Kapitel 8 – Klinisch-psychologische Diagnostik & Intervention Pflichtlektüre Amelang S. 495-532 Kapitel 8: Klinisch-Psychologische Diagnostik & Intervention 8.1 Aufgaben der klinisch-psychologische Diagnostik Definition: Die Klinische Psychologie beschäftigt sich m. der Anwendung von Erkenntnissen aus der (wissenschaftlichen) Psychologie & ihrer Übertragung auf den Bereich psychischer Störungen sowie körperlicher Störungen, bei denen psychische Faktoren eine bedeutsame Rolle spielen. Wichtigste Aufgaben: Forschung über Entstehung von psychischen Störungen & Überprüfung von Modellen zur Aufrechterhaltung & Funktion = STÖRUNGSWISSEN o Psychophysiologische & biologische Verfahren Wichtigsten Aufgaben der klinisch-psychologischen Diagnostik 1 2 •Qualitative und quantitative Beschreibung der vorliegenden (psychischen) Störung Symptome, Häufigkeit, Intensität, Dauer, Bedingungen des Auftretens & begleitende Faktoren •Klassifikation der psychischen Störung ICD &DSM 3 •Exploration von besonderen lebensgeschichtlichen Bedingungen bei der Entstehung & dem bisherigen Verlauf der Störung 4 •Beobachtung des Verlaufs der Intervention & der Veränderung der Symptomatik (adaptive Diagnostik, Verlaufsdiagnostik) 5 •Überprüfung des Therapieerfolgs (Qualitätssicherung, Therapieevaluation) Ziel der Intervention: Beseitigung oder Linderung der vorhandenen Störung VERÄNDERUNGSWISSEN: Kenntnisse darüber, in welcher Weise die Intervention durchgeführt werden sollte, damit sich m. hoher Wahrscheinlichkeit der gewünschte Erfolg einstellt. Vergleich von Ist- & Soll-Zustand. Diagnostische Ansätze & Methoden - Nach System, welches sie beobachten o o o - Körperliche Aspekte (z.B. physiologische Erregung) Gedanken & Gefühle (kognitiv-emotionale Ebene) Verhalten (motorisch & sprachlich) Nach eingesetzter diagnostischer Methode o o o o (offenes) diagnostisches Gespräch Strukturierte & standardisierte klinisch-psychologische Interviews Fragebogen- & Testverfahren Beobachtungsmethoden 8.1.1 Rahmenbedingungen f. klinisch-psychologische Diagnostik & Intervention Institutionelle Bedingungen Private Praxis (Diagnostik & klinisch-psychologische Intervention; Primär - Einzel- oder Gruppenpsychotherapie; Beratung) Psychiatrische Klinik (Diagnostik; Indikationsstellung; Psychiatrische Behandlung (oft Kombination von pharmakologischen, psychotherapeutischen Kapitel 8 – Klinisch-psychologische Diagnostik & Intervention - - - - Pflichtlektüre Amelang S. 495-532 u.a. Therapiemaßnahmen) bei meist schweren psychischen Störungen, die - einen stationären Aufenthalt notwendig machen) Psychosomatische Kliniken (Stationäre, meist psychotherapeutische Behandlung; Rehabilitation bei psychischen Störungen & körperlichen Problemen, bei denen psychische Faktoren eine wichtige Rolle spielen) Beratungsstelle (Beratung von z.B. Alkohol- & Drogenabhängigen; Indikationsstellung f. umfassende medizinische &/oder psychotherapeutische, ambulante oder stationäre Behandlung & entsprechende Vermittlung; Erziehungsberatung) Rehabilitation (Diagnostik von Fähigkeiten & Fertigkeiten, die die Wiedereingliederung in den alten Beruf oder die Umschulung in einen neuen Beruf betreffen; Einsatz entsprechender therapeutischer Intervention & Fördermaßnahmen) Allgemein-medizinische Kliniken (Psychologische Konsiliar- & Liasiondienste primär bei solchen körperlichen Erkrankungen, bei denen ein Einfluss psychologischer Faktoren auf Entstehung, Verlauf & möglicherweise auch auf die Genesung bekannt oder wahrscheinlich ist) - Klientenbezogene Rahmenbedingungen - Vorherrschende Störung Motivation, die zum Aufsuchen professioneller Hilfe geführt hat Persönliche finanzielle Möglichkeiten Sozioökonomische Faktoren Therapeutenbezogene Rahmenbedingungen: Ausbildung, Theoretische & praktische Orientierung 8.1.2 Das diagnostische Gespräch Therapeutische Voraussetzungen Theoretisches Wissen über psychische Störungen & Problembereiche Hineinversetzen in die Lage & die Problematik der Ratsuchenden Bedingungen, die bei der ersten Kontaktaufnahme berücksichtigt werden müssen (Schwellenängste; Hoffnung, die erwartete Hilfe zu - bekommen; Unsicherheit, an der richtigen Stelle zu sein; Scham darüber, klinisch-psychologische Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen) Empathische Haltung Professionelle Gesprächsführung (im Gegensatz zu Gespräch m. Freund/in) Ziel der ersten diagnostischen Gespräche: Aufbau einer therapeutischen, problemorientierten Arbeitsatmosphäre, die auf Seite des Therapeuten durch Empathie, Parteilichkeit (f. den Patienten) & Professionalität, auf Seiten der Patienten durch Vertrauen, Offenheit, Veränderungsmotivation & Angstfreiheit gekennzeichnet ist Zwei Schwerpunkte bzw. Funktionen des klinisch-psychologischen Interviews: Exploration der aktuellen Problematik & des lebensgeschichtlichen Hintergrunds. 8.1.2.1 Exploration der aktuellen Problematik Hauptthemen: Aktuelle Symptomatik & das gegenwärtige Problem selbst (Häufigkeit, Dauer, Intensität, Grad der Beeinträchtigung, Verhalten des Patienten, antezedente & konsequente Bedingungen im Zusammenhang m. dem Problem) Problemstrukturierung: Das Problem muss in zweifacher Weise strukturiert werden - Individuelle Problematik muss auf der Basis klinisch-psychologischer Modelle über Entstehung & Perpetuierung einer Störung verstehbar werden Erklärung der Problematik & des (therapeutischen) Erklärungsmodells muss m. den subjektiven Einschätzungen der Problematik durch die Ratsuchenden abgestimmt sein Patient soll Störungsmodell & Interventionsansatz verstehen Transparenz ist wichtige Voraussetzung f. Erfolg 8.1.2.2 Problemvorgeschichte & biographische Anamnese PROBLEMVORGESCHICHTE: Es werden solche Informationen gewonnen, die bei der Entwicklung aus der Sicht des Patienten von Bedeutung waren. Wann trat das Problem zum ersten Mal auf? Welche Bedingungen haben aus Sicht des Patienten zum ersten Auftreten geführt oder standen in zeitlichem Zusammenhang damit? Informationen zu anderen Problemen bzw. Symptomen in der Vorgeschichte, bisherigen eigenen Lösungsversuchen & mögliche Vorbehandlungen Kapitel 8 – Klinisch-psychologische Diagnostik & Intervention Pflichtlektüre Amelang S. 495-532 LEBENSGESCHICHTE: Informationen zu Kindheit, Adoleszenz, zu Eltern, Geschwistern, Erziehung, schul- & berufsbezogenen Entwicklung Die subjektive Theorie des Patienten ist wichtig! 