Mikro I Engel-Schwabesches “Gesetz” • Engel stellte fest, daß die Ausgaben für Nahrungsmittel mit zunehmendem Einkommen zwar absolut steigen, aber im Anteil am Einkommen abnehmen (unterproportional zum Einkommen steigen). • Schwabe stellte den gleichen Sachverhalt für die Ausgaben für Miete fest. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 78 Mikro I “Luxus”güter und “inferiore” Güter x x ist hier ein superiores Gut. x M Goethe - Universität, Frankfurt/Main x ist hier ein inferiores Gut. M 79 Mikro I Einkommenselastizität der Nachfrage x D C E B A M Goethe - Universität, Frankfurt/Main 80 Mikro I Einkommenselastizität der Nachfrage • Wir wollen die Punkte A bis E beschreiben und bedienen uns hierzu der Einkommenselastizität. Diese ist definiert: hxM = (dx / x) : (dM / M) oder hxM = (dx / dM) (M / x) . Sie mißt die prozentuale Veränderung der nachgefragten Menge relativ zu einer prozentualen Änderung des Einkommens. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 81 Mikro I Engel-Kurve und die Einkommenselastizität Punkt A B C D E hxM Art des Gutes superior >1 normal =1 normal <1 inferior =0 inferior <0 Goethe - Universität, Frankfurt/Main 82 Mikro I Anteil der Ausgaben am Einkommen (bei Zunahme von M) • Wenn hxM = 1, dann bleibt der Anteil der Ausgaben für x am Einkommen konstant. • Wenn hxM > 1, dann steigt der Anteil der Ausgaben für x am Einkommen. • Wenn hxM < 1, dann sinkt der Anteil der Ausgaben für x am Einkommen. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 83 Mikro I Spezielle Nachfragefunktionen • Die Konsumfunktion Hier bleibt das Einkommen konstant und wir interessieren uns für die Veränderung der nachgefragten Mengen als Folge von Preisvariationen des betreffenden Gutes , also z. B. x = x (px ; M , py) Goethe - Universität, Frankfurt/Main 84 Mikro I Spezielle Nachfragefunktionen • Wir untersuchen diese Abhängigkeit zunächst wieder im Güterraum (Koordinaten x, y). • Hier spricht man von der Preis-Konsum-Kurve. • Diese stellt die gleichgewichtigen Gütermengenkombinationen bei sich änderndem Preis dar. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 85 Mikro I Preis-Konsum-Funktion y C B A U2 U3 U1 x Goethe - Universität, Frankfurt/Main 86 Mikro I Nachfragefunktion • Transponiert man die Gleichgewichtspunkte A, B und C usw. für ein variierendes Preisverhältnis px / py in ein Diagramm, das die nachgefragte Menge in Abhängigkeit vom Preis darstellt, so erhält man die Nachfragefunktion im engeren Sinne. • Hierbei bleibt das Einkommen konstant. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 87 Mikro I Die Darstellung der Nachfragefunktion für x px x Goethe - Universität, Frankfurt/Main 88 Mikro I Preiselastizität der Nachfrage • Als Prinzip gilt: Die nachgefragte Menge eines Gutes variiert in der Regel invers zum Preis (ceteris paribus). • Die Preiselastizität der Nachfrage (auch Nachfrageelastizität) beschreibt das Verhältnis von Preisänderung und nachgefragter Menge. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 89 Mikro I Preiselastizität der Nachfrage • Analog gilt zur Einkommenselastizität gilt für die Preiselastizität der Nachfrage: hxpx = - (dx / x) : (dpx / px) oder hxpx = - (dx / dpx) (px / x) . Sie ergibt (den Absolutwert) der prozentualen Veränderung der nachgefragten Menge relativ zu einer prozentualen Änderung des Preises. