(x) (y) (z) Semantik Semantik

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Semantik
x ist blau.
y ist eine schöne Vase.
z ist eine hässliche blaue Vase.
Eigenschaften
Prädikate, Argumente, Quantoren
Ontologisches
Prädikationen
Entitäten (zählbar)
(x)
SCHÖN
VASE
(y)
BLAU
HÄSSLICH
Grundlegende
Entitätensorten
(theorieabhängig)
(z)
Dinge und Personen (Individuen)
Ereignisse
Zustände
Propositionen
x, y, z, …
e, e1, e2, …
z, z1, z2, …
p, q, r, …
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 1]
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Wortarten und die logische Repräsentationssprache
aussagenlogische Konnektoren
Quantoren
Terme
Prädikate
STADT (mannheim)
IN (rebecca, mannheim)
SCHLAPP (rebecca)
KENNEN (x,y)
>>> Konjunktionen
>>> manche Pronomen und Determinierer
>>> Eigennamen
>>> fast alle Wörter der Hauptwortarten
Mannheim ist eine Stadt
Rebecca ist in Mannheim
Rebecca ist schlapp
x kennt y
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 2]
1
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Der Lambda-Operator
Argumente
Prädikate haben Argumentstellen, die durch Spezifizierung oder
Quantifikation gesättigt werden müssen.
Um auszudrücken, dass eine Argumentstelle noch nicht gesättigt ist, wird
sie mit einem Lambda-Operator versehen und der offenen Proposition
vorangestellt.
Offene Proposition:
Prädikat mit zwei ungesättigten Stellen:
KENNEN(x,y)
λyλx[KENNEN(x,y)]
Lexikalische Repräsentation von kennen:
λyλx[KENNEN(x,y)]
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 3]
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Referenzielle und thematische Argumente
Referenzielle Argumente (unten rot hervorgehoben): stehen für die Entität
(Ding, Ereignis), auf die das Prädikat referiert.
Thematische Argumente: stehen für die Entitäten, die in semantischer
Relation zu dem referenziellen Argument stehen und die gewöhnlich durch
Phrasen im Satz spezifiziert werden.
Lexikalische Repräsentation von essen:
λyλxλ
λe[ESSEN(x,y,e)]
Lexikalische Repräsentation von Mutter:
λyλ
λx[MUTTER(x,y)]
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 4]
2
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Jedes Prädikat hat ein feste
Anzahl von Argumentstellen.
Am heutigen Tag der Milch und aus Anlass des 100-Jahr-Jubiläums des
Thurgauer Milchproduzentenverbandes schenkt der Jungzüchter-Verband
Thurgau auf dem Marktplatz in Amriswil, im Coop-Karussell in Kreuzlingen und
auf dem Plätzli beim «Thurgauerhof» in Weinfelden zwischen 8 und 16 Uhr
kostenlos Milch aus. [A97/APR.00807 St. Galler Tagblatt, 26.04.1997; Heute ist Tag der Milch]
[Am heutigen Tag der Milch]Zeit-1 und [aus Anlass des 100-Jahr-Jubiläums des
Thurgauer Milchproduzentenverbandes]Grund schenkt [der Jungzüchter-Verband
Thurgau]Agens [auf dem Marktplatz in Amriswil, im Coop-Karussell in Kreuzlingen
und auf dem Plätzli beim «Thurgauerhof» in Weinfelden]Ort [zwischen 8 und 16
Uhr]Zeit-2 [kostenlos]Art [Milch]Patiens aus. [A97/APR.00807 St. Galler Tagblatt, 26.04.1997;
Heute ist Tag der Milch]
Aber wie ermittelt man die Anzahl von Argumentstellen? Hat ausschenken nun 1,
2, 3, 4, 5, 6 oder 7 Argumentstellen? Einige Kriterien:
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 5]
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Implikationskriterium
Wenn das Prädikat impliziert, dass eine Entität einer bestimmten
Sorte eine (semantische) Rolle in der von ihm ausgedrückten
Relation innehat, so ist eine Argumentstelle für diese Entität
anzunehmen.
Beispiel: Das Verb essen impliziert einen Esser, also jemand, der
die erforderlichen Kau- und Schluckbewegungen macht, und etwas
zu Essendes, also etwas, das Gegenstand dieser Kau- und
Schluckbewegungen ist.