8.2 Psychische Störungen & ihre Klassifikation Definition psychischer Störungen: - Persönliches Leid Abweichung von Normen (statistisch, gesellschaftlich, individuell) Funktionseinschränkung &/oder Behinderung Selbst- oder Fremdgefährdung Probleme der Abgrenzung - Mehrere Symptome müssen gleichzeitig erfüllt sein - Manche Normabweichungen können erwünscht sein (Wunderkind) - Normen sind kulturabhängig - Persönliches Leid tritt dann nicht auf, wenn die Störung als Ichsynton („zu mir gehörig“) ist - Vorhandensein einer Funktionseinschränkung muss keine psychische Störung sein (Autounfall) - Nicht alle psychischen Störungen gehen unmittelbar m. Funktionseinschränkungen einher (Flugphobie) 8.2.1 Klassifikation psychischer Störungen ICD-10 (Internationale Klassifikation psychischer Störungen, Kapitel V) - Von WHO (Weltgesundheitsorganisation) herausgegeben - F. europäischen Sprachraum & f. Gesundheitswesen in Deutschland ausschlaggebend DSM-IV (Diagnostische & Statistische Manual Psychischer Störungen) - Von der APA (American Psychiatric Association) herausgegeben - In forschungsorientierten Einrichtungen häufig zusätzlich zu ICD-10 eingesetzt Beide Systeme - Basieren auf dem Prinzip der operational & deskriptiv definierten Diagnostik dadurch fallen die früher üblichen ätiologisch & nosologisch orientierten Ordnungskriterien (weitgehend) weg - Ätiologische Überlegungen sind in beiden System im Wesentlichen nur bei den organisch bedingten psychischen Störungen & bei den Anpassungsstörungen beibehalten worden 8.2.1.1 Internationale Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) ICD steht f. „International 10 Hauptgruppen in Kapitel V (FClassification of Diseases“ Kodierungen) gliedert Störungen & FO: Organische, einschl. symptomatische Erkrankungen aller Art in psychische Störungen 21 Kapitel. Die „10“ steht f. - F1: Psychische & Verhaltensstörungen die 10. revidierte Fassung durch psychotrope Substanzen - Die jeweils nächste Stelle der Verschlüsselung stellt die nächste, spezifischere Ebene der klassifikatorischen Einteilung dar („depressive Episode“ (F32) gehört zur Hauptkategorie der „Affektiven Störungen“ (F3)) - F2: Schizophrenie, schizotype & wahnhafte Störungen F3: Affektive Störungen F4: Neurotische, Belastungs- & somatoforme Störungen F5: Verhaltensauffälligkeiten in Verbindung m. körperlichen Störungen & Faktoren F6: Persönlichkeits- & Verhaltensstörungen F7: Intelligenzminderung F8: Entwicklungsstörungen F9: Verhaltens- & emotionale Störungen m. Beginn in der Kindheit & Jugend 8.2.1.2 Diagnostisches & Statistisches Manual Psychischer Störungen (DSM-IV) Multiaxiale Struktur: Dem Diagnostiker wird nahegelegt, nicht nur die Ebene der Symptomstörung (klinische Störung), d.h. also i.d.R. die Störung, wegen der der Patient eine Behandlung aufsucht (Indexstörung), sondern Kapitel 8 – Klinisch-psychologische Diagnostik & Intervention Pflichtlektüre Amelang S. 495-532 auch noch weitere diagnostisch & klinisch bedeutsame Aspekte der Person zu berücksichtigen. Die fünf Achsen des DSM-IV „Andere klinisch relevante Probleme“: in erster Linie psychologische Faktoren, die einen medizinischen Krankheitsfaktor beeinflussen, sowie sog. V-Kodierungen (zwischenmenschliche Probleme, Probleme im - Achse I: Klinische Störungen o Alle psychischen Störungen (Symptomstörungen) m. Ausnahme der Persönlichkeitsstörungen & der geistigen Behinderungen (Achse II) o Zusätzlich: „andere klinisch relevante Probleme“ Zusammenhang m. Missbrauch oder Vernachlässigung, Eltern-Kind-Probleme, Partnerschaftsprobleme, Schulschwierigkeiten, Trauer & berufsbezogene Probleme) - Achse II: Persönlichkeitsstörungen & geistige Behinderungen Achse III: Medizinische Krankheitsfaktoren im Zusammenhang m. der psychischen Störung Achse IV: Psychosoziale & umweltbedingte Probleme In der ICD-10 werden Persönlichkeitsstörungen1 unter der Hauptgruppe F6 kodiert. Dort werden nur 8 spezifische Persönlichkeitsstörungen genannt, die weitgehend denen im DSM entsprechen. Zwei weitere Störungen (schizotypische, narzisstische) - o o - Werden nominal kodiert, d.h. dann genannt, wenn sie vorliegen & zum Verständnis der momentanen Symptomatik beitragen Probleme in Familie & Partnerschaft, Ausbildungs- & Wohnungsprobleme, finanzielle sowie juristische Probleme Achse V: Globale Beurteilung des Funktionsniveaus (englisch: global assessment of functioning: GAF) o o Hier werden die psychischen, sozialen & beruflichen Funktionen auf einem Kontinuum zwischen psychischer Gesundheit m. hervorragender Leistungsfähigkeit auf einem breiten Spektrum von Aktivitäten & extremer psychischer Störung m. der ständigen Gefahr, sich oder andere schwer zu verletzen, sowie anderen schweren Funktionseinschränkungen beurteilt Bei der Beurteilung des GAD wird zusätzlich angegeben, auf welchen Beobachtungszeitraum sich der Wert bezieht Achse I: 15 Hauptkategorien 1. Störungen, die gewöhnlich zuerst im Kleinkindalter, in der Kindheit oder Adoleszenz diagnostiziert werden (außer geistigen Behinderungen) 2. Delir, Demenz, amnestische oder andere kognitive Störungen 3. Psychische Störungen aufgrund eines medizinischen Krankheitsfaktors 4. Störungen im Zusammenhang m. psychotropen Substanzen 5. Schizophrenie & andere psychotische Störungen 6. Affektive Störungen 11. Essstörungen 7. Angststörungen 12. Schlafstörungen 8. Somatoforme Störungen 13. Störungen der Impulskontrolle 9. Dissoziative Störungen 14. Anpassungsstörungen 10. Sexuelle & Geschlechtsidentitätsstörungen 1 Achse II: 10 Persönlichkeitsstörungen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Paranoide Persönlichkeitsstörung Schizoide P. Schizotypische P. Antisoziale P. Borderline P. Histrionische P. Narzisstische P. Vermeidend-selbstunsichere P. Dependente P. Zwanghafte P. Schizoide P.: Rückzug von affektiven, sozialen & anderen Kontakten m. übermäßiger Vorliebe f. Phantastereien, einzelgängerisches Verhalten & eine in sich gekehrte Zurückhaltung. Die Betroffenen verfügen nur über ein begrenztes Vermögen, Gefühle auszudrücken & Freude zu zeigen. Schizotypische P.: tiefgreifendes Verhaltensdefizit im zwischenmenschlichen oder psychosozialen BereichVerhaltenseigentümlichkeiten, mangelnde Fähigkeit zu engen persönlichen Beziehungen & Verzerrungen in Denken & Wahrnehmung. Das Auftreten ist oft schrullig & exzentrisch. Histrionische P.: Übertreibung, theatralisches Verhalten, Tendenz zur Dramatisierung, Oberflächlichkeit, labile Stimmungslage, gesteigerte Beeinflussbarkeit, dauerndes Verlangen nach Anerkennung & der Wunsch, im Mittelpunkt d. Aufmerksamkeit zu stehen, erhöhte Kränkbarkeit sowie ein übermäßiges Interesse an körperlicher Attraktivität. Dependente P.: überstarke Trennungsängsten, klammerndes Verhalten, geringes Selbstbewusstsein, depressive Grundstimmung sowie mangelndem Durchsetzungsvermögen & geringer Eigeninitiative. Betroffene fühlen sich schwach, hilflos & inkompetent, lassen häufig ihre Mitmenschen für sich entscheiden. Anderen gegenüber erscheinen sie passiv, unterwürfig & anhänglich Kapitel 8 – Klinisch-psychologische Diagnostik & Intervention Pflichtlektüre Amelang S. 495-532 - sind entweder in einer anderen diagnostischen Hauptgruppe oder unter „andere Persönlichkeitsstörungen“ zu finden. Zusätzlich werden im Anhang des DSM die passiv-aggressive (negativistische) sowie die depressive Persönlichkeitsstörung als weitere, zu beforschende Diagnosen aufgeführt. 