5. Marktmacht und Marktstruktur Georg Nöldeke Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Universität Basel Intermediate Microeconomics, HS 11 Marktmacht und Marktstruktur 1/81 5.1 Einleitung Bisher: Beschreibung und Analyse von Märkten, in denen Anbieter und Nachfrager die Preise als gegeben nehmen. Beruht auf der Annahme, dass Anbieter und Nachfrager entweder keine Marktmacht besitzen oder nicht verstehen, sie auszunutzen. Marktmacht kann hier als die Möglichkeit verstanden werden, auf die eigenen Handelskonditionen Einfluss zu nehmen. Nun: Beschreibung und Analyse von Märkten, in denen einige Marktteilnehmer Marktmacht besitzen und auch ausnutzen. Monopol: Es gibt nur einen Anbieter des betrachteten Gutes. Oligopol: Es gibt mehrere Anbieter des betrachteten Gutes. 2 / 81 5.2 Das Monopolproblem Modellierung der Marktmacht: Monopolist legt einheitlichen Stückpreis p fest, zu dem er das Gut anbietet. Konsumenten entscheiden (nur) über die Menge, die sie zu diesem Preis kaufen wollen Monopolist verkauft die zu Preis p nachgefragte Menge D(p). Gewinn des Monopolisten in Abhängigkeit vom Preis: Π(p) = pD(p) − c(D(p)). R(p) = pD(p): Erlös des Monopolisten. c(D(p)): Kosten des Monopolisten zur Lieferung der Menge D(p). 3 / 81 5.2 Das Monopolproblem Definition (Monopolproblem) Die Lösung p∗ des Problems max Π(p) = pD(p) − c(D(p)). p≥0 heisst Monopolpreis. Die zu dem Monopolpreis nachgefragte Menge y∗ = D(p∗ ) heisst Monopolmenge. Diese Formulierung des Monopolproblems wird als Preissetzungsproblem bezeichnet. 4 / 81 5.2 Das Monopolproblem Das Gewinnmaximierungsproblem des Monopolisten kann alternativ auch als Mengensetzungsproblem formuliert werden: Der Monopolist entscheidet über die Outputmenge, die er auf dem Markt absetzen will, . . . . . . wobei er berücksichtigt, dass der Preis, den er im Markt erzielen kann, von der Outputmenge abhängt. Gewinn des Monopolisten in Abhängigkeit von der Produktionsmenge: π(y) = p(y)y − c(y). Hier ist p(y) die inverse Marktnachfragefunktion, die auch als Preis-Absatz-Funktion bezeichnet wird. r(y) = p(y)y ist der Erlös des Monopolisten c(y) sind die resultierenden Kosten. 5 / 81 5.2 Das Monopolproblem Die Formulierung des Monopolproblems als Preissetzungsoder Mengensetzungsproblem sind äquivalent: Satz Die Lösung y∗ des Problems max π(y) = p(y)y − c(y). y≥0 ist die Monopolmenge. Der Preis p∗ = p(y∗ ), zu dem die Monopolmenge abgesetzt werden kann, ist der Monopolpreis. 6 / 81 5.2 Das Monopolproblem Bedingung erster Ordnung für das Mengensetzungsproblem maxy≥0 π(y) = p(y)y − c(y): π 0 (y∗ ) = p(y∗ ) + p0 (y∗ )y∗ − c0 (y∗ ) = 0 Der Ausdruck p(y) + p0 (y)y = MR(y) bezeichnet den Grenzerlös des Monopolisten. Der Ausdruck c0 (y) = MC(y) sind die Grenzkosten. Die Bedingung erster Ordnung besagt, dass bei der Monopolmenge der Grenzerlös gleich den Grenzkosten sein muss: MR(y∗ ) = MC(y∗ ). 7 / 81 5.2 Das Monopolproblem Die Bedingung MR(y∗ ) = MC(y∗ ) ist notwendig, aber ohne weitere Annahmen nicht hinreichend für eine Lösung des Monopolproblems mit y∗ > 0. Die Annahme konstanter oder steigender Grenzkosten in Verbindung mit der Annahme fallender Grenzerlöse sichert, dass eine Lösung der Bedingung MR(y∗ ) = MC(y∗ ) die eindeutig bestimmte Monopolmenge identifiziert. Der uninteressante Fall y∗ = 0 kann durch die Annahme p(0) > MC(0) ausgeschlossen werden. Annahme Im Folgenden unterstellen wir, dass die Monopolmenge y∗ > 0 eindeutig durch die Bedingung MR(y∗ ) = MC(y∗ ) bestimmt ist. 8 / 81 5.2 Das Monopolproblem Rechenbeispiel: Lineare Preis-Absatz-Funktion: p(y) = a − by mit a > 0 und b > 0. Konstante Grenzkosten: c(y) = F + c · y mit F ≥ 0, c ≥ 0 sowie c < a. Grenzerlös: MR(y) = a − 2by. Bedingung erster Ordnung für die Monopolmenge: a − 2by∗ = c Monopolmenge: y∗ = a−c . 2b Monopolpreis: p∗ = p(y∗ ) = a+c . 