Konkrete Schritte zur Umsetzung der EU-Städteagenda

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COTER-VI/010
6. Sitzung der Fachkommission, 11. Dezember 2015
ARBEITSDOKUMENT
Fachkommission für Kohäsionspolitik und EU-Haushalt
Konkrete Schritte zur Umsetzung der EU-Städteagenda
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Berichterstatterin: Hella Dunger-Löper (DE/SPE)
Staatsekretärin, Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund, Europabeauftragte
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Dieses Dokument wird in der Sitzung der Fachkommission für Kohäsionspolitik und EU-Haushalt
am Freitag, den 11. Dezember 2015, von 11.00 bis 17.00 Uhr erörtert.
COR-2015-05511-00-00-DT-TRA (DE/EN) 1/8
— Rue Belliard/Belliardstraat 101 — 1040 Bruxelles/Brussel — BELGIQUE/BELGIË —
Tel. +32 22822211 — Fax +32 22822325 — Internet: http://www.cor.europa.eu
DE
Referenzdokument
COR-2015-05511-00-00-DT-TRA (DE/EN) 2/8
Arbeitsdokument der Fachkommission für Kohäsionspolitik und EU-Haushalt –
Konkrete Schritte zur Umsetzung der EU-Städteagenda
A.
Vorbemerkungen
1.
Warum eine Städteagenda keinen Angriff auf den ländlichen Raum darstellt:
In der Diskussion um die Städteagenda wird immer wieder die Befürchtung geäußert, eine stärkere
Fokussierung auf städtische Belange gehe auf Kosten der Unterstützung des ländlichen Raumes.
Dieses Verständnis teilt die Berichterstatterin des Ausschusses der Regionen (AdR) nicht. Städtische
und ländliche Räume stehen nicht in Konkurrenz oder gar Widerspruch zueinander, im Gegenteil: Aus
ihrer jeweiligen Spezifik erwächst eine Rollen- und Funktionsverteilung zwischen den städtischen und
ländlichen Räumen, die erst die gemeinsame Erreichung der europäischen Ziele ermöglicht. Nur wenn
beide stark sind, kann das übergeordnete Ziel erreicht werden: ein ökologisch, ökonomisch und sozial
starkes Europa.
Dabei stehen auf der städtischen Seite natürlich nicht nur Haupt- und Großstädte im Blickfeld, sondern
auch die mittleren und kleinen Städte, die für ihr Umland von zentraler Bedeutung sind.
2.
Warum die Maßgabe von Kommissionspräsident Juncker zur Konzentration der Arbeit der
Europäischen Kommission auf zehn Schwerpunktthemen ohne das Thema Städte nicht
umsetzbar ist:
In Europa leben inzwischen ca. 70% der Bevölkerung in Städten oder urbanen Agglomerationen. Sie
stellen den Motor der wirtschaftlichen Entwicklung dar. In ihnen wird über die künftige Stärke der EU
im globalen Maßstab entschieden. Die Städte sind aber auch gekennzeichnet durch das direkte
Aufeinandertreffen von sozialen Gegensätzen, Armut und Reichtum, Arbeitslosigkeit und
Arbeitskräftemangel,
einem
starken
Gefälle
im
Bildungsbereich
und
besonderen
Umweltherausforderungen, um nur einige zu erwähnen. Und sie werden als "Integrationsmaschinen"
wesentlich die Bewältigung der aktuellen Flüchtlingsströme zu meistern haben.
3.
Warum man angesichts der Maßgabe, sich auf große Herausforderungen zu konzentrieren, die
Städte nicht vernachlässigen darf:
Die oben genannten Argumente belegen bereits, dass die Städte eine zentrale Rolle bei der Erreichung
der europäischen Ziele einnehmen. Die Implementierung einer Städteagenda ist ein Zeichen dafür,
dass diese Erkenntnis in der Politik der europäischen Institutionen angekommen ist. Die Städte
repräsentieren einen großen und wichtigen Teil der Europäischen Union (EU), sie können nicht als das
Kleine, um das sich die Institutionen und Gremien der EU nicht kümmern müssen, abgetan werden.