8.2.1.3 Vergleich & Bewertung der Klassifikationssysteme Vorteil der operationalen Definition psychischer Störungen: Zuverlässigkeit (Reliabilität) der Diagnosen & damit auch ihre Validität konnte deutlich erhöht werden. Abkehr von „Krankheit“ zu „Störung“ dokumentiert eine Abwendung vom organisch orientierten Krankheitsmodell bei psychischen Störungen. Die einzelnen Diagnosen sind nach beiden Klassifikationssystemen gut vergleichbar. Das ICD-10 sieht keine multiaxiale Diagnostik vor, dort gilt allerdings das „Komorbiditätsprinzip“, nach dem es – außer wenn bei einzelnen Diagnosen explizit aufgeführt – keine hierarchische Form der Festlegung von Störungen gibt. Der Begriff „Komorbidität“ (Organmedizin) bedeutet ursprünglich, dass bei einer Person gleichzeitig mehrere Krankheiten vorliegen. Komorbiditätsrate kann artifiziell erhöht sein, wenn viele der Symptome in ähnlicher Form bei unterschiedlichen Diagnosen auftreten (Symptomüberlappung). 8.2.1.4 Verfahren zur klassifikatorischen Diagnostik psychischer Störungen Psychische Störungen können besonders gut m. strukturierten oder standardisierten Interviews erhoben werden. IDCL: IDCL-P: SKID-I: Internationale Diagnose Checklisten f. ICD-10 & DSM-IV Internationale Diagnose Checklisten f. Persönlichkeitsstörungen Strukturiertes Klinisches Interview f. DSM-IV, Achse I Strukturiertes Klinisches Interview f. DSM-IV, Achse II Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen Composite International Diagnostic Interview International Personality Disorder Examination Checklistenverfahren: geringster Aufwand Verwendung im klinischen Alltag. Durch sie werden aber meist nur konfirmatorische Diagnosen2 gefällt andere oder „komorbide“ Störungen werden leicht übersehen. Die Strukturierten Klinischen Interviews (SKID) sind sehr zuverlässige Verfahren zur umfassenden klassfikatorischen Diagnostik. Sie erfordern einen Zeitaufwand von bis zu zwei Stunden, doch wird ihr Einsatz im Kontext klinisch-psychologischer oder psychiatrischer Forschungsarbeiten unbedingt empfohlen. CIDI: keine klinische Einschätzung der Antworten von Patienten erforderlich kann auch von trainierten Interviewern ohne umfassende diagnostische Vorkenntnisse durchgeführt werden. 8.3 Diagnostische Verfahren 8.3.1 Verhaltenstheoretisch & kognitiv orientierte Fragebogenverfahren Vorteile von Fragebogen: kostengünstig, zeitsparend, werden Objektivität, Reliabilität & Validität weitgehend gerecht Überblick über diagnostische Verfahren & ihren Einsatzbereich - Eingangsdiagnostik: Anamnese, Allgemeines Funktionsniveau, Interpersonelle Diagnostik o o o F. den deutschsprachigen Raum zur Verfügung stehende Verfahren: - SKID-II: DIPS: CIDI: IPDE: 2 B-IKS: FLG: FPI-R: Bestätigende Diagnosen Beck Inventar zu kognitiven Schemata Fragebogen zur Lebensgeschichte Freiburger Persönlichkeitsinventar, revidierte Fassung Kapitel 8 – Klinisch-psychologische Diagnostik & Intervention o o o o - Fragebogen zur sozialen Integration Fragebogen zur sozialen Unterstützung Inventar zur Erfassung Interpersonaler Probleme Trierer Persönlichkeitsfragebogen Symptomorientierte Screeningverfahren o o - FSI: F-SozU: IIP-D: TPF: SCL-90-R: BSI: Symptom Checkliste von Derogatis Brief Symptom Inventory Störungsbezogene Verfahren o Depressivität ADS: BDI: DS: HAMD: Pflichtlektüre Amelang S. 495-532 Allgemeine Depressionsskala Beck Depressions Inventar Depressivitätsskala Hamilton Depressions-Skala Fragebogen f. kognitive Diagnostik: FIE: Fragebogen irrationaler Einstellungen: erfasst problembezogene Kognitionen m. den Subskalen „negative Selbstbewertung“, „Abhängigkeit“, „Irritierbarkeit“ & „Internalisierung von Misserfolg“ FSKS: Frankfurter Selbstkonzeptskalen: erlauben eine nach zehn Aspekten differenzierte Messung des Selbstkonzepts IPC: Fragebogen zu Kontrollüberzeugungen: erfasst auf drei Skalen internale (Überzeugung, das Leben selbst bestimmen zu können) & externale (Machtlosigkeit; Fatalismus) Kontrollüberzeugungen Fragebogen zum Körperbild: erfasst m. 20 Items subjektive Aspekte des Körpererlebens & eignet sich zur Diagnose von Körperbildstörungen, z.B. bei Anorexia nervosa - - Rep-Test, Kelly Grid oder Rollen-Repertoire-Technik: Repertory-Grid Technik: geht auf die „Psychologie personaler Konstrukte“ zurück & erlaubt - o Angststörungen o Körperliche Beschwerden & somatoforme Störungen - AF: Angstfragebogen ACQ: Fragebogen zu agoraphobischen Kognitionen BSQ: Fragebogen zur Angst vor Körperempfindungen HZI: Hamburger Zwangs Inventar IAF: Interaktions-Angst-Fragebogen MI: Mobilitätsinventar MOC: Maudsley Zwangsinventar SANB: Skala Angst vor negativer Bewertung SPAI: Inventar zur sozialen Phobie SVSS: Skala Vermeidung sozialer Situationen U-Fragebogen: Unsicherheits-Fragebogen BL: FBL: KSI: SOMS: Beschwerden Liste Freiburger Beschwerden-Liste Kieler Schmerz-Inventar Screening f. somatoforme Störungen Andere Störungs- & Problembereiche o o o EDI: FEV: PFB: Eating Disorder Inventory Fragebogen zum Essverhalten Partnerschaftsfragebogen die Ermittlung personenspezifischer kognitiver Konstrukte, die ein Individuum zur Strukturierung ihrer sozialen Beziehungen konstruiert. Auf diesen ipsativen Konstrukten lassen sich relevante Bezugspersonen wie auch die eigene Person einstufen 8.3.2 Beobachtungsmethoden Unterscheidung: - In-vivo-Beobachtung (in der natürlichen Umgebung) Problem: Der Beobachter verändert das Verhalten - Strukturierte Beobachtung (meist im Labor oder in einer „künstlichen“ Umgebung) - folgen meist konkreten Beobachtungsrichtlinien & Kriterien AV: Häufigkeit, Dauer & Intensität einer Aktivität Selbstbeobachtung z.B. Protokolle oder Schmerztagebücher - Verhaltenstests Kombination aus strukturierter Beobachtungssituation & Selbstbeobachtung z.B. agoraphobische Person geht zum Supermarkt & schätzt danach ihre erlebte Angst ein Kapitel 8 – Klinisch-psychologische Diagnostik & Intervention Pflichtlektüre Amelang S. 495-532 Nachteile der Beobachtungsverfahren: Häufig unzureichende Reliabilität (Genauigkeit der Beobachtung, - Verzerrung der Einschätzung durch Vorinformation oder Halo-Effekte) Nicht bekannte oder geringe Validität (Repräsentativität der Beobachtungssituation & der beobachteten Verhaltensanteile) Reaktivität (Verhalten wird durch das Beobachten verändert) 8.3.3 Problem-, Verhaltens- & Plananalyse als Ansatz der kognitivverhaltenstherapeutischen Diagnostik Diagnostik funktionaler Zusammenhänge: Im Mittelpunkt steht die Diagnostik von funktionalen Zusammenhängen zwischen dem sog. „problematischen Verhalten“ einerseits sowie antezedenten & konsequenten Bedingungen & Ereignissen andererseits. Ziel: Solche Bedingungen festzustellen, die die Aufrechterhaltung der Probleme erklären können. Auf diese Analyse baut im Weiteren die Bestimmung von therapeutischen Zielen sowie die Indikationsstellung f. bestimmte therapeutische Interventionen auf. Elemente der Verhaltensanalyse: Die psychische Störung wird als Problem betrachtet, welches sowohl beobachtbares Verhalten als auch persönliches Erleben (Emotion, Denken) umfasst, wobei auch körperliche Faktoren (z.B. Unwohlsein, Antriebslosigkeit, Schmerzen oder Herzrasen) eine wichtige Rolle spielen. Antezedente & konsequente Bedingungen bzw. Ereignisse des „problematischen Verhaltens“ können sowohl externer als auch interner Art sein. Beschreibung der Symptomatik auf 3 Ebenen: Die Problemanalyse beginnt auf der Ebene des „Verhaltens in Situationen“ (ViS). Zentraler Schritt ist dabei zunächst die genaue Exploration & Beschreibung des Problems bzw. der Symptomatik auf drei zentralen Ebenen: 1. 