2 9 / 81 5.2 Das Monopolproblem Abbildung: Lösung des Monopolproblems mit linearer Preis-Absatz-Funktion p(y) = a − by und konstanten Grenzkosten c. Der Grenzerlös hat den gleichen vertikalen Achsenabschnitt wir die Preis-Absatz-Funktion und fällt doppelt so schnell. Die Monopolmenge y∗ ist durch den Schnittpunkt von Grenzerlösfunktion und Grenzkosten bestimmt; der Monopolpreis p∗ ist der Preis, bei dem die Monopolmenge nachgefragt wird. 10 / 81 5.2 Das Monopolproblem Der Monopolgewinn im Rechenbeispiel beträgt π ∗ = p(y∗ )y∗ − c(y∗ ) = a − c (a − c)2 a+c a−c −F −c = − F. 2 2b 2b 4b Dieser Gewinn ist um so grösser, je grösser der Markt (hohes a und niedriges b) . geringer die Kosten (niedriges c und niedriges F). Bemerke: Handelt es sich bei F um quasifixe Kosten, wird der Monopolist genau dann im Markt aktiv sein, wenn seine kurzfristige Monopolrente die quasifixen Kosten übersteigt: (a − c)2 ≥ F. 4b 11 / 81 5.2 Das Monopolproblem Während der Grenzerlös für ein Unternehmen in einem Wettbewerbsmarkt durch den Preis gegeben ist, liegt er für einen Monopolisten streng unterhalb des Preises, zu dem er eine Menge y > 0 verkaufen kann: MR(y∗ ) = p(y∗ ) + p0 (y∗ )y∗ < p(y∗ ) da p0 (y∗ ) < 0. Intuition hierfür: Bei einer Mengenausweitung fällt der Preis und dieses reduziert den Grenzerlös im Vergleich zur Situation, in welcher der Preis konstant ist. 12 / 81 5.2 Das Monopolproblem Die Tatsache, dass der Grenzerlös des Monopolisten unterhalb seines Absatzpreises liegt, impliziert dass die Monopolmenge kleiner als die Wettbewerbsmenge ist. Satz Angenommen, die Wettbewerbsmenge für den betrachteten Markt existiert und ist streng positiv. Dann gilt: Die Monopolmenge ist streng kleiner als die Wettbewerbsmenge. Der Monopolpreis ist streng grösser als der Wettbewerbspreis. Im linearen Rechenbeispiel: Wettbewerbsmenge ist ỹ = (a − c)/b > y∗ . Wettbewerbspreis ist p̃ = c < p∗ 13 / 81 5.2 Das Monopolproblem Abbildung: Da der Grenzerlös des Monopolisten unterhalb des Preises liegt, ist die Monopolmenge kleiner als die Wettbewerbsmenge und der Monopolpreis höher als der Wettbewerbspreis. 14 / 81 5.3 Wohlfahrtsanalyse des Monopols Da die Monopolmenge streng kleiner als die Wettbewerbsmenge ist, sind die aggregierten Handelsgewinne in einer Lösung des Monopolproblems streng kleiner als in einem Wettbewerbsgleichgewicht. Die Monopollösung ist also Pareto-ineffizient. Ursache dieser Ineffizienz ist, dass bei einer Ausweitung der Menge über die Monopolmenge hinaus zwar die aggregierten Handelsgewinne steigen, aber auf Grund der mit einer Mengenausweitung verbundenen Preissenkung der Monopolgewinn fällt. Frage: Da die Monopollösung ineffizient ist, muss es eine Möglichkeit der Pareto-Verbesserung geben. Wie könnte eine solche aussehen? 15 / 81 5.3 Wohlfahrtsanalyse des Monopols Abbildung: Im Vergleich zum Wettbewerbsgleichgewicht, ist die Produzentenrente in der Monopollösung grösser und die aggregierte Konsumentenrente ist kleiner. Die aggregierten Handelsgewinne in der Monopollösung sind um die grün gefärbte Fläche kleiner als die maximalen aggregierten Handelsgewinne. Diese Fläche bezeichnet man als den Wohlfahrtsverlust des Monopols. 16 / 81 5.3 Wohlfahrtsanalyse des Monopols Durch Regulierung können die aus der Ausübung von Marktmacht resultierenden Wohlfahrtsverluste reduziert werden . . . . . . jedoch setzt eine effiziente Regulierung detailierte Kenntnisse der Kostenstruktur und Marktnachfrage des Monopolisten voraus. Typischerweise hat der Monopolist kein Interesse daran, die für eine effiziente Regulierung relevanten Informationen zur Verfügung zu stellen. Zudem ist unklar, in wie weit Regulierungsbehörden an der Umsetzung einer effizienten Regulierung interessiert sind. 17 / 81 5.3 Wohlfahrtsanalyse des Monopols Alternativen zur Regulierung: 1. Staatliche Bereitstellung des Monopolgutes. 2. Förderung des Wettbewerbs. 18 / 81 5.4 Monopol und die Elastizität der Marktnachfrage Die Bedingung erster Ordnung für eine innere Lösung des Preissetzungsproblems lautet Π0 (p∗ ) = [p∗ − MC(D(p∗ )]D0 (p∗ ) + D(p∗ ) = 0. Offenkundig kann diese Bedingung nur für einen Preis oberhalb der Grenzkosten erfüllt werden. Für einen solchen Preis verursacht eine Preiserhöhung 1. einen negativen Effekt (Menge, auf welcher der “marginale Deckungsbeitrag” p − MC erzielt wird, fällt ) . . . 