Grundzüge des Privatrechts: Handelsrecht (Fälle der Fragensammlung Doralt/Nowotny/Schauer, 5.Auflage) Allgemeines Handelsrecht Kaufmann und Firma Fall 1 Gegenstand des Handelsrechts: 1) HR ieS: Sonderprivatrecht der Kaufleute (HGB) 2) HR iwS: HR ieS + Gesellschaftsrecht, Wertpapierrecht, gewerblicher Rechtschutz (zB Patentschutz)... Anwendung: HR steht zum BR in einem Spezialverhältnis. Grundsätzlich gelten HR und BR nebeneinander, bei unterschiedlichen Vorschriften verdrängt das HR die Regelungen des ABGB (Grundsatz: „lex specialis derogat legi generali“, Anwendugsvorrang für Sonderprivatrechte; vgl dazu auch BR/Fall 1b). Das HGB ist prinzipiell auf Handelsgeschäfte anzuwenden. Ein Handelsgeschäft ist ein Rechtsgeschäft, das ein Kaufmann (dazu Fall 2) im Betrieb seines Handelsgewerbes abschließt. Zur Anwendung des HR reicht es, wenn dabei ein Vertragspartner Kaufmann iSd HGB (einseitiges Handelsgeschäft) ist. Fall 2 (vgl zum Kaufmannsbegriff auch Übersicht „Kaufleute“ – Fallprüfungsschema siehe nächste Seite) a) Kaufmann nach § ... HGB ? 1) Betrieb eines Gewerbes? *) selbständige (kein Arbeitnehmer !) (Handelsgewerbe) *) dauernde (saisonal ausreichend !) *) planmäßige *) als solche erkennbare *) entgeltlich (ev. Gewinnerzielungsabsicht) *) nicht freiberufliche (negatives Tatbestandsmerkmal) Tätigkeit. Ja. 2) Betrieb eines Grundhandelsgewerbes nach § 1 Abs 2 HGB ? => § 1 Abs 2 Z 1: Anschaffung und Weiterveräußerung von beweglichen Sachen (Waren) Ja. 3) Voll- oder Minderkaufmann? Für einen Maronibrater sind keine kaufmännischen Einrichtungen erforderlich. => Der Maronibrater ist Kaufmann kraft Handelsgewerbes (hier: Grundhandelsgewerbes), und zwar Minderkaufmann nach § 4 HGB. Für Minderkaufleute (Kleingewerbetreibende) entfällt die Pflicht zur Eintragung ins Firmenbuch (FB). Weiters ist er nicht zur Rechnungslegung gemäß dem 3. Buch des HGB verpflichtet. Minderkaufleute führen keine Firma, können nicht Prokura (vgl BR/Fall 35) erteilen und keine OHG, KG...etc (Näheres im Gesellschaftsrecht) gründen. 3 b) Kaufmann nach § ... HGB ? 1) Betrieb eines Gewerbes? selbständig, dauernd, planmäßig, erkennbar, entgeltlich, nicht freiberuflich Ja. 2) Betrieb eines Grundhandelsgewerbes nach § 1 Abs 2 HGB ? Nein. 3) => Es kommt § 2 HGB („Auffangtatbestand“; Sollkaufleute) zur Anwendung: *) Gewerbe (ja, siehe Punkt 1) *) Erfordernis der kaufmännischen Einrichtung (ja, bei 20 Mitarbeitern durchaus erforderlich) *) Eintragung ins FB erforderlich (Firmenbucheintragung verpflichtend!) => Ist der Vermieter der Spezialfahrzeuge ins FB eingetragen, ist er § 2 – Kaufmann („Sollkaufmann“). § 2 – Kaufleute sind IMMER Vollkaufleute. ( Unterlässt er die FB-Eintragung, wäre er Nichtkaufmann!) c) Kaufmann nach § ... HGB ? 1) Betrieb eines Gewerbes? – Nein. Betreiber eines Copy-Shops führen ja selbst gar keine gewerbliche Tätigkeit aus. Sie stellen anderen nur ihre Vervielfältigungseinrichtungen zur Verfügung. Die Geschäfte fallen auch nicht unter jene von Druckereien (Grundhandelsgewerbe nach § 1 Abs 2 Z 9 HGB). => Sie sind Nichtkaufleute. d) F. Wieselflink betreibt ein Handwerk (qualitative Merkmale: manuelle Wertschöpfung, Individualität der Leistung, Arbeit auf Bestellung...etc; quantitative Merkmale: Art. 6 Nr 2 der 4. EVHGB: Umfang darf über Kleingewerbe nicht hinausgehen!). F. Wieselflink ist Lohnhandwerker, dh er bearbeitet fremde Waren (Schuhe). Diese Tätigkeit würde zwar unter § 1 Abs 2 Z 2 HGB fallen = Grundhandelsgewerbe, jedoch bestimmt § 1 Abs 2 Z 2 HGB ausdrücklich, dass der „Betrieb über den Umfang eines Handwerks hinausgehen muss“. Nach dem SV (1 Mitarbeiter, kleine Kojen...) ist minderkaufmännischer Umfang (Kleingewerbe) anzunehmen. => Der Handwerker ist Nichtkaufmann. (Bei Umfang, der über den eines Handwerks hinausgeht, wäre er allerdings Vollkaufmann nach § 1 Abs 2 Z 2 HGB: Grundhandelsgewerbe.) e) Eine GmbH ist Kaufmann kraft Rechtsform. Die BUWOG ist Formkaufmann gem § 6 Abs 1 HGB iVm § 61 Abs 3 GmbHG (Kapitalgesellschaft). § 6 – Formkaufleute sind IMMER Vollkaufleute (unabhängig von Art und Umfang der ausgeübten Tätigkeit!), sobald sie ins FB eingetragen sind. Bei Kaufleuten kraft Rechtsform entsteht die Kaufmannseigenschaft immer erst mit Eintragung ins FB (= konstitutive FB-Eintragung). [Anm.: Anders hingegen bei § 1-Kaufleuten (Grundhandelsgewerbe) = Ausnahme: Kaufmannseigenschaft entsteht bereits mit Aufnahme der Tätigkeit, FB-Eintragung nur deklarativ!] Unterlässt die GmbH die FB-Eintragung, müsste weiters geprüft werden, ob sie vielleicht Kaufmann kraft Handelsgewerbe (§ 1 , § 2 HGB, § 3 HGB) ist. Besitzt eine GmbH aber auch kraft Handelsgewerbe keine Kaufmannseigenschaft, ist sie ohne FB-Eintragung Nichtkaufmann. f) Vor der Alleinübernahme seines Unternehmens war der Großhändler § 1 – Kaufmann: 1) Gewerbe: Merkmale gegeben: selbständig, dauerhaft, planmäßig, erkennbar, entgeltlich, nicht freiberuflich 4 2) Grundhandelsgewerbe: Anschaffung und Weiterveräußerung von bewegl. Sachen - § 1 Abs 2 Z 1 HGB), und zwar 3) Vollkaufmann (kaufmänn. Einrichtungen, große Zahl an Mitarbeitern, im FB eingetragen!). Nach der Trennung von all seinen Mitarbeitern und der Alleinübernahme wird er zum Scheinkaufmann (sind IMMER Vollkaufleute!) nach § 5 HGB (Kaufmann kraft Eintragung), weil er 1) immer noch im Firmenbuch eingetragen ist 2) noch ein Gewerbe betreibt ( Voraussetzung!!!). [Stellt der Großhändler aber den Betrieb seines Gewerbes völlig ein, darf § 5 HGB nicht mehr angewendet werden. Bis zur Löschung im FB ist er dann nach § 15 (1) HGB allein aufgrund seiner Eintragung Fiktivkaufmann (ebenfalls IMMER Vollkaufmann), es sei denn, dem Dritten war die Einstellung des Gewerbes bekannt (= „negatives Publizitätsprinzip des Firmenbuches“). Achtung: § 15 (1) HGB ist nur auf ursprünglich richtige Eintragungen ins FB anwendbar! ] Fall 3 Ja. Es liegt ein (einseitiges) Handelsgeschäft iSd § 343 Abs 1 HGB (3.Buch) vor. Die GmbH ist Kaufmann kraft Rechtsform (siehe Fall 2 e ). Es sind auch die Bestimmungen des KSchG auf diesen Vertrag anwendbar, weil ein Verbrauchergeschäft vorliegt: Die GmbH ist Unternehmer iSd § 1 Abs 1 Z 1 und Abs 2 KschG (selbständig, dauerhaft, organisiert, wirtschaftliche Tätigkeit...; vgl auch BR/Fall 17), der Student Verbraucher. Rechtlicher Unterschied zwischen Unternehmer und Kaufmann: zB keine Eintragungspflicht ins FB für Unternehmer; Unternehmer dürfen auch freiberuflich tätig sein (Freiberufler: zB Ärzte, Ziviltechniker... etc); keine Anwendungspflicht der Rechnungslegungsvorschriften des 3. Buches HGB etc.... Fall 4 a) Ja. Der Firmenkern eines Einzelunternehmens muss den Zunamen UND Vornamen des Unternehmensträgers beinhalten. Durch die Beifügung des Firmenzusatzes („Inh....“) ist dieses Erfordernis erfüllt. b) Nein. Der Firmenname „...& Co“ ist bei dieser OHG mit 2 Gesellschaftern irreführend, weil bereits die Zunamen beider Gesellschafter im Firmenkern erwähnt sind. Man könnte auf eine OHG mit 3 oder mehreren Gesellschaftern schließen. c) Nein. Der Name des beschränkt haftenden Gesellschafters, dh des Kommanditisten, darf keinesfalls im Firmennamen einer KG aufscheinen! (§ 19 Abs 4 HGB). d) Ja. Eine GmbH darf Sach- oder Personen-, oder Mischfirma sein. Wurde Personenfirma gewählt, muss der Firmenname mindestens den Namen eines Gesellschafters enthalten (§ 5 GmbHG). e) Ja. Auch diese Firma ist zulässig, weil Dr. Karl Weißenburger ja Gesellschafter der Weißenburger GmbH ist (Organ der GmbH). Wird die GmbH als Personenfirma geführt, muss sein Name also im GmbH-Namen aufscheinen (min 1 Gesellschafter!). Die GmbH selbst ist Komplementärin der KG. Bei der KG darf nur der Name des Komplementärs (= unbeschränkt haftenden Gesellschafters hier: Dr. Karl Weißenburg GmbH) im Firmennamen aufgenommen werden. Dass Weißenburger zugleich Gesellschafter der KG, nämlich Kommanditist (beschränkte Haftung) ist, spielt dabei keine Rolle. [Anm.: Sinn 5 einer solchen GmbH & Co KG im engsten Sinn ist, dass zwar die Weißenburger GmbH als Komplementärin unbeschränkt mit ihrem Gesellschaftsvermögen haftet, Dr. Karl Weißenburger aber sowohl als Gesellschafter „hinter“ der GmbH als auch als Kommanditist der KG nur beschränkt haftet (beschränkt haftende Personengesellschaft)] f) Ja. Der Zusatz „OEG“ oder „KEG“ bei Offenen Erwerbsgesellschaften bzw Kommandit – Erwerbsgesellschaften kann durch die Bezeichnung „...& Partner“ ersetzt werden (§ 6 EEG). g) Ja. Auch Sachfirma bei GmbH erlaubt (siehe d) h) Ja. Prinzipiell hat eine AG zwar eine Sachfirma zu sein, jedoch darf aus wichtigen Gründen von diesem Grundsatz abgewichen werden: Der Name „Porsche“ stellt hier aufgrund der Bekanntheit (Verkehrsgrund) der Firma einen solchen Grund dar. => Personenfa. hier (ausnahmsweise) zulässig! Fall 5 Grundsätze der „abgeleiteten Firma“: Der Grundsatz der Firmenwahrheit wird vom Grundsatz der Firmenkontinuität (Firmenbeständigkeit) nach §§ 21, 22 HGB durchbrochen. Zum Schutz des sogenannten „good will“ (= Ruf, Bekanntheitsgrad, immaterieller Vermögenswert einer Firma) darf unter gewissen Bedingungen die ehemalige Firma eines Unternehmens bei Übernahme oder Namensänderung des Inhabers etc weitergeführt werden. a) Ja. Bei Namensänderung durch Eheschließung des Inhabers darf der alte Firmenname beibehalten werden (§ 21 HGB). b) Ja. Damit die Firma bei Gesellschafterwechsel beibehalten werden darf, bedarf es bei Ausscheiden eines namensgebenden Gesellschafters dessen Zustimmung (§ 24 Abs 2 HGB). Anna Gut muss also die Zustimmung zur Weiterführung der Firma geben, weil ihr Name im Firmennamen enthalten war (Namensrecht). c) Unternehmensübergang: Grundsätzlich darf beim Erwerb eines Handelsgeschäftes unter Lebenden oder von Todes wegen die bisherige Firma – auch ohne Nachfolgezusatz – fortgeführt werden, wenn der bisherige Geschäftsinhaber oder dessen Erben ausdrücklich einwilligen (§ 22 Abs 1 HGB). In diesem Fall widersprechen die Grundsätze der Firmenkontinuität den Grundsätzen der Firmenwahrheit: Durch die Unternehmensübernahme ändert sich die Rechtsform des Unternehmens: die Erwerberin ist eine GmbH. => Die Müller Handels GmbH (Käuferin) darf also den alten Firmennnamen nur weiterführen, wenn 1) Barbara Schön und Michael Lustig (bisherige Inhaber) ausdrücklich einwilligen Ein Nachfolgevermerk in den Firmenkern aufgenommen wird, der auf die Änderung der Rechtsform hinweist. zB „Gut&Schön OHG, Inhaber Müller GmbH“ d) siehe oben: Grundsätze der abgeleiteten Firma... Fall 6 Der Firmenname („Alt - Frisörbetriebs GmbH“) ist der Handelsname des Kaufmanns. Das Firmenbuchgericht kann Firmenbetreibern, die ihnen eine nicht zustehende Firma gebrauchen, nach § 24 FBG den Firmennamen verbieten (Zwangsstrafen) = öffentlichrechtlicher Firmenschutz. Weiters genießt der Firmenname privatrechtlichen Schutz: 6 1) Nach § 37 HGB aus unbefugtem Gebrauch einer Firma: Bei § 37 HGB kann nur auf Unterlassung und Beseitigung geklagt werden, nicht aber auf Schadenersatz (iUz § 43 ABGB). Ebenso werden nach § 37 HGB nur materielle und keine ideellen Interessen geschützt! 2) Nach § 43 ABGB aus unbefugtem Gebrauch eines Namens (Namensschutz): Es kann auf Unterlassung, Beseitigung UND Schadenersatz geklagt werden, auch ideele Schäden werden ersetzt! 3) Nach § 9 UWG aus dem verwechslungsfähigen, aber fr zulässigem Gebrauch einer Firma zu Wettbewerbszwecken (Wettbewerbsrecht): Es sind Klagen auf Unterlassung, Beseitigung UND Schadenersatz denkbar, jedoch werden NUR materielle Schäden ersetzt. Die Geschäftsbezeichnung („GmbHaar“) kann – im Gegensatz zur Firma – nicht nur von Vollkaufleuten, sondern auch von Minder- bzw Nicht -.Kaufleuten verwendet werden. Sie ist frei wählbar, sofern sie nicht irreführend ist. Sie genießt grundsätzlich 1) wettbewerbsrechtlichen Schutz (§ 9 UWG, siehe oben) bei Verwechslungsgefahr. 2) Namensrechtlichen Schutz nach § 43 ABGB NUR unter der Bedingung, dass die Geschäftsbezeichnung bereits Verkehrsgeltung erlangt hat. 3) Allenfalls markenrechtlichen Schutz nach § 12 MSchG. [Achtung: Eine Geschäftsbezeichnung genießt keinen firmenrechtlichen Schutz nach § 37 HGB, weil sie keine Firma ist!]. Fall 7 Ja. Der X-Verlag kann vom O-Verlag wegen unbefugten Gebrauchs von Markenzeichen (bezeichnet eine Ware) auf angemessenes Entgelt, Schadenersatz und Herausgabe der Bereicherung geklagt werden (§ 56 MSchG). Diesen markenrechtlichen Schutz genießt der O-Verlag aber nur dann, wenn er in das Markenregister eingetragen ist („registrierte Marke“). Ebenso wären Ansprüche des O-Verlages aus § 34 MustG denkbar: Danach ist aber nicht das Produkt selbst, sondern bloß das Muster ( = Vorbild für das Aussehen eines gewerblichen Erzeugnisses; § 1 MustG) geschützt („Designschutz“). Ist der O-Verlag nicht im Markenregister eingetragen, bleibt ihm noch der Schutz durch „Ausstattung“ (= Hilfsmittel, das aufgrund seiner Form auf ein Unternehmen / eine Ware hinweist zB Firmenlogos, Werbesprüche etc...). Bedingung für den Schutz der Ausstattung nach § 9 UWG ist jedoch, dass die Ausstattung bereits Verkehrsgeltung erlangt hat. [Anmerkung/Ergänzung: Unterscheide davon: Ein Patent ist eine technische Erfindung, das erst durch Anmeldung beim Patentamt entsteht. Erst dann genießt es patentrechtlichen Schutz. Das Urheberrecht betrifft hingegen vor allem Gebiete wie Literatur, Kunst, Musik.... Im Gegensatz zum Patentrecht entsteht dieses bereits beim Entstehen des Werkes.] 7 Firmenbuch und Unternehmensübergang Fall 8 Vor dem Umsatzrückgang und der Löschung im FB ist Thomas Kaufmann nach § 1 HGB, weil er 1) ein Gewerbe (selbständig, planmäßig, dauerhaft, erkennbar, entgeltlich, nicht freiberuflich) betreibt, und zwar 2) ein Grundhandelsgewerbe nach § 1 Abs 2 Z 1 HGB (Beschaffung und Weiterveräußerung beweglicher Sachen/Waren: Blumenhändler). 3) Thomas war Vollkaufmann ( kaufmänn. Einrichtungen, Umsatz, Angestellte, ins FB eingetragen!). Nach der Löschung im FB betreibt Thomas 1) das Gewerbe (selbständig, planmäßig, dauerhaft, erkennbar, entgeltlich, nicht freiberuflich) weiter. 2) Es handelt sich auch nach der Löschung um ein Grundhandelsgewerbe nach § 1 Abs 2 Z 1 HGB. 3) Sein Umsatz sinkt aber, kaufmännische Einrichtungen (gesamtes Geschäftslokal) sowie Angestellte etc sind daher nicht mehr erforderlich, die FB-Eintragung wird gelöscht => Thomas bleibt grundsätzlich weiterhin § 1 – Kaufmann (kraft Grundhandelsgewerbe, „Istoder Muss-Kaufmann“), wird jedoch wegen Punkt 3) Minderkaufmann nach § 4 HGB. Variante: Beantragt Thomas im FB keine Änderung, a) bleibt er auch weiterhin Vollkaufmann gem § 5 HGB (Scheinkaufmann; Kaufmann kraft Eintragung), weil er 1) im FB weiterhin als solcher eingetragen ist 2) ja noch ein Gewerbe betreibt (= Voraussetzung für Anwendbarkeit des § 5 HGB; vgl Fall 2 f ). b) Stellt er den Blumenhandel allerdings völlig ein ohne eine Löschung im FB zu beantragen, ist § 5 HGB unanwendbar: Es kommt § 15 Abs 1 HGB zur Anwendung: Danach ist Thomas bis zur Löschung Fiktivkaufmann (Kaufmann kraft Eintragung) dh er kann sich Dritten gegenüber nicht auf die Einstellung seines Gewerbes berufen. Es gilt nämlich das negative Publizitätsprinzip des Firmenbuches. Dritte dürfen im Rahmen des Vertrauensschutzes auf die Eintragung im FB (Vollkaufmann) vertrauen, sofern sie selbst schutzwürdig sind, dh nichts von der Einstellung des Handelsgewerbes wussten (vgl Fall 2 f ). Er muss gutgläubig handeln, leichte FL schadet bereits (Rsp). Fall 9 a) Den Kauf eines Unternehmens durch seine eigenen Führungskräfte nennt man „Management-Buy-Out“. Grundsätzlich (als Überbegriff) erwerben in diesem Fall Albert und Bernd (GF) die B-GmbH von Christian Bauer (100 %) durch share deal (= Beteiligungskauf; Unternehmenskauf iwS). b) Im Gegensatz zum asset deal (= Unternehmenskauf ieS, vgl dazu gleich Fall 10) bedürfen die einzelnen Gegenstände des Unternehmens keiner gesonderten Übereignung. Albert und Bernd werden neue Eigentümer der B-GmbH durch Erwerb aller Anteile von Bauer. Achtung: Gemäß § 76 GmbHG unterliegt die Übertragung von GmbH-Anteilen (Anm.: nicht aber bei der AG!) einer gesetzlichen Formvorschrift: Sie ist notariatsaktpflichtig. Gewisse schuldrechtliche Regelungen sind sowohl für den Unternehmenskauf ieS (asset deal) als auch für den Anteilskauf (share deal; Unternehmenskauf iwS) relevant. 8 rechtliche Ausgestaltung 1) Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots (Konkurrenzklausel): kann zwischen Albert & Bernd (Erwerber) und Bauer (Veräußerer der Anteile) für mehrere Jahre vereinbart werden. Wurde es nicht ausdrücklich vereinbart, ist es eine vertragliche Nebenpflicht des Veräußerers (Bauer), in der nächsten Zeit nicht in derselben Branche wie Albert & Bernd tätig zu werden. 2) Wurden die Gewährleistungsansprüche gem § 929 ABGB nicht vertraglich ausgeschlossen (zB weil Albert und Bernd eine umfassende Einsicht ins Unternehmen gewährt wurde), gelten jegliche Ansprüche aus dem Titel der Gewährleitung auch beim share deal: Mit dem Anteilskauf erwerben Albert und Bernd (Käufer) ein Recht (Gesellschaftsanteil = Bündel von Rechten und Pflichten). Unumstritten ist daher, dass Bauer (Veräußerer der Anteile) jedenfalls für Mängel an den Anteilen selbst (=Rechtsmängel) im Rahmen der Gewährleistung einstehen muss. Erwerben Albert und Bernd also beispielsweise mit den GmbH-Anteilen nicht jene Rechtsposition, die ihnen zusteht, liegt ein gewährleistungsrechtlich relevanter Mangel vor. Gem § 932 ABGB (zur Gewährleistung siehe auch BR) haben die Erwerber je nach Art (behebbar - unbehebbar) und Schwere (wesentlich - unwesentlich) unterschiedliche alternative Ansprüche (Wandlung; Preisminderung; Verbesserung... siehe BR). Gesellschaftsanteile sind bewegliche Sachen, für sie gilt daher die 6-Monate-Frist zur Geltendmachung der Ansprüche. Im Unterschied zu Sachmängeln beginnt die Gewährleistungsfrist für Rechtsmängel erst ab Erkennbarkeit des Rechtsmangels zu laufen. Schwieriger ist die Rechtsfrage, ob beim share deal der Erwerber von Anteilen auch Sachmängel, dh Mängel, die nicht die Anteile (versprochene Rechtsposition) sondern das Unternehmen selbst (zB mangelhafte Ertragskraft, mangelnde Jahresabschlüsse, falsche Bilanzen...etc...) gewährleistungsrechtlich gegenüber dem Anteilsverkäufer geltend machen kann. Grundsätzlich sind Sachmängel beim Anteilskauf unerheblich, von diesem Grundsatz gibt es aber 3 wesentliche Ausnahmen: 1. Erwerb ALLER Anteile oder 2. Wenn der Erwerb dem Erwerb des Unternehmens gleichkommt oder 3. Mängel an vertraglich besonders vereinbarten Eigenschaften (zB Bilanz- oder Ertragsgarantien..) Albert und Bernd erwerben hier alle GmbH-Anteile (100%), sie haben daher auch Anspruch auf Gewährleistung aus Sachmängeln! 3) Bestehende Rechtsverhältnisse: Weil sich beim share deal nur die Eigentümer der Gesellschaft, nicht jedoch die GmbH als juristische Person selbst ändert, bleiben alle privat- und öffentlich-rechtlichen Verträge (zB Arbeitsverträge, Lieferantenverträge, Betriebsgenehmigungsverträge ...) vom Unternehmensübergang unberührt. [Ausnahme: Mietvertrag über Geschäftsräumlichkeit: Gem § 12 a Abs 3 MRG darf der bisherige Vermieter bei (bisher) zu niedrigem Mietzins den Mietzins angemessen anheben.] 4) Schuldenhaftung des Erwerbers: Prinzipiell gibt es die (zwingende) Schuldenhaftung nach § 1409 ABGB beim share deal nicht, dh der (die) Erwerber haften grundsätzlich nicht für Schulden des Anteilsveräußerers. (Albert und Bernd würden nur dann ausnahmsweise für Schulden des Christian Bauer haften, wenn sein 100%-Anteil an der GmbH fast sein ganzes Vermögen darstellen würden und sie sich dieser Tatsache bewusst wären.) 9 Fall 10 Es liegt Unternehmenskauf ieS (asset deal) durch Einzelrechtsnachfolge vor. Nach allgemeinem Zivilrecht (siehe BR, Sachenrecht) erwirbt man Eigentum durch Titel und Modus. Diesem Prinzip folgt auch der Unternehmenserwerb ieS (asset deal) im Handelsrecht. Titel (Verpflichtungsgeschäft) ist der Kaufvertrag über das gesamte Unternehmen zwischen Sybille Selcher (Verkäuferin) und der Tramway GmbH (Erwerber). Der Modus (Verfügungsgeschäft; Übereignung) muss beim asset deal aber gemäß dem sachenrechtlichen Spezialitätsprinzip für jeden Bestandteil des Unternehmens gesondert übertragen werden: [Grundsätzlich sind beim Unternehmenskauf durch Einzelrechtsnachfolge 4 Übertragungsmöglichkeiten (Modi) relevant: 1) Modus für unbewegliche Sachen (zB Liegenschaften) => Eintragung ins Grundbuch 2) Modus für bewegliche Sachen => Übergabe (reale = körperliche Übergabe; subsidiär Übergabe durch Zeichen; alternativ Übergabe durch Erklärung: a) Übergabe kurzer Hand = traditio brevi manu; b) Übergabe durch Besitzkonstitut = constitutum possessorium; Übergabe durch Besitzanweisung ; siehe BR, Sachenrecht) 3) Modus für Forderungen => Zession (= Forderungsabtretung; siehe BR) 4) Modus für Verbindlichkeiten (bestehende Schuldverhältnisse bzw Verträge) => Dreiparteieneinigung (Dreiparteienregel); dazu gleich unten!] a) Der Bierlieferungsvertrag mit „Budschwaz“ ist ein Schuldverhältnis (Vertragsverhältnis). Zur Übertragung von Schuldverhältnissen (Verbindlichkeiten) bedarf es prinzipiell der sog. „Dreiparteieneinigung“, dh sowohl Selcher (Veräußerer), die GmbH (Erwerber) als auch der bisherige Vertragspartner des Veräußerers (Bierlieferant, Gläubiger der Leistung) müssen der Vertragsübernahme zustimmen. [...folgt dem Prinzip der bürgerlich-rechtlichen privaten (befreienden) Schuldübernahme: Abhängigkeit von der Zustimmung des Gläubigers va wegen Konkurs-/ Insolvenzgefahr des neuen Vertragspartners (Gläubigers)!] => Nach Übergang des Vertragsverhältnisses gemäß der Dreiparteienregel muss Tramway den Vertrag erfüllen. b) Es handelt sich um eine Ausnahme der „Dreiparteienregel“: Mietverträge, die § 1 MRG (Miete von Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten; siehe BR) unterliegen, gehen beim Unternehmenskauf ieS kraft gesetzlicher Vertragsübernahme (ex lege) über, wenn der Tatbestand des § 12a MRG erfüllt ist: Voraussetzungen: 1) Anwendbarkeit des MRG (§ 1 MRG: Mietobjekt zB Geschäftsräume etc; keine Grundstücke: => ABGB!) 2) Unternehmensveräußerer (Sybille) war Hauptmieterin. 3) Das Unternehmen wird durch Kauf veräußert. 4) Das Unternehmen wird im Mietobjekt weitergeführt. => Die Stadtverwaltung (Vermieter) kann gegen den Mieterwechsel selbst nichts unternehmen, weil bei der gesetzlichen Vertragsübernahme die Zustimmung des Vermieters nicht erforderlich ist. Sie darf das Mietverhältnis nicht aufkündigen. Allenfalls kann sie den Mietzins anheben, wenn der von Sybille Selcher (Veräußerer) bisher bezahlte Mietzins niedriger als der „angemessene Mietzins“ (§ 16 MRG) war. c) Nein. Auch der Vertragsübergang von Arbeitsverträgen stellt eine (weitere) Ausnahme von der „Dreiparteienregel“ dar. Gem § 3 Abs 1 AVRAG haben Hannilore und Albert (Arbeitnehmer) Recht auf Beibehaltung der Arbeitsverhältnisse. Der Erwerber (Tramway) darf das Lohnniveau nicht senken (Ausnahme: Erwerb des Unternehmens aus Konkursverfahren). 10 Fall 11 Es liegt Unternehmenskauf ieS (asset deal) vor. Meyer ist Verkäufer, Walker Käufer, Stainer (Alt)gläubiger von Meyer. Zunächst ist zu prüfen, ob eine Haftung für die Altverbindlichkeiten nach § 25 HGB besteht. Nach der Schuldenhaftung des § 25 HGB haftet nämlich der Erwerber (Walker) neben dem Veräußerer (Meyer) für alle früheren Verbindlichkeiten, die der Veräußerer (Meyer) im Betrieb seines Handelsgeschäfts begründet hat. [ Anmerkung: Diese Schuldenhaftung (Solidarhaftung des Erwerbers mit dem Veräußer) folgt dem Prinzip des bürgerlich-rechtlichen Schuldbeitritts (dazu siehe BR/ Fall 62 unten!): Beide (Veräußerer und Erwerber) haften dem (Alt)gläubiger solidarisch für die Altverbindlichkeit. Wird der Erwerber allerdings vom Gläubiger in Anspruch genommen, hat dieser im Innenverhältnis einen Regressanspruch gegen den Veräußerer.] Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 25 HGB ist aber, dass 1) ein vollkaufmännisches Handelsgeschäft unter Lebenden veräußert wurde: ja 2) das Unternehmen unter der bisherigen Firma vom Erwerber fortgeführt wird: ja. Anm.: Der Nachfolgezusatz des Achim Walker zum alten Firmenkern ist dafür unerheblich. [Ebenso unerheblich wären geringfügige Abweichungen im Firmenname und ob diese Fortführung selbst firmenrechtlich rechtmäßig (§ 22 HGB) ist.] Ist dieser Tatbestand erfüllt, treten die Rechtsfolgen des § 25 HGB ein. Die Haftung nach § 25 HGB ist .... solidarisch ( => Regressmöglichkeit!) unbeschränkt (dh im Gegensatz zu § 1409 ABGB nicht mit dem Wert der übernommenen Aktiva beschränkt, Haftung für alle Verbindlichkeiten des Veräußeres) dispositiv (dh im Gegensatz zu § 1409 ABGB vertraglich abdingbar; § 1409 ABGB = ius cogens!), der vertragliche Haftungsausschluss für sämtliche Altverbindlichkeiten muss aber veröffentlicht, dh den betroffenen Gläubigern (persönlich) mitgeteilt ODER ins FB eingetragen werden! => Grundsachverhalt: Achim Walker hat zwar die Haftung für die Altverbindlichkeiten des Maximialian Meyer im Kaufvertrag ausgeschlossen, das aber weder veröffentlicht noch dem Gläubiger Stainer (persönlich) mitgeteilt. => Nach § 25 HGB haftet Achim Walker ergo unbeschränkt. Wird er von Stainer zur Zahlung der 30.000 Euro in Anspruch genommen, hat er aber gegen Meyer einen Regressanspruch. Variante: Achim Walker haftet allerdings nicht nach § 25 HGB wenn er den vertraglichen Ausschluss seiner Haftung für Altverbindlichkeiten allen Gläubigern (persönlich) mitgeteilt hat und in einer Lokalzeitung veröffentlicht hat. [Anmerkung: Die Schuldenhaftung des § 1409 ABGB bleibt in diesem Fall völlig unberührt, weil ohnehin die Haftung nach § 25 HGB gegeben ist. Als Ergänzung wird jedoch – aufgrund der Prüfungsrelevanz – auch die Haftung nach § 1409 ABGB durchgeprüft. Unterschiede zwischen den beiden Haftungsschemen kommen dadurch besser zur Geltung. Auch die Schuldenhaftung nach § 1409 ABGB beruht auf dem Prinzip des Schuldbeitritts. Voraussetzung für eine Schuldenhaftung nach § 1409 ABGB ist, dass 1) Der Erwerber Eigentum am Unternehmen erwirbt (keine Pacht = Unterschied zu § 25 HGB: auch bei Verpachtung anwendbar!): ja (SV) 2) Er das Unternehmen rechtsgeschäftlich (zB durch Kauf) erworben hat (und nicht geerbt hat => Übernahme nach Erbrecht fällt nicht unter § 1409 ABGB - Unterschied zu § 25 HGB: auch Erben eines Unternehmens können nach § 25 HGB haften!): ja – Kaufvertrag zw. Meyer und Walker (SV) 11 3) Er bei Übernahme die Schulden kannte bzw kennen musste. (Beweislast trägt der Gläubiger. Ausnahme: Ist Erwerber naher Angehöriger des Verkäufers => Beweislastumkehr!); => zur Unterstützung: „Diligence – Prüfung“ 4) Es sich um Unternehmensschulden (wirtschaftlicher Zusammenhang) und nicht um Privatschulden des Veräußerers handelt: ja – SV: Die Schulden stammen aus einer Warenlieferung. => Rechtsfolge: Die Schuldenhaftung nach § 1409 ABGB ist.... solidarisch (=> Regress) beschränkt durch den Wert der übernommenen Aktiva (iUz § 25 HGB!) zwingend (ius cogens; vertraglich nicht abdingbar) => Die Schulden (30.000 Euro) übersteigen die übernommenen Aktiva (Wert des Unternehmens = 599.987 Euro) ohnehin nicht. Walker würde Stainer gegenüber auch nach § 1409 ABGB für die gesamten (Alt)lieferverbindlichkeiten des Meyer (30.000) haften.] Fall 12 Nein. Diesem Fall liegt als Tatbestand das „Prinzip der Vergesellschaftung“ (§ 28 HGB), bei der ein Einzelunternehmen entweder in eine OHG oder in eine KG umgewandelt wird, zugrunde: In ein Einzelunternehmen („Hannes Tisch Souvenirs“) tritt Iris Schutz gem § 28 HGB als persönlich haftende Gesellschafterin ein. => Es entsteht die „Schutz & Co OHG“ (=derivatives Entstehen einer OHG, die Einlage des H. Tisch ist sein Unternehmen = Sacheinlage). [Anm.: Für die Anwendung des § 28 HGB ist es iUz § 25 HGB (vgl Fall 11) unerheblich, ob die Gesellschaft unter der bisherigen Firma weitergeführt wird oder nicht!] Wesentlichste Rechtsfolge der Vergesellschaftung nach § 28 HGB ist, dass 1) neben dem Altschuldner (Hannes Tisch) 2) auch die neu entstandene Gesellschaft (OHG) mit ihrem Gesellschaftsvermögen für alle betrieblichen Altschulden des Einzelunternehmens haftet (Übergang der Altschulden des EU auf Gesellschaft; OHG haftet als Gesamthandschaft mit dem gesamten Gesellschaftsvermögen; vgl Gesellschaftsrecht: OHG – Recht / Fall 26). 3) Bei einer OHG bedeutet das aber weiters, dass nicht nur die Gesellschaft mit ihrem Gesellschaftsvermögen, sondern auch die OHG – Gesellschafter (Komplementäre) selbst nach § 128 HGB (dazu gleich unten!) für Schulden der Gesellschaft haften. => Neben die (persönliche) Haftung des bisherigen Unternehmensträgers (Einzelunternehmer Hannes Tisch haftet 1) als Altschuldner 2) nun auch als OHG-Gesellschafter, dh Komplementär) und die Haftung der OHG (als Gesellschaft) tritt in diesem Fall also auch noch die (persönliche) Haftung der neuen Gesellschafterin (=> Haftung der Iris Schutz als zweite Komplementärin der OHG). => Iris kann Walter Hai (Altgläubiger des Hannes Tisch) daher die Zahlung der Altverbindlichkeit (Lieferverbindlichkeit von 1.000 Euro) nicht verweigern. Gem § 128 HGB (= ius cogens!) haften die Gesellschafter einer OHG (Komplementäre) für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nämlich persönlich (dh mit ihrem gesamten Privatvermögen) primär (dh der Gläubiger Walter Hai darf die OHG-Gesellschafterin Iris Schutz persönlich zur Zahlung der Altschulden in Anspruch nehmen, auch wenn dafür das Gesellschaftsvermögen der OHG ausgereicht hätte; Gegenteil = subsidiär zB Bürge) 12 unmittelbar (dh Walter Hai muss nicht zuerst die OHG zur Zahlung auffordern, er kann Iris Schutz direkt auf Zahlung klagen!) unbeschränkt (und unbeschränkbar; Gegenteil: Haftung des Kommanditisten, siehe KG) solidarisch (dh als Gesamtschuldner = Solidarschuldner iSd §§ 891 ff ABGB: Jeder einzelne Gesellschafter schuldet dem Gläubiger die gesamte Leistung. Muss Iris allerdings alleine die gesamte Schuld an Walter zahlen, hat sie im Innenverhältnis (IV) zunächst einen Regressanspruch gegen die OHG als Gesellschaft (Tilgung einer Gesellschaftsschuld). [Anm.: vgl BR/ Figur des Schuldbeitritts = Schuldzession: 1.Solidarschuldner = OHG, 2.Solidarschuldner = Iris; bei Zahlung => Regressanspruch des Zahlenden gegen Solidarschuldner entsteht kraft Legalzession: Zahlung einer „fremdem“ Schuld...] Kann sie sich nicht aus dem Gesellschaftsvermögen befriedigen, hat sie nach hM einen (anteilsweisen) Regressanspruch iSd 896 ABGB gegen ihren Mitgesellschafter Hannes. Wie bei der Schuldenhaftung nach § 25 HGB (vgl Fall 11) kann aber die neuentstandene Gesellschaft (OHG) die Haftung für die Altverbindlichkeiten des Einzelunternehmens ausschließen (Haftung nach § 28 HGB ist dispositiv!), wenn der Haftungsausschluss dem Altgläubiger (Walter Hai) von einem Gesellschafter mitgeteilt ODER ins FB eingetragen UND veröffentlicht wurde ( § 28 Abs 2 HGB). Fall 13 Struktur des Sachverhalts: 1) Ottakringer Bau AG, Wien (= börsennotierte Gesellschaft) Cems AG (hält 25 % der Ott. B. AG) Bau Bet. AG, Linz (hält 26 % der Ott. B. AG) 2) Bau Bet. AG, Linz (Mutter) & Bau Union GmbH, Linz (Tochter) 3) Bau Union GmbH, Linz (Tochter d. Bau Bet. AG) möchte die 25%-Beteiligung an der Ott. B. AG von der Cems AG erwerben. => Würde dazu führen, dass Bau Union GmbH, Linz (Tochter) gemeinsam mit Bau Beteiligungs AG, Linz (Mutter, 26 %) 51 % der Anteile an der Ottakringer Bau AG, Wien halten würden! a) Im Firmenbuch. Dort sind die Bau U. GmbH und die Bau Bet. AG als Rechtsträger eingetragen. b) Einsicht in das Hauptbuch kann Bertl Wendheim (Ott. Bau AG, Wien) nicht am Wiener Handelsgericht (Gerichtshof erster Instanz), sondern grundsätzlich beim Landesgericht Linz (= Hauptniederlassungsort der Bau Bet. AG => örtliche Zuständigkeit) nehmen. Wendheim braucht aber dennoch nicht nach Linz fahren, weil er sich zB bei einem Wiener Notar einen FB – Auszug holen kann. Weiters wäre er auch noch zu einer EDVAbfrage (zB über BTX der Post, IBM..) befugt (§ 34 FBG). Will Wendheim jedoch in die Urkundensammlung (dort liegen die Unterlagen für die Eintragungen im Hauptbuch auf) Einsicht nehmen, muss er sehr wohl nach Linz fahren, weil die Urkundensammlung zur Zeit noch nicht auf EDV-Datenbanken des FB umgestellt ist. c) Nein. Die einzelnen Gesellschafter sind nur bei einer GmbH, nicht aber bei der AG im FB eingetragen! 13 d) Relevante Rechtsvorschriften zum Schutz der Minderheitsaktionäre der Ottakringer Bau AG (nach Aktienverkauf der Cems AG nur mehr 49 % !): 1) Übernahmegesetz (ÜbG 1998): [Grundsätzliches: Das zum Schutz von Minderheitsaktionären am 1.1.1999 in Kraft getretene ÜbG regelt die Übernahme einer börsennotierten Aktiengesellschaft mit Sitz im Inland, bei der der Käufer (= Bieter) den Aktionären der zu übernehmenden Kapitalgesellschaft (= Zielgesellschaft; siehe § 1 Z 2 ÜbG) öffentlich den Kauf ihrer Aktien anbietet.] In diesem Fall kommt § 22 ÜbG zur Anwendung: Wer eine kontrollierende Beteiligung (jedenfalls bei einer Mehrheit der Stimmrechte; zB 51%-Beteiligung) an einer Gesellschaft erlangt, muss ein Angebot für alle Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft stellen ( = Pflichtangebot nach § 22 Abs 1 ÜbG). Unter die Erlangung einer kontrollierenden Beteiligung fällt nicht nur die unmittelbare Beherrschung der Zielgesellschaft durch den Käufer (Bieter). Eine kontrollierende Beteiligung kann auch vorliegen, wenn ein mittelbarer beherrschender Einfluss auf die Zielgesellschaft (zB über ein Konzernverhältnis) vorliegt. Genau das ist hier gegeben: Weder die Bau Bet. AG (26%) allein noch die Bau U. GmbH (Erwerb von 25%) hält die Mehrheit der Stimmrechte an der Ott. Bau AG (= Zielgesellschaft). Zu beachten ist allerdings, dass die beiden Unternehmen in einem Konzernverhältnis (Unterordnungskonzern: Muttergesellschaft – Tochtergesellschaft) stehen und die Bau Bet. AG (Mutter) über die Bau U. GmbH (Tochter) mittelbar beherrschenden Einfluss auf die Zielgesellschaft (Ott. Bau AG) ausüben kann. Gemeinsam würden nämlich beide Unternehmen eine 51 % - Beteiligung , dh auf jeden Fall die Mehrheit der Stimmrechte ( => kontrollierende Beteiligung) halten. => Nach ÜbG sind also beide Unternehmen (Mutter und Tochter) als Bieter verpflichtet, den Minderheitsaktionären (49 % Restbeteiligung) der Ott. Bau AG (Zielgesellschaft) ein (öffentliches) Pflichtangebot zum Kauf der restlichen Aktien zu stellen. Sinn dieser Bestimmung ist, dass die Minderheitsaktionäre der Zielgesellschaft bei einem Kontrollwechsel und einer damit verbundenen Änderung der Stimmrechte zu ihren Ungunsten die Möglichkeit haben sollen, ihr Kapital von der betroffenen Gesellschaft abzuziehen. Für die Ausarbeitung des Pflichtangebot durch die Bieter gelten dieselben Regeln wie für freiwillige öffentliche Übernahmeangebote (zB Geheimhaltungspflicht der Pläne als Schutz gegen Marktverzerrungen aufgrund von Gerüchten, Informationspflicht bei starken Kursbewegungen aufgrund von Gerüchten, Prüfung der Angebotsunterlage durch Sachverständigen, Vorlegen des Angebots dem Vorstand und Aufsichtsratvorsitzenden der Zielgesellschaft etc...). Auch ist der Mindestpreis, den die Bieter (Bau Bet. AG und Bau U. GmbH) den Aktionären der Zielgesellschaft (Ott. Bau AG) für den Kauf ihrer Aktien anbieten müssen, gesetzlich festgelegt (§ 26 ÜbG). Missachten die Bieter die Bestimmungen des ÜbG, drohen ihnen je nach Schwere der Verletzung (Entscheidung durch Übernahmekommission = Verwaltungsbehörde; einzige Instanz => Berufung an den VwGH unzulässig!) unterschiedliche zivil- und verwaltungsrechtliche Sanktionen. 2) § 41 KartellG: Zu beachten ist, dass ein mittelbarer Erwerb von Anteilen vorliegt, wobei der Beteiligungsgrad von 50% überschritten wird. Alle drei Gesellschaften sind Unternehmer. Es besteht die Gefahr, dass die Bau Bet. AG zusammen mit der Bau U. GmbH eine marktbeherrschende Stellung einnimmt. => Nach § 41 KartellG ist dieser Zusammenschluss verboten, wenn die Unternehmen zusammen bzw jede für sich eine gewisse gesetzliche Umsatzgrenze überschreitet. 14 e) Ja. Gemäß § 12a Abs 3 MRG (vgl dazu auch Fall 9 Pkt 3 und Fall 10 b) darf der Vermieter bei Mietobjekten, die unter § 1 MRG (Geschäftsräumlichkeiten; Wohnungen...) den Mietzins bei einer Veränderung der rechtlichen oder wirtschaftlichen Einflussmöglichkeit auf den „angemessenen Mietzins“ anheben. Durch den Verkauf der Anteile verliert die Ott. Bau AG (Mieter) rechtliche und wirtschaftliche Einflussmöglichkeiten. => Hannes H. (Vermieter) handelt zu Recht. [Anm.: Diese Bestimmung soll langjährigen niedrigen „Friedenszinsmieten“ va bei jur. Personen entgegenwirken.] Fall 14 (vgl Fall 9 b 2: Gewährleistung beim Unternehmenskauf) Es liegt Unternehmenskauf ieS (asset deal) vor. Verkäufer der Geschäftslokale ist die G-AG, Käufer die P-AG. Titel ist der Kaufvertrag. Modus die Übergabe der verkauften Filialen. => Die P-AG hat (derivativ) Eigentum an den Geschäftslokalen der G-AG in Kärnten und Osttirol erworben. Die fehlenden Betriebsanlagengenehmigungen stellen allerdings einen Sachmangel (vgl BR) dar (Mangel am Unternehmen selbst), weil Betriebsbewilligungen übliche Eigenschaften für Geschäftslokale einer Restaurantkette sind. Der Mangel bestand schon bei Übergabe. Der Sachmangel ist wesentlich ( er verhindert den ordentlichen Gebrauch der Filialen!) und (allenfalls) behebbar ( die Betriebsgenehmigungen können von der G-AG noch erlangt werden, die Schließung der Lokale ist ja nur vorübergehend!). => Nach Bürgerlichem Recht hat die P-AG daher Ansprüche auf Verbesserung zB durch Nachtrag des Fehlenden oder auf Preisminderung (§ 932 ABGB). Da Unternehmen im Zusammenhang mit Gewährleistung immer als unbewegliche Sachen gelten, gilt die 3-Jahres-Frist. => Die P-AG muss ergo ihre Gewährleistungsansprüche innerhalb von 3 Jahren ab Übergabe der Filialen (Sachmangel!) gegen die G-AG geltend machen. [Ergänzung: Liegt Verschulden der G-AG (Veräußerer) vor, kann die P-AG alternativ zur Gewährleistung auch Schadenersatzansprüche geltend machen. Bei grobem Verschulden (grobe FL + Vorsatz) der G-AG kann sie von der G-AG zusätzlich auch noch den durch die vorübergehende Schließung der Filialen entgangenen Gewinn verlangen. Genaueres dazu siehe BR / Schadenersatzrecht.] Variante: Schließt die P-AG (Erwerber) zum Kauf der Filialen der G-AG einen share deal (Anteilskauf, Unternehmenskauf iwS) mit der T- GmbH (Tochter der G-AG) ab, ist § 76 GmbHG zu beachten: Die Übertragung von GmbH-Anteilen unterliegt einer gesetzlichen Formvorschrift: Sie bedarf eines Notariatsaktes (= notarielle Beurkundung einer Willenserklärung UND zusätzliche Rechtsbelehrung zB Warnungen etc...). Es liegt zunächst kein Mangel der Anteile selbst (=Rechtsmangel) vor, weil ja die P-AG durch den Erwerb der Geschäftsanteile jene Rechtsposition (Stellung als Gesellschafter) erhalten hat, zu der sie der Kaufvertrag (Titel; Verpflichtungsgeschäft) berechtigt. => (Streng juristisch betrachtet) bestehen keine Gewährleistungsansprüche aus Sachmängeln beim share deal. Die P-AG kann also nicht gegen die G-AG vorgehen. Dennoch gibt es 3 (wirtschaftliche) Ausnahmen, bei welchen eine Sachmängelhaftung auch beim Anteilsakuf möglich ist: 1) Wenn die P-AG ALLE Anteile (100%) der T-GmbH erwirbt. (Sinn hinter dieser Ausnahme ist die Tatsache, dass ein 100 %-Anteilserwerb dem wirtschaftlichen Kauf des Unternehmens praktisch gleichkommt.) 15 [Anm.: ACHTUNG - Selbst beim Verkauf ALLER Anteile der T-GmbH an die P-AG bleibt die T-GmbH aber noch rechtlicher Träger des Unternehmens, das wirtschaftliche Eigentum befände sich dann jedoch völlig in den Händen der P-AG.] 2) Wenn der Anteilserwerb dem Unternehmenserwerb gleichkommt 3) bei speziell vertraglich vereinbarten Garantien (zB Bilanzgarantie, Erfolgsgarantie etc...) b) durch Einsicht ins Firmenbuch und sog „due-dilgence-Prüfung“ .... Vertriebssysteme Fall 15 Handelsvertreter sind selbständig tätig und frei von persönlichen Weisungen. Sie trifft keine persönliche Arbeitspflicht (können sich auch Angestellte nehmen!). => Auf Handelsvertreter sind die Bestimmungen des Handelsvertreterrechts (HVertrG 1993) anwendbar. Ein angestellter Provisionsvertreter ist jedoch unselbständig. => Für ihn gelten die Bestimmungen des Arbeitsrechts. Fall 16 Aloisia ist Handelsvertreter (HV) der Fa. Hiteck, weil sie 1) selbständige Gewerbetreibende ist. Sie ist kein Arbeitnehmer (unselbständig), da sie zB über freie Zeiteinteilung im Beruf verfügt (= Merkmal für das Fehlen einer persönlichen Abhängigkeit). 2) Rechtsgeschäfte über bewegliche Sachen (Hifi-Geräte) prinzipiell nur vermittelt. Werden HV allerdings von ihrem GH ausdrücklich dazu ermächtigt, können sie selbst nicht nur Rechtsgeschäfte vermitteln, sondern diese auch wirksam abschließen. 3) ständig von der Fa. Hiteck (Geschäftsherr, GH ) betraut wird 4) In fremdem Namen und auf fremde Rechnung, dh im Namen des Geschäftsherrn tätig ist (Prinzip der bürgerlich-rechtlichen direkten Stellvertretung; vgl BR/ Stellvertretung) => Der SV bietet keinen Anhaltspunkt, dass Aloisia (HV) von der Fa. Hiteck (GH) ausdrücklich zum Abschluss von Verträgen ermächtigt worden wäre. Im Zweifelsfall hat sie daher keine Abschlussvollmacht gegenüber Dritten (A). Schließt A (Händler) also mit Aloisia (HV) einen Kaufvertrag ab, liegt einen Vollmachtsübertretung (Vertretung ohne Vertretungsmacht) vor. [Nach Bürgerlichem Recht (vgl Kap. Stellvertretung) ist Aloisia falsus procurator und es ist ein schwebend unwirksamer Vertrag (negotium claudicans, hinkendes Rechtsgeschäft) zustande gekommen, das nur durch die Zustimmung des (scheinbar) Vertretenen (GH) rückwirkend rechtswirksam gemacht werden kann. Die Fa. Hiteck liefert auch, darin wäre eine Willensbetätigung (Realannahme; konkludente Zustimmung des GH) zu sehen. => Der Vertrag wurde nach § 1016 ABGB rückwirkend rechtswirksam gemacht (rückwirkende Heilung des Vertretungsmangels).] Im Gegensatz dazu enthält das HVertrG jedoch eine Sonderbestimmung: Nach § 2 Abs 2 HVertrG müsste die Fa. Hiteck dem zwischen Aloisia (HV) und A abgeschlossenen 16 Kaufvertrag UNVERZÜGLICH nach Kenntnisnahme widersprechen. Andernfalls gilt das Geschäft sonst als genehmigt (Schweigen ausnahmsweise als konkludente Zustimmung!). => In diesem Fall wurde das Rechtsgeschäft ohnehin vom GH genehmigt => A kann von der Fa. Hiteck Gewährleistungsansprüche aus Sachmängelhaftung verlangen. Fall 17 a) Siegbert (HV) hat von seinem GH (GmbH) das Alleinvertriebsrecht für die gesamte Steiermark erteilt bekommen, dh es gebühren ihm für alle in diesem Gebiet abgeschlossenen Geschäfte des GH Provisionen. Folglich hat er auch einen Provisionsanspruch aus dem Geschäft mit Manfred, auch wenn er nicht an seinem Zustandekommen beteiligt war! b) Siegbert hat Anspruch auf Bucheinsicht und Auskunftserteilung (§ 16 HVertrG). Wenn sich seine Vermutung als wahr herausstellt, hätte die GmbH (GH) einen außerordentlichen Kündigungsgrund für Siegi gesetzt! Fall 18 [Grundsätzliche Unterschiede zw HV (HVertrG) und Makler (MaklerG): Makler sind nicht dauernd zur Geschäftsmittlung beauftragt (Ausnahme: Versicherungs- und Immobilienmakler) haben keine Pflicht zum Tätigwerden ggü. dem Auftraggeber (GH) haben oft eine Doppeltätigkeit (Tätigkeit f. Dritten und Mandanten)] Werner ist Versicherungsmakler. Er übt eine Doppeltätigkeit (für Versicherer und Versicherten) aus. Versicherungsmakler unterscheiden sich von anderen Maklern dadurch, dass sie ständig mit der Geschäftsvermittlung betraut sind. Sie unterliegen trotzdem dem MaklerG. Herr Werner ist aufgrund seiner Doppeltätigkeit verpflichtet, überwiegend das Interesse der Versicherungskunden zu wahren, die grundsätzlich aber nicht zur Provisionszahlung verpflichtet sind. Weiters trifft Versicherungsmakler iGz den übrigen Maklern eine Pflicht zum Tätigwerden gegenüber Kunden! Fall 19 H hat in jedem Fall einen Ausgleichsanspruch gegen G (§ 24 HVertrG = relativ zwingendes Recht). Für einen angemessenen Ausgleichsanspruch des H (HV) sind folgende Voraussetzungen nötig: 1) Vermittlung neuer Kunden: ja 2) Weiterhin erhebliche Vorteile für G (GH): ja, Aufbau eines Stammkundenstocks 3) Berücksichtigung der Billigkeit, dh eventueller ausgleichsmindernder Umstände wie zB freiwillige Versorgungsleitungen durch G, Gewährung eines Mindesteinkommens...etc... = Ermessenssache des Gerichts! => H hat ergo jedenfalls einen Ausgleichsanspruch gegen G (§ 24 HVertrG = ius cogens). Die Höhe des maximalen Ausgleichsanspruchs ist die Jahresvergütung für die entgangenen Provisionen (Berechnung: Durchschnitt der letzten 5 Geschäftsjahre 17 Variante: a) Der Ausgleichsanspruch des H entfällt, weil H schuldhaft gehandelt hat. Die Entgegennahme von Zahlungen stellt für G einen außerordentlichen Kündigungsgrund dar. [vgl im Arbeitsrecht: Abfertigungsanspruch nach AngG!] b) Bei der Kündigung durch H (Selbstkündigung) ohne berechtigten Anlass entfällt der Ausgleichsanspruch des H ebenfalls, G hat nicht schuldhaft gehandelt. [Anm.: Unterscheide allgemein ordentliche – außerordentliche Kündigung: Eine ordentliche Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses kann immer nur unter Einhaltung eines bestimmten Kündigungstermins und einer Kündigungsfrist erfolgen. Anders die außerordentliche Kündigung: ohne Fristeinhaltung („fristlos“), jedoch nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes!] Fall 20 a) A hat als Verbraucher ein besonderes Rücktrittsrecht vom Vertrag, weil er den Mietvertrag an dem Tag abschließt, an dem er die Immobilie zum ersten Mal besichtigt (§ 30a KSchG: Rücktritt von Immobiliengeschäften als Schutz des Verbrauchers vor unüberlegten, übereilten Vertragsabschlüssen). Er muss seinen Rücktritt schriftlich innerhalb einer Woche nach Unterschreiben des Angebots bekanntgeben. Hat A keine Zweitschrift des Vertrages erhalten und ist er nicht über das besondere Rücktrittsrecht belehrt worden, beginnt die Frist jedoch nicht zu laufen. In jedem Fall ist sein Rüchtrittsrecht aber einen Monat nach der Besichtigung erloschen. b) Ja. Das Rücktrittsrecht bezüglich des Mietvertrages erstreckt sich auch auf den Maklervertrag (§ 30a Abs 2 KSchG). Fall 21 a) Anton ist Vertragshändler von WV (Hersteller), weil er wie ein unabhängiger Zwischenhändler Waren des Herstellers in eigenem Namen auf eigene Rechnung verkauft und zu WV in einem Dauerschuldverhältnis steht. Weitere Merkmale: Einsatz von Eigenkapital Äußere Erscheinung eines Filial-/ Tochterbetriebs Meist Gebietsschutz durch Hersteller eingeräumt bekommen, dh WV selbst darf in diesem Raum nicht tätig werden. b) Pflichten des Vertragshändlers: 1) Förderung des Warenabsatzes des Herstellers 2) Interssenswahrung des Herstellers durch Ersatzteillager, Kundendienst, Serviceleistungen (Reparatur) etc... 3) Schadenersatzpflicht bei (schuldhaftem) Herbeiführen eines Kündigungsgrundes 4) Berichtspflicht 5) Werbepflicht.... etc... 18 Fall 22 Es liegt ein Franchisevertrag vor. Dieser ist gesetzlich nicht geregelt und hat sich aus der Wirtschaftspraxis im Rahmen der Privatautonomie entwickelt. a) wirtschaftlicher Sinn eines Franchisevertrages: Hannes (Franchisenehmer, FN) bringt Betriebskapital (Eigenkapital) und seine Arbeitsleistung (+ Berufserfahrung ein => Betriebspflicht) und agiert als selbständiger Unternehmer (der mit dem FG in einem Dauerschuldverhältniss steht) Der Franchisegeber (FG) bringt ins Vertragsverhältnis sein „Franchisepaket“ (= bewährte Strategien, Markenrechte, Marketingkonzepte, Werbestrukturen etc...) ein bietet Unterstützung beim Aufbau des Unternehmens, behält aber Kontrollbefugnis über den FN (hat Kontroll- und Weisungsbefugnisse) b) Der Bierbezugsvertrag ist gültig, weil der Brauerei Säufer (Dritter, Außenverhältnis) Beschränkungen aus dem Franchisevertrag zwischen Hannes und der FG (Innenverhältnis) aufgrund des Vertrauensschutzes nicht entgegengehalten werden können. Hannes tritt gegenüber Säufer als selbständiger Unternehmer auf, und erzeugt bei diesem eine Anscheinsvollmacht, auf die Säufer gutgläubig vertraut. => Der Vertrag ist gültig, jedoch wird Hannes (FN) der FG im Innenverhältnis aus dem Franchisevertrag schadenersatzpflichtig, weil er deren Weisungsrechte missachtet hat. Gesellschaftsrecht Personengesellschaften Offene Handelsgesellschaft Fall 23 a) Voraussetzungen für die Gründung einer OHG: 7 Voraussetzungen müssen überprüft werden. Zunächst werden die 4 allgemeinen Wesensmerkmale einer Gesellschaft (allgemeines Gesellschaftsrecht) geprüft: 1) Vorliegen eines Rechtsgeschäfts zur Gründung (Gesellschaftsvertrag = Satzung): Ja. Bei Personengesellschaften ist kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag nötig (Formfreiheit). 2) Rechtsgemeinschaft 2 oder mehrerer Personen: Ja. Hier wollen 3 Personen eine Rechtsgemeinschaft gründen. 3) Organisiertes Zusammenwirken der Gesellschafter: Ja. Es werden meist die Geschäftsführung (betrifft nur das Innenverhältnis der Gesellschaft zB Buchführungspflicht, Korrespondenzerledigung, Personalaufsicht, innerbetriebliche Organisation etc... ) und Vertretung (betrifft das Außenverhältnis zwischen Gesellschaft und Dritten, zB Abschluss von Kaufverträgen mit Dritten etc...) der Gesellschaft im Gesellschaftsvertrag (dh im Innenverhältnis) geregelt werden. Bei Personengesellschaften 19 liegt Selbstorganschaft (Geschäftsführung und Vertretung durch Gesellschafter selbst) vor. Bei Kapitalgesellschaften ist Fremdorganschaft (Drittorganschaft) üblich. 