2. Physiologie (Welche körperlichen Vorgänge treten auf?) Kognition & Emotion (Welche Gedanken & Gefühle gehören zur Symptomatik bzw. gehen m. ihr einher?) 3. Verhalten (was tut die Person?) drei Aspekte folgen nicht unbedingt sukzessiv aufeinander, sondern sind drei weitgehend simultan ablaufende & auftretende Anteile des Erlebens & Verhaltens. Funktionales Bedingungsmodell Im Weiteren: Analyse der inneren & äußeren situativen Komponenten, unter denen das Problem auftritt. Wichtig: Welche internen &/oder externen Bedingungen gehen m. einer Variation wichtiger Aspekte des Problems (Häufigkeit, Intensität, Dauer) einher? Theoretische Modelle: Klassisches & operantes Lernen Die explorierten Zusammenhänge werden als funktionales Bedingungsmodell nach den Paradigmen zweier Lerntheorien (klassisches & operantes Lernen) dargestellt. Überträgt man das Modell des klassischen Konditionierens (respondentes Lernen) auf den Bereich psychischer Störungen & Probleme, so können Situationen, die zunächst „neutral“ sind & in denen unangenehme (u.a. physiologische) Erlebnisse & Reaktionen aufgetreten sind, zu Situationen werden, in denen dieses unangenehme Erleben ebenfalls m. erhöhter Wahrscheinlichkeit auftritt. Beim operanten Konditionieren geht man zusätzlich davon aus, dass nachfolgende Bedingungen oder Ereignisse eine Verstärkerfunktion f. die betroffene Person & damit f. das „problematische Verhalten“ haben, sodass es m. größerer Wahrscheinlichkeit in entsprechenden Situationen erneut auftritt. Bildung von Hypothesen - Die Problem- & Verhaltensanalyse kann vor allem als ein Modell f. die Erklärung von aktuell auftretenden Problemen (Symptomen) im Sinne Kapitel 8 – Klinisch-psychologische Diagnostik & Intervention Pflichtlektüre Amelang S. 495-532 der Aufrechterhaltung von persönlichen Problemen verstanden werden. - Die Zusammenhänge sind dabei in einem konkreten Fall als diagnostische & therapeutische Hypothesen zu verstehen, die im Verlauf der Therapie immer wieder an den aktuellen Informationsstand adaptiert werden müssen Verhaltensgleichung - R= Reaktion: Das Verhalten selbst S= Situation: auslösende Bedingung C= Konsequenz: auslösende Bedingung - Nach klassischen Konditionieren: S-R, Nach operantem Lernen: S-R-C Weitere Komponenten: - Verhaltensgleichung von Kanfer & Saslow: o zusätzlich die O-Variable (Organismus), um bei der funktionalen Erklärung der Problematik körperliche Aspekte (Alkohol, Müdigkeit, Behinderung, Krankheit) m. zu berücksichtigen o Aspekt „K“ (Kontingenz), womit die aus den Lerntheorien bekannte Bedeutsamkeit der Häufigkeit, Intensität, Dauer & Aufeinanderfolge der Konsequenzen betont wurde - Andere Autoren: Aspekt „E“ (Erwartung): kognitive Aspekte - Bartling et al. o Differenzieren auf der Ebene des Verhaltens als kognitiven Aspekt den Wahrnehmungsprozess (WP) & die innere Verarbeitung (IV) o Sowohl auf der Ebene der Situation als auch der Konsequenzen („K“) werden externe & interne Aspekte unterschieden Kognitive Wende Stärkere Berücksichtigung der Rolle von Kognitionen, Einstellungen, Erwartungen, persönlichen Zielen & Intentionen bei der Problemanalyse & der Diagnostik psychischer Störungen (in der Verhaltenstherapie) - Kognitive Schemata, „beliefs“ oder Handlungspläne & persönliche Ziele spielen eine zentrale Rolle bei der Erklärung von klinisch relevantem Verhalten & Erleben Im Unterschied zur Problem- & Verhaltensanalyse (vor allem Beschreibung des Verhaltens in Situationen ViS) dient die Exploration komplexer Handlungsziele & –pläne der Diagnostik von individuell bedeutsamen, das konkrete Handeln leitenden Regeln, Plänen & Kognitionen = handlungsleitende Kognitionen „Vertikale Verhaltensanalyse“: im Unterschied zur „horizontalen Verhaltensanalyse“, bei der das „Verhalten in Situationen“ primär auf einer Zeitachse abgebildet wird - Verfahren & Methoden - Verhaltensbeobachtungen - (diagnostische) Rollenspiele - Beschreibungen von Verhalten durch Dritte - Drei-Spalten-Technik: Situation, Verhalten & auftretende Gedanken werden durch den Patienten selbst dokumentiert - „Als-ob“-Methode: Patienten spielen die entsprechende problematische Situation nach oder stellen sie sich vor & explorieren dabei die auftretenden Gedanken - Gedankenauflisten („thought listing“) - Stichprobenmäßiges Erfassen von Gedanken („thought sampling“) - Methode des lauten Denkens - Einsatz von Tagebüchern bei der Selbstbeobachtung 8.3.4 Persönlichkeitstests in der Klinischen Psychologie & Psychotherapie Einsatz f. Therapieevaluation - Einsatz trotz des Konzepts der weitgehend zeitstabilen & situationsunabhängigen Eigenschaften Vor & nach einer Behandlung bzw. auch zu katamnestischen Zeitpunkten Oft einzelne Skalen von Persönlichkeitstests im Vordergrund, die neben dem Persönlichkeitsaspekt auch klinisch-psychologische Relevanz haben Eventuell f. die Gestaltung der therapeutischen Interaktion notwendig Kapitel 8 – Klinisch-psychologische Diagnostik & Intervention Pflichtlektüre Amelang S. 495-532 Verwendete Tests - MMPI: Minnesota Multiphasic Personality Inventory - FPI-R: Freiburger Persönlichkeitsinventar - TPF: Trierer Persönlichkeitsfragebogen - NEO-FFI: Neo-Fünf-Faktoren-Inventar Die Größe der Veränderungen wird nach den m. Persönlichkeitstests erfassten Maßen geringer ausfallen als bei Verwendung von symptomorientierten Messverfahren. Verwendete Skalen: - MMPI: Depression & Psychasthenie - FPI-R: Lebenszufriedenheit, Aggressivität, körperliche Beschwerden & Emotionalität - NEO-FFI: Neurotizismus - TPF: Faktoren der seelischen Gesundheit (z.B. Sinnerfülltheit, Autonomie, Selbstwertgefühl) FAZIT: Zur Bewertung mehrdimensionaler Persönlichkeitstests in der klinisch-psychologischen Diagnostik soll betont werden, dass sie im Sinne von Screeninginstrumenten wichtige Informationen f. die Eingangsdiagnostik liefern können. Sie sind in der Lage, Klinikern zu helfen, sich ein klareres Bild von den Eigenschaften & Störungen der Menschen zu verschaffen. Zum Einsatz bei der Kontrolle von Therapieverlauf & –erfolg sind sie jedoch wegen des zugrunde liegenden Traitkonzepts weniger gut geeignet. Einsatz diagnostischer Verfahren spielt eine untergeordnete Rolle, dient nur der Ergänzung Spezielle gesprächsdiagnostische Methoden wurden konstruiert, um die Perspektive des Klienten abzubilden (idiographische Methoden, die sich nicht an einer allgemeinen statistischen Norm orientieren) Q-Sort-Technik (Klient sortiert Karten m. vorgegebenen Aussagen nach dem Grad, wie sie auf ihn zutreffen oder zutreffen sollten) Fragebogen - Berger-Skala zur Erfassung der Selbstakzeptanz - Skala zur Erfassung der