintragung der HS im FB => In allen 6 Fällen ist die Haftung des Hans mit der
Haftsumme beschränkt!
1) Einlage = Haftsumme; Einlage geleistet => nur mittelbare (nicht persönliche...) Haftung
2) Einlage = Haftsumme; Einlage noch nicht geleistet => unmittelbare (persönliche, primäre,
solidarische) Haftung für HS
3) Einlage > Haftsumme; Einlage geleistet => nur mittelbare (nicht persönliche...) Haftung
4) Einlage > Haftsumme; Einlage noch nicht geleistet => unmittelbare (etc..) Haftung für HS
5) Einlage < Haftsumme; Einlage geleistet => unmittelbare Haftung für die DIFFERENZ
6) Einlage < Haftsumme; Einlage noch nicht geleistet => unmittelbare Haftung für gesamte
HS ]
Variante: Ja. Grundsätzlich haftet Hans (Kommanditist) für etwaige Altverbindlichkeiten der
KG bis zu 5 Jahren ab der FB-Eintragung seines Ausscheidens aus der Gesellschaft weiter.
Die 5- jährige Frist gilt aber (siehe OHG-Recht) nur, sofern der Anspruch nicht der „kurzen“
3-jährigen Verjährungsdauer des ABGB unterliegt (vgl Fall 27 d, e).
Eine unmittelbare Haftung des Kommanditisten besteht aber nur dann, wenn er die Einlage
nicht (vollständig) eingezahlt hat. Andernfalls kann er vom Gläubiger nicht unmittelbar
(persönlich), sondern nur mittelbar (indem der Gläuibger etwa auf die eingezahlte Haftsumme greift), dh nicht persönlich in Anspruch genommen werden.
Hier hat Hans seine Einlage (20.000 Euro) vor seinem Ausscheiden eingezahlt. Das würde
ihn zunächst von einer unmittelbaren Haftung für Altverbindlichkeiten befreien. Allerdings
erhält Hans bei seinem Ausscheiden ein Auseinandersetzungsguthaben (aus dem
Gesellschaftsvermögen) idH von 15.000 Euro. Diese Zahlung an Hans (Grund ist irrelevant!)
stellt eine Einlagenrückgewähr (Einlagenrückzahlung) dar, die seine unmittelbare Haftung
in der Höhe der Rückzahlung wieder aufleben lässt.
=> Für Altverbindlichkeiten bis zu 15.000 Euro kann Hans also unmittelbar (persönlich)
von Gesellschaftsgläubigern in Anspruch genommen werden (dh er kann von Gläubigern
auch direkt darauf geklagt werden).
=> Für sämtliche Verbindlichkeiten über diesen Betrag hinaus haftet Hans aber nicht mehr
unmittelbar, sondern nur mittelbar. Das bedeutet, dass Gläubiger Ansprüche über 15.000
Euro nur gegen die Gesellschaft (KG) geltend machen können.
Fall 33
a) Geschäftsführung bei der KG: Mangels anderer Regelung im GV greift die gesetzliche
Regelung der Geschäftsführung.
Die Geschäftsführungsbefugnis für alle gewöhnlichen Geschäfte obliegt prinzipiell allein den
Komplementären der KG. Für außerordentliche Geschäfte bedarf es aber nach § 116 Abs 2
HGB der Zustimmung aller Gesellschafter, dh auch der Kommanditisten (im GV abdingbar).
=> Nach dem Gesetz hat Christoph (Kommanditist) ein Mitbestimmungsrecht, weil der Kauf
eines Grundstücks für einen Gemischtwarenhandel ein außergewöhnliches Geschäft darstellt.
 Er hat ein (bloßes) Widerspruchsrecht.
b) Vertretung der KG: Ja. Nach zwingender gesetzlicher Vorschrift ist Christoph als
Kommanditist von der Vertretung der KG ausgeschlossen (§ 170 HGB = ius cogens!!!).
=> Der Kaufvertrag ist gültig.
34
c) Nein. Die Bestellung zum Prokuristen hat gem § 116 Abs 3 HGB durch einen
(einstimmigen) Beschluss der geschäftsführenden Gesellschafter (Komplementäre) zu
erfolgen. Selbst wenn die Prokuraerteilung als außerordentliches Geschäft gewertet wird,
haben Kommanditisten dabei nach hA denn kein Mitbestimmungsrecht!
Fall 34
a) Anna A. und Christa C. wollen eine Personengesellschaft gründen.
Zunächst müssen also die 4 allgemeinen Voraussetzungen für die Gründung einer Gesellschaft (allgemeines Gesellschaftsrecht) geprüft werden:
1) Vorliegen eines Rechtsgeschäfts (Gesellschaftsvertrags): Ja. Wird (formlos) durch die
übereinstimmenden Willenserkärungen von Anna und Christa wirksam.
2) Rechtsgemeinschaft 2 oder mehrerer Personen: Ja. (SV)
3) Organisiertes Zusammenwirken der Gesellschafter: Ja. GF, Vertretung...
4) Gemeinsamer Zweck: Ja. Die Gesellschaft soll einen materiellen Zweck (Verkauf von
Kleidung) verfolgen.
 Anna und Christa können eine Gesellschaft gründen.
Möglichkeiten:
I) Gründung einer KG?
+ 3 spezielle Voraussetzungen für eine KG:
1) gemeinsame Firma (wäre möglich)
2) Es muss min 1 Ges unbeschränkt (Komplementär) und 1 beschränkt (Kommanditist)
haften (wäre möglich)
3) Betrieb eines vollkaufmännischen Handelsgewerbes? (vgl OHG)
1. Gewerbe? – Ja. (selbständig, planmäßig, dauerhaft, erkennbar, entgeltlich, nicht freiberuflich)
2. Betrieb eines Grundhandelsgewerbes? – Ja. (§ 1 Abs 2 Z 1 HGB: Beschaffung und Veräußerung von beweglichen Sachen)
3. Voll- oder Minderkaufmann? – Anna und Christa planen keine Aufnahme von
Mitarbeitern. Es liegt geringes AV vor etc => Die Boutique ist nur von minderkaufmännischem Umfang. Es sind keine kaufmännischen Einrichtungen in
vollkaufmännischem Umfang erforderlich.
 Sie können KEINE KG gründen, weil dafür der Betrieb eines
vollkaufmännischen Handelsgewerbes erforderlich ist!
II) Gründung einer KEG?
Die Kommanditerwerbsgesellschaft (KEG) ist die zur KG analoge Gesellschaftsform bei den
Eingetragenen Erwerbsgesellschaften (EEG: OEG, KEG). Die KEG ähnelt der KG (keine jur.
Person, aber Gesamthandschaft iUz GesBR; beschränkte Haftung einzelner Gesellschafter...)
und kann nur
1) für den gemeinschaftl. Erwerb unter gemeinsamer Firma
2) für Nicht- (zB Freiberufler) bzw Minderkaufleute (§ 4 HGB) gegründet werden.
 Die Gründung einer KEG wäre möglich.
III) Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesBR, ABGB-Gesellschaft)?
Die GesBR (geregelt im ABGB) hat denselben Einsatzbereich wie die EEGs (OEG; KEG).
1) Zusammenschluss von Nicht- (zB Freiberufler) bzw Minderkaufleuten
2) Gelegenheitsgesellschaften etc...
Wesentlichster Unterschied zu den EEG ist aber, dass die GesBR nach hL und Rsp KEINE
Gesamthandschaft (quasi-juristische Person) ist! => Bei einer GesBR wird daher NIE die
Gesellschaft, sondern NUR ihre Gesellschafter berechtigt und verpflichtet!
=> Für Christa (will beschränkt haften) und Anna ist eine GesBR ungeeignet!
35
IV) Gründung einer (atypischen) stillen Gesellschaft (stG)?
Die stG ist eine reine Innengesellschaft, sie besitzt überhaupt keine Rechtspersönlichkeit.
Wie die GesBR ist auch sie KEINE Gesamthandschaft.
Voraussetzungen:
1) 2 Gesellschafter: Geschäftsinhaber und Stiller - Ja. (Anna + Christa); Gesellschaftsvertrag
2) Der Geschäftsinhaber (zB Anna) muss - iUz GesBR und EEG (auch für ideelle Zwecke)
- ein Handelsgewerbe betreiben. - Ja: Anna und Christa betreiben ein Minderhandelsgewerbe (siehe I)
3) Prinzipiell wird der Stille nur durch eine Kapitaleinlage am Gewinn (Verlust) beteiligt
(typische stG).
Von einer atypischen stG spricht man, wenn der Stille durch den GV zB auch geschäftsführungsbefugt ist.
 Anna könnte Christa als (atypischen) stG beteiligen.
b) Zeitpunkt des Entstehens der Gesellschaften:
II) KEG: entsteht (im Außenverhältnis) mit Eintragung im FB => konstitutive Wirkung!
III) GesBR: entsteht mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags (formloser Konsensualvertrag); keine FB-Eintragung mangels Rechtspersönlichkeit!
IV) stG: entsteht mit GV (formloser Konsensualvertrag), keine FB- Eintragung mangels
Rechtspersönlichkeit
c) Buchführungspflicht:
II) KEG: Keine Buchführungspflicht nach Handelsrecht (keine Handelsbücher), allerdings
können EEGs bei Überschreiten einer gewissen Größe (siehe § 125 BAO) steuerrechtlich
buchführungspflichtig werden.
III) GesBR: keine gesetzliche Buchführungspflicht, jedoch vertragl. vereinbar
IV) stG: In diesem Fall besteht keine Buchführungspflicht, weil der Geschäftsinhaber (zB
Anna) bloß Minderkaufmann ist. Für diese entfallen die handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften.
d) Eine EEG muss eine Firma führen. Der Firmenkern muss den Zusatz „KEG“ enthalten
(ausgeschrieben oder abgekürzt). Anstelle des „KEG“ darf die Firma aber auch den Zusatz
„...und Kommanditpartnerschaft“ führen.
 Die Firma „A & Partner“ ist unzulässig, weil „ ...& Partner“ auf eine
OEG (Offene Erwerbsgesellschaft) hinweist.
Fall 35
a) Eine stille Gesellschaft (stG) entsteht mit Abschluss eines formlosen Konsensualvertrages zwischen dem Stillen (Inge) und dem Geschäftsinhaber (ihre Schwester), der
Kaufmannseigenschaft (Minderkaufmann genügt) besitzen muss.
b) Nein. Stille Gesellschafter treten grundsätzlich nie im Außenverhältnis auf. Die stG ist
eine reine Innengesellschaft. Der Stille trägt nur das (wirtschaftliche) Risiko des
(teilweisen) Verlustes seiner Einlage, kann aber nie zur Haftung von Gläubigern des
Geschäftsinhabers in Anspruch genommen werden.
 Inge (stG) haftet nicht.
c) Nein. Mangels Rechtspersönlichkeit (die stG ist auch keine Gesamthandschaft!) kann der
Gläubiger nie die Gesellschaft, sondern allenfalls Inges Schwester als Geschäftsinhaberin
auf Zahlung klagen.
36
Fall 36
zB an eine EWIV (Europ. Wirtschaftl. Interessensvereinigung). Diese soll für mittlere
Unternehmen grenzüberschreitende Kooperation ermöglichen (EWIV hat reine
Hilfsfunktion, keine Gewinnerzielungsabsicht).
In Österreich ist die EWIV keine juristische Person (subsidiäre Geltung des OHG- Rechts).
Die EWIV ist Formkaufmann und zwar immer Vollkaufmann (§ 1 EWIVG).
Kapitalgesellschaftsrecht
GmbH
Fall 37
a) Bei der Gründung der GmbH ist zu beachten:
1) Der Gesellschaftsvertrag (GV) = Satzung bedarf – ebenso wie ein fakultativer Vorvertrag
– eines Notariatsaktes (gesetzliche Formvorschrift) und muss einen zwingenden Mindestinhalt aufweisen
 Firma: Sach-, Personen- oder gemischte Fa. + Zusatz („...GmbH“)
 Sitz: Inland
 Stammkapital: mindestens 35.000 Euro (bzw 500.000 öS; dazu siehe Anmerkung)
 Stammeinlage: min. 70 Euro, Sacheinlagen (Höhe...) müssen im GV vorgesehen sein
 Unternehmensgegenstand: darf einem materiellen oder ideellen Zweck dienen
[Anmerkung: Nach Art X § 6 1. Euro–JubeG darf die Gründung einer GmbH bis 1. 1. 2002
(Übergangszeitraum: „ kein Zwang, kein Hindernis“) auch noch in Schilling erfolgen!]
2) § 6a Abs 1 GmbHG sieht eine Bargründung vor: Grundsätzlich müssen danach
mindestens die Hälfte des im GV genannten Stammkapitals durch Bareinlagen aufgebracht
werden (auch „Hälfteklausel“ genannt; ist eine Gläubigerschutzbestimmung, die die
anfängliche Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft sicherstellen soll!).
Im konkreten Fall liegt aber eine Sachgründung vor, weil das vereinbarte Stammkapital
(100.000 Euro) durch mehr als die Hälfte in Sacheinlagen (60.000 Euro) aufgebracht werden
soll: Hans Huber bringt sein Unternehmen als Sacheinlage (vgl § 6 Abs 4 GmbHG) in die
Gesellschaft ein, es werden nur 40.000 Euro (< 50 %) als Bareinlagen erbracht. Nach § 6a
Abs 1 GmbHG müssten allerdings mindestens 50.000 Euro (min 50 % von 100.000 Euro) als
Bareinlage erbracht werden!
Eine Sachgründung ist jedoch dennoch zulässig (dh § 6a Abs 1 GmbHG kommt nicht zur
Anwendung) wenn .....
1. eine Gründungsprüfung durch einen unabhängigen Gründungsprüfer (zB Wirtschaftsprüfer) erfolgt (Sinn:  dadurch erfolgt eine objektive Beurteilung, ob die Bewertung der
Sacheinlagen korrekt erfolgt ist => Gläubigerschutz) und ein Gründungsbericht nach
aktienrechtlichen Grundsätzen (§ 24 AktG) erstellt wird (= 1. Ausnahme von Bargründung
nach § 6a Abs 4 GmbHG).
 Erfüllen die Gründer in diesem Fall die Vorschriften des § 6a Abs 4
GmbHG, ist diese GmbH-Gründung (Sachgründung) zulässig (§ 6a Abs
1 GmbHG dann unbeachtlich).
37
[Ergänzung: Die 2. Ausnahme (hier irrelevant, aber prüfungsrelevant!), bei der von einer
Bargründung nach § 6a Abs 1 GmbHG abgesehen werden kann, ist in § 6a Abs 2 GmbHG
geregelt:
2. Demnach ist eine Sachgründung – UNABHÄNGIG von einer Gründungsprüfung nach
Abs 4 ! – auch dann zulässig, wenn ein seit min. 5 Jahren bestehendes Unternehmen zum
Zweck seiner Fortführung in eine GmbH eingebracht wird, der ausschließlich der bisherige
Inhaber, dessen Ehegatte und Kinder (allenfalls Erben) angehören soll.]
3) Bestellung der GF durch Gründer (Selbst- oder Fremdorganschaft); werden Gesellschafter
zu GF bestellt (Selbstorganschaft), kann das auch im GV geschehen ( „GesellschafterGeschäftsführer = G-GF).
4) Anmeldung zum FB: erfolgt durch die Geschäftsführer; Liste aller Gesellschafter
erforderlich. Die GmbH entsteht durch (konstitutive) FB-Eintragung (dazu auch Variante a).
5) Eine mögliche Konzessionspflicht zur Errichtung der GmbH besteht grundsätzlich nicht.
Auch gewerberechtliche Vorschriften sind für das wirksame Entstehen der Gesellschaft
irrelevant (Normativsystem).
b) Mindesteinzahlungspflicht (vor FB-Eintragung):
Ja. Vor Eintragung der GmbH ins FB müssen etwaige Sacheinlage jedenfalls zur Gänze
eingebracht werden. Auf jede Bareinlage muss mindestens ein Viertel, sollte der Betrag aber
kleiner als 70 Euro sein, auf alle Fälle 70 Euro eingezahlt werden, sodass in Summe
mindestens 17.500 Euro vor der Eintragung bar eingezahlt sind (§ 10 GmbHG).