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B.
Verlauf der Debatte
Auch wenn die Europäischen Verträge die Städtepolitik nur am Rande umfassen, gibt es schon eine
lange Befassung auf EU-Ebene mit der Städtepolitik, die durch Organisationen wie EUROCITIES,
dem RGRE und andere vorangetrieben wurde:


Nach fast zwei Jahrzehnten Diskussion wurde der Acquis Urban 2005 verabschiedet.
Die Formulierung der "Leipzig Charta" im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft 2007 war
ein wichtiger Meilenstein in Richtung europäische Dimension einer integrierten Stadtentwicklung.
 Die Aufnahme der "städtischen Dimension" in die Programmierung der letzten
Strukturfondsperiode 2007 bis 2014 war ein erster wichtiger praktischer Schritt in Richtung auf
die Entwicklung einer städtischen Dimension in der EU.
 Im Rahmen der Programmierungsperiode 2014-2020 sieht die EFRE-Verordnung Nr. 1301/2013
folgende urban-relevante Maßnahmen vor:
i) zur Unterstützung der nachhaltigen Stadtentwicklung sollen Städte integrierte Strategien zu den
wirtschaftlichen, ökologischen, klimatischen, demografischen und sozialen Herausforderungen
entwickeln. Mindestens 5% der nationalen EFRE-Zuweisungen werden für Maßnahmen, die sich
aus diesen Strategien ergeben, vergeben.
ii) Der EFRE unterstützt innovative Maßnahmen (Studien und Pilotprojekte) im Bereich der
nachhaltigen Stadtentwicklung (Artikel 8).
iii) Ein Netzwerk zur Stadtentwicklung fördert den Aufbau von Kapazitäten, die Vernetzung und den
Erfahrungsaustausch zwischen den städtischen Behörden, die für die Umsetzung nachhaltiger
Stadtentwicklungsstrategien oder städtischen innovative Maßnahmen verantwortlich sind
(Artikel 9).
In der Kommission ist zunehmend die Erkenntnis gewachsen, dass die EU-2020-Ziele nur in und mit
den Städten erreicht werden können. Kommissar Hahn initiierte u.a. die Kopenhagener Konferenz zur
Zukunft der Städte 2012, die sich mit dem Thema breit auseinandergesetzt und die Notwendigkeit
einer entsprechenden Städtepolitik herausgestellt hat. Dennoch blieb es vor allem bei der
Beschreibung. Den Worten folgten noch keine Taten.
Zusammenstellung wichtiger Meilensteine der Diskussion seit 2012
 Juli 2012
Initiativstellungnahme des AdR "Städte der Zukunft: ökologisch und sozial nachhaltige Städte"
 Februar 2013
Erklärung der Hauptstadtbürgermeister zusammen mit der Kommission "Smart, sustainable and
inclusive growth: EU Capital Cities – essential partners for Europe 2020"
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 Juni 2014
Stellungnahme des AdR "Auf dem Weg zu einer integrierten europäischen Städteagenda" u.a. mit den
zentralen Forderungen:
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Schaffung einer neuen Governance, in deren Rahmen die Städte frühzeitiger und stärker am
gesamten Zyklus der europäischen Politikgestaltung beteiligt werden;
Einbeziehung der städtischen Dimension bei der Folgeabschätzung von legislativen Vorschlägen
und Initiativen;
Verankerung des Grundsatzes der Multi-Level-Governance;
systematische Einbeziehung von Vertretern der Städte und der lokalen und regionalen
Gebietskörperschaften durch die Dienststellen der Kommission durch die Mitwirkung an
Expertengruppen in die Politikgestaltung, um auf der Grundlage ihrer Erfahrungen und konkreter
Daten die städtische Dimension in der europäischen Politik besser abzustimmen.