4) Gemeinsamer Zweck: Ja. Eine OHG darf nur zu materiellen, nicht zu ideellen Zwecken geführt werden. Die drei Einzelhändler verfolgen mit dem Verkauf von Elektrogeräten einen materiellen Zweck. Nun kann die Prüfung der 3 speziellen Voraussetzungen für die Gründung einer OHG erfolgen: 5) Eine OHG kann nur ein vollkaufmännisches Handelsgewerbe betreiben. 1. Gewerbe? Müller, Rüttler und Bauer betreiben ein Handelsgewerbe (selbständig, planmäßig, dauerhaft, entgeltlich, erkennbar, nicht freiberuflich). 2. Betrieb eines Grundhandelsgewerbes? Der Verkauf von Elektrogeräten stellt ein Grundhandelsgewerbe nach § 1 HGB Abs 2 Z 1 (Veräußerung von beweglichen Sachen) dar. Für den Verkauf von Elektrogeräten werden geschäftliche Einrichtungen in vollkaufmännischem Umfang benötigt. => Vollkaufmännisches Grundhandelsgewerbe liegt vor. 6) Die Firma muss unter einer gemeinsamen Firma geführt werden. Ja (siehe b). 7) Alle Gesellschafter einer OHG müssen unbeschränkt haften. => Grundsätzlich können sie sich zu einer OHG zusammenschließen. b) Ja. Die Firma ist bei der OHG grundsätzlich eine Personenfirma. Der Firmenkern einer OHG muss zumindest den Namen von 1 Gesellschafter (hier: „Rüttler“; Vorname = fakultativ!) + einen Zusatz, der auf eine Gesellschaft hinweist, enthalten (hier: „...& Co.“). Eine reine Sachfirma wäre bei einer OHG unzulässig, der Zusatz „Elektrogeräte...“ im Firmenkern ist jedoch möglich! => Die Firma ist zulässig. c) Folgende Tatsachen müssen zum FB angemeldet werden: Personengesellschaft => Eintragung aller Gesellschafter ins FB: Name + Geburtsdatum FB – Nr, Firma, Rechtsform (OHG), Hauptniederlassung (Firmensitz), Zustelladresse, Datum bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages, bei Vertretern: Name, Geburtsdatum etc... [Anmerkung: Wie die Kaufmannseigenschaft bei § 1–Kaufleuten entsteht diese OHG im Außenverhältnis bereits mit Aufnahme des Grundhandelsgewerbes. => Die FB-Eintragung ist nur mehr deklarativ. Würde die OHG aber ein Gewerbe nach § 2 bzw § 3 HGB betreiben, würde die Gesellschaft erst mit der Eintragung im FB entstehen = konstitutive Wirkung. Im Innenverhältnis, dh mit bindender Wirkung für die Gesellschafter untereinander, entsteht die OHG bereits mit Wirksamwerden des Gesellschaftsvertrages (übereinstimmende Willenserklärungen). siehe BR, Rechtsgeschäftslehre.] d) entweder die 3 Gesellschafter selbst oder Dritte, denen die Gesellschafter eine Vollmacht zur Anmeldung zum FB erteilt haben (Stellvertretung) e) Nein. Prinzipiell sind Bareinlagen (Geld) oder Sacheinlagen (Grundstücke, WP, Lizenzen, ganze Unternehmen...) nötig. Manche Gesellschafter brauchen aber keine Einlage ieS erbringen. Sie erbringen ihren „Beitrag“ zB in Form von * Geschäftsführung * Vertretung * bei KG zB die Übernahme unbeschränkter Haftung etc... Diese Gesellschafter werden auch als reine „Arbeitsgesellschafter“ bezeichnet. f) Ja. Bei der OHG sind sowohl (nur) Bar- als auch (nur) Sacheinlagen zulässig. Die Einbringung der Einzelunternehmen in die Gesellschaft ist die Einbringung von Sacheinlagen. Die Bewertung der Sacheinlagen ist in § 202 HGB (3. Buch: Rechnungslegung) geregelt. § 202 HGB sieht ein Wahlrecht vor: Er ermöglicht die Bewertung der Unternehmen entweder mit dem Tageswert (zum Zeitpunkt der Leistung) oder mit dem 20 Buchwert (=Buchwertfortführung). [Anm.: Die Ansetzung mit dem Tageswert bringt die (zwingende) Aufdeckung der enthaltenen stillen Reserven (=Differenz Tageswert – Buchwert) mit sich, was wiederum zu einer Erhöhung der Steuerlast führt. Bei der Buchwertfortführung wird die stR zunächst nicht aufgedeckt.] g) Grundsätzlich ja: Sofern die Haftung für Altverbindlichkeiten nach § 28 Abs 1 HGB (Prinzip der Vergesellschaftung, vgl Fall 12) nicht vertraglich ausgeschlossen (Haftung nach § 28 Abs 1 HGB = dispositiv, vgl § 28 Abs 2 HGB) und der Haftungsausschluss entweder den Altgläubigern direkt mitgeteilt bzw ins FB eingetragen und veröffentlicht wurde, besteht grundsätzlich eine Solidarhaftung (dazu Fall 12) 1) der Gesellschaft (OHG) mit ihrem Gesellschaftsvermögen sowie 2) der 3 Gesellschafter Müller, Rüttler und Bauer selbst (Haftung nach § 128 HGB: Die Haftung der Gesellschafter einer OHG = Komplementäre ist immer unbeschränkt (und im Außenverhältnis unbeschränkbar!), persönlich, dh mit ihrem Privatvermögen, primär, unmittelbar, dh sie können geklagt werden und solidarisch; vgl Fall 12) und 3) natürlich der Altschuldner (zB Rüttler) selbst. => => ACHTUNG: Der Haftungsausschluss für Altverbindlichkeiten der Einzelunternehmer kann immer nur für die Gesellschaft (OHG) und die jeweiligen nicht betroffenen Gesellschafter gelten. => Beispiel: Ist G ein Altgläubiger des Rüttler, gilt der Haftungsausschluss nach § 28 Abs 2 HGB nur für die OHG und die Gesellschafter Müller und Bauer (übrigen Gesellschafter). Rüttler selbst haftet dem G trotz Haftungsausschluss nach wie vor als Altschuldner (Personalschuldner, siehe Pkt 3). => => Alte Privatgläuibger kann man auch nicht durch Gesellschaftsgründung + Haftungsausschluss loswerden!!! [Anmerkung: Die folgenden (möglichen) Haftungsfälle für Altverbindlichkeiten stehen in keinem Zusammenhang zum Sachverhalt. Weil aber dennoch häufig Verwechslungen bei Klausuren etc passieren, seien hier an dieser Stelle aufgrund der Prüfungsrelevanz die wesentlichsten Unterschiede der Haftungsmöglichkeiten und ihren Voraussetzungen dargestellt: 1) § 28 HGB – GRÜNDUNG einer Gesellschaft: Tatbestand nach Abs 1: Vergesellschaftung: „Eintritt eines persönlich haftenden Gesellschafters oder eines Kommanditisten (=beschränkt haftenden Gesellschafters) in ein bestehendes Einzelunternehmen.“ Möglichkeiten: a) EinzelU + (min) 1 Ges (Komplementär, unbeschr.) => OHG => Rechtsfolge: Haftung der OHG (dispositiv) Haftung aller Gesellschafter (Komplementäre) nach §§ 128 ff HGB (unbeschränkt, persönlich, primär, unmittelbar, solidarisch) (dispositiv) (unabdingbare) Weiterhaftung des Altschuldners selbst (zwingend) b) EinzelU + (min) 1 Ges (Kommanditist, beschr.) => KG => Rechtsfolge: Haftung der KG (dispositiv) Haftung der Kommanditisten (Genaueres siehe KG-Recht Fall 32 b) nach §§ 171 ff HGB (beschränkt: mit der Höhe der Haftsumme im FB; jedoch .... => bei Leistung bzw Einzahlung der Einlage in voller Höhe der Haftsumme: => Haftung des Kommanditisten nur mittelbar, dh überhaupt nicht persönlich !! => bei Nichtleistung bzw nur teilweisen Leistung => unmittelbare, persönliche und solida21 rische Haftung des Kommanditisten für die Differenz zwischen Kapitaleinlage und eingetragener Haftsumme! (dispositiv) Haftung der Komplementäre nach §§ 128 ff HGB (unbeschränkt etc...) (dispositiv) (unabdingbare) Weiterhaftung des Altschuldners selbst (zwingend) 2) § 130 HGB, § 173 HGB – EINTRITT von Gesellschaftern in eine BESTEHENDE OHG: Möglichkeiten: a) OHG + 1 Ges (Komplementär, unbeschr.) => (bleibt) OHG (§ 130 HGB) => Rechtsfolge: (zusätzliche) Haftung des neu eingetretenen Komplementärs für alle Altverbindlichkeiten der Gesellschaft nach §§ 128 ff HGB (unbeschränkt, etc...) (zwingend nach § 130 Abs 2 HGB) b) OHG + 1 Ges (Kommanditist, beschr.) => KG (§ 173 HGB) => Rechtsfolge: (zusätzliche) Haftung des neu eingetretenen Kommanditisten für alle Altverbindlichkeiten der (ehemaligen) OHG nach §§ 171 ff HGB (beschränkt mit Haftsumme, bei Einzahlung nur mittelbar und überhaupt nicht persönlich, hingegen bei Nicht- bzw Teileileistung unmittelbar, persönlich u. solidarisch etc....) => Vgl Fall 32! (zwingend nach § 173 Abs 2 HGB) ] Fall 24 Mangels anderer vertraglicher Vereinbarungen greift die gesetzliche Verlustverteilung ein. Diese bestimmt eine Verteilung des Verlustes nach Köpfen. => 180.000 : 3 = 60.000 Euro Verlust pro Gesellschafter. Kapitalkontenstände: 1) Müller: 40.000 – 60.000 = - 20.000 Euro 2) Bauer: 40.000 – 60.000 = - 20.000 Euro 3) Rüttler: 70.000 – 60.000 = + 10.000 Euro Variante: a) 2. Geschäftsjahr: Gewinnverteilung (Gesamtgewinn = 210.000 Euro): I.) Ausschüttung der Vorzugsdividende (= 4 % des Kapitalanteils; Anm.: reine „Arbeitsgesellschafter“ haben mangels Kapitaleinlage keinen Anspruch darauf!): 1) Müller: keine (negativer Kapitalanteil) 2) Bauer: keine (negativer Kapitalanteil) 3) Rüttler: 4 % von 10.000 = 0,04*10.000 = 400 Euro II.) restlicher Gewinn (210.000 – 400 = 209.600 Euro) nach Köpfen. => 209.600 : 3 = 69.866,67 Gewinn/Gesellschafter => Addition zu den einzelnen Kapitalkontenständen => neue Kap. Kto. stände (2. Geschäftsjahr) b) Höhe der Kapitalanteile wichtig für ... Gewinnverteilung – Vorzugsdividende (siehe Variante a) Entnahmerecht [unabhängig vom Gewinn: Kapitalentnahmerecht 4% des im letzten Geschäftsjahr festgestellten Kapitalanteils (Kapitalkontostandes); + Gewinnentnahme22 recht: Anspruch auf Auszahlung des Gewinnes des letzten Gj, der diese 4% noch übersteigt ; vgl dazu auch Fall 31] Liquidationsquote bei Auflösung der Ges. Berechnung des Abfindungsguthabens bei Ausscheiden eines Gesellschafters c) „starre Kapitalkonten“: Die Kapitalkontostände (Kapitalanteile) der einzelnen Gesellschafter ändern sich ständig (zB durch Gewinne, Verluste, Entnahmen etc...). Wie in Variante a) kann es daher auch durchaus passieren, dass sie Kapitalkontostände einzelner Gesellschafter negativ werden. Ein negativer Kapitalanteil bedeutet aber zB den Verlust der Vorzugsdividende (siehe oben). Bei „starren Kapitalkonten“ werden aus diesem Grund alle Veränderungen der ursprünglichen Kapitaleinlagen ab der Gründung der Ges. auf einem jeweilig zweiten Konto („Privatkonto“, „Verrechnungskonto“ ....) verbucht. Vorteil: Der starre Betrag am Kapitalkonto wird nicht gemindert = zB Garantie für Vorzugsdividende. Auch der Liquidationserlös (Liquitationsquote) kann dann NIE negativ sein!! Fall 25 Zur Prüfung, ob tatsächlich eine OHG entstanden ist, müssen wieder alle 7 Voraussetzungen für eine OHG überprüft werden (vgl Fall 23 a). 4 allgemeine Wesensmerkmale einer Gesellschaft (allgemeines Gesellschaftsrecht): 1) Vorliegen eines Rechtsgeschäfts (Gesellschaftsvertrages): Ja (siehe SV). 2) Rechtsgemeinschaft 2 oder mehrerer Personen : Ja. (3 Personen) 3) Organisiertes Zusammenwirken der Gesellschafter: Ja. Der GV regelt die Vertretung (Außenverhältnis) der Gesellschaft: David ist nicht vertretungsbefugt (Beschränkung der Ausübung), Leonards Vertretungsbefugnis ist im Gesellschaftsvertrag (= im Innenverhältnis!) auf Geschäfte bis zu 7.000 Euro beschränkt (= Beschränkung des Umfangs). 4) Gemeinsamer Zweck: Ja. Eine OHG darf nur zu materiellen Zwecken geführt werden. Dieser ergibt sich aus dem SV. + 3 spezielle Voraussetzungen für eine OHG: 5) Betrieb eines vollkaufmännischen Handelsgewerbes? Die OHG betreibt 1. ein Gewerbe (selbständig, planmäßig, erkennbar, dauerhaft, entgeltlich, nicht freiberuflich) 2. ein Grundhandelsgewerbe nach § 1 Abs 2 Z 1 HGB (Weiterveräußerung bewegl. Sachen). Es erfordert kaufmännische Einrichtungen. => Ja, vollkaufmänn. Gewerbe. 6) Gemeinsame Firma: Ja. Die OHG wird unter der Firma „Müller OHG“ geführt. Der Firmenname ist zulässig (OHG = Personenfirma: Nachname von min 1 Ges. im Firmenkern + Hinweis auf eine Gesellschaft). 7) unbeschränkte Haftung der Gesellschafter (Komplementäre). Zunächst sind alle Merkmale einer OHG gegeben. Allerdings ist keine Firmenbucheintragung der OHG erfolgt. Ist eine OHG nicht ins FB eingetragen, muss man grundsätzlich zwei Möglichkeiten unterscheiden (vgl Fall 23c): Im Außenverhältnis (im Verhältnis zu Dritten) entsteht die OHG wie die Kaufmannseigenschaft 1. bei Betrieb eines Grundhandelsgewerbes (§ 1 – Kaufleute) bereits mit Aufnahme der Geschäftstätigkeit (FB-Eintragung nur deklarativ) 2. bei Betrieb eines Gewerbes nach § 2 bzw § 3 HGB erst mit Eintragung ins FB (konstitutive FB- Eintragung). 23 => Die „Müller OHG“ betreibt ja ein Grundhandelsgewerbe und hat die Tätigkeit (Betrieb von Gemischtwarenläden) bereits aufgenommen. => Die OHG ist bereits entstanden. Dennoch darf die (nur deklarative) Firmenbucheintragung nicht unterlassen werden (§ 1-Vollkaufleute werden ja auch „Musskaufleute“ genannt). => Unterlässt die „Müller OHG“ die FB-Eintragung kann sie gem § 24 Abs 1 FBG mit einer Zwangsstrafe bis zu 50.000 öS zur Anmeldung angehalten werden! [Zusatz: Im Innenverhältnis, dh für die Gesellschafter untereinander, entsteht die OHG bereits mit Wirksamwerden des Gesellschaftsvertrags (übereinstimmende Willenserklärungen).] b) Vertretung der OHG (Außenverhältnis, Verhältnis der Gesellschaft zu Dritten): Bei der OHG gilt wie bei allen Personengesellschaften das Prinzip der Selbstorganschaft (dh die OHG wird durch ihre Gesellschafter selbst vertreten). Die gesetzliche Vertretung der OHG ist in §§ 125 ff HGB geregelt: Danach ist jeder einzelne Gesellschafter einer OHG – im Gegensatz zur Geschäftsführung (Innenverhältnis) – einzelvertretungsbefugt für alle gewöhnlichen und außergewöhnlichen (zB risikoreiche Geschäfte, nicht jedoch für Grundlagengeschäfte=Ausnahme, dh Geschäfte, die zB den Gesellschaftsvertrag betreffen) Geschäfte, sofern er nicht durch den Gesellschaftsvertrag von der Vertretung ausgeschlossen ist. (Diese gesetzliche Regelung ist allerdings dispositiv, dh sie kann im Gesellschaftsvertrag abgeändert werden.) David ist von der Vertretungsbefugnis der OHG ausgeschlossen worden (=Beschränkung der Vertretungsmacht in der Ausübung). Dennoch schließt er ein Rechtsgeschäft für die OHG ab. Er handelt als Vertreter ohne Vertretungsmacht (falsus procurator, siehe BR, Stellvertretung). Der Ausschluss eines Gesellschafters von der Vertretungsbefugnis (= Beschränkung der Vertretungsmacht in der Ausübung) ist grundsätzlich auch für das Außenverhältnis wirksam, muss jedoch im FB eingetragen werden. Andernfalls kann die Tatsache Dritten nicht entgegengehalten werden. Die „Müller OHG“ ist überhaupt nicht im FB eingetragen. Dritte können also nichts von Davids Ausschluss von der Vertretungsmacht wissen. => Es kommt daher des negative Publizitätsprinzip des FB zur Anwendung: Nach § 15 Abs 1 HGB können ins FB einzutragende Tatsachen bis zu ihrer Eintragung gutgläubigen Dritten nicht entgegengehalten werden. => Der Verkäufer des Lastkahns ist dadurch geschützt (Vertrauensschutz), weil er nichts von dem Ausschluss wissen konnte. => Es ist ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen. => Die „Müller OHG“ ist an den Kaufvertrag gebunden. (David wird der Gesellschaft allerdings im Innenverhältnis aus dem Gesellschaftsvertrag schadenersatzpflichtig.) c) Ja. Die (gesetzliche) Vertretungsmacht räumt jedem Gesellschafter einer OHG (Leonard) Einzelvertretungsbefugnis für alle gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäfte ein (§ 125 Abs 1 HGB), sofern er nicht im GV davon ausgeschlossen wurde. Ihr Umfang ist umfassend (§ 126 Abs 1 HGB: für gerichtliche und außergerichtliche Geschäfte; Veräußerung und Belastung von Grundstücken, Prokuraerteilung und –widerruf). Allerdings kann der Umfang der Vertretungsbefugnis im Innenverhältnis (dh im Gesellschaftsvertrag) beliebig beschränkt werden. Hier ist im GV (im Innenverhältnis) bestimmt, dass Leonard nur bestimmte Geschäfte im Außenverhältnis für die Gesellschaft abschließen darf (< 7000 Euro). Solche Beschränkungen des Umfangs der Vertretungsbefugnis im IV (GV) sind jedoch für das Außenverhältnis aus Verkehrsschutzgründen unwirksam (§ 126 Abs 2 HGB). Selbst wenn der Dritte (die Virgin AG) die Beschränkung von Leonards Vertretungsbefugnis kannte, muss die Müller OHG das Geschäft dennoch gegen sich gelten lassen! [ Ausnahme: Bei Kollusion = Missbrauch der Vertretungsmacht, wenn der Vertreter und der Dritte arglistig (dolos) zusammenwirken, um die Gesellschaft (Vertretene) zu schädigen. Vgl zur Kollusion BR, Fall 36 b) ]. Der SV bietet keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Kollusion. 24 => Die Virgin AG kann die 20.000 Euro sofort von Rosa verlangen. (Im Innenverhältnis jedoch wird Leonard der Gesellschaft aus dem Gesellschaftsvertrag schadenersatzpflichtig.) Fall 26 a) Nein. Herberts Hinweis auf seine „subsidiäre“ Haftung ist irrelevant, weil bei der OHG sowohl die Gesellschaft als Gesamthandschaft (Achtung: eine OHG ist nach hM keine jur. Person!) mit ihrem Gesellschaftsvermögen als auch alle Gesellschafter (Komplementäre) selbst mit ihrem Privatvermögen für Schulden der Gesellschaft haften (vgl Fall 12, Fall 23 g). => Herbert haftet daher für sämtliche Gesellschaftsschulden 1) persönlich (dh auch mit seinem gesamten Privatvermögen) 2) unbeschränkt und unbeschränkbar (Komplementär) 3) primär und unmittelbar (dh er kann vom Gläubiger = Brauerei Hort NICHT verlangen, dass er zunächst die Gesellschaft = Plechutta OHG in Anspruch nimmt, selbst wenn diese in der Lage wäre, den Gläubiger aus dem Gesellschaftsvermögen zu befriedigen!) 4) solidarisch (dh jeder Ges. haftet mit seinem Vermögen für die gesamte Schuld = Gesamtschuldverhältnis. Der Gläubiger hat das Wahlrecht, wen und wieviele Schuldner er zur Zahlung in Anspruch nimmt). Herbert muss zahlen! b) Nein. Muss Herbert tatsächlich zahlen (Tilgung einer Gesellschaftsschuld), tritt er zunächst kraft Zahlung einer fremden Schuld (Legalzession) in die Rechte des Gläubigers (Gläubigerposition) ein. Daraus ergibt sich für Herbert ein Regressanspruch 1) gegen die Gesellschaft (OHG) selbst. Nur wenn er sich aus dem Gesellschaftsvermögen nicht befriedigen kann, hat Herbert nach hM auch einen (anteilsweisen) Regressanspruch 2) gegen seine Mitgesellschafter. [Dieser anteilsweise Regressanspruch wird nach der Verlustbeteiligung unter den Gesellschaftern berechnet.] => Die anderen Gesellschafter müssen nicht ohne weiteres zahlen, bevor Herbert nicht die OHG (Gesellschaftsvermögen) als primären Regressschuldner in Anspruch genommen hat. [Anm.: Sogennannte „Sozialverbindlichkeiten“ (Ansprüche eines Gesellschafters aus dem Gesellschaftsverhältnis zB Aufwendungsersatz, Gewinnanspruch etc...) können hingegen überhaupt nur gegen die Gesellschaft, nicht aber gegen Mitgesellschafter geltend gemacht werden!] Fall 27 a) Es liegt Gesellschafterwechsel (Ausstieg eines Gesellschafters) vor. Es existiert kein gesetzliches Austrittsrecht. => I) Ein freiwilliges Ausscheiden Mayers (=Austrittskündigung; Kündigung der Mitgliedschaft) aus der OHG ist aber mit sofortiger Wirkung nur dann möglich, wenn 1) ALLE Gesellschafter dem Ausstieg zustimmen ODER 2) im Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Kündigungsmöglichkeit vorgesehen wurde. Nur unter diesen Bedingungen kann Mayer mit sofortiger Wirkung seine Mitgliedschaft kündigen. Die Gesellschaft kann dann von den übrigen Gesellschaftern weitergeführt werden. II) Stimmen seinem Austritt nicht alle Gesellschafter zu und wurde auch im Gesellschaftsvertrag keine Kündigungsmöglichkeit vorgesehen, bleibt Mayer noch die Auflösungs25 kündigung (=Kündigung der Gesellschaft) nach § 132 HGB: Wie alle unbefristeten Dauerschuldverhältnisse kann die Auflösungskündigung der Gesellschaft (ordentliche Kündigung) nur unter Einhaltung eines bestimmten Kündigungstermins und einer Kündigungsfrist erfolgen. [Anm.: Für eine ordentliche Kündigung ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht erforderlich.] § 132 HGB bestimmt, dass eine Gesellschaft durch eine ordentliche Kündigung nur unter Einhaltung einer 6-monatigen Frist (gesetzliche Kündigungsfrist) und jeweils nur am Ende eines Geschäftsjahres (gesetzlicher Kündigungstermin) aufgelöst werden kann. [Anm.: Die gesetzliche Kündigungsfrist darf im Gesellschaftsvertrag zur Erschwerung der Kündigung verlängert werden. Ein völliger Ausschluss des Kündigungsrechts ist allerdings nach Art. 7 Nr. 14 EVHGB nichtig, dh unwirksam.] III) Nur wenn ein wichtiger Grund (zB grobe Pflichtverletzung oder Verstoß gegen den Gesellschaftsvertrag) vorliegt, bleibt Mayer allenfalls noch die Auflösungsklage (=Klage auf Auflösung der Gesellschaft) nach § 133 HGB durch gerichtliche Entscheidung. (Prinzip der außerordentlichen Kündigung von Dauerschuldverhältnissen). [Achtung: Mit diesen 3 Möglichkeiten darf nicht die Ausschlussklage nach § 140 HGB verwechselt werden. Mit dieser wird ein Gesellschafter zwangsweise=gegen seinen Willen durch seine Mitgesellschafter hinausgekündigt, vgl Fall 29] => Mayer scheidet nach I) mit Zugang der Austrittskündigung an die Gesellschafter, nach II) bei ordentl. Künd. am Ende des Geschäftsjahres, nach III) durch gerichtliche Entscheidung aus der „Müller & Mayer OHG“ aus. => Rechtsfolgen einer Mitgliedschaftskündigung (Austrittskündigung) und des sofortigen Ausscheidens nach Pkt. I) (Weiterführung der Ges.): 1) Anwachsung: Mayers Kapitalanteil wächst den übrigen Gesellschaftern Müller und Schmidt an (ius cogens). 2) Gegenstände, die Mayer der OHG bloß zur Nutzung (Einlagen „quoad usum“) überlassen hat, erhält er zurück. (ius dispositivum) 3) Vgl auch unten Frage b): Mayer hat gegen die OHG einen schuldrechtlichen Abfindungsanspruch (zwingend). Diesen erhält der ausscheidende Gesellschaft anstelle der dinglichen Berechtigung als Gesamthandschaftseigentümer der OHG. Die Höhe (dispositiv) des Anspruchs wird aufgrund einer Abschichtungsbilanz durch Bewertung des Unternehmens zum Tageswert (Stichtag=Tag des Ausscheidens) ermittelt. (weiter unter b) 4) Teilnahme am G + V von bereits bindenden aber noch nicht erfüllten Geschäften (dispositiv, wird in der Praxis meist vertragl. abbedungen) 5) Eventuelle Befreiung des Ausscheidenden von Altschulden der Gesellschaft (Enthaftungserklärung = dispositives Recht), gilt aber nur im Innenverhältnis (gegenüber den Gesellschaftern), NICHT aber im Außenverhältnis (ggü. Dritten)! Im AV haftet der ausgeschiedene Gesellschafter Dritten gegenüber weiterhin (zwingend!) nach § 159 HGB (vgl dazu gleich unten Fragen d) und e). 6) Ist Mayers Abfindungsanspruch negativ, trifft ihn eine Einzahlungspflicht! => Rechtsfolgen bei Auflösungskündigung nach Pkt II) bzw Auflösungsklage nach Pkt III): 1) Die Auflösungskündigung (§ 132 HGB) und die Auflösungsklage (§ 133 HGB) stellen gesetzliche Auflösungsgründe (dispositiv, können durch GV abgeändert werden!) für eine OHG dar (siehe Auflösungsgründe § 131 HGB). 2) Stimmt auch Mayer (Ausscheidender) zu, kann die Gesellschaft von den verbleibenden Gesellschaftern trotz Vorliegens eines Auflösungsgrundes weitergeführt werden. 3) Kommt es zur Auflösung der OHG, tritt die OHG zuerst in das Stadium der Abwicklung (meist durch Liquidation). Zweck der Ges. ist dann die Beendigung laufender Geschäfte, 26 Gläubigerbefriedigung und „Versilberung“ des Vermögens. Erst danach erfolgt die (deklarative) Löschung der OHG im Firmenbuch durch die Liquidatoren. b) Vgl oben Pkt 3): Ja. Die Vertragsklausel im Gesellschaftsvertrag ist nichtig (unwirksam), weil eine derartige Bestimmung unzulässig (sittenwidrig) ist. Die Höhe des Anspruchs darf nach hL und hRsp vertraglich modifiziert (eingeschränkt) werden. Die hL sieht als Untergrenze die sog. „Buchwertklausel“ . Nach dieser wird das Unternehmen nicht zum Tageswert, sondern bloß mit den Werten der Jahresbilanz bewertet. c) Hier geht es um die Grundsätze der abgeleiteten Firma (Firmenbeständigkeit; vgl dazu auch Fall 5b) bei Gesellschafterwechsel: Mayer wird nur Erfolg haben, wenn er nicht bei der Gründung der OHG im Gesellschaftsvertrag eine Zustimmung zur Weiterführung der Firma unter seinem Namen gegeben hat. Ansonsten sind die übrigen Gesellschafter an eine Zustimmung von Mayer (namensgebender Gesellschafter) gebunden (Namensrecht!). [Anm.: Sollte der Rest der OHG die Fa. gegen Mayers Willen unter seinem Namen weiterführen, kann er nach § 37 HGB (Firmenrecht) bzw § 43 ABGB (Namensrecht) gegen die OHG vorgehen (Genaueres siehe Fall 6). d) Grundsätzlich haftet ein ausscheidender Gesellschafter bis zu 5 Jahren für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Diese 5-jährige Verjährungsfrist beginnt aber erst mit Eintragung des Ausscheidens des Gesellschafters ins Firmenbuch zu laufen. Verjährt der Anspruch allerdings nach Bürgerlichem Recht (zur Verjährung siehe BR, Fall 37 und Fall 38) früher, gilt die Frist des Allgemeinen Zivilrechts (vgl § 159 Abs 1 uns Abs 2 HGB). Forderungen FÜR L&L verjähren nach allgemeinem Zivilrecht bereits 3 Jahre nach Fälligkeit (§ 1486 Z 1 ABGB). Werklohnforderungen gelten ab Vorlage der Rechnung fällig. Franz hat die Rechnung über 2.000 Euro der Mayer & Müller OHG am 2. 2. 1996 vorgelegt. Nach Bürgerlichem Recht ist die Werklohnforderung ab 2. 2. 1999 gerichtlich nicht mehr durchsetzbar. Am 4. 3. 1999 (Eintragung von Mayers Ausscheiden im FB) ist der Anspruch von Franz also bereits verjährt. [Anm.: Das Datum des vereinbarten Termins von Mayers Ausscheiden (Austrittsstichtag der 31. 12. 1998) ist irrelevant!] e) Ja. Herr Mayer haftet für alle Gesellschaftsverbindlichkeiten, die bis zu seinem Ausscheiden begründet worden sind, grundsätzlich 5 Jahre ab Eintragung seines Ausscheidens weiter, sofern das ABGB keine kürzere Verjährungsfrist bestimmt ( § 159 Abs 1 und Abs 2 HGB). Die Verbindlichkeit (=Aufnahme des Darlehens) entstand am 31. 