=> Bruno muss zunächst ¼ seiner Bareinlage, das sind 7.500 Euro (0,25*30.000) vor Eintragung einzahlen, Edith ebenfalls ¼ ihrer Bareinlage = 2.500 Euro (0,25*10.000). In Summe
müssen allerdings jedenfalls 17.500 Euro bar eingezahlt sein. => Die restlichen 7.500 Euro
(17.500 – 10.000) müssen zusätzlich noch von Edith und Bruno im Verhältnis ihrer Stammeinlagen (Bruno : Edith = 3 : 1) eingezahlt werden:
 Bruno muss 7.500 + [(7.500:4)*3] = 13.125 Euro
 Edith muss 2.500 + [(7.500:4)*1] = 4.375 Euro bar einbezahlen (Summe: 17.500 Euro).
Variante: a) Eine GmbH VOR der Eintragung ins FB existiert rechtlich noch nicht. Sie
entsteht erst durch (konstitutive) Eintragung ins FB. Die Gesellschaft NACH Abschluss des
GV und VOR der Eintragung heißt also „Vorgesellschaft“ („werdende GmbH“).
[Nein. Gem § 2 Abs 1 GmbHG (= alte Lehre; wird in dieser Form heute nicht mehr vertreten
 hinfällig!) wurde nicht die GmbH in Gründung, sondern die Handelnden persönlich + als
Gesamtschuldner (solidarisch) berechtigt und verpflichtet (= „Handelndenhaftung“ nach § 2
GmbHG). Wurde also Bruno als Geschäftsführer (GF) vor FB-Eintragung der Gesellschaft
tätig, hätte er allein nach alter Lehre folglich für alle im Rahmen der Vorgesellschaft
abgeschlossenen Geschäfte gehaftet. Diese Rechtsverhältnisse gingen nach ALTER Lehre
aber NICHT AUTOMATISCH auf die später eingetragene GmbH über, sondern nur, wenn sie
gem § 2 Abs 2 GmbHG im Wege der befreienden SCHULDÜBERNAHME (dazu siehe BR:
§ 1405 ABGB) von der entstandenen GmbH übernommen wurden, wozu es binnen 3 Monate
allerdings – ausnahmsweise keiner Zustimmung (entgegen § 1405 ABGB!) des Gläubigers
bedurfte.]

hL & Rsp: Ja. Heute wird vertreten, dass der Vor- GmbH sehr wohl Rechtsfähigkeit
zukommt. Wird durch einen Gründer ein bestehendes Unternehmen (hier: Reisebüro des
Hans) eingebracht und im Vorgesellschaftszeitraum weitergeführt, haftet für diese
Verbindlichkeiten auf alle Fälle die Vor-GmbH, sofern es sich um gewöhnliche
Rechtsgeschäfte handelt oder die im Gesellschaftsvertrag (GV) Deckung finden (Großteil d L
in Anlehnung an deutsche L und dRsp).
38
 Nach hL gehen diese (gewöhnlichen) Rechtsgeschäfte mit Eintragung
(= Entstehen) der GmbH AUTOMATISCH (IPSO IURE) auf diese über,
dh die neu entstandene GmbH wird dadurch verpflichtet.
b) Gewöhnliche (ordentliche) Geschäfte kann ein Geschäftsführer (GF) einer Vor-GmbHH
wirksam in deren Namen abschließen; außergewöhnliche nur bei vertraglicher Vereinbarung
(Deckung im GV) oder Zustimmung ALLLER Gesellschafter.
=> Für die Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft, in deren Namen gehandelt wurde, haften
nach heutiger Ansicht ....
1) die VOR-GmbH (rechtsfähig): Achtung - für die Verbindlichkeiten der VOR-GmbH
haften die Gesellschafter (Bruno, Edith, Hans) persönlich!
2) die Gründer (Bruno, Hans, Edith) im Wege der „Unterbilanzhaftung“
(=Gründerhaftung) (dazu gleich unter c)
3) (nur) in Ausnahmefällen die Handelnden (Handelndenhaftung nach § 2 Abs 1 GmbHG
= alte Lehre), das würde im konkreten Fall eine alleinige Haftung des Bruno als G-GF
(Handelnder) bedeuten! Ausnahmefälle ergeben sich zB dann, wenn die GmbH vom FBGericht nicht genehmigt und daher auch nicht eingetragen wird. => Es ist keine GmbH
entstanden => Die Gläubiger hätten uU überhaupt keinen Schuldner!
c) Ja. Sobald die GmbH eingetragen ist, geht die Haftung der VOR-GmbH ipso iure auf die
entstandene GmbH über, mit diesem Zeitpunkt erlischt sowohl die Gründerhaftung (siehe
unten) als auch die Handelndenhaftung.
Ja. „Gründerhaftung“: Falls zum Zeitpunkt der FB-Eintragung der GmbH das aktuelle
Gesellschaftsvermögen (zB durch Verluste, Gründungskosten etc...) schon geringer als das
Stammkapital ist, trifft die Gründer der GmbH eine sogenannte „Unterbilanzhaftung“
(=Differenzhaftung; auch „Vorbelastungsahftung“) gegenüber der Gesellschaft (dh im
Innenverhältnis; nicht aber gegenüber den Gläubigern = Außenverhältnis!)
 Dh, die Gründer müssten die Differenz einzahlen, und zwar im
Verhältnis ihrer Beteiligungen (Stammeinlagen).
Fall 38
[Es liegt eine Bargründung vor, weil (min) 50 % des Stammkapitals (1 Mio Euro) in Bareinlagen (500.000 Euro) erbracht werden. => Eine Gründungsprüfung ist daher nicht erforderlich.]
Sacheinlagen müssen sofort, dh VOR Anmeldung zum FB zur Gänze eingebracht werden.
Noch vor Anmeldung zum FB wird der Wert der Sacheinlage der Tontechnik GmbH
allerdings um die Hälfte gemindert. Für Sacheinlagen, deren Wert im Zeitpunkt der FBAnmeldung (hier: 250.000 Euro) nicht dem dafür übernommenen Betrag der Stammeinlage
(hier: 500.000 Euro) entspricht, trifft den betroffenen Gesellschafter eine Deckungspflicht in
Höhe der Wertminderung (§ 10a GmbHG).
 Die Tontechnik GmbH muss noch 250.000 Euro bar draufzahlen!
[Anm.: 1) Für die Anwendung des § 10a GmbHG ist es wesentlich, dasss der Schaden
(Wertminderung) der Sache VOR der FB- Anmeldung eintritt. Für Schäden NACH der
Eintragung trifft den Gesellschafter keine Deckungspflicht!
2) Auch eine
Geschäftsführerhaftung des Herbert nach § 25 Abs 1 GmbHG scheidet hier mangels
Verschulden (Vorwerfbarkeit) aus!]
39
Fall 39
Stammkap. 1 Mio Euro => Beteiligungen: A (40 %) = 400.000 Euro, B (30 %) = 300.000
Euro, C (30 %) = 300.000 Euro
a) gesetzliche Mindesteinzahlungspflicht auf die Bareinlagen VOR FB-Eintragung der
GmbH: mindestens ¼ der Stammeinlage, wenn dieser Betrag <70 Euro ist, doch min 70
Euro.
 A: ¼ von 400.000 Euro = 100.000 Euro
 B: ¼ von 300.000 Euro = 75.000 Euro
 C: ¼ von 300.000 Euro = 75.000 Euro
 Summe auch größer 17.500 Euro?  Ja.
b) Nein. Geschäftsführer einer GmbH sind im Innenverhältnis (IV), dh der Gesellschaft
gegenüber verpflichtet, Beschränkungen ihrer Geschäftsführungsbefugnis bzw etwaige
Zustimmungserfordernisse einzuhalten. A (GF) kann nicht allein über die Einforderungen
weiterer Einzahlungen entscheiden. Gem § 35 Abs 1 Z 2 GmbHG unterliegt diese Maßnahme
nämlich dem Beschluss der Generalversammlung (=Gesellschafterversammlung = oberstes
willensbidendes Organ der GmbH), der die GF einer GmbH weisungsgebunden sind! =>
Anmeldung der Einforderung zum FB durch die GF! [Anm.: Der Vorstand einer AG ist
hingegen der Hauptversammlung (HV) nicht weisungsgebundnen]
c)
 Verzugszinsen
 Konventionalstrafe (wenn im GV vorgesehen!)
 Klageweise Einforderung
 Kaduzierungsverfahren nach §§ 66 ff GmbHG: Androhung des Ausschlusses in einem
eingeschriebenen Brief unter Setzung einer 1-monatigen Nachfrist. Wenn erfolglos, dann
Kaduzierung, dh... (Rechtsfolgen):
 Gesellschafter (C) verliert sämtliche Rechte durch Ausschluss
 Gesellschafter (C) haftet aber für den fehlenden Teil der Stammeinlage
weiter
 Inanspruchnahme aller Vormänner des C innerhalb der letzten 5 Jahre
(Reihenregress)
 Zahlt von den Vormännern niemand den ausstehenden Betrag ein, kann
die Beta Immobilienverwaltungs GmbH den Anteil des C versteigern
(„verwerten“)
 Der Erwerber des Anteils wird durch Zahlung ipso iure Gesellschafter
der GmbH (keine notariatsaktpflichtige Übertragung!)
 Wenn sich niemand findet (kein Anteilserwerber), kommt § 70 GmbHG
zur Anwendung: Anteilshaftung der Mitgesellschafter; Mitgesellschafter haften für säumige Einlage des C !
d) Nein. Im Gegensatz zu Personengesellschaften haften GmbH–Gesellschafter Dritten im
Grunde NICHT unmittelbar. Sie können daher von Gesellschaftsgläubigern nicht
persönlich in Anspruch genommen werden (=„Trennungsprinzip“ Gesellschaft – Gesellschafter).
Fall 40
Prinzipiell kann die Abberufung eines GmbH-Geschäftsführers (egal ob Dritter oder Gesellschafter) jederzeit und ohne wichtigen Grund durch eine einfache (Kapital-)mehrheit beim
Gesellschafterbeschluss erfolgen (§ 16 Abs 1 GmbHG).
40
Ausnahme: Im konkreten Fall wurde gem § 16 Abs 3 GmbHG die Abberufung eines schon
im Gesellschaftsvertrag bestellten Gesellschafter-Geschäftsführers (G-GF) auf das Vorliegen
eines wichtigen Grundes beschränkt (ist also nur bei Selbstorganschaft möglich!). Bertram
beruft Anton dennoch (grundlos) ab.
a) Der Widerruf ist zwar zunächst wirksam.
b) Anton kann jedoch als grundlos abberufener G-GF gegen den Beschluss der
Generalversammlung Klage erheben = Anfechtungsklage (Rechtsgestaltungsklage) [vgl
zur Anfechtung Fall 41c ].
c) Ja. Anton hätte sich im GV ein Sonderrecht auf Geschäftsführung (relativ zwingender
Inhalt eines GV) einräumen lassen können. GF, denen das Sonderrecht auf
Geschäftsführung eingeräumt wurde, können nur mit ihrer Zustimmung abgesetzt
werden. => Der Beschluss der Generalversammlung wäre nicht anfechtbar, sondern
gleich (absolut) nichtig gewesen, dh unwirksam.
[Anm.: Ein GF mit Sonderrecht auf Geschäftsführung kann nämlich nach hA ausschließlich
aus wichtigem Grund und NUR durch gerichtliche Klage abberufen werden!]
Variante: Gar nicht. Enthält der GV die Klausel nicht und wurde Anton durch Gesellschafterbeschluss zum GF bestellt, reicht für seine Abberufung ein einfacher
Mehrheiheitsbeschluss in der Generalversammlung (Anton darf selbst mitstimmen, Betram
besitzt aber 85 %). Für Antons Abberufung muss auch kein wichtiger Grund vorliegen.
[Anm.: Antons Abberufung bezieht sich auf seine Funktion als bestelltes Organ der GmbH
( Gesellschaftsrecht) und muss nicht (zwingend) die Beendigung seines Dienstverhältnisses
zur GmbH (Arbeitgeber) als weisungsgebundener AN (er ist Gesellschafter unter 50 %) zur
Folge haben ( Arbeitsrecht).]
Fall 41
a) Der Entlastungsbeschluss für das abgelaufene Geschäftsjahr wird jährlich (in den ersten
acht Monaten des laufenden Geschäftsjahres) von der Generalversammlung beschlossen. ( §
35 Abs 1 Z 1 GmbHG). Die „Entlastung“ der GF ist eine einseitige (Verzichts-)erklärung
der GmbH in Beschlussform, dass die Gesellschaft gegenüber de m Geschäftsführer (GF)
keine Schadenersatzansprüche bei Pflichtverletzungen des GF zustehen, wenn die
Umstände aus den Unterlagen (zB
Jahresabschluss) hervorgehen! Achtung: Ein
Entlastungsbeschluss ist jedoch keine generelle Verzichtserklärung (kein Verzicht iSd § 1444
ABGB), sondern lediglich ein Vertrauensvotum der Generalversammlung zum Zeitpunkt des
Beschlusses! Die Entlastung bezieht sich nie auf alle (möglichen und verborgenen)
Ansprüche gegen den GF, sondern nur auf solche, die in den Büchern bzw Aufzeichnungen
bei entsprechender Sorgfalt erkennbar waren.
 Rechtsfogen eines Entlastungsbeschlusses:
1) Das Erheben von Ansprüchen (auf die sich die Entlastung erstreckt hat) aus der GFHaftung nach § 25 Abs 2 GmbHG ist nicht mehr möglich!
2) Die Abberufung des G-GF aus wichtigem Grund scheidet aus.
b) Nein. Der G-GF darf in der GV nicht selbst für seine Entalstung stimmen! => Peter (GGF) wäre nicht stimmberechtigt gewesen! 
c) Der Generalversammlungsbeschluss hat einen formellen Mangel (Abstimmungsmangel).
Er ist daher anfechtbar (relativ nichtig). Werner kann den Entlastungsbeschluss nur
anfechten, wenn er in der Generalversammlung anwesend war und dort seinen Widerspruch
zu Protokoll gegeben hat (= Anfechtungsbefugnis, Anfechtungslegitimation). Die Anfechtungsfrist endet 1 Monat ab Absendung des Beschlusses an die Gesellschafter (Anm.:
Unterschied zur Aktienges.).
41
[Anm.: Unterscheide von der Anfechtbarkeit (relative Nichtigkeit) des Beschlusses die
(absolute) Nichtigkeit: Bei gravierenden Mängeln bedarf es nach hL überhaupt keiner
Anfechtung, der Beschluss ist unwirksam;  OGH: ?  lässt das offen!]
d) § 25 GmbhG: Haftung des GF = Verschuldenshaftung mit Beweislastumkehr
=> Peter (GF, Schädiger der Gesellschaft) müsste beweisen, dass er mit Sorgfalt eines
pflichtbewussten, ordentlichen GF gehandelt hat (=Beweislastumkehr). => Er kann diesen
Beweis hier sicher nicht erbringen. => Peter (GF) haftet persönlich für den entstandenen und
verschuldeten Schaden!
e) „Minderheitenrecht“: Gesellschafter, die (min) 10 % des Stammkapitals halten, können
selbständig im Namen der Gesellschaft auf Zahlung in die Gesellschaftskasse klagen.
=> Werner (11 %) kann von diesem Minderheitenrecht Gebrauch machen und im Namen der
ZicZac Immobilien GmbH Peter (GF) auf Schadenersatzzahlung der 500.000 Euro klagen.
Fall 42
a) Ja. Die Vertretung der GmbH für alle gerichtlichen und außergerichtlichen, gewöhnlichen
und außergewöhnlichen Geschäfte ist Aufgabe des GF (GF bilden den Vorstand). Die
Vertretungsmacht ist im Außenverhältnis (AV) unbeschränkt + unbeschränkbar. [Allerdings
müssen die GF Beschränkungen, die sich aus dem Innenverhältnis (dh die Geschäftsführung
betreffen) ergeben, einhalten (Zustimmungserfordernisse etc...).]