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 6]
3
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Welche Probleme beinhaltet das Implikationskriterium? Was ist bei Verben wie
ausschenken und verkaufen impliziert, ohne dass wir dafür unbedingt eine
Argumentstelle ansetzen wollen?
[Am heutigen Tag der Milch]Zeit-1 und [aus Anlass des 100-Jahr-Jubiläums des
Thurgauer Milchproduzentenverbandes]Grund schenkt [der Jungzüchter-Verband
Thurgau]Agens [auf dem Marktplatz in Amriswil, im Coop-Karussell in Kreuzlingen
und auf dem Plätzli beim «Thurgauerhof» in Weinfelden]Ort [zwischen 8 und 16
Uhr]Zeit-2 [kostenlos]Art [Milch]Patiens aus. [A97/APR.00807 St. Galler Tagblatt, 26.04.1997;
Heute ist Tag der Milch]
[Die Politische Gemeinde Grabs]Agens verkauft [an der Stütlistrasse
(Hasenbünt)]Ort [drei Baulandparzellen]Patiens [zur Erstellung von zwei
Einfamilienhäusern (je 575 Quadratmeter) und eines Doppel-Einfamilienhauses
(570 Quadratmeter)]Zweck-1 [zum Eigengebrauch]Zweck-2. [A97/APR.00139 St. Galler
Tagblatt, 23.04.1997; Teilstrassenplan genehmigt]
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 7]
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Realisierungskriterium
Wenn eine mögliche Variable in keiner Verwendung des Prädikats (oder einer
morphologisch zugrunde liegenden Variante des Prädikats) spezifizierbar ist,
so ist sie keine Argumentstelle des Prädikats.
(1)
a. ... dass Rebecca aß
b. ... dass Rebecca einen Bratling aß
c. ESSEN(x,y,e)
(2)
a.
b.
c.
d.
(3)
a. ... dass Rebecca log
b. ... *dass Rebecca ihren Freund log
c. LÜGEN(x,e)
... dass Rebecca zuschlug
... *dass Rebecca einen Boxer zuschlug
... dass Rebecca einen Boxer schlug
ZUSCHLAGEN(x,y,e)
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 8]
4
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Haben die folgenden Verben ein implizites Argument? Berücksichtigen Sie das
Implikations- und das Realisierungskriterium!
a.
b.
c.
d.
e.
denken
zutreten
verzweifeln
dinieren
angeln
(für das Gehirn)
(für den, der den Tritt empfängt)
(für das, das Auslöser des Verzweifelns ist)
(für das, was gegessen wird)
(für das, was aus dem Wasser geholt wird)
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 9]
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Interpretationskriterium
Wenn die Bedeutung eines das Prädikat begleitenden Ausdrucks nicht aus sich
selbst heraus erschlossen werden kann, sondern nur unter Rückgriff auf die
Bedeutung des Prädikats, dann spezifiziert der Ausdruck eine Argumentstelle.
a. Rebecca spielt auf einem ganz neuen Fußballplatz.
b. Die Schulverwaltung besteht auf einem ganz neuen Fußballplatz.
a. spielen:
b. bestehen:
NPnom
(syntaktische Valenz)
λxλe[SPIELEN(x,yd,e)]
PPauf/NPnom
(syntaktische Valenz)
λyλxλe[BESTEHEN(x,y,e)]
SPIELEN(rebecca,yd,e) & AUF(e,z) & FUßBALLPLATZ(z)
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 10]
5
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Überlegen Sie, ob die unterstrichenen Ausdrücke gemäß dem
Implikationskriterium und dem Interpretationskriterium Argumente des Verbs
sind!
a. Susi wartete auf Hannah.
b. Susi stand auf der Treppe.
c. Susi trug Hannah die Tasche.
d. Susi wohnt in Gelsenkirchen.
e. Susi trainiert den ganzen Tag.
f. Susi trainiert in Gelsenkirchen.
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 11]
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Argumentstellen, die nicht durch einen Ausdruck im Satz spezifiziert werden, heißen
implizite Argumente. Die Art und Weise ihrer Interpretation wird vom jeweiligen Verb
mitbestimmt.
Interpretationsdimension A: Definitheit
Das Verb legt fest, ob das implizite Argument definit oder definitheitsneutral
interpretiert wird. Wenn es definit interpretiert werden muss, dann muss aus dem
sprachlichen oder außersprachlichen Kontext eindeutig hervorgehen, für welche
Entität genau die Argumentvariable steht. Wenn es definitheitsneutral interpretiert
wird, kann, aber muss das nicht der Fall sein.