1. 1999, also eigentlich nach dem Austrittsstichtag (31.12.1998) Mayers aus der OHG. Maßgeblich ist aber wieder die Eintragung des Ausscheidens im Firmenbuch , also der 4. 3. 1999. Auch wenn Mayer bereits aus der OHG ausgetreten war, galt er für die Kreditbank AG (Gläubiger der OHG) als gutgläubigen Dritten noch als Gesellschafter, weil er noch im FB eingetragen war (negatives Publizitätsprinzip des Firmenbuches § 15 HGB). Mayer muss zahlen. Fall 28 Für Zielschuldverhältnisse ist die Regelung des § 159 HGB (vgl Fall 27 d ) unproblematisch. Bei Ansprüchen aus Dauerschuldverhältnissen kommt es bei Anwendung des § 159 HGB aber zu Schwierigkeiten: Für Dauerschuldverhältnissen (zB Miete, hier: Pachtvertrag) ist die Erbringung wiederkehrender Leistungen (zB monatlicher Mietzins) charakteristisch. Das bedeutet aber, dass die einzelnen Teilleistungen beispielsweise immer erst am Monatsende (Jahresende oder Ende einer Rechnungsperiode etc...) fällig werden. In diesem Fall hatte die Gast OHG, aus der Karin ausscheidet, (vor ihrem Ausscheiden) einen 99jährigen Pachtvertrag geschlossen. Der Pachtzins (wiederkehrende Leistung) wird laut Pachtvertrag halbjährlich fällig (per 31.01. und 31.07.). § 159 Abs 3 HGB bestimmt, dass Ansprüche des Gesellschaftsgläubigers (Dritten) gegen die Gesellschaft, welche zwar VOR 27 der FB-Eintragung des Ausscheidens des Gesellschafters begründet, jedoch erst NACH der Eintragung FÄLLIG werden, erst ab dem Zeitpunkt ihrer Fälligkeit verjähren. Im konkreten Fall würde das allerdings bedeuten, dass nach wörtlicher Interpretation (zu den 4 anerkannten Auslegungsarten von Gesetzen siehe BR 1 und § 6 ABGB!) des § 159 Abs 3 HGB Karin bis zu ihrem Lebensende (Vertragsdauer = 99 Jahre!) nach ihrem Ausscheiden dem Verpächter für den Pachtzins der Gast OHG haften würde! => § 159 HGB wollte aber genau das Gegenteil: Er sollte die Haftung des ausscheidenden Gesellschafters zeitlich begrenzen! => Eine wörtliche (grammatikalische) Interpretation ist hier unbrauchbar! => => Ergo muss § 159 Abs 3 für Dauerschuldverhältnisse teleologisch (telos, griech.=Ziel, Zweck) interpretiert werden (teleologische Gesetzesauslegung): Daraus sind mehrere juristischen Theorien (Lösungsansätze) und Kontroversen entstanden: 1) Stammrechtstheorie: Sie besagt, dass mit der Verjährung der ersten nach dem Ausscheiden fälligen Teilleistung auch das Stammrecht verjährt. => Für den konkreten Fall bedeutet das: Die erste NACH Karins Ausscheiden (Eintragung per 01.03.1999) fällige Teilleistung ist die Pachtzinsforderung vom 31.07.1999. Für Pachtzinsforderungen gilt die „kurze“ Verjährungsfrist des ABGB: Sie verjähren nach 3 Jahren (§ 1486 Z 4 ABGB). => Die erste nach Karins Ausscheiden fällige Teilleistung würde also am 31.07.2002 verjähren. => Nach der Stammrechtstheorie verjähren mit diesem Zeitpunkt auch alle übrigen Ansprüche des Dritten (Gesellschaftsgläubigers) gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter aus dem „Stammrecht“ (=Pachtvertrag). => Nach der Stammrechtstheorie würde Karin bis zum 31.07.2002 für diese Verbindlichkeiten haften. 2) Kündigungstheorie (umstritten): Sie besagt, dass der ausgeschiedene Gesellschafter aus kündbaren Dauerschuldverhältnissen nur für jene Verbindlichkeiten in Anspruch genommen werden kann, die bis zum nächstzulässigen Kündigungstermin NACH seinem Ausscheiden entstanden sind. Macht der Gesellschaftsgläubiger von der ordentlichen Kündigung des Duerschuldverhältnisses keinen Gebrauch, wird darin ein konkludenter Verzicht auf die Weiterhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters gesehen. [Anm.: Diese Regelung nicht sehr einsichtig ist (warum sollte der Gläubiger den Vertrag kündigen, um sich einen Weiterhaftung des Ausgeschiedenen zu sichern??)] => Im konkreten Fall würde das bedeuten: Angenommen, der Verpächter kann den Pachtvertrag frühestens per 30.09.1999 (fiktives Datum) kündigen. Wenn der Verpächter zu diesem Termin den Pachtvertrag kündigt, würde Karin für alle entstandenen Pachtzinsforderungen ab ihrem Ausscheiden (01.03.1999) bis zum 30.09.1999 haften. Das bedeutet, dass sie auch für die Zahlung vom 31.07.1999 noch drei weitere Jahre ab Fälligkeit, dh bis zum 31.07.2002 vom Gläubiger in Anspruch genommen werden könnte. Kündigt der Verpächter aber den Vertrag nicht per 30. 09. 1999, hat er jegliche Ansprüche auf Karins Weiterhaftung für Pachtzinsforderungen, die NACH ihrem Ausscheiden entstanden sind, verloren. [umstritten] => Für alle Pachtzinsforderungen, die VOR ihrem Ausscheiden entstanden sind (zB die vom 31. 01.1999) haftet Karin UNABHÄNGIG von einer Kündigung des Pachtvertrages durch den Verpächter bis 31. 01. 2002 (bis 3 Jahre nach Fälligkeit). 3) Teil der Lehre (TdL) & Rsp des OGH: Bei Dauerschuldverhältnissen, bei welchen der Leistungsaustausch Zug-um-Zug erfolgt, kann der ausgeschiedene Gesellschafter nicht für „Neuschulden“, die NACH der Eintragung seines Ausscheidens entstanden sind, zur Haftung herangezogen werden. => Nach der Rsp würde Karin nur für die Pachtzinszahlung vom 31.01.1999 3 Jahre ab Fälligkeit, dh bis zum 31.01.2002, haften. Für die „Neuschuld“, die erst NACH ihrem Ausscheiden fällig wird (vom 31. 07. 1999) haftet Karin überhaupt nicht mehr. 28 Fall 29 Möglichkeit I): a) Thomas kann Sonja zwangsweise mit der Übernahmeklage nach § 142 HGB aus der OHG hinauskündigen. [Anm.: Die Ausschlussklage nach § 140 HGB ist in diesem Fall nicht anwendbar, weil nach dem Ausschluss Sonjas nur mehr EIN Gesellschafter übrigbleibt. (Anwendungsvoraussetzung für die Ausschlussklage nach § 140 HGB ist aber, dass nach dem Gesellschafterausschluss mindestens ZWEI Gesellschafter übrigbleiben.) => Die Übernahmeklage nach § 142 HGB ergänzt also die Ausschlussklage nach § 140 HGB. ] Beide Klagen setzen voraus, dass 1) Die Ausschlussklage bzw Übernahmeklage im GV nicht beseitigt wurden (die Klagen sind dispositiv!) 2) der betroffene Gesellschafter aus wichtigem Grund ausgeschlossen wird: Im konkreten Fall liegt ein wichtiger Grund für Sonjas Ausschluss vor. Sie hat mehrmals die Treuepflicht verletzt (Illoyalität) und grobe (vorsätzlich bzw grob fahrlässige wesentliche) Pflichtverletzung bzw Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung bewiesen. 3) sich auch kein anderer zumutbarer Weg findet, um den Missstand zu beseitigen. Auch das ergibt sich aus dem SV: Thomas hat Sonja mehrmals erfolglos ermahnt. Thomas (Übernehmer) kann Sonja (Auszuschließende) mit der Übernahmeklage nach § 142 HGB (Rechtsgestaltungsklage). Mit Rechtskraft des der Klage stattgegebenen Urteils ist Sonja ausgeschlossen. b) Thomas übernimmt das Unternehmen und führt es als Einzelunternehmen fort. Die OHG wird durch Umwandlung zum Einzelunternehmen. Diese Umwandlung erfolgt durch Rechtsübergang durch Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession) [vgl dazu Übergang durch Einzelrechtsnachfolge zB beim Unternehmenskauf ieS, Fall 10, Fall 11, Fall 14 ]. Im Unterschied zu Kapitalgesellschaften gibt es bei Personengesellschaften keine Einmanngesellschaft. Rechtsfolgen der Gesamtrechtsnachfolge: 1) Thomas erwirbt als Rechtsnachfolger der OHG automatisch Eigentum am Gesellschaftsvermögen, es bedarf keiner gesonderten Modi (vgl Fall 10) zum Eigentumserwerb an den einzelnen Unternehmensgegenständen. 2) Schulden der (ehemaligen) „Sorglos & Co OHG“ gehen ebenfalls automatisch auf Thomas über. [Anm.: Es bedarf keiner (privaten) Schuldübernahme bzw Zustimmung der Gläubiger. § 25 HGB und § 1409 ABGB sind unanwendbar!] 3) Bestehende Rechtsverhältnisse (zB Lieferantenverträge) gehen auf den Rechtsnachfolger (ohne Dreiparteieneinigung vgl Fall 10a) über. Für Arbeitsverträge oder Mietverträge gelten allerdings eigene Schutzbestimmungen. 4) Anwachsung (vgl Fall 27, unabhängig vom Ausscheidungsgrund!): Sonjas Kapitalanteil wächst Thomas (zwingend) an (ius cogens). => Anspruch Sonjas: Sonja hat daher einen (zwingenden) schuldrechtlichen Abfindungsanspruch gegen Thomas (als Entschädigung für den Verlust der dinglichen Berechtigung an der OHG als Gesamthandschaftseigentümer). Die Höhe ihres Anspruchs wird grundsätzlich zu Tageswerten berechnet (Stichtag: Tag der Klage wegen Gefahr der Prozessverschleppung), kann aber eingeschränkt werden. Untergrenze stellt nach hL und hRsp die „Buchwertklausel“ (vgl Fall 27 b) dar. c) Nein. Ein solcher Firmenkern wäre irreführend und unzulässig (Grundsatz der Firmenwahrheit als zwingende Grenze der Firmenkontinuität). => Der Zusatz „... & Co OHG“ weist ausdrücklich auf das Vorliegen einer Gesellschaft hin. Der Firmenkern eines 29 Einzelunternehmens muss aber jedenfalls Vor- und Zunamen des Einzelunternehmers enthalten (vgl Fall 4 a ). => Sollte Sonja Sorglos (namensgebende Gesellschafterin der ehemaligen OHG) nicht bereits im Gesellschaftsvertrag ihre Zustimmung zur Firmenfortführung unter ihrem Namen gegeben haben, ist Thomas an ihre Einwilligung gebunden (Namensrecht § 43 ABGB etc). Nur wenn sie zustimmt, könnte er das Unternehmen allenfalls mit einem Nachfolgevermerk zB unter „Thomas Treusam, vormals Sorglos & Co“ weiterführen. Möglichkeit II): [vgl Fall 27] a) Thomas kann, wenn eine Übernahmeklage nach § 142 HGB im GV ausgeschlossen wurde oder er zur alleinigen Fortführung des Unternehmens nicht bereit ist, die Auflösung der OHG herbeiführen. Das kann nur durch Kündigung der Gesellschaft erfolgen. In diesem Fall wird Thomas eine Auflösungsklage nach § 133 HGB anstrengen, weil ein wichtiger Grund (wesentliche Vertragsverletzung/ Pflichtverletzung durch Sonja) vorliegt. Im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung der Gesellschaft nach § 132 HGB wird die Auflösungsklage nach § 133 HGB (entspricht einer außerordentlichen Kündigung von Dauerschuldverhältnissen) ohne Fristablauf mit der gerichtlichen Entscheidung rechtswirksam. => b) Rechtsfolgen der Auflösungskalge nach § 133 HGB: 1) Die OHG tritt ins Stadium der Abwicklung. Diese erfolgt meist durch Liquidation. Ziel der Gesellschaft im Abwicklungsstadium ist der Abschluss der laufenden Geschäfte, die Befriedigung der Gläubiger und die „Versilberung“ (= Umsatz des restlichen Vermögens in Geld). 2) Sonja hat bei einem übrigbleibenden Abwicklungsgewinn (Liquidtionserlös) Anspruch auf dessen Auszahlung. Mangels Vereinbarung wird ein solcher Gewinn nach dem Verhältnis der Kapitalanteile in der Schlussbilanz verteilt (analog für Verlust). [Hat Sonja allerdings einen negativen Kapitalkontostand, erhält sie nichts und muss den fehlenden Saldo ausgleichen.] 3) Löschung der OHG im FB Kommanditgesellschaft und sonstige Personengesellschaften Fall 30 a) Grundsätzlich gilt das für Komplementäre bestehende Wettbewerbsverbot ( §§ 112 f HGB) nicht für Kommanditisten (§ 165 HGB). K ist allerdings geschäftsführungsbefugte Kommanditistin. [Anm.: Nach (dispositiver) gesetzlichen Regelung hätte K als Kommanditistin keine Geschäftsführungsbefugnis!] Als geschäftsführungsbefugte Kommanditistin trifft K allerdings eine Treuepflicht. Sie darf ihre Kenntnisse, die sie aufgrund ihrer Gesellschafterstellung erlangt hat, nicht zum Nachteil der Gesellschaft ausnützen. => Diese Treuepflicht verletzt K aber und fügt der Gesellschaft einen Schaden (Umsatzrückgang) zu (absichtliche Schädigung). => Die KG kann Schadenersatzansprüche in der Höhe des entgangenen Gewinns (10.000 Euro) wegen Verletzung der Treuepflicht von K verlangen. Die KG (Geschädigte) ist beweispflichtig. 30 b) § 113 HGB regelt das Eintrittsrecht bei der OHG. Nach § 165 HGB ist dieses allerdings nicht auf eine KG anzuwenden. Sinn hinter dieser Bestimmung ist aber, dass Kommanditisten normalerweise ohnenhin - aufgrund ihrer (gesetzlich) nicht vorhandenen Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis – im Vergleich zu Komplementären nur einen geringen Einblick in die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft haben. K ist hier aber geschäftsführungsbefugt und zusätzlich Prokuristin. Es besteht daher sehr wohl die Gefahr der Verwertung des Wissens über die KG. => (Ausnahmsweise) ist (wie oben § 112 HGB) auch § 113 HGB aus dem OHG-Recht für die KG anzuwenden. => Dieses Eintrittsrecht besagt, dass der Gesellschafter, der die Treuepflicht verletzt, die auf eigene Rechnung abgeschlossenen Geschäfte für die Gesellschaft gelten lassen muss. K hat in derselben Branche und mit denselben Modellen wie die KG gehandelt. => Die KG kann (anstelle des Schadenersatzes!) alternativ auch die 30.000 Euro von K verlangen. c) 1) Entzug der Prokura: C kann K die Prokura entziehen. Gem § 116 Abs 3 HGB kann der Widerruf der Prokura von jedem geschäftsführenden Gesellschafter erfolgen. Wurde K (Kommanditistin) die Prokura aber bereits im Gesellschaftsvertrag zugesichert, kann sie ihr nach hA nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes entzogen werden. Ein solch wichtiger Grund ist hier gegeben: Verletzung der Treuepflicht, Schädigung der KG etc... [Achtung: Mangels Regelung im GV sieht das Gesetz zur Bestellung eines Gesellschafters zum Prokuristen einen einstimmigen Beschluss aller geschäftsführenden Gesell-schafter vor.] 2) Antrag auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis aus wichtigem Grund 3) Übernahmeklage nach § 142 HGB (vgl Fall 29 Möglichkeit I): Voraussetzungen aus dem OHG-Recht: 1. Vorliegen eines wichtigen Grundes: Ja; grobe Pflichtverletzung etc (siehe oben) 2. Wenn keine andere Lösung möglich ist 3. C bleibt nach Ausschluss der K als einziger Gesellschafter übrig (deshalb Übernahmeklage § 142 und nicht Ausschlussklage § 140 HGB) => Rechtsfolgen: C übernimmt die KG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge und führt das Unternehmen als Einzelunternehmen weiter ..... (einzelne detaillierte Rechtsfolgen siehe OHG-Recht, Fall 29) 4) Auflösungsklage nach § 133 HGB (vgl Fall 29 Möglichkeit II): Kann gemäß OHG-Recht auf Antrag des C nur aus wichtigem Grund durch gerichtliche Entscheidung erfolgen (=außerodentliche Kündigung). Den wichtigen Grund hat K gesetzt. => Rechtsfolgen: Auflösung der KG => Abwicklung => Liquidation (Geschäftsbeendigung, Gläubigerbefriedigung, „Versilberung“) => Löschung der KG im FB ..... (detaillierte Beschreibung der einzelnen Rechtsfolgen siehe OHG-Recht, Fall 29). Fall 31 a) Wenn der GV keine andere Regelung vorsieht, erhalten – wie bei der OHG – sowohl Gert Mayer als Komplementär als auch Toni als Kommanditist der Mayer-KG zunächst 4 % Vordividende ihres jeweiligen Kapitalanteils: Toni (Kommanditist): 4 % von 20.000 = 800 Euro Gert (Komplementär): 4 % von 100.000 = 4.000 Euro Der Rest wird aber nicht wie bei der OHG nach Köpfen, sondern „in einem angemessenen Verhältnis“ dh (hier) im Verhältnis der angegebenen Einlagen zwischen den beiden aufgeteilt. => Rest: 10.000 (Gesamtgewinn) – 4.800 (Vordividende) = 5.200 Euro Einlagen (ursprünglich): Toni: 100.000 Euro / Gert: 400.000 Euro 31 5.200 Euro im Verhältnis 1 : 4 aufteilen Toni (Kommanditist) erhält zusätzlich noch 1.040 Euro Gert (Komplementär) erhält zusätzlich noch 4.160 Euro des restlichen Gewinns Konten am Ende des vergangenen Geschäftsjahres: Am Ende des Gj. beträgt Tonis Kapitalkontostand 20.000 + 800 + 1.040 = 21.840 Euro. Der Kapitalkonostand Gert Mayers beträgt 100.000 + 4.000 + 4.160 = 108.160 Euro. b) Entnahmerechte: 1) Kapitalentnahmerecht: Gert (Komplementär): Komplementäre einer KG sind (wie OHG-Komplementäre) berechtigt, UNABHÄNGIG vom erwirtschafteten Gewinn 4 % ihres Kapitalanteils zu entnehmen. => Gert hat im laufenden Gj das Kapitalentnahmerecht auf 4% seines Kapitalanteils des letzten Gj: 0,04*108.160 = 4.326,4 Euro Toni (Kommanditist): Kommanditisten haben nach § 169 HGB iVm § 122 HGB KEIN vom Gewinn unabhängiges Kapitalentnahmerecht! Er kann grundsätzlich nur die Auszahlung des auf ihn fallenden Gewinnanteils eines Jahres verlangen (Bedingung dafür aber gleich unter Pkt 2). 2) Gewinnentnahmerecht: Gert (Komplementär): Als Komplementär hat Gert neben dem Kapitalentnahmeanspruch einen Gewinnentnahmeanspruch jenen Betrages des letzten Jahresgewinns, der die 4 % des Kapitalentnahmeanspruchs übersteigt: Gewinn des Vj: 8.160 Euro – 4.326,4 Euro (Kapitalentnahme) = 3.833,6 => Gert kann auch noch die Auszahlung des restlichen Gewinns von 3.833,6 Euro verlangen. Toni (Kommanditist): Sein Gewinn (= 1.840 Euro) kann nur seinem Kapitalkonto gutgeschrieben werden. Toni kann die Auszahlung seines Gewinnes solange nicht fordern bis seine ursprüngliche (bedungene) Einlage von 100.000 Euro wieder überschritten wird. => Sein derzeitiger Kapitalanteil beträgt aber erst 20.000 Euro + 1.840 Euro Gewinngutschrift. => Es besteht derzeit kein Gewinnentnahmerecht für den Kommanditisten. [Anm.: Bekommt Toni seinen Gewinn dennoch ausbezahlt, obwohl die von ihm zur Gänze geleistete Einlage (100.000 Euro) auf 20.000 Euro gemindert war, liegt Einlagenrückgewähr in Höhe von 1.840 Euro vor. Das hat zur Folge, dass er dafür mit seinem Privatvermögen haftet (Wiederaufleben der Haftung des Kommanditisten bei Einlagenrückgewähr), dazu Fall 32 b)]. Variante: a) Entnahmerechte: 1) Kapitalentnahmerecht: Wurde im letzten Gj wieder kein Gewinn erzielt, hat Gert (Komplementär): ein vom Gewinn unabhängiges Kapitalentnahmerecht von 4 % seines Kapitalanteils im letzten Gj = 0,04*100.000 = 4.000 Euro Toni (Kommanditist): Nach § 169 iVm § 122 HGB besteht KEIN Kapitalentnahmerecht für Kommanditisten. 2) Gewinnentnahmerecht: => irrelevant, da kein Gewinn erwirtschaftet wurde! b) Ein Verlust müsste bei einer KG - iUz OHG- ebenfalls in „einem den Umständen entsprechenden Verhältnis (dh unter Berücksichtigung des Anteils an der GF/Vertretung, Mitarbeit; Haftungsübernahme....) der einzelnen Gesellschafter verteilt werden. => In diesem Fall wäre die Verlustaufteilung zB nach dem Verhältnis der Einlagen, dh im Verhältnis 1 : 4 zwischen Toni und Gert aufzuteilen. 32 Fall 32 a) [Vgl zu diesem Fall Haftungsübersicht über mögliche Haftung für Altverbindlichkeiten unter Fall 23, Anmerkung Punkt 2 b).] Nein. Durch einen in eine bestehende OHG eintretenden Kommanditisten wird die OHG zur KG. Zwischen Bernd und Silvia Abraham (ehemaligen OHG-Gesellschafter) und dem neu eintretenden Kommanditisten (Hans) wurde ein Aufnahmevertrag geschlossen. Es macht keinen Unterschied, ob Cäcilias (Gläubigerin der ehem. OHG) Forderung vor oder nach Hans´ Eintritt entstanden ist. Nach § 173 HGB haftet nämlich der in eine OHG eintretende Kommanditist [(zusätzlich) zur (unbeschränkten) Haftung der beiden Komplementäre Bernd und Silvia der KG!] auch für Altverbindlichkeiten der OHG, die VOR seinem Eintritt begründet wurden. Diese Haftung des eingetretenen Kommanditisten kann nicht im GV abbedungen werden, sie ist zwingend! (§ 173 Abs 1 HGB ist ius cogens; vgl dazu § 173 Abs 2 HGB). Art und Umfang der Haftung des Kommanditisten richten sich nach §§ 171 ff HGB (dazu gleich unter Frage b) b) Zwischen den Begriffen „Einlage“ und „Haftsumme“ besteht ein rechtlicher Unterschied: „Einlage“ (oder „bedungene Einlage“ oder „Pflichteinlage“ oder „Kapitaleinlage“) bezieht sich immer auf jenen Betrag, zu dessen Zahlung sich der Kommanditist gegenüber seinen Mitgesellschaftern bei der Aufnahme verpflichtet hat. Die Einlage betrifft also ausschließlich das Innenverhältnis (sie muss zB auch überhaupt nicht geleistet werden, darf gestundet werden etc....). Sie wird daher nicht ins FB eingetragen. „Haftsummme“ (oder „Hafteinlage“) bezieht sich immer auf jenen Betrag, bis zu welchem der Kommanditist einem Gesellschaftsgläubiger für Gesellschaftsschulden haftet (deshalb beschränkte Haftung des Kommanditisten!). Die Hafteinlage (Haftsumme) betrifft also immer das Außenverhältnis. Weil sie für Dritte (Gläubiger) von Bedeutung ist, wird die Höhe der Haftsumme auch ins Firmenbuch eingetragen. [Anmerkung: Zu Verwechslungen kommt es manchmal, weil das Gesetz (Kapital-)einlagen als „bedungene Einlage“, die Haftsumme aber ebenfalls als „Einlage“ bzw „Vermögenseinlage“ bezeichnet!] Meistens sind die (einbezahlte) Kapitaleinlage und die im FB eingetragene Haftsumme gleich hoch. Das muss aber nicht so sein. Diese Tatsache ist wichtig für die Haftung des (der) Kommanditisten. Die Haftung eines Kommanditisten ist gem §§ 171 ff HGB ..... beschränkt mit der im FB eingetragenen Höhe der Hafteinlage (Haftsumme), jedoch... *) bei voller Einzahlung (Leistung) der Einlage in Höhe der Haftsumme: nur mittelbar (er selbst kann vom Gesellschaftsgläubiger nicht geklagt werden, dieser muss sich an die Gesellschaft = KG wenden!) dh auch nicht persönlich (nicht mit seinem Privatvermögen) *) bei Nicht- bzw Teilleistung der Einlage: unmittelbar (er kann vom Gesellschaftsgläubiger direkt auf Zahlung geklagt werden) dh auch persönlich (mit seinem Privatvermögen) primär (dh nicht subsidiär) solidarisch (gemeinsam mit Mitgesellschaftern) Ausnahme: unbeschränkte Haftung des Kommanditisten nur, wenn seine Kommanditisteneigenschaft (beschränkte Haftung) noch nicht im FB eingetragen ist und ein gutgläubiger Dritter (Gläubiger) nichts von seiner beschränkten Haftung wusste! Für den konkreten Fall bedeutet das: Hans haftet für die Altverbindlichkeiten bis zur Höhe der im FB eingetragenen Haftsumme (10.000 Euro) = beschränkte Haftung. Weil er aber seine (Kapital-)einlage („bedungene 33 Einlage“) im Innenverhältnis noch nicht erbracht hat (Stundung der Einlage bis Jahresende!), haftet er unmittelbar (und persönlich, primär, solidarisch) für den Betrag. Hans muss an Cäcilia 10.000 Euro zahlen. [Ergänzung: Fiktive Fallvarianten bzw mögl. Haftungsfälle für Hans Bed.: Eintragung der HS im FB => In allen 6 Fällen ist die Haftung des Hans mit der Haftsumme beschränkt! 1) Einlage = Haftsumme; Einlage geleistet => nur mittelbare (nicht persönliche...) Haftung 2) Einlage = Haftsumme; Einlage noch nicht geleistet => unmittelbare (persönliche, primäre, solidarische) Haftung für HS 3) Einlage > Haftsumme; Einlage geleistet => nur mittelbare (nicht persönliche...) Haftung 4) Einlage > Haftsumme; Einlage noch nicht geleistet => unmittelbare (etc..) Haftung für HS 5) Einlage < Haftsumme; Einlage geleistet => unmittelbare Haftung für die DIFFERENZ 6) Einlage < Haftsumme; Einlage noch nicht geleistet => unmittelbare Haftung für gesamte HS ] Variante: Ja. Grundsätzlich haftet Hans (Kommanditist) für etwaige Altverbindlichkeiten der KG bis zu 5 Jahren ab der FB-Eintragung seines Ausscheidens aus der Gesellschaft weiter. Die 5- jährige Frist gilt aber (siehe OHG-Recht) nur, sofern der Anspruch nicht der „kurzen“ 3-jährigen Verjährungsdauer des ABGB unterliegt (vgl Fall 27 d, e). Eine unmittelbare Haftung des Kommanditisten besteht aber nur dann, wenn er die Einlage nicht (vollständig) eingezahlt hat. Andernfalls kann er vom Gläubiger nicht unmittelbar (persönlich), sondern nur mittelbar (indem der Gläuibger etwa auf die eingezahlte Haftsumme greift), dh nicht persönlich in Anspruch genommen werden. Hier hat Hans seine Einlage (20.000 Euro) vor seinem Ausscheiden eingezahlt. Das würde ihn zunächst von einer unmittelbaren Haftung für Altverbindlichkeiten befreien. Allerdings erhält Hans bei seinem Ausscheiden ein Auseinandersetzungsguthaben (aus dem Gesellschaftsvermögen) idH von 15.000 Euro. Diese Zahlung an Hans (Grund ist irrelevant!) stellt eine Einlagenrückgewähr (Einlagenrückzahlung) dar, die seine unmittelbare Haftung in der Höhe der Rückzahlung wieder aufleben lässt. => Für Altverbindlichkeiten bis zu 15.000 Euro kann Hans also unmittelbar (persönlich) von Gesellschaftsgläubigern in Anspruch genommen werden (dh er kann von Gläubigern auch direkt darauf geklagt werden). => Für sämtliche Verbindlichkeiten über diesen Betrag hinaus haftet Hans aber nicht mehr unmittelbar, sondern nur mittelbar. Das bedeutet, dass Gläubiger Ansprüche über 15.000 Euro nur gegen die Gesellschaft (KG) geltend machen können. Fall 33 a) Geschäftsführung bei der KG: Mangels anderer Regelung im GV greift die gesetzliche Regelung der Geschäftsführung. Die Geschäftsführungsbefugnis für alle gewöhnlichen Geschäfte obliegt prinzipiell allein den Komplementären der KG. Für außerordentliche Geschäfte bedarf es aber nach § 116 Abs 2 HGB der Zustimmung aller Gesellschafter, dh auch der Kommanditisten (im GV abdingbar). => Nach dem Gesetz hat Christoph (Kommanditist) ein Mitbestimmungsrecht, weil der Kauf eines Grundstücks für einen Gemischtwarenhandel ein außergewöhnliches Geschäft darstellt. Er hat ein (bloßes) Widerspruchsrecht. b) Vertretung der KG: Ja. Nach zwingender gesetzlicher Vorschrift ist Christoph als Kommanditist von der Vertretung der KG ausgeschlossen (§ 170 HGB = ius cogens!!!). => Der Kaufvertrag ist gültig. 