Selbstakzeptierung SESA - Veränderungsfragebogen des Erlebens & Verhaltens VEV Nach Abschluss der Behandlung soll der Klient 42 Aussagen der Art „ich habe mehr Selbstvertrauen“ im Vergleich zum Beginn der Therapie beurteilen. Methodisch problematisch: retrospektive Einmalerhebung, komplizierte Beurteilung erforderlich. Dennoch häufiger Einsatz zur Erfolgskontrolle in der GT & anderen Therapieverfahren - Kieler Änderungssensitive Symptomliste KASSL erfasst mich 50 Items eine Reihe von Beschwerden. Auf faktorenanalytischer Basis wurden die Skalen sozialer Kontakt, Stimmung, Beruf sowie Leistung & Konzentration etabliert. Zusätzlich kann ein Gesamtwert zur Symptombelastung gebildet werden 8.3.5.2 Psychoanalytisch bzw. psychodynamisch orientierte Verfahren Zentrales Beziehungskonfliktthema (ZBKT): 8.3.5 Verfahren & Ansätze auf klientenzentrierter, psychodynamischer, systemischer & - interpersoneller Grundlage - 8.3.5.1 Verfahren auf der Grundlage der klientenzentrierten Gesprächspsychotherapie (GT) Leitsatz: Der Klient ist selbst am besten über sich & sein Problem im Bilde & sollte daher die Richtung & den Verlauf des therapeutischen Gesprächs bestimmen. Formalisierte psychodynamische Diagnostik Erhebt die über ein standardisiertes Interview subjektiv bedeutsame Beziehungsepisoden über erlebte soziale Kontakte & Interaktionen Ausgewertet werden die Interaktionsmuster der Probanden anhand der eigenen Wünsche, der Reaktionen anderer & der darauf folgenden Reaktion des Interviewten Operationalisierte Psychodynamisce Diagnostik (OPD): - Ziel: diagnostische Konzepte der Psychoanalyse zuverlässig erfassen Kapitel 8 – Klinisch-psychologische Diagnostik & Intervention - Pflichtlektüre Amelang S. 495-532 o o o o o Krankheitserleben & Behandlungserwartung Beziehungsebene Zeitliche überdauernde Konflikte Psychische Struktur Die Symptom- & Syndromebene, die auch die klassifikatorische Diagnositk nach ICD-10 berücksichtigt Psychischer & Sozial-Kommunikativer Befund (PSKB) - - Therapeuten stufen auf der Basis des anamnestischen Gesprächs einerseits psychische Störungen hinsichtlich ihrer Symptomatik (psychischer Befund) ein, andererseits das Ich-Erleben, die soziale Bewältigung sowie Reaktionen auf belastende Lebensereignisse Verfahren kann auch als Fragebogen eingesetzt werden Gießen-Test (GT) - - - 3 1) Bei der Konstruktion wird davon ausgegangen, dass der „wahre“ Wert veränderlich ist, d.h. der Test sollte auch zeitinstabile Merkmale erfassen 2) Es sollte ein Test mittlerer Bandbreite & mittlerer Präzision entwickelt werden, d.h. ein Verfahren, das eher valide in seiner Heterogenität ist als hoch reliabel durch Präzision über homogenisierte Dimensionen Über nicht-formalisierte oder standardisierte diagnostische Gespräche werden theoretisch relevante Bereiche auf fünf Achsen abgebildet Erfasst werden sollen Fragebogenverfahren m. 40 Items, die insgesamt 6 Skalen zugeordnet werden 6 Dimensionen: soziale Resonanz, Dominanz, Kontrolle (unter- vs. überkontrolliert), Grundstimmung (hypomanisch vs. depressiv), Durchlässigkeit (durchlässig vs. retentiv) & soziale Potenz (nicht replizierfähig) Zeichnet sich im Gegensatz zu projektiven Verfahren durch bessere Objektivität, Reliabilität & Ökonomie aus Berücksichtigt soziale Einstellungen & soziales Verhalten Theoretischer Hintergrund: psychoanalytische, rollentheoretische & interaktionistische Gesichtspunkte Erfassung von Selbst-, Ideal- & Fremdbild eignet sich zur Paardiagnostik Nur mäßige Homogenität (innere Konsistenz, Cronbach Alpha) „brauchbarer f. die Praxis“: Test-Retest-Korrelationen f. die Selbst- (& auch Fremd)Bilder, die zum Teil deutlich höher liegen 3 Verfahren wirft eine Fülle von testtheoretischen Problemen auf, die aber eigentlich nicht ungewöhnlich sind nur die Validität des Gießen-Tests ist wichtig Überschreitet in zwei Annahmen die Prinzipien der klassischen Testtheorie: Obwohl zwischenzeitlich Interventionen stattgefunden haben Zu 1) & 2): - Der Konstruktionsansatz war wenig geeignet, da die durchgeführten R-Analysen gerade die zeitstabilen Varianzkomponenten begünstigen Die Konsistenzen liegen allenfalls auf mittlerem Niveau 2); aber die im Wiederholungsversuch ermittelten Stabilitätskoeffizienten übertreffen diese deutlich Es fehlt an überzeugenden Belegen f. die angestrebte Änderungssensitivität Die reliable Varianz der GT-Skalen lässt sich durch 6 Faktoren fast vollständig aufklären4 die m. dem GT erfassten Konstrukte liegen im Raum etablierter Persönlichkeitsdimensionen decken keinen Bereich ab, der nicht bereits abgedeckt wäre Vorteile: hohe Ökonomie, umfangreiche Erfahrungen, aktuellen Normen & Einsatzmöglichkeit in der Paardiagnostik - - - 8.3.5.3 Systemische Therapie & interpersonale Diagnostik Systemische Ansätze: - Fokus liegt NICHT auf der „gestörten“ Person, die professionelle Hilfe braucht - Psychische Probleme werden in funktionalem Zusammenhang m. den näheren Lebensumständen gesehen besonders wichtige Rolle: Die Familie - Patient = „Indexpatient“ 4 Entsprechen weitgehend den Big-Five Kapitel 8 – Klinisch-psychologische Diagnostik & Intervention Pflichtlektüre Amelang S. 495-532 - - Als gestört gilt das soziale Bezugssystem, das den „Problemträger“ braucht, um in einer eingespielten Homöostase5 bleiben zu können - Es ist weitgehend unwichtig, welcher Kategorie psychischer Störungen die Symptomatik zuzuordnen ist - Ziel: Erkennen pathogener Muster in den Beziehungen zu den Familienmitgliedern & zu anderen wichtigen Personen Besonderheiten des diagnostischen Vorgehens bei der Problemexploration & der Therapie: Methode des zirkulären Fragens Familienmitglieder (bzw. Mitglieder des untersuchten „Systems“) werden nacheinander & im Beisein der anderen jeweils über die einzelnen Mitglieder & deren persönlichen Einschätzungen befragt alle Beteiligten erhalten gleichzeitig Informationen zu den unterschiedlichen Sichtweisen der Einzelnen über die jeweiligen Beziehungen - - - Drei zentrale Aspekte: Praktische Unterstützung, emotionale Unterstützung & soziale Integration. In seiner ausführlichsten Form (54 Items) zusätzliche Erfassung von Belastungen durch das soziale Netz & konkrete Personen, die als sozial unterstützend oder belastend erlebt werden. Kurzformen m. 22 & 14 Items ergeben reliable & valide Maße f. allgemeine soziale Unterstützung 8.3.6 Diagnostische Methoden der biologischen Psychologie, Neuropsychologie & Graphische Darstellung von Informationen, bspw. zu Mitgliedern einer Familie, meist einschließlich zweier oder gar dreier zurückliegender Generationen & weiterer wichtiger dazugehöriger Personen hinsichtlich ihrer Beziehungen & biographischen Besonderheiten. 