Erstmals will in Japan eine Firma ehemalige chinesische Zwangsarbeiter
entschädigen. Der Baukonzern Kajima willigte in die Einrichtung eines Fonds
über umgerechnet 10,4 Millionen Mark ein, die an etwa 1.000 ExZwangsarbeiter oder deren Angehörige gezahlt werden. [T00/NOV.55511 die
tageszeitung, 30.11.2000, S. 10, Ressort: Ausland; Baukonzern will zahlen ]
Blauäugig war er und politisch nicht ganz auf der Höhe, der Wirt der Aachener
Gaststätte "Keglerheim". Als die neonazistische FAP ("Freiheitliche ArbeiterPartei") seine Räumlichkeiten am Samstag für ein Treffen anmieten wollten,
dachte er sich, "Arbeiter" klingt nach links, und willigte ein. [T89/MAR.08204 die
tageszeitung, 13.03.1989, S. 4; Aachen: Kneipe besetzt ]
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 12]
6
Doch sie aß die buchstabennudeln
genau so achtlos, wie sie die kartoffeln
und den spinat in sich hineinschob.
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
[R99/JUL.60632 Frankfurter Rundschau,
31.07.1999, S. 6, Ressort: ZEIT UND BILD]
Madame Dubarry, die Edelmätresse des Königs, besaß eine feine Zunge. Wenn
sie aß, genoss sie die nach ihr benannten Gaumenfreuden à la Dubarry in nur
kleinen Mengen. [M00/007.36070 Mannheimer Morgen, 08.07.2000, Ressort: Welt und Wissen; Ein
so richtig guter Küchenmeister genoss fast mehr Ansehen als ein Minister ]
Lange Mahlzeiten waren bestimmt etwas für sie, sie aß und trank sicher gern und
mit großem Genuß, sie hatte einige Zeit in Frankreich verbracht und beinahe alle
Regionen Italiens besucht, auch die gebirgigen liebte sie sehr. [M03/309.62794
Mannheimer Morgen, 24.09.2003, Ressort: Roman ]
a. essen2:
b. einwilligen2:
λxλe[ESSEN(x,y±d,e)
λxλe[EINWILLIGEN(x,y+d,e)]
a. ach ja, was ich noch erzählen wollte: gestern war ich bei Rebecca; als ich
reinkam, saß sie mit Susi am Tisch und aß ...
b. #ach ja, was ich noch erzählen wollte: gestern war ich bei Rebecca; als ich
reinkam, saß sie mit Susi am Tisch und willigte ein ...
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 13]
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Welche der folgenden Verben haben definite und welche definitheitsneutrale
implizite Argumente?
a. heiraten:
λxλe[HEIRATEN(x,y?d,e)]
z. B.: Er hat letztes Jahr geheiratet.
b. ablehnen: λxλe[ABLEHNEN(x,y?d,e)]
z. B.: Er hat schließlich abgelehnt.
c. lesen:
λxλe[LESEN(x,y?d,e)]
z. B.: Er saß im Schaukelstuhl und las.
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 14]
7
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Interpretationsdimension B: Spezifität
Implizite Argumente müssen oft spezifischer interpretiert werden als ihre
Entsprechungen bei den nicht-valenzreduzierten Varianten.
a. geben1:
b. geben2:
/akk/dat/nom
(syntaktische Valenz)
λyλzλxλe[GEBEN(x,y,z,e)]
/nom
(syntaktische Valenz)
λxλe[GEBEN(x,y[+SPIELKARTEN],z[+MITSPIELER],e)]
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 15]
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Welche spezifischen Interpretationen erhalten die impliziten Argumente bei
den folgenden Verben?
a. trinken:
λxλe[TRINKEN(x,y[...?],e)]
z.B.: Sie trank schon seit einigen Jahren.
b. akzeptieren: λxλe[AKZEPTIEREN(x,y[...?],e)]
z.B.: Nach langem Zögern akzeptierte sie.
c. bauen:
λxλe[BAUEN(x,y[...?],e)]
z.B.: Sie haben sich entschlossen zu bauen.
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 16]
8
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Argumentbeschränkungen
Relationale und kategoriale Argumentbeschränkungen
Ein Prädikat macht bestimmte Festlegungen bezüglich der Interpretation seiner
Argumente, und zwar relationale (= semantische Rollen) und kategoriale (=
Selektionsrestriktionen).