 Herbst 2014
Konsultationsverfahren der Europäischen Kommission zur Europäischen Städtepolitik auf Grundlage
der Mitteilung "Städtische Dimension der EU-Politikfelder: Kernpunkte einer EU-Städteagenda"
(COM(2014) 490 final), das in einem Arbeitsdokument vom 22. Mai 2015 analysiert wurde und
folgende Ergebnisse ergab:
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
Ausgestaltung einer Städteagenda für Städte aller Größenordnungen
Aufhebung möglicher Stadt-Land-Gegensätze
Einbindung von Städtenetzwerken
Thematische Fokussierung der Städteagenda
 April 2015
Deklaration von Wien "Eine starke Stimme in Europa"
 Juni 2015
Die für Kohäsions- und urbane Fragen zuständigen EU-Minister verabschiedeten am 10. Juni 2015 in
Riga (Lettland) eine Erklärung zur Städteagenda ("Erklärung von Riga"), das eine erste offizielle
Verpflichtung der EU-Minister darstellt, zu einer EU-Städteagenda beizutragen. Die kommende
niederländische Ratspräsidentschaft (1. Semester 2016) führt die Städteagenda als eine ihrer
Prioritäten und kündigt für die informelle Ministerratssitzung am 30. Mai 2016 die Annahme eines
"Paktes von Amsterdam" zur Einrichtung einer EU-Städteagenda an.
 Sept. 2015
Initiativbericht des Europäischen Parlaments "Städtische Dimension der EU-Politikfelder"
(Berichterstatterin Kerstin Westphal (S&D/DE), u.a. mit den folgenden Forderungen:
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
Einbindung von Städten in die europäische Politik in allen Politikfeldern unter Wahrung der
Subsidiarität
Aufnahme der Städteagenda in das Arbeitsprogramm der Kommission
Einführung eines Impact Assessments
Einsetzung eines Sonderbeauftragten für Städtepolitik bei der Kommission
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 Oktober 2015
Gemeinsame Erklärung der REGI- und COTER-Ausschüsse von EP und AdR zur Zusammenarbeit in
Hinblick auf den Pakt von Amsterdam
C.
Kernforderungen der vorliegenden Stellungnamen
Insgesamt lässt sich eine große Übereinstimmung im Europäischen Parlament, im AdR und den
Verbänden in den Forderungen zur Umsetzung der Städteagenda feststellen. Die Kernanliegen können
in folgenden Punkten zusammengefasst werden:
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


D.
Systematische Verankerung der Städtepolitik in der Kommission an herausgehobener Stelle zur
Sicherstellung eines koordinierten Politikansatzes;
Verankerung der Städteagenda im Arbeitsprogramm der Kommission;
Schaffung einer Datengrundlage, die die Situation der Städte adäquat abbildet;
Initiierung einer Folgenabschätzung aller politischen und gesetzgeberischen Initiativen für Städte;
selbstverständliche Einbeziehung der Städte und Regionen in die Mehrebenenstruktur der EU in
allen Politikbereichen (Multi-Level-Governance).
Was geschieht zur Umsetzung der Städteagenda?
Im Oktober 2015 haben sich die Kommission und die niederländische Ratspräsidentschaft auf ein
Verfahren zur Umsetzung der Städteagenda mit den Zielen
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Better Regulation
Better funding: accessibility, identification and integration of funds
Better knowledge base and knowledge exchange
verständigt.
Dabei sollen zwölf Kernthemen bearbeitet werden, die für die Städte von besonderer Bedeutung sind:
Jobs und Fähigkeiten in der lokalen Wirtschaft, städtische Armut, Wohnen, Integration von Migranten
und Flüchtlingen, nachhaltige Landnutzung, Kreislaufwirtschaft, Klimaanpassung, Energiewende,
städtische Mobilität, Luftqualität, digitale Agenda, öffentliche Auftragsvergabe. Die Kernthemen
sollen im Rahmen von Partnerschaften bearbeitet werden, in denen der Multi-Level-GovernanceAnsatz zum Tragen kommt. Für die Zusammensetzung der Partnerschaften gibt es folgenden
Vorschlag: Kommission, nationale Vertreter und städtische Vertreter und Experten von z.B. EIB
und/oder EUROCITIES.