34 c) Nein. Die Bestellung zum Prokuristen hat gem § 116 Abs 3 HGB durch einen (einstimmigen) Beschluss der geschäftsführenden Gesellschafter (Komplementäre) zu erfolgen. Selbst wenn die Prokuraerteilung als außerordentliches Geschäft gewertet wird, haben Kommanditisten dabei nach hA denn kein Mitbestimmungsrecht! Fall 34 a) Anna A. und Christa C. wollen eine Personengesellschaft gründen. Zunächst müssen also die 4 allgemeinen Voraussetzungen für die Gründung einer Gesellschaft (allgemeines Gesellschaftsrecht) geprüft werden: 1) Vorliegen eines Rechtsgeschäfts (Gesellschaftsvertrags): Ja. Wird (formlos) durch die übereinstimmenden Willenserkärungen von Anna und Christa wirksam. 2) Rechtsgemeinschaft 2 oder mehrerer Personen: Ja. (SV) 3) Organisiertes Zusammenwirken der Gesellschafter: Ja. GF, Vertretung... 4) Gemeinsamer Zweck: Ja. Die Gesellschaft soll einen materiellen Zweck (Verkauf von Kleidung) verfolgen. Anna und Christa können eine Gesellschaft gründen. Möglichkeiten: I) Gründung einer KG? + 3 spezielle Voraussetzungen für eine KG: 1) gemeinsame Firma (wäre möglich) 2) Es muss min 1 Ges unbeschränkt (Komplementär) und 1 beschränkt (Kommanditist) haften (wäre möglich) 3) Betrieb eines vollkaufmännischen Handelsgewerbes? (vgl OHG) 1. Gewerbe? – Ja. (selbständig, planmäßig, dauerhaft, erkennbar, entgeltlich, nicht freiberuflich) 2. Betrieb eines Grundhandelsgewerbes? – Ja. (§ 1 Abs 2 Z 1 HGB: Beschaffung und Veräußerung von beweglichen Sachen) 3. Voll- oder Minderkaufmann? – Anna und Christa planen keine Aufnahme von Mitarbeitern. Es liegt geringes AV vor etc => Die Boutique ist nur von minderkaufmännischem Umfang. Es sind keine kaufmännischen Einrichtungen in vollkaufmännischem Umfang erforderlich. Sie können KEINE KG gründen, weil dafür der Betrieb eines vollkaufmännischen Handelsgewerbes erforderlich ist! II) Gründung einer KEG? Die Kommanditerwerbsgesellschaft (KEG) ist die zur KG analoge Gesellschaftsform bei den Eingetragenen Erwerbsgesellschaften (EEG: OEG, KEG). Die KEG ähnelt der KG (keine jur. Person, aber Gesamthandschaft iUz GesBR; beschränkte Haftung einzelner Gesellschafter...) und kann nur 1) für den gemeinschaftl. Erwerb unter gemeinsamer Firma 2) für Nicht- (zB Freiberufler) bzw Minderkaufleute (§ 4 HGB) gegründet werden. Die Gründung einer KEG wäre möglich. III) Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesBR, ABGB-Gesellschaft)? Die GesBR (geregelt im ABGB) hat denselben Einsatzbereich wie die EEGs (OEG; KEG). 1) Zusammenschluss von Nicht- (zB Freiberufler) bzw Minderkaufleuten 2) Gelegenheitsgesellschaften etc... Wesentlichster Unterschied zu den EEG ist aber, dass die GesBR nach hL und Rsp KEINE Gesamthandschaft (quasi-juristische Person) ist! => Bei einer GesBR wird daher NIE die Gesellschaft, sondern NUR ihre Gesellschafter berechtigt und verpflichtet! => Für Christa (will beschränkt haften) und Anna ist eine GesBR ungeeignet! 35 IV) Gründung einer (atypischen) stillen Gesellschaft (stG)? Die stG ist eine reine Innengesellschaft, sie besitzt überhaupt keine Rechtspersönlichkeit. Wie die GesBR ist auch sie KEINE Gesamthandschaft. Voraussetzungen: 1) 2 Gesellschafter: Geschäftsinhaber und Stiller - Ja. (Anna + Christa); Gesellschaftsvertrag 2) Der Geschäftsinhaber (zB Anna) muss - iUz GesBR und EEG (auch für ideelle Zwecke) - ein Handelsgewerbe betreiben. - Ja: Anna und Christa betreiben ein Minderhandelsgewerbe (siehe I) 3) Prinzipiell wird der Stille nur durch eine Kapitaleinlage am Gewinn (Verlust) beteiligt (typische stG). Von einer atypischen stG spricht man, wenn der Stille durch den GV zB auch geschäftsführungsbefugt ist. Anna könnte Christa als (atypischen) stG beteiligen. b) Zeitpunkt des Entstehens der Gesellschaften: II) KEG: entsteht (im Außenverhältnis) mit Eintragung im FB => konstitutive Wirkung! III) GesBR: entsteht mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags (formloser Konsensualvertrag); keine FB-Eintragung mangels Rechtspersönlichkeit! IV) stG: entsteht mit GV (formloser Konsensualvertrag), keine FB- Eintragung mangels Rechtspersönlichkeit c) Buchführungspflicht: II) KEG: Keine Buchführungspflicht nach Handelsrecht (keine Handelsbücher), allerdings können EEGs bei Überschreiten einer gewissen Größe (siehe § 125 BAO) steuerrechtlich buchführungspflichtig werden. III) GesBR: keine gesetzliche Buchführungspflicht, jedoch vertragl. vereinbar IV) stG: In diesem Fall besteht keine Buchführungspflicht, weil der Geschäftsinhaber (zB Anna) bloß Minderkaufmann ist. Für diese entfallen die handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften. d) Eine EEG muss eine Firma führen. Der Firmenkern muss den Zusatz „KEG“ enthalten (ausgeschrieben oder abgekürzt). Anstelle des „KEG“ darf die Firma aber auch den Zusatz „...und Kommanditpartnerschaft“ führen. Die Firma „A & Partner“ ist unzulässig, weil „ ...& Partner“ auf eine OEG (Offene Erwerbsgesellschaft) hinweist. Fall 35 a) Eine stille Gesellschaft (stG) entsteht mit Abschluss eines formlosen Konsensualvertrages zwischen dem Stillen (Inge) und dem Geschäftsinhaber (ihre Schwester), der Kaufmannseigenschaft (Minderkaufmann genügt) besitzen muss. b) Nein. Stille Gesellschafter treten grundsätzlich nie im Außenverhältnis auf. Die stG ist eine reine Innengesellschaft. Der Stille trägt nur das (wirtschaftliche) Risiko des (teilweisen) Verlustes seiner Einlage, kann aber nie zur Haftung von Gläubigern des Geschäftsinhabers in Anspruch genommen werden. Inge (stG) haftet nicht. c) Nein. Mangels Rechtspersönlichkeit (die stG ist auch keine Gesamthandschaft!) kann der Gläubiger nie die Gesellschaft, sondern allenfalls Inges Schwester als Geschäftsinhaberin auf Zahlung klagen. 36 Fall 36 zB an eine EWIV (Europ. Wirtschaftl. Interessensvereinigung). Diese soll für mittlere Unternehmen grenzüberschreitende Kooperation ermöglichen (EWIV hat reine Hilfsfunktion, keine Gewinnerzielungsabsicht). In Österreich ist die EWIV keine juristische Person (subsidiäre Geltung des OHG- Rechts). Die EWIV ist Formkaufmann und zwar immer Vollkaufmann (§ 1 EWIVG). Kapitalgesellschaftsrecht GmbH Fall 37 a) Bei der Gründung der GmbH ist zu beachten: 1) Der Gesellschaftsvertrag (GV) = Satzung bedarf – ebenso wie ein fakultativer Vorvertrag – eines Notariatsaktes (gesetzliche Formvorschrift) und muss einen zwingenden Mindestinhalt aufweisen Firma: Sach-, Personen- oder gemischte Fa. + Zusatz („...GmbH“) Sitz: Inland Stammkapital: mindestens 35.000 Euro (bzw 500.000 öS; dazu siehe Anmerkung) Stammeinlage: min. 70 Euro, Sacheinlagen (Höhe...) müssen im GV vorgesehen sein Unternehmensgegenstand: darf einem materiellen oder ideellen Zweck dienen [Anmerkung: Nach Art X § 6 1. Euro–JubeG darf die Gründung einer GmbH bis 1. 1. 2002 (Übergangszeitraum: „ kein Zwang, kein Hindernis“) auch noch in Schilling erfolgen!] 2) § 6a Abs 1 GmbHG sieht eine Bargründung vor: Grundsätzlich müssen danach mindestens die Hälfte des im GV genannten Stammkapitals durch Bareinlagen aufgebracht werden (auch „Hälfteklausel“ genannt; ist eine Gläubigerschutzbestimmung, die die anfängliche Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft sicherstellen soll!). Im konkreten Fall liegt aber eine Sachgründung vor, weil das vereinbarte Stammkapital (100.000 Euro) durch mehr als die Hälfte in Sacheinlagen (60.000 Euro) aufgebracht werden soll: Hans Huber bringt sein Unternehmen als Sacheinlage (vgl § 6 Abs 4 GmbHG) in die Gesellschaft ein, es werden nur 40.000 Euro (< 50 %) als Bareinlagen erbracht. Nach § 6a Abs 1 GmbHG müssten allerdings mindestens 50.000 Euro (min 50 % von 100.000 Euro) als Bareinlage erbracht werden! Eine Sachgründung ist jedoch dennoch zulässig (dh § 6a Abs 1 GmbHG kommt nicht zur Anwendung) wenn ..... 1. eine Gründungsprüfung durch einen unabhängigen Gründungsprüfer (zB Wirtschaftsprüfer) erfolgt (Sinn: dadurch erfolgt eine objektive Beurteilung, ob die Bewertung der Sacheinlagen korrekt erfolgt ist => Gläubigerschutz) und ein Gründungsbericht nach aktienrechtlichen Grundsätzen (§ 24 AktG) erstellt wird (= 1. Ausnahme von Bargründung nach § 6a Abs 4 GmbHG). Erfüllen die Gründer in diesem Fall die Vorschriften des § 6a Abs 4 GmbHG, ist diese GmbH-Gründung (Sachgründung) zulässig (§ 6a Abs 1 GmbHG dann unbeachtlich). 37 [Ergänzung: Die 2. Ausnahme (hier irrelevant, aber prüfungsrelevant!), bei der von einer Bargründung nach § 6a Abs 1 GmbHG abgesehen werden kann, ist in § 6a Abs 2 GmbHG geregelt: 2. Demnach ist eine Sachgründung – UNABHÄNGIG von einer Gründungsprüfung nach Abs 4 ! – auch dann zulässig, wenn ein seit min. 5 Jahren bestehendes Unternehmen zum Zweck seiner Fortführung in eine GmbH eingebracht wird, der ausschließlich der bisherige Inhaber, dessen Ehegatte und Kinder (allenfalls Erben) angehören soll.] 3) Bestellung der GF durch Gründer (Selbst- oder Fremdorganschaft); werden Gesellschafter zu GF bestellt (Selbstorganschaft), kann das auch im GV geschehen ( „GesellschafterGeschäftsführer = G-GF). 4) Anmeldung zum FB: erfolgt durch die Geschäftsführer; Liste aller Gesellschafter erforderlich. Die GmbH entsteht durch (konstitutive) FB-Eintragung (dazu auch Variante a). 5) Eine mögliche Konzessionspflicht zur Errichtung der GmbH besteht grundsätzlich nicht. Auch gewerberechtliche Vorschriften sind für das wirksame Entstehen der Gesellschaft irrelevant (Normativsystem). b) Mindesteinzahlungspflicht (vor FB-Eintragung): Ja. Vor Eintragung der GmbH ins FB müssen etwaige Sacheinlage jedenfalls zur Gänze eingebracht werden. Auf jede Bareinlage muss mindestens ein Viertel, sollte der Betrag aber kleiner als 70 Euro sein, auf alle Fälle 70 Euro eingezahlt werden, sodass in Summe mindestens 17.500 Euro vor der Eintragung bar eingezahlt sind (§ 10 GmbHG). => Bruno muss zunächst ¼ seiner Bareinlage, das sind 7.500 Euro (0,25*30.000) vor Eintragung einzahlen, Edith ebenfalls ¼ ihrer Bareinlage = 2.500 Euro (0,25*10.000). In Summe müssen allerdings jedenfalls 17.500 Euro bar eingezahlt sein. => Die restlichen 7.500 Euro (17.500 – 10.000) müssen zusätzlich noch von Edith und Bruno im Verhältnis ihrer Stammeinlagen (Bruno : Edith = 3 : 1) eingezahlt werden: Bruno muss 7.500 + [(7.500:4)*3] = 13.125 Euro Edith muss 2.500 + [(7.500:4)*1] = 4.375 Euro bar einbezahlen (Summe: 17.500 Euro). Variante: a) Eine GmbH VOR der Eintragung ins FB existiert rechtlich noch nicht. Sie entsteht erst durch (konstitutive) Eintragung ins FB. Die Gesellschaft NACH Abschluss des GV und VOR der Eintragung heißt also „Vorgesellschaft“ („werdende GmbH“). [Nein. Gem § 2 Abs 1 GmbHG (= alte Lehre; wird in dieser Form heute nicht mehr vertreten hinfällig!) wurde nicht die GmbH in Gründung, sondern die Handelnden persönlich + als Gesamtschuldner (solidarisch) berechtigt und verpflichtet (= „Handelndenhaftung“ nach § 2 GmbHG). Wurde also Bruno als Geschäftsführer (GF) vor FB-Eintragung der Gesellschaft tätig, hätte er allein nach alter Lehre folglich für alle im Rahmen der Vorgesellschaft abgeschlossenen Geschäfte gehaftet. Diese Rechtsverhältnisse gingen nach ALTER Lehre aber NICHT AUTOMATISCH auf die später eingetragene GmbH über, sondern nur, wenn sie gem § 2 Abs 2 GmbHG im Wege der befreienden SCHULDÜBERNAHME (dazu siehe BR: § 1405 ABGB) von der entstandenen GmbH übernommen wurden, wozu es binnen 3 Monate allerdings – ausnahmsweise keiner Zustimmung (entgegen § 1405 ABGB!) des Gläubigers bedurfte.] hL & Rsp: Ja. Heute wird vertreten, dass der Vor- GmbH sehr wohl Rechtsfähigkeit zukommt. Wird durch einen Gründer ein bestehendes Unternehmen (hier: Reisebüro des Hans) eingebracht und im Vorgesellschaftszeitraum weitergeführt, haftet für diese Verbindlichkeiten auf alle Fälle die Vor-GmbH, sofern es sich um gewöhnliche Rechtsgeschäfte handelt oder die im Gesellschaftsvertrag (GV) Deckung finden (Großteil d L in Anlehnung an deutsche L und dRsp). 38 Nach hL gehen diese (gewöhnlichen) Rechtsgeschäfte mit Eintragung (= Entstehen) der GmbH AUTOMATISCH (IPSO IURE) auf diese über, dh die neu entstandene GmbH wird dadurch verpflichtet. b) Gewöhnliche (ordentliche) Geschäfte kann ein Geschäftsführer (GF) einer Vor-GmbHH wirksam in deren Namen abschließen; außergewöhnliche nur bei vertraglicher Vereinbarung (Deckung im GV) oder Zustimmung ALLLER Gesellschafter. => Für die Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft, in deren Namen gehandelt wurde, haften nach heutiger Ansicht .... 1) die VOR-GmbH (rechtsfähig): Achtung - für die Verbindlichkeiten der VOR-GmbH haften die Gesellschafter (Bruno, Edith, Hans) persönlich! 2) die Gründer (Bruno, Hans, Edith) im Wege der „Unterbilanzhaftung“ (=Gründerhaftung) (dazu gleich unter c) 3) (nur) in Ausnahmefällen die Handelnden (Handelndenhaftung nach § 2 Abs 1 GmbHG = alte Lehre), das würde im konkreten Fall eine alleinige Haftung des Bruno als G-GF (Handelnder) bedeuten! Ausnahmefälle ergeben sich zB dann, wenn die GmbH vom FBGericht nicht genehmigt und daher auch nicht eingetragen wird. => Es ist keine GmbH entstanden => Die Gläubiger hätten uU überhaupt keinen Schuldner! c) Ja. Sobald die GmbH eingetragen ist, geht die Haftung der VOR-GmbH ipso iure auf die entstandene GmbH über, mit diesem Zeitpunkt erlischt sowohl die Gründerhaftung (siehe unten) als auch die Handelndenhaftung. Ja. „Gründerhaftung“: Falls zum Zeitpunkt der FB-Eintragung der GmbH das aktuelle Gesellschaftsvermögen (zB durch Verluste, Gründungskosten etc...) schon geringer als das Stammkapital ist, trifft die Gründer der GmbH eine sogenannte „Unterbilanzhaftung“ (=Differenzhaftung; auch „Vorbelastungsahftung“) gegenüber der Gesellschaft (dh im Innenverhältnis; nicht aber gegenüber den Gläubigern = Außenverhältnis!) Dh, die Gründer müssten die Differenz einzahlen, und zwar im Verhältnis ihrer Beteiligungen (Stammeinlagen). Fall 38 [Es liegt eine Bargründung vor, weil (min) 50 % des Stammkapitals (1 Mio Euro) in Bareinlagen (500.000 Euro) erbracht werden. => Eine Gründungsprüfung ist daher nicht erforderlich.] Sacheinlagen müssen sofort, dh VOR Anmeldung zum FB zur Gänze eingebracht werden. Noch vor Anmeldung zum FB wird der Wert der Sacheinlage der Tontechnik GmbH allerdings um die Hälfte gemindert. Für Sacheinlagen, deren Wert im Zeitpunkt der FBAnmeldung (hier: 250.000 Euro) nicht dem dafür übernommenen Betrag der Stammeinlage (hier: 500.000 Euro) entspricht, trifft den betroffenen Gesellschafter eine Deckungspflicht in Höhe der Wertminderung (§ 10a GmbHG). Die Tontechnik GmbH muss noch 250.000 Euro bar draufzahlen! [Anm.: 1) Für die Anwendung des § 10a GmbHG ist es wesentlich, dasss der Schaden (Wertminderung) der Sache VOR der FB- Anmeldung eintritt. Für Schäden NACH der Eintragung trifft den Gesellschafter keine Deckungspflicht! 2) Auch eine Geschäftsführerhaftung des Herbert nach § 25 Abs 1 GmbHG scheidet hier mangels Verschulden (Vorwerfbarkeit) aus!] 39 Fall 39 Stammkap. 1 Mio Euro => Beteiligungen: A (40 %) = 400.000 Euro, B (30 %) = 300.000 Euro, C (30 %) = 300.000 Euro a) gesetzliche Mindesteinzahlungspflicht auf die Bareinlagen VOR FB-Eintragung der GmbH: mindestens ¼ der Stammeinlage, wenn dieser Betrag <70 Euro ist, doch min 70 Euro. A: ¼ von 400.000 Euro = 100.000 Euro B: ¼ von 300.000 Euro = 75.000 Euro C: ¼ von 300.000 Euro = 75.000 Euro Summe auch größer 17.500 Euro? Ja. b) Nein. Geschäftsführer einer GmbH sind im Innenverhältnis (IV), dh der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, Beschränkungen ihrer Geschäftsführungsbefugnis bzw etwaige Zustimmungserfordernisse einzuhalten. A (GF) kann nicht allein über die Einforderungen weiterer Einzahlungen entscheiden. Gem § 35 Abs 1 Z 2 GmbHG unterliegt diese Maßnahme nämlich dem Beschluss der Generalversammlung (=Gesellschafterversammlung = oberstes willensbidendes Organ der GmbH), der die GF einer GmbH weisungsgebunden sind! => Anmeldung der Einforderung zum FB durch die GF! [Anm.: Der Vorstand einer AG ist hingegen der Hauptversammlung (HV) nicht weisungsgebundnen] c) Verzugszinsen Konventionalstrafe (wenn im GV vorgesehen!) Klageweise Einforderung Kaduzierungsverfahren nach §§ 66 ff GmbHG: Androhung des Ausschlusses in einem eingeschriebenen Brief unter Setzung einer 1-monatigen Nachfrist. Wenn erfolglos, dann Kaduzierung, dh... (Rechtsfolgen): Gesellschafter (C) verliert sämtliche Rechte durch Ausschluss Gesellschafter (C) haftet aber für den fehlenden Teil der Stammeinlage weiter Inanspruchnahme aller Vormänner des C innerhalb der letzten 5 Jahre (Reihenregress) Zahlt von den Vormännern niemand den ausstehenden Betrag ein, kann die Beta Immobilienverwaltungs GmbH den Anteil des C versteigern („verwerten“) Der Erwerber des Anteils wird durch Zahlung ipso iure Gesellschafter der GmbH (keine notariatsaktpflichtige Übertragung!) Wenn sich niemand findet (kein Anteilserwerber), kommt § 70 GmbHG zur Anwendung: Anteilshaftung der Mitgesellschafter; Mitgesellschafter haften für säumige Einlage des C ! d) Nein. Im Gegensatz zu Personengesellschaften haften GmbH–Gesellschafter Dritten im Grunde NICHT unmittelbar. Sie können daher von Gesellschaftsgläubigern nicht persönlich in Anspruch genommen werden (=„Trennungsprinzip“ Gesellschaft – Gesellschafter). Fall 40 Prinzipiell kann die Abberufung eines GmbH-Geschäftsführers (egal ob Dritter oder Gesellschafter) jederzeit und ohne wichtigen Grund durch eine einfache (Kapital-)mehrheit beim Gesellschafterbeschluss erfolgen (§ 16 Abs 1 GmbHG). 40 Ausnahme: Im konkreten Fall wurde gem § 16 Abs 3 GmbHG die Abberufung eines schon im Gesellschaftsvertrag bestellten Gesellschafter-Geschäftsführers (G-GF) auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt (ist also nur bei Selbstorganschaft möglich!). Bertram beruft Anton dennoch (grundlos) ab. a) Der Widerruf ist zwar zunächst wirksam. b) Anton kann jedoch als grundlos abberufener G-GF gegen den Beschluss der Generalversammlung Klage erheben = Anfechtungsklage (Rechtsgestaltungsklage) [vgl zur Anfechtung Fall 41c ]. c) Ja. Anton hätte sich im GV ein Sonderrecht auf Geschäftsführung (relativ zwingender Inhalt eines GV) einräumen lassen können. GF, denen das Sonderrecht auf Geschäftsführung eingeräumt wurde, können nur mit ihrer Zustimmung abgesetzt werden. => Der Beschluss der Generalversammlung wäre nicht anfechtbar, sondern gleich (absolut) nichtig gewesen, dh unwirksam. [Anm.: Ein GF mit Sonderrecht auf Geschäftsführung kann nämlich nach hA ausschließlich aus wichtigem Grund und NUR durch gerichtliche Klage abberufen werden!] Variante: Gar nicht. Enthält der GV die Klausel nicht und wurde Anton durch Gesellschafterbeschluss zum GF bestellt, reicht für seine Abberufung ein einfacher Mehrheiheitsbeschluss in der Generalversammlung (Anton darf selbst mitstimmen, Betram besitzt aber 85 %). Für Antons Abberufung muss auch kein wichtiger Grund vorliegen. [Anm.: Antons Abberufung bezieht sich auf seine Funktion als bestelltes Organ der GmbH ( Gesellschaftsrecht) und muss nicht (zwingend) die Beendigung seines Dienstverhältnisses zur GmbH (Arbeitgeber) als weisungsgebundener AN (er ist Gesellschafter unter 50 %) zur Folge haben ( Arbeitsrecht).] Fall 41 a) Der Entlastungsbeschluss für das abgelaufene Geschäftsjahr wird jährlich (in den ersten acht Monaten des laufenden Geschäftsjahres) von der Generalversammlung beschlossen. ( § 35 Abs 1 Z 1 GmbHG). Die „Entlastung“ der GF ist eine einseitige (Verzichts-)erklärung der GmbH in Beschlussform, dass die Gesellschaft gegenüber de m Geschäftsführer (GF) keine Schadenersatzansprüche bei Pflichtverletzungen des GF zustehen, wenn die Umstände aus den Unterlagen (zB Jahresabschluss) hervorgehen! Achtung: Ein Entlastungsbeschluss ist jedoch keine generelle Verzichtserklärung (kein Verzicht iSd § 1444 ABGB), sondern lediglich ein Vertrauensvotum der Generalversammlung zum Zeitpunkt des Beschlusses! Die Entlastung bezieht sich nie auf alle (möglichen und verborgenen) Ansprüche gegen den GF, sondern nur auf solche, die in den Büchern bzw Aufzeichnungen bei entsprechender Sorgfalt erkennbar waren. Rechtsfogen eines Entlastungsbeschlusses: 1) Das Erheben von Ansprüchen (auf die sich die Entlastung erstreckt hat) aus der GFHaftung nach § 25 Abs 2 GmbHG ist nicht mehr möglich! 2) Die Abberufung des G-GF aus wichtigem Grund scheidet aus. b) Nein. Der G-GF darf in der GV nicht selbst für seine Entalstung stimmen! => Peter (GGF) wäre nicht stimmberechtigt gewesen! c) Der Generalversammlungsbeschluss hat einen formellen Mangel (Abstimmungsmangel). Er ist daher anfechtbar (relativ nichtig). Werner kann den Entlastungsbeschluss nur anfechten, wenn er in der Generalversammlung anwesend war und dort seinen Widerspruch zu Protokoll gegeben hat (= Anfechtungsbefugnis, Anfechtungslegitimation). Die Anfechtungsfrist endet 1 Monat ab Absendung des Beschlusses an die Gesellschafter (Anm.: Unterschied zur Aktienges.). 41 [Anm.: Unterscheide von der Anfechtbarkeit (relative Nichtigkeit) des Beschlusses die (absolute) Nichtigkeit: Bei gravierenden Mängeln bedarf es nach hL überhaupt keiner Anfechtung, der Beschluss ist unwirksam; OGH: ? lässt das offen!] d) § 25 GmbhG: Haftung des GF = Verschuldenshaftung mit Beweislastumkehr => Peter (GF, Schädiger der Gesellschaft) müsste beweisen, dass er mit Sorgfalt eines pflichtbewussten, ordentlichen GF gehandelt hat (=Beweislastumkehr). => Er kann diesen Beweis hier sicher nicht erbringen. => Peter (GF) haftet persönlich für den entstandenen und verschuldeten Schaden! e) „Minderheitenrecht“: Gesellschafter, die (min) 10 % des Stammkapitals halten, können selbständig im Namen der Gesellschaft auf Zahlung in die Gesellschaftskasse klagen. => Werner (11 %) kann von diesem Minderheitenrecht Gebrauch machen und im Namen der ZicZac Immobilien GmbH Peter (GF) auf Schadenersatzzahlung der 500.000 Euro klagen. Fall 42 a) Ja. Die Vertretung der GmbH für alle gerichtlichen und außergerichtlichen, gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäfte ist Aufgabe des GF (GF bilden den Vorstand). Die Vertretungsmacht ist im Außenverhältnis (AV) unbeschränkt + unbeschränkbar. [Allerdings müssen die GF Beschränkungen, die sich aus dem Innenverhältnis (dh die Geschäftsführung betreffen) ergeben, einhalten (Zustimmungserfordernisse etc...).] Die GmbH muss im vorliegenden Fall den Überweisungsauftrag gegen sich gelten lassen, weil Rosenstiehl als alleiniger GF die Gesellschaft wirksam vertreten hat. Es liegt auch kein Kollusionsfall (Missbrauch der Vertretungsmacht, siehe BR) vor, weil die Bank keinesfalls arglistig (dolos) oder grob fahrlässig gehandelt hat. b) Rosenstiehl (GF) ist hier Drittorgan, es liegt Fremdorganschaft vor. Es gilt § 16 Abs 1 GmbHG. Rosenstiehls Abberufung kann keinesfalls im GV an einen wichtigen Grund gebunden worden sein, weil das nur bei Gesellschafter-GF (G-GF) möglich ist (also bei Selbstorganschaft). => Für die Abberufung des GF reicht eine 51 % - Kapitalmehrheit. => A und B können Rosenstiehl ohne wichtigen Grund (vgl Fall 40) durch Gesellschafterbeschluss abberufen! c) Der jeweilige (nachfolgende) GF muss unverzüglich Rosenstiehls Abberufung (=> Änderung der Vertretungsbefugnis!) ins FB eintragen lassen. Fall 43 a) 1) 2) 3) Organe der Schilift-Betriebs- GmbH: Geschäftsführer (Vorstand): 2 GF Generalversammlung (Gesamtheit aller Gesellschafter): 60 Beteiligte Aufsichtsrat? Ob eine GmbH einen Aufsichtsrat haben muss (obligatorischer AR) oder bloß haben kann (fakultativer AR), ergibt sich aus § 29 GmbHG: Nach § 29 Abs 1 Z 1 und Z 2 GmbHG muss eine GmbH jedenfalls einen AR haben, wenn... 1. eine Stammkapital von 70.000 Euro UND die Anzahl von 50 Gesellschaftern überschritten wird (Z 1) ODER 2. über 300 AN bei der GmbH beschäftigt sind (Z 2) Diese GmbH (Stammkapital 2 Millionen Euro + 60 Gesellschafter) ist AR-pflichtig! 4) Betriebsrat? Die Errichtung eines BR ist ab 5 AN möglich. Die Initiative muss aber von den AN kommen! Diese GmbH hat 45 AN. Es ist anzunehmen, dass sie auch einen BR hat! 42 b) Bestellung der Organe: 1) Bestellung der GF: erfolgt (egal ob Selbst- oder Drittroganschaft) durch die Gesellschafter (einfacher Kapitalmehrheitsbeschluss in der Generalversammlung oder durch schriftlichen Beschluss). G-GF können bereits im Gesellschaftsvertrag bestellt werden. 2) Generalversammlung: = Summe aller GmbH-Gesellschafter 3) Bestellung des Aufsichtsrats (AR): 1. Zwei Drittel der Mitglieder des AR werden durch Gesellschafterbeschluss gewählt (Entsendung durch Gesellschafter Vertretung der Anteisinhaber) 2. Ein Drittel des AR wird durch Mitglieder des Betriebsrats (BR) beschickt ( ANVertretung) Verhältnis: 2 Gesellschafter : 1 AN- Vertreter (§ 110 ArbVG). 