Relationale Argumentbeschränkungen
AGENS
x
[+MENSCHLICH]
PATIENS
y
[+FLEISCH]
tranchieren
MENSCHLICH
FLEISCH
Kategoriale Argumentbeschränkungen
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 17]
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Relationale Argumentbeschränkungen
(i)
(ii)
(iii)
Es handelt sich hierbei um semantische Rollen (= thematische Rollen,
Thetarollen, Tiefenkasus), die ein Prädikat seinen Argumenten zuweist.
Die Rollen sind relationaler Natur. Ein Argument hat sie nur inne in Bezug
auf ein bestimmtes Prädikat.
Sie können im Rahmen von Bedeutungspostulaten als logisch-semantische
Folgerungen repräsentiert werden.
a. ∀x∀y∀e[SCHLAGEN(x,y,e) ⇒ AGENS(x,e) & PATIENS(y,e)]
b. ∀x∀y∀e[ÄNGSTIGEN(x,y,e) ⇒ STIMULUS(x,e) & EXPERIENCER(y,e)]
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 18]
9
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Kategoriale Argumentbeschränkungen
(i)
(ii)
(iii)
Es handelt sich hierbei um Selektionsrestriktionen (= Selektionsbeschränkungen), die ein Prädikat seinen Argumenten auferlegt.
Die Beschränkungen sind (als semantische Merkmale) kategorialer Natur.
Sie sind dem Argumentausdruck inhärent.
Sie können im Rahmen von Bedeutungspostulaten als Präsuppositionen
repräsentiert werden.
a. λyλxλe[TRINKEN(x,y,e)]
∀x∀y∀e[TRINKEN(x,y,e) >> FLÜSSIG(y)]
b. λyλxλe[TRINKEN(x,y[+FLÜSSIG],e)]
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 19]
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Welche Selektionsrestriktionen der unterstrichenen Prädikate werden
verletzt? Sehen Sie Zusammenhänge zwischen Selektionsrestriktionen und
Metaphern / Metonymien?
a. Sie aß ihren Orangensaft.
b. der Bruder des Hauses
c. Er konnte den Baum nicht zu Ende lesen.
d. der Vater dieses Gedankens
e. Und da lachte die Bohne bis sie platzte.
f. Sie zog das Gespräch unnötig in die Länge.
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 20]
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Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Lambda-Operator
Lambda-Abstraktion
Wenn β ein zulässiger Ausdruck ist, der eine ungebundene Variable α
enthält, dann ist λα[β] ein zulässiger Ausdruck.
Prädikat (per Lambda-Abstraktion)
λx
Prädikat
Argumentstellen
[ MÜDE
(x) ]
(offene) Proposition
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 21]
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Warum Lambda-Abstraktion?
Beispiel: Relativsätze sind zwar vollständige Sätze, kommen aber nicht als
eigenständige Propositionen vor, sondern als satzförmige Attribute, die über
einen Substantivreferenten prädizieren.
Beispiel-NP:
Relativsatz-Proposition:
(prädikatenlogisch:)
Prädikatbildung (λ-Abstraktion):
der Mann, dem Hasso gehört
Hasso gehört dem
GEHÖREN(hasso,x)
λx[GEHÖREN(hasso,x)]
Damit hat der Relativsatz die gleiche semantische Form, wie andere Attribute,
z. B. rot: λx[ROT(x)].
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 22]
11
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Kompositionsmodus I:
Funktionsapplikation
Funktionsapplikation
∆F(X',Y'): Wenn X' in der Form λα[…] die Bedeutung eines Ausdrucks X ist und Y' die
Bedeutung eines Ausdrucks Y vom gleichen semantischen Typ wie α, ist X'(Y') die
Bedeutung der komplexen syntaktischen Ausdrucks [X Y].
X = ist müde
X' = λx[MÜDE(x)]
Prädikat
Y = Klaus
Y' = klaus
Term
[X Y] = Klaus ist müde
X'(Y') = λx[MÜDE(x)] ( klaus )
Proposition
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 23]
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Lambda-Konversion
Für eine offene Proposition p, eine freie Variable α in p und einen semantischen
Ausdruck α' vom gleichen Typ wie α gilt: λα[p](α') ⇔ p', wobei sich p von p'
genau dadurch unterscheidet, dass in p' jedes freie Vorkommen von α in p durch
α' ersetzt wird.