2. und einen positiven Effekt (Marginaler Deckungsbeitrag steigt), . . . die bei dem Monopolpreis gerade ausbalanciert werden. Entscheidend für das Ergebnis dieser Abwägung ist die Elastizität ε(p) der Marktnachfragefunktion. 19 / 81 5.4 Monopol und die Elastizität der Marktnachfrage Satz (Umgekehrte Elastizitätenregel) Für den Monopolpreis gilt p∗ − MC(D(p∗ )) 1 . =− ∗ p ε(p∗ ) Die linke Seite der obigen Gleichung wird als Lerner Index bezeichnet: Dieses ist der Anteil des Preisaufschlags des Monopolisten (auf seine Grenzkosten) an seinem Preis. Die rechte Seite ist der Absolutbetrag des Kehrwertes der Preiselastizität der Marktnachfrage. Da der Lerner-Index zwischen 0 und 1 liegen muss, folgt aus der umgekehrten Elastizitätenregel, dass die Marktnachfrage bei dem Monopolpreis elastisch sein muss: ε(p∗ ) ≤ −1. 20 / 81 5.4 Monopol und die Elastizität der Marktnachfrage Alternativ kann die Bedingung erster Ordnung auch als p∗ 1 MC(D(p∗ )) = 1 + 1/ε(p∗ ) geschrieben werden. Unterstellt man konstante Grenzkosten von c und eine konstante Preiselastizität ε, erlaubt es diese Formel unmittelbar den Monopolpreis abzulesen: p∗ = 1 c. 1 + 1/ε Beachte: Je elastischer die Marktnachfrage, desto niedriger ist der Monopolpreis. Im Grenzfall einer unendlich elastisches Nachfrage resultiert der Wettbewerbspreis: limε→−∞ p∗ = c. 21 / 81 5.5 Komparative Statik im Monopol Frage Wie reagiert die Lösung des Monopolproblems auf eine Verschiebung der Marktnachfragefunktion? In einem Wettbewerbsmarkt führt eine Verschiebung der Marktnachfragefunktion nach aussen stets dazu, dass die Gleichgewichtsmenge und der Gleichgewichtspreis ansteigen. In einem Monopolmarkt muss das nicht gelten: Je nachdem, wie sich die Preiselastizität der Marktnachfragefunktion ändert, kann die Monopolmenge oder aber der Monopolpreis bei einer solchen Verschiebung fallen. 22 / 81 5.5 Komparative Statik im Monopol Frage Welche Auswirkung hat die Einführung einer Mengensteuer? Unterstelle, dass die Mengensteuer mit Satz τ ≥ 0 von dem Monopolisten erhoben wird. Aus Sicht des Monopolisten ist die Mengensteuer dann äquivalent zu einer Erhöhung seiner Grenzkosten um den Betrag τ. Bedingung erster Ordnung für das Mengensetzungsproblem: MR(y∗ (τ)) = MC(y∗ (τ)) + τ. Da diese Gleichung als Identität gilt, folgt: dy∗ (τ) 1 = < 0. 0 ∗ dτ MR (y (τ)) − MC0 (y∗ (τ)) 23 / 81 5.5 Komparative Statik im Monopol Also fällt die Monopolmenge bei einer Erhöhung von τ und der Monopolpreis steigt. Im Unterschied zu einem Wettbewerbsmarkt kann dabei der Anstieg des Monopolpreises den Anstieg des Mengensteuersatzes übersteigen. Beispiel: Bei konstanten Grenzkosten c und konstanter Preisealstizität ε der Marktnachfrage ist der Monopolpreis mit Mengensteuer τ durch 1 p∗ (τ) = [c + τ] 1 + 1/ε gegeben, so dass d p∗ (τ) 1 = >1 dτ 1 + 1/ε gilt. 24 / 81 5.6 Warum gibt es Monopole? Hauptgründe für das Bestehen von Monopolmärkten sind: 1. Ein Unternehmen hat einen hinreichend grossen Kostenvorteil gegenüber seinen potentiellen Konkurrenten. 2. Der Markt ist ein natürliches Monopol. 3. Staatliche Eingriffe, welche den Zutritt anderer Unternehmen behindern. Kostenvorteile können z.B. aus einer überlegenen Technologie oder dem exklusiven Zugriff auf einen Input resultieren Unter einem natürlichem Monopol versteht man einen Markt, in dem für alle relevanten aggregierten Outputmengen die geringsten Kosten entstehen, wenn nur ein Unternehmen im Markt aktiv ist. Beispiel: Aktive Unternehmen produzieren mit der Kostenfunktion C(y) = F + cy, wobei F > 0 quasifixe Kosten sind. 25 / 81 5.6 Warum gibt es Monopole? Beispiele für staatliche Eingriffe, die Monopole schaffen sind die Vergabe exklusiver Lizenzen und von Patenten. Es ist das Ziel von Patenten, zeitlich befristete Monopolmärkte zu schaffen. Obgleich die Ausübung von Monopolmacht Wohlfahrtsverluste verursacht, kann dieses sinnvoll sein, da die Möglichkeit ein Patent zu erlangen, einen Wettbewerb um die Erlangung einer solchen Monopolrente auslöst. 