AStW 2012/01 §§ 3, 3c EStG – Kein Halb- und Teilabzugsverbot bei geminderten Gesellschafterdarlehen ............... 2 § 3 Nr. 26a EStG – Zahlt der Verein keine Vergütung, gibt es auch keinen Ehrenamtsfreibetrag! ...... 4 § 4 EStG – Prämie für Betriebskostenversicherung ist in privaten und betrieblichen Teil aufzuteilen .. 5 § 4 EStG – An den nicht abziehbaren Schuldzinsen führt kein Weg vorbei ...................................... 7 § 4 EStG – Kosten für den Traktor-Führerschein des Sohnes sind Betriebsausgaben ....................... 8 §§ 4, 9 EStG – Ist eine Fährverbindung bei Wahl der verkehrsgünstigeren Strecke einzubeziehen? . 10 §§ 4, 9 EStG – Doppelte Haushaltsführung auch bei Zweithaushalt in einer Wohngemeinschaft ...... 12 § 7g EStG – Verbindliche Bestellung ist bei Betriebseröffnung notwendig ..................................... 14 § 8 EStG – Zuzahlung des Arbeitnehmers zum Dienstwagen mindert nicht den geldwerten Vorteil .. 16 § 9 EStG – Staat beteiligt sich an den Kosten eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs ....................... 18 § 10 EStG – Kein Sonderausgabenabzug für Schulgeld für Schweizer Privatschule ........................ 19 § 15 EStG – Gewerbliche Infizierung einer Gemeinschaftspraxis ................................................. 21 § 15 EStG – Umdeutung eines Veräußerungsgewinns in laufende Einnahmen ............................... 23 §§ 15, 21 EStG – Zurechnung von Erträgen aus Gebäuden und Fotovoltaikanlagen ...................... 24 §§ 19, 42d EStG – Telefoninterviewer sind Arbeitnehmer und keine Selbstständigen ..................... 26 § 20 EStG – Anerkennung von Refinanzierungskosten als Werbungskosten .................................. 28 § 21 EStG – Bauzeitzinsen können auch Gebäudeherstellungskosten sein .................................... 30 § 23 EStG – Verlustverrechnung erfolgt bei Zusammenveranlagung pro Ehepaar .......................... 31 § 33 EStG – Neuregelung zum Nachweis im Krankheitsfall ist verfassungsgemäß.......................... 33 § 33a EStG – Der Investitionsabzugsbetrag darf die außergewöhnliche Belastung nicht mindern .... 35 §§ 62 ff. EStG – Neue Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs ............ 36 § 8 GewStG – Neuer Anwendungserlass zur Hinzurechnung von Finanzierungsaufwand ................. 37 § 12 UStG – Kein generell ermäßigter Tarif für gemeinnützige Körperschaften bei Seminaren ........ 38 § 15 UStG – Leistungsbeschreibung in einer zum Vorsteuerabzug geeigneten Rechnung................ 40 § 15 UStG – Vorsteuerabzug beim Erwerb einer Fotovoltaikanlage .............................................. 42 §§ 17, 25 UStG – Rabattgewährung durch ein Reisebüro ........................................................... 44 § 16 GrEStG – Rückabwicklung des Übertrags eines Gesellschaftsanteils ..................................... 45 §§ 5, 6 InvStG – Besteuerung intransparenter schwarzer Auslandsfonds ..................................... 46 EU-Recht – Zwei relevante Urteile vom EuGH ........................................................................... 48 § 89 AO – Verbindliche Auskunft wird nicht auf Rechtmäßigkeit hin kontrolliert ............................ 49 § 180 AO – Feststellung der steuerpflichtigen Zinsen aus Lebensversicherungen .......................... 51 Steuern kompakt .................................................................................................................. 52 § 7 EStG – Verschiedene AfA bei unterschiedlichen Kaufdaten ................................................ 52 § 20 EStG – Besteuerung von Erstattungszinsen ist rechtswidrig............................................. 52 § 62 EStG – Kindergeld bei Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht ........................................ 52 § 5 KStG – Ordensverkauf durch Verein ist steuerpflichtig ...................................................... 52 § 4 UStG – Raucherentwöhnungskurs ist keine Heilbehandlung .............................................. 53 § 15 UStG – Vorsteuerabzug bei Betrug durch Rechnungsaussteller ........................................ 53 § 18 UStG – Ausschlussfrist im Vorsteuer-Vergütungsverfahren .............................................. 53 § 14 ErbStG – Rückwärtsrechnung des Zeitraums für Vorerwerbe ........................................... 54 § 3 GrEStG – Anteilsvereinigung bei einer gemischten Schenkung .......................................... 54 § 51 AO – Aberkennung der Gemeinnützigkeit wegen Extremismus......................................... 54 § 222 AO – Verrechnungsstundung nur bei konkretem Gegenanspruch .................................... 55 AStW 2012/02 §§ 3, 3c EStG – Kein Halb- und Teilabzugsverbot bei geminderten Gesellschafterdarlehen Werbungskosten oder Betriebsausgaben, die im Zusammenhang mit zur Hälfte steuerfreien Kapitaleinnahmen stehen, dürfen nur mit 60 % abgesetzt werden. In diesem Zusammenhang war bisher fraglich, ob das Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG auch auf Teilwertabschreibungen bei eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen im Betriebsvermögen anwendbar ist. Der BFH hat sich dieser Problematik aktuell angenommen und gelangte zu der Überzeugung, dass Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen nicht dem Halb- bzw. Teilabzugsverbot unterliegen. Dies gilt unabhängig von der Frage der Fremdüblichkeit der Darlehensüberlassung und einer etwaigen Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis. Der BFH wendet sich mit seinem Urteil gegen die Verwaltungsauffassung, indem er die Anwendung des Halb- und Teilabzugsverbots bei nicht mehr werthaltigen Gesellschafterdarlehen generell verneint. Im zugrunde liegenden Fall bestand eine Betriebsaufspaltung zwischen einem Einzelunternehmen als Besitzunternehmen und einer GmbH als Betriebsgesellschaft, deren alleiniger Gesellschafter der Kläger war. Der Kläger erfasste die Forderungen gegenüber der GmbH im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens. Mit der GmbH vereinbarte er die Führung eines Kontokorrentkontos mit Verzinsung. Zunächst wurde die Verzinsung ausgesetzt. Anschließend wurde auf die Rückzahlung gegen Besserungsvorbehalt verzichtet. Der Verzicht auf einen Teil der Forderung wurde daraufhin zu 100 % als Betriebsausgabe gewinnmindernd ge- bucht. Das Finanzamt sah hier die Voraussetzungen des Teilabzugsverbots als gegeben und erkannte nur den anteiligen Abzug als Betriebsausgabe an. Der BFH widersprach der Auffassung des Finanzamtes. Zur Begründung führt er an, dass Substanzverluste von im Betriebsvermögen gehaltenen Gesellschafterdarlehen aufgrund von Wertminderungen wie sie durch AStW 2012/03 Teilwertabschreibungen abgebildet werden, nicht dem Abzugsverbot nach § 3 c Abs. 2 S.1 EStG unterliegen. Danach mangelt es an einem wirtschaftlichen Zusammenhang der Teilwertabschreibung mit nach § 3 Nr. 40 EStG hälftig befreiten Beteiligungserträgen. Praxishinweis: Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen unterliegen – unabhängig von der Fremdüblichkeit der Darlehensüberlassung und einer etwaigen Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis – nicht dem Halb- oder Teilabzugsverbot. Dieser Grundsatz gilt entsprechend für Verluste aufgrund von Rückstellungen für die drohende Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft. Fundstellen: BFH 18.4.12, X R 7/10, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122065 BFH 18.4.12, X R 5/10; 25.6.09, IX R 42/08, BStBl II 10, 220; 14.7.09, IX R 8/09, BFH/NV 10, 399; 18.3.10, IX B 227/09, BStBl II 10, 627 BMF 8.11.10, IV C 6 - S 2128/07/10001; BStBl I 10, 1292, Nr. 2 AStW 2012/04 § 3 Nr. 26a EStG – Zahlt der Verein keine Vergütung, gibt es auch keinen Ehrenamtsfreibetrag! § 3 Nr. 26a EStG sieht eine Steuerbefreiung in Höhe von 500 EUR pro Jahr für Einnahmen aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit vor, den sogenannten Ehrenamtsfreibetrag. Wird dieser Steuerfreibetrag in Anspruch genommen, können Werbungskosten oder Betriebsausgaben nur dann geltend gemacht werden, wenn die Einnahmen den steuerfreien Betrag übersteigen. Ist dagegen ein Steuerpflichtiger zwar ehrenamtlich tätig, erzielt er jedoch keine Einnahmen aus dieser Tätigkeit, so kann der Ehrenamtsfreibetrag nicht in Anspruch genommen werden, so der BFH in einer aktuellen Entscheidung. Mit der Ablehnung des Freibetrages liegt keine verfassungsrechtlich zu beanstandende Ungleichbehandlung nach Art. 3 GG gegenüber entgeltlich ehrenamtlich Tätigen vor. Der Gesetzgeber wollte nämlich gezielt diese nebenberuflichen Tätigkeiten im gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Bereich fördern, indem diejenigen, die Einnahmen aus solchen Tätigkeiten erzielen, mit einem Freibetrag von jährlich 500 EUR pauschal den Aufwand abgelten können, der ihnen durch ihre Beschäftigung entsteht. Die Anwendung einer Vergünstigung liegt im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit. Insoweit erkennt der BFH auch keinen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss. Es entspricht den allgemeinen Grundsätzen des Einkommensteuerrechts, dass Aufwendungen nur dann abziehbar sind, wenn sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerbaren Einnahmen stehen. Fundstellen: BFH 25.4.12, VIII B 202/11, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122339 BVerfG 6.3.02, 2 BvL 17/99, BStBl II 02, 618 AStW 2012/05 § 4 EStG – Prämie für Betriebskostenversicherung ist in privaten und betrieblichen Teil aufzuteilen Eine Betriebskostenversicherung, die die Betriebskosten ersetzt, wenn der Betrieb durch Arbeitsunfähigkeit des Inhabers wegen Krankheit oder Unfall unterbrochen wird, ist für den Betriebsausgabenabzug der Prämie in einen privat und in einen betrieblich veranlassten Teil aufzuteilen. Die Aufteilung ist nach dem Verhältnis der Prämien mit und ohne betrieblichen Versicherungsteil vorzunehmen, so der BFH in einer aktuellen Entscheidung. Für Betriebsausfall- oder Betriebsunterbrechungsversicherungen gelten nach der BFH-Rechtsprechung (BFH 19.5.09, VIII R 6/07) dieselben Grundsätze wie für andere Versicherungen: Praxishinweis: Eine betriebliche Veranlassung von Versicherungsaufwendungen ist also nur dann anzunehmen, wenn die jeweils versicherte Gefahr durch den Betrieb veranlasst wird (BFH 26.8.93, IV R 35/92 ). Das ist bei dem speziellen Risiko einer Berufskrankheit oder bei einer Gefahrerhöhung durch eine besondere