Die GmbH muss im vorliegenden Fall den Überweisungsauftrag gegen sich gelten lassen,
weil Rosenstiehl als alleiniger GF die Gesellschaft wirksam vertreten hat. Es liegt auch kein
Kollusionsfall (Missbrauch der Vertretungsmacht, siehe BR) vor, weil die Bank keinesfalls
arglistig (dolos) oder grob fahrlässig gehandelt hat.
b) Rosenstiehl (GF) ist hier Drittorgan, es liegt Fremdorganschaft vor. Es gilt § 16 Abs 1
GmbHG. Rosenstiehls Abberufung kann keinesfalls im GV an einen wichtigen Grund
gebunden worden sein, weil das nur bei Gesellschafter-GF (G-GF) möglich ist (also bei
Selbstorganschaft). => Für die Abberufung des GF reicht eine 51 % - Kapitalmehrheit. => A
und B können Rosenstiehl ohne wichtigen Grund (vgl Fall 40) durch Gesellschafterbeschluss
abberufen!
c) Der jeweilige (nachfolgende) GF muss unverzüglich Rosenstiehls Abberufung (=>
Änderung der Vertretungsbefugnis!) ins FB eintragen lassen.
Fall 43
a)
1)
2)
3)
Organe der Schilift-Betriebs- GmbH:
Geschäftsführer (Vorstand): 2 GF
Generalversammlung (Gesamtheit aller Gesellschafter): 60 Beteiligte
Aufsichtsrat?  Ob eine GmbH einen Aufsichtsrat haben muss (obligatorischer AR)
oder bloß haben kann (fakultativer AR), ergibt sich aus § 29 GmbHG: Nach § 29 Abs 1 Z
1 und Z 2 GmbHG muss eine GmbH jedenfalls einen AR haben, wenn...
1. eine Stammkapital von 70.000 Euro UND die Anzahl von 50 Gesellschaftern überschritten wird (Z 1) ODER
2. über 300 AN bei der GmbH beschäftigt sind (Z 2)
 Diese GmbH (Stammkapital 2 Millionen Euro + 60 Gesellschafter) ist
AR-pflichtig!
4) Betriebsrat?  Die Errichtung eines BR ist ab 5 AN möglich. Die Initiative muss aber
von den AN kommen! Diese GmbH hat 45 AN.
 Es ist anzunehmen, dass sie auch einen BR hat!
42
b) Bestellung der Organe:
1) Bestellung der GF: erfolgt (egal ob Selbst- oder Drittroganschaft) durch die
Gesellschafter (einfacher Kapitalmehrheitsbeschluss in der Generalversammlung oder
durch schriftlichen Beschluss). G-GF können bereits im Gesellschaftsvertrag bestellt
werden.
2) Generalversammlung: = Summe aller GmbH-Gesellschafter
3) Bestellung des Aufsichtsrats (AR):
1. Zwei Drittel der Mitglieder des AR werden durch Gesellschafterbeschluss gewählt
(Entsendung durch Gesellschafter  Vertretung der Anteisinhaber)
2. Ein Drittel des AR wird durch Mitglieder des Betriebsrats (BR) beschickt ( ANVertretung)
 Verhältnis: 2 Gesellschafter : 1 AN- Vertreter (§ 110 ArbVG).
4) Bestellung des BR: Arbeitnehmer (BR-Wahl durch AN Frage des kollektiven Arbeitsrechts).
Fall 44
a) Die Übertragung von GmbH-Anteilen ist formpflichtig: Sowohl Titel (Urkunde) als auch
Modus sind notariatsaktpflichtig.
b) Der GF (Burghard) hat kraft Gesetzes den Übergang von Geschäftsanteilen zum FB
anzumelden ( § 26 Abs 1 GmbHG).
[Anm.: Publizität der Geschäftsanteile bei der GmbH = Unterschied zur AG: Anonymität!]
c) „Vinkulierung“ der Anteile bedeutet, dass die Übertragung von Geschäftsanteilen im
Gesellschaftsvertrag an bestimmte Voraussetzungen (zB Qualifikationen des Erwerbers,
Vorkaufsrechte...) und/oder an die Zustimmung der Gesellschafter (Generalversammlung)
gebunden = vinkuliert ist [vinculum, lat. = „Fessel“].
Da in diesem Fall Anton 60 % der Anteile besitzt und er für eine Übertragung mitstimmen
darf, ist es nötig, die Übertragung von Anteilen im Gesellschaftsvertrag an eine qualifizierte
Mehrheit (75 %) zu binden (bei einfacher Mehrheit würde Burghard von Anton überstimmt
werden!).
Sind die Anteile vinkuliert (qualifizierte Mehrheit), und stimmt Burghard gegen die
Übertragung von Antons Anteilen an Caspar, kann keine Übertragung erfolgen. Das Gericht
kann allerdings die Übertragung gestatten (§ 77 GmbHG) , wenn
1. Anton seine Stammeinlage (200.000 Euro) voll eingezahlt hat
2. Keine ausreichende sachliche Begründung für die Ablehnung des C vorliegt
3. Keine Schädigungsgefahr für die GmbH entsteht.
Variante: a) Nein. Auch wenn zwischen Burghard und Caspar der Übertrag zustande
gekommen ist (gültig, sobald Notariatsakt erfolgt), kann Casper gegen den Beschluss nichts
unternehmen ( zB Anfechtung wegen Einberufungsmangels), weil eine mögliche Anfechtung
durch Caspar an seiner Anfechtungslegitimation (Anfechtungsbefugnis) scheitert: Anfechtungslegitimiert ist nur, wer in der Generalversammlung erschienen ist und dort seinen
Widerspruch zu Protokoll gegeben hat (vgl Fall 40 b) bzw wer unberechtigterweise nicht zur
Generalversammlung zugelassen war. 
b) Zu ihrer Verteidigung können Anton und Burghard vorbringen, dass Caspar im Verhältnis
zur Gesellschaft am 09. 92. noch nicht Gesellschafter war (trotz erfolgter Übertragung der
Anteile!), weil er als neuer Gesellschafter erst am 28. 02. ins FB eingetragen wurde (vgl § 78
Abs 1 GmbHG).
 Caspar hatte gar kein Recht auf Einladung zur Generalversammlung!
=> In der Praxis muss dieses Problem durch eine entsprechende vertragliche Bestimmung
werden!
43
Fall 45
a) Nein. Grundsätzlich ist die Teilung eines GmbH-Anteils nur möglich, wenn sie im
Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde.
b) „Vinkulierungsklausel“ (vgl Fall 44 c): Vinkulierung heißt die Bindung eines Rechts an
gewisse Bedingungen, zB Zustimmungserfordernisse...(im Gesellschaftsvertrag). Die
(nachträgliche) Einfügung einer „Vinkulierungsklausel“ stellt eine Änderung des
Gesellschaftsvertrages, also ein Grundlagengeschäft, dar. Prinzipiell bedürfen Grundlagengeschäfte einer ¾ - Mehrheit in der Generalversammlung. Die Vinkulierung stellt
allerdings einen ganz massiven Eingriff in die Rechte aller Gesellschafter dar (erschwerte
Übertragbarkeit der Anteile). Falls ALLE Anteile vinkuliert werden sollen, ist jedenfalls
die Zustimmung ALLER Gesellschafter (einstimmiger Beschluss) erforderlich!
Fall 46
a) Vorteile, die die Gesellschaft einem Gesellschafter (bzw seinen Familienmitgliedern), nicht
aber einem Dritten gewährt (= Beurteilung durch Fremdvergleich, „Dealing at arm´s
length“), fallen unter verdeckte Gewinnausschüttung bzw Einlagenrückgewähr. Einlagenrückgewähr ist unter zwei Aspekten rechtlich bedenklich und daher verboten:
1) Gleichbehandlungsgrundsatz: Werden einem bestimmten (oder einigen) Gesellschafter(n) Vorteile durch die Gesellschaft gewährt, verstößt das gegen die Gleichbehandlungspflicht.
2) Gläubigerschutz: Durch (verdeckte) Zahlungen an Gesellschafter verringert sich das
Gesellschaftsvermögen der GmbH, dh der Haftungsfond (Stammkapital) für Gesellschaftsgläubiger wird verringert. Einlagenrückgewähr verletzt ergo auch den
Gläubigerschutz.
b)  Rechtsfolgen:
Das Rechtsgeschäft zwischen dem Gesellschafter und der „Alpenflug GmbH“ ist nichtig. Es
entsteht ein Rückzahlungsanspruch der GmbH gegen den begünstigten Gesellschafter, den
sie innerhalb von 5 Jahren geltend machen muss. Zahlt der Begünstigte nicht, kommt es zur
sog. Ausfallshaftung der übrigen Mitgesellschafter (anteilige Haftung der Mitgesellschaft im
Verhältnis zu den von ihnen übernommenen Stammeinlagen; v. a. bei Sachleistungen). Bei
Dienstleistungen (hier: Rundflug) wird eben die Differenz (50 % Rabatt) wieder eingezaht
werden müssen.
Fall 47
[Die Einmann-Gründung einer GmbH ist grundsätzlich zulässig. Die GmbH entsteht dann
durch die sog. „Errichtungserklärung“ (einseitiges Rechtsgeschäft, eine Willenserklärung),
die an die Stelle des Gesellschaftsvertrages = zweiseitiges Rechtsgeschäft, zwei übereinstimmende Willenserklärungen) tritt. Auch sie ist notariatsaktpflichtig.]
Ja. Im Grunde genommen ist es möglich, dass der GF einer GmbH ein gewinnunabhängiges
Gehalt bezieht. Der GF steht dann mit der GmbH (Dienst-oder Arbeitgeber) als
Dienstnehmer (Arbeitnehmer) in einer schuldrechtlichen (vertraglichen) Beziehung (freier
Dienstvertrag oder Arbeitsvertrag). Entscheidend – bes. für die Sozialversicherung - ist dabei
die Weisungsgebundenheit des GF (ASVG: weisungsgebunden; GSVG: weisungsfrei). Der
Dienstvertrag betrifft immer das Innenverhältnis.
44
Diese Grundsätze gelten auch für die Einmann-GmbH. A darf prinzipiell Geld aus der
Gesellschaftskasse als Vergütung beziehen. Zu prüfen wäre jedoch, ob dieses Entgelt
angemessen ist, dh ob die GmbH mit einem unabhängigen Dritten zu denselben
Bedingungen kontrahiert hätte (= Fremdvergleich; „dealing at arm´s length“; vgl Fall 46 a).
Im konkreten Fall besteht ein Verdacht auf verdeckte Gewinnausschüttung (verbotene
Einlagenrückgewähr), der durch die knappe Formulierung des Sachverhalts jedoch nicht
bewiesen scheint.
Allerdings muss gemäß § 18 Abs 5 GmbHG über Verträge, die der einzige Gesellschafter
sowohl in eigenem Namen (hier als Dienstnehmer) als auch in seiner Funktion als Allein-GF
namens der GmbH (Dienstgeber) abschließt, unverzüglich eine schriftliche Urkunde errichtet
werden. Dabei muss vorgesorgt werden, dass nachträgliche Änderungen des Inhalts (zB
Erhöhung des bezogenen Gehalts) und mögliche Zweifel über den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ausgeschlossen sind.
=> A hat diese gesetzliche Formvorschrift (Schriftlichkeit) missachtet. => Der GF-Vertrag
ist nichtig.
Rechtsfolge: Es entsteht eine Rückzahlungspflicht des A gegen die Gesellschaft.
 Der Konkurrent (Übernehmer der Einmann-GmbH) fordert zu Recht (als
neuer GF im Namen der GmbH) die von A in den letzten 5 Jahren
(=Verjährungsfrist der Ansprüche) entnommenen Beträge.
Fall 48
Ja. Ein GmbH-GF ist an die Weisungen der Generalversammlung gebunden (=> Unterschied zur AG: Der Vorstand einer AG ist nicht an die Weisungen der Hauptversamlung
gebunden!)
Umstritten (TdL  §§) ist, inwieweit (ob überhaupt) ein GF, der einen (ordnungsgemäßen)
Beschluss der Generalversammlung befolgt und dadurch der Gesellschaft einen Schaden
zufügt, für diesen Schaden im Rahmen der GF-Haftung persönlich einstehen muss: nach §
25 Abs 2 GmbHG befreit das Befolgen der Generalversammlungsbeschlüsse den GF vor
allem dann NICHT, wenn es sich um Ansprüche von Gesellschaftsgläubigern handelt
(„Erforderlichkeit des Ersatzes zur Gläubigerbefriedigung“). Ein Teil der Lehre (Koppensteiner, Harrer) vertritt diese Haftung des § 25 Abs 2 GmbHG aber nicht ( GF werden
durch Weisung entlastet!).
 In der Praxis hat der GF, der die Weisungen der Generalversammlung
als schädlich einstuft, drei Möglichkeiten:
1) Ist der Beschluss der Gesellschafter gesetzes- bzw gesellschaftsvertragswidrig, kann er
den Generalversammlunsgbeschluss (einzeln) klageweise anfechten (= Ausnahmefall).
[Anm.: Beschlüsse, durch die sich ein GF strafbar machen würde bzw die gegen eine
zwingende materielle Norm verstoßen oder sittenwidrig iSd Generalklausel des § 879 ABGB
sind, sind meistens ohnehin (absolut) nichtig und bedürfen ergo keiner Anfechtung!]
2) Er kann die Weisung befolgen.
3) Er kann seinen Rücktritt nach § 16a GmbHG erklären (unter Einhaltung einer 14-tägigen
Frist, bei wichtigem Grund auch sofort wirksam).
Fall 49
a) Ein solches Darlehen heißt „eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen“. Zur
rechtlichen Qualifikation eines solchen muss unbedingt auf den Zeitpunkt, zu dem der
Gesellschafter der Gesellschaft das Darlehen gewährt hat, abgestellt werden:
45
1) Befand sich die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Gewährung in einer Krisensituation
(Sanierungsbedarf, Illiquidität): ja
und
2) Hätte sie zu marktüblichen Konditionen von einem Dritten keinen Kredit mehr bekommen: ja (= „Kreditunwürdigkeit“)
liegt jedenfalls ein eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen vor.
[3) Dasselbe gilt nach jüngster Rsp des OGH und hL aber auch für Darlehen, die schon zu
einem früheren Zeitpunkt gewährt wurden, aber trotz Krise und Kreditunwürdigkeit
weitergewährt (stehengelassen) werden (= „Kreditprolongierung“).]
=> Die Eigenkapitalsdarlehensgewährung ist verboten, weil sie – wie die Einlagenrückgewähr – die Grundsätze des Gläubigerschutzes verletzt: Geht die GmbH nämlich in Konkurs
und macht der Gesellschafter (Darlehensgeber) seine Forderung aus dem Darlehen gegen die
Gesellschaft im Konkurs geltend, wird der Haftungsfonds bzw die Konkursmasse zum
Nachteil der Gesellschaftsgläubiger verringert ( Minderung der Konkursquote auch der
Mitgesellschafter = Überwälzung auf Mitgesellschafter!).
Die Rechtsfolgen des e.ers. Geselschafterdarlehens sind daher:
1) Das einbezahlte Darlehen kann der Gesellschafter (DG) während der Krise bzw im
Konkurs nicht von der Gesellschaft (DG) zurückfordern, es wird wie Eigenkapital behandelt.
b) Ja. 
2)  Die Darlehensrückzahlung an A kurz vor dem Konkurs ist in einer klaren Umgehungsabsicht erfolgt. Es kommen die Rechtsfolgen der Einlagenrückgewähr (vgl Fall 46 b) in
analoger Weise zur Anwendung: A ist zur Rückeinzahlung des Darlehensbetrages
verpflichtet.
 Die Masseverwalter können die 1 Mio. Euro von A verlangen.
c) vgl zB Personengesellschaften: Wiederaufleben der unmittelbaren Haftung des
Kommanditisten durch Einlagenrückgewähr bei der KG (vgl Fall 32 Variante)
ev. Einlagenrückzahlung an atypischen (also haftenden) stillen Gesellschafter einer
atypischen stG etc...