26 / 81 5.7 Preisdiskriminierung: Einführung Bisher wurde davon ausgegangen, dass der Monopolist das Gut zu einem einheitlichen Stückpreis absetzt . . . . . . obgleich er ausgehend von der Monopolmenge ein Interesse hätte, mehr zu verkaufen, wenn er den Preis nicht für alle sondern nur für die zusätzlichen Einheiten des Gutes reduzieren müsste. In der Realität sieht man hingegen, dass viele Unternehmen mit Marktmacht Instrumente der Preisdiskriminierung einsetzen: Der Stückpreis hängt von der gekauften Menge und/oder Charakteristika des Konsumenten ab. Hier sollen einige Formen der Preisdiskriminierung diskutiert und in Hinblick auf ihre Wohlfahrtskonsequenzen untersucht werden. 27 / 81 5.8 Preisdiskriminierung 1. Grades Bei der Preisdiskriminierung 1. Grades oder perfekten Preisdiskriminierung handelt es sich um einen theoretischen Extremfall, bei dem unterstellt ist, dass der Monopolist die Zahlungsbereitschaft vi (q) eines jeden Konsumenten kennt. jedem Konsumenten ein personifiziertes Angebot unterbreiten kann, dass den Kauf einer Menge qi gegen Zahlung des Geldbetrages zi offeriert. Frage Welche Angebote sollte der Monopolist den Konsumenten unterbreiten, um seinen Gewinn zu maximieren? 28 / 81 5.8 Preisdiskriminierung 1. Grades 1. Entscheidet sich der Monopolist dafür, Konsument i die Menge qi zu offerieren, so wird er dafür die Zahlung zi = vi (qi ) verlangen, da dieses der maximale Betrag ist, zu dem der Konsument das Angebot noch akzeptieren wird. 2. Aus dem Verkauf der Mengen (q1 , . . . , qn ) an die Konsumenten i = 1, . . . , n wird der Monopolist also den Erlös ∑ni=1 vi (qi ) erzielen. 3. Der entsprechende Gewinn des Monopolisten ist also n Π(q1 , . . . , qn ) = ∑ vi (qi ) − c(q1 + q2 + · · · + qn ). i=1 4. Dieser Gewinn entspricht gerade den aggregierten Handelsgewinnen, so dass der Monopolist diejenigen Mengen (q1 , . . . qn ) wählen wird, welche die aggregierten Handelsgewinne maximieren. 29 / 81 5.8 Preisdiskriminierung 1. Grades Schlussfolgerungen: Bei perfekter Preisdiskriminierung produziert der Monopolist die Wettbewerbsmenge und teilt diese effizient unter den Konsumenten auf. Insbesondere verursacht das Monopol hier keine Ineffizienz. Intuition: Unter den Voraussetzungen, die eine perfekte Preisdiskriminierung ermöglichen, kann der Monopolist sich alle Handelsgewinne aneignen (man sagt auch: “Der Monopolist schöpft die Konsumentenrente ab”), so dass er seinen eigenen Gewinn durch Maximierung der Handelsgewinne maximiert. 30 / 81 5.9 Preisdiskriminierung 2. Grades Von Preisdiskriminierung 2. Grades oder Mengendiskriminierung spricht man, wenn der zu zahlende Stückpreis von der nachgefragten Menge abhängt. Spezialfälle: Zutrittspreise: Um überhaupt kaufen zu können, muss eine Grundgebühr oder ein Eintrittspreis bezahlt werden. Staffeltarife: Preis für eine weitere Einheit hängt in der Form einer Treppenfunktion von der bereits konsumierten Menge ab. Beachte: Damit diese Form von Preisdiskriminierung wie gewünscht funktioniert, muss es möglich sein, Wiederverkauf unter den Konsumenten zu unterbinden. 31 / 81 5.9 Preisdiskriminierung 2. Grades Illustration: Wassertarif 2010 der Stadt Bern Wasserbezug m3 /Jahr 50 500 5’000 20’000 Jahresgebühr Fr. 170 1’385 10’610 36’860 Jeder weitere m3 Fr. 2.70 2.05 1.75 1.55 Dieser Tarif kombiniert eine Grundgebühr von 170 Fr. im Jahr mit dem folgenden Staffeltarif: Wasserbezug m3 /Jahr 0 bis 50 50 bis 500 500 bis 5000 5’000 bis 20’000 über 20’000 Jeder weitere m3 Fr. 0.00 2.70 2.05 1.75 1.55 32 / 81 5.9 Preisdiskriminierung 2. Grades Beispiel: Monopolist produziert mit konstanten Grenzkosten c. Alle Konsumenten sind identisch mit Zahlungsbereitschaft v(q). In diesem Beispiel kann sich der Monopolist die gesamten Handelsgewinne aneignen, indem er eine Grundgebühr Z verlangt, nach deren Zahlung eine beliebige Menge des Gutes zum Preis pro Einheit p gekauft werden kann. Setzte p = c, so dass jeder Konsument, der die Grundgebühr bezahlt hat, die effiziente Menge q∗ kauft, bei der v0 (q∗ ) = c gilt. Setze Z = v(q∗ ) − pq∗ , so dass die Konsumentenrente abgeschöpft wird und der Monopolist sich die aggregierten Handelsgewinne aneignet. 