berufliche oder betriebliche Tätigkeit der Fall, nicht aber beim allgemeinen Gesundheitsrisiko, das der Privatsphäre zuzurechnen ist. Welche finanziellen Schäden infolge der Verwirklichung des Risikos eintreten, ist für die Zuordnung des Risikos zur betrieblichen oder privaten Sphäre hingegen unerheblich. Realisiert sich ein betriebliches Risiko, dann sind auch die finanziellen Folgen mittelbar durch den Betrieb verursacht. Realisiert sich dagegen ein Risiko in der privaten Sphäre, dann werden die finanziellen Folgen durch das der Privatsphäre zuzurechnende Ereignis – und nicht durch den Betrieb – verursacht. Ein Zahnarzt kann Aufwendungen für eine Betriebskostenversicherung nicht als Betriebsausgaben abziehen, soweit sie das allgemeine Erkrankungs- oder Unfallrisiko abdeckt. Sofern die Police das Risiko einer Betriebsunterbrechung durch eine amtlich angeordnete Quarantäne abdeckt, ist die anteilige Prämie nach dem Verhältnis mit und ohne betrieb- AStW 2012/06 lichen Versicherungsteil abziehbar. Der BFH verweist hierzu auf die Grundsätze, die auch für andere Versicherungen gelten. Beziehen sie sich auf ein betriebliches Risiko, führen sie zu Betriebsausgaben und -einnahmen, insbesondere bei Zerstörung oder Beschädigung betrieblich genutzter Gegenstände durch Unfall, Brand, Sturm, Wasser-einbruch oder ähnliche Ereignisse. Betreffen sie außerbetriebliche Risiken, können Ausgaben Sonderausgaben darstellen. Versicherungsleistungen sind dann nicht steuerbar. Hierzu gehören insbesondere Gefahren des Betriebsinhabers wie etwa das allgemeine Lebensrisiko, zu erkranken oder Opfer eines Unfalls zu werden. Das Risiko krankheits- oder unfallbedingter Vermögenseinbußen ist der privaten Lebensführung zuzurechnen. Hat der Beruf ein erhöhtes Risiko und dient der Abschluss der Versicherung dem Schutz gegen spezielle berufs- oder betriebsspezifische Gefahren wie Berufskrankheiten oder Arbeitsunfälle, gehört sie in die betriebliche oder berufliche Sphäre. Praxishinweis: Betriebsausgaben liegen nur dann vor, wenn die jeweils versicherte Gefahr durch den Betrieb veranlasst wird. Unerheblich ist, welche finanziellen Schäden infolge des Risikos eintreten und im Versicherungsfall Einnahmeausfälle und fortlaufende Ausgaben ausgeglichen werden. Fundstellen: BFH 24.8.11, VIII R 36/09, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122012 BFH 18.8.09, X R 21/07, BFH/NV 10, 192; 3.311, IV R 45/08, BStBl II 11, 552 AStW 2012/07 § 4 EStG – An den nicht abziehbaren Schuldzinsen führt kein Weg vorbei Schuldzinsen sind nach § 4 Abs. 4a EStG nicht als Betriebsausgaben abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die privaten Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Der BFH musste sich jetzt mit der Frage beschäftigen, ob sich der Gewinnbegriff in § 4 Abs. 4a EStG mangels einer besonderen Bestimmung in dieser Vorschrift von dem allgemeinen Gewinnbegriff in § 4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG unterscheidet. Im Streitfall ging es um eine GbR, die im Streitjahr von der Bilanzierung zur Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung überging. Das Finanzamt erhöhte den erklärten Gewinn um nicht abziehbare Schuldzinsen. Nach Meinung des BFH gilt die Maßgeblichkeit des Gewinns i.S. des § 4 Abs. 1 und 3 EStG für die Anwendung des Absatzes 4a auch dann uneingeschränkt, wenn dieser wegen Wechsels der Gewinnermittlungsart einen Übergangsgewinn oder einen Übergangsverlust umfasst. Der BFH stellt klar, dass anfallende Übergangsverluste anlässlich des Wechsels der Gewinnermittlungsart keine Besonderheiten aufweisen. Somit besteht auch keine einschränkende Auslegung zum begrenzten Schuldzinsenabzug. Ein beim Wechsel der Gewinnermittlung entstandener Übergangsverlust ist bei der Ermittlung der schädlichen Überentnahmen einzubeziehen. Mit den Gewinnkorrekturen beim Wechsel wird lediglich sichergestellt, dass betriebliche Vorgänge wie Betriebseinnahmen und -ausgaben erfasst werden, die ohne diese Berichtigungen wegen der unterschiedlichen Systematik von Bestandsvergleich und Einnahmen- Überschussrechnung nicht oder aber doppelt erfasst würden. Fundstellen: BFH 22.11.11, VIII R 5/08, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122340 BMF 17.11.05, IV B 2 -S 2144-50/05, BStBl I 05, 1019 Rn. 8 AStW 2012/08 § 4 EStG – Kosten für den TraktorFührerschein des Sohnes sind Betriebsausgaben Aufwendungen für eine Fahrerlaubnis gehören im Grundsatz zu den nichtabziehbaren Kosten der Lebensführung. Dies gilt nach Auffassung des FG Niedersachsen jedoch dann nicht, wenn die Fahrerlaubnis ausschließlich für betriebliche Zwecke genutzt werden soll. In diesem Fall liegen Betriebsausgaben vor. Dies gilt auch dann, wenn ein Landwirt die Kosten für den Führerschein Klasse T für seinen Sohn übernimmt, obwohl der Sohn gar nicht im Betrieb des Vaters angestellt ist. Regelmäßig mitarbeiten muss er aber schon – es reicht aber die unentgeltliche Hilfe im Rahmen der familiären Verpflichtungen. Zwar schließt die Fahrerlaubnis der Klasse T auch Kleinkrafträder mit ein, sodass der Sohn sie auch für private Zwecke hätte nutzen können. Doch rechtfertigt dies keine andere Beurteilung, weil es der Lebenserfahrung entspricht, dass insbesondere männliche und im ländlichen Raum wohnende Jugendliche in aller Regel frühestmöglich die Fahrerlaubnis der Klasse B erwerben, sodass die Klasse T für private Zweck nicht benötigt wird. Praxishinweis: Unter diesem Aspekt, dass eine Fahrerlaubnis ausschließlich für betriebliche Zwecke genutzt wird, erkennt der BFH sogar die Aufwendungen für den Erwerb einer allgemein nutzbaren Fahrerlaubnis durch den als Arbeitnehmer angestellten Ehepartner als Betriebsausgaben an, wenn dem Ehepaar nur ein nach Bauart und Ausstattung nicht privat nutzbarer Werkstattwagen zur Verfügung steht. Zudem gelten Führerscheinkosten bei schwer geh- und stehbehinderten Personen als außergewöhnliche Belastung. Das trifft auch auf den Erwerb durch einen Angehörigen zu, wenn dieser den Behinderten chauffieren soll. Mehrere FG bejahen den Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten, wenn der Führerschein notwendige Voraussetzung für die Berufsausübung ist. Das betrifft etwa Taxi-, Lkw- und Bus- AStW 2012/09 fahrer, hier ist die private Mitbenutzung in der Regel von untergeordneter Bedeutung. Kosten für den Erwerb des Pkw-Führerscheins sind hingegen grundsätzlich nicht schon deshalb Erwerbsaufwendungen, weil der Berufstätige für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebs- oder Arbeitsstätte auf den Pkw angewiesen ist. Fundstellen: FG Niedersachsen 6.6.12, 4 K 249/11, Revision unter IV R 14/12, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122341 BFH 15.2.05, VI B 188/04, BFH/NV 05, 890; 26.3.93, III R 9/92, BStBl II 93, 749; 26.6.68, I 214/65, BStBl. II 68, 773 FG Baden-Württemberg 29.8.06, 14 K 46/06, EFG 07, 179; 24.4.91, 12 K 244/87, EFG 91, 661 FG Münster 25.2.98, 7 K 5197/96 AStW 2012/010 §§ 4, 9 EStG – Ist eine Fährverbindung bei Wahl der verkehrsgünstigeren Strecke einzubeziehen? Wer mit dem Auto zur Arbeit fährt weiß, dass der kürzeste Weg nicht unbedingt der beste ist. Für die Berechnung der Entfernungspauschale ist aber die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte heranzuziehen. Es ist aber nicht immer leicht, dem Finanzamt klarzumachen, dass der längere Weg durchaus der günstigere sein kann. Der BFH hatte jetzt zu entscheiden, ob dann, wenn die eigentliche kürzere Strecke eine Fährverbindung enthält, auch die längere Alternativstrecke ohne Fähre in Ansatz kommen kann. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist für die Berechnung der Entfernungspauschale die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte heranzuziehen. Eine andere Strecke kann jedoch dann angesetzt werden, wenn sie offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte benutzt wird (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 4 EStG). Der BFH hat nun entschieden, dass bei der Bestimmung der kürzesten Straßenverbindung für die Entfernungspauschale auch eine Fähre einzubeziehen ist. Die Besonderheiten einer Fährverbindung wie Wartezeiten, technische Schwierigkeiten, witterungsbedingter Ausfall der Fähre und andere Umstände können jedoch dazu führen, dass eine andere Straßenverbindung als offensichtlich verkehrsgünstiger anzusehen ist als die kürzeste. Als Grundsatz gilt, dass eine andere Route als die kürzeste Straßenverbindung als verkehrsgünstiger anzusehen ist, wenn diese eine Zeitersparnis von mindestens 20 Minuten beinhaltet. Der BFH betont hinsichtlich dieses Grundsatzes jedoch, dass diese zeitliche Vorgabe nicht unumgänglich erfüllt sein muss. Nicht in jedem Fall AStW 2012/011 könne eine Zeitersparnis von 20 Minuten gefordert werden. Im Ausnahmefall könne dies auch weniger sein, da auch andere Umstände als eine Zeitersparnis relevant sein können. So kann eine Straßenverbindung auch dann verkehrsgünstiger als die kürzeste sein, wenn sich durch die Fähre andere Hindernisse ergeben, wodurch sich der Pendler auf den Fährbetrieb wegen der fehlenden Verlässlichkeit bei Planung von Arbeitszeit und Terminen nicht hinreichend verlassen kann. Dann ist dies bei der Beurteilung zu berücksichtigen und die Entfernungspauschale kann für eine Alternativstrecke berechnet werden. Zunächst ist festzustellen, ob und an wie vielen Tagen eine gewählte Fahrtstrecke tatsächlich zurückgelegt wird. Sodann sind Ermittlungen zu den Verkehrsverhältnissen beider Strecken sowie besondere Umstände zur Fährverbindung anzustellen. Auf der Grundlage dieser Feststellungen kann dann beurteilt werden, ob die längere Fahrtstrecke als offensichtlich verkehrsgünstiger anzusehen ist. Praxishinweis: Sofern die Fähre die kürzeste zumutbare Verbindung und auch wirtschaftlich sinnvoll ist, wird für die Berechnung der Entfernungspauschale nach Kilometern die Fahrtstrecke der Fähre nicht berücksichtigt. Im Gegenzug dürfen die tatsächlichen Fährkosten berücksichtigt werden, also die Monatstickets oder ein Jahresabonnement. Fundstellen: BFH 19.4.12, VI R 53/11, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122136 BFH 10.4.07, VI B 134/06, BFH/NV 07, 1309; 16.11.11, VI R 46/10, BFH/NV 12, 505; VI R 19/11, BFH/NV 12, 508 BMF-Anwendungserlass Entfernungspauschale: 31.8.09, IV C 5 - S 2351/09/10002, BStBl I 09, 891, Tz. 1.4 AStW 2012/012 §§ 4, 9 EStG – Doppelte Haushaltsführung auch bei Zweithaushalt in einer Wohngemeinschaft Wer aus beruflichen