[Anm.: Einer GmbH in so einer Situation bleiben letztendlich nur zwei Möglichkeiten:
1. Erhöhung des Eigenkapitals durch Eigenkapitalnachschuss (iV der Stammeinlagen der
Gesellschafter): Wurde eine Nachschusspflicht im Gesellschaftsvertrag vorgesehen,
bedarf es nur eines einfachen Mehrheitsbeschlusses. Soll sie aber erst jetzt eingeführt
werden, bedarf es der Zustimmung ALLER Gesellschafter (Einstimmigkeit bei Grundlagengeschäften bzw Änderung im GV, die massiven Rechtseingriff für alle Ges.
darstellen)
oder
2. Konkursanmeldung ]
Fall 50
[Grundsätzlich 3 Arten von Beschlussfassungen bei GmbH:
1) durch Generalversammlungsbeschluss: Einberufung der Gesellschafter 7 Tage im voraus
durch GF; Präsenzquorum (beschlussfähig): ab
min 1/10 des Stammkapitals;
Konsensquorum: grundsätzlich einfache Kapitalmehrheit
2) durch Umlaufbeschluss: = schriftliche Abstimmung eines jeden Gesellschafters;
Bedingung: Zustimmung aller Ges. zur schriftlichen Beschlussfassung; Konsensquorum:
Mehrheit der Gesamtzahl der Gesellschaft, nicht nur der abgegebenen Stimmen!
3) hM: ad-hoc-Beschlüsse (auch formlos, konkludent etc...): Präsenzquorum: alle;
Konsensquorum: alle (Einstimmigkeit) - va bei 2-Mann-GmbH etc...]
46
Im konkreten Fall ist eine schriftliche Beschlussfassung (vgl Pkt 2) angestrebt. Alle sind mit
der Art der Beschlussfasung einverstanden => Sie ist zulässig.
Variante:
a) Für Beschlüsse in der Generalversammlung reicht die einfache Mehrheit der abgegebenen
Stimmen. Diese wäre hier gegeben. Bei einem schriftlichen Umlaufbeschluss gilt
allerdings § 39 Abs 2 GmbHG: Die Mehrheit ist nach der Zahl der Gesamtstimmenanzahl
(dh inkl Stimmenthaltungen etc) zu berechnen. => Der Antrag wurde abgelehnt!
b) Adalbert will eine Überprüfung des letzten Jahresabschlusses anstreben. Er ist mit 10 %
am Stammkapital beteiligt (=> Minderheitsgesellschafter). Weil der Antrag abgelehnt
worden ist (Bedingung!), kann Adalbert von einem der Minderheitenrechte Gebrauch
machen: § 45 GmbHG berechtigt ihn, wenn er die Unredlichkeiten in der
Geschäftsführung beweisen kann, zur Revisorenbestellung zur Prüfung des letzten
Jahresabschlusses.
Aktiengesellschaft
Fall 51
a) (obligatorischer) Mindestinhalt einer AG.Satzung (vgl zur GmbH Fall 37 a): Sitz,
Unternehmensgegenstand, Höhe des Grundkapitals, Zusammensetzung des Vorstandes,
Firma (Sachfirma; nur in Ausnahmefällen bei Verkehrsgeltung Abweichung möglich. Vgl
Fall 4 h), Aktien etc...
b) Formvorschrift für Satzung: im §§: „notarielle Beurkundung“  jedoch hM: „notariatsaktpflichtig“
Unterschied:
 notarielle Beurkundung = amtliche Besiegelung des Notars, dass etwas erklärt wurde
(reine Beurkundung von Tatsachen)
 Notariatsakt = Beurkundung einer Willenserklärung UND zusätzliche Rechtsbelehrung
(zB Warnung vor gefährlichen Vertragsbestimmungen etc...)
c) Mindestgrundkapital bei AG: 70.000 Euro; nach 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz kann die
Gründung einer AG (GmbH, vgl GmbH-Recht Fall 37a Anmerkung) noch in Schilling (
1 Mio öS Grundkap.) erfolgen (Übergangsbestimmung)
d) Aktienarten ( Art der Gestaltung): Aufstückelung des Grundkapitals ENTWEDER in
 Nennbetragsaktien: „Einteilungsfrage“: Zulässig sind nur solche Nennbeträge, die ein
Vielfaches von 1 Euro darstellen => nur GANZE Zahlen! Auf einer Nennbetragsaktie
steht der Nennwert (Nominale) direkt drauf (zB 1.000 öS, 1 Euro ...) => Der Anteil am
Grundkapital ist direkt ablesbar (zB 1000 Euro Nominale; 10.000 Euro Grundkapital 
Anteil = 10 %)
Im vorliegenden Fall gibt es laut Satzung zwei Arten von Nennbetragsaktien (zulässig): 10
Euro und 100 Euro.
ODER
 Stückaktien: 1 Stückaktie ist ein verbriefter Anteil am Grundkap.; Wert ist nicht direkt
ablesbar, sondern nur durch Kenntnis der Gesamtanzahl der Aktien zu ermitteln (zB
Gesamtanzahl der Stückaktien 100, 5 Stück  5%-Anteil); Mindestwert einer Stückaktie
muss aber 1 Euro sein, KOMMAzahlen zulässig!
Auf der Urkunde selbst steht nur die Zahl der darin verbrieften Aktien drauf.
e) Der Nennbetrag drückt bloß die Beteiligungsquote am Stammkapital aus,
f) Nicht aber den aktuellen Wert der Aktie bzw des Unternehmens!
g) Aktientypen ( Art der Übertragung):
47

Namensaktien: Übertragung durch Indossament (siehe Wertpapierrecht, Fall 65 etc);
Gesellschaft weiß, wer Aktionäre sind (werden im Aktienbuch eingetragen)
 Inhaberaktien: Übertragung durch Übergabe; kein Aktienbuch; Anonymität
Beachte: Im Gegensatz zu den Aktienarten (siehe d) kann eine AG BEIDE Aktientypen
führen!
h) Aktiengattungen ( Art der Rechte):
 Stammaktien: sind Stimmrechtsaktien; gewähren Vermögens- (Dividende) und Verwaltungsrechte (Sitz und Stimme in der Hauptversammlung)
 Vorzugsakien: meist keine Verwaltungsrechte (stimmrechtslos), aber dafür mehr
Vermögensrechte (zB höhere Dividende)
i) Würden in diesem Fall anstelle der Nenwertaktien Stückaktien ausgegeben, müsste darauf
geachtet werden, dass die “Stückelung” für alle Aktien gleich ist; Stüchaktien mit
unterschiedlichen Beteiligungsquoten sind unzulässig!
Der Mindestwert einer Stückaktie müsste 1 Euro sein. => Man könnte im konkreten Fall also
maximal 70.000 Stückaktien (Grundkapital = 70.000 Euro!) ausgeben!
i) Nein. Sie verbriefen aber einen Anteil am Grundkapital (= Rechenwert einer Stüchaktie;
in Bsp i) also 1 Euro).
Fall 52
a) Grundsätzlich kann jeder Träger von Rechten und Pflichten Gründer einer AG sein, dh
jede natürliche (Erich, Ulrich) und juristische (Heinrichs GmbH) Person. Die Gründer
verfügen über das notwendige Grundkapital für eine AG (70.000 Euro): 3*30.000 Euro =
90.000 Euro. Sie haben eine Zielsetzung / ein Tätigkeitsfeld (die Geschäftsidee: Kanzleiprogramme). Da keine Sacheinlagen eingebracht werden, ist keine qualifizierte Gründung
(Gründungsprüfung; vgl GmbH-Recht) erforderlich. Allenfalls könnten die drei auch eine
GmbH gründen.
b) Es wird eine (einfache) Simultangründung (Einheitsgründung) erfolgen, dh die Gründer
übernehmen alle Aktien, weil die Aufbringung des Kapitals gesichert ist. Erforderliche
Schritte zur Gründung:
1) (fakultativer) Vorvertrag (hM: notariatsaktpflichtig  §§: „notarielle Beurkundung“;
zum Unterschied vgl Fall 51 b)
2) Festlegen der Satzung und Aktienübernahme durch die Gründer (hM: notariatsaktpflichtig  §§: notarielle Beurkundung) => Entstehung der VOR–AG
3) Gründer bestellen...
 Ersten Aufsichtsrat (später durch Hauptversammlung =HV bestellt)
 Erste Abschlussprüfer (später ebenfalls durch HV bestellt)
4) Aufsichtsrat bestellt
 Ersten Vorstand (auch später)
 Ab Bestellung des 1. Vorstandes durch den AR ist die VOR-AG
handlungsfähig!
5) Erstellung eines schriftlichen Gründungsberichtes durch Gründer
6) Gründungsprüfung: Im konkreten Fall liegt eine Bargründung vor, es ist grundsätzlich
keine Gründunsgprüfung nötig. Ein externer Gründungsprüfer (durch FB-Gericht bestellter Wirtschaftsprüfer) hat vor allem
 bei Gründung mit Sacheinlagen (=Einbringung einer Sache gegen Aktien) oder
Sachübernahmen (=Einbringung einer Sache gegen Geld , dh durch Gründer oder Dritte
möglich)
 bei Interessenskollisionen des AR und Vst
48

wenn sich AR oder Vst Gründungsaufwand verrechnet haben lassen. (Gläubiger- und
Aktionärsschutz)
Der externe GP würde einen Gründungsprüfungsbericht schreiben und diesen dem FBGericht übergeben.
7) Erbringung der Mindesteinzahlungspflicht (dazu gleich unter c)
c) Vor der Eintragung ins FB ist zu leisten:
 Sacheinlagen: zur Gänze
 Bareinlagen: Die Mindesteinzahlungspflicht auf Bareinlagen = ¼ des „geringsten Ausgabebetrages“.
 „geringster Ausgabebetrag“ ist.......
1. bei Nennwertaktien: Nennwert (Nominale)
 Bsp 1: Nennwertaktie mit Nominale 100 öS = „geringster Ausgabebetrag“
=>
=> ¼ vom Nominale = 25 öS Mindesteinlage
ACHTUNG: Werden nicht mindestens 25 öS auf die übernommenen Aktien einbezahlt, sind
die Aktien nichtig! (= Verbot der Unter-Pari-Emission). Werden hingegen 200 öS als
tatsächlicher Ausgabebetrag auf eine Aktie mit 100 öS Nominale eingezahlt, sind die Aktien
zulässig (Über-Pari-Emission). Die Differenz Einzahlungsbetrag- Nennwert (200–100 =100
öS) nennt man „Agio“ (Aufgeld, Mehrwert). Das Agio muss in der Bilanz einer gebundenen
Kapitalrücklage (gebundene RL) zugeführt werden, welche gem § 130 Abs 4 AktG NUR
gegen Bilanzverluste aufgelöst werden darf. Die gebundene Kapital-RL darf nicht zur
Gewinnausschüttung an die Aktionäre verwendet werden!
2. bei Stückaktien: Rechenwert
 Bsp 2: Grundkapital = 100.000 Euro, Ausgabe von insgesamt 1000 Aktien
 Rechenwert (Anteil/ Aktie) = 100.000 : 1000 = 100 Euro/Stückaktie
(=geringster Ausgabebetrag) => Bei einer 200-Euro-Emission (ÜberPari-Emission) müssten mindestens 100 Euro (=Agio: 200-100) + 25
Euro (=Mindesteinlage: ¼ vom Rechenwert) = 125 Euro eingezahlt
werden!
d) Anmeldung zum FB: gesamter Vst, AR & alle Gründer; erst mit (konstitutiver)
Eintragung wird die VOR-AG zur AG!
Variante: (siehe auch Frage b) Ja. Die Sacheinlage des Ulrich und die Person des Einlegers
muss in der Satzung festgehalten werden. Sacheinlagen müssen zur Gänze vor der FBEintragung erbracht werden. Es ist eine externe Gründungsprüfung (vgl dazu schon unter b
Pkt 6) nötig!
Fall 53
Skizze des Sachverhalts:
1) D-AG (1. Gründer) + StmB-GmbH (2. Gründer) => gründen EU-AG (Grundkap.100 Mio
öS) am 1. 7. 1998
2) Kaufvertrag (2 Mio öS; 12.3.1999) EU-AG  Altern-GmbH <= D-AG (90% an GmbH)
Prinzipiell hat der Vorstand einer AG den völligen Vertretungsmonopol für die Gesellschaft
in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, ordentlichen und außerordentlichen Geschäften.
Mangels anderer Bestimmung im GV müssen alle Vst-Mitglieder einer Vertretungshandlung
zustimmen (unterschreiben). [anders bei Geschäftsführung: einf. Mehrheitsbeschluss der
Vst-Mitglieder genügt]
Im konkreten Fall ...
49
1) wurde das Geschäft (Kaufvertrag zw. EU-AG und Altern-GmbH) im 1. Jahr nach der
Gründung der EU-AG abgeschlossen
2) ist die Altern-GmbH eine Tochtergesellschaft der D-AG (90%), die wiederum
3) Gründer der EU-AG ist
4) Stellt der Kaufpreis (2 Mio öS) 20 % des Grundkapitals (100 Mio) der EU-AG dar!
=> Es liegt der Tatbestand der „verbotenen Nachgründung“ (§§ 45 ff AktG) vor, weil
 es sich um ein Geschäft mit Gründern oder ähnlichen Gesellschaften (hier:
Tochtergesellschaft der Gründerin!) handelt
 das Geschäft in Höhe von min. 10 % des Grundkapitals (hier: 20 % des Grundkap.) abgeschlossen wurde
 der Vertrag innerhalb von 2 Jahren nach FB-Eintragung (=Entstehen) der gegründeten
AG abgeschlossen wurde (ja: Eintragung 1.7.1998 der EU-AG  Vertragsabschluss
12.3.1999)
 Bei solchen verbotenen Nachgründungsgeschäften wird der (grundsätzlich unbeschränkte+Dritten gegenüber unbeschränkbare) Vertretungsmonopol des Vst durchbrochen (  keine wirksame Vertretung).
 Rechtsfolge der verbotenen Nachgründung:
Das Rechtsgeschäft (Kaufvertrag) ist so lange schwebend unwirksam (negotium claudicans),
bis der Vorstand
1) die Zustimmung der Hauptversammlung eingeholt hat (Beschluss bedarf ¾ -Mehrheit
des bei der Beschlussfassung vertretenen Kapitals)
2) (bei Zustimmung der HV) eine externe Gründungsprüfung (+ Gründungsprüfungsbericht) erfolgt
3) der Vertrag schließlich ins FB eingetragen wird.
Lehnt die HV den Kaufvertrag ab (keine ¾ - Mehrheit), ist kein wirksames Rechtsgeschäft
zustandegekommen.
b) Abberufung des Vst und Alternativen:
§ 75 Abs 4 AktG: Der Aufsichtsrat kann den Vst nur aus wichtigem Grund (zB grobe
Pflichtverletzung, objektiv sachliches „Misstrauensvotum“ der HV...) abberufen. Zur
Abberufung des Vst ist allerdings eine sog. „doppelte Mehrheit“ (dazu gleich unten Fall 54 a)
im AR nötig.
Alternative: Die Vst-Mitglieder haben mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers zu handeln (vgl auch bei der GmbH Fall 41 d). Die Vst- Haftung ist
eine Verschuldenshaftung mit Beweislastumkehr ( entspricht Haftung eines GmbH-GF).
Im vorliegenden Fall kann der Vst, der 10.000 Euro ausbezahlt hat (ohne dafür eine
Gegenleistung zu fordern), als Schädiger ( Beweislastumkehr) der AG seine Sorgfalt sicher
nicht beweisen. => Er wird der Gesellschaft (persönlich) schadenersatzpflichtig. Weil der
Vst ja selbst Beklagter (passivlegitimiert) ist, wird die AG im Prozess nicht durch den Vst,
sondern durch den Aufsichtsrat (AR) vertreten (=Ausnahme).
[Anm.: Betraf das Geschäft das vorige Gj und wurde bereits von der HV die Enlastung (siehe
GmbH-Recht, Fall 41) des Vst beschlossen, befreit die Entlastung den Vst dennoch nicht von
seiner Haftung ggü. der AG, weil die Entlastung kein genereller Verzicht auf alle Ansprüche
ist, sondern nur ein Vertrauensvotum der HV, das sich auf aus den Büchern zum Zeitpunkt
des Entlastungsbeschlusses erkennbare Ansprüche bezieht!]
Fall 54
a) Gem § 75 Abs 1 AktG werden Vorstandsmitglieder (Vst) vom Aufsichtsrat (AR) gewählt.