8.3.6.1 Aufgaben & Testverfahren der neuropsychologischen Diagnostik Beispiele interpersoneller Verfahren: - Strukturelle Analyse Sozialer Beziehungen (Structural Analysis of Social Behavior SASB) - - 5 - Psychophysiologie Graphische Darstellung von Organisationen & Verbänden in ihrer hierarchischen Struktur & den wechselseitigen formellen & informellen Abhängigkeiten von Stellen bzw. Personen. - Fragebogen zur sozialen Unterstützung Genogramm Organigramm - - Schwierigkeiten in sozialen Beziehungen werden auf mehreren Ebenen erfasst: Intimität, Aggressivität, Assertivität6, Unabhängigkeit & Geselligkeit. Erfassung dreier unterschiedlicher Aspekte des interpersonellen Verhaltens & Erlebens: Fokus auf andere, Fokus auf das Selbst & das Umgehen m. sich selbst (Introjekt). Sehr komplexes System Als Beobachtungsverfahren nur nach ausführlichem Training m. ausreichender Zuverlässigkeit einsetzbar Zentrale Aufgaben der neuropsychologischen Diagnostik: - Feststellung der aktuellen Funktionseinschränkungen - Auf dieser Basis können Indikationen f. entsprechende Behandlungen oder Rehabilitationsmaßnahmen gestellt werden - Diagnostica können zur Beurteilung von Behandlungseffekten eingesetzt werden Diagnostische Bereiche: - Kognitive Fähigkeiten (Intelligenz, Gedächtnis, Aufmerksamkeit & Konzentration) Psychomotorik Persönlichkeit Berufseignung Tests zur Intelligenzmessung: HAWIE, LPS, IST Tests zur Konzentrationsleistung: d2, KLT & Berufseignung BET Inventar f. Interpersonelle Probleme IIP Selbstregulierendes, fließendes Gleichgewicht 6 Durchsetzungsfähigkeit Kapitel 8 – Klinisch-psychologische Diagnostik & Intervention Pflichtlektüre Amelang S. 495-532 Spezifische Testverfahren: Im Bereich des Denkens & Problemlösens können durch Testverfahren beispielsweise Beeinträchtigungen der Kategorienbildung, der Abstraktionsfähigkeit & der Flexibilität des Denkens erfasst werden Wisconsin-Card-Sort-Test (WCST) enthält Sortieraufgaben m. wechselnden Zuordnungsaufgaben. Die Vp muss dabei die Rückmeldung des Untersuchers logisch richtig verarbeiten können - Aachener Aphasietest AAT erlaubt die Diagnose & Klassifikation von Sprachstörungen - Lern- & Gedächtnistest LGT3 oder Tempo- & Merkfähigkeitstest f. Erwachsene TME prüfen mittelfristige verbale & figurale Merkfähigkeit Diagnosticum f. Cerebralschädigung DCS Prüfung nonverbaler Gedächtnisleistungen. Die Aufgaben des Tests fordern das Nachlegen abstrakter Figuren mittels Stäbchen. - 8.3.6.2 Psychophysiologische Diagnostik Psychophysiologische Messverfahren sind wegen ihres apparativen Aufwands in der klinischen Praxis nicht sehr weit verbreitet, spielen aber in der klinisch-psychologischen Grundlagenforschung eine wichtige Rolle. Die Fragestellungen psychophysiologischer Diagnostik beziehen sich vor allem darauf, welche korrelativen oder auch kausalen Zusammenhänge zwischen körperlichen Funktionen & Reaktionen sowie bei der Entwicklung &/oder dem Aufrechterhalten von psychischen oder körperlichen Störungen bestehen. Messverfahren: - Elektromyographie (EMG) - Recurring-Figures-Test Wiedererkennen unterschiedlich komplizierter Figuren - - Benton-Test erfasst die v.a. die visuelle Merkfähigkeit - - Wiener Reaktions- & Determinationsgerät Erfassung psychomotorischer Funktionen. Prüfung der Reaktionsfähigkeit auf verschieden komplexe visuelle oder akustische Signale oder Signalsequenzen - Persönlichkeitstests Vorsicht bei hirnorganisch beeinträchtigten Personen: aktuelle erkrankungsbedingte Faktoren können zu deutlich anderen Ausprägungen von Persönlichkeitsmerkmalen führen & dürfen nicht als zeitüberdauernde Traits interpretiert werden. Kenntnis der prämorbiden Persönlichkeit kann hilfreich sein, Daten dafür liegen meist nicht vor. Vor allem bei Selbstbeurteilungsverfahren zu beachten. - - Kardiovaskuläre Maße - - Testbatterien Bieten eine größere Präzision. Deren einzelne Tests zielen auf spezielle neurologische, kognitive, motorische, sensomotorische oder psychologische Funktionen. Z.B. Tübinger Luria-Christensen neuropsychologische Untersuchungsreihe TÜ-LUC Elektrische Aktivität der Muskeln wird m. Oberflächenelektroden, die auf der Haut über relevanten Muskelbereichen angebracht werden, abgeleitet Besonders bei Patienten m. chronischen Schmerzen des Muskelapparates (Spannungskopfschmerz, Lumbalgien) eingesetzt Therapeutische Nutzung: EMG-Biofeedback. Ist ein klinischpsychologisches Interventionsverfahren, bei dem über die Rückmeldung der Muskelspannung an den Pateinten eine Reduzierung der dysfunktionalen Anspannung, die meist spezifisch f. die jeweilige Symptomatik ist, erreicht werden kann - In erster Linie: Herzfrequenz, Blutdruck, Durchblutungsstärke in unterschiedlichen Körperteilen, Hauttemperatur (korreliert m. Durchblutungsstärke) Erfassung mittels Elektrokardiogramm (EKG), Blutdruckmessgeräten, Thermosensoren (auf Haut befestigt) & über Photoplethysmographen (Durchblutungsstärke) erhoben Nicht-invasive Erfassung der zerebralen Durchblutungsstärke: transkranielle Dopplersonographie Anwendungsbeispiele: - Angststörungen, v.a. Panikstörungen (Herz-Kreislauf-System) oder Bluthochdruck Kapitel 8 – Klinisch-psychologische Diagnostik & Intervention - Pflichtlektüre Amelang S. 495-532 Photoplethysmographie - - Migräneerkrankungen, um vasomotorische Prozesse bei der Schmerzentstehung (Erweiterung &/oder Verengung der Schläfenarterie) zu beobachten In Form eines Bio-Feedbacks bei Migräne im sog. Vasokonstriktionstraining (therapeutisch): Patienten lernen, eine reflektorische Erweiterung der Schläfenarterie, die zu den typischen Migräneschmerzen führt, bei einem sich ankündigenden Migräneanfall zu verhindern - Kontinuierliche Blutdruckmessungen: kardiovaskuläre Stressreagibilität Hautleitfähigkeit - Ist ein Maß der allgemeinen physiologischen Erregtheit - Ändert sich m. der Schweißdrüsenaktivität - Ableitung über zwei Elektroden in der Handinnenfläche - Unterscheidung zweier Parameter: 1.) SCL = „skin conductance level“, tonisches Hautleitfähigkeitsniveau & 2.) SCR = „skin conductance reaction“, phasische Hautleitfähigkeitsänderung 8.4 Verbindung von Diagnostik & Intervention: Die Indikation Der praktische Wert diagnostischer Prozeduren misst sich daran, in welchem Umfang diagnostische Ergebnisse Handlungsanweisungen f. bestimmte therapeutische Entscheidungen & den Einsatz von spezifischen Interventionsverfahren geben. Unterscheidung: Selektive Indikation: Zuordnungsproblem, Selektionsstrategie Adaptive Indikation: Anpassung der therapeutischen Intervention an den Einzelfall & an den therapeutischen Prozess, prozessuale Indikation, Modifikationsstrategie Aufgaben der Indikation: Hierarchische Entscheidung über folgende drei Fragen - Psychotherapie-Indikation: ist im konkreten Fall überhaupt eine Psychotherapie angezeigt? - - Behandlungsbezogene Indikation: Welche psychotherapeutischen Maßnahmen sind angebracht? Bezieht sich diese Frage auf die Entscheidung, welches Therapieverfahren f. einen Patienten am ehesten geeignet ist, handelt es sich um eine Fragestellung der „differentiellen Indikation“ Adaptive oder prozessuale Indikation: Wie können die Maßnahmen an den Einzelfall bzw. den Verlauf der Behandlung angepasst werden? Differentielle Indikation - Zentrale Frage: „Welches ist f. dieses Individuum m. diesem spezifischen Problem die effektivste Behandlung, durch wen & unter welchen Umständen?