Publikumsforschung

Werbung
Publikumsforschung
Vorlesung 11:
Das reflektierende Publikum –
Biographieforschung
01.07.2009
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
1
Gliederung Vorlesung 11
1. Grundgedanken
2. Medienbiographien oder biographische
Medienforschung?
3. Methoden
4. Beispielstudien
1. Kino im Lebenslauf
2. Leben ohne Westfernsehen
5. Zusammenfassung
01.07.2009
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
2
1. Grundgedanken: Biographie
Ausgangspunkte: erzählte bzw. berichtete Darstellung der
Lebensführung und -erfahrung
Biographieforschung interessiert sich für:
 Regelmässigkeiten

Besonderheiten

soziale und historische Zusammenhänge
01.07.2009
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
3
1. Grundgedanken: Formen biographischen
Erzählens




Alltag
Beichte
Anamnese
literarische Formen







Biographie
Autobiographie
Memoiren
Tagebuch
Lebenslauf
Akten
Laudatio und Nachruf
01.07.2009
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
4
1. Grundgedanken: Funktionen
 Unterhaltung
 Übermittlung von Lebenserfahrung
 Ausbau und Abstimmung der Lebensgeschichte
 Nachweis sozialer Basiskompetenzen
 Nachweis der „Normalität“
 Kennen - Lernen und Festlegen
01.07.2009
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
5
1. Grundgedanken: Begriff
 eigene Darstellung eines Lebens
 Erzählung, Beschreibung, Erklärung
 Souveränität des Ichs: Widerstand
 Erzählung von heute: Uminterpretationen
 blinde Flecken
 Erzählbarkeit als Selektionskriterium
 übergreifender Sinnzusammenhang
 biographische Erzählungen sind nicht „wahr“
 Erzähler als Experte
 Erzählzwänge
01.07.2009
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
6
2. Medienbiographien oder medienbiographische
Forschung?
 Schwierigkeiten, „Medienbiographien“ zu konstruieren
 formale Ziele
 Abgleich mit anderen Herangehensweisen
 Datenersatz
 Rezeptionsgeschichte von unten: „oral history“
 inhaltliche Ziele
 Mediennutzung und -wirkung aus Sicht des Publikums
 individuelle Erklärungen
 Typologien im Umgang mit Medien (siehe Beispiel 1)
01.07.2009
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
7
3. Methoden
 Methodenmix
Zeitdokumente
Erzählungen
 narratives Interview
zum Erzählen bringen: Erzählzwänge
 Kondensieren
 Detaillieren
 Gestaltschliessung
permanente Operationalisierung
Pseudogespräch
01.07.2009
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
8
4. Forschungsbeispiel 1: Kino im Lebenslauf
Elisabeth Prommer: Kinobesuch im Lebenslauf: eine historische
und medienbiographische Studie. Konstanz 1999: UVK
 Ausgangspunkte


Legenden vom Kinobesucher
Unklarheiten über Funktionen und Motive
 Fragestellungen (u.a.):


o
Stellenwert des Kinos/in verschiedenen Lebensphasen
Rolle des gesellschaftlichen Systems
Methode:



Leitfadeninterviews
96 Befragte; quotiert
Auswertung: Kernaussagen (Paraphrasierung)
01.07.2009
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
9
4. Forschungsbeispiel : Kinobesuch
1. Kinotypen I
01.07.2009
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
10
4. Forschungsbeispiel 1: Kinobesuch
2. Kinotypen II
01.07.2009
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
11
4.
Forschungsbeispiel 2:
„Das Tal der Ahnungslosen“
Hans-Jörg Stiehler: Leben ohne Westfernsehen. Studien zur
Mediennutzung und Medienwirkung in der Region Dresden.
Leipzig 2002: Universitätsverlag

Ausgangspunkt:
 quasi-experimentelle Situation
o
drei Untersuchungsmodule
o
o
o
Re-Analyse von Daten der DDR-Sozialforschung
Archivrecherchen (BStU, Staatsarchiv Sachsen)
Interviews
01.07.2009
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
12
4.
Forschungsbeispiel 2:
„Das Tal der Ahnungslosen“
Modul: Interviews
o
o
Fragestellung
o
o
Wie wurde die Situation empfunden?
Wie wurde mit dem Mangel umgegangen?
o
Welche Wirkungen werden reflektiert?
Methode
 Leitfadeninterview mit Erinnerungsstütze
 27 Interviews; quotiert, Schneeball-System
01.07.2009
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
13
4.
Forschungsbeispiel 2:
Das Tal der Ahnungslosen
Ergebnisse: Varianten im Umgang mit der Situation
 Mangelbewusstsein
 „konnte damit leben“
 „das hat man dann wirklich vermisst“
 Alternativen
 „wenn es sich so ergeben hat“
 Wirkungen
 „dass wir naiver waren“
 „sonst keine Probleme“
01.07.2009
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
14
4.

Forschungsbeispiel 2:
Das Tal der Ahnungslosen
Modul: Re-Analyse von Daten (Sekundäranalyse)
 geeignete Indikatoren?
 geeignete Datensätze ?

Hauptergebnisse
 politische Einstellungen gegenüber dem Sozialismus als
politischem System und Bewertungen der DDR sind im "Tal der
Ahnungslosen" schwächer ausgeprägt.
 Befragte in der Region Dresden hatten ein positiveres Bild der
westlichen Gesellschaft
→ Frustration kommunikativer Bedürfnisse (kein „Soma“)
→ Soziale Reaktanz: Aufwertung von Optionen bei limitierten
Handlungsmöglichkeiten und Gütern
01.07.2009
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
15
4.
Forschungsbeispiel 2:
Das Tal der Ahnungslosen
Modul: Archivrecherchen
OV Turm –

„Rasterfahndung“
Sicherung
Ergebnisse
 Antennenproblematik:
 Selbstorganisation und „Basteleien“
 „Stillhalteabkommen“ (Engler)
 Diskussionen und Gerüchte
 Hoffnungen
 Privilegierungen
01.07.2009
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
16
5. Zusammenfassung
 interessante Innensichten
 kritische Distanz zu biographischen Erzählungen
 Ergänzung zu anderen Methoden, aber auch
Eigenwert
01.07.2009
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
17
Übungsfragen
1.
Was unterscheidet eine Biographie von einem
Lebenslauf?
2.
Nennen Sie Aufgaben/Zielstellung
medienbiographischer Forschung!
3.
Vor welche Schwierigkeiten sieht sich
medienbiographische Forschung gestellt?
01.07.2009
Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler
18
Herunterladen