Bei der AG gilt das Prinzip der Drittoganschaft (Fremdorganschaft). Mangels anderer
50
Satzungsbestimmung („im Zweifel“) reicht für einen wirksamen AR-Beschluss eine einfache
Mehrheit bei der AR-Sitzung.
Ausnahme: Der AR-Beschluss für die Bestellung [und Abberufung, vgl Fall 53 b] des Vst
unterliegt einer „doppelten Mehrheit“:
1) Es muss eine (einfache) Mehrheit des gesamten AR (inkl AN-Vertreter) vorliegen.
2) Zusätzlich muss auch noch die Mehrheit der Aktionärsvertreter allein, also unter
Ausschluss der nach § 110 ArbVG entsandten AN-Vertreter [vgl dazu auch AR einer
GmbH, Fall 43 b Pkt 3 ], gegeben sein (= „Aktionärsschutz“).
Bsp. für „doppelte Mehrheit“: AR (9); davon 6 KapV + 3 AN-V => doppelte MH:
1. min. 5 (MH des ges AR: 9)
2. min. 4 (MH der KapV: 4)
Die Vst-Bestellung erfolgt im Grunde für (höchstens) 5 Jahre. Bei längerer Bestelldauer ist
sie nur 5 Jahre wirksam.
Was die Geschäftsführungsbefugnis des Theo (betrifft Innenverhältnis) angeht, wurde durch
den AR-Beschluss (kann auch in der Satzung stehen) eine „Ressortverteilung“
(Geschäftsverteilung) festgelegt, dh bestimmte Bereiche im Unternehmen (Beschaffung,
Personal, Marketing, Finanzierung etc) werden bestimmten Vst-Mitgliedern zugeteilt. Theo
wurde der Personalbereich zugeteilt. (Er hat Einzelgeschäftsführungsbefugnis.)
b) IdR (mangels anderer Satzungsbestimmung) entscheidet der Vst mit Gesamtgeschäftsführung durch (einfache) Mehrheitsbeschlüsse. Der AR kann jedoch einen
Vorstandsvorsitzenden wählen. Bei Stimmengleichheit im Vst in GF-Angelegenheiten
entscheidet dann die Stimme des Vst-Vorsitzenden. Man sagt auch, der Vst-Vorsitzende hat
ein Dirimierungsrecht. [Achtung: Bei der Vertretung muss im Zweifel Einstimmigkeit im Vst
vorliegen!!] Im Gegensatz zu den GF einer GmbH (vgl Fall 48) ist der Vst einer AG weder
dem AR noch den Beschlüssen der Hauptversammlung weisungsgebunden (völliges
Geschäftsführungsmonopol).
Vorliegender Fall: ist Ausnahme, weil „doppelte Mehrheit“ erforderlich...( siehe Beantwortung Frage a)
c) [vgl Fall 53 b und Fall 56 b]: Nach § 75 Abs 4 AktG kann der AR die Bestellung zum VstMitglied vorzeitig widerrufen („doppelte Mehrheit“ etc). Voraussetzung dafür ist das
Vorliegen eines wichtigen Grundes. Das AktG führt als Beispiele dafür eine grobe
Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung und auch die
Entziehung des Vertrauens durch die Hauptversammlung („Misstrauensvotum“) an. Eine
grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit sind den Sachverhaltsangaben (neue
Betriebsvereinbarung, Senkung der Personalkosten udrch Theo...) nicht zu entnehmen. Es
bleibt daher nur mehr die Entziehung des Vertrauens durch die HV, weil die Aktionäre
aufgrund Theos Jähzornigkeit und der daraus resultierenden Kündigungen einiger
hochqualifizierter Mitarbeiter das Vertrauen in seine Kompetenz als Personalchef verloren
haben könnten. Mangels anderer Satzungsbestimmung muss beim HV-Beschluss die
(einfache) Mehrheit der abgegebenen Stimmen vorliegen. Das Vertrauen darf aber auch nicht
aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden sein. Theo könnte sich mit einer Klage
ans Gericht wenden, in der er (hier wohl eher) erfolglos behauptet, dass der Entzug des
Vertrauens auf offenbar unsachlichen Gründen beruht. Der Widerruf seiner GF-Befugnis
bleibt aber jedenfalls bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung durch das Gericht wirksam.
Fall 55
a) Vertretung (Außenverhältnis): Grundsätzlich hat der Vorstand einer AG Vertretungsmonopol für alle gerichtlichen und außergerichtlichen, ordentlichen und außerordentlichen
51
Geschäfte. Der von Veronika (Vst-Vorsitzende) allein unterzeichnete Kaufvertrag ist aus
mehreren Gründen ungültig:
1) Die Übertragung (Veräußerung) eines Geschäftsanteils einer GmbH unterliegt einer
gesetzlichen Formvorschrift, die Veronika missachtet: Sie ist notariatsaktpflichtig. Allein
schon aus diesem Grund (Abfassung des Vertrages durch einen Rechtsanwalt befreit nicht
von der Notariatsaktpflicht!) ist das Rechtsgeschäft zwischen der Industrie-AG (Veronika)
und der Gentech-AG unwirksam.
2) Im Zweifel (dh mangels anderer Bestimmung im GV) kommt mehreren Vst-Mitgliedern
nur Gesamtvertretungsbefugnis zu, dh sie müssen die AG im Kollegium vertreten. Für
Vertretungshandlungen (Kaufvertrag mit Drittem) bedarf es im Zweifel der Zustimmung
ALLER Vst-Mitglieder (Einstimmigkeit bei Vertretungshandlungen des Vst). [Achtung:
Dass Veronika hier Vst-Vorsitzende ist, ist für eine Vertretungshandlung irrelevant.
Geschäftsführung (Innenverhältnis) und Vertretung (Außenverhältnis) müssen streng
unterschieden werden: Bei einer GF-Angelegenheit würde eine einfache Mehrheit im Vst
reichen, Veronika hätte als Vst-Vorsitzende bei Stimmengleichheit das Dirimierungsrecht, dh ihre Stimme würde entscheiden. In diesem Fall geht es aber um die Vertretung!!! ]
Im konkreten Fall hat Veronika den Vertrag allein unterzeichnet, obwohl der Sachverhalt
keine Anhaltspunkte für eine Einzelvertretungsbefugnis bietet. Sie hat die Gesamtvertretungsbefugnis (Mitwirkung des Viktor) missachtet. => Auch allein aufgrund dieser Tatsache
ist der Kaufvertrag mit der Gentech-AG nichtig.
3) Angenommen, Veronika erfüllt die gesetzliche Formvorschrift (Notariatsakt) und auch
Viktor als 2. Vst-Mitglied wirkt bei der Unterzeichnung des Kaufvertrages über die
Veräußerung der GmbH-Anteile an der Biotech-GmbH mit. Dann kommt § 95 Abs 5 AktG
für dieses Geschäft zur Anwendung: Nach § 95 Abs 5 Z 1 AktG stellt „die Veräußerung von
Beteiligungen“ ein aufsichtsratpflichtiges Geschäft dar. Es sind Beteiligungen iSd § 228
HGB gemeint: Danach gelten im Zweifel jedenfalls jene Anteile an einem anderen
Unternehmen als Beteiligung, wenn es sich um „Anteile an einer Kapitalgesellschaft“ handelt,
„die insgesamt den fünften Teil des Nennkapitals dieser Gesellschaft erreichen.“
(Legaldefinition). => Es handelt sich um eine 20 %-Beteiligung (1/5) der AG an der BiotechGmbH (Kapitalgesellschaft) => Tatbestand des § 228 HGB erfüllt.
 Aufsichtsratpflichtig (§ 95 Abs 5 AktG) heißt, dass die dort aufgezählten Geschäfte einer gesonderten Zustimmung des AR bedürfen (Anm.:
Diese Beschränkung ist nur für das Innenverhältnis von Bedeutung!)
Übergehen Viktor und Veronika (Vst) beim Abschluss des Kaufvertrags
den AR, wird der Vertrag mit der Gentech-AG dennoch wirksam (keine
Beschränkung der Vertretung im Außenverhältnis möglich!). => Im
Innenverhältnis macht sich der Vst allerdings (uU) der Gesellschaft
gegenüber schadenersatzpflichtig.
b) Eine Vinkulierung der Anteile (vgl GmbH-Recht, Fall 44 c und Fall 45 b) im GV der
Biotech GmbH bedeutet in diesem Fall, dass die Veräußerung der GmbH-Anteile durch die
Industrie-AG an die Zustimmung der Gesellschafter der Biotech-GmbH gebunden ist. Das
bedeutet, dass die Zustimmung der Generalversammlung der Biotech-GmbH nötig ist.
Fall 56
a) Ja. Die Bildung von Ausschüssen im AR ist geboten (zB Bildung eines Bilanzausschusses, wenn AR aus mehr als 5 Mitgliedern besteht).
b) (zur Zusammensetzung des AR: vgl Fall 43 b – GmbH und Fall 54 a –AG)
52
Werden im AR Ausschüsse gebildet, ist ein Ausschluss der AN-Vertreter grundsätzlich nicht
möglich. Nach § 92 Abs 4 AktG muss min 1 AN-Vertreter im Ausschuss vorhanden sein.
Ausnahme: „Personalausschuss“: Aufgabe des Personalausschusses ist es, ausschließlich die
Beziehung Vorstand-Gesellschaft zu regeln (Bsp: Festsetzung der Vorstandsbezüge). => Die
AN der Gesellschaft sind davon nicht betroffen. => Im Personalausschuss haben ANVertreter keinen Anspruch auf Vertretung!
Fall 57
a) Der Abschluss eines Vorgründugsvertrages ist fakultativ. Gem den allgemeinen
zivilrechtlichen Bestimmungen (§ 936 ABGB) unterliegt der Vorvertrag denselben
Formvorschriften wie der Hauptvertrag. Der Hauptvertrag (Satzung einer AG) ist
notariatsaktpflichtig (hM  §§), der Vorvertrag bedarf also – bei sonstiger Unwirksamkeit – derselben Formvorschrift. Die (versprochene) Leistung eines Vorvertrages (vgl
BR) ist der Abschluss des Hauptvertrages, was bedeutet, dass man bei Nichteinhaltung
des Vorvertrages nur aufs Erfüllungsinteresse (=Abschluss des Hauptvertrages), nicht
aber auf die im Hauptvertrag vereinbarte Leistung klagen kann. => Der Vorvertrag muss
daher auf alle Fälle auch den Zeitpunkt für den Abschluss des Hauptvertrages enthalten!
b) Nein! § 75 Abs 1 AktG ordnet an, dass die Vst-Mitglieder durch den AR zu bestellen sind.
Das Gesetz sieht keine Satzungsermächtigung vor (zB „Wenn im GV nichts anderes
bestimmt wird...“)! => § 75 Abs 1 AktG ist zwingendes Recht (ius cogens). Die
Bestellung des Vst durch die Aktionäre ist gesetzeswidrig (Verstoß gegen zwingende
Norm). => Diese Vereinbarung ist nicht durchführbar.
[Anm: Aufgrund des hohen Organisationsgrades einer AG sind – im Vergleich zum OHGRecht (Personengesellschaft) viele Normen des AktG zwingend.
Nur die Zahl (min 1 natürl. Person) der Vst-Mitglieder darf in der Satzung festgelegt
werden! (Ausnahme: § 5 BWG und § 4 VAG: min 2 Vst-Mitglieder bei Bank- und
VersicherungsAG)]
Variante:
a) Nein. Diese Satzungsbestimmung ist in dieser Allgemeinheit unzulässig. Prinzipiell
bedarf es in einer AG bei Geschäftsführungsangelegenheiten keiner Zustimmung der HV
oder des AR (Geschäftsfürungsmonopol des Vst der AG  im Gegensatz zur GmbH sind
GF einer AG nicht weisungsgebunden! Vgl Fall 48). NUR bei den in § 95 Abs 5 AktG
taxativ aufgezählten Geschäften bedarf es (im Innenverhältnis) einer Zustimmung des AR
(vgl Fall 55). => Nur wenn auch der AR die Zustimmung verweigert, kann die
Entscheidung vom AR (oder Vst) an die Hauptversammlung delegiert werden. Achtung:
Eine Delegation an die HV ist daher nur dann möglich, wenn die Entscheidung überhaupt
in die Zuständigkeit des AR (§ 95 Abs 5 AktG) fällt.
b) Einer Stimmengleichheit im Vst bei GF-Maßnahmen kann durch die Bestellung eines
Vst-Mitgliedes zum Vst-Vorsitzenden nach § 70 Abs 2 AktG vorgebeugt werden. Bei
Stimmengleichheit ist dann dessen Stimme ausschlaggebend (= „Dirimierungsrecht“; vgl
Fall 54 b).
[Anm.: Aus dieser Bestimmung ist ja auch abzuleiten, dass der Vst in GF-Angelegenheiten
grundsätzlich mit einfacher Mehrhei bestimmen darf!]
Fall 58
a) Auskunftsrecht: Gem § 112 AktG hat jeder Aktionär ein Recht auf ein Mindestmaß an
Information über den jeweiligen Gegenstand der Verhandlung in der HV, über das
53
Unternehmen etc...., weil das für die Ausübung des Stimmrechts (Verwaltungs- bzw
Mitspracherecht) bedeutend sein kann. Eine Ausübung dieses Rechts ist im Grunde nur in
der HV möglich. Auskunftspflichtig ist der Vst. In bestimmten Fällen kann der Vst die
Auskunft verweigern. Im vorliegenden Fall könnte argumentiert werden, dass „nach
vernünftiger kaufmännischer Beurteilung“ die Auskunftserteilung an Adam der X-AG
schaden könnte (Gefahr der Informationsweitergabe an Konkurrenz). Trifft diese
Vermutung zu, ist die Auskunftsverweigerung zu Recht erfolgt. Letztendlich entscheidet
aber der AR, ob der Vst eine bestimmte Auskunft erteilen muss oder nicht.
b)
1) Einberufung der HV (§ 107 AktG): Erfolgt prinzipiell
 durch den Vst
 durch Veröffentlichung - auf jeden Fall - in der „Wr. Zeitung“.
 Eine Frist von 14 Tagen zwischen dem Tag der Veröffentlichung und dem Tag der
Sitzung (bzw Tag der Hinterlegung der Aktien, dazu Anm.) muss unbedingt eingehalten
werden.
(Anm.: Die Teilnahmeberechtigung der Aktionäre an der HV zur Ausübung ihres Stimmrechts kann auf zwei Arten erfolgen:
1. Die Aktionäre müssen ihre Aktien min. 3 Tage vor der HV anmelden
oder
2. Die Aktionäre müssen ihre Aktien bei einem Notar oder einer Bank bis zu einem
gewissen Zeitpunkt hinterlegt haben.)
2) Ankündigung der Tagesordnung (§ 108 AktG) => Fristen:
a) Wenn es sich um einen Beschluss handelt, für den eine einfache Mehrheit ausreicht, muss
der Tagesordnungspunkt mindestens 7 Tage
 bei Anmeldung der Aktien: vor dem Tag der Versammlung
 bei Hinterlegung: vor dem letzten Tag der 14-tägigen Hinterlegungsfrist
angekündigt werden.
b) Handelt es sich hingegen um einen Beschluss, bei den eine qualifizierte Mehrheit
erforderlich ist, muss die Tagesordnung mindestens 14 Tage
 bei Anmeldung: vor dem Tag der Versammlung
 bei Hinterlegung: vor dem letzten Tag der 14-tägigen Hinterlegungsfrist
angekündigt werden.
 Bei Nichteinhaltung dieser Ankündigungsfristen kann über die
betreffenden Punkte KEIN Beschluss gefasst werden!