Gründen einen zweiten Haushalt am Arbeitsort unterhält, kann die Aufwendungen hierfür innerhalb bestimmter Höchstbeträge im Rahmen der sogenannten „doppelten Haushaltsführung“ steuermindernd geltend machen (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG). Die Lebensführung am Beschäftigungsort ist dabei grundsätzlich unerheblich. Deshalb ist die doppelte Haushaltsführung nach der Klarstellung durch den BFH auch dann beruflich veranlasst, wenn der Berufstätige den Zweithaushalt am Beschäftigungsort in einer Wohngemeinschaft einrichtet. Erst wenn sich der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen derart an den Beschäftigungsort verlagert, dass die dortige Wohnung zum Ort der eigentlichen Haushaltsführung wird, entfällt die berufliche Veranlassung einer doppelten Haushaltsführung. Der BFH stellt klar, dass die doppelte Haushaltsführung beruflich veranlasst ist, wenn am Beschäftigungsort in Firmennähe eine Wohngemeinschaft etwa zusammen mit Kollegen besteht. Es ist unerheblich, warum sich der Steuerpflichtige für eine Wohnform entscheidet. Sie kann eine reine Zweckgemeinschaft sein oder alternativ auf persönlichen und freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Mitbewohnern gründen. Diese Wahlfreiheit basiert darauf, dass Wohnen am Beschäftigungsort stets auch von privaten Motiven mitbestimmt ist. Schon die Grundentscheidung, statt täglich zu pendeln eine Zweitwohnung am Beschäftigungsort einzurichten, gründet auf privaten Überlegungen. Entsprechendes gilt für die Auswahl der Räume, die nach den individuellen Vorlieben des Arbeitnehmers unterschiedliche Zuschnitte und Ausstattungen aufweisen können. Das Einkommensteuergesetz zieht hier die Grenze zu den privaten Aufwendungen, indem es Fahrtkosten nur begrenzt über die Entfernungspauschale für Familienheimfahrten zum Abzug zulässt und Unterkunftskosten am Beschäftigungsort nur im Umfang notwendiger Mehraufwendungen berücksichtigt. AStW 2012/013 Fundstellen: BFH 28.3.12, VI R 25/11, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122203 BFH 5.3.09, VI R 23/07, BStBl II 09, 1016; VI R 58/06 AStW 2012/014 § 7g EStG – Verbindliche Bestellung ist bei Betriebseröffnung notwendig Der BFH hat zur alten Fassung des § 7g Abs. 1 EStG erneut bekräftigt, dass eine Ansparrücklage im Jahr vor einer Betriebseröffnung jedoch nur dann anzuerkennen ist, wenn eine verbindliche Bestellung zum 31.12. des Jahres der Bildung vorliegt. Zwar gibt es keine gesetzliche Regelung dazu, wie eine geplante Investition darzulegen ist. Die Absicht ist allerdings ausreichend zu konkretisieren. Bei Betriebseröffnung kann gerade bei wesentlichen Betriebsgrundlagen erst dann von einer ausreichenden Konkretisierung ausgegangen werden, wenn die Wirtschaftsgüter verbindlich bestellt worden sind. Diese Anforderungen gelten gleichermaßen bei einer wesentlichen Kapazitätserweiterung. Als wesentliche Betriebsgrundlage gelten Anlagegüter, ohne die der Betrieb nicht geführt werden kann oder die zur behaupteten Erweiterung erforderlich sind. Dabei ist im Einzelfall festzustellen, ob es sich bei den geplanten Wirtschaftsgütern tatsächlich um für den Betrieb wesentliche Betriebsgrundlagen handelt. Hierzu sind die genaue Ermittlung der Tätigkeit sowie die Ermittlung der konkreten Abläufe im Betrieb genauso nötig wie die Feststellung der Anzahl der Beschäftigten, der räumlichen Gegebenheiten und der jeweiligen Funktion, die die im Investitionsabzugsbetrag eingestellten Wirtschaftsgüter später haben sollen. So kommen bei einem Handelsgeschäft mit An- und Verkauf neben dem Kundenstamm und dem Warenlager auch Hochregallager, Gabelstapler oder Lkw in Betracht. Sofern es sich bei den einzelnen Gegenständen um wesentliche Betriebsgrundlagen für die geplante Eröffnung oder Erweiterung handelt, ist die Bildung des Abzugsbetrags für ihre Anschaffung nur zulässig, wenn sie zu diesem Zeitpunkt bereits verbindlich bestellt waren. Praxishinweis: Ob die Frage der verbindlichen Bestellung auch für die Neufassung des § 7g Abs. 1 EStG ab 1.1.02 gilt, bleibt abzuwarten. Hierzu sind noch einige Verfahren vor dem BFH anhängig (X R 20/11, III R 37/11 und X R 42/11). AStW 2012/015 Fundstellen: BFH 14.3.12, IV R 22/11, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122342 BFH 15.9.10, X R 21/08, BFH/NV 11, 235; X R 16/08, BFH/NV 2011, 33 AStW 2012/016 § 8 EStG – Zuzahlung des Arbeitnehmers zum Dienstwagen mindert nicht den geldwerten Vorteil Leistet der Arbeitnehmer einen Zusatzbeitrag zu den Leasingraten für den Dienstwagen, den er auch privat nutzt, entstehen ihm damit Werbungskosten. Im Streitfall ging es um einen Steuerpflichtigen, der von seinem Arbeitgeber ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt bekam, das er auch privat nutzen durfte. Zu den Leasingraten, die grundsätzlich sein Arbeitgeber trug, leistete der Arbeitnehmer einen „Eigenbeitrag“ von ca. 2.000 EUR. Zur Ermittlung des privaten Nutzungsanteils führte der Arbeitnehmer ein Fahrtenbuch. Wird die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber nicht pauschal nach der 1 %-Regelung, sondern individuell nach der Fahrtenbuchmethode bewertet, kann der geldwerte Vorteil nach dem Anteil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden, wenn diese durch Belege und das Verhältnis der Privatstrecken und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden. Bei dieser Berechnung mindert der gezahlte Eigenanteil des Arbeitnehmers die Fahrzeugkosten jedoch nicht. Das FG Münster verweist auf die Formulierung in § 8 Abs. 2 S. 4 EStG, wonach die gesamten Aufwendungen bei der Fahrtenbuchmethode in die Vorteilsermittlung eingehen. Damit beinhaltet dies auch solche Kfz-Kosten, die nicht der Arbeitgeber getragen hat. Praxishinweis: Nach Verwaltungsansicht fließen beim Fahrtenbuch vom Arbeitnehmer getragene Aufwendungen entgegen der Auffassung des FG Münster und des BFH jedoch nicht in die Gesamtkosten ein und erhöhen somit wie beim Listenpreis nicht den pauschalen oder individuellen geldwerten Vorteil, was sich aus R 8.1 Abs. 9 Nr. 1 und 2 LStR ergibt. AStW 2012/017 Fundstellen: FG Münster 28.3.12, 11 K 2817/11 E, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 121405 BFH 18.10.07, VI R 57/06, BStBl II 09, 199 BMF 6.2.09, IV C 5 - S 2334/08/10003, BStBl I 09, 412 AStW 2012/018 § 9 EStG – Staat beteiligt sich an den Kosten eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. So können auch anfallende Beratungs-, Vertretungsund Prozesskosten nach ständiger BFH-Rechtsprechung Werbungskosten sein, wenn der Prozess mit der Einkunftsart zusammenhängt, in deren Rahmen die Aufwendungen geltend gemacht werden. Nach diesen Gesichtspunkten weisen zivil- und arbeitsgerichtliche Streitigkeiten nach der ersten Vermutung regelmäßig auch dann einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zu den Lohneinkünften auf, wenn sich Arbeitgeber und -nehmer über strittige Ansprüche im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs einigen, so der BFH in einer aktuellen Entscheidung. Da selbst strafbare und im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehende Handlungen Erwerbsaufwand darstellen und hieraus resultierende Schadenersatzzahlungen nicht vom Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug ausgeschlossen sind, gilt das erst recht bei bürgerlichrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, die das Arbeitsverhältnis betreffen. Sie sind deshalb den Arbeitseinkünften zuzuordnen, weil insofern regelmäßig eine Vermutung dafür spricht, dass der Aufwand im hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur Berufstätigkeit steht. Ohne konkrete gegenteilige Anhaltspunkte ist danach also nicht davon auszugehen, dass Kosten privat sind, nur weil es zu keinem strafgerichtlichen Verfahren kam oder noch nicht einmal die Staatsanwaltschaft Ermittlungen durchgeführt hat. Fundstellen: BFH 9.2.12, VI R 23/10, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 121970 BFH 17.8.11, VI R 75/10, BFH/NV 11, 204; 6.5.10, VI R 25/09, BStBl II 10, 851; 17.9.09, VI R 24/08, BStBl II 10, 198 AStW 2012/019 § 10 EStG – Kein Sonderausgabenabzug für Schulgeld für Schweizer Privatschule Schulgeldzahlungen sind als Sonderausgaben zu 30 % absetzbar, höchstens aber mit einem Betrag von 5.000 EUR (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG). Besteht der Kindergeldanspruch nicht für das ganze Jahr, wird der Höchstbetrag zeitanteilig gekürzt. Für jedes Kind wird der Höchstbetrag lediglich einmal gewährt. Daher steht geschiedenen, getrennt lebenden oder nicht miteinander verheirateten Eltern jeweils der halbe Höchstbetrag zu, sofern keine andere Aufteilung gewählt wird. Jeder Elternteil darf aber nur die selbst getragenen Schulkosten geltend machen. Schulgeld für den Unterricht eines Kindes an einer schweizerischen Privatschule sind dagegen nicht als Sonderausgabe gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG abziehbar. Der Europäische Gerichtshof hatte in der Vergangenheit entschieden, dass es gegen die Dienstleistungsfreiheit verstößt, wenn ein Staat Schulgeldzahlungen an inländische Schulen zum Sonderausgabenabzug zulässt, Zahlungen an Privatschulen in anderen Mitgliedstaaten jedoch nicht. Daraufhin hat der Gesetzgeber durch das Jahressteuergesetz 2009 rückwirkend die Abziehbarkeit von Schulgeldzahlungen für in der Europäischen Union (EU) oder im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ansässige Privatschulen eingeführt. Für die Schweiz gilt diese Regelung jedoch nicht, weil die Schweiz weder Mitglied der EU noch des EWR ist. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung kann nicht aus dem Freizügigkeitsabkommen EU/Schweiz abgeleitet werden, da es keinen vergleichbaren umfassenden Schutz vor Diskriminierung grenzüberschreitender Sachverhalte gewährt. Wegen dieser eindeutigen Rechtslage hat der BFH Fragen hinsichtlich schweizerischer Privatschulen nicht dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt. Fundstellen: BFH 9.5.12, X R 3/11, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 121895 AStW 2012/020 EuGH 11.9.07, Rs. C-76/05; Rs. C-318/05, BFH/NV-Beilage 08 Nr. 1, 5, 14 Freizügigkeitsabkommen 21.6.99, BGBl II 01, 811 AStW 2012/021 § 15 EStG – Gewerbliche Infizierung einer Gemeinschaftspraxis Ein unerschöpfliches Thema im Steuerrecht ist die gewerbliche Infizierung von freiberuflichen Praxen. Übt eine Gemeinschaftspraxis sowohl freiberufliche als auch gewerbliche Tätigkeiten aus, gilt die gesamte gemeinschaftliche Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG als Gewerbebetrieb. Diesen Grundsatz haben auch Gemeinschaftspraxen mit integrierter Versorgung zu beachten. Hierbei zahlt die Krankenkasse dem Arzt für die Behandlung der Patienten Fallpauschalen, die sowohl die medizinische Betreuung als auch die Abgabe von Arzneien und Hilfsmitteln abdeckt. Die Pauschalen umfassen damit Vergütungen sowohl für freiberufliche als auch für gewerbliche Tätigkeiten. Bei Fallpauschalen an Gemeinschaftspraxen kommt es aufgrund des gewerblichen Anteils durch die Abgabe von Arzneien und Hilfsmitteln nach Auffassung der Länder-Finanzbehörden zur gewerblichen Infizierung der gesamten Einkünfte der Gemeinschaftspraxis, sofern die vom BFH aufgestellte Geringfügigkeitsgrenze von 1,25 % überschritten wird. Zur Ermittlung dieser Grenze wird der Umsatz aus der Abgabe von Arzneien und Hilfsmitteln anhand der Einkaufspreise dem Gesamtumsatz der Gemeinschaftspraxis gegenübergestellt. Bei Überschreiten kann die gewerbliche Infizierung durch Gründung einer beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaft vermieden werden, die die gewerblichen Tätigkeiten übernimmt. Praxishinweis: Werden Hilfsmittel wie künstliche Hüftgelenke, Augenlinsen oder Implantate verwendet, ohne deren Einsatz die ärztliche Heilbehandlung nicht möglich wäre, sind diese so eng mit der eigentlichen Behandlung verbunden, dass die Abgabe ein Bestandteil der ärztlichen Gesamtleistung ist. Insoweit erbringt der Arzt eine einheitliche, heilberufliche Leistung und die Abgabe von Hilfsmitteln stellt einen unselbstständigen Teil dar. Mangels gewerblicher Tätigkeit wird keine gewerbliche Infizierung herbeigeführt. AStW 2012/022 Fundstellen: OFD Frankfurt 31.5.12, S 2241 A - 65 - St 213 BFH 11.8.99, XI R 2/98, BStBl II 00, 229 AStW 2012/023 § 15 EStG – Umdeutung eines Veräußerungsgewinns in laufende Einnahmen Das Wohnsitz-FA darf den Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils an einer grundbesitzenden Personengesellschaft auch dann in einen laufenden Gewinn im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels umqualifizieren, wenn er im Feststellungsbescheid als Veräußerungsgewinn bezeichnet worden ist. Nach einem aktuellen Urteil des BFH bezieht sich die Feststellungswirkung gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO nur auf die gemeinschaftlich verwirklichten Tatbestände, nicht aber auf diejenigen außerhalb der Beteiligung im Bereich der persönlichen Einkünfteerzielung. Alle Tätigkeiten auf dem Gebiet des Grundstückshandels, die dem Gesellschafter zuzurechnen sind, werden unabhängig davon gewürdigt, ob die abgewickelten Geschäfte auf der Gesellschaftsebene als gewerblich oder lediglich vermögensverwaltend anzusehen sind. Der Beteiligte wird nicht in Abhängigkeit davon unterschiedlich besteuert, ob An- und Verkauf von der Gesellschaft oder von ihm selbst getätigt werden. Diese Tatbestandsmerkmale treten zu den verbindlich festgestellten Besteuerungsgrundlagen hinzu und gehören nicht in den Regelungsbereich des Grundlagen-, sondern in den des Folgebescheids. Für die Frage, ob ein Gewinn am Grundstücksmarkt tarifbegünstigt ist oder nicht, darf es nicht darauf ankommen, ob jemand durch eine Personengesellschaft tätig wird, und ob diese als vermögensverwaltend oder mitunternehmerisch anzusehen ist. Da beim Steuerpflichtigen selbst der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe seines gewerblichen Grundstückshandels nicht tarifbegünstigt wäre, kann er die Tarifbegünstigung auch nicht dadurch erlangen, dass er einen Teil seiner Geschäfte über eine Mitunternehmerschaft tätigt und diese ihren Betrieb veräußert oder aufgibt oder der Mitunternehmeranteil inklusive Grundstück verkauft wird. Fundstelle: BFH 18.4.12, X R 34/10, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122066 AStW 2012/024 §§ 15, 21 EStG – Zurechnung von Erträgen aus Gebäuden und Fotovoltaikanlagen Der BFH hatte jüngst in mehreren Urteilen entschieden, dass Aufwendungen für Gebäude für den Vorsteuerabzug anteilig dem Betrieb einer auf diesem Gebäude installierten Solaranlage zugerechnet werden können (s. AStW 12, 31). Für die Einkommensteuer entschied nun das FG Köln, dass Gebäude-herstellkosten ertragsteuerlich nicht anteilig dem Gewerbebetrieb der hierauf installierten Fotovoltaikanlage zuzurechnen sind. Im Streitfall verpachtete der Steuerpflichtige zwei Hallen an seine Ehefrau. In den gepachteten Hallen betrieb diese eine Pferdepension. Die Einkünfte des Ehemanns, wurden als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung angesetzt. Das Finanzamt erkannte die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung jedoch nicht an. Der jährliche Pachtzins läge unterhalb der steuerlichen Abschreibung, sodass kein Überschuss erzielbar sei. Zusätzlich hatte der Kläger auf den Hallen Fotovoltaikanlagen errichten lassen. Aus dieser Anlage erzielte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Eine Verrechnung der Gewinne aus der Fotovoltaikanlage mit den Verlusten aus Verpachtung lehnte das Finanzamt ab. Nach Auffassung des Finanzamts habe eine sog. Segmentierung zu erfolgen. Zwar kann die Solaranlage nicht ohne die Hallen als Grundlage betrieben werden. Diese sind also notwendige Voraussetzung für den Anlagenbetrieb. Es besteht aber keine Möglichkeit, die Aufwendungen in der Vermietung der steuerlich mangels Einkunftserzielungsabsicht unbeachtlichen Hallen und dem Anlagenbetrieb zuzuordnen. Hierfür fehlt es an einem Aufteilungsmaßstab. Alle Kosten für die Hallen fallen auch ohne den Solarstrom in derselben Höhe an. Die zum Vorsteuerabzug ergangenen BFH-Urteile können dabei für ertragsteuerliche Zwecke nicht herangezogen werden, sie beruhen auf besonderen umsatzsteuerlichen Hintergründen. AStW 2012/025 Praxishinweis: Die Entscheidung hat zur Folge, dass die Einkünfteerzielungsabsicht für jedes Mietobjekt getrennt zu prüfen ist. Sofern kein positiver Überschuss erzielt werden kann, können Gewinne aus der Solaranlage das Ergebnis nicht verbessern. Es wurde jedoch Revision zugelassen, weil die Rechtsfrage einkommensteuerlich noch nicht entschieden ist, inwieweit Kosten für eine Solarstromanlage durch Aufwandseinlage berücksichtigt werden können. Fundstellen: FG Köln 16.5.12, 10 K 3587/11, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122343 BFH 19.7.11, XI R 29/10; XI R 21/10; XI R 29/09, BStBl II 12, 430 ff. AStW 2012/026 §§ 19, 42d EStG – Telefoninterviewer sind Arbeitnehmer und keine Selbstständigen Beschäftigt ein Meinungsforschungsinstitut Telefoninterviewer gegen Honorar, haftet es für die nicht abgeführte Lohnsteuer. Nach einem aktuellen Urteil vom FG Köln sind die Interviewer steuerrechtlich als Arbeit- nehmer und nicht als Selbstständige anzusehen. In der Vergangenheit hatten Arbeits- und Sozialgerichte solche Tätigkeiten oftmals als selbstständig angesehen. Das FG beurteilt die Interviewtätigkeit aber jedenfalls dann anders, wenn den Interviewern ein Telefonarbeitsplatz im Institut zur Verfügung steht und sich ihr Honorar nach der Anzahl der erfolgreich abgeschlossenen Interviews berechnet. Die Einordnung als Arbeitnehmer erfolgt über § 1 Abs. 2 LStDV, indem eine Person dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet und er in seiner Betätigung entweder direkt unter dem Willen und der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Dabei spricht nach der umfangreichen BFH-Rechtsprechung eine Vielzahl von Merkmalen für eine Arbeitnehmereigenschaft, zum Beispiel insbesondere: persönliche Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit, feste Arbeitszeiten und der zeitliche Umfang der Dienstleistungen, Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort, feste Bezüge, Anspruch auf Urlaub, sonstige Sozialleistungen, Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, Überstundenvergütung, Unselbstständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit, kein Unternehmerrisiko, keine Unternehmerinitiative, kein Kapitaleinsatz, keine Pflicht zur Beschaffung von Arbeitsmitteln, Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern und damit Eingliederung in den Betrieb, Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolgs sowie Ausführung von einfachen Tätigkeiten, bei denen eine Weisungsabhängigkeit den Regelfall darstellt. AStW 2012/027 Diese und noch weitere Merkmale sind jeweils im konkreten Einzelfall zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Kommt es nach Anwendung dieser Gesamtbetrachtung zur Einstufung als Arbeitnehmer, haftet der Arbeitgeber – hier also das Meinungsforschungsinstitut – gemäß § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG für die Lohnsteuer hinsichtlich der Tätigkeit der Telefoninterviewer. Die Berechnung erfolgt nach den jeweiligen Steuerklassen der vermeintlich lediglich frei angestellten Honorarkräfte. Da in der Praxis oftmals die für die Höhe der Lohnsteuer-Haftungsschuld maßgebenden Besteuerungsgrundlagen nicht mehr im Nachhinein konkret ermittelt und berechnet werden können, hat sie das FA nach § 162 AO zu schätzen. Fundstellen: FG Köln 14.3.12, 2 K 476/06, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122018 BFH 29.5.08, VI R 11/07; 14.6.07, VI R 5/06; 2.12.98, X R 83/96; 14.6.85, VI R 152/82; 9.11.04, VI B 150/03 AStW 2012/028 § 20 EStG – Anerkennung von Refinanzierungskosten als Werbungskosten Refinanzierungskosten für ein Darlehen können grundsätzlich Werbungskosten darstellen. Schuldzinsen sind als Werbungskosten abzugsfähig, soweit sie im Zeitpunkt ihrer Entstehung mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG). Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang von Schuldzinsen mit den Einkünften aus Kapitalvermögen ist immer dann anzunehmen, wenn ein objektiver Zusammenhang der Aufwendungen mit der Überlassung von Kapital zur Nutzung besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden. Der Abzug von Werbungskosten setzt auch im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen eine auf Erzielung eines Totalüberschusses gerichtete Einkünfteerzielungsabsicht voraus. In seinem Beschluss verweist das FG München auf die umfangreiche BFH-Rechtsprechung hierzu und stellt klar, dass sie bei überlassenen Privatdarlehen nur besteht, wenn die aus diesem Kreditengagement voraussichtlich erzielbaren Gesamteinnahmen über den gesamten Aufwendungen und hier insbesondere den Refinanzierungszinsen und weiteren Kosten und Gebühren liegen. Werden aber für die aufgenommenen und gewährten Kredite die gleichen Zinsen sowie Fälligkeitsdaten vereinbart, fehlt es mangels erzielbarem Totalüberschuss an der Einkünfteerzielungsabsicht. In diesem Fall können keine höheren Einnahmen als die Kosten erzielt werden, da die Refinanzierungsmittel meist früher aufgenommen werden und weitere für Sicherheiten oder Bearbeitungsgebühren entstehen. Praxishinweis: Mit der Abgeltungsteuer ist der Werbungskostenabzug entfallen, sodass die Verwaltung regelmäßig von einer Einkunftserzielungsabsicht ausgeht. Diese Einschätzung betrifft aber nicht diejenigen Fälle, in denen Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind. Hier gilt nach § 32d Abs. 2 EStG die tarifliche AStW 2012/029 Einkommensteuer mit Werbungskostenabzug und die Verlustverrechnung mit anderen Einkunftsarten im Rahmen des § 20 EStG, sodass eine Liebhaberei weiterhin gegeben sein kann. Fundstellen: FG München 9.5.12, 10 V 3505/11, rkr., unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122344 BFH 30.6.09, VIII B 8/09, BFH/NV 09, 1977; 20.6.06, X R 3/06, BStBl II 06, 870; 19.1.10, X R 2/07, BFH-NV 10, 1251; 24.5.11, VIII R 3/09, BStBl II 12, 254; 16.4.91, VIII R 100/87, BStBl II 92, 234 BMF 22.12.09, IV C 1 - S 2252/08/10004, BStBl I 10, 94, Tz. 125 AStW 2012/030 § 21 EStG – Bauzeitzinsen können auch Gebäudeherstellungskosten sein Sind Bauzeitzinsen während der Herstellungsphase nicht als (vorab entstandene) Werbungskosten abziehbar, können sie in die Herstellungskosten einbezogen werden, wenn das fertiggestellte Gebäude durch Vermietung genutzt wird. Nicht als vorweg entstandene Werbungskosten abziehbare Kosten entstehen zum Beispiel, wenn während der Bauphase bis zum Einzug oder dem Mietbeginn Aufwand für die Immobilienfinanzierung anfällt und dann wegen Eigennutzung oder Verkauf dieser dann nicht mehr abziehbar ist. Dieser Aufwand ist jedenfalls dann in die Gebäudeherstellungskosten einzubeziehen, wenn das fertiggestellte Gebäude abweichend vom Vorhaben vermietet wird. Bei diesem Urteilstenor überträgt der BFH die Grundsätze des HGB auf die Überschusseinkünfte. Zinsen für Fremdkapital gehören nach § 255 HGB zu den Herstellungskosten, wenn der Kredit der Herstellung eines Vermögensgegenstands dient. Das gilt auch für Bauzeitzinsen. Dieser handelsrechtliche Grundsatz wird nach R 6.3 Abs. 4 EStR auch einkommensteuerlich gewährt, wenn eine Bilanzierung nach § 4 Abs. 1 EStG erfolgt. Gleiches muss nach dem Prinzip der Gesamtgewinngleichheit aber auch für nicht bilanzierende Steuerpflichtige gelten, denn Herstellungskosten sind bei den Überschusseinkünften nicht in anderer Weise zu ermitteln als bei den Gewinneinkünften. Zwar ist eine unterschiedliche Behandlung für die Bereiche des Betriebs- und des Privatvermögens nicht ohne Weiteres ausgeschlossen, bedarf jedoch Gründen, die sich aus besonderen Zwecken ergeben müssen. Solche Anlässe liegen für die Bauzeitzinsen nicht vor. Aufwand kann nicht nur in der Handelsbilanz kontrollier- und nachprüfbar erfasst werden, sondern auch in der Aufstellung der Herstellungskosten, die für die Berechnung der AfA eingereicht werden muss. Fundstellen: BFH 23.5.12, IX R 2/12, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122138 BFH 7.11.89, IX R 190/85, BStBl II 90, 460 AStW 2012/031 § 23 EStG – Verlustverrechnung erfolgt bei Zusammenveranlagung pro Ehepaar Bei der Verlustverrechnung werden erzielte Verluste den erzielten Gewinnen gegenübergestellt. Sofern eine Verrechnung im aktuellen Jahr nicht möglich ist, kann diese für ein Jahr zurück und unendlich in die Zukunft transferiert werden. Werden Verluste hingegen aus Wertpapieren erzielt, die noch kein Jahr im Depot des Anlegers lagen, können sie nur mit Spekulationsgewinnen, nicht jedoch mit Zins- oder Dividendenerträgen verrechnet werden. Sofern die im jeweiligen Vorjahr festgestellten Verlustvorträge aus privaten Veräußerungsgeschäften höher waren als die Spekulationsgewinne im Folgejahr, sind Gewinne in vollem Umfang von den festgestellten Verlustvorträgen abzuziehen. Dieser Grundsatz wird auch durch die Bestimmung des § 26b EStG – Bestimmungen zur Zusammenveranlagung – nicht beeinträchtigt. Mit diesem Urteil widerspricht das FG Köln der Verwaltung, die eine Aufteilung des Verlustvortrags in dem Verhältnis vornimmt, in dem der Verlustvortrag auf die einzelnen Ehegatten entfällt. Der hierzu verwendete § 62d Abs. 2 S. 2 EStDV betrifft nur den speziellen Fall, dass ein Wechsel der Veranlagungsart vorliegt. Bei durchgehender Zusammenveranlagung ist für eine Anwendung kein Raum. Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften sind auf der ersten Stufe mit den im selben Jahr erwirtschafteten Verlusten zu verrechnen. Das gilt auch bei der Zusammenveranlagung, da über § 26 EStG positive und negative Einkünfte den Ehegatten gemeinsam zugerechnet werden. Praxishinweis: Die Verwaltung teilt auch bei durchgehender Zusammenveranlagung verbleibende negative Einkünfte von Ehegatten für den Verlustvortrag nach dem Verhältnis auf, in dem die auf eine Person entfallenden Verluste im Verlustentstehungsjahr zueinander stehen. Näheres hierzu ist R 10d Abs. 6 EStR zu entnehmen. AStW 2012/032 Fundstellen: FG Köln 20.4.12, 4 K 1027/09, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122345 OFD Rheinland 4.4.06, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 026/2006 AStW 2012/033 § 33 EStG – Neuregelung zum Nachweis im Krankheitsfall ist verfassungsgemäß Der BFH hat aktuell entschieden, dass die vom Gesetzgeber rückwirkend eingeführten formellen Anforderungen an den Nachweis bestimmter Krankheitskosten verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen. Hierzu können auch Aufwendungen im Krankheitsfall gehören. Bestimmte Krankheitskosten, bei denen die medizinische Notwendigkeit nicht offensichtlich ist, dürfen allerdings nur noch berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige ihre Zwangsläufigkeit z.B. durch ein amtsärztliches Gutachten nachweist. Eine entsprechende gesetzliche Regelung hat der Gesetzgeber durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 eingeführt. Der Gesetzgeber hat damit auf die Änderung einer langjährigen Rechtsprechung reagiert. Im zugrunde liegenden Urteilsfall machten die Kläger u.a. die Kosten für einen Kuraufenthalt als außergewöhnliche Belastungen geltend. Sie hatten die medizinische Notwendigkeit der Kur jedoch nicht durch ein vor Kurbeginn ausgestelltes amtsärztliches oder vergleichbares Attest belegt. Finanzamt und Finanzgericht ließen die Aufwendungen deshalb nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastungen zu. Die Revision der Kläger war ebenfalls erfolglos. Auf die strenge Art des Nachweises kann nach geltendem Recht nicht (mehr) verzichtet werden. Die nun vom Gesetzgeber geregelten Anforderungen an den Nachweis bestimmter Krankheitskosten sind von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Auch der Umstand, dass die neuen Nachweisregelungen rückwirkend in allen noch offenen Fällen anzuwenden sind, ist verfassungsrechtlich unbedenklich; darin liegt keine unzulässige Rückwirkung. AStW 2012/034 Praxishinweise: Trotz der gesetzlichen Neuregelung bleibt es bei dem allgemeinen Grundsatz in § 33 EStG, dass die Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, ohne dass es im Einzelfall der Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf. Der BFH betont jedoch, dass dies nur für die eigentliche Heilbehandlung gilt und nicht mehr für solche Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen ist oder wenn es sich um medizinische Hilfsmittel als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens handelt. Hier hat der Steuerpflichtige die Zwangsläufigkeit formalisiert nach § 64 Abs. 1 EStDV nachzuweisen. Ob und inwieweit die Zulässigkeit der Rückwirkung für die Zeit nach dem Ergehen der Urteile des BFH bis zu der Verkündung des Steuervereinfachungsgesetzes am 4.11.2011 gilt, ließ der BFH im Urteilsfall ausdrücklich dahinstehen. Dieses betraf nämlich lediglich den Veranlagungszeitraum 2006. Fundstellen: BFH 19.4.12, VI R 74/10, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 121971 BFH 11.11.10, VI R 17/09; VI R 16/09; 9.11.10, VI B 101/10 BVerfG 21.7.10, 1 BvL 11/06 u.a. AStW 2012/035 § 33a EStG – Der Investitionsabzugsbetrag darf die außergewöhnliche Belastung nicht mindern Unterstützen Steuerpflichtige ihre Eltern oder erwachsenen Kinder liegen außergewöhnliche Belastungen vor. Bei der Beurteilung der Frage, ob Unterhaltsaufwendungen nach § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen sind, wird das verfügbare Nettoeinkommen des Steuerpflichtigen entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung nicht durch geltend gemachte Investitionsabzugsbeträge gemindert, so das Urteil des FG Niedersachsen. Durch einen Investitionsabzugsbetrag werden die Einkünfte lediglich buch- oder bilanzmäßig gemindert. Das tatsächliche Vermögen bleibt jedoch unangetastet. Dennoch sollen laut BMF bei der Ermittlung des verfügbaren Nettoeinkommens auch Investitionsabzugsbeträge berücksichtigt werden. Diese Ansicht steht nicht mit der Rechtsprechung des BFH zu § 33a EStG in Einklang, die sich an den unterhaltsrechtlichen Urteilen der Familiengerichte orientiert. Dabei gilt allgemein der Grundsatz, dass allein buchmäßige Gewinnminderungen auf das verfügbare Nettoeinkommen keinen Einfluss haben, das für die Leistungsfähigkeit und die steuerliche Abzugsfähigkeit von Unterhalt maßgeblich ist. Praxishinweis: Unterhaltsleistungen dürfen 1 % je 500 EUR des verfügbaren Nettoeinkommens nicht übersteigen, maximal 50 %. Addiert werden 5 Prozentpunkte für den Ehegatten und pro Kind. Fundstellen: FG Niedersachsen 24.4.12, 15 K 234/11, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122347 BMF 7.6.10, IV C 4 - S 2285/07/0006 : 001, BStBl I 10, 582, Tz. 10 AStW 2012/036 §§ 62 ff. EStG – Neue Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs Das BZSt hat jetzt die Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs neu gefasst. Die Neufassung beinhaltet neben Klarstellungen und Umstellungen zur besseren Übersicht insbesondere die Änderungen durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 infolge des Wegfalls der Einkünfte- und Bezüge-Grenze und dem Abstellen auf die Berufsausbildung sowie Änderungen im SGB VII und VIII. Die Dienstanweisung ist als zentrale Vorschrift für die Familienkassen in allen noch nicht bestandskräftig festgesetzten