“ Untersuchung dieser Frage durch einen multifaktoriellen Versuchsplan übersteigt die Möglichkeiten der empirischen Psychotherapieforschung Nutzung der bekannten Ergebnisse aus Therapiestudien m. Blick auf den konkreten Fall Forschung & Evaluation - Weiterentwicklung des störungsbezogenen Grundlagenwissens Entwicklung & Überprüfung von psychotherapeutischen Interventionsverfahren, die aus dieser Grundlagenforschung abgeleitet werden können Bedeutung der klassifikatorischen Diagnostik - Hilft bei zahlreichen psychischen Störungen, eine klare Indikation f. bestimmte Interventionsmaßnahmen zu stellen Passung von Therapeut & Klient - Wenige & teilweise widersprüchliche Ergebnisse Zuordnung Patient – Therapeut schwierig zu realisieren Bastine: gleichgeschlechtliche Zuordnung erfolgreicher als gegengeschlechtliche Größere Ähnlichkeit von Interessen & ähnliche Schichtzugehörigkeit ebenfalls größerer Erfolg Grawe et al.: Patienten, die sich als sehr hilfebedürftig schildern, profitieren eher von einem direktiven, strukturierten Umgang, während solche m. hoher internaler Kontrolle & hohem Autonomiebedürfnis eher bei einem nondirektiven Vorgehen erfolgreich sind Kapitel 8 – Klinisch-psychologische Diagnostik & Intervention Pflichtlektüre Amelang S. 495-532 Bedeutung der psychologischen Diagnostik im Vergleich zu medizinischen Klassifikationssystemen - Krankenkassen haben Interesse an einer qualitativ hochwertigen psychotherapeutischen/verhaltensmedizinischen Versorgung ihrer Versicherten psychologische Eingangs-, Veränderungs- & Ergebnisdiagnostik = unverzichtbar - Psychologische Klassifikationssysteme sind den medizinischen überlegen, da Diagnosen in konkretes Verhalten & beobachtbare Verhaltensweisen in Diagnosen übersetzt werden - Im klinisch-therapeutischen Alltag spielt die prognostische Validität bei der Rückfallprävention kaum eine Rolle, da die Datenbasis f. diesen Bereich zu schmal ist - Urteilsbildung im praktisch-therapeutischen Prozess ist immer die Entscheidung über einen Einzelfall der statistischen Urteilsbildung auf der Grundlage mathematischer Modelle sind enge Grenzen gesetzt - Ein aussagefähiges Gutachten zeichnet sich durch eine stringente Verhaltensanalyse m. Beschreibung der Symptomatik auf drei Ebenen & auslösenden sowie aufrechterhaltenden Bedingungen aus (Mikroanalyse des Verhaltens). In der Makroanalyse wird die Funktionalität der Symptomatik im biografischen & aktuellen Kontext des Patienten deutlich. Biografie & bisherige Entwicklung des Patienten sind so formuliert, dass die im Störungsmodell formulierten Hypothesen nachvollziehbar sind. Der Therapieplan ist individualisiert & lässt eine therapeutische Gesamtstrategie erkennen - Psychologische Eingangsdiagnostik zur Identifikation von Risikogruppen m. dem Ziel gestaffelter Tarife hat 3 Probleme: 1.) Validität solcher Daten ist bis auf wenige Ausnahmen nicht sehr hoch 2.) Das Konzept „gesundheitsbewusstes Verhalten“ ist generell problematisch, es fehlen noch immer eine exakte Definition & eine genaue Bestimmung der Wirkfaktoren & deren Zusammenhang m. Krankheit & Gesundheit. 3.) ist die Vorstellung schrecklich, dass auch die Feststellung genetischer Defekte zu gestaffelten Tarifen oder in letzter Konsequenz zum Ausschluss aus dem Krankenversicherungssystem führen könnte. Dies würde bedeuten, dass f. jene, die der Hilfe am meisten bedürfen, Versicherungsleistungen am teuersten oder nicht möglich sind. 8.5 Klinisch-psychologische Intervention Aufgaben- & Berufsfelder - Häufig Gleichsetzung m. psychotherapeutischer Intervention - Prävention psychischer Störungen (Gesundheitserziehung) - Rehabilitation, die bei vielen psychischen & körperlichen Erkrankungen nach der Behandlung einer akuten Problematik zur Stabilisierung, Wiedereingliederung in das berufliche & soziale Leben & zur Rückfallprophylaxe notwendig sind - Beratungen, z.B. Erziehung, Paar- & Scheidungsprobleme, Abhängigkeit von Suchtmitteln Ansätze psychotherapeutischer Intervention - Kognitiv-verhaltenstherapeutische Psychotherapien Psychodynamische Therapien (Psychoanalyse & tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie) Klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie Systemische Therapie (Familientherapie) in Deutschland wissenschaftGestalttherapie lich nicht anerkannt 8.5.1 Kognitiv-verhaltenstherapeutische Interventionsverfahren Kognitiv-verhaltenstherapeutische Verfahren gründen im Wesentlichen auf den Erkenntnissen der Lernpsychologie & der kognitiven Psychologie. Kapitel 8 – Klinisch-psychologische Diagnostik & Intervention Pflichtlektüre Amelang S. 495-532 Wichtige Interventionsmethoden - Operante Verfahren - Gehen auf die Lerntheorie Skinners zurück - Bezeichnen in der klinisch-psychologischen Intervention die Veränderung von Problemen („problematischem Verhalten“) durch die dem Verhalten nachfolgenden Konsequenzen (positive oder negative Verstärker) - Bekannt: Münzverstärkersysteme („token economy“) bei schwer geistig behinderten Menschen oder die Stimuluskontrolle bei Essproblemen oder bei der Raucherentwöhnung - Reizkonfrontation oder Expositionstherapie - Einsatz vor allem bei Angst- & Zwangsstörungen - Kann zwischen „in sensu“ & „in vivo“-Reizkonfrontationen unterschieden werden „in sensu“-Reizkonfrontation: systemische - Modelllernen & Rollenspiele - - Desensibilisierung, die als klassisches Standardverfahren f. die psychologische Behandlung phobischer Störungen eingesetzt wurde „in vivo“-Reizkonfrontation: wirkungsvoller, d.h. in den realen problematischen Situationen durchgeführte Konfrontation. Ihr Wirkpotential liegt in der Habituation an Problemsituationen, einer neueren Wahrnehmung & Bewertung der Situation sowie im Aufbau neuer Verhaltensmuster. Kann bei vielen Problemen nicht realisiert werden (bei sexuellen Ängsten nach wie vor Einsatz der systemischen Desensibilisierung) Vor allem Anwendung in Gruppen zum Aufbau von Selbstsicherheit & zur Behandlung bei sozialen Ängsten Kognitive Therapien - RET: Rational-Emotive-Therapie nach Ellis Kognitive Therapie nach Beck, der seinen schemaorientierten - - Lazarus: „Multimodale Verhaltenstherapie“ ist eine explizite Kombination von kognitiven & im engeren Sinne verhaltenstherapeutischen Verfahren Kommunikations- & Problemlösetrainings - - Euthyme Behandlungsstrategien - - Sind darauf angelegt, interpersonale Probleme zu lösen, indem Fertigkeiten der sozialen Interaktion eingeübt werden Vorrangiger Einsatz bei Ehe-, Paar- & Familientherapie Konzentrieren sich auf positive Aspekte des Lebens im Sinne der Nutzung von individuellen Ressourcen & der Förderung „seelischer Gesundheit“ Biofeedback - Anwendung von Erkenntnissen psychophysiologischer Untersuchungsansätze im Bereich der klinischen Psychologie Wird vielfach bei starken Muskelverspannungen, essentieller Hypertonie7 sowie bei chronischen Schmerzen (v.a. Kopfschmerzen, Migräne) eingesetzt Häufiger Einsatz in der sog. Verhaltensmedizin oder Somatopsychologie Veränderung der primär körperlich erscheinenden Problematik. Ziel: Möglichst selbstbestimmtes & den Umständen entsprechend zufriedenstellendes Leben. 