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Die ersten Partnerschaften zu den Themen
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Wohnen
Städtische Armut
Integration von Migrantinnen und Flüchtlingen
Luftqualität
sollen noch in diesem Jahr starten. Sie sollen binnen drei Jahren einen Aktionsplan entwerfen.
Regelmäßige Kontrollen über den Fortgang der Arbeiten durch übergeordnete Gremien sollen den
Erfolg des Vorgehens sichern.
E.
Fragen
Die Kommission hat in Zusammenarbeit mit der niederländischen Ratspräsidentschaft einen
Umsetzungsvorschlag für die Städteagenda vorgelegt, der durch den AdR zu bewerten ist. Zudem ist
im Mai 2016 eine Sitzung der Fachkommission COTER zusammen mit der Ratspräsidentschaft in
Amsterdam geplant, deren Ergebnis der "Pakt von Amsterdam" zur Städteagenda sein soll.
Insofern hat der AdR über seine Bewertung des geplanten Vorgehens hinaus auch die Gelegenheit,
Anregungen für den "Pakt von Amsterdam" zu geben.
Folgende Fragen sollen bei der Erarbeitung der Stellungnahme bearbeitet werden:
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Entspricht der gewählte Ansatz den Erwartungen, die sich aus den Beschlusslagen von AdR und
EP ergeben?
Kann das geplante Vorgehen zu der in der Debatte geforderten systematischen und
verbindlichen Einbindung der Städte in den Prozess der europäischen Politikentwicklung führen?
Wie kann die Erarbeitung von Multi-Governance-Modellen an ausgewählten Themen in eine feste
Struktur für die zukünftige Arbeit überführt werden? Findet territoriale bzw. urbane
Folgenabschätzung Eingang in den Prozess der Ausarbeitung von EU-Gesetzgebung?
Wie ist die Auswahl der zu bearbeitenden Themen zu bewerten?
Ist die soziale Dimension der städtischen Problemlagen in hinreichender Form abgebildet?
Wie können die partizipativen Ansätze, die auf den lokalen Ebenen bereits umfassend entwickelt
sind, in die Multi-Governance-Modelle und in EU-Politikgestaltung Eingang finden und integriert
werden? (Stichworte: partizipative Haushalte, bürgerschaftliches Engagement usw.)
Wie kann eine transparente Auswahl der in den Partnerschaften eingebundenen Stakeholder
erreicht werden?
Welche Erwartungen können an den "Pakt von Amsterdam" formuliert werden, um zu einer
verbindlichen europäischen Städteagenda zu gelangen?
Wann und wie findet die Städteagenda Eingang in die Arbeitsplanung der Kommission? Welche
Legislativthemen haben eine besondere städtische Relevanz (Beispiele: angekündigte Agenda zur
Wirtschaft des Teilens (collaborative economy), Überarbeitung der Verordnung zu den
Daseinsvorsorgeverpflichtungen im öffentlichen Personennahverkehr…)? Müssen städterelevante
Themen auf EU-Ebene legislativ neu erfasst werden (Beispiel: Forderung des AdR nach einer
Agenda für den sozialen Wohnungsbau)?
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Müssen bestimmte Begrifflichkeiten in Zusammenhang mit der Städteagenda überdacht werden?
(Beispiel: Sollte statt von "smart cities" nicht eher von "linking cities" gesprochen werden?)
Wie können städterelevante EU-Initiativen besser koordiniert werden (Stichwort:
Bürgermeisterkonvent, Mayors Adapt usw.)?
Wie sollen bzw. können die europäischen Städte in die für Mitte 2016 programmierten Eingaben
der Europäischen Kommission zur Habitat III-Konferenz einbezogen werden (State of European
Cities Report)?
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COR-2015-05511-00-00-DT-TRA (DE/EN) 8/8
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