Kindergeldfällen anzuwenden und gilt damit auch für die Jahre 2008 bis 2011, jedoch mit Ausnahme der durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 geänderten Regelungen. Fundstellen: BZSt 16.7.12, St II 2 - S 2280-DA/12/00002; 20.12.11, St II 2 - S 2282PB/11/00002, BStBl I 12, 40 BMF 7.12.11, IV C 4 - S 2282/07/0001-01, BStBl I 11, 1243 AStW 2012/037 § 8 GewStG – Neuer Anwendungserlass zur Hinzurechnung von Finanzierungsaufwand Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wurde die Hinzurechnung von Entgelten für die Nutzung von Betriebskapital ab dem Erhebungszeitraum 2008 eingeführt. Die sich hieraus ergebenden Grundsätze wurden bereits in einem umfangreichen einheitlichen Ländererlass vom Juli 2008 dargestellt. Ein neues 19-seitiges Schreiben ersetzt nun die alte Verwaltungsanweisung zu § 8 GewStG, auch unter Beachtung der neuen GewStR 2009, die bei den damaligen Anweisungen noch nicht gültig waren. Hinzugerechnet werden nach § 8 Nr. 1 GewStG grundsätzlich nur die Beträge, die bei der Gewinnermittlung abgesetzt wurden. Dies gilt unabhängig davon, ob die Beträge beim Empfänger der Gewerbesteuer unterliegen. Damit entfällt eine Hinzurechnung von Aufwendungen, die als Anschaffungs- oder Herstellungskosten beim Anlage- oder Umlaufvermögen aktiviert wurden. Dafür sind aber Rückstellungen hinzuzurechnen, sofern sie hinsichtlich von Finanzierungskosten gebildet werden. Maßgebend ist die Gewinnermittlung des Unternehmens nach dem GewStG. Daher gilt die Hinzurechnung nicht bei Sondervergütungen des Mitunternehmers und Gewinnen des atypisch stillen Gesellschafters. Neben diesen allgemeinen Hinweisen geht es im Erlass um die Aufteilung gemischter Verträge sowie die einzelnen Tatbestände des § 8 Nr. 1 GewStG und hier insbesondere um die für die Praxisanwendung wichtige Einordnung einer Hinzurechnung von Entgelten für Schulden sowie Miete und Pacht für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter. Ergänzt wird dies um Hinweise zum Freibetrag von 100.000 EUR sowie zu Organschaft, Abwicklung, Insolvenz und Umstellung des Wirtschaftsjahres. Fundstellen: Einheitliche Ländererlasse 2.7.12; 4.7.08, BStBl I 08, 730 AStW 2012/038 § 12 UStG – Kein generell ermäßigter Tarif für gemeinnützige Körperschaften bei Seminaren Veranstaltet eine gemeinnützige Körperschaft Seminare steuerfrei, kann sie für die Beköstigung von Seminarteilnehmern nicht den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG in Anspruch nehmen. Gleiches gilt laut BFH auch für die Beherbergung bis Ende des Jahres 2009. Damit sind gemeinnützige Seminarveranstalter gezwungen, eine einheitliche Teilnahmegebühr aufzuteilen, wenn die Teilnahmegebühr etwa das Mittagessen oder die Übernachtung mit Frühstück beinhaltet. Dabei sind beim Seminar ab 2010 die auf Beköstigung und Beherbergung entfallenden Preisanteile unterschiedlich zu versteuern. Da es seit 2010 die Neuregelung für den ermäßigten Steuersatz im Hotelgewerbe nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG gibt, erbringen die gemeinnützigen Körperschaften mit ihren Seminaranbietern verschiedene Leistungen, die drei gesonderten Regeln unterliegen: Die Seminarveranstaltung selbst ist steuerfrei. Die Beherbergung unterliegt der Umsatzsteuer mit 7 %. Ein Mittagessen oder eine andere Mahlzeit während des Seminars ist mit 19 % zu versteuern. Laut BFH widerspricht § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG dem EU-Recht, wonach nur die Körperschaften ermäßigt besteuert werden, die nach § 52 Abs. 2 AO für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit tätig sind. Damit können wirtschaftliche Geschäftsbetriebe den ermäßigten USt-Satz nur beanspruchen, wenn ein steuerprivilegierter Zweckbetrieb vorliegt oder die Leistungen für die Verwirklichung des Satzungszwecks unerlässlich sind oder diese selbst verwirklichen. Dies beinhaltet erhebliche Einschränkungen zur bisherigen Praxisanwendung. Denn abweichend vom zulässigen Rahmen erstreckt sich die nationale Regelung bislang durch den Verweis auf §§ 51 ff. AO auf alle Leistungen gemeinnütziger Körperschaften, ohne dass dabei eine Einschränkung vorgenommen wird. AStW 2012/039 Fundstellen: BFH 8.3.12, V R 14/11, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 121803 BFH 19.11.03, I R 33/02, BFH/NV 04, 445; 29.10.97, I R 13/97, BStBl II 98, 9 AStW 2012/040 § 15 UStG – Leistungsbeschreibung in einer zum Vorsteuerabzug geeigneten Rechnung Der BFH hat zusammenfassend dargestellt, welche Inhaltsangaben eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis haben muss, damit sie den Anforderungen des § 15 UStG zum Vorsteuerabzug gerecht wird. Damit wurde die ständige Rechtsprechung bestätigt, dass ein zum Vorsteuerabzug berechtigendes Papier, mit dem gemäß § 14 UStG über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet werden soll, Angaben tatsächlicher Art enthalten muss, welche die Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglicht. Danach muss der Aufwand zur Identifizierung der Leistung dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der abgerechneten Lieferungen oder Leistungen ermöglichen. Dies setzt voraus, dass entweder der Rechnungstext selbst eine hinreichende Leistungsbeschreibung in dem Abrechnungspapier enthält oder eine Bezugnahme auf andere, eindeutig gekennzeichnete Unterlagen erfolgt. Eine umgekehrte Bezugnahme in einem Vertrag auf eine zukünftig noch zu erstellende Rechnung macht den Vertrag noch nicht zur Abrechnung. Insoweit reicht eine Bezugnahme in einer verpflichtenden vertraglichen Regelung auf eine zukünftig noch zu erstellende Rechnung noch nicht zur Abrechnung. Praxishinweis: Eine Rechnung wird umsatzsteuerlich für den Vorsteuerabzug anerkannt, wenn die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit ihres Inhalts und die Lesbarkeit gewährleistet sind und sie alle gesetzlich insbesondere nach § 14 UStG erforderlichen Angaben enthält. Hierzu hat die Verwaltung umfangreiche Vorgaben im UStAE definiert, auch unter der Berücksichtigung, dass Unternehmer unabhängig von der Größe seit Juli 2011 unter erleichterten Bedingungen Rechnungen elektronisch übermitteln können, sofern der Rechnungsempfänger zustimmt. AStW 2012/041 Fundstellen: BFH 14.3.12, V B 111/10, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 121813 BFH 26.3.04, V B 170/03, BFH/NV 04, 1121 AStW 2012/042 § 15 UStG – Vorsteuerabzug beim Erwerb einer Fotovoltaikanlage Ein Unternehmer kann die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, gem. § 15 Abs. 1 UStG als Vorsteuerbeträge abziehen. Im Streitfall war fraglich, ob überhaupt eine Lieferung vorlag. Die betroffene Steuerpflichtige war im Bereich Partyorganisation einzustufen. Im Dezember 2010 reichte sie beim FA eine Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2010 ein, in der sie Vorsteuern von 9.500 EUR im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Fotovoltaikanlage geltend machte. Auf Nachfrage des FA übersandte die Klägerin drei Rechnungen. Als Liefergegenstand waren Wechselrichter, Elektrik und Verteiler, Elektromaterial jeglicher Art, sowie Schrauben und Dachanbindungen aufgeführt. Zudem reichte die Steuerpflichtige einen Pachtvertrag ein. Als Gegenstand des Pachtvertrags wurde dabei nicht die Überlassung der Fotovoltaikanlage in betriebsbereitem Zustand, sondern die Überlassung der Einzelteile vereinbart. Ab Januar 2011 war ein monatlicher Pachtzins vereinbart worden. Die liefernde Firma hatte sich weiterhin verpflichtet, die Anlage an einem geeigneten Standort in Deutschland, insbesondere auf einem Dach oder in einem Solarpark, zu errichten und während der gesamten Dauer des Pachtverhältnisses die Funktionsfähigkeit der Fotovoltaikanlage zu gewährleisten. Weiterhin verpflichtete sich die Steuerpflichtige nach Ablauf des Pachtvertrags der liefernden Firma oder einem von dieser benannten Dritten zu einem festgelegten Preis anzubieten. Nach Unionsrecht und § 15 UStG kann ein Unternehmer die in Rechnungen gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, wenn der Leistende ihn befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. AStW 2012/043 Der Anleger in ein Solarmodell wird jedoch nicht in die Lage versetzt, über die Fotovoltaikanlage und deren einzelne Bauteile nach Belieben verfügen und unmittelbar darauf zugreifen zu können. Aufgrund der Verknüpfung von Kauf- und Pachtvertrag ist von vornherein überhaupt nicht beabsichtigt, dem Investor die Verfügungsmacht über die Solaranlage einzuräumen. Wirtschaftlich betrachtet geht es schon im Zeitpunkt der Bestellung um die Finanzierung von Fotovoltaikanlagen, die anschließend weiterverpachtet werden. Der Anleger ist an diese Entscheidungen gebunden und kann lediglich an den Erträgen partizipieren. Sollen die Anlagen laut Projektprospekt nach Ablauf der Pachtverträge verkauft werden, ist es dem Investor selbst zu diesem späten Termin nicht möglich, über sie zu disponieren und sie nach eigenem Willen zu gebrauchen. Er ist auch insofern von Vorgaben abhängig. Da somit nie wirtschaftlich eine Eigentümerposition verschafft wird, liegt keine Lieferung nach § 3 UStG vor und aus Rechnungen kommt daher kein Vorsteuerabzug in Betracht. Fundstelle: FG München 26.1.12, 14 K 2222/11, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122348 AStW 2012/044 §§ 17, 25 UStG – Rabattgewährung durch ein Reisebüro Der BFH hat dem EuGH jetzt die Frage vorgelegt, ob ein Reisebüro, das als Vermittler für einen Reiseveranstalter tätig ist und einem Reisekunden einen selbst finanzierten Preisnachlass gewährt, zu einer Minderung seiner Umsatzsteuerschuld berechtigt ist. Der BFH hat dies in der Vergangenheit bejaht, hat aber Zweifel, ob seine bisherige Auslegung mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Dabei geht es um die Bemessungsgrundlage einer Reisevorleistung, die sich abweichend vom Üblichen nicht aus dem vollen Entgelt, sondern der Differenz zwischen Kundenzahlung und Aufwand des Unternehmers als Marge nach § 25 UStG ergibt. Umsatzsteuerlich erbringt das Reisebüro eine Vermittlungsleistung gegenüber dem Veranstalter. Gewährt es aus der Vermittlungsprovision einen Kundenrabatt, ist zweifelhaft, ob sie das Entgelt für die erbrachte Vermittlungsleistung mindert. Dafür spricht, dass sich der Aufwand des Reisekunden dadurch reduziert und dagegen, dass die Leistung des Reisebüros an den Veranstalter und die vom Anbieter an den Kunden nicht gleichartig sind. Praxishinweis: Vor diesem Hintergrund soll der EuGH allgemein klären, inwieweit ein Preisnachlass in einer Leistungskette eine Entgeltsminderung darstellt und ob der Vorsteuerabzug geändert werden muss, wenn die vermittelten Reiseleistungen nach § 25 UStG steuerfrei sind. Gemäß Abschn. 