33 / 81 5.9 Preisdiskriminierung 2. Grades Bemerke: In diesem Beispiel tritt keine Ineffizienz auf – der Tarif mit Grundgebühr ist hier nichts anderes als eine Art, perfekte Preisdiskriminierung zu implementieren. Das gleiche Ergebnis liesse sich auch mit einem Staffeltarif mit zwei Preisen erreichen – der auf Seiten 415-417 des Lehrbuchs diskutierte Tarif ist nicht optimal. 34 / 81 5.9 Preisdiskriminierung 2. Grades Wenn es verschiedene “Typen” von Konsumenten mit unterschiedlichen Zahlungsbereitschaften gibt, ist perfekte Preisdiskriminierung durch Mengendiskriminierung nicht mehr möglich. lassen sich durch Mengendiskriminierung dennoch die Monopolgewinne steigern. Beispiel: Monopolist produziert mit konstanten Grenzkosten c. Fixkosten sind Null. Es gibt zwei Konsumenten: einer mit Zahlungsbereitschaft v1 (q1 ), der andere mit Zahlungsbereitschaft v2 (q2 ). Monopolist verlangt von beiden Konsumenten die gleiche Grundgebühr Z und den gleichen Preis p pro konsumierter Einheit. Frage Wie sind Z und p gewinnmaximierend festzulegen? 35 / 81 5.9 Preisdiskriminierung 2. Grades Bezeichne die Nachfragefunktionen der Konsumenten mit di (p) und ihre Konsumentenrenten (in der Abwesenheit einer Grundgebühr) mit kri (p). Unterstelle di (c) > 0 für i = 1, 2. Nimm zudem kr2 (p) > kr1 (p) für alle p an, für welche kr2 (p) > 0 gilt. Dann gibt es zwei Kandidaten für eine Lösung des Gewinnmaximierungsproblems: 1. Setze p = c und Z = kr2 (c). Dann kauft nur Konsument 2. Der resultierende Gewinn ist kr2 (c). 2. Setze p∗ als die Lösung von max 2 · kr1 (p) + (p − c) (d1 (p) + d2 (p)) p und Z = kr1 (p∗ ). Dann kaufen beide Konsumenten. Der resultierende Gewinn ist 2kr1 (p∗ ) + (p∗ − c) (d1 (p∗ ) + d2 (p∗ )). 36 / 81 5.9 Preisdiskriminierung 2. Grades Welche dieser beiden Möglichkeiten den Gewinn maximiert, hängt davon ab, wie unterschiedlich die Konsumenten sind: Ist z.B. kr1 (c) sehr viel kleiner als kr2 (c) ist es optimal, nur an Konsument 2 zu verkaufen. Unabhängig davon, welche der Möglichkeiten optimal ist, tritt eine Ineffizenz auf. Im ersten Fall besteht diese darin, dass nur an Konsument 2 verkauft wird; im zweiten Fall gilt p∗ > c, so dass beide Konsumenten eine zu geringe Menge erhalten. Beachte: Anstatt beiden Konsumenten den gleichen Tarif anzubieten, könnte der Monopolist ihnen auch ein Menü von unterschiedlichen Tarifen anbieten, bei denen es den Konsumenten überlassen bleibt, welchen Tarif sie wählen. Diese Vorgehensweise ermöglicht eine Steigerung des Monopolgewinnes. 37 / 81 5.10 Preisdiskriminierung 3. Grades Preisdiskriminierung 3. Grades: Von unterschiedlichen Gruppen von Konsumenten werden unterschiedliche Preise verlangt; innerhalb einer Gruppe sind die Stückpreise aber konstant. Beispiele: Unterschiedliche Preise für das gleiche Gut in verschiedenen Ländern (Autos, Medikamente, . . . ) Preisnachlässe für Studenten, Senioren, Kinder . . . . Bemerke: Diese Form der Preisdiskriminierung setzt voraus, dass Arbitrage zwischen den Gruppen verhindert werden kann. Beispiele: Parallelimportverbot, Verweigerung von Garantieleistungen für im Ausland erworbene Autos . . . . 38 / 81 5.10 Preisdiskriminierung 3. Grades Ein einfaches Modell: Monopolist mit linearer Kostenfunktion c(y) = c · y. Marktnachfragefunktion der Konsumenten von Gruppe 1: D1 (p). Marktnachfragefunktion der Konsumenten von Gruppe 2: D2 (p). In dem Markt für Gruppe 1 setzt der Monopolist den Preis p∗1 der die Bedingung p∗1 − c 1 , =− p∗1 ε1 (p∗1 ) erfüllt. In dem Markt für Gruppe 2 setzt der Monopolist den Preis p∗2 , der die Bedingung p∗2 − c 1 =− , ∗ p2 ε2 (p∗2 ) erfüllt. 