Klaus ist müde
λα[p](α')
λx[MÜDE(x)]
PRÄDIKAT
p'
⇔
(klaus)
ARGUMENT
Variable und Ausdruck vom
gleichen Typ (Term)
⇔
MÜDE
(klaus)
PRÄD.
ARG.
Variable durch
Ausdruck ersetzt
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 24]
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Semantik
Lambda-Abstraktion &
Lambda-Konversion
Prädikate, Argumente, Quantoren
Rebecca kennt Jamaal.
Funktionsapplikation
Prädikat (per Lambda-Abstraktion)
λy [λ
λx
Prädikat
Argumentstellen
Argumente
[ KENNEN
(x, y) ]]
(jamaal) (rebecca)
(offene) Proposition
(geschlossene) Proposition (per Lambda-Konversion)
λy [λx [KENNEN (x, y)]] (jamaal) (rebecca) ⇔
KENNEN (rebecca, jamaal)
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 25]
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Stellen Sie unter den gegebenen syntaktischen Strukturen und
semantischen Repräsentationen den kompositionalen Aufbau der
Satzbedeutung mithilfe von Funktionsapplikation und Lambda-Konversion
dar. (Die referenziellen Ereignisargumente der Verben ignorieren wir hier.)
Syntax:
… dass [Rebecca [auf Jamaal [stolz ist]]]
Rebecca':
rebecca
küssen':
λyλx[STOLZ(x,y)]
Jamaal':
jamaal
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 26]
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Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
AKZEPTIEREN (x, y)
Quantoren
Argumentvariablen müssen …
•
•
•
entweder gesättigt werden, d.h. mit
der Bedeutung einer Phrase
assoziiert werden,
Klaus akzeptiert Jamaal.
kontextuell gebunden werden, d.h.
mit einer Entität im Kontext
assoziiert werden (hier durch d
gekennzeichnet),
(Es wird über einen Plan gesprochen.)
Klaus akzeptiert.
oder durch einen Quantor
gebunden werden.
AKZEPTIEREN (klaus, jamaal)
AKZEPTIEREN (klaus, yd)
Klaus akzeptiert alle.
∀y[AKZEPTIEREN (klaus, y)]
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 27]
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Quantoren
Quantifizierende Ausdrücke in natürlichen Sprachen:
alle, einer, jemand, immer, drei, viele, oft, niemand, …
Existenzquantor …
∃x[P(x)] ist wahr genau dann wenn es
mindestens ein Individuum x gibt, so
dass P(x) wahr ist.
Jemand akzeptiert Jamaal.
∃x[AKZEPTIEREN (x, jamaal)]
Allquantor …
∀x[P(x)] ist wahr genau dann wenn
P(x) für jedes Individuum x wahr ist.
Alle akzeptieren Jamaal.
∀x[AKZEPTIEREN (x, jamaal)]
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 28]
14
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Wie lautet die prädikatenlogische Formel (unter Verwendung von Quantoren)?
Jemand küsst jemanden.
∃x[∃y[KÜSSEN (x, y)]]
Jemand küsst alle.
∃x[∀y[KÜSSEN (x, y)]]
Alle werden von (irgend)jemandem geküsst.
∀y[∃x[KÜSSEN (x, y)]]
Jemand küsst sich selbst.
∃x[KÜSSEN (x, x)]]
Jeder küsst (irgend)jemanden.
∀x[∃y[KÜSSEN (x, y)]]
Alle küssen jemand bestimmten.
Jemand (bestimmtes) wird von allen geküsst.
∃x[∀y[KÜSSEN (x, y)]]
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 29]
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Skopus
Der Skopus eines Quantors ist der Bereich, innerhalb dessen er Variablen bindet.
Skopus von ∃
∃x[∀y[KÜSSEN(x,y)]]
Skopus von ∀
In obigem Beispiel hat der Existenzquantor weiten Skopus und der Allquantor
engen Skopus.
Treten All- und Existenzquantor zusammen auf, sind die Skopusverhältnisse
bedeutungsrelevant.
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 30]
15
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Skopusambiguitäten
Unterschiedliche Skopusverhältnisse treten zum Beispiel bei sogenannten
Skopusambiguitäten zutage.
Alle küssen jemanden.
Lesart I:
Es gibt (genau) einen, den alle
küssen.
∃y[∀x[KÜSSEN(x,y)]]
Es gibt ein y, so dass alle x …
Lesart II:
Alle haben (irgend)einen, den
sie küssen.