17.2 Abs. 10 UStAE erkennt die Verwaltung in Hinblick auf die geänderte Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG insoweit keine Entgeltsminderungen beim Vermittler an. Der Ausgang ist bedeutsam, weil er sich ebenso auf andere Bereiche mit vermittelten Waren oder Dienstleistungen auswirken kann. Fundstellen: BFH 26.4.12, V R 18/11, beim EuGH unter C-300/12; 12.1.06, V R 3/04, BStBl II 06, 479; 13.7.06, V R 46/05, BStBl II 07, 186 AStW 2012/045 § 16 GrEStG – Rückabwicklung des Übertrags eines Gesellschaftsanteils Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand, indem mindestens 95 % der Anteile auf neue Besitzer übergehen, ist das nach § 1 Abs. 2a GrEStG eine Übereignung einer Immobilie und somit steuerpflichtig. Dabei wird die Steuer nach § 16 Abs. 2 GrEStG nicht festgesetzt oder aufgehoben, wenn das Grundstück anschließend wieder zurückerworben wird oder die Gesellschaftsanteile vom neuen auf den alten Gesellschafter ganz oder teilweise zurückübertragen werden und dadurch die 95 %-Schwelle unterschritten wird. Nach Ansicht des BFH betrifft dies über den Wortlaut hinaus auch Geschäfte, in denen der Steuererlass nicht gelten soll, weil ein Erwerbsvorgang nach § 16 Abs. 5 GrEStG nicht ordnungsgemäß angezeigt worden war. Die Befreiung setzt nicht den Rückerwerb sämtlicher Anteile voraus. Solche Geschäfte sind im Übrigen nur dann ordnungsgemäß angezeigt, wenn sich aus der Meldung eindeutig und vollständig entnehmen lässt, dass der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG ausgelöst wurde oder ein Vorgang hierzu beigetragen hat. Denn unter Änderung der Rechtsprechung sind dafür grundstücksbezogene Angaben nicht erforderlich. Enthält die Anzeige keine oder nur unvollständige Angaben über die für die Besteuerung relevanten Rechtsvorgänge, bekommt das FA aber innerhalb der Anzeigefrist durch eigene Ermittlungen oder von Dritten vollständige Kenntnis davon, steht die Verhinderungsvorschrift des § 16 Abs. 5 GrEStG der Anwendung des § 16 GrEStG und somit der Steueraufhebung nicht entgegen. Fundstellen: BFH 18.4.12, II R 51/11, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122059 BFH 2.3.11, II R 64/08, BFH/NV 11, 1009 AStW 2012/046 §§ 5, 6 InvStG – Besteuerung intransparenter schwarzer Auslandsfonds Drei Finanzgerichte kommen zu teilweise unterschiedlicher Beurteilung inwieweit das seit 2004 geltende InvStG gegen das EU-Recht und gegen das Grundgesetz verstößt. Gegenstand dieser Entscheidung ist die pauschale Strafbesteuerung nach § 6 InvStG, wenn die Veröffentlichungspflichten der Steuerdaten nach § 5 InvStG nicht fristgerecht im deutschen Bundesanzeiger veröffentlicht sind. Wird diesen Vorgaben bei intransparenten Fonds nicht entsprochen, sind 70 % der Differenz zwischen den Kursen zum Jahresende und mindestens 6 % vom letzten Rücknahmepreis die Bemessungsgrundlage für die Strafbesteuerung – unabhängig von den tatsächlichen Erträgen. Das FG Hamburg ist der Meinung, dass die Regelungen des InvStG nicht zu einer Diskriminierung ausländischer Fonds im Hinblick auf die europarechtlich vorgegebene Kapitalverkehrsfreiheit führen. Dieser Tenor steht in Übereinstimmung mit dem nahezu zeitgleich veröffentlichten Urteil des FG Berlin-Brandenburg. Hiernach ist es weder willkürlich noch unverhältnismäßig, dass nach dem InvStG gerade von ausländischen Gesellschaften besondere Nachweise verlangt werden. Die Finanzbehörden können bei ausländischen Gesellschaften – anders als bei inländischen Gesellschaften – schließlich keine Außenprüfung zur Aufklärung der steuerlichen Verhältnisse vornehmen und keine Ausschüttungen kontrollieren. In der Pauschbesteuerung der Kapitalerträge liegt keine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit, da sie gleichermaßen für inund ausländische Investmentgesellschaften gilt. Die Anforderung eines besonderen Nachweises gerade an Auslandsgesellschaften ist weder willkürlich noch unverhältnismäßig, sondern vielmehr gerechtfertigt. Hiergegen ist eine Revision anhängig. Das FG Düsseldorf hingegen hält es für zweifelhaft, ob die Regelungen des InvStG europarechtskonform sind und hat dem EuGH die Rechtsfrage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob und inwieweit die derzeit geltende AStW 2012/047 pauschale Besteuerung von Erträgen aus intransparenten Investmentfonds gegen das EU-Recht verstößt. Begründet wird die Vorlage damit, dass dies eine verschleierte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstelle, zumal dies in der Literatur vielfach verneint oder zumindest bezweifelt worden ist. Das FG Düsseldorf kritisiert vor allem, dass § 6 InvStG de facto auf Auslandsfonds zugeschnitten ist, weil inländische Fonds nahezu ausnahmslos die Anforderungen des InvStG erfüllen und ausländische Fonds sich oftmals nicht veranlasst sehen, den Pflichten nachzukommen. Daher liege trotz formaler Gleichstellung eine verdeckte Diskriminierung vor. Die Kapitalverkehrsfreiheit würde verletzt, weil ausländische Fonds keine deutschen Anleger für sich gewinnen können und diese eher Abstand nehmen. Die Gesetzeslage sei daher aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht nicht zweifelsfrei. Praxishinweis: Der BFH hatte bereits die Besteuerung von Erträgen aus schwarzen Fonds nach der Vorgängerregelung im AuslInvestmG als offensichtlich gemeinschaftswidrig beurteilt. Zwar wurde in diesem Zusammenhang auch die ab 2004 geänderte Gesetzeslage angesprochen. Nicht angesprochen wurde jedoch der Gesichtspunkt der verdeckten oder faktischen Diskriminierung. Anhängig ist noch die Revision, inwieweit dies vor 2004 auf Fonds aus Drittländern anzuwenden ist, da dies die Verwaltung nur bei EU-Fonds vornimmt. Fundstellen: FG Hamburg 13.7.12, 3 K 131/11, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122349 FG Berlin-Brandenburg 23.5.12, 1 K 1159/08, Revision unter VIII R 27/12 FG Düsseldorf 3.5.12, 16 K 3383/10 F, beim EuGH unter C-326/12 BFH 18.11.08, VIII R 24/07, BStBl II 09, 518; VIII R 2/06, BFH/NV 09, 731 FG München 16.12.08, 10 K 4614/05, EFG 09, 554, Revision unter VIII R 2/09 BMF 6.7.09, IV C 1 - S 1980-a/07/0001, BStBl I 09, 770 AStW 2012/048 EU-Recht – Zwei relevante Urteile vom EuGH Der EuGH hat sich in zwei Entscheidungen am gleichen Tag mit der Erbschaft- und Umsatzsteuer beschäftigt und kommt in beiden Fällen zum gleichen Ergebnis wie die deutsche Finanzverwaltung. Der Ausschluss der Steuervergünstigungen nach § 13a und b ErbStG für eine Beteiligung an Kapitalgesellschaften aus Drittländern verstößt nicht gegen das EU-Recht. Die Regelung berührt vorwiegend die Niederlassungsfreiheit. Diese ist nicht auf die Beteiligungen in einem Drittstaat anwendbar. Das ErbStG sieht für die Steuervergünstigungen eine Mindestbeteiligung von 25 % vor. Das ermöglicht dem Inhaber der Anteile eine Einflussnahme auf die Verwaltung und Kontrolle der Kapitalgesellschaft. Diese Voraussetzung muss gegeben sein, damit der Gesellschafter nicht nur in der Absicht einer Geldanlage tätig wird. Es liegt kein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit vor. Die ist weltweit zu beachten. Eine Vermögensverwaltung, bei der ein Unternehmer aufgrund eigenen Ermessens über den Wertpapierkauf und -verkauf entscheidet, stellt eine einheitliche, steuerpflichtige Leistung dar. Diese Tätigkeit von Banken und Vermögensverwaltern für Anleger als Kunden, besteht aus zwei Elementen, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige wirtschaftliche Leistung bilden. Daher ist die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie so auszulegen, dass die Vermögensverwaltung nicht von der Umsatzsteuer ausgenommen ist und die erbrachten Leistungen daher insgesamt nicht nach § 4 Nr. 8c oder 8e UStG steuerfrei sind. Das entspricht der Verwaltungsauffassung, wonach die einheitliche Vermögensverwaltung mit dem Regelsteuersatz von 19 % zu versteuern ist. Das ergibt sich aus Abschn. 3.10 Abs. 6 Nr. 8 und 4.8.9. Abs. 2 UStAE. Fundstellen: ErbStG: EuGH 19.7.12, C-31/11, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122350 UStG: EuGH 19.7.12, C-44/11, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122351 BMF 9.12.08, IV B 9 - S 7117-f/07/10003, BStBl I 08, 1086 AStW 2012/049 § 89 AO – Verbindliche Auskunft wird nicht auf Rechtmäßigkeit hin kontrolliert Die Finanzämter können nach § 89 Abs. 2 AO auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Hierzu hat der BFH nun entschieden, dass dabei kein Anspruch auf einen bestimmten rechtmäßigen Inhalt einer verbindlichen Auskunft besteht. Das Gericht prüft den Inhalt der erteilten verbindlichen Auskunft jedoch nur darauf, ob die rechtliche Einordnung des zur Überprüfung gestellten Sachverhalts in sich schlüssig und nicht offenbar rechtsfehlerhaft ist. Im zugrunde liegenden Fall sollte ein Veräußerungsgewinn vermieden werden. Das FA sollte dies vorab bestätigen. Diesem Wunsch kam man jedoch nicht nach, da das FA die Steuerpflicht für gegeben sah. Diese Auffassung wurde in einer Auskunft mitgeteilt. Der Betroffene wollte daraufhin das FA zur Erteilung der seines Erachtens richtigen Auskunft verpflichten, was der BFH verneinte. Denn die verbindliche Auskunft ist eine Leistung für den Steuerpflichtigen, um ihn bei der Planung zukünftiger Gestaltungen zu unterstützen. Sie bezweckt insbesondere, ihm eine Risikoabschätzung im Vorfeld des Besteuerungsverfahrens zu erleichtern. Zum Zweck der Umsetzung eines fairen rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens reicht es aus, dass die Auskunft dem entsprechen muss, was das FA aus seiner Sicht für richtig hält. Ein Ermessen steht ihm dabei nicht zu. Die Richtigkeit der verbindlichen Auskunft prüft ein Gericht nicht umfassend, zumal das auch nicht erforderlich ist, weil sie keine Bindungswirkung für die Steuerfestsetzung entfaltet. Die rechtliche Einordnung muss aber in sich schlüssig und augenfällig rechtsfehlerfrei sein. Nach § 42e EStG hat ein Arbeitgeber zwar einen Anspruch auf eine inhaltlich richtige Anrufungsauskunft. Dieser vorgelagerte Rechtsschutz resultiert aus seiner Funktion der Steuererhebung für Dritte und ist daher nicht auf die verbindliche Auskunft im eigenen Fall anwendbar. AStW 2012/050 Praxishinweis: Die verbindliche Auskunft ist ein Verwaltungsakt, gegen