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 90 Mikro I Anteil der Ausgaben am Einkommen (bei Preiserhöhung) • Wenn hxpx = 1, dann bleibt der Anteil der Ausgaben für x am Einkommen konstant. • Wenn hxpx > 1, (=elastisch) dann sinkt der Anteil der Ausgaben für x am Einkommen. • Wenn hxpx < 1, (=unelastisch) dann steigt der Ausgabenanteil für x am Einkommen. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 91 Mikro I Substitutions- und Einkommenseffekt • Eine Preisveränderung hat zwei Effekte: • Zunächst ändern sich die relativen Preise px / py. Dies löst einen Substitutionseffekt aus. • Außerdem ändert sich das Realeinkommen. Dies löst einen Einkommenseffekt aus. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 92 Mikro I Substitutions- und Einkommenseffekt y Der Preis von x steige. C A U1 x xA U2 x C Goethe - Universität, Frankfurt/Main 93 Mikro I Substitutions- und Einkommenseffekt • Die Bewegung A C stellt den Gesamteffekt dar. Dieser läßt sich zerlegen. Sir John Hicks 1904 - 1989 Nobelpreis 1972 – Wir fragen zunächst, welchen Nutzenverlust der Haushalt durch die Preissteigerung erfährt, wobei das alte px / py an der neuen IK (Niveau U1) beibehalten wird. – Erst dann drehen wir die Budgetgerade in das neue Preisverhältnis entlang der neuen IK. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 94 Mikro I Substitutions- und Einkommenseffekt y Der Preis von x steigt. C A B U1 x x C B Goethe - Universität, Frankfurt/Main xA U2 x 95 Mikro I Substitutions- und Einkommenseffekt • Die Bewegung von A nach B entspricht dem Einkommenseffekt. In unserem Fall reduziert der Haushalt die Nachfrage nach x durch die von der Erhöhung von px ausgelöste Nutzeneinbuße (x ist „normal“). • Die Bewegung von B nach C entspricht dem reinen Substitutionseffekt. Hierbei reduziert sich die Nachfrage nach dem teurer gewordenen Gut immer. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 96 Mikro I Substitutions- und Einkommenseffekt Der Preis von y steigt. Hier ist x „inferior“. y A B Gesamteffekt U2 C xA x x C Goethe - Universität, Frankfurt/Main U1 Substitutionseffekt Einkommenseffekt x B 97 Mikro I Substitutions- und Einkommenseffekt Man kann auch fragen: Wie hoch müßte das Einkommen des Haushaltes steigen, damit der Haushalt trotz Preiserhöhung die gleiche Indifferenzkurve, also das gleiche Nutzenniveau, erreichen kann, wie noch vor der Preiserhöhung? Goethe - Universität, Frankfurt/Main 98 Mikro I Substitutionseffekt • Er gibt die Veränderung der nachgefragten Menge bei sich ändernden Preisen wieder, wenn der Konsument für die eingetretene Einkommensveränderung kompensiert wird. • Kompensationskriterium ist das Aufrechterhalten des alten Nutzenniveaus. • Der Substitutionseffekt impliziert, daß die Güternachfrage invers zum Preis variiert. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 99 Mikro I Führt der Substitutionseffekt bei einer Preiserhöhung stets zu einem Nachfragerückgang? • Zur Erinnerung: Im Haushaltsgleichgewicht gilt: MUx/MUy = px/py. • Überlegung: Wenn px steigt, dann muß auch MUx/MUy steigen; das entspricht einer Verringerung von x (abnehmender Grenznutzen!). Goethe - Universität, Frankfurt/Main 100 Mikro I Einkommenseffekt bei normalen und superioren Gütern • Wenn eine kompensatorische Realeinkommensveränderung rückgängig gemacht wird, verschiebt sich die Budgetlinie parallel. • Der Einkommenseffekt einer Preisänderung für ein Gut ist die Veränderung der nachgefragten Menge, die ausschließlich auf eine Veränderung des Realeinkommens zurückzuführen ist. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 101 Mikro I Führt der Einkommenseffekt bei einer Preiserhöhung stets zu einem Nachfragerückgang? • Zur Erinnerung: Die Engel-Kurve kann positiv steigend, aber auch negativ fallend verlaufen. Dies hängt von der Einkommenselastizität der Nachfrage ab. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 102 Mikro I Noch einmal: Normale und superiore Güter • Die bisherige Definition von normalen und superioren Gütern auf der Grundlage der Einkommenselastizität war provisorisch. • Jetzt definieren wir neu: Ein normales oder superiores Gut ist ein solches, dessen Nachfrage direkt mit dem Realeinkommen variiert, d.h. Einkommens- und Substitutionseffekt gehen in die selbe Richtung. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 103 Mikro I Noch einmal: Inferiore Güter • Ein inferiores Gut ist ein solches, bei dem die nachgefragte Menge invers mit dem Realeinkommen variiert. • In diesem Falle ist die Einkommens-KonsumKurve “rückläufig”. • Beispiele für inferiore Güter: Margarine, Kartoffeln, Brot etc. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 104 Mikro I “Giffen-Fall” • Normalerweise ist der Substitutionseffekt stärker als ein evtl. gegenläufiger Einkommenseffekt Robert Giffen bei inferioren Gütern. (1837-1910) • Allerdings kann ein theoretischer Fall konstruiert werden, bei dem dies genau umgekehrt ist (“Giffen-Fall”). • Dieser Fall ist insofern interessant, als hier die Nachfrage positiv mit dem Preis variiert. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 105 Mikro I “Giffen-Fall” A y C B xA xB xC Goethe - Universität, Frankfurt/Main x 106 Mikro I “Giffen-Fall”: Interpretation • Der Realeinkommensverlust durch die Preissteigerung von x ist so stark, daß der Einkommenseffekt (Bewegung von A nach B) dominiert. • Der gegenläufige Substitutionseffekt (Bewegung von B nach C) wiegt diesen Effekt nicht auf. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 107 Mikro I “Giffen-Fall”: Historische Evidenz ? Vor der französischen Revolution stiegen die Brotpreise in einem Jahr um 68 Prozent. Anteil der Ausgaben für Brot am Einkommen Goethe - Universität, Frankfurt/Main 1788 1789 58% 88% 108 Mikro I “Giffen-Fall“ • Der Giffen-Fall ist zwar theoretisch interessant, in der Realität aber kaum relevant. • Ein Giffen-Gut – muß erstens absolut inferior sein und – zweitens muß der Einkommenseffekt den Substitutionseffekt überwiegen. • Abgesehen vom Giffen-Fall gilt die inverse Nachfragefunktion immer. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 109 Mikro I Spezielle Nachfragefunktionen • Substitutionalität und Komplementarität von Gütern Man kann sich auch für die Veränderung der nachgefragten Menge als Folge von Preisvariationen eines anderen Gutes interessieren, also z. B. x = x (py ; M , px) Goethe - Universität, Frankfurt/Main 110 Mikro I Kreuzpreiselastizität • Die Preiselastizität bezüglich des eigenen Preises ist hxpx = |(dx / x) : (dpx / px) | • Die Kreuzpreiselastizität ist definiert als hxpy = (dx / x) : (dpy / py) Goethe - Universität, Frankfurt/Main 111 Mikro I Kreuzpreiselastizität: Interpretation • Die Kreuzpreiselastizität sagt etwas über die ökonomische Beziehung zwischen den Gütern x und y aus. • Für hxpy > 0 herrscht eine Substitutionsbeziehung (Tee, Kaffee) • Für hxpy < 0 herrscht eine Komplementaritätsbeziehung (Mietautos, Benzin) Goethe - Universität, Frankfurt/Main 112 Mikro I Ableitung der Nachfragefunktion ohne Indifferenzkurven • Die Nachfragekurve impliziert eine inverse Beziehung zwischen der nachgefragten Menge x und dem Preis des Gutes x. • Dies läßt sich auch rein logisch ohne Zuhilfenahme von Indifferenzkurven zeigen. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 113 Mikro I Ableitung der Nachfragefunktion ohne Indifferenzkurven S R C y A Q Goethe - Universität, Frankfurt/Main T U x 114 Mikro I Nachfragefunktion bei ordinalen Nutzenrelationen • Ausgangspunkt ist das Budget RU, auf dem Punkt A realisiert sei. • Die Preissteigerung von x bringt uns auf RQ. • Dies bedeutet eine Nutzeneinbuße. Warum? • Wir kompensieren den Haushalt durch Verschieben von RQ bis maximal A. • Der Konsument sei bei C zufrieden. Warum? Goethe - Universität, Frankfurt/Main 115 Mikro I Nachfragefunktion bei ordinalen Nutzenrelationen • Jetzt fragen wir uns, wo seine Nachfragekombination x, y gelegen ist. – Sie liegt auf dem Geradenstück SC, – nicht auf CT. Warum? • Aber alle Nachfragekombination x, y auf SC haben weniger x-Mengen als in A. • Damit haben wir die inverse Beziehung zwischen px und x ohne IK abgeleitet. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 116 Mikro I Nachfrageinterdependenzen (Harvey Leibenstein, geb. 1922) • Ist der Haushalt eine autonome Entscheidungseinheit? • Aus welchen Motiven fragt er Güter nach? – Funktionale Nachfrage --Es sind die inhärenten Eigenschaften der Güter maßgeblich. – Nicht-funktionale Nachfrage --Es werden die Einflüsse der sozialen Umgebung berücksichtigt. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 117 Mikro I “Nicht-funktionale” Nachfragefunktionen • Die allgemeine Nachfragefunktion läßt sich wie folgt erweitern: x = x (px , py, M , W ) . Dabei ist W ein Ausdruck für soziale Einflüsse verschiedenster Art. • Man unterscheidet – Mitläufer-Effekt – Snob-Effekt – Prestige (oder Veblen)-Effekt Goethe - Universität, Frankfurt/Main 118 Mikro I “Nicht-funktionale” Nachfragefunktionen • Mitläufer-Effekt (“bandwagon effect”) Wenn der Haushalt B mehr an xB konsumiert, möchte Haushalt A ebenfalls mehr an x konsumieren. Hier ist W = xB. Also: xA = xA (px , py, M ; xB) . • Durch die Berücksichtigung von xB erhöht sich die MRSxy des A für alle Punkte auf seiner IK, wenn B mehr an x konsumiert. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 119 Mikro I “Nicht-funktionale” Nachfragefunktionen • Snob-Effekt Dieser Effekt ist gegenläufig zum Mitläufer-Effect. Hier ist W = - xB. Thorstein Veblen 1857-1929 • Prestige-Effekt („Veblen-Effekt“) Hier erhöht sich die nachgefragte Menge mit dem Preis, der als “Prestige” eigenständig Nutzen abwirft. W (px) = Prestige(px). • px und W (px) sind zwei verschiedene Einflüsse. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 120 Mikro I “Nicht-funktionale” Nachfragefunktionen • Die Funktion x = x (px , py, M ; W (px) ) reagiert invers zu px , wie jede normale Nachfragefunktion, aber positiv zu W (px), wobei der letzte Effekt überwiegt. Dadurch erscheint das Nachfrageverhalten “pervers”. • Dies ist theoretisch streng vom “Giffen-Fall” zu unterscheiden, dem eine “funktionale” Nachfragefunktion zugrunde liegt. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 121 Mikro I Spekulative Nachfrage • Die Nachfrage kann nicht nur vom heutigen Preis abhängen, sondern auch vom Preis, den ein Haushalt für die Zukunft erwartet. Wenn px,t der heutige Preis, px,t+1 der erwartete Preis, dann gilt die Funktion x t = x t (px ,t , py, ,t M t ; W (px,t+1 ) ) . • Auch hier kann es zu “perversen” Reaktionen kommen, wenn ein Haushalt auf Preissenkungen nicht reagiert, weil er weitere erwartet. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 122