Im konkreten Fall will die X-AG eine effektive Kapitalerhöhung (Zuführung neuer Mittel)
vornehmen. Genehmigte Kapitalerhöhung (§§ 169 ff AktG) heißt, dass der Vorstand durch
Satzung oder – wie hier – durch Satzungsänderung ermächtigt werden soll, das
Grundkapital bis zur Höhe des halben vorhandenen Kapitals durch Ausgabe (Emission)
neuer Aktien gegen Einlagen zu erhöhen. Diese Ermächtigung kann höchstens auf 5 Jahre
nach ihrer FB-Eintragung erteilt werden. Diese Satzungsänderung bedarf aber einer ¾ Mehrheit beim Beschluss in der Hauptversammlung (§ 169 Abs 2 AktG). Für Beschlüsse,
die eine ¾ - Mehrheit erfordern, muss für die Ankündigung der Tagesordnung eine
Ankündigungsfrist von 14 Tagen (vgl oben b) eingehalten werden. Damit die Aktionäre an
der HV teinehmen können, ist hier nicht die Hinterlegung ihrer Aktien bei einem Notar oder
Kreditinstitut (Bank) vorgesehen, sondern bloß die einfache Anmeldung der Aktien. =>
Zwischen Ankündigung der Tagesordnung und Versammlungstag müssten 14 Tage liegen, in
diesem Fall sind es bloß 10 Tage. Bei der HV kann nicht über eine genehmigte
Kapitalerhöhung abgestimmt werden. [=> Sollte bei der HV dennoch darüber ein Beschluss
gefasst werden (3/4 der abgegebenen Stimmen), leidet dieser Beschluss unter einem formellen
Mangel (Ankündigungsmangel). Der Beschluss kann angefochten werden (Anfechtungsklage
54
nach § 195 AktG: Rechtsgestaltungsklage). Anfechtungslegitimiert sind 1) alle Aktionäre, die
– trotz des Ankündigungsmangels- zur HV erschienen sind und ihren Widerspruch dort zu
Protokoll gegeben haben sowie 2) alle aufgrund des Mangels nicht erschienen Aktionäre.]
Fall 59
a) A, B, und C schließen einen sog. Stimmrechtsbindungsvertrag (Syndikatsvertrag,
„Poolvertrag“). Rechtlich sind diese Syndikatsverträge als schuldrechtliche
Dauerverträge (oft liegt ein GesBR-Verhältnis vor) zu qualifizieren. Sie sind bei der
GmbH und der AG zulässig.  Sinn: Gemeinsam besitzen A, B und C 14 % des
Grundkapitals (wichtig wegen gewisser Minderheitenrechte, dazu unter b.)
b) Minderheitenrechte: Beispiele:
1) Einberufung einer (außerordentlichen) HV, Beantragung eines Tagesordnungspunktes
(min 5% des Grundkapitals)
2) Bestellung / Abberufung (aus wichtigem Grund) von Liquidatoren (5 %)
3) Sonderprüfung der Gründung (10 %)
4) Bestellung eines anderen Abschlussprüfers (10 %)
5) Verfolgung von Ansprüchen gegen Gründer, GF, andere Aktionäre... (10 %)
6) Gerichtliche Abberufung eines AR-Mitglieds (wichtiger Grund)
7) => Für Sperrminoritäten ( 25% + 1 Aktie können einen ¾ -Mehrheitsbschluss in der
HV verhindern!) reichen aber auch 14 % des Grundkapitals nicht aus!
c) Nein. A und C halten nur mehr einen 7 %-Anteil. Für die schriftliche Einberufung einer
außerordentlichen HV reicht zwar zunächst ein Zwanzigstel = 5 %-Anteil am Grundkap.
(§ 106 AktG). Dem Antrag ist allerdings der Zweck der außerordentlichen HV
beizufügen. Zur Prüfung von GF-Angelegenheiten ist eine Sonderprüfung (Zweck)
erforderlich, die wiederum nur von einem 10 %-Anteil durchgesetzt werden kann. Dazu
werden A und C die Unterstützung weiterer Aktionäre benötigen.
d) Die Treuepflicht der Aktionäre ist zwar umstritten Kapitalgesellschaft), doch darf ein
Aktionär die Gesellschaft niemals schädigen. Eine unbegründete Anfechtung eines HVBeschlusses kann A und C wegen groben Verschuldens (Vorsatz!) schadenersatzpflichtig gegenüber der Gesellschaft machen (§ 198 Abs 2 AktG).
Fall 60
a)
 AG: Der Jahresabschluss nach §§ 222 ff HGB (3. Buch; RLG) ist bei einer AG vom
Vorstand zu erstellen (inkl Lagebericht). Danach muss er (zwingend) von einem
Abschlussprüfer (werden von der HV gewählt, AR darf Vorschläge machen) geprüft und
dann, falls der Wirtschftsprüfer den Bestätigungsvermerk erteilt, dem AR vorgelegt
werden. Die Billigung durch den AR ist die verbindliche Feststellung des Jahresabschlusses!
 GmbH: Der Jahresabschluss einer GmbH wird durch die GF (Vorstand) aufgestellt. Die
Generalversammlung stellt den Jahresabschluss (verbindlich) fest.
Abschlussprüfer?
1) Liegt eine „kleine GmbH“ (Kriterien für kleine Kap.ges.: zB Höhe der Bilanzsumme,
Umsatzerlöse, AN  siehe § 221 Abs 1 HGB) UND muss diese nach § 29 Abs 1
GmbHG keinen Aufsichtsrat bestellen ( Bed.: 1. Stammkap. < 70.000 Euro + Ges. <
50 ODER 2. < 300 AN; vgl dazu Fall 43 a Pkt 3), ist KEIN Abschlussprüfer für den
Jahresabschluss nötig!
55
2) Liegt eine „große GmbH“ vor ( siehe § 221 Abs 3 HGB) und/oder handelt es sich
um eine AR-pflichtige GmbH (§ 29 Abs 1 GmbHG), muss eine Abschlussprüfer
bestellt werden!
b) Gewinnverteilung bei der
 AG: Die Verteilung des Bilanzgewinnes wird von der Hauptversammlung (HV) beschlossen.
 Präsenzquorum für die Beschlussfähigkeit der HV: Die Beschlussfähigkeit der HV ist von
der Anzahl der erschienenen Aktionäre unabhängig (§ 108 Abs 4 AktG). Die Anwesenheit
eines einzigen stimmberechtigten Aktionärs genügt grundsätzlich.
 Konsensquorum (erforderliche Mehrheit): Ein HV-Beschluss kommt im Grunde durch die
einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmenzustande. Die Zahl der anwesenden Stimmen ist
ergo irrelevant.  Stimmenthaltungen zählen nicht! (Für Satzungsänderungen etc ist
allerdings meist eine ¾ -Mehrheit des vertretenen Grundkapitals erforderlich.)
 GmbH: Die Verteilung des Bilanzgewinnes wird in der Generalversammlung beschlossen.
 Präsenzquorum: Beschlussfähigkeit bei Anwesenheit von min. 10% (§§, Abänderung im
GV möglich) des Grundkap. Vertreten sind; eine zweite Versammlung ist aber dann jedenfalls
beschlussfähig
 Konsensquorum: erforderliche Mehrheit ist die einfache Mehrheit der abgegebenen
Stimmen (Kapitalmehrheit).(Satzungsänderungen unterliegen meist einer ¾ - Mehrheit.)
c) Der Gewinnverteilungsbeschluss kann – wie jeder HV-Beschluss – mit der Anfechtungsklage gem § 195 AktG angefochten werden.
Voraussetzungen: Bei der Gewinnausschüttung gilt grundsätzlich das Prinzip der
Vollausschüttung, dh die HV muss die Ausschüttung des Bilanzgewinns beschließen. Nur
wenn die HV durch die Satzung ermächtigt ist, eine andere Gewinnverwendung (zB Bildung
freier RL) als die Ausschüttung zu beschließen, wäre Goliaths Beschluss gerechtfertigt. Von
einer solchen Satzungsermächtigung sagt der SV allerdings nichts  im Zweifel ist also
auszuschütten! =>
 1) Es liegt ein Anfechtungsgrund vor.
 2) Anfechtungslegitimation:
(vgl Anfechtung im GmbH-Recht Fall 41 c, Fall 44 Variante a; bei der AG auch Fall 58 b
unten)
Anfechtungsbefugt sind nur jene Aktionäre, die in der HV anwesend waren und dort ihren
Widerspruch zu Protokoll gegeben haben. David hat in der HV seinen Widerspruch zu
Protokoll gegeben. => Er ist daher anfechtungslegitimiert.
 3) Einhalten der Anfechtungsfrist:
David muss innerhalb von 1 Monat ab dem HV-Beschluss die Klage einbringen.
[Achtung:  Unterschied zur GmbH: Bei der GmbH beginnt die 1-monatige Frist nicht
bereits ab dem Generalversammlungsbeschluss, sondern erst ab Absendung des protokollierten Beschlusses an die Gesellschafter zu laufen!]
Die Beschlüsse der Vorjahre kann David daher nicht mehr anfechten, weil die Frist (1
Monat) bereits abgelaufen ist. Das Recht auf Anfechtung ist bereits verjährt, dh gerichtlich
nicht mehr durchsetzbar.
Fall 61
a) Den wirtschaftlichen Zusammenschluss rechtlich selbständiger Unternehmen unter
einheitlicher Leitung nennt man Konzern. Dieser kann (muss aber nicht zwingend)
56
aufgrund von beherrschendem Einfluss zB durch Beteiligungen gegeben sein. Bei
gegebener Abhängigkeit spricht man von einer Konzernvermutung (L analog zum
dAktG). Ein Konzernverhältnis ist aber keine eigene Rechtsform!
b) Ja. Die Rechnungslegung von Konzernen muss nach dem (eigenen) Konzernbilanzrecht
(§§ 244 ff HGB) erfolgen: Die gesetzlichen Vertreter des Mutterunternehmens sind
verpflichtet, einen Konzernabschluss und einen Konzernlagebericht zu erstellen. Das
geschieht im Wege der Konsolidierung (Zusammenfassung). Die „Zusammenfassung“
des Konzernjahresabschlusses der Tochterunternehmen mit dem Jahresabschluss des
Mutterunternehmens heißt dann Vollkonsolidierung.
c) Nein. Die „Ringrichter Rehab-Zentrum GmbH & Co KG“ ist eine Kommanditgesellschaft
(KG), die zwei Komplementärinnen hat: 1. Die „Ringrichter Rehab-Zentrum GmbH“
(siehe Firma) und 2. die „Ohren-Ersatz GmbH“. Die „Thyson Beteiligungs AG“ steht ja
nur „hinter“ der „Ohren-Ersatz GmbH“, als Komplementärin haftet die „Ohren-Ersatz
GmbH“ mit ihrem Gesellschaftsvermögen, nicht aber direkt die AG. => Die Gläubiger
der GmbH & Co KG müssen das Gesellschaftsvermögen der „Ohren-GmbH“ in Anspruch
nehmen. (rechtliche Selbständigkeit bleibt auch in einem Konzernverhältnis erhalten!)
Fall 62
[Anm.: Es handelt sich in diesem Fall um keine ordentliche HV (1x jährlich: Gewinnfeststellung, Dividende, etc...), sondern um eine außerordentliche HV.
Die Zellstoff-AG plant eine ordentliche Kapitalerhöhung gegen eine Sacheinlage (= Zellstoffbetrieb der Mutter-AG im Wert von 4 Mio) mit Bezugsrechtsausschluss. Dafür ist eine
folgende Vorgangsweise nötig (kurzer Überblick):
1. Einberufung der HV
2. Ankündigung als Tagesordnungspunkt
3. Vst muss Bericht vorlegen => HV-Beschluss
4. (fakultative) Anmeldg. des Kap.erh.beschlusses zum FB (Wahlrecht gemeinsam mit Pkt 6)
5. Zeichnung der jungen Aktien (normalerweise durch alle Aktionäre, Anzahl
verhältnismäßig zu ihrem Aktienbesitz vor der Kapitalerhöhung = Bezugsrecht  im
konkreten Fall aber erfolgt Zeichnung nur durch Mutter-AG = Bezugsrechtausschluss]
6. Anmeldung der durchgeführten Kap.erh. zum FB (ev. gemeinsam mit Kap.erh.beschluss
dafür, siehe Pkt 4) => konstitutive Eintragung]
a)
1)



Einberufungsverfahren zur HV (vgl auch Fall 58 b):
grundsätzlich durch den Vst
durch Veröffentlichung („Wr. Zeitung“)
unter Einhaltung einer Frist von 14 Tagen zwischen Veröffentlichung und HV-Sitzung
bzw letztem Hinterlegungstag.
2) Ankündigung der Tagesordnung (vgl Fall 58):
Eine Kapitalerhöhung stellt eine Satzungsänderung dar. Das Gesetz sieht dafür im Grunde
eine ¾ -Mehrheit (qualifizierte Mehrheit) vor (genauer gleich unter Frage b). => Weil beim
HV-Beschluss eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist, muss bei der Ankündigung der
Kapitalerhöhung als Tagesordnungspunkt eine Frist von mindestens 14 Tagen zwischen
Ankündigung und dem Tag der HV (bzw bei Hinterlegung dem letzten Tag der 14-tägigen
Hinterlegungsfrist) eingehalten werden. Ist die Frist kürzer und wird der Beschluss dennoch
gefasst, liegt ein formeller Mangel vor. Durch (erfolgreiche) Anfechtung wird der HVBeschluss dann ex tunc für nichtig erklärt.
57
b) Das Mehrheitserfordernis für eine ordentliche Kapitalerhöhung richtet sich zunächst
nach § 149 Abs 1 AktG: Dieser sieht für Kapitalerhöhungen eine ¾ - Mehrheit des bei der
Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals vor. Gleichzeitig ermächtigt § 149 Abs 1
AktG aber die Satzung, eine andere (geringere oder höhere) Mehrheit für Kapitalerhöhungen vorzusehen. Weil im vorliegenden Fall jedoch eine Kapitalerhöhung unter
Ausschluss des Bezugsrechts durchgeführt werden soll, ist daneben auch § 153 Abs 3
AktG zu beachten: Dieser sieht für Kapitalerhöhungen unter Ausschluss des Bezugsrechts
zwingend zumindest eine ¾ - Mehrheit des vertretenen Grundkapitals vor (ius cogens).
c) Der Ausschluss des Bezugsrechts ist nach hA nur dann zulässig, wenn neben den
1) formalen Erfordernissen (Ankündigung des Bezugsrechtsausschlusses, qualifizierte
Mehrheit, Bericht des Vorstandes) darüber hinaus auch eine
2) sachliche Rechtfertigung vorliegt. Eine sachliche Rechtfertigung für einen
Bezugsrechtausschluss liegt vor, wenn die die Maßnahme im Interesse der Gesellschaft
liegt und nicht unverhältnismäßig ist. Einerseits ist die Maßnahme im konketen Fall im
Interesse der Zellstoff-AG (zumindest in dem ihrer Hauptaktionärin, der Mutter-AG),
weil der Zweck des Bezugsrechtsausschlusses die Einbringung einer Sacheinlage
(Unternehmen) ist. Andererseits müsste aber trotzdem eine sorgfältige Interessensabwägung durchgeführt werden: zB Welcher Nachteil ergäbe sich zB für die
Kleinaktionäre der Zellstoff-AG, falls das Unternehmen der Mutter-AG nicht eingebracht
werden würde? Etc...
d) Der Vst der Zellstoff-AG muss beim HV-Beschluss einen schriftlichen Bericht vorlegen,
in dem er einen wichtigen Grund (hier: zB Einbringung einer Sacheinlage) für den
Bezugsrechtausschluss nennt (sachliche Rechtfertigung, vgl c).
e) Kontrolle des Wert der Aktien (IMMER überprüfen!!!):
 Vor der Kapitalerhöhung:
Wert einer Aktie:
 Verhältnis Unternehmenswert (20 Mio) : ursprüngl. Grundkapial (5 Mio)
 Bsp: Eine Aktie mit Nominale 1 Euro war VOR der Kapitalerhöhung
4 Euro wert (20:5).
 Nach der Kapitalerhöhung:
Wert einer Aktie:
 Verhältnis neuer Unternehmenswert (20 Mio + 4 Mio Sacheinl.) : neuem
Grundkap. (8 Mio)
 Bsp: Eine Aktie mit Nominale 1 Euro ist NACH der Kapitalerhöhung
nur mehr 3 Euro wert (24:8) !
=> Dh die Kleinaktionäre verlieren durch die Kapitalerhöhung ein Viertel des Wertes ihrer
Aktien!!! = „Enteignung“ der Kleinaktionäre!  Betrug! (Argumente der Kleinaktionäre).
 Die Kleinaktionäre können daher den Kapitalerhöhungsbeschluss
anfechten, weil der Wert der Aktien bei Bezugsrechtausschluss vor und
nach der Kapitalerhöhung GLEICH sein muss.
