Methoden der empirischen Kommunikations- und Medienforschung 4. Sitzung Hypothesen 12.05.2009 Di., 9-11 Uhr, Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler 1 Methoden der empirischen Kommunikations- und Medienforschung Gliederung der Vorlesung 1. Begriff der Hypothese 2. Anforderungen an Hypothesen 3. Arten von Hypothesen 4. Anmerkungen zum Falsifikationsprinzip Spezielle Literaturempfehlung: Diekmann, S. 107-121 Atteslander, S. 58-61 12.05.2009 Di., 9-11 Uhr, Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler 2 Methoden der empirischen Kommunikations- und Medienforschung 1. Begriff der Hypothese Definition (allgemein): Vermutung über einen bestehenden Sachverhalt Definition (speziell): Ein mit Begriffen formulierter Satz, ... der an der Realität überprüfbar ist. ... der wissenschaftlich begründet ist. ... der über Bekanntes hinaus reicht (bzw. Bekanntes unter neuen Bedingungen prüft). 12.05.2009 Di., 9-11 Uhr, Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler 3 Methoden der empirischen Kommunikations- und Medienforschung 2. • • • • Anforderungen an Hypothesen Aussage: keine Frage, kein Befehl, keine Wertung enthält die Beziehung zwischen mindestens zwei Sachverhalten: theoriebezogene Begriffe empirisch umsetzbar logische Verknüpfung von zwei Begriffen: nicht tautologisch Angabe der Geltungsbedingungen 12.05.2009 Di., 9-11 Uhr, Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler 4 Methoden der empirischen Kommunikations- und Medienforschung 3. 3.1 Reichweite: Arten von Hypothesen (1) Grund-/Teil-Hypothesen; Haupt-/Neben-Hypothesen HH 1: Attributionen am Wahlabend folgen den Voraussagen der „Alltagslogik“ (z.B. ANOVA – Modell) NH 1.1: Politiker weichen davon stärker ab als Experten und Journalisten. HH 2: In den Medien werden nur wenige* Wahlergebnisse zum Gegenstand von Ursachenzuschreibungen. NH 2.1: Politiker attribuieren überwiegend* das Abschneiden der eigenen Partei. 12.05.2009 Di., 9-11 Uhr, Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler 5 Methoden der empirischen Kommunikations- und Medienforschung 3. Arten von Hypothesen (2) 3.2. Forschungsziel: a) deskriptive Hypothesen (Konstatieren von Tatbeständen) "Es gibt X in der Ausprägung Y.„ "X nimmt von T1 zu T2 zu um Y.„ b) bedingungsanalytische Hypothesen (Zusammenhänge) "Wenn X, dann Y.„ "Je (größer/kleiner) X, desto (größer/kleiner) Y„ mathematische Funktionen nicht-monotone Zusammenhänge (z.B. U-Form) 12.05.2009 Di., 9-11 Uhr, Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler 6 Methoden der empirischen Kommunikations- und Medienforschung 3. Arten von Hypothesen (3) 3.2. Forschungsziel: c) kausalanalytische Hypothesen "X führt zu Y.„ d) messtheoretische Hypothesen "Methode A misst Merkmal X". 12.05.2009 Di., 9-11 Uhr, Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler 7 Methoden der empirischen Kommunikations- und Medienforschung 3. Arten von Hypothesen (4) 3.3 Merkmalsebenen: Individualhypothesen Zusammenhang zwischen Individualmerkmalen Kollektivhypothesen Zusammenhang zwischen Kollektivmerkmalen Kontexthypothesen Zusammenhang zwischen Kollektiv- und Individualmerkmalen („ökologischer Fehlschluss“ ) Aggregationsregel (Bildung von Kollektivmerkmalen) 12.05.2009 Di., 9-11 Uhr, Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler 8 Methoden der empirischen Kommunikations- und Medienforschung 3. Arten von Hypothesen (5) Abbildung aus: Diekmann, S. 120 12.05.2009 Di., 9-11 Uhr, Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler 9 Methoden der empirischen Kommunikations- und Medienforschung 3. Arten von Hypothesen (6) 3.4 dem Charakter der Beziehung (Wahrscheinlichkeit): probalistische Hypothesen (p<1) deterministische Hypothesen (p=1) 3.5 der Funktion im Forschungsprozess: Forschungshypothesen statistische Hypothesen H 0: Nullhypothese Y1 = Y2 (Statistik) H 1: Alternativhypothese Y1 Y2 12.05.2009 Di., 9-11 Uhr, Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler 10 Methoden der empirischen Kommunikations- und Medienforschung 4. Falsifikationsprinzip Nach Popper: Hypothesen müssen nicht nur prüfbar, sondern widerlegbar (falsifizierbar) sein Begründung: Charakter der Logik Induktion: vom Einzelnen zum Allgemeinen (Schluss der Erfahrung), ist logisch nicht abgesichert (riskant). Deduktion: vom Allgemeinen zum Einzelnen, ist logisch abgesichert. Popper postuliert: All- Aussagen an Erfahrung herantragen und unter besonderen Bedingungen testen. Sicherheit nur bei Negativaussage, d.h. bei Scheitern der Hypothese an empirischen Daten. 12.05.2009 Di., 9-11 Uhr, Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler 11 Methoden der empirischen Kommunikations- und Medienforschung Lernfragen 1. 2. 3. 4. Wie wird der Begriff der Hypothese definiert? Welche Anforderungen stellt man an Hypothesen? Erläutern Sie kurz die Gründe für diese Anforderungen! Welche Arten von Hypothesen werden unterschieden? Erklären Sie die Begriffe Induktion, Deduktion und Falsifikation! 12.05.2009 Di., 9-11 Uhr, Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler 12