∀x[∃y[KÜSSEN(x,y)]]
Für alle x gilt: Es gibt ein y …
K
Ü
S
S
E
N
K
Ü
S
S
E
N
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 31]
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Quantoren
Einige der quantifizierenden Ausdrücke können sowohl in pronominaler (a) als
auch in artikelähnlicher (b) Form auftreten:
a.
b.
Alle spinnen.
Alle Römer spinnen.
Alle spinnen.
∀x[SPINNEN(x)]
Alle Römer spinnen.
∀x[RÖMER(x) ⇒ SPINNEN(x)]
Alle sind spinnende Römer.
∀x[RÖMER(x) & SPINNEN(x)]
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 32]
16
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Welchen natürlichsprachlichen Sätzen entsprechen die folgenden Formeln?
a. ∃x[∀y[TRETEN(x,y)]]
b. ∀x[LIEBEN(x,nena)]]
c. ∀x[STUDENT(x) ⇒ ∃y[TRINKEN(x,y)]]
d. ∀y[STUDENT(y) ⇒ ∃x[DOZENT(x) & FÖRDERN(x,y)]]
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 33]
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Bedeutungskomposition
Semantische Ableitung des Satzes Alle
Römer spinnen.
(I) Lexikalische Bedeutungen:
Römer': λy[RÖMER(y)]
spinnen': λz[SPINNEN(z)]
alle':
λP[λQ[∀x[P(x) ⇒ Q(x)]]]
(II) Semantische Ableitung (Funktionskomposition):
Syntax:
[[alle Römer] spinnen]
∆F(alle', Römer'): λP[λQ[∀x[P(x) ⇒ Q(x)]]] (λy[RÖMER(y)])
∆F((alle' Römer'), spinnen'):
λP[λQ[∀x[P(x) ⇒ Q(x)]]] (λy[RÖMER(y)]) (λz[SPINNEN(z)])
(III) Semantische Ableitung (Lambda-Konversion):
λ-Konversion:
λ-Konversion:
λ-Konversion:
λ-Konversion:
λP[λQ[∀x[P(x) ⇒ Q(x)]]] (λ
λ y[RÖMER(y)]) (λz[SPINNEN(z)])
λQ[∀x[λ
λ y[RÖMER(y)](x) ⇒ Q(x)]] (λ
λz[SPINNEN(z)])
∀x[λ
λ y[RÖMER(y)](x) ⇒ λz[SPINNEN(z)](x)]
∀x[RÖMER(x) ⇒ λz[SPINNEN(z)](x)]
∀x[RÖMER(x) ⇒ SPINNEN(x)]
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 34]
17
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Übersetzen Sie die folgenden Ausdrücke in prädikatenlogische Formeln.
a. Niemand schläft.
b. Peter küsst alle.
c. Keiner mag Xavier.
d. Alle kaufen ein Eis.
e. Jemand schläft nicht.
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 35]
Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Gegenstand:
Interne Struktur von Aussagen.
Symbole:
P, Q, R, … sind Variablen für Prädikate (verschiedener Stelligkeit).
x, y, z, … sind Variablen für Terme. (Variablen für Dinge,
Ereignisse und Propositionen)
KÜSSEN, WISSEN, ROT, … sind Prädikatskonstanten.
jamaal, rebecca, mannheim, … sind Termkonstanten
(Individuenkonstanten).
∀ und ∃ sind Quantoren.
¬, &, ∨, ⇒ und ⇔ sind Konnektoren.
Syntax:
Wenn P ein einstelliges Prädikat ist und x ein Term, dann ist
P(x) eine Aussage.
Wenn α ein Quantor ist und β ein Ausdruck, der eine ungebundene Variable x enthält, dann ist αx[β] ein Ausdruck.
Wenn α eine Aussage ist, ist ¬α eine Aussage.
Wenn α und β Aussagen sind, ist (α & β) eine Aussage.
u.s.w.
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 36]
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Semantik
Prädikate, Argumente, Quantoren
Semantik:
∃x[P(x)] ist wahr genau dann wenn es mindestens ein
Individuum x gibt, so dass P(x) wahr ist.
∀x[P(x)] ist wahr genau dann wenn P(x) für jedes Individuum
x wahr ist.
KÜSSEN(x,y) ist wahr, genau dann wenn x y küsst.
¬α ist wahr, genau dann wenn α falsch ist.
(α & β) ist wahr, genau dann wenn α wahr ist und β wahr ist.
u.s.w.
Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 37]
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