=> Anfechtungsbefugt sind allerdings nur jene Aktionäre, die bei der HV anwesend waren
(außer es gab einen Einberufungsmangel) und ihren Widerspruch dort zu Protokoll gegeben
haben (Anfechtungslegitimation; vgl zB Fall 58 b unten). Diese können, neben dem Vst und
dem AR der Zellstoff-AG, eine Anfechtungsklage nach § 195 AktG innerhalb 1 Monats ab
Beschlussfassung in der HV ( vgl dazu Anfechtungsfrist GmbH: 1 Monat ab Absendung
des Beschlusses!) einbringen. Eine erfolgreiche Anfechtung hat die ex-tunc-Nichtigkeit des
HV-Beschlusses zur Folge, bis dahin bleibt der Beschluss aber wirksam (gültig).
58
[ Hinweis (klausurrelevant): Sollte im SV eines ähnlichen Falles der Ausgabebetrag der
jungen Aktien angegeben sein, muss IMMER auch überprüft werden, ob nicht eine
(verbotene) Unter-Pari-Emission (vgl dazu auch Fall 52 c) vorliegt: Wenn der festgesetzte
Ausgabebetrag für die jungen Aktien UNTER ihrem „geringsten Ausgabebetrag“ (das ist bei
Nennwertaktien der Nennwert, bei Stückaktien der Rechenwert) liegt, handelt es sich um eine
verbotene Unter-Pari-Emission. Diese ist aber kein Anfechtunggrund, sondern ein
Nichtigkeitsgrund (§ 199 Abs 1 Z 3 AktG: Gläubigerschutz). Eine taxative Aufzählung der
Nichtigkeitsgründe eines HV-Beschlusses liegt in § 199 AktG; im Zweifel sind gesetzes- oder
satzungswidrige Beschlüsse nur anfechtbar!
Unterschiede Anfechtung – Nichtigkeit:
 Anfechtung (relative Nichtigkeit):
 Anfechtungslegitimation (Aktionäre)
 Frist: 1 Monat ab Beschlussfassung
 Anfechtungsklage = Rechtsgestaltungsklage
 Rechtsfolge: zunächst gültiger Beschluss, bei erfolgreicher Anfechtung
 ex-tunc-Nichtigkeit des Beschlusses
 Nichtigkeit (absolute Nichtigkeit):
 keine Legitimation nötig
 Frist: nichtige, ins FB eingetragenen Beschlüsse heilen in 3 Jahren
 Nichtigkeitsklage = Feststellungsklage
 Rechtsfolge:  Ein nichtiger Beschluss ist sofort unwirksam!
Bemerkung: Diese strenge Unterscheidung findet man im GmbH-Recht nicht (§§: bloß
Anfechtungsklage §§ 41 ff GmbHG). Dennoch vertritt die hL auch im GmbH-Recht die
Möglichkeit der (absoluten) Nichtigkeit einzelner (?-strittig) Beschlüsse (=analoge Anwendung des AktG auf das GmbH-Recht). Der OGH lässt dieses Problem immer noch offen.]
Fall 63
a) Für die Durchführung einer buchmäßigen Sanierung einer Kapitalgesellschaft wird in der
Praxis oft eine (meist nominelle) Kapitalherabsetzung mit einer gleichzeitigen effektiven
(ordentlichen) Kapitalerhöhung verbunden. Diese Vorgangsweise soll eine Unterbilanz
(jahrelange Verluste) beseitigen.
Unterschied effektive (ordentliche) – nominelle (vereinfachte) Kapitalherabsetzung:
 Bei der ordentlichen (effektiven) Kapitalherabsetzung wird das Grundkapital durch die
Rückzahlung von Einlagen an die Aktionäre vermindert. Achtung: Die Rückzahlung darf
erst nach Aufruf der Gläubiger zur Gläubigerbefriedigung (Minderung des Haftungsfonds  Gläubigerschutz nötig) erfolgen!
 Wird hingegen nur eine nominelle (vereinfachte) Kapitalherabsetzung beschlossen, wird
die Höhe des Grundkapitals nur ziffernmäßig an das aktuelle Gesellschaftsvermögen
angeglichen, es erfolgen aber keine Einlagenrückzahlungen an die Aktionäre noch
Befreiungen von Einlagepflichten (Gläubigerschutz vereinfacht). Die durch die (ziffernmäßige) Herabsetzung des Kapitals entstandene Differenz kann zur Deckung der
Bilanzverluste verwendet, der Rest allenfalls in eine gebundene Kapitalrücklage eingestellt werden.
b) Maßnahmen:
1) Da es sich bei einer Änderung des Grundkapitals um eine Satzungsänderung handelt, ist
in beiden Fällen ein HV-Beschluss mit ¾ - Mehrheit erforderlich.
2) Anmeldung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses zum FB durch den Vst und den ARVorsitzenden der Geier-AG ( =konstitutive FB-Eintragung!)
3) Ev. Gläubigeraufruf
59
4) Ev. Rückzahlung (nur effektive K.)
5) FB-Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses + dessen Durchführung (konstitutiv)
6) Kapitalerhöhung durch Zeichnung der jungen Aktien
c) Prinzipiell darf bei einer Kapitalherabsetzung das gesetzliche Mindestgrundkapital nicht
unterschritten werden. Eine Verminderung des Kapitals auf 60.000 Euro wäre bei einer AG
(Mindestgrundkap. 70.000 Euro vgl Fall 51, Fall 52) unzulässig. Allerdings erfolgt im
vorliegenden Fall eine sofortige Kapitalerhöhung auf 3 Mio Euro. => Deshalb ist die Herabsetzung zulässig.
d) Nein. Wird die Samariter-AG in einem ihren Vorstellungen entsprechenden Umfang an der
Geier-AG beteiligt, erlangt sie eine kontrollierende Beteiligung (beherrschenden Einfluss
durch Mehrheit der Stimmrechte etc). Handelt es sich bei der Geier-AG um eine börsennotierte AG mit Sitz im Inland, kommt das ÜbG (vgl dazu Fall 13 d) zur Anwendung:
Demnach müsste die Samariter-AG als Bieter den Minderheitsaktionären der Geier-AG
(Zielgesellschaft) ein (öffentliches) Pflichtangebot (§ 22 Abs 1 ÜbG) zum Kauf der restlichen
Aktien stellen. Es ist aber auch noch § 25 Abs 1 Z 4 zu beachten: Wurden Aktien zu bloßen
Sanierungszwecken erworben, besteht die Pflicht zur Anbotsstellung nicht ex lege. Die
Samariter-AG müsste den SV der Übernahmekommision anzeigen. Diese entscheidet dann
über eine (mögliche) Pflicht zur Anbotsstellung.
Fall 64
a) Eine Dachgesellschaft, die die einheitliche Leitung eines Konzernunternehmen überhat,
selbst aber keinen Betrieb ausübt, nennt man auch Holding-Gesellschaft
(Geschäftsgegenstand ist die Beteiligung an anderen Unternehmen).
b) Beim Unternehmenskauf ieS (asset deal, vgl Fall 10, Fall 11) müssten die
auszugliedernden Betriebsteile von der „Alarich Fahrzeugtechnik GmbH“ gekauft werden.
Zu beachten ist dabei, dass für alle Bestandteile der Unternehmen ein entsprechender
Modus für den Eigentumserwerb gesetzt werden müsste (vgl Fall 10). Forderungen
müssten im Wege der Zession, bestehende Vertragsverhältnisse grundsätzlich durch eine
Dreiparteieneinigung übertragen werden (vgl Fall 10 a;  Ausnahmen: Mietverträge und
Arbeitsverträge... ebendort). Für eine mögliche Schuldenhaftung für Altverbindlichkeiten
wären § 25 HGB bzw § 1409 ABGB (vgl Fall 11) zu beachen. [...]
c) Nein. Die Übernahme durch Gesamtrechtsnachfolge gestaltet sich grundsätzlich anders:
Der Übernehmer erwirbt ohne gesonderte Modi Eigentum an den Gegenständen des Unternehmens, ebenso „automatisch“ wie Verbindlichkeiten (§ 25 HGB und § 1409 ABGB
bei Geamtrechtsnachfolge unanwendbar) und bestehende Vertragsverhältnisse.
Spaltung: Ist eine gesellschaftsrechtliche Fallgestaltung der Gesamtrechtsnachfolge: Es
erfolgt eine partielle Gesamtrechtsnachfolge (Teilgesamtrechtsnachfolge). Im konkreten Fall
ist eine Spaltung zur Neugründung denkbar, genauer gesagt, eine Abspaltung (keine
Aufspaltung) zur Neugründung, weil ja die übertragende Gesellschaft („Alarich Fahrzeug
AG“) weiterexistieren soll. Die Vermögensteile werden gegen Gewährung von Anteilen
(gebündelt in der Dachgesellschaft) an die neu entstandenen Tochtergesellschaften (3
ausgegliederten Betriebsteile) übertragen.
Für die Durchführung der Abspaltung zur Neugründung müssen die Vorschriften des SpaltG
1996 (Aufstellen eines detaillierten Spaltungsplans durch den Vst, Spaltungsbericht,
Spaltungsprüfung, Spaltungsbeschluss, Formvorschiften, konstitutive FB-Eintragung etc....)
beachtet werden.
d) Gesellschaftsrechtliche Verbindungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft nennt
man Unterordnungskonzern (zum Konzern allgemein Fall 61 a). Rechtsfolgen: zB
zwingende Anwendung des Konzernbilanzrechts (vgl Fall 61b) ....
60
Wertpapierrecht
Wechsel
Fall 65
[Es liegt ein Warenwechsel vor, weil dem Wechsel ein Kaufvertrag (Grundgeschäft)
zugrunde liegt. Durch den Wechsel wird dem Käufer (B-GmbH) die Kaufpreissumme
(=Wechselsumme) vom Verkäufer (A-AG) kreditiert. „Wechsel an eigene Order“ bedeutet,
dass der Aussteller (Verkäufer, A-AG) den Bezogenen (Käufer, B-GmbH; wird durch Akzept
zum Hauptschuldner = Akzeptanten) anweist, an ihn selbst (A-AG; und an keinen von ihm
genannen Dritten = Begünstigten = Wechselnehmer) die Wechselsumme bei Fälligkeit ausbezahlt. => Aussteller und Begünstigter (Wechselnehmer) sind also beim „Wechsel an eigene
Order“ ident!
Die A-AG benötigt im vorliegenden Fall das Geld schon vor Fälligkeit. Deshalb diskontiert
sie den Wechsel an die X-Bank. Diskontieren heißt, dass die A-AG den Wechsel vor
Fälligkeit an die X-Bank verkauft und von dieser die Wechselsumme abzüglich Zwischenzins
+ Provision sofort bar ausbezahlt erhält (= Wechseldiskontgeschäft).
Die X-Bank, an die der Wechsel durch Indossament (Modus) = Übertragungsvermerk auf
der Rückseite des Wertpapiers (ital. in dosso) von der A-AG (Indossanten) übereignet wurde,
wird zum Indossatar (neuen Gläubiger).]
a) Die Bank hat wechselrechtliche Ansprüche gegen die B-GmbH (Hauptschuldner,
Akzeptant), obwohl der Fälligkeitstermin bereits seit einem Monat abgelaufen ist. Der
Hauptschuldner haftet nämlich wechselmäßig während der 3-jährigen Verjährungsfrist ab
dem Verfallstag weiter, selbst wenn ihm der Wechsel nicht rechtzeitig vorgelegt wurde.
Weil diese 3-jährige Frist noch nicht abgelaufen ist, muss die B-Bank die Wechselsumme
zahlen!
b) Die A-AG ist Indossant. Als Indossant käme sie, falls die B-GmbH (Hauptschuldner)
nicht zahlt, als Rückgriffschuldner (Regressschuldner) der X-Bank in Frage. Der
Indosant haftet – im Gegensatz zum Hauptschuldner – aber nur dann, wenn die X-Bank
(Indossatar, neuer Gläubiger, Wechselinhaber) den Wechsel der B-GmbH (Hauptschuldner) RECHTZEITIG, dh zum Fälligkeitstermin (Verfallsdatum) einschließlich der
nächsten beiden Arbeitstage vorgelegt hat. Das hat die X-Bank jedoch versäumt, sie
Kann ergo nicht Protest erheben (= öffentliche Urkunde zur Bestätigung der
Verweigerung der Leistung aus dem Wechsel  formelle Rückgriffsvoraussetzung fehlt)
=> das Recht ist „präjudiziert“.
 Der X-Bank haftet ausschließlich die B-GmbH. Will diese nicht azhlen,
kann die X-Bank gegen die B-GmbH
1) ein Wechselverfahren (für Ansprüche gegen den Akzeptanten; nur im ordentlichen
Verfahren nach zivilprozessualen Grundsätzen möglich; sachliche Zuständigkeit
(Handelsgericht, Bezirksgericht) vom Streitwert abhängig ...) einleiten
2) ein Wechselmandatsverfahren (strenges, rasches Verfahren  „formelle Wechselstrenge“; nur für formgültige Wechsel; §§ 557 ff ZPO; Gericht erlässt Zahlungsauftrag;
Beklagter = B-GmbH muss binnen 14 Tage zahlen oder Einwände erheben; tut sie das
nicht  Zahlungsauftrag = Exekutionstitel für Zwangsversteigerung; bei Erhebung von
Eunwänden seitens der B-GmbH  mündliche Verhandlung; Urteil....etc) veranlassen
oder
61
3) Klage aus dem Grundgeschäft (Kaufvertrag: auf Zahlung des Kaufpreises) erheben. Der
Wechsel gilt dann bloß als Beweisdokument.
Fall 66
a) Warenwechsel (Handelswechsel) haben va Kreditfunktion (vgl Fall 65). Der
wirtschaftliche Zweck dieses Dreimonatsakzeptes ist, dass die Planai GmbH (Akzeptant)
bereirs über die Seilbahnkabinen verfügen kann, den Kaufpreis aber erst in drei Monaten
zahlen muss. Auch in diesem Fall ist der Aussteller mit dem Begünstigten ident
(Doppelmayer GmbH). => „Wechsel an eigene Order“:  Zweck: Der Aussteller kann
sofort das Akzept einholen, ohne vorher über die Weitergabe des Wechsels bestimmen zu
müssen!
b) Wechselzeichnung durch Stellvertreter: Wer NUR mit seinem eigenen Namen
wechselrechtliche Erklärungen (durch Unterschrift) abgibt, wird grundsätzlich selbst aus
dem Wechsel verpflichtet. Hier liegt allerdings ein „unternehmensbezogenes Geschäft“
vor, weil der GF Baier den Wechsel zwar mit seinem Namen, aber mit der Absicht
unterzeichnet, die Planai-Hochwurzen-Seilbahnen-GmbH zu vetreten. Baiers Absicht ist
der Doppelmayer GmbH (Wechselnehmer) bekannt. Sie weiß, dass die Verpflichtung aus
dem Wechsel nicht Baier selbst treffen soll.
Aus dem FB-Auszug ist ersichtlich, dass für die Vertretung der GmbH eine gemischte
Gesamtvertretung (entweder 2 GF oder jeweils 1 GF mit 1 Prokuristen) vorgesehen ist. Baier
hat als alleiniger GF also keinesfalls Einzelvertretungsbefugnis. Es liegt Überschreitung der
Vertretungsmacht vor. Baier ist falsus procurator. Das Rechtsgeschäft zwischen der Planai
GmbH (Scheinvertretene) und der Doppelmayer GmbH ist schwebend unwirksam. Die
Doppelmayer GmbH kannte den Vertretungsmangel oder musste ihn zumindest kennen
(FB-Auszug  „Vertretungsbefugnis“). Weigert sich die Planai GmbH, den hinkenden
Vertrag durch Bezahlung der offenen Wechselsumme zu sanieren (rückwirkende Heilung
des Mangels durch eine Willensbetätigung), stellt sich die Haftungsfrage für Baier: Im
WechselG haftet der falsus procurator grundsätzlich für alle Wechselverbindlichkeiten,
EGAL ob er den Mangel seiner Vertretungsbefugnis kannte oder nicht (strengere Haftung als
im allgem. HR). Hier hat aber auch die GmbH (Dritte) den Vertretungsmangel positiv
gekannt bzw hätte ihn kennen müssen ( FB-Auszug). Ob daher die Haftung des falsus
dennoch gilt (WechselG) oder der falsus – wie nach der allgemeinen handelsrechtlichen (bzw
bürgerrechtlichen) Haftung deshalb von seiner Haftung befreit wird (Kulpakompensation) ist
umstritten. Bei der Inanspruchnahme seiner Haftung könnte sich Baier allenfalls mit dem
Einwand des Rechtsmissbrauchs gegen die Doppelmaver GmbH verteidigen.