39 / 81 5.10 Preisdiskriminierung 3. Grades Frage Welche Gruppe zahlt den höheren Preis? p∗1 > p∗2 gilt genau dann, wenn | ε1 (p∗1 ) |<| ε2 (p∗2 ) | gilt. Für den Spezialfall von Marktnachfragefunktionen mit konstanter Preiselastizität liefert dies eine klare Antwort. Antwort Der Monopolist verlangt einen höheren Preis von der Gruppe deren Nachfrage weniger preiselastisch ist. Die Wohlfahrtsanalyse der Preisdiskriminierung 3. Grades ist nicht eindeutig, da es verschiedene Effekte gibt. 40 / 81 5.11 Oligopol: Einleitung Sind mehrere Unternehmen in einem Markt aktiv, so sind die Entscheidungen der Konkurrenten für die Festlegung der eigenen Unternehmensstrategie von Bedeutung. Die Modellierung und Analyse der hieraus resultierenden strategischen Interaktionen ist Gegenstand der Oligopoltheorie. Hier betrachten wir zunächst zwei Grundmodelle, die sich bezüglich der Modellierung der strategischen Interaktion unterscheiden: 1. Cournot-Modell 2. Bertrand-Modell Anschliessen erweitern wir die Grundmodelle um eine Marktzutrittsentscheidung, um den Bestimmungsgründen der Marktstruktur nachzugehen. 41 / 81 5.12 Cournot-Modell Die im Markt aktiven Unternehmen i = 1, . . . , n entscheiden simultan über die Mengen yi ≥ 0 eines homogenen Gutes, welche sie produzieren. Produktionskosten von Unternehmen i sind: ci (yi ) = c · yi + F, c ≥ 0 Der einheitliche Preis p(Y ), zu dem die Unternehmen ihren Output verkaufen, ist durch die Gesamtangebotsmenge bestimmt: n Y = ∑ yi . i=1 Für die Preis-Absatz-Funktion nehmen wir in Berechnungen durchwegs an: p(Y ) = a − bY mit a > c und b > 0. 42 / 81 5.12 Cournot-Modell Abbildung: Preis-Absatz-Funktion und Grenzkosten. Der vertikale Achsenabschnitt ist a und liegt oberhalb der konstanten Grenzkosten c. Gesamtmengen, die grösser als a/b sind, lassen sich nur zu dem Preis 0 im Markt absetzen 43 / 81 5.12 Cournot-Modell Das Cournot-Modell als Spiel in strategischer Form, das Cournot-Spiel: Die Spieler sind die Unternehmen i = 1, . . . , n. Die Strategie eines Unternehmens ist die Produktionsmenge yi ≥ 0. Die Auszahlungsfunktion von Spieler i ist " # πi (y1 , · · · , yn ) = p( ∑ y j + yi ) − c yi − F j6=i 44 / 81 5.12 Cournot-Modell In einem Nash-Gleichgewicht (y∗1 , . . . , y∗n ) des Cournot-Spiels wählt jeder Spieler eine Strategie y∗i , welche seine Auszahlung für die gegebenen Strategien y∗j aller anderen Spieler j 6= i maximiert. Ein solches Nash-Gleichgewicht des Cournot-Spieles wird auch als Cournot-Gleichgewicht oder Cournot-Nash-Gleichgewicht bezeichnet. 45 / 81 5.12 Cournot-Modell Vergleichsmassstäbe für die folgende Analyse: Wettbewerbsmarkt: Wettbewerbspreis: pw = c. Wettbewerbsmenge: yw = (a − c)/b. Wettbewerbsgewinn: π w = −F. Monopolmarkt: Monopolpreis: pm = (a + c)/2. Monopolmenge: ym = (a − c)/2b. Monopolgewinn: π m = (a − c)2 /4b − F. Kartellmarkt mit n Unternehmen: Jedes Unternehmen produziert ym /n, so dass insgesamt die Monopolmenge zum Monopolpreis verkauft wird und jedes Unternehmen den Gewinn (a − c)2 /(4bn) − F erzielt. 46 / 81 5.12 Cournot-Modell Abbildung: Wettbewerbs- und Monopollösung. 47 / 81 5.13 Cournot-Duopol Wir analysieren den Fall n = 2, ein Duopol. Die beste Antwort von Unternehmen 1 auf y2 ist durch die Menge B1 (y2 ) gegeben, die das Problem maxy1 ≥0 π1 (y1 , y2 ) löst. Dies definiert die Reaktionsfunktion von Unternehmen 1. Entsprechend ist die beste Antwort von Unternehmen 2 auf y1 durch die Menge B2 (y1 ) gegeben, die das Problem maxy2 ≥0 π2 (y1 , y2 ) löst. Dieses definiert die Reaktionsfunktion von Unternehmen 2. (y∗1 , y∗2 ) ist genau dann ein Nash-Gleichgewicht, wenn die Unternehmen jeweils optimal auf die Menge des anderen Unternehmens reagieren: y∗1 = B1 (y∗2 ), y∗2 = B2 (y∗1 ). 48 / 81 5.13 Cournot-Duopol Abbildung: Preis-Absatz-Funktion für Unternehmen 1 in Abhängigkeit von der eigenen Menge y1 . Produziert Unternehmen 2 die Menge y2 > 0, so sieht sich Unternehmen 1 der hier dargestellten Preis-Absatz-Funktion p(y1 + y2 ) gegenüber. 49 / 81 5.13 Cournot-Duopol Die Reaktionsfunktionen ergeben sich jeweils aus der Lösung des Monopolproblems, in dem für Unternehmen i die Preis-Absatz-Funktion ai − byi mit ai = a − by j für j 6= i relevant ist. Unternehmen 1: a−c b a−c y2 > b y2 ≤ ⇒ B1 (y2 ) = a − by2 − c . 2b ⇒ B1 (y2 ) = 0. Entsprechend für Unternehmen 2: a−c b a−c y1 > b y1 ≤ ⇒ B2 (y1 ) = a − by1 − c . 2b ⇒ B2 (y1 ) = 0. 50 / 81 5.13 Cournot-Duopol In einem Nash-Gleichgewicht wird keines der Unternehmen eine Menge produzieren, die grösser als die Wettbewerbsmenge ist. Also können die Gleichgewichtsbedingungen wie folgt geschrieben werden: a − c − by∗2 a − c − by∗1 y∗1 = und y∗2 = . 