4) Bestellung des BR: Arbeitnehmer (BR-Wahl durch AN Frage des kollektiven Arbeitsrechts). Fall 44 a) Die Übertragung von GmbH-Anteilen ist formpflichtig: Sowohl Titel (Urkunde) als auch Modus sind notariatsaktpflichtig. b) Der GF (Burghard) hat kraft Gesetzes den Übergang von Geschäftsanteilen zum FB anzumelden ( § 26 Abs 1 GmbHG). [Anm.: Publizität der Geschäftsanteile bei der GmbH = Unterschied zur AG: Anonymität!] c) „Vinkulierung“ der Anteile bedeutet, dass die Übertragung von Geschäftsanteilen im Gesellschaftsvertrag an bestimmte Voraussetzungen (zB Qualifikationen des Erwerbers, Vorkaufsrechte...) und/oder an die Zustimmung der Gesellschafter (Generalversammlung) gebunden = vinkuliert ist [vinculum, lat. = „Fessel“]. Da in diesem Fall Anton 60 % der Anteile besitzt und er für eine Übertragung mitstimmen darf, ist es nötig, die Übertragung von Anteilen im Gesellschaftsvertrag an eine qualifizierte Mehrheit (75 %) zu binden (bei einfacher Mehrheit würde Burghard von Anton überstimmt werden!). Sind die Anteile vinkuliert (qualifizierte Mehrheit), und stimmt Burghard gegen die Übertragung von Antons Anteilen an Caspar, kann keine Übertragung erfolgen. Das Gericht kann allerdings die Übertragung gestatten (§ 77 GmbHG) , wenn 1. Anton seine Stammeinlage (200.000 Euro) voll eingezahlt hat 2. Keine ausreichende sachliche Begründung für die Ablehnung des C vorliegt 3. Keine Schädigungsgefahr für die GmbH entsteht. Variante: a) Nein. Auch wenn zwischen Burghard und Caspar der Übertrag zustande gekommen ist (gültig, sobald Notariatsakt erfolgt), kann Casper gegen den Beschluss nichts unternehmen ( zB Anfechtung wegen Einberufungsmangels), weil eine mögliche Anfechtung durch Caspar an seiner Anfechtungslegitimation (Anfechtungsbefugnis) scheitert: Anfechtungslegitimiert ist nur, wer in der Generalversammlung erschienen ist und dort seinen Widerspruch zu Protokoll gegeben hat (vgl Fall 40 b) bzw wer unberechtigterweise nicht zur Generalversammlung zugelassen war. b) Zu ihrer Verteidigung können Anton und Burghard vorbringen, dass Caspar im Verhältnis zur Gesellschaft am 09. 92. noch nicht Gesellschafter war (trotz erfolgter Übertragung der Anteile!), weil er als neuer Gesellschafter erst am 28. 02. ins FB eingetragen wurde (vgl § 78 Abs 1 GmbHG). Caspar hatte gar kein Recht auf Einladung zur Generalversammlung! => In der Praxis muss dieses Problem durch eine entsprechende vertragliche Bestimmung werden! 43 Fall 45 a) Nein. Grundsätzlich ist die Teilung eines GmbH-Anteils nur möglich, wenn sie im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde. b) „Vinkulierungsklausel“ (vgl Fall 44 c): Vinkulierung heißt die Bindung eines Rechts an gewisse Bedingungen, zB Zustimmungserfordernisse...(im Gesellschaftsvertrag). Die (nachträgliche) Einfügung einer „Vinkulierungsklausel“ stellt eine Änderung des Gesellschaftsvertrages, also ein Grundlagengeschäft, dar. Prinzipiell bedürfen Grundlagengeschäfte einer ¾ - Mehrheit in der Generalversammlung. Die Vinkulierung stellt allerdings einen ganz massiven Eingriff in die Rechte aller Gesellschafter dar (erschwerte Übertragbarkeit der Anteile). Falls ALLE Anteile vinkuliert werden sollen, ist jedenfalls die Zustimmung ALLER Gesellschafter (einstimmiger Beschluss) erforderlich! Fall 46 a) Vorteile, die die Gesellschaft einem Gesellschafter (bzw seinen Familienmitgliedern), nicht aber einem Dritten gewährt (= Beurteilung durch Fremdvergleich, „Dealing at arm´s length“), fallen unter verdeckte Gewinnausschüttung bzw Einlagenrückgewähr. Einlagenrückgewähr ist unter zwei Aspekten rechtlich bedenklich und daher verboten: 1) Gleichbehandlungsgrundsatz: Werden einem bestimmten (oder einigen) Gesellschafter(n) Vorteile durch die Gesellschaft gewährt, verstößt das gegen die Gleichbehandlungspflicht. 2) Gläubigerschutz: Durch (verdeckte) Zahlungen an Gesellschafter verringert sich das Gesellschaftsvermögen der GmbH, dh der Haftungsfond (Stammkapital) für Gesellschaftsgläubiger wird verringert. Einlagenrückgewähr verletzt ergo auch den Gläubigerschutz. b) Rechtsfolgen: Das Rechtsgeschäft zwischen dem Gesellschafter und der „Alpenflug GmbH“ ist nichtig. Es entsteht ein Rückzahlungsanspruch der GmbH gegen den begünstigten Gesellschafter, den sie innerhalb von 5 Jahren geltend machen muss. Zahlt der Begünstigte nicht, kommt es zur sog. Ausfallshaftung der übrigen Mitgesellschafter (anteilige Haftung der Mitgesellschaft im Verhältnis zu den von ihnen übernommenen Stammeinlagen; v. a. bei Sachleistungen). Bei Dienstleistungen (hier: Rundflug) wird eben die Differenz (50 % Rabatt) wieder eingezaht werden müssen. Fall 47 [Die Einmann-Gründung einer GmbH ist grundsätzlich zulässig. Die GmbH entsteht dann durch die sog. „Errichtungserklärung“ (einseitiges Rechtsgeschäft, eine Willenserklärung), die an die Stelle des Gesellschaftsvertrages = zweiseitiges Rechtsgeschäft, zwei übereinstimmende Willenserklärungen) tritt. Auch sie ist notariatsaktpflichtig.] Ja. Im Grunde genommen ist es möglich, dass der GF einer GmbH ein gewinnunabhängiges Gehalt bezieht. Der GF steht dann mit der GmbH (Dienst-oder Arbeitgeber) als Dienstnehmer (Arbeitnehmer) in einer schuldrechtlichen (vertraglichen) Beziehung (freier Dienstvertrag oder Arbeitsvertrag). Entscheidend – bes. für die Sozialversicherung - ist dabei die Weisungsgebundenheit des GF (ASVG: weisungsgebunden; GSVG: weisungsfrei). Der Dienstvertrag betrifft immer das Innenverhältnis. 44 Diese Grundsätze gelten auch für die Einmann-GmbH. A darf prinzipiell Geld aus der Gesellschaftskasse als Vergütung beziehen. Zu prüfen wäre jedoch, ob dieses Entgelt angemessen ist, dh ob die GmbH mit einem unabhängigen Dritten zu denselben Bedingungen kontrahiert hätte (= Fremdvergleich; „dealing at arm´s length“; vgl Fall 46 a). Im konkreten Fall besteht ein Verdacht auf verdeckte Gewinnausschüttung (verbotene Einlagenrückgewähr), der durch die knappe Formulierung des Sachverhalts jedoch nicht bewiesen scheint. Allerdings muss gemäß § 18 Abs 5 GmbHG über Verträge, die der einzige Gesellschafter sowohl in eigenem Namen (hier als Dienstnehmer) als auch in seiner Funktion als Allein-GF namens der GmbH (Dienstgeber) abschließt, unverzüglich eine schriftliche Urkunde errichtet werden. Dabei muss vorgesorgt werden, dass nachträgliche Änderungen des Inhalts (zB Erhöhung des bezogenen Gehalts) und mögliche Zweifel über den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ausgeschlossen sind. => A hat diese gesetzliche Formvorschrift (Schriftlichkeit) missachtet. => Der GF-Vertrag ist nichtig. Rechtsfolge: Es entsteht eine Rückzahlungspflicht des A gegen die Gesellschaft. Der Konkurrent (Übernehmer der Einmann-GmbH) fordert zu Recht (als neuer GF im Namen der GmbH) die von A in den letzten 5 Jahren (=Verjährungsfrist der Ansprüche) entnommenen Beträge. Fall 48 Ja. Ein GmbH-GF ist an die Weisungen der Generalversammlung gebunden (=> Unterschied zur AG: Der Vorstand einer AG ist nicht an die Weisungen der Hauptversamlung gebunden!) Umstritten (TdL §§) ist, inwieweit (ob überhaupt) ein GF, der einen (ordnungsgemäßen) Beschluss der Generalversammlung befolgt und dadurch der Gesellschaft einen Schaden zufügt, für diesen Schaden im Rahmen der GF-Haftung persönlich einstehen muss: nach § 25 Abs 2 GmbHG befreit das Befolgen der Generalversammlungsbeschlüsse den GF vor allem dann NICHT, wenn es sich um Ansprüche von Gesellschaftsgläubigern handelt („Erforderlichkeit des Ersatzes zur Gläubigerbefriedigung“). Ein Teil der Lehre (Koppensteiner, Harrer) vertritt diese Haftung des § 25 Abs 2 GmbHG aber nicht ( GF werden durch Weisung entlastet!). In der Praxis hat der GF, der die Weisungen der Generalversammlung als schädlich einstuft, drei Möglichkeiten: 1) Ist der Beschluss der Gesellschafter gesetzes- bzw gesellschaftsvertragswidrig, kann er den Generalversammlunsgbeschluss (einzeln) klageweise anfechten (= Ausnahmefall). [Anm.: Beschlüsse, durch die sich ein GF strafbar machen würde bzw die gegen eine zwingende materielle Norm verstoßen oder sittenwidrig iSd Generalklausel des § 879 ABGB sind, sind meistens ohnehin (absolut) nichtig und bedürfen ergo keiner Anfechtung!] 2) Er kann die Weisung befolgen. 3) Er kann seinen Rücktritt nach § 16a GmbHG erklären (unter Einhaltung einer 14-tägigen Frist, bei wichtigem Grund auch sofort wirksam). Fall 49 a) Ein solches Darlehen heißt „eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen“. Zur rechtlichen Qualifikation eines solchen muss unbedingt auf den Zeitpunkt, zu dem der Gesellschafter der Gesellschaft das Darlehen gewährt hat, abgestellt werden: 45 1) Befand sich die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Gewährung in einer Krisensituation (Sanierungsbedarf, Illiquidität): ja und 2) Hätte sie zu marktüblichen Konditionen von einem Dritten keinen Kredit mehr bekommen: ja (= „Kreditunwürdigkeit“) liegt jedenfalls ein eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen vor. [3) Dasselbe gilt nach jüngster Rsp des OGH und hL aber auch für Darlehen, die schon zu einem früheren Zeitpunkt gewährt wurden, aber trotz Krise und Kreditunwürdigkeit weitergewährt (stehengelassen) werden (= „Kreditprolongierung“).] => Die Eigenkapitalsdarlehensgewährung ist verboten, weil sie – wie die Einlagenrückgewähr – die Grundsätze des Gläubigerschutzes verletzt: Geht die GmbH nämlich in Konkurs und macht der Gesellschafter (Darlehensgeber) seine Forderung aus dem Darlehen gegen die Gesellschaft im Konkurs geltend, wird der Haftungsfonds bzw die Konkursmasse zum Nachteil der Gesellschaftsgläubiger verringert ( Minderung der Konkursquote auch der Mitgesellschafter = Überwälzung auf Mitgesellschafter!). Die Rechtsfolgen des e.ers. Geselschafterdarlehens sind daher: 1) Das einbezahlte Darlehen kann der Gesellschafter (DG) während der Krise bzw im Konkurs nicht von der Gesellschaft (DG) zurückfordern, es wird wie Eigenkapital behandelt. b) Ja. 2) Die Darlehensrückzahlung an A kurz vor dem Konkurs ist in einer klaren Umgehungsabsicht erfolgt. Es kommen die Rechtsfolgen der Einlagenrückgewähr (vgl Fall 46 b) in analoger Weise zur Anwendung: A ist zur Rückeinzahlung des Darlehensbetrages verpflichtet. Die Masseverwalter können die 1 Mio. Euro von A verlangen. c) vgl zB Personengesellschaften: Wiederaufleben der unmittelbaren Haftung des Kommanditisten durch Einlagenrückgewähr bei der KG (vgl Fall 32 Variante) ev. Einlagenrückzahlung an atypischen (also haftenden) stillen Gesellschafter einer atypischen stG etc... [Anm.: Einer GmbH in so einer Situation bleiben letztendlich nur zwei Möglichkeiten: 1. Erhöhung des Eigenkapitals durch Eigenkapitalnachschuss (iV der Stammeinlagen der Gesellschafter): Wurde eine Nachschusspflicht im Gesellschaftsvertrag vorgesehen, bedarf es nur eines einfachen Mehrheitsbeschlusses. Soll sie aber erst jetzt eingeführt werden, bedarf es der Zustimmung ALLER Gesellschafter (Einstimmigkeit bei Grundlagengeschäften bzw Änderung im GV, die massiven Rechtseingriff für alle Ges. darstellen) oder 2. Konkursanmeldung ] Fall 50 [Grundsätzlich 3 Arten von Beschlussfassungen bei GmbH: 1) durch Generalversammlungsbeschluss: Einberufung der Gesellschafter 7 Tage im voraus durch GF; Präsenzquorum (beschlussfähig): ab min 1/10 des Stammkapitals; Konsensquorum: grundsätzlich einfache Kapitalmehrheit 2) durch Umlaufbeschluss: = schriftliche Abstimmung eines jeden Gesellschafters; Bedingung: Zustimmung aller Ges. zur schriftlichen Beschlussfassung; Konsensquorum: Mehrheit der Gesamtzahl der Gesellschaft, nicht nur der abgegebenen Stimmen! 3) hM: ad-hoc-Beschlüsse (auch formlos, konkludent etc...): Präsenzquorum: alle; Konsensquorum: alle (Einstimmigkeit) - va bei 2-Mann-GmbH etc...] 46 Im konkreten Fall ist eine schriftliche Beschlussfassung (vgl Pkt 2) angestrebt. Alle sind mit der Art der Beschlussfasung einverstanden => Sie ist zulässig. Variante: a) Für Beschlüsse in der Generalversammlung reicht die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Diese wäre hier gegeben. Bei einem schriftlichen Umlaufbeschluss gilt allerdings § 39 Abs 2 GmbHG: Die Mehrheit ist nach der Zahl der Gesamtstimmenanzahl (dh inkl Stimmenthaltungen etc) zu berechnen. => Der Antrag wurde abgelehnt! b) Adalbert will eine Überprüfung des letzten Jahresabschlusses anstreben. Er ist mit 10 % am Stammkapital beteiligt (=> Minderheitsgesellschafter). Weil der Antrag abgelehnt worden ist (Bedingung!), kann Adalbert von einem der Minderheitenrechte Gebrauch machen: § 45 GmbHG berechtigt ihn, wenn er die Unredlichkeiten in der Geschäftsführung beweisen kann, zur Revisorenbestellung zur Prüfung des letzten Jahresabschlusses. Aktiengesellschaft Fall 51 a) (obligatorischer) Mindestinhalt einer AG.Satzung (vgl zur GmbH Fall 37 a): Sitz, Unternehmensgegenstand, Höhe des Grundkapitals, Zusammensetzung des Vorstandes, Firma (Sachfirma; nur in Ausnahmefällen bei Verkehrsgeltung Abweichung möglich. Vgl Fall 4 h), Aktien etc... b) Formvorschrift für Satzung: im §§: „notarielle Beurkundung“ jedoch hM: „notariatsaktpflichtig“ Unterschied: notarielle Beurkundung = amtliche Besiegelung des Notars, dass etwas erklärt wurde (reine Beurkundung von Tatsachen) Notariatsakt = Beurkundung einer Willenserklärung UND zusätzliche Rechtsbelehrung (zB Warnung vor gefährlichen Vertragsbestimmungen etc...) c) Mindestgrundkapital bei AG: 70.000 Euro; nach 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz kann die Gründung einer AG (GmbH, vgl GmbH-Recht Fall 37a Anmerkung) noch in Schilling ( 1 Mio öS Grundkap.) erfolgen (Übergangsbestimmung) d) Aktienarten ( Art der Gestaltung): Aufstückelung des Grundkapitals ENTWEDER in Nennbetragsaktien: „Einteilungsfrage“: Zulässig sind nur solche Nennbeträge, die ein Vielfaches von 1 Euro darstellen => nur GANZE Zahlen! Auf einer Nennbetragsaktie steht der Nennwert (Nominale) direkt drauf (zB 1.000 öS, 1 Euro ...) => Der Anteil am Grundkapital ist direkt ablesbar (zB 1000 Euro Nominale; 10.000 Euro Grundkapital Anteil = 10 %) Im vorliegenden Fall gibt es laut Satzung zwei Arten von Nennbetragsaktien (zulässig): 10 Euro und 100 Euro. ODER Stückaktien: 1 Stückaktie ist ein verbriefter Anteil am Grundkap.; Wert ist nicht direkt ablesbar, sondern nur durch Kenntnis der Gesamtanzahl der Aktien zu ermitteln (zB Gesamtanzahl der Stückaktien 100, 5 Stück 5%-Anteil); Mindestwert einer Stückaktie muss aber 1 Euro sein, KOMMAzahlen zulässig! Auf der Urkunde selbst steht nur die Zahl der darin verbrieften Aktien drauf. e) Der Nennbetrag drückt bloß die Beteiligungsquote am Stammkapital aus, f) Nicht aber den aktuellen Wert der Aktie bzw des Unternehmens! g) Aktientypen ( Art der Übertragung): 47 Namensaktien: Übertragung durch Indossament (siehe Wertpapierrecht, Fall 65 etc); Gesellschaft weiß, wer Aktionäre sind (werden im Aktienbuch eingetragen) Inhaberaktien: Übertragung durch Übergabe; kein Aktienbuch; Anonymität Beachte: Im Gegensatz zu den Aktienarten (siehe d) kann eine AG BEIDE Aktientypen führen! h) Aktiengattungen ( Art der Rechte): Stammaktien: sind Stimmrechtsaktien; gewähren Vermögens- (Dividende) und Verwaltungsrechte (Sitz und Stimme in der Hauptversammlung) Vorzugsakien: meist keine Verwaltungsrechte (stimmrechtslos), aber dafür mehr Vermögensrechte (zB höhere Dividende) i) Würden in diesem Fall anstelle der Nenwertaktien Stückaktien ausgegeben, müsste darauf geachtet werden, dass die “Stückelung” für alle Aktien gleich ist; Stüchaktien mit unterschiedlichen Beteiligungsquoten sind unzulässig! Der Mindestwert einer Stückaktie müsste 1 Euro sein. => Man könnte im konkreten Fall also maximal 70.000 Stückaktien (Grundkapital = 70.000 Euro!) ausgeben! i) Nein. Sie verbriefen aber einen Anteil am Grundkapital (= Rechenwert einer Stüchaktie; in Bsp i) also 1 Euro). Fall 52 a) Grundsätzlich kann jeder Träger von Rechten und Pflichten Gründer einer AG sein, dh jede natürliche (Erich, Ulrich) und juristische (Heinrichs GmbH) Person. Die Gründer verfügen über das notwendige Grundkapital für eine AG (70.000 Euro): 3*30.000 Euro = 90.000 Euro. Sie haben eine Zielsetzung / ein Tätigkeitsfeld (die Geschäftsidee: Kanzleiprogramme). Da keine Sacheinlagen eingebracht werden, ist keine qualifizierte Gründung (Gründungsprüfung; vgl GmbH-Recht) erforderlich. Allenfalls könnten die drei auch eine GmbH gründen. b) Es wird eine (einfache) Simultangründung (Einheitsgründung) erfolgen, dh die Gründer übernehmen alle Aktien, weil die Aufbringung des Kapitals gesichert ist. Erforderliche Schritte zur Gründung: 1) (fakultativer) Vorvertrag (hM: notariatsaktpflichtig §§: „notarielle Beurkundung“; zum Unterschied vgl Fall 51 b) 2) Festlegen der Satzung und Aktienübernahme durch die Gründer (hM: notariatsaktpflichtig §§: notarielle Beurkundung) => Entstehung der VOR–AG 3) Gründer bestellen... Ersten Aufsichtsrat (später durch Hauptversammlung =HV bestellt) Erste Abschlussprüfer (später ebenfalls durch HV bestellt) 4) Aufsichtsrat bestellt Ersten Vorstand (auch später) Ab Bestellung des 1. Vorstandes durch den AR ist die VOR-AG handlungsfähig! 5) Erstellung eines schriftlichen Gründungsberichtes durch Gründer 6) Gründungsprüfung: Im konkreten Fall liegt eine Bargründung vor, es ist grundsätzlich keine Gründunsgprüfung nötig. Ein externer Gründungsprüfer (durch FB-Gericht bestellter Wirtschaftsprüfer) hat vor allem bei Gründung mit Sacheinlagen (=Einbringung einer Sache gegen Aktien) oder Sachübernahmen (=Einbringung einer Sache gegen Geld , dh durch Gründer oder Dritte möglich) bei Interessenskollisionen des AR und Vst 48 wenn sich AR oder Vst Gründungsaufwand verrechnet haben lassen. (Gläubiger- und Aktionärsschutz) Der externe GP würde einen Gründungsprüfungsbericht schreiben und diesen dem FBGericht übergeben. 7) Erbringung der Mindesteinzahlungspflicht (dazu gleich unter c) c) Vor der Eintragung ins FB ist zu leisten: Sacheinlagen: zur Gänze Bareinlagen: Die Mindesteinzahlungspflicht auf Bareinlagen = ¼ des „geringsten Ausgabebetrages“. „geringster Ausgabebetrag“ ist....... 1. bei Nennwertaktien: Nennwert (Nominale) Bsp 1: Nennwertaktie mit Nominale 100 öS = „geringster Ausgabebetrag“ => => ¼ vom Nominale = 25 öS Mindesteinlage ACHTUNG: Werden nicht mindestens 25 öS auf die übernommenen Aktien einbezahlt, sind die Aktien nichtig! (= Verbot der Unter-Pari-Emission). Werden hingegen 200 öS als tatsächlicher Ausgabebetrag auf eine Aktie mit 100 öS Nominale eingezahlt, sind die Aktien zulässig (Über-Pari-Emission). Die Differenz Einzahlungsbetrag- Nennwert (200–100 =100 öS) nennt man „Agio“ (Aufgeld, Mehrwert). Das Agio muss in der Bilanz einer gebundenen Kapitalrücklage (gebundene RL) zugeführt werden, welche gem § 130 Abs 4 AktG NUR gegen Bilanzverluste aufgelöst werden darf. Die gebundene Kapital-RL darf nicht zur Gewinnausschüttung an die Aktionäre verwendet werden! 2. bei Stückaktien: Rechenwert Bsp 2: Grundkapital = 100.000 Euro, Ausgabe von insgesamt 1000 Aktien Rechenwert (Anteil/ Aktie) = 100.000 : 1000 = 100 Euro/Stückaktie (=geringster Ausgabebetrag) => Bei einer 200-Euro-Emission (ÜberPari-Emission) müssten mindestens 100 Euro (=Agio: 200-100) + 25 Euro (=Mindesteinlage: ¼ vom Rechenwert) = 125 Euro eingezahlt werden! d) Anmeldung zum FB: gesamter Vst, AR & alle Gründer; erst mit (konstitutiver) Eintragung wird die VOR-AG zur AG! Variante: (siehe auch Frage b) Ja. Die Sacheinlage des Ulrich und die Person des Einlegers muss in der Satzung festgehalten werden. Sacheinlagen müssen zur Gänze vor der FBEintragung erbracht werden. Es ist eine externe Gründungsprüfung (vgl dazu schon unter b Pkt 6) nötig! Fall 53 Skizze des Sachverhalts: 1) D-AG (1. Gründer) + StmB-GmbH (2. Gründer) => gründen EU-AG (Grundkap.100 Mio öS) am 1. 7. 1998 2) Kaufvertrag (2 Mio öS; 12.3.1999) EU-AG Altern-GmbH <= D-AG (90% an GmbH) Prinzipiell hat der Vorstand einer AG den völligen Vertretungsmonopol für die Gesellschaft in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, ordentlichen und außerordentlichen Geschäften. Mangels anderer Bestimmung im GV müssen alle Vst-Mitglieder einer Vertretungshandlung zustimmen (unterschreiben). [anders bei Geschäftsführung: einf. Mehrheitsbeschluss der Vst-Mitglieder genügt] Im konkreten Fall ... 49 1) wurde das Geschäft (Kaufvertrag zw. EU-AG und Altern-GmbH) im 1. Jahr nach der Gründung der EU-AG abgeschlossen 2) ist die Altern-GmbH eine Tochtergesellschaft der D-AG (90%), die wiederum 3) Gründer der EU-AG ist 4) Stellt der Kaufpreis (2 Mio öS) 20 % des Grundkapitals (100 Mio) der EU-AG dar! => Es liegt der Tatbestand der „verbotenen Nachgründung“ (§§ 45 ff AktG) vor, weil es sich um ein Geschäft mit Gründern oder ähnlichen Gesellschaften (hier: Tochtergesellschaft der Gründerin!) handelt das Geschäft in Höhe von min. 10 % des Grundkapitals (hier: 20 % des Grundkap.) abgeschlossen wurde der Vertrag innerhalb von 2 Jahren nach FB-Eintragung (=Entstehen) der gegründeten AG abgeschlossen wurde (ja: Eintragung 1.7.1998 der EU-AG Vertragsabschluss 12.3.1999) Bei solchen verbotenen Nachgründungsgeschäften wird der (grundsätzlich unbeschränkte+Dritten gegenüber unbeschränkbare) Vertretungsmonopol des Vst durchbrochen ( keine wirksame Vertretung). Rechtsfolge der verbotenen Nachgründung: Das Rechtsgeschäft (Kaufvertrag) ist so lange schwebend unwirksam (negotium claudicans), bis der Vorstand 1) die Zustimmung der Hauptversammlung eingeholt hat (Beschluss bedarf ¾ -Mehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Kapitals) 2) (bei Zustimmung der HV) eine externe Gründungsprüfung (+ Gründungsprüfungsbericht) erfolgt 3) der Vertrag schließlich ins FB eingetragen wird. Lehnt die HV den Kaufvertrag ab (keine ¾ - Mehrheit), ist kein wirksames Rechtsgeschäft zustandegekommen. b) Abberufung des Vst und Alternativen: § 75 Abs 4 AktG: Der Aufsichtsrat kann den Vst nur aus wichtigem Grund (zB grobe Pflichtverletzung, objektiv sachliches „Misstrauensvotum“ der HV...) abberufen. Zur Abberufung des Vst ist allerdings eine sog. „doppelte Mehrheit“ (dazu gleich unten Fall 54 a) im AR nötig. Alternative: Die Vst-Mitglieder haben mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers zu handeln (vgl auch bei der GmbH Fall 41 d). Die Vst- Haftung ist eine Verschuldenshaftung mit Beweislastumkehr ( entspricht Haftung eines GmbH-GF). Im vorliegenden Fall kann der Vst, der 10.000 Euro ausbezahlt hat (ohne dafür eine Gegenleistung zu fordern), als Schädiger ( Beweislastumkehr) der AG seine Sorgfalt sicher nicht beweisen. => Er wird der Gesellschaft (persönlich) schadenersatzpflichtig. Weil der Vst ja selbst Beklagter (passivlegitimiert) ist, wird die AG im Prozess nicht durch den Vst, sondern durch den Aufsichtsrat (AR) vertreten (=Ausnahme). [Anm.: Betraf das Geschäft das vorige Gj und wurde bereits von der HV die Enlastung (siehe GmbH-Recht, Fall 41) des Vst beschlossen, befreit die Entlastung den Vst dennoch nicht von seiner Haftung ggü. der AG, weil die Entlastung kein genereller Verzicht auf alle Ansprüche ist, sondern nur ein Vertrauensvotum der HV, das sich auf aus den Büchern zum Zeitpunkt des Entlastungsbeschlusses erkennbare Ansprüche bezieht!] Fall 54 a) Gem § 75 Abs 1 AktG werden Vorstandsmitglieder (Vst) vom Aufsichtsrat (AR) gewählt. Bei der AG gilt das Prinzip der Drittoganschaft (Fremdorganschaft). Mangels anderer 50 Satzungsbestimmung („im Zweifel“) reicht für einen wirksamen AR-Beschluss eine einfache Mehrheit bei der AR-Sitzung. Ausnahme: Der AR-Beschluss für die Bestellung [und Abberufung, vgl Fall 53 b] des Vst unterliegt einer „doppelten Mehrheit“: 1) Es muss eine (einfache) Mehrheit des gesamten AR (inkl AN-Vertreter) vorliegen. 2) Zusätzlich muss auch noch die Mehrheit der Aktionärsvertreter allein, also unter Ausschluss der nach § 110 ArbVG entsandten AN-Vertreter [vgl dazu auch AR einer GmbH, Fall 43 b Pkt 3 ], gegeben sein (= „Aktionärsschutz“). Bsp. für „doppelte Mehrheit“: AR (9); davon 6 KapV + 3 AN-V => doppelte MH: 1. min. 5 (MH des ges AR: 9) 2. min. 4 (MH der KapV: 4) Die Vst-Bestellung erfolgt im Grunde für (höchstens) 5 Jahre. Bei längerer Bestelldauer ist sie nur 5 Jahre wirksam. Was die Geschäftsführungsbefugnis des Theo (betrifft Innenverhältnis) angeht, wurde durch den AR-Beschluss (kann auch in der Satzung stehen) eine „Ressortverteilung“ (Geschäftsverteilung) festgelegt, dh bestimmte Bereiche im Unternehmen (Beschaffung, Personal, Marketing, Finanzierung etc) werden bestimmten Vst-Mitgliedern zugeteilt. Theo wurde der Personalbereich zugeteilt. (Er hat Einzelgeschäftsführungsbefugnis.) b) IdR (mangels anderer Satzungsbestimmung) entscheidet der Vst mit Gesamtgeschäftsführung durch (einfache) Mehrheitsbeschlüsse. Der AR kann jedoch einen Vorstandsvorsitzenden wählen. Bei Stimmengleichheit im Vst in GF-Angelegenheiten entscheidet dann die Stimme des Vst-Vorsitzenden. Man sagt auch, der Vst-Vorsitzende hat ein Dirimierungsrecht. [Achtung: Bei der Vertretung muss im Zweifel Einstimmigkeit im Vst vorliegen!!] Im Gegensatz zu den GF einer GmbH (vgl Fall 48) ist der Vst einer AG weder dem AR noch den Beschlüssen der Hauptversammlung weisungsgebunden (völliges Geschäftsführungsmonopol). Vorliegender Fall: ist Ausnahme, weil „doppelte Mehrheit“ erforderlich...