den nach AEAO Nr. 3.7 zu § 89 auch bei Ablehnung einer Erteilung der Einspruch möglich ist. Gegen eine negative verbindliche Auskunft kann Verpflichtungsklage erhoben werden. In dem Zusammenhang überprüft ein FG den Inhalt der erteilten verbindlichen Auskunft jedoch nur darauf, ob die rechtliche Einordnung in sich schlüssig und nicht offenbar rechtsfehlerhaft ist. Aufgrund der Kostenpflicht der Auskunft und dem immer komplexeren Steuerrecht stellt die vom BFH jetzt einschränkende gerichtliche Kontrolle eine Hürde dar, denn der Betroffene kann strittig eingeordnete Sachverhalte nicht gerichtlich überprüfen lassen. Er muss zunächst einmal den geplanten Sachverhalt in die Praxis umsetzen und kann sich erst danach gegen den betreffenden Steuerbescheid sachlich wehren. Zu diesem späten Zeitpunkt ist der strittige Fall aber längst erledigt. Fundstellen: Prüfung: BFH 29.2.12, IX R 11/11, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 121972 Verwaltungsakt: BFH 30.4.09, VI R 54/07, BStBl II 10, 996 FG München 8.2.11, 13 K 2769/10, EFG 11, 1034 AStW 2012/051 § 180 AO – Feststellung der steuerpflichtigen Zinsen aus Lebensversicherungen Sofern eine vor 2005 abgeschlossene Lebensversicherung während der Dauer steuerschädlich zur Tilgung oder Sicherung von Darlehen eingesetzt wird, deren Finanzierungskosten Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen, unterliegen die Zinsen aus den in den Beiträgen enthaltenen Sparanteilen der Abgeltungsteuer als Kapitaleinkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG.Das Versicherungsunternehmen muss bei Verrechnung oder Auszahlung Kapitalertragsteuer einbehalten. Zudem haben nach § 29 EStDV Sicherungsnehmer, Versicherer und Versicherte dies dem FA unverzüglich anzuzeigen. Das BMF hat jetzt ein ab dem Veranlagungszeitraum 2005 geltendes Schreiben veröffentlicht, das an die Stelle des ehemaligen Erlasses aus dem Jahre 1995 zu Darlehenspolicen tritt. Geregelt wird insbesondere die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen. Nach § 9 der Anlage zu § 180 Abs. 2 AO wird über die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen im Feststellungsbescheid entschieden, der gegenüber dem Versicherungsnehmer als Steuerschuldner ergeht. Außerdem erhält das Versicherungsunternehmen eine Mitteilung über die Verpflichtung zur Einbehaltung und Abführung der Kapitalertragsteuer. Mit Bestandskraft des Feststellungsbescheids wird die Entscheidung über die Steuerpflicht der Zinserträge verbindlich hinsichtlich des Kapitalertragsteuerabzugs. Die spätere Einkommensteuerfestsetzung und eine Korrektur ist nur nach den AOBerichtigungsnormen zulässig. Das BMF-Schreiben beinhaltet darüber hinaus Ausführungen zur Feststellung bei steuerunschädlicher Verwendung der Altpolice, spätere Änderungen in der Verwendung mit Auswirkung auf die Steuerpflicht und die Vorgehensweise bei Über- und Unterschreitung des Drei-Jahres-Zeitraums bei Sicherung betrieblich veranlasster Darlehen. Fundstelle: BMF 16.7.12, IV A 3 - S 0361/12/10001, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122193 AStW 2012/052 Steuern kompakt § 7 EStG – Verschiedene AfA bei unterschiedlichen Kaufdaten Erwirbt ein Steuerpflichtiger zu verschiedenen Zeitpunkten Miteigentumsanteile an einem Wirtschaftsgut, findet unabhängig vom Zivilrecht in steuerlicher Hinsicht unter Berücksichtigung des Einzelbewertungsgebots keine Vereinigung der Anteile statt. Es ist somit nicht von einem einheitlich abzuschreibenden Wirtschaftsgut auszugehen (FG Hamburg 15.3.12, 1 K 248/10, rkr., unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122352). § 20 EStG – Besteuerung von Erstattungszinsen ist rechtswidrig Erstattungszinsen sind trotz des neuen § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG nicht steuerpflichtig. Ausgehend vom BFH-Grundsatzurteil aus Juni 2010 ordnet der Gesetzgeber sie in § 12 Nr. 3 EStG dem nichtsteuerbaren Bereich zu, die Gesetzesänderung stellt keine Spezialregel zu § 12 Nr. 3 EStG dar. Mangels Steuerpflicht braucht die Frage der Rückwirkung nicht geklärt zu werden (FG Münster 10.5.12, 2 K 1947/00 E, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122353; 2 K 1950/00 E). § 62 EStG – Kindergeld bei Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht Der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 2b EStG setzt voraus, dass der Anspruchsteller aufgrund seines Antrags nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird. Die unbeschränkte Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 1 EStG in Hinblick auf die in- und ausländischen Einkommensverhältnisse reicht hierzu nicht aus, wenn weder Wohnsitz noch gewöhnlicher Aufenthalt im Inland bestehen (BFH 24.5.12, III R 14/10, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122060). § 5 KStG – Ordensverkauf durch Verein ist steuerpflichtig Der Gewinn einer gemeinnützigen Karnevalsgesellschaft aus dem Verkauf von Karnevalsorden ist als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 KStG steuerpflichtig und von der unentgeltlichen Abgabe zu unterscheiden. Dem Verkauf fehlt die mit der Verleihung verbundene Auszeichnung und er stelle auch keinen steuerfreien Zweckbetrieb dar, da die Förderung des Karnevals als Satzungszweck gerade durch die un- AStW 2012/053 entgeltliche Verleihung der Orden erreicht wird (FG Köln 18.4.12, 13 K 1075/08, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122079). § 4 UStG – Raucherentwöhnungskurs ist keine Heilbehandlung Seminare zur Raucherentwöhnung sind nicht nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei, wenn sie auf Grundlage von Sammelüberweisungen durch Betriebsärzte verordnet wurden. Die Vorschrift umfasst ausschließlich medizinisch indizierte ärztlich verordnete Leistungen und keine im Rahmen einer medizinischen Behandlung als Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme. Zwar ist eine ärztliche Verordnung auch als Sammelverordnung denkbar, dazu muss sie aber jeweils patientenbezogen sein und setzt eine individuelle Untersuchung im Einzelfall voraus. Eine Heilbehandlung ohne ärztliche Verordnung kann nur angenommen werden, wenn Nikotinsucht medizinisch belegbar als Krankheit anzusehen wäre und Maßnahmen der Entwöhnung generell Heilbehandlungscharakter hätten (FG Köln 8.3.12, 10 K 2389/09, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122354). § 15 UStG – Vorsteuerabzug bei Betrug durch Rechnungsaussteller Nach der Mehrwertsteuerrichtlinie dürfen Unternehmen in der Regel die Vorsteuer abziehen, die sie beim Erwerb von Gegenständen und Dienstleistungen, die für ihre Tätigkeit erforderlich sind, gezahlt haben. Um dieses Abzugsrecht ausüben zu können, müssen sie ordnungsgemäße Rechnungen besitzen. Der Mehrwertsteuerabzug kann grundsätzlich nicht wegen Unregelmäßigkeiten verweigert werden, die der Rechnungsaussteller begangen hat. Der Abzug muss jedoch verweigert werden, wenn der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass der geltend gemachte Umsatz in eine Steuerhinterziehung einbezogen war (EuGH 21.6.12, C-80/11, C-142/11, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122133). § 18 UStG – Ausschlussfrist im Vorsteuer-Vergütungsverfahren Die Frist von sechs und nunmehr neun Monaten, die für den vollständig und ordnungsgemäß ausgefüllten Antrag auf Mehrwertsteuererstattung vorgesehen ist, ist eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist. Für das Vorsteuer-Vergütungsverfahren ist in Deutschland ausschließlich das BZSt in Bonn zuständig. Klagen gegen Entscheidungen des BZSt können nur AStW 2012/054 beim FG Köln eingelegt werden (EuGH 21.6.12, C-294/11, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122003; 14.3.12, 2 K 508/11). § 14 ErbStG – Rückwärtsrechnung des Zeitraums für Vorerwerbe Nach § 14 ErbStG sind mehrere innerhalb von zehn Jahren anfallende Vermögensvorteile zusammenzurechnen. Da der Letzterwerb kein Ereignis nach § 187 Abs. 1 BGB darstellt, gehört dieser Tag in den Zehnjahreszeitraum, sodass er wegen der Rückwärtsberechnung mit dem Ende des Tages beginnt, an dem die letzte Erbschaft oder Schenkung erfolgt ist. Dabei ist § 108 Abs. 3 AO nicht anzuwenden und kein früherer Erwerb außerhalb des Zehnjahreszeitraums nur deshalb zu berücksichtigen, weil die Frist am Sonn-, Sams- oder Feiertag endet und sich auf den nächsten Werktag verlängert (BFH 28.3.12, II R 43/11, unter astw.iww.de, AbrufNr. 121801). § 3 GrEStG – Anteilsvereinigung bei einer gemischten Schenkung Der BFH hat unter Änderung seiner Rechtsprechung entschieden, dass die Vereinigung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft insoweit grunderwerbsteuerfrei ist, als sie auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruht. Der Begriff Grundstücksschenkung unter Lebenden in § 3 Nr. 2 GrEStG ist nicht so zu verstehen, dass dies nur isolierte geschenkte Grundstücke erfasst. Die Vorschrift soll die doppelte Belastung mit Grunderwerb- und Erbschaftsteuer vermeiden, sodass eine durch den letzten Anteilserwerb ausgelöste Anteilsvereinigung auch steuerfrei bleibt, soweit sie auf früheren freigebigen Zuwendungen von Anteilen beruht. Der Umfang der Steuerbefreiung bestimmt sich danach, inwieweit die Anteile dem Erwerber insgesamt freigebig zugewendet wurden. Das ist bei der gemischten Schenkung jedoch nur auf den unentgeltlichen Teil anzuwenden (BFH 23.5.12, II R 21/10, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122198). § 51 AO – Aberkennung der Gemeinnützigkeit wegen Extremismus Die widerlegbare Vermutung des § 51 Abs. 3 AO setzt voraus, dass die Körperschaft im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes für den Veranlagungszeitraum ausdrücklich als extremistisch eingestuft AStW 2012/055 wird. Daher greift diese gesetzliche Vermutung nur in diesem Fall ein. Sind keine konkreten Belege für extremistische Aktivitäten feststellbar, besteht keine Grundlage für einen Entzug der Gemeinnützigkeit (BFH 11.4.12, I R 11/11, unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 121892). § 222 AO – Verrechnungsstundung nur bei konkretem Gegenanspruch Die für eine Verrechnungsstundung benötigte erhebliche Härte liegt nur dann vor, wenn der Gegenanspruch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit besteht und in absehbarer Zeit fällig wird. Dazu muss er bei Steuereinziehung bereits Grund und Höhe rechtlich wie tatsächlich schlüssig belegen und in Kürze fällig werden (FG Hamburg 22.3.12, 2 K 103/11, rkr., unter astw.iww.de, Abruf-Nr. 122355).