2b 2b Satz (Gleichgewicht im Cournot-Duopol) Im eindeutigen Nash-Gleichgewicht (y∗1 , y∗2 ) des Cournot-Duopols produzieren beide Unternehmen die Menge y∗ = a−c . 3b 51 / 81 5.13 Cournot-Duopol Abbildung: Die Reaktionsfunktionen der beiden Unternehmen und das Nash-Gleichgewicht des Cournot-Duopols. 52 / 81 5.13 Cournot-Duopol Gesamtproduktionsmenge im Cournot-Gleichgewicht: Y∗ = 2 a−c . 3 b Gleichgewichtspreis: p∗ = p(Y ∗ ) = a−c a + 2c = c+ . 3 3 Gleichgewichtsgewinn eines Unternehmens: π ∗ = [p∗ − c]y∗ − F = (a − c)2 − F. 9b 53 / 81 5.13 Cournot-Duopol Vergleich mit Monopol- und Wettbewerbsmarkt: Die Gesamtoutputmenge in dem Cournot-Gleichgewicht ist ineffizient niedrig, aber höher als in einem Monopolmarkt: ym < Y ∗ < yw . Der Gleichgewichtspreis ist höher als in einem Wettbewerbsmarkt, aber niedriger als in einem Monopolmarkt: pm > p∗ > pw . Die aggregierte Produzentenrente ist höher als in einem Wettbewerbsmarkt, aber geringer als die Monopolrente: π m + F > 2(π ∗ + F) > 0. 54 / 81 5.14 Mehr Unternehmen - mehr Wettbewerb? Wir betrachten das Cournot-Spiel mit n > 2. Die beste Antwort von Unternehmen i hängt nur von der Gesamtproduktionsmenge seiner Konkurrenz ab. Reaktionsfunktion von Unternehmen i: Bi (Y−i ) = max{ a − c − bY−i , 0}, Y−i = ∑ y j . 2b j6=i Wir betrachten symmetrische Nashgleichgewichte. Es gibt keine anderen! Ein Nash-Gleichgewicht (y∗1 , · · · , y∗n ) ist symmetrisch, wenn y∗i = y∗ , ∀i gilt. 55 / 81 5.14 Mehr Unternehmen - mehr Wettbewerb? (y∗ , · · · , y∗ ) ist ein symmetrisches Nash-Gleichgewicht des Cournot-Oligopols mit n Unternehmen genau dann, wenn y∗ die beste Antwort auf die Produktionsmenge (n − 1)y∗ der Konkurrenz ist: y∗ = Bi ((n − 1)y∗ ) = a − c − b(n − 1)y∗ . 2b Satz In dem eindeutigen symmetrischen Nash-Gleichgewicht (y∗ , · · · , y∗ ) eines Cournot-Oligopols mit n Unternehmen gilt y∗ = 1 a−c . n+1 b Beachte, dass diese Formel auch für n = 2 (Duopol) und n = 1 (Monopol) gilt. 56 / 81 5.14 Mehr Unternehmen - mehr Wettbewerb? Für das symmetrische Nash-Gleichgewicht eines Cournot-Oligopols gilt: Die Gesamtoutputmenge ist streng steigend in n: Y∗ = n a−c . n+1 b Der Gleichgewichtspreis ist streng fallend in n: p∗ = a + nc a−c = c+ . n+1 n+1 Die aggregierte Produzentenrente ist streng fallend in n: n · [π ∗ + F] = n (a − c)2 . (n + 1)2 b 57 / 81 5.14 Mehr Unternehmen - mehr Wettbewerb? Das Cournot-Modell erfasst die Intuition, dass mehr aktive Unternehmen zu mehr Wettbewerb führen. Die Wettbewerbslösung entspricht dem Grenzfall einer unendlich grossen Anzahl aktiver Unternehmen. Frage Was bestimmt die Anzahl der aktiven Unternehmen? 58 / 81 5.15 Marktzutritt im Cournot-Modell Modellrahmen: Grosse Anzahl von Unternehmen, die potentiell im Markt aktiv werden können. Marktzutrittskosten sind F > 0; die Kostenfunktion eines aktiven Unternehmens ist c(y) = c · y + F. Gibt es n aktive Unternehmen, so ist der Wettbewerb in dem Markt durch das symmetrische Cournot-Gleichgewicht mit n aktiven Unternehmen beschrieben. Unternehmen entscheiden sequentiell, ob sie aktiv werden wollen. Bermerke: Bei diesem Markt handelt es sich um ein natürliches Monopol. 59 / 81 5.15 Marktzutritt im Cournot-Modell Bezeichne mit πn den Gleichgewichtsgewinn eines aktiven Unternehmens im Cournot-Gleichgewicht mit n aktiven Unternehmen. Haben sich bereits n − 1 Unternehmen dazu entschieden, aktiv zu sein, so lohnt der Marktzutritt für Unternehmen n, wenn πn ≥ 0. Haben sich bereits n Unternehmen dazu entschieden, aktiv zu sein, so lohnt der Marktzutritt für Unternehmen n + 1 nicht, wenn πn+1 < 0 gilt. Satz In einem Gleichgewicht des Cournot-Modells mit Marktzutritt werden n∗ Unternehmen aktiv, wobei n∗ durch die Bedingung πn∗ ≥ 0 > πn∗ +1 bestimmt ist. Frage: Sind das zuviele Unternehmen? Oder zuwenige? 60 / 81 5.16 Bertrand-Modell mit homogenen Gütern Unternehmen setzen simultan Preise. Jeder Konsument kauft bei einem der Unternehmen, welches den niedrigsten Preis gesetzt hat. Falls mehrere Unternehmen den niedrigsten Preis setzen, teilt sich die Nachfrage gleichmässig auf die Unternehmen auf. Zusatzannahmen: Nur zwei Unternehmen: Bertrand-Duopol. Identische, lineare Kostenfunktionen: ci (y) = c · y mit c ≥ 0. Marktnachfragefunktion erfüllt D(c) > 0. 