( siehe Beantwortung Frage a) c) [vgl Fall 53 b und Fall 56 b]: Nach § 75 Abs 4 AktG kann der AR die Bestellung zum VstMitglied vorzeitig widerrufen („doppelte Mehrheit“ etc). Voraussetzung dafür ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Das AktG führt als Beispiele dafür eine grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung und auch die Entziehung des Vertrauens durch die Hauptversammlung („Misstrauensvotum“) an. Eine grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit sind den Sachverhaltsangaben (neue Betriebsvereinbarung, Senkung der Personalkosten udrch Theo...) nicht zu entnehmen. Es bleibt daher nur mehr die Entziehung des Vertrauens durch die HV, weil die Aktionäre aufgrund Theos Jähzornigkeit und der daraus resultierenden Kündigungen einiger hochqualifizierter Mitarbeiter das Vertrauen in seine Kompetenz als Personalchef verloren haben könnten. Mangels anderer Satzungsbestimmung muss beim HV-Beschluss die (einfache) Mehrheit der abgegebenen Stimmen vorliegen. Das Vertrauen darf aber auch nicht aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden sein. Theo könnte sich mit einer Klage ans Gericht wenden, in der er (hier wohl eher) erfolglos behauptet, dass der Entzug des Vertrauens auf offenbar unsachlichen Gründen beruht. Der Widerruf seiner GF-Befugnis bleibt aber jedenfalls bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung durch das Gericht wirksam. Fall 55 a) Vertretung (Außenverhältnis): Grundsätzlich hat der Vorstand einer AG Vertretungsmonopol für alle gerichtlichen und außergerichtlichen, ordentlichen und außerordentlichen 51 Geschäfte. Der von Veronika (Vst-Vorsitzende) allein unterzeichnete Kaufvertrag ist aus mehreren Gründen ungültig: 1) Die Übertragung (Veräußerung) eines Geschäftsanteils einer GmbH unterliegt einer gesetzlichen Formvorschrift, die Veronika missachtet: Sie ist notariatsaktpflichtig. Allein schon aus diesem Grund (Abfassung des Vertrages durch einen Rechtsanwalt befreit nicht von der Notariatsaktpflicht!) ist das Rechtsgeschäft zwischen der Industrie-AG (Veronika) und der Gentech-AG unwirksam. 2) Im Zweifel (dh mangels anderer Bestimmung im GV) kommt mehreren Vst-Mitgliedern nur Gesamtvertretungsbefugnis zu, dh sie müssen die AG im Kollegium vertreten. Für Vertretungshandlungen (Kaufvertrag mit Drittem) bedarf es im Zweifel der Zustimmung ALLER Vst-Mitglieder (Einstimmigkeit bei Vertretungshandlungen des Vst). [Achtung: Dass Veronika hier Vst-Vorsitzende ist, ist für eine Vertretungshandlung irrelevant. Geschäftsführung (Innenverhältnis) und Vertretung (Außenverhältnis) müssen streng unterschieden werden: Bei einer GF-Angelegenheit würde eine einfache Mehrheit im Vst reichen, Veronika hätte als Vst-Vorsitzende bei Stimmengleichheit das Dirimierungsrecht, dh ihre Stimme würde entscheiden. In diesem Fall geht es aber um die Vertretung!!! ] Im konkreten Fall hat Veronika den Vertrag allein unterzeichnet, obwohl der Sachverhalt keine Anhaltspunkte für eine Einzelvertretungsbefugnis bietet. Sie hat die Gesamtvertretungsbefugnis (Mitwirkung des Viktor) missachtet. => Auch allein aufgrund dieser Tatsache ist der Kaufvertrag mit der Gentech-AG nichtig. 3) Angenommen, Veronika erfüllt die gesetzliche Formvorschrift (Notariatsakt) und auch Viktor als 2. Vst-Mitglied wirkt bei der Unterzeichnung des Kaufvertrages über die Veräußerung der GmbH-Anteile an der Biotech-GmbH mit. Dann kommt § 95 Abs 5 AktG für dieses Geschäft zur Anwendung: Nach § 95 Abs 5 Z 1 AktG stellt „die Veräußerung von Beteiligungen“ ein aufsichtsratpflichtiges Geschäft dar. Es sind Beteiligungen iSd § 228 HGB gemeint: Danach gelten im Zweifel jedenfalls jene Anteile an einem anderen Unternehmen als Beteiligung, wenn es sich um „Anteile an einer Kapitalgesellschaft“ handelt, „die insgesamt den fünften Teil des Nennkapitals dieser Gesellschaft erreichen.“ (Legaldefinition). => Es handelt sich um eine 20 %-Beteiligung (1/5) der AG an der BiotechGmbH (Kapitalgesellschaft) => Tatbestand des § 228 HGB erfüllt. Aufsichtsratpflichtig (§ 95 Abs 5 AktG) heißt, dass die dort aufgezählten Geschäfte einer gesonderten Zustimmung des AR bedürfen (Anm.: Diese Beschränkung ist nur für das Innenverhältnis von Bedeutung!) Übergehen Viktor und Veronika (Vst) beim Abschluss des Kaufvertrags den AR, wird der Vertrag mit der Gentech-AG dennoch wirksam (keine Beschränkung der Vertretung im Außenverhältnis möglich!). => Im Innenverhältnis macht sich der Vst allerdings (uU) der Gesellschaft gegenüber schadenersatzpflichtig. b) Eine Vinkulierung der Anteile (vgl GmbH-Recht, Fall 44 c und Fall 45 b) im GV der Biotech GmbH bedeutet in diesem Fall, dass die Veräußerung der GmbH-Anteile durch die Industrie-AG an die Zustimmung der Gesellschafter der Biotech-GmbH gebunden ist. Das bedeutet, dass die Zustimmung der Generalversammlung der Biotech-GmbH nötig ist. Fall 56 a) Ja. Die Bildung von Ausschüssen im AR ist geboten (zB Bildung eines Bilanzausschusses, wenn AR aus mehr als 5 Mitgliedern besteht). b) (zur Zusammensetzung des AR: vgl Fall 43 b – GmbH und Fall 54 a –AG) 52 Werden im AR Ausschüsse gebildet, ist ein Ausschluss der AN-Vertreter grundsätzlich nicht möglich. Nach § 92 Abs 4 AktG muss min 1 AN-Vertreter im Ausschuss vorhanden sein. Ausnahme: „Personalausschuss“: Aufgabe des Personalausschusses ist es, ausschließlich die Beziehung Vorstand-Gesellschaft zu regeln (Bsp: Festsetzung der Vorstandsbezüge). => Die AN der Gesellschaft sind davon nicht betroffen. => Im Personalausschuss haben ANVertreter keinen Anspruch auf Vertretung! Fall 57 a) Der Abschluss eines Vorgründugsvertrages ist fakultativ. Gem den allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen (§ 936 ABGB) unterliegt der Vorvertrag denselben Formvorschriften wie der Hauptvertrag. Der Hauptvertrag (Satzung einer AG) ist notariatsaktpflichtig (hM §§), der Vorvertrag bedarf also – bei sonstiger Unwirksamkeit – derselben Formvorschrift. Die (versprochene) Leistung eines Vorvertrages (vgl BR) ist der Abschluss des Hauptvertrages, was bedeutet, dass man bei Nichteinhaltung des Vorvertrages nur aufs Erfüllungsinteresse (=Abschluss des Hauptvertrages), nicht aber auf die im Hauptvertrag vereinbarte Leistung klagen kann. => Der Vorvertrag muss daher auf alle Fälle auch den Zeitpunkt für den Abschluss des Hauptvertrages enthalten! b) Nein! § 75 Abs 1 AktG ordnet an, dass die Vst-Mitglieder durch den AR zu bestellen sind. Das Gesetz sieht keine Satzungsermächtigung vor (zB „Wenn im GV nichts anderes bestimmt wird...“)! => § 75 Abs 1 AktG ist zwingendes Recht (ius cogens). Die Bestellung des Vst durch die Aktionäre ist gesetzeswidrig (Verstoß gegen zwingende Norm). => Diese Vereinbarung ist nicht durchführbar. [Anm: Aufgrund des hohen Organisationsgrades einer AG sind – im Vergleich zum OHGRecht (Personengesellschaft) viele Normen des AktG zwingend. Nur die Zahl (min 1 natürl. Person) der Vst-Mitglieder darf in der Satzung festgelegt werden! (Ausnahme: § 5 BWG und § 4 VAG: min 2 Vst-Mitglieder bei Bank- und VersicherungsAG)] Variante: a) Nein. Diese Satzungsbestimmung ist in dieser Allgemeinheit unzulässig. Prinzipiell bedarf es in einer AG bei Geschäftsführungsangelegenheiten keiner Zustimmung der HV oder des AR (Geschäftsfürungsmonopol des Vst der AG im Gegensatz zur GmbH sind GF einer AG nicht weisungsgebunden! Vgl Fall 48). NUR bei den in § 95 Abs 5 AktG taxativ aufgezählten Geschäften bedarf es (im Innenverhältnis) einer Zustimmung des AR (vgl Fall 55). => Nur wenn auch der AR die Zustimmung verweigert, kann die Entscheidung vom AR (oder Vst) an die Hauptversammlung delegiert werden. Achtung: Eine Delegation an die HV ist daher nur dann möglich, wenn die Entscheidung überhaupt in die Zuständigkeit des AR (§ 95 Abs 5 AktG) fällt. b) Einer Stimmengleichheit im Vst bei GF-Maßnahmen kann durch die Bestellung eines Vst-Mitgliedes zum Vst-Vorsitzenden nach § 70 Abs 2 AktG vorgebeugt werden. Bei Stimmengleichheit ist dann dessen Stimme ausschlaggebend (= „Dirimierungsrecht“; vgl Fall 54 b). [Anm.: Aus dieser Bestimmung ist ja auch abzuleiten, dass der Vst in GF-Angelegenheiten grundsätzlich mit einfacher Mehrhei bestimmen darf!] Fall 58 a) Auskunftsrecht: Gem § 112 AktG hat jeder Aktionär ein Recht auf ein Mindestmaß an Information über den jeweiligen Gegenstand der Verhandlung in der HV, über das 53 Unternehmen etc...., weil das für die Ausübung des Stimmrechts (Verwaltungs- bzw Mitspracherecht) bedeutend sein kann. Eine Ausübung dieses Rechts ist im Grunde nur in der HV möglich. Auskunftspflichtig ist der Vst. In bestimmten Fällen kann der Vst die Auskunft verweigern. Im vorliegenden Fall könnte argumentiert werden, dass „nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung“ die Auskunftserteilung an Adam der X-AG schaden könnte (Gefahr der Informationsweitergabe an Konkurrenz). Trifft diese Vermutung zu, ist die Auskunftsverweigerung zu Recht erfolgt. Letztendlich entscheidet aber der AR, ob der Vst eine bestimmte Auskunft erteilen muss oder nicht. b) 1) Einberufung der HV (§ 107 AktG): Erfolgt prinzipiell durch den Vst durch Veröffentlichung - auf jeden Fall - in der „Wr. Zeitung“. Eine Frist von 14 Tagen zwischen dem Tag der Veröffentlichung und dem Tag der Sitzung (bzw Tag der Hinterlegung der Aktien, dazu Anm.) muss unbedingt eingehalten werden. (Anm.: Die Teilnahmeberechtigung der Aktionäre an der HV zur Ausübung ihres Stimmrechts kann auf zwei Arten erfolgen: 1. Die Aktionäre müssen ihre Aktien min. 3 Tage vor der HV anmelden oder 2. Die Aktionäre müssen ihre Aktien bei einem Notar oder einer Bank bis zu einem gewissen Zeitpunkt hinterlegt haben.) 2) Ankündigung der Tagesordnung (§ 108 AktG) => Fristen: a) Wenn es sich um einen Beschluss handelt, für den eine einfache Mehrheit ausreicht, muss der Tagesordnungspunkt mindestens 7 Tage bei Anmeldung der Aktien: vor dem Tag der Versammlung bei Hinterlegung: vor dem letzten Tag der 14-tägigen Hinterlegungsfrist angekündigt werden. b) Handelt es sich hingegen um einen Beschluss, bei den eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist, muss die Tagesordnung mindestens 14 Tage bei Anmeldung: vor dem Tag der Versammlung bei Hinterlegung: vor dem letzten Tag der 14-tägigen Hinterlegungsfrist angekündigt werden. Bei Nichteinhaltung dieser Ankündigungsfristen kann über die betreffenden Punkte KEIN Beschluss gefasst werden! Im konkreten Fall will die X-AG eine effektive Kapitalerhöhung (Zuführung neuer Mittel) vornehmen. Genehmigte Kapitalerhöhung (§§ 169 ff AktG) heißt, dass der Vorstand durch Satzung oder – wie hier – durch Satzungsänderung ermächtigt werden soll, das Grundkapital bis zur Höhe des halben vorhandenen Kapitals durch Ausgabe (Emission) neuer Aktien gegen Einlagen zu erhöhen. Diese Ermächtigung kann höchstens auf 5 Jahre nach ihrer FB-Eintragung erteilt werden. Diese Satzungsänderung bedarf aber einer ¾ Mehrheit beim Beschluss in der Hauptversammlung (§ 169 Abs 2 AktG). Für Beschlüsse, die eine ¾ - Mehrheit erfordern, muss für die Ankündigung der Tagesordnung eine Ankündigungsfrist von 14 Tagen (vgl oben b) eingehalten werden. Damit die Aktionäre an der HV teinehmen können, ist hier nicht die Hinterlegung ihrer Aktien bei einem Notar oder Kreditinstitut (Bank) vorgesehen, sondern bloß die einfache Anmeldung der Aktien. => Zwischen Ankündigung der Tagesordnung und Versammlungstag müssten 14 Tage liegen, in diesem Fall sind es bloß 10 Tage. Bei der HV kann nicht über eine genehmigte Kapitalerhöhung abgestimmt werden. [=> Sollte bei der HV dennoch darüber ein Beschluss gefasst werden (3/4 der abgegebenen Stimmen), leidet dieser Beschluss unter einem formellen Mangel (Ankündigungsmangel). Der Beschluss kann angefochten werden (Anfechtungsklage 54 nach § 195 AktG: Rechtsgestaltungsklage). Anfechtungslegitimiert sind 1) alle Aktionäre, die – trotz des Ankündigungsmangels- zur HV erschienen sind und ihren Widerspruch dort zu Protokoll gegeben haben sowie 2) alle aufgrund des Mangels nicht erschienen Aktionäre.] Fall 59 a) A, B, und C schließen einen sog. Stimmrechtsbindungsvertrag (Syndikatsvertrag, „Poolvertrag“). Rechtlich sind diese Syndikatsverträge als schuldrechtliche Dauerverträge (oft liegt ein GesBR-Verhältnis vor) zu qualifizieren. Sie sind bei der GmbH und der AG zulässig. Sinn: Gemeinsam besitzen A, B und C 14 % des Grundkapitals (wichtig wegen gewisser Minderheitenrechte, dazu unter b.) b) Minderheitenrechte: Beispiele: 1) Einberufung einer (außerordentlichen) HV, Beantragung eines Tagesordnungspunktes (min 5% des Grundkapitals) 2) Bestellung / Abberufung (aus wichtigem Grund) von Liquidatoren (5 %) 3) Sonderprüfung der Gründung (10 %) 4) Bestellung eines anderen Abschlussprüfers (10 %) 5) Verfolgung von Ansprüchen gegen Gründer, GF, andere Aktionäre... (10 %) 6) Gerichtliche Abberufung eines AR-Mitglieds (wichtiger Grund) 7) => Für Sperrminoritäten ( 25% + 1 Aktie können einen ¾ -Mehrheitsbschluss in der HV verhindern!) reichen aber auch 14 % des Grundkapitals nicht aus! c) Nein. A und C halten nur mehr einen 7 %-Anteil. Für die schriftliche Einberufung einer außerordentlichen HV reicht zwar zunächst ein Zwanzigstel = 5 %-Anteil am Grundkap. (§ 106 AktG). Dem Antrag ist allerdings der Zweck der außerordentlichen HV beizufügen. Zur Prüfung von GF-Angelegenheiten ist eine Sonderprüfung (Zweck) erforderlich, die wiederum nur von einem 10 %-Anteil durchgesetzt werden kann. Dazu werden A und C die Unterstützung weiterer Aktionäre benötigen. d) Die Treuepflicht der Aktionäre ist zwar umstritten Kapitalgesellschaft), doch darf ein Aktionär die Gesellschaft niemals schädigen. Eine unbegründete Anfechtung eines HVBeschlusses kann A und C wegen groben Verschuldens (Vorsatz!) schadenersatzpflichtig gegenüber der Gesellschaft machen (§ 198 Abs 2 AktG). Fall 60 a) AG: Der Jahresabschluss nach §§ 222 ff HGB (3. Buch; RLG) ist bei einer AG vom Vorstand zu erstellen (inkl Lagebericht). Danach muss er (zwingend) von einem Abschlussprüfer (werden von der HV gewählt, AR darf Vorschläge machen) geprüft und dann, falls der Wirtschftsprüfer den Bestätigungsvermerk erteilt, dem AR vorgelegt werden. Die Billigung durch den AR ist die verbindliche Feststellung des Jahresabschlusses! GmbH: Der Jahresabschluss einer GmbH wird durch die GF (Vorstand) aufgestellt. Die Generalversammlung stellt den Jahresabschluss (verbindlich) fest. Abschlussprüfer? 1) Liegt eine „kleine GmbH“ (Kriterien für kleine Kap.ges.: zB Höhe der Bilanzsumme, Umsatzerlöse, AN siehe § 221 Abs 1 HGB) UND muss diese nach § 29 Abs 1 GmbHG keinen Aufsichtsrat bestellen ( Bed.: 1. Stammkap. < 70.000 Euro + Ges. < 50 ODER 2. < 300 AN; vgl dazu Fall 43 a Pkt 3), ist KEIN Abschlussprüfer für den Jahresabschluss nötig! 55 2) Liegt eine „große GmbH“ vor ( siehe § 221 Abs 3 HGB) und/oder handelt es sich um eine AR-pflichtige GmbH (§ 29 Abs 1 GmbHG), muss eine Abschlussprüfer bestellt werden! b) Gewinnverteilung bei der AG: Die Verteilung des Bilanzgewinnes wird von der Hauptversammlung (HV) beschlossen. Präsenzquorum für die Beschlussfähigkeit der HV: Die Beschlussfähigkeit der HV ist von der Anzahl der erschienenen Aktionäre unabhängig (§ 108 Abs 4 AktG). Die Anwesenheit eines einzigen stimmberechtigten Aktionärs genügt grundsätzlich. Konsensquorum (erforderliche Mehrheit): Ein HV-Beschluss kommt im Grunde durch die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmenzustande. Die Zahl der anwesenden Stimmen ist ergo irrelevant. Stimmenthaltungen zählen nicht! (Für Satzungsänderungen etc ist allerdings meist eine ¾ -Mehrheit des vertretenen Grundkapitals erforderlich.) GmbH: Die Verteilung des Bilanzgewinnes wird in der Generalversammlung beschlossen. Präsenzquorum: Beschlussfähigkeit bei Anwesenheit von min. 10% (§§, Abänderung im GV möglich) des Grundkap. Vertreten sind; eine zweite Versammlung ist aber dann jedenfalls beschlussfähig Konsensquorum: erforderliche Mehrheit ist die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen (Kapitalmehrheit).(Satzungsänderungen unterliegen meist einer ¾ - Mehrheit.) c) Der Gewinnverteilungsbeschluss kann – wie jeder HV-Beschluss – mit der Anfechtungsklage gem § 195 AktG angefochten werden. Voraussetzungen: Bei der Gewinnausschüttung gilt grundsätzlich das Prinzip der Vollausschüttung, dh die HV muss die Ausschüttung des Bilanzgewinns beschließen. Nur wenn die HV durch die Satzung ermächtigt ist, eine andere Gewinnverwendung (zB Bildung freier RL) als die Ausschüttung zu beschließen, wäre Goliaths Beschluss gerechtfertigt. Von einer solchen Satzungsermächtigung sagt der SV allerdings nichts im Zweifel ist also auszuschütten! => 1) Es liegt ein Anfechtungsgrund vor. 2) Anfechtungslegitimation: (vgl Anfechtung im GmbH-Recht Fall 41 c, Fall 44 Variante a; bei der AG auch Fall 58 b unten) Anfechtungsbefugt sind nur jene Aktionäre, die in der HV anwesend waren und dort ihren Widerspruch zu Protokoll gegeben haben. David hat in der HV seinen Widerspruch zu Protokoll gegeben. => Er ist daher anfechtungslegitimiert. 3) Einhalten der Anfechtungsfrist: David muss innerhalb von 1 Monat ab dem HV-Beschluss die Klage einbringen. [Achtung: Unterschied zur GmbH: Bei der GmbH beginnt die 1-monatige Frist nicht bereits ab dem Generalversammlungsbeschluss, sondern erst ab Absendung des protokollierten Beschlusses an die Gesellschafter zu laufen!] Die Beschlüsse der Vorjahre kann David daher nicht mehr anfechten, weil die Frist (1 Monat) bereits abgelaufen ist. Das Recht auf Anfechtung ist bereits verjährt, dh gerichtlich nicht mehr durchsetzbar. Fall 61 a) Den wirtschaftlichen Zusammenschluss rechtlich selbständiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung nennt man Konzern. Dieser kann (muss aber nicht zwingend) 56 aufgrund von beherrschendem Einfluss zB durch Beteiligungen gegeben sein. Bei gegebener Abhängigkeit spricht man von einer Konzernvermutung (L analog zum dAktG). Ein Konzernverhältnis ist aber keine eigene Rechtsform! b) Ja. Die Rechnungslegung von Konzernen muss nach dem (eigenen) Konzernbilanzrecht (§§ 244 ff HGB) erfolgen: Die gesetzlichen Vertreter des Mutterunternehmens sind verpflichtet, einen Konzernabschluss und einen Konzernlagebericht zu erstellen. Das geschieht im Wege der Konsolidierung (Zusammenfassung). Die „Zusammenfassung“ des Konzernjahresabschlusses der Tochterunternehmen mit dem Jahresabschluss des Mutterunternehmens heißt dann Vollkonsolidierung. c) Nein. Die „Ringrichter Rehab-Zentrum GmbH & Co KG“ ist eine Kommanditgesellschaft (KG), die zwei Komplementärinnen hat: 1. Die „Ringrichter Rehab-Zentrum GmbH“ (siehe Firma) und 2. die „Ohren-Ersatz GmbH“. Die „Thyson Beteiligungs AG“ steht ja nur „hinter“ der „Ohren-Ersatz GmbH“, als Komplementärin haftet die „Ohren-Ersatz GmbH“ mit ihrem Gesellschaftsvermögen, nicht aber direkt die AG. => Die Gläubiger der GmbH & Co KG müssen das Gesellschaftsvermögen der „Ohren-GmbH“ in Anspruch nehmen. (rechtliche Selbständigkeit bleibt auch in einem Konzernverhältnis erhalten!) Fall 62 [Anm.: Es handelt sich in diesem Fall um keine ordentliche HV (1x jährlich: Gewinnfeststellung, Dividende, etc...), sondern um eine außerordentliche HV. Die Zellstoff-AG plant eine ordentliche Kapitalerhöhung gegen eine Sacheinlage (= Zellstoffbetrieb der Mutter-AG im Wert von 4 Mio) mit Bezugsrechtsausschluss. Dafür ist eine folgende Vorgangsweise nötig (kurzer Überblick): 1. Einberufung der HV 2. Ankündigung als Tagesordnungspunkt 3. Vst muss Bericht vorlegen => HV-Beschluss 4. (fakultative) Anmeldg. des Kap.erh.beschlusses zum FB (Wahlrecht gemeinsam mit Pkt 6) 5. Zeichnung der jungen Aktien (normalerweise durch alle Aktionäre, Anzahl verhältnismäßig zu ihrem Aktienbesitz vor der Kapitalerhöhung = Bezugsrecht im konkreten Fall aber erfolgt Zeichnung nur durch Mutter-AG = Bezugsrechtausschluss] 6. Anmeldung der durchgeführten Kap.erh. zum FB (ev. gemeinsam mit Kap.erh.beschluss dafür, siehe Pkt 4) => konstitutive Eintragung] a) 1) Einberufungsverfahren zur HV (vgl auch Fall 58 b): grundsätzlich durch den Vst durch Veröffentlichung („Wr. Zeitung“) unter Einhaltung einer Frist von 14 Tagen zwischen Veröffentlichung und HV-Sitzung bzw letztem Hinterlegungstag. 2) Ankündigung der Tagesordnung (vgl Fall 58): Eine Kapitalerhöhung stellt eine Satzungsänderung dar. Das Gesetz sieht dafür im Grunde eine ¾ -Mehrheit (qualifizierte Mehrheit) vor (genauer gleich unter Frage b). => Weil beim HV-Beschluss eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist, muss bei der Ankündigung der Kapitalerhöhung als Tagesordnungspunkt eine Frist von mindestens 14 Tagen zwischen Ankündigung und dem Tag der HV (bzw bei Hinterlegung dem letzten Tag der 14-tägigen Hinterlegungsfrist) eingehalten werden. Ist die Frist kürzer und wird der Beschluss dennoch gefasst, liegt ein formeller Mangel vor. Durch (erfolgreiche) Anfechtung wird der HVBeschluss dann ex tunc für nichtig erklärt. 57 b) Das Mehrheitserfordernis für eine ordentliche Kapitalerhöhung richtet sich zunächst nach § 149 Abs 1 AktG: Dieser sieht für Kapitalerhöhungen eine ¾ - Mehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals vor. Gleichzeitig ermächtigt § 149 Abs 1 AktG aber die Satzung, eine andere (geringere oder höhere) Mehrheit für Kapitalerhöhungen vorzusehen. Weil im vorliegenden Fall jedoch eine Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts durchgeführt werden soll, ist daneben auch § 153 Abs 3 AktG zu beachten: Dieser sieht für Kapitalerhöhungen unter Ausschluss des Bezugsrechts zwingend zumindest eine ¾ - Mehrheit des vertretenen Grundkapitals vor (ius cogens). c) Der Ausschluss des Bezugsrechts ist nach hA nur dann zulässig, wenn neben den 1) formalen Erfordernissen (Ankündigung des Bezugsrechtsausschlusses, qualifizierte Mehrheit, Bericht des Vorstandes) darüber hinaus auch eine 2) sachliche Rechtfertigung vorliegt. Eine sachliche Rechtfertigung für einen Bezugsrechtausschluss liegt vor, wenn die die Maßnahme im Interesse der Gesellschaft liegt und nicht unverhältnismäßig ist. Einerseits ist die Maßnahme im konketen Fall im Interesse der Zellstoff-AG (zumindest in dem ihrer Hauptaktionärin, der Mutter-AG), weil der Zweck des Bezugsrechtsausschlusses die Einbringung einer Sacheinlage (Unternehmen) ist. Andererseits müsste aber trotzdem eine sorgfältige Interessensabwägung durchgeführt werden: zB Welcher Nachteil ergäbe sich zB für die Kleinaktionäre der Zellstoff-AG, falls das Unternehmen der Mutter-AG nicht eingebracht werden würde? Etc... d) Der Vst der Zellstoff-AG muss beim HV-Beschluss einen schriftlichen Bericht vorlegen, in dem er einen wichtigen Grund (hier: zB Einbringung einer Sacheinlage) für den Bezugsrechtausschluss nennt (sachliche Rechtfertigung, vgl c). e) Kontrolle des Wert der Aktien (IMMER überprüfen!!!): Vor der Kapitalerhöhung: Wert einer Aktie: Verhältnis Unternehmenswert (20 Mio) : ursprüngl. Grundkapial (5 Mio) Bsp: Eine Aktie mit Nominale 1 Euro war VOR der Kapitalerhöhung 4 Euro wert (20:5). Nach der Kapitalerhöhung: Wert einer Aktie: Verhältnis neuer Unternehmenswert (20 Mio + 4 Mio Sacheinl.) : neuem Grundkap. (8 Mio) Bsp: Eine Aktie mit Nominale 1 Euro ist NACH der Kapitalerhöhung nur mehr 3 Euro wert (24:8) ! => Dh die Kleinaktionäre verlieren durch die Kapitalerhöhung ein Viertel des Wertes ihrer Aktien!!! = „Enteignung“ der Kleinaktionäre! Betrug! (Argumente der Kleinaktionäre). Die Kleinaktionäre können daher den Kapitalerhöhungsbeschluss anfechten, weil der Wert der Aktien bei Bezugsrechtausschluss vor und nach der Kapitalerhöhung GLEICH sein muss. => Anfechtungsbefugt sind allerdings nur jene Aktionäre, die bei der HV anwesend waren (außer es gab einen Einberufungsmangel) und ihren Widerspruch dort zu Protokoll gegeben haben (Anfechtungslegitimation; vgl zB Fall 58 b unten). Diese können, neben dem Vst und dem AR der Zellstoff-AG, eine Anfechtungsklage nach § 195 AktG innerhalb 1 Monats ab Beschlussfassung in der HV ( vgl dazu Anfechtungsfrist GmbH: 1 Monat ab Absendung des Beschlusses!) einbringen. Eine erfolgreiche Anfechtung hat die ex-tunc-Nichtigkeit des HV-Beschlusses zur Folge, bis dahin bleibt der Beschluss aber wirksam (gültig). 