8.5.2 Psychodynamische Verfahren & klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie Techniken der Psychoanalyse: Freie Assoziation; Deutung von Inhalten im Sinne psychodynamischer Erklärungen; Arbeiten m. Widerstand; Arbeiten m. Träumen; Arbeiten m. dem Phänomen der Therapeut-Klient-Beziehung: Übertragung & Gegenübertragung Ziel: verdrängte Gefühle & Konflikte sollen erfahren & „durchgearbeitet“ werden & lösen somit das Problem = Katharsis. Psychoanalysen werden hochfrequent (3-5 Sitzungen pro Woche m. insgesamt oft über 200 Sitzungen) durchgeführt. Ansatz f. viele Störungsbereiche ausgearbeitet hat 7 Bluthochdruck Kapitel 8 – Klinisch-psychologische Diagnostik & Intervention Pflichtlektüre Amelang S. 495-532 Fokaltherapien: Kurzzeittherapien, die eher auf aktuelle & weniger auf die angenommenen Probleme in der Entwicklungsgeschichte der Patienten Bezug nehmen. Beanspruchen deutlich weniger Stunden (30-100 bei durchschnittlich einer Sitzung pro Woche). Gesprächspsychotherapie: Humanistische Ansätze, zielen eher auf die aktuelle Problematik sowie die gegenwärtige Lebenssituation der Patienten ab. Zentrales Charakteristikum: den Menschen wird ein eigenes Potential zur Selbstverwirklichung & damit zur Lösung ihrer Probleme zugeschrieben. Dieses Potential soll in der Therapie aktiviert werden, um den individuell angemessenen Lösungsweg sowie die Therapieziele von den Patienten selbst finden zu lassen (Selbstaktualisierung) eines Nachuntersuchung zwölf Monate nach Ende der Behandlung empfohlen wird Therapieverlaufs- & Veränderungsdiagnostik - Therapiemanuale: - 8.6 Erfolgskontrolle & Qualitätssicherung - Zur Überprüfung der Stabilität des Erfolgs dürfen katamnestische Untersuchungen nicht unterlassen werden, wobei zumindest Goal Attainment Scaling Kieler Änderungssensitive Symptomliste Stundenbogen-Klient Stundenbogen-Therapeut Veränderungsfragebogen des Erlebens & Verhaltens Veränderungsfragebogen f. Lebensbereiche Veränderungsprozessbogen Veränderungsfragebogen des Erlebens & Verhaltens (VEV) - Gültigkeitsanspruch: klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie, Wichtigste Wirkmechanismen: Unbedingte Wertschätzung, Empathie & Echtheit (Kongruenz) des Therapeuten Therapeutische Techniken: Spiegelung von Gefühlen & das Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte. Strategien & Evaluation - Indirekte Veränderungsmessung: relevante (meist symptomorientierte) Verfahren, die zu Beginn der Therapie eingesetzt wurden, werden am Ende der Behandlung erneut vorgegeben - Direkte Veränderungsmessung: Einmalerhebung z.B. mittels VEV, VPB oder VLB - Zielerreichungsbeurteilung („goal attainment scaling“): Einstufung, inwieweit die zu Beginn oder im Verlauf der Therapie gesetzten Ziele tatsächlich realisiert werden konnten. GAS KASSL SB-K SB-T VEV VLB VPB - Panikstörung & Agoraphobie Soziale Phobie & Selbstunsicherheit Alkoholabhängigkeit Partnerschaftsprobleme Schizophrene Störungen Borderline-Persönlichkeitsstörung Parkinson-Erkrankung Somatoforme & „psychosomatische“ Störungen - Depressionen - Essstörungen - Schlafstörungen - Chronische Schmerzen - Zwangsstörungen - Persönlichkeitsstörungen - Posttraumatische Belastungsstörung Überprüfung der Veränderungen auch in anderen Verfahren Konstruktionsprinzip: Veränderungen werden durch komparative Items retrospektiv eingeschätzt. Beantwortung erfolgt in 7fach abgestufter Form. Einige Items aus der Literatur, einige aus den Äußerungen des Klienten aus dem individuellen Therapieverlauf. Itemselektion basiert auf Beantwortungen einer nichtklinischen Gruppe von Personen & einer Gruppe von Psychotherapieklienten. Faktorenanalyse der ausgewählten 42 Items zeigte einen varianzstarken bipolaren Faktor m. dem positiven Pol „Entspannung, Gelassenheit & Optimismus im Verhalten & Erleben“ & dem negativen Pol „Spannung, Unsicherheit & Pessimismus“ - Gütekriterien: hohe interne Konsistenz, mäßige Reteststabilität, Validitätsbelege Kapitel 8 – Klinisch-psychologische Diagnostik & Intervention - Pflichtlektüre Amelang S. 495-532 Probleme: soziale Erwünschtheit, Erinnerungseinflüsse, kritische Validität Fazit: Einsatz nur in Kombination m. anderen Verfahren 8.6.1 Kriterium der klinisch bedeutsamen Verbesserung Gruppenstatistischer Ansatz: Kontrolle der Wirksamkeit im Bereich der nomothetischen Forschung. Ziel: Feststellung, ob die Anwendung eines bestimmten Ansatzes bei einer Patientengruppe im Vergleich zu einer oder mehreren Kontrollgruppen zu umfassenderen & größeren therapeutischen Veränderungen führt. Auswertung über Effektstärke. Stichprobenabhängigkeit & Streuungsabhängigkeit. Einzelfall: Klinische Relevanz von Veränderungen, Symptomreduktion ist wichtig. 3 mögliche Operationalisierungen von Therapieerfolg: 1.) Das Ausmaß der Symptomatik sollte nach der Behandlung mindestens zwei Standardabweichungen unter dem des Mittelwerts der Population liegen, die die entsprechende Störung hat 2.) die Symptomatik einer behandelten Person sollte nach der Therapie in ihrem Ausmaß innerhalb von zwei Standardabweichungen einer nicht gestörten Population liegen 3.) die Stärke der Symptomatik nach einer Behandlung sollte näher am Mittelwert der nicht gestörten Population als am Mittelwert der gestörten Population liegen Benötigte Daten f. die Operationalisierung: Mittelwert & Streuung f. beide Stichproben. Die Einschätzung ist jeweils abhängig vom Kriterium. Auswahl des Kriteriums: 1. Wenn Normwerte f. eine nichtklinische Population nicht verfügbar sind, so ist als einziges Kriterium 1.) berechenbar 2. Wenn Normwerte f. die nichtklinische Population & die klinische Populationen vorhanden sind & beide Verteilungen nur so weit überlappen, dass Kriterium 2.) näher am Mittelwert der funktionalen Gruppe liegt als Kriterium 3.), so ist 2.) das bessere (weil strengere) Kriterium 3. Bei größerer Überlappung der beiden Verteilungen (Kriterium 2.) liegt weiter vom Mittelwert der funktionalen Stichprobe entfernt als 3.)) sollte auch das strengere Kriterium (also 3.)) gewählt werden Wie viele Patienten haben sich tatsächlich verändert & wie stark? Veränderungsindex (reliable change index) In diesen gehen die Differenz der Werte vor & nach der Behandlung & der Standardmessfehler der Differenzen der Referenzstichprobe (dysfunktionale Population) ein. Standardfehler der Differenzen zwischen den beiden Testwerten kann direkt über den Standardfehler des Messinstruments berechnet werden. Dieser wiederum ist berechenbar über die Streuung der dysfunktionalen Stichprobe (s1) & die Test-RetestReliabilität des Messinstruments. Dieser Wert entspricht einem Z-Wert, der größer ist als 1.96 (f. p<.05). Damit ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Differenz durch Zufall entstanden ist oder auf Messfehler zurückgeführt werden kann, deutlich kleiner als 5%.