Fall 67
a) Ein Indossament (vgl Fall 65) ist ein Übertragungsvermerk auf der Rückseite (ital. in
dosso) des Wertpapiers, der zur Übertragung des WP nötig ist (Skripturakt). Rechtlich
gesehen ist ein Indossament also die unterschriebene Erklärung des Übertragenden
(Indossanten; ursprünglichen Gläubiger), dass die Berechtigung auf einen von ihn genannten
Dritten (Indossatar; neuen Berechtigten) übergehen soll (= Begebungsvertrag).
Ein Wechsel wird durch Indossament + Übergabe der Urkunde (Modus) übertragen. Der
Indossatar kann sein Recht aus der Urkunde jedoch nur geltend machen, wenn eine
ununterbrochene Indossamentenkette vorliegt. Dh, jeder Indossant muss im vorhergehenden
Indossament als Indossatar aufscheinen. Ein Nichtberechtigter kann nicht Indossant sein
(„nemo plus iuris transferre potest...“).
62
b) Nein. Der von K geltend gemachte Einwand der mangelhaften Ware ist unbeachtlich.
Gem Art 17 WechselG besteht ein wechselrechtlicher Einwendungsausschluss, dh dem
Inhaber des Wechsels (=Hausbank R) können vom Schuldner (=Karl) grundsätzlich keine
Einwendungen aus dem Grundgeschäft (Vertrag Karls mit Franz = Aussteller) entgegengehalten werden ( „materielle Wechselstrenge“).
[Anm: vgl BR- Anweisung: Das Wechselgeschäft als Anwendungsfall der zivilrechtlichen
Anweisung => abstraktes Verpflichtungsgeschäft, nicht akzessorisch!]
Ein Wechsel ist ein notwendig abstraktes Wertpapier. Das Recht, das er verbrieft, ist vom
Grundgeschäft (hier: Kaufvertrag zwischen Vranz und Karl) prinzipiell unabhängig.
[Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur dann, wenn Karl beweisen könnte, dass
die Hausbank R (Dritter) beim Erwerb des Wechsels bewusst zum Nachteil des K (bösgläubig) gehandelt hat.
Achtung: Der Einwendungsausschluss würde aber nicht gegenüber Vranz (Aussteller) gelten.
 Bei einem Wechsel an eigene Order wäre Karls Einwand beachtlich!]
c) Nimmt man in Fall 66 an, die Doppelmayer GmbH hätte den Wechsel an die Hausbank R
indossiert, welche ihn am Fälligkeitstag nun der Planai-GmbH vorlegt, müsste die PlanaiGmbH zahlen (Unabhängigkeit vom Grundgeschäft  abstaktes WP!) oder beweisen
können, dass die Hausbank beim Erwerb des Wechsels bewusst zu ihrem Nachteil gehandelt
hat. Das wäre vor allem dann der Fall, wenn die Hausbank R vom schwebend unwirksamen
Geschäft gewusst hat. Dann wäre (ausnahmsweise) ein Einwendungserhalt des
Rechtsmissbrauchs (vgl b) aus dem Grundgeschäft (Mangel der Vertretungsmacht) denkbar.
Grobe Fahrlässigkeit beim Erwerb des Wechsels durch die Hausbank R allein reicht aber
nicht!
Fall 68
a) Beim Blankoindossament iSd Art 13 Abs 2 WechselG fehlt regelmäßig die Angabe des
Indossatars, allenfalls kann auch (wenn sich das Blankoindossament auf der Rückseite
des Wechsels befindet) auch die Übertragungsformel weggelassen und nur die bloße
Unterschrift des Indossanten gesetzt werden. (Achtung: Das Blankoindossament hat aber
nichts mit einem Blankowechsel = vom Aussteller unterschriebener, absichtlich unvollständiger Wechsel zu tun!) Vorteile eines Blankoindossaments sind die erleichterte
Weitergabe und die Anonymität des Wechselerwerbers. Dieser kann (muss aber nicht)
den Wechsel auch ohne Namensangabe weitergeben, um anonym zu bleiben. Eine
allfällige Veruntreuung des Wechsels (zB Weitergabe des Wechsels durch einen Dieb,
vgl Frage b) wird durch eine Blankoindossament allerdings erleichtert (Nachteil).
b) Durch Blankoindossament wird ein Wechsel faktisch (nicht rechtlich!) vom Orderpapier
(Berechtigter ist namentlich genannt) zum Inhaberpapier (der Inhaber ist berechtigt). Paul
(Aussteller = Begünstigter, weil „an eigene Order“) überträgt den Wechsel durch Blankoindossament + Übergabe an Sabine (Indoassatar, neue Gläubigerin der P-GmbH
=Akzeptant). Sabine erwirbt also derivativ Eigentum am Wechsel. Theodor (Dieb) ist
bloßer Inhaber (vgl dazu BR, Sachenrecht) des gestohlenen Wechsels. Er „kann“ den
Wechsel unbemerkt an Flora weitergeben, weil Sabines Namen aufgrund des
Balnkoindossaments auf dem Wechsel nicht aufscheint. => Theodor ist zwar formell
(Innehabung beim Blankoindossament), nicht aber materiell (kein Eigentum am
Wechsel) legitimiert. => Floras derivativer Eigentumserwerb (vgl BR – Sachenrecht, Fall
85, Fall 86) scheitert zunächst an der mangelnden Verfügungsbefugnis des Diebes.
(„Nemo plus iuris...“). Dennoch ist der Erwerb vom Nichtberechtigten (Theodor) durch
Floras guten Glauben (bona fides) gegeben: Sie weiß ja nichts vom Diebstahl. Es kommt
63
folglich zum Gutglaubenserwerb (originärer Eigentumserwerb; vgl BR, Sachenrecht,
Fall 85, Fall 88, Fall 89) durch Flora. Durch die Verbriefung der Forderung im Wechsel
wird eine Forderung zu einer beweglichen, körperlichen Sache. Nur an solchen kann
gutgläubig Eigentum erworben werden. Die übrigen Voraussetzungen des Gutglaubenserwerbs nach § 367 ABGB bzw § 366 HGB (vgl BR) müssen im WechselR gar nicht
gegeben sein – allein der gute Glaube reicht!
 Flora hat originär Eigentum am Wechsel erworben.
Fall 69
Ausgefülltes Formular:
Wien, den 15. April 1999
(Ort und Datum der Ausstellung)
Gegen diesen Wechsel_...Ausfertigung --- zahlen Sie am 16.August 1999 an eigene Order S
13.760,- Schilling dreizehntausendsiebenhundertfünfzig (Betrag in Buchstaben) [e 1000 Tausend
Euro].
Bezogener: Ludwig Berger
Zieglergasse 1
in
1070 Wien
(Ort und Straße – genaue Adressangabe)
Zahlbar bei Michaela Kahr
Margaretenstr 100
1050 Wien
in
(Diesen Raum nur für Zahlstellen- und Domizilvermerke benutzen.)
Michaela Kahr
Margaretnstr. 100
1050 Wien
xxxxxxxxx
(Unterschrift, Adresse
und Firmenstempel des
Ausstellers)
links
senkrecht:
WECHSEL
Angenommen:
Ludwig Berger
yyyyyyyyy
(Unterschrift des Annehmers)
[Anmerkung: Wenn die Angabe des Zahlungsortes fehlt, wäre der beim Namen des
Bezogenen (Ludwig Berger) angegebene Ort Zahlungsort (also 1070 Wien... statt 1050
Wien)!]
Fall 70
Wechseldiskontgeschäft (vgl Einleitung Fall 65): Beim Diskontgeschäft kauft eine Bank
einen noch nicht fälligen Wechsel (Übertragung durch Indossament) gegen Auszahlung der
Wechselsumme abzüglich Zwischenzins (Diskontsatz, Bankrate), Spesen und Provoision. Der
Begünstigte (Indossant) bekommt das Geld sofort bar ausbezahlt. Zahlt der Akzeptant aus
dem Wechsel bei Verfall nicht, kann die Bank (Indossatar) beim Indossanten Regress nehmen
und den „Kaufpreis“ zurückfordern. Weiß die Bank zum Zeitpunkt des Diskontgeschäfts über
64
die schlechte Vermögenslage des Hauptschuldners, trifft sie gegenüber dem Indossanten,
welcher ihr den Wechsel verkauft hat, eine Aufklärungspflicht (hRsp). Bei Unterlassung ist
eine Irrtumsanfechtung des Diskontvertrages möglich! Will oder kann die Bank das
Bankgeheimnis nicht verletzen, muss sie das Wechseldiskonzgeschäft einfach ablehnen!
Den erworbenen Wechsel aknn die Bank unter den Voraussetzungen des § 48 NationalbankG
an die Nationalbank weiterverkaufen (= rediskontieren => „Eskontgeschäft“ der Nationalbank).
Fall 71
[Prinzipiell entsteht durch Indossament gem Art 15 Abs 1 WechselG eine Haftungswirkung
(Garantiefunktion) eines jeden Indossanten. Das bedeutet, dass jeder Indossant im Rahmen
des Rückgriffs (Regresses) von seinen Nachmännern in der Indossamentenkette in Anspruch
genommen werden kann, wenn der Bezogene den Wechsel gar nicht akzeptiert oder der
Hauptschuldner (Akzeptant) den Wechsel bei Fälligkeit nicht bezahlt. =>
 Materielle Rückgriffsvoraussetzungen:
a) Rückgriff mangels Annahme oder
b) Rüchgriff mangels Zahlung des Wechsels.
Diese Haftungswirkung ist aber nicht zwingender Rechtsnatur, sondern dispositiv, dh sie kann
durch den jeweiligen Indossanten selbst abbedungen (ausgeschlossen) werden, und zwar
durch einen sogenannte Angstklausel iSd Art 15 Abs 1 WechselG (Haftung „...mangels eines
entgegenstehenden Vermerks“):]
 Christoph indossiert den Wechsel an Jennifer mit dem Vermerk „ohne Haftung“ =
Beispiel für Angstklausel (andere Bsp: „ohne obligo“, „ohne Gewähr“...). Mit dieser
Angstklausel schließt er seine Haftung als (möglicher) Regressschuldner aus.
 Jennifer indossiert den Wechsel an Eva mit dem Vermerk „nicht an Order“ (anderes Bsp:
“Indossierung verboten“). Dieser Vermerk stellt ein Rektaindossament (Weiterindossierungsverbot) nach Art 15 Abs 2 WechselG dar. Der Wechsel bleibt aber trotzdem weiter
indossierbar. Durch den Vermerk beschränkt Jennifer ihre (mögliche) Haftung
ausschließlich auf ihre unmittelbare Nachfolgerin (Eva, Indossatar), dh sie schließt ihre
Haftung nur gegenüber jenen aus, an die ihr Indossatar (Eva) den Wechsel
weiterindossiert (Gerald).  Evas Weiterindossierung an Gerald ist also zulässig und
rechtswirksam, bloß kann Gerald auf Jennifer (Rektaindossantin) keinen Rückgriff
nehmen!
Am Zahltag ist Gerald Inhaber des Wechsels. Gabi (Akzeptantin, Hauptschuldnerin) zahlt
allerdings nicht. => Dadurch kommt es zum Aufleben der Rückgriffshaftung (Regresshaftung)
1) des Ausstellers (Anna)
2) sämtlicher Indossanten und
3) Wechselbürgen (hier nicht vorhanden),
die gem Art 9 ,15, 32 WechselG neben der Hauptschuldnerin als Gesamtschuldner (Prinzip
der Solidarhaftung: alle, einige, einer, vgl BR) haften. Sie können von Gerald (aktueller
Wechselinhaber) im Sprungregress (dh von der Reihenfolge in der Indossantenkette unabhängig) zur Zahlung in Anspruch genommen werden (kein Reihenregress). Man sagt, der
Wechsel ist notleidend.
Es sind sowohl die
 materiellen (Rückgriff mangels Zahlung, siehe oben) als auch die
 formellen (rechtzeitige Protesterhebung durch Gerald) erfüllt.
 Im konkreten Fall kann Gerald ...
1) Anna als Ausstellerin sowie
65
2) Eva als Indossantin
einzeln ober gemeinsam im Wege des Inhaberrückgriffs (auch Erstrückgriff des letzten Inhabers genannt) zur Zahlung in Anspruch nehmen.
Nicht aber Christoph (Haftungsaussschluss durch Angstklausel) und auch
Nicht Jennifer (Rektaklausel)!
=> Ad 1): Nimmt Gerald Anna (Ausstellerin) im Wege des Sprungregresses in Anspruch,
kann sie an niemandem Weiterrückgriff (auch Remboursregress genannt) nehmen, weil sie
keine Vormänner hat. Die Nachmänner (zeitlich späteren Inhaber zB Eva) haften ihren Vormännern nicht!
=> Ad 2) : Verlangt Gerald von Eva allein die Zahlung, kann Eva Jennifer (ihre Indossantin)
im Wege des Einlösungsregresses (Remboursregresses) in Anspruch nehmen. Jennifer hat ja
durch das Rektaindossament nur ihre Haftung gegenüber Gerald ausgeschlossen. Der Eva
haftet sie weiter.
Fall 72
a) Der ursprüngliche vereinbarte Zahlungstermin (Verfallstag: 20. Mai 1999) kann hinausgeschoben werden:
1) durch Stundung: Stundung ist die zwischen dem Aussteller (Sabine) und dem
Akzeptanten (Thomas) vereinbarte, auf der Urkunde selbst nicht vermerkte Hinausschiebung des Zahlungstages. Innerhalb dieses Zeitraums muss Sabine auf die
gerichtliche Geltendmachung der Wechselforderung verzichten.
2) durch Prolongation: Prolongation ist das Hinausschieben des Verfallstages. Besitzt
Sabine (Ausstellerin, Gläubigerin) den Wechsel noch, kann das Datum auf dem Wechsel
(einvernehmlich) durch einen schriftlichen Vermerk auf der Urkunde geändert werden.
b) Hat Sabine den Wechsel bereits weitergegeben und wissen die beiden nicht mehr, wer den
Wechsel im Augenblick besitzt, kann Sabine auf Thomas´ Wunsch ihm einen Prolongationswechsel ausstellen: Das bedeutet, Sabine stellt einen neuen Wechsel mit späterem
Verfallsdatum aus und lässt ihn von Thomas akzeptieren. Durch Diskontierung des
Prolongationswechsels wird die Geldsumme zur Zahlung des Erstwechsels beschafft.
Fall 73
a) Nach dem SV des Falles 69 ist der 16. August 1999 Zahlungstag, die Vorlegung des
Wechsels (Wechselschuld = Holschuld) hätte gem Art 38 Abs 1 WechselG entweder am
Zahlungstag selbst (16. 8.) oder an einem der beiden folgenden Werktage erfolgen
müssen.
b) Nach Kenntnis von Bergers Konkurs kann Lucas K. (Inhaber) ausnahmsweise schon VOR
Fälligkeit „Rückgriff mangels Sicherheit“ nehmen. Als
 materielle Rückriffsvoraussetzung gilt in diesem Ausnahmefall zB die Eröffnung eines
Insolvenzverfahrens (hier: Konkurs), als
 formelle Rückgriffsvoraussetzung reicht zB die amtliche Bekanntmachung von Bergers
Konkurs in der Zeitung, eine Protesterhebung durch Lucas K. ist nicht erforderlich.
 Die Regresshaftung lebt auf. Der Wechsel wird notleidend.
c) Als (mögliche) Regressschuldner für die Zahlung der Wechselverbindlichkeit könnten
1) die Ausstellerin (Michaela Kahr)
2) oder der Indossant Thomas D.
dem Lucas K. im Wege des Erstrückgriffs (Inhaberregresses) solidarisch (dh als
Gesamtschuldner) haften.
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