58 [ Hinweis (klausurrelevant): Sollte im SV eines ähnlichen Falles der Ausgabebetrag der jungen Aktien angegeben sein, muss IMMER auch überprüft werden, ob nicht eine (verbotene) Unter-Pari-Emission (vgl dazu auch Fall 52 c) vorliegt: Wenn der festgesetzte Ausgabebetrag für die jungen Aktien UNTER ihrem „geringsten Ausgabebetrag“ (das ist bei Nennwertaktien der Nennwert, bei Stückaktien der Rechenwert) liegt, handelt es sich um eine verbotene Unter-Pari-Emission. Diese ist aber kein Anfechtunggrund, sondern ein Nichtigkeitsgrund (§ 199 Abs 1 Z 3 AktG: Gläubigerschutz). Eine taxative Aufzählung der Nichtigkeitsgründe eines HV-Beschlusses liegt in § 199 AktG; im Zweifel sind gesetzes- oder satzungswidrige Beschlüsse nur anfechtbar! Unterschiede Anfechtung – Nichtigkeit: Anfechtung (relative Nichtigkeit): Anfechtungslegitimation (Aktionäre) Frist: 1 Monat ab Beschlussfassung Anfechtungsklage = Rechtsgestaltungsklage Rechtsfolge: zunächst gültiger Beschluss, bei erfolgreicher Anfechtung ex-tunc-Nichtigkeit des Beschlusses Nichtigkeit (absolute Nichtigkeit): keine Legitimation nötig Frist: nichtige, ins FB eingetragenen Beschlüsse heilen in 3 Jahren Nichtigkeitsklage = Feststellungsklage Rechtsfolge: Ein nichtiger Beschluss ist sofort unwirksam! Bemerkung: Diese strenge Unterscheidung findet man im GmbH-Recht nicht (§§: bloß Anfechtungsklage §§ 41 ff GmbHG). Dennoch vertritt die hL auch im GmbH-Recht die Möglichkeit der (absoluten) Nichtigkeit einzelner (?-strittig) Beschlüsse (=analoge Anwendung des AktG auf das GmbH-Recht). Der OGH lässt dieses Problem immer noch offen.] Fall 63 a) Für die Durchführung einer buchmäßigen Sanierung einer Kapitalgesellschaft wird in der Praxis oft eine (meist nominelle) Kapitalherabsetzung mit einer gleichzeitigen effektiven (ordentlichen) Kapitalerhöhung verbunden. Diese Vorgangsweise soll eine Unterbilanz (jahrelange Verluste) beseitigen. Unterschied effektive (ordentliche) – nominelle (vereinfachte) Kapitalherabsetzung: Bei der ordentlichen (effektiven) Kapitalherabsetzung wird das Grundkapital durch die Rückzahlung von Einlagen an die Aktionäre vermindert. Achtung: Die Rückzahlung darf erst nach Aufruf der Gläubiger zur Gläubigerbefriedigung (Minderung des Haftungsfonds Gläubigerschutz nötig) erfolgen! Wird hingegen nur eine nominelle (vereinfachte) Kapitalherabsetzung beschlossen, wird die Höhe des Grundkapitals nur ziffernmäßig an das aktuelle Gesellschaftsvermögen angeglichen, es erfolgen aber keine Einlagenrückzahlungen an die Aktionäre noch Befreiungen von Einlagepflichten (Gläubigerschutz vereinfacht). Die durch die (ziffernmäßige) Herabsetzung des Kapitals entstandene Differenz kann zur Deckung der Bilanzverluste verwendet, der Rest allenfalls in eine gebundene Kapitalrücklage eingestellt werden. b) Maßnahmen: 1) Da es sich bei einer Änderung des Grundkapitals um eine Satzungsänderung handelt, ist in beiden Fällen ein HV-Beschluss mit ¾ - Mehrheit erforderlich. 2) Anmeldung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses zum FB durch den Vst und den ARVorsitzenden der Geier-AG ( =konstitutive FB-Eintragung!) 3) Ev. Gläubigeraufruf 59 4) Ev. Rückzahlung (nur effektive K.) 5) FB-Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses + dessen Durchführung (konstitutiv) 6) Kapitalerhöhung durch Zeichnung der jungen Aktien c) Prinzipiell darf bei einer Kapitalherabsetzung das gesetzliche Mindestgrundkapital nicht unterschritten werden. Eine Verminderung des Kapitals auf 60.000 Euro wäre bei einer AG (Mindestgrundkap. 70.000 Euro vgl Fall 51, Fall 52) unzulässig. Allerdings erfolgt im vorliegenden Fall eine sofortige Kapitalerhöhung auf 3 Mio Euro. => Deshalb ist die Herabsetzung zulässig. d) Nein. Wird die Samariter-AG in einem ihren Vorstellungen entsprechenden Umfang an der Geier-AG beteiligt, erlangt sie eine kontrollierende Beteiligung (beherrschenden Einfluss durch Mehrheit der Stimmrechte etc). Handelt es sich bei der Geier-AG um eine börsennotierte AG mit Sitz im Inland, kommt das ÜbG (vgl dazu Fall 13 d) zur Anwendung: Demnach müsste die Samariter-AG als Bieter den Minderheitsaktionären der Geier-AG (Zielgesellschaft) ein (öffentliches) Pflichtangebot (§ 22 Abs 1 ÜbG) zum Kauf der restlichen Aktien stellen. Es ist aber auch noch § 25 Abs 1 Z 4 zu beachten: Wurden Aktien zu bloßen Sanierungszwecken erworben, besteht die Pflicht zur Anbotsstellung nicht ex lege. Die Samariter-AG müsste den SV der Übernahmekommision anzeigen. Diese entscheidet dann über eine (mögliche) Pflicht zur Anbotsstellung. Fall 64 a) Eine Dachgesellschaft, die die einheitliche Leitung eines Konzernunternehmen überhat, selbst aber keinen Betrieb ausübt, nennt man auch Holding-Gesellschaft (Geschäftsgegenstand ist die Beteiligung an anderen Unternehmen). b) Beim Unternehmenskauf ieS (asset deal, vgl Fall 10, Fall 11) müssten die auszugliedernden Betriebsteile von der „Alarich Fahrzeugtechnik GmbH“ gekauft werden. Zu beachten ist dabei, dass für alle Bestandteile der Unternehmen ein entsprechender Modus für den Eigentumserwerb gesetzt werden müsste (vgl Fall 10). Forderungen müssten im Wege der Zession, bestehende Vertragsverhältnisse grundsätzlich durch eine Dreiparteieneinigung übertragen werden (vgl Fall 10 a; Ausnahmen: Mietverträge und Arbeitsverträge... ebendort). Für eine mögliche Schuldenhaftung für Altverbindlichkeiten wären § 25 HGB bzw § 1409 ABGB (vgl Fall 11) zu beachen. [...] c) Nein. Die Übernahme durch Gesamtrechtsnachfolge gestaltet sich grundsätzlich anders: Der Übernehmer erwirbt ohne gesonderte Modi Eigentum an den Gegenständen des Unternehmens, ebenso „automatisch“ wie Verbindlichkeiten (§ 25 HGB und § 1409 ABGB bei Geamtrechtsnachfolge unanwendbar) und bestehende Vertragsverhältnisse. Spaltung: Ist eine gesellschaftsrechtliche Fallgestaltung der Gesamtrechtsnachfolge: Es erfolgt eine partielle Gesamtrechtsnachfolge (Teilgesamtrechtsnachfolge). Im konkreten Fall ist eine Spaltung zur Neugründung denkbar, genauer gesagt, eine Abspaltung (keine Aufspaltung) zur Neugründung, weil ja die übertragende Gesellschaft („Alarich Fahrzeug AG“) weiterexistieren soll. Die Vermögensteile werden gegen Gewährung von Anteilen (gebündelt in der Dachgesellschaft) an die neu entstandenen Tochtergesellschaften (3 ausgegliederten Betriebsteile) übertragen. Für die Durchführung der Abspaltung zur Neugründung müssen die Vorschriften des SpaltG 1996 (Aufstellen eines detaillierten Spaltungsplans durch den Vst, Spaltungsbericht, Spaltungsprüfung, Spaltungsbeschluss, Formvorschiften, konstitutive FB-Eintragung etc....) beachtet werden. d) Gesellschaftsrechtliche Verbindungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft nennt man Unterordnungskonzern (zum Konzern allgemein Fall 61 a). Rechtsfolgen: zB zwingende Anwendung des Konzernbilanzrechts (vgl Fall 61b) .... 60 Wertpapierrecht Wechsel Fall 65 [Es liegt ein Warenwechsel vor, weil dem Wechsel ein Kaufvertrag (Grundgeschäft) zugrunde liegt. Durch den Wechsel wird dem Käufer (B-GmbH) die Kaufpreissumme (=Wechselsumme) vom Verkäufer (A-AG) kreditiert. „Wechsel an eigene Order“ bedeutet, dass der Aussteller (Verkäufer, A-AG) den Bezogenen (Käufer, B-GmbH; wird durch Akzept zum Hauptschuldner = Akzeptanten) anweist, an ihn selbst (A-AG; und an keinen von ihm genannen Dritten = Begünstigten = Wechselnehmer) die Wechselsumme bei Fälligkeit ausbezahlt. => Aussteller und Begünstigter (Wechselnehmer) sind also beim „Wechsel an eigene Order“ ident! Die A-AG benötigt im vorliegenden Fall das Geld schon vor Fälligkeit. Deshalb diskontiert sie den Wechsel an die X-Bank. Diskontieren heißt, dass die A-AG den Wechsel vor Fälligkeit an die X-Bank verkauft und von dieser die Wechselsumme abzüglich Zwischenzins + Provision sofort bar ausbezahlt erhält (= Wechseldiskontgeschäft). Die X-Bank, an die der Wechsel durch Indossament (Modus) = Übertragungsvermerk auf der Rückseite des Wertpapiers (ital. in dosso) von der A-AG (Indossanten) übereignet wurde, wird zum Indossatar (neuen Gläubiger).] a) Die Bank hat wechselrechtliche Ansprüche gegen die B-GmbH (Hauptschuldner, Akzeptant), obwohl der Fälligkeitstermin bereits seit einem Monat abgelaufen ist. Der Hauptschuldner haftet nämlich wechselmäßig während der 3-jährigen Verjährungsfrist ab dem Verfallstag weiter, selbst wenn ihm der Wechsel nicht rechtzeitig vorgelegt wurde. Weil diese 3-jährige Frist noch nicht abgelaufen ist, muss die B-Bank die Wechselsumme zahlen! b) Die A-AG ist Indossant. Als Indossant käme sie, falls die B-GmbH (Hauptschuldner) nicht zahlt, als Rückgriffschuldner (Regressschuldner) der X-Bank in Frage. Der Indosant haftet – im Gegensatz zum Hauptschuldner – aber nur dann, wenn die X-Bank (Indossatar, neuer Gläubiger, Wechselinhaber) den Wechsel der B-GmbH (Hauptschuldner) RECHTZEITIG, dh zum Fälligkeitstermin (Verfallsdatum) einschließlich der nächsten beiden Arbeitstage vorgelegt hat. Das hat die X-Bank jedoch versäumt, sie Kann ergo nicht Protest erheben (= öffentliche Urkunde zur Bestätigung der Verweigerung der Leistung aus dem Wechsel formelle Rückgriffsvoraussetzung fehlt) => das Recht ist „präjudiziert“. Der X-Bank haftet ausschließlich die B-GmbH. Will diese nicht azhlen, kann die X-Bank gegen die B-GmbH 1) ein Wechselverfahren (für Ansprüche gegen den Akzeptanten; nur im ordentlichen Verfahren nach zivilprozessualen Grundsätzen möglich; sachliche Zuständigkeit (Handelsgericht, Bezirksgericht) vom Streitwert abhängig ...) einleiten 2) ein Wechselmandatsverfahren (strenges, rasches Verfahren „formelle Wechselstrenge“; nur für formgültige Wechsel; §§ 557 ff ZPO; Gericht erlässt Zahlungsauftrag; Beklagter = B-GmbH muss binnen 14 Tage zahlen oder Einwände erheben; tut sie das nicht Zahlungsauftrag = Exekutionstitel für Zwangsversteigerung; bei Erhebung von Eunwänden seitens der B-GmbH mündliche Verhandlung; Urteil....etc) veranlassen oder 61 3) Klage aus dem Grundgeschäft (Kaufvertrag: auf Zahlung des Kaufpreises) erheben. Der Wechsel gilt dann bloß als Beweisdokument. Fall 66 a) Warenwechsel (Handelswechsel) haben va Kreditfunktion (vgl Fall 65). Der wirtschaftliche Zweck dieses Dreimonatsakzeptes ist, dass die Planai GmbH (Akzeptant) bereirs über die Seilbahnkabinen verfügen kann, den Kaufpreis aber erst in drei Monaten zahlen muss. Auch in diesem Fall ist der Aussteller mit dem Begünstigten ident (Doppelmayer GmbH). => „Wechsel an eigene Order“: Zweck: Der Aussteller kann sofort das Akzept einholen, ohne vorher über die Weitergabe des Wechsels bestimmen zu müssen! b) Wechselzeichnung durch Stellvertreter: Wer NUR mit seinem eigenen Namen wechselrechtliche Erklärungen (durch Unterschrift) abgibt, wird grundsätzlich selbst aus dem Wechsel verpflichtet. Hier liegt allerdings ein „unternehmensbezogenes Geschäft“ vor, weil der GF Baier den Wechsel zwar mit seinem Namen, aber mit der Absicht unterzeichnet, die Planai-Hochwurzen-Seilbahnen-GmbH zu vetreten. Baiers Absicht ist der Doppelmayer GmbH (Wechselnehmer) bekannt. Sie weiß, dass die Verpflichtung aus dem Wechsel nicht Baier selbst treffen soll. Aus dem FB-Auszug ist ersichtlich, dass für die Vertretung der GmbH eine gemischte Gesamtvertretung (entweder 2 GF oder jeweils 1 GF mit 1 Prokuristen) vorgesehen ist. Baier hat als alleiniger GF also keinesfalls Einzelvertretungsbefugnis. Es liegt Überschreitung der Vertretungsmacht vor. Baier ist falsus procurator. Das Rechtsgeschäft zwischen der Planai GmbH (Scheinvertretene) und der Doppelmayer GmbH ist schwebend unwirksam. Die Doppelmayer GmbH kannte den Vertretungsmangel oder musste ihn zumindest kennen (FB-Auszug „Vertretungsbefugnis“). Weigert sich die Planai GmbH, den hinkenden Vertrag durch Bezahlung der offenen Wechselsumme zu sanieren (rückwirkende Heilung des Mangels durch eine Willensbetätigung), stellt sich die Haftungsfrage für Baier: Im WechselG haftet der falsus procurator grundsätzlich für alle Wechselverbindlichkeiten, EGAL ob er den Mangel seiner Vertretungsbefugnis kannte oder nicht (strengere Haftung als im allgem. HR). Hier hat aber auch die GmbH (Dritte) den Vertretungsmangel positiv gekannt bzw hätte ihn kennen müssen ( FB-Auszug). Ob daher die Haftung des falsus dennoch gilt (WechselG) oder der falsus – wie nach der allgemeinen handelsrechtlichen (bzw bürgerrechtlichen) Haftung deshalb von seiner Haftung befreit wird (Kulpakompensation) ist umstritten. Bei der Inanspruchnahme seiner Haftung könnte sich Baier allenfalls mit dem Einwand des Rechtsmissbrauchs gegen die Doppelmaver GmbH verteidigen. Fall 67 a) Ein Indossament (vgl Fall 65) ist ein Übertragungsvermerk auf der Rückseite (ital. in dosso) des Wertpapiers, der zur Übertragung des WP nötig ist (Skripturakt). Rechtlich gesehen ist ein Indossament also die unterschriebene Erklärung des Übertragenden (Indossanten; ursprünglichen Gläubiger), dass die Berechtigung auf einen von ihn genannten Dritten (Indossatar; neuen Berechtigten) übergehen soll (= Begebungsvertrag). Ein Wechsel wird durch Indossament + Übergabe der Urkunde (Modus) übertragen. Der Indossatar kann sein Recht aus der Urkunde jedoch nur geltend machen, wenn eine ununterbrochene Indossamentenkette vorliegt. Dh, jeder Indossant muss im vorhergehenden Indossament als Indossatar aufscheinen. Ein Nichtberechtigter kann nicht Indossant sein („nemo plus iuris transferre potest...“). 62 b) Nein. Der von K geltend gemachte Einwand der mangelhaften Ware ist unbeachtlich. Gem Art 17 WechselG besteht ein wechselrechtlicher Einwendungsausschluss, dh dem Inhaber des Wechsels (=Hausbank R) können vom Schuldner (=Karl) grundsätzlich keine Einwendungen aus dem Grundgeschäft (Vertrag Karls mit Franz = Aussteller) entgegengehalten werden ( „materielle Wechselstrenge“). [Anm: vgl BR- Anweisung: Das Wechselgeschäft als Anwendungsfall der zivilrechtlichen Anweisung => abstraktes Verpflichtungsgeschäft, nicht akzessorisch!] Ein Wechsel ist ein notwendig abstraktes Wertpapier. Das Recht, das er verbrieft, ist vom Grundgeschäft (hier: Kaufvertrag zwischen Vranz und Karl) prinzipiell unabhängig. [Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur dann, wenn Karl beweisen könnte, dass die Hausbank R (Dritter) beim Erwerb des Wechsels bewusst zum Nachteil des K (bösgläubig) gehandelt hat. Achtung: Der Einwendungsausschluss würde aber nicht gegenüber Vranz (Aussteller) gelten. Bei einem Wechsel an eigene Order wäre Karls Einwand beachtlich!] c) Nimmt man in Fall 66 an, die Doppelmayer GmbH hätte den Wechsel an die Hausbank R indossiert, welche ihn am Fälligkeitstag nun der Planai-GmbH vorlegt, müsste die PlanaiGmbH zahlen (Unabhängigkeit vom Grundgeschäft abstaktes WP!) oder beweisen können, dass die Hausbank beim Erwerb des Wechsels bewusst zu ihrem Nachteil gehandelt hat. Das wäre vor allem dann der Fall, wenn die Hausbank R vom schwebend unwirksamen Geschäft gewusst hat. Dann wäre (ausnahmsweise) ein Einwendungserhalt des Rechtsmissbrauchs (vgl b) aus dem Grundgeschäft (Mangel der Vertretungsmacht) denkbar. Grobe Fahrlässigkeit beim Erwerb des Wechsels durch die Hausbank R allein reicht aber nicht! Fall 68 a) Beim Blankoindossament iSd Art 13 Abs 2 WechselG fehlt regelmäßig die Angabe des Indossatars, allenfalls kann auch (wenn sich das Blankoindossament auf der Rückseite des Wechsels befindet) auch die Übertragungsformel weggelassen und nur die bloße Unterschrift des Indossanten gesetzt werden. (Achtung: Das Blankoindossament hat aber nichts mit einem Blankowechsel = vom Aussteller unterschriebener, absichtlich unvollständiger Wechsel zu tun!) Vorteile eines Blankoindossaments sind die erleichterte Weitergabe und die Anonymität des Wechselerwerbers. Dieser kann (muss aber nicht) den Wechsel auch ohne Namensangabe weitergeben, um anonym zu bleiben. Eine allfällige Veruntreuung des Wechsels (zB Weitergabe des Wechsels durch einen Dieb, vgl Frage b) wird durch eine Blankoindossament allerdings erleichtert (Nachteil). b) Durch Blankoindossament wird ein Wechsel faktisch (nicht rechtlich!) vom Orderpapier (Berechtigter ist namentlich genannt) zum Inhaberpapier (der Inhaber ist berechtigt). Paul (Aussteller = Begünstigter, weil „an eigene Order“) überträgt den Wechsel durch Blankoindossament + Übergabe an Sabine (Indoassatar, neue Gläubigerin der P-GmbH =Akzeptant). Sabine erwirbt also derivativ Eigentum am Wechsel. Theodor (Dieb) ist bloßer Inhaber (vgl dazu BR, Sachenrecht) des gestohlenen Wechsels. Er „kann“ den Wechsel unbemerkt an Flora weitergeben, weil Sabines Namen aufgrund des Balnkoindossaments auf dem Wechsel nicht aufscheint. => Theodor ist zwar formell (Innehabung beim Blankoindossament), nicht aber materiell (kein Eigentum am Wechsel) legitimiert. => Floras derivativer Eigentumserwerb (vgl BR – Sachenrecht, Fall 85, Fall 86) scheitert zunächst an der mangelnden Verfügungsbefugnis des Diebes. („Nemo plus iuris...“). Dennoch ist der Erwerb vom Nichtberechtigten (Theodor) durch Floras guten Glauben (bona fides) gegeben: Sie weiß ja nichts vom Diebstahl. Es kommt 63 folglich zum Gutglaubenserwerb (originärer Eigentumserwerb; vgl BR, Sachenrecht, Fall 85, Fall 88, Fall 89) durch Flora. Durch die Verbriefung der Forderung im Wechsel wird eine Forderung zu einer beweglichen, körperlichen Sache. Nur an solchen kann gutgläubig Eigentum erworben werden. Die übrigen Voraussetzungen des Gutglaubenserwerbs nach § 367 ABGB bzw § 366 HGB (vgl BR) müssen im WechselR gar nicht gegeben sein – allein der gute Glaube reicht! Flora hat originär Eigentum am Wechsel erworben. Fall 69 Ausgefülltes Formular: Wien, den 15. April 1999 (Ort und Datum der Ausstellung) Gegen diesen Wechsel_...Ausfertigung --- zahlen Sie am 16.August 1999 an eigene Order S 13.760,- Schilling dreizehntausendsiebenhundertfünfzig (Betrag in Buchstaben) [e 1000 Tausend Euro]. Bezogener: Ludwig Berger Zieglergasse 1 in 1070 Wien (Ort und Straße – genaue Adressangabe) Zahlbar bei Michaela Kahr Margaretenstr 100 1050 Wien in (Diesen Raum nur für Zahlstellen- und Domizilvermerke benutzen.) Michaela Kahr Margaretnstr. 100 1050 Wien xxxxxxxxx (Unterschrift, Adresse und Firmenstempel des Ausstellers) links senkrecht: WECHSEL Angenommen: Ludwig Berger yyyyyyyyy (Unterschrift des Annehmers) [Anmerkung: Wenn die Angabe des Zahlungsortes fehlt, wäre der beim Namen des Bezogenen (Ludwig Berger) angegebene Ort Zahlungsort (also 1070 Wien... statt 1050 Wien)!] Fall 70 Wechseldiskontgeschäft (vgl Einleitung Fall 65): Beim Diskontgeschäft kauft eine Bank einen noch nicht fälligen Wechsel (Übertragung durch Indossament) gegen Auszahlung der Wechselsumme abzüglich Zwischenzins (Diskontsatz, Bankrate), Spesen und Provoision. Der Begünstigte (Indossant) bekommt das Geld sofort bar ausbezahlt. Zahlt der Akzeptant aus dem Wechsel bei Verfall nicht, kann die Bank (Indossatar) beim Indossanten Regress nehmen und den „Kaufpreis“ zurückfordern. Weiß die Bank zum Zeitpunkt des Diskontgeschäfts über 64 die schlechte Vermögenslage des Hauptschuldners, trifft sie gegenüber dem Indossanten, welcher ihr den Wechsel verkauft hat, eine Aufklärungspflicht (hRsp). Bei Unterlassung ist eine Irrtumsanfechtung des Diskontvertrages möglich! Will oder kann die Bank das Bankgeheimnis nicht verletzen, muss sie das Wechseldiskonzgeschäft einfach ablehnen! Den erworbenen Wechsel aknn die Bank unter den Voraussetzungen des § 48 NationalbankG an die Nationalbank weiterverkaufen (= rediskontieren => „Eskontgeschäft“ der Nationalbank). Fall 71 [Prinzipiell entsteht durch Indossament gem Art 15 Abs 1 WechselG eine Haftungswirkung (Garantiefunktion) eines jeden Indossanten. Das bedeutet, dass jeder Indossant im Rahmen des Rückgriffs (Regresses) von seinen Nachmännern in der Indossamentenkette in Anspruch genommen werden kann, wenn der Bezogene den Wechsel gar nicht akzeptiert oder der Hauptschuldner (Akzeptant) den Wechsel bei Fälligkeit nicht bezahlt. => Materielle Rückgriffsvoraussetzungen: a) Rückgriff mangels Annahme oder b) Rüchgriff mangels Zahlung des Wechsels. Diese Haftungswirkung ist aber nicht zwingender Rechtsnatur, sondern dispositiv, dh sie kann durch den jeweiligen Indossanten selbst abbedungen (ausgeschlossen) werden, und zwar durch einen sogenannte Angstklausel iSd Art 15 Abs 1 WechselG (Haftung „...mangels eines entgegenstehenden Vermerks“):] Christoph indossiert den Wechsel an Jennifer mit dem Vermerk „ohne Haftung“ = Beispiel für Angstklausel (andere Bsp: „ohne obligo“, „ohne Gewähr“...). Mit dieser Angstklausel schließt er seine Haftung als (möglicher) Regressschuldner aus. Jennifer indossiert den Wechsel an Eva mit dem Vermerk „nicht an Order“ (anderes Bsp: “Indossierung verboten“). Dieser Vermerk stellt ein Rektaindossament (Weiterindossierungsverbot) nach Art 15 Abs 2 WechselG dar. Der Wechsel bleibt aber trotzdem weiter indossierbar. Durch den Vermerk beschränkt Jennifer ihre (mögliche) Haftung ausschließlich auf ihre unmittelbare Nachfolgerin (Eva, Indossatar), dh sie schließt ihre Haftung nur gegenüber jenen aus, an die ihr Indossatar (Eva) den Wechsel weiterindossiert (Gerald). Evas Weiterindossierung an Gerald ist also zulässig und rechtswirksam, bloß kann Gerald auf Jennifer (Rektaindossantin) keinen Rückgriff nehmen! Am Zahltag ist Gerald Inhaber des Wechsels. Gabi (Akzeptantin, Hauptschuldnerin) zahlt allerdings nicht. => Dadurch kommt es zum Aufleben der Rückgriffshaftung (Regresshaftung) 1) des Ausstellers (Anna) 2) sämtlicher Indossanten und 3) Wechselbürgen (hier nicht vorhanden), die gem Art 9 ,15, 32 WechselG neben der Hauptschuldnerin als Gesamtschuldner (Prinzip der Solidarhaftung: alle, einige, einer, vgl BR) haften. Sie können von Gerald (aktueller Wechselinhaber) im Sprungregress (dh von der Reihenfolge in der Indossantenkette unabhängig) zur Zahlung in Anspruch genommen werden (kein Reihenregress). Man sagt, der Wechsel ist notleidend. Es sind sowohl die materiellen (Rückgriff mangels Zahlung, siehe oben) als auch die formellen (rechtzeitige Protesterhebung durch Gerald) erfüllt. Im konkreten Fall kann Gerald ... 1) Anna als Ausstellerin sowie 65 2) Eva als Indossantin einzeln ober gemeinsam im Wege des Inhaberrückgriffs (auch Erstrückgriff des letzten Inhabers genannt) zur Zahlung in Anspruch nehmen. Nicht aber Christoph (Haftungsaussschluss durch Angstklausel) und auch Nicht Jennifer (Rektaklausel)! => Ad 1): Nimmt Gerald Anna (Ausstellerin) im Wege des Sprungregresses in Anspruch, kann sie an niemandem Weiterrückgriff (auch Remboursregress genannt) nehmen, weil sie keine Vormänner hat. Die Nachmänner (zeitlich späteren Inhaber zB Eva) haften ihren Vormännern nicht! => Ad 2) : Verlangt Gerald von Eva allein die Zahlung, kann Eva Jennifer (ihre Indossantin) im Wege des Einlösungsregresses (Remboursregresses) in Anspruch nehmen. Jennifer hat ja durch das Rektaindossament nur ihre Haftung gegenüber Gerald ausgeschlossen. Der Eva haftet sie weiter. Fall 72 a) Der ursprüngliche vereinbarte Zahlungstermin (Verfallstag: 20. Mai 1999) kann hinausgeschoben werden: 1) durch Stundung: Stundung ist die zwischen dem Aussteller (Sabine) und dem Akzeptanten (Thomas) vereinbarte, auf der Urkunde selbst nicht vermerkte Hinausschiebung des Zahlungstages. Innerhalb dieses Zeitraums muss Sabine auf die gerichtliche Geltendmachung der Wechselforderung verzichten. 2) durch Prolongation: Prolongation ist das Hinausschieben des Verfallstages. Besitzt Sabine (Ausstellerin, Gläubigerin) den Wechsel noch, kann das Datum auf dem Wechsel (einvernehmlich) durch einen schriftlichen Vermerk auf der Urkunde geändert werden. b) Hat Sabine den Wechsel bereits weitergegeben und wissen die beiden nicht mehr, wer den Wechsel im Augenblick besitzt, kann Sabine auf Thomas´ Wunsch ihm einen Prolongationswechsel ausstellen: Das bedeutet, Sabine stellt einen neuen Wechsel mit späterem Verfallsdatum aus und lässt ihn von Thomas akzeptieren. Durch Diskontierung des Prolongationswechsels wird die Geldsumme zur Zahlung des Erstwechsels beschafft. Fall 73 a) Nach dem SV des Falles 69 ist der 16. August 1999 Zahlungstag, die Vorlegung des Wechsels (Wechselschuld = Holschuld) hätte gem Art 38 Abs 1 WechselG entweder am Zahlungstag selbst (16. 8.) oder an einem der beiden folgenden Werktage erfolgen müssen. b) Nach Kenntnis von Bergers Konkurs kann Lucas K. (Inhaber) ausnahmsweise schon VOR Fälligkeit „Rückgriff mangels Sicherheit“ nehmen. Als materielle Rückriffsvoraussetzung gilt in diesem Ausnahmefall zB die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (hier: Konkurs), als formelle Rückgriffsvoraussetzung reicht zB die amtliche Bekanntmachung von Bergers Konkurs in der Zeitung, eine Protesterhebung durch Lucas K. ist nicht erforderlich. Die Regresshaftung lebt auf. Der Wechsel wird notleidend. c) Als (mögliche) Regressschuldner für die Zahlung der Wechselverbindlichkeit könnten 1) die Ausstellerin (Michaela Kahr) 2) oder der Indossant Thomas D. dem Lucas K. im Wege des Erstrückgriffs (Inhaberregresses) solidarisch (dh als Gesamtschuldner) haften. 66 67