61 / 81 5.16 Bertrand-Modell mit homogenen Gütern Bertrand-Duopol als Spiel in strategischer Form, das Bertrand-Spiel: Die Spieler sind die Unternehmen i = 1, 2. Eine Strategie von Spieler i ist ein Preis pi ≥ 0 Die Auszahlungsfunktionen der Spieler sind und 0 π1 (p1 , p2 ) = [p1 − c]D(p1 ) 1 2 [p1 − c]D(p1 ) falls p1 > p2 , falls p1 < p2 , falls p1 = p2 . 0 π2 (p1 , p2 ) = [p2 − c]D(p2 ) 1 2 [p2 − c]D(p2 ) falls p2 > p1 , falls p2 < p1 , falls p2 = p1 . 62 / 81 5.16 Bertrand-Modell mit homogenen Gütern Satz Das Bertrand-Spiel besitzt ein eindeutiges Nash-Gleichgewicht, in dem beide Unternehmen den Wettbewerbspreis setzen: p∗1 = p∗2 = c. Es ist nicht schwer zu sehen, dass p∗1 = p∗2 = c tatsächlich ein Nash-Gleichgewicht des Bertrand-Spiels ist. Schwieriger ist zu zeigen, dass es kein anderes Nash-Gleichgewicht gibt – die Intuition ist aber einfach. 63 / 81 5.17 Produktdifferenzierung: Einleitung Die zuvor betrachteten Oligopolmodelle gehen davon aus, dass alle Unternehmen das gleiche Gut anbieten. Zumeist gibt es aber Unterschiede zwischen den Produkten, die von verschiedenen Unternehmen angeboten werden, die dazu führen, dass es den einzelnen Konsumenten auch bei identischen Preisen nicht gleichgültig ist, von welchem Unternehmen sie ein Gut erwerben. In einem solchen Falle sagt man, dass die Unternehmen differenzierte Produkte anbieten. 64 / 81 5.17 Produktdifferenzierung: Einleitung Die Existenz von differenzierten Produkten wirft mehrere Fragen auf. Insbesondere: Was ist das optimale Ausmass an Produktdifferenzierung? Wie werden die Unternehmen den Spielraum zur Ausübung von Marktmacht nutzen, der durch Produktdifferenzierung geschaffen wird? Führt Wettbewerb zu einem optimalen Ausmass an Produktdifferenzierung? Wir werden diesen Fragen in einem einfachen Modell der horizontalen Produktdifferenzierung nachgehen. 65 / 81 5.18 Ein Modell der horizontalen Produktdifferenzierung Entlang der Uferstrasse einer runden Insel leben gleichmässig verteilt L > 0 Konsumenten. Die Länge der Strasse ist 1. Jeder Konsument möchte genau eine Einheit eines Gutes konsumieren. Die Zahlungsbereitschaft aller Konsumenten für das Gut ist identisch und beträgt v > 0. Wenn ein Konsument die Strecke d ≥ 0 reisen muss, um das Gut zu erwerben, entstehen ihm Transportkosten in Höhe von t · d. Die Produktion des Gutes ist an jeder Stelle der Uferstrasse möglich. Allerdings fallen für die Einrichtung einer Produktionsstätte quasifixe Kosten in Höhe von F > 0 an. Die variablen Kosten der Produktion von y Einheiten sind c · y mit c ≥ 0. 66 / 81 5.18 Ein Modell der horizontalen Produktdifferenzierung Interpretation des Modells: Konsumenten unterscheiden sich darin, welche Version eines Gutes sie für optimal halten. Abweichungen der Produktspezifikation von dem Idealpunkt eines Konsumentens führen zu einer Verringerung der Zahlungsbereitschaft. Prinzipiell ist denkbar, dass jeder Konsument sein Idealprodukt erhält. Allerdings sind die Durchschnittskosten der Produktion um so grösser, je kleiner der Kundenkreis. Der Vorteil der Produktdifferenzierung liegt hier also in einer besseren Befriedigung der Bedürfnisse der Konsumenten. Der Nachteil der Produktdifferenzierung liegt in einer Erhöhung der Kosten. 67 / 81 5.18 Ein Modell der horizontalen Produktdifferenzierung Interpretation der Modellparameter: L: Grösse des Marktes. v: Zahlungsbereitschaft der Konsumenten für ihr jeweiliges “Idealprodukt”. t: Intensität der Präferenz der Konsumenten für “massgeschneiderte” Produkte. F: Kosten, ein zusätzliches Produkt in den Markt einzuführen. c: Kosten, einen zusätzlichen Konsumenten mit einer beliebigen Spezifikation des Gutes zu versorgen. 68 / 81 5.18 Ein Modell der horizontalen Produktdifferenzierung Fragestellung Wieviele unterschiedliche Spezifikationen des Gutes sollten angeboten werden, um die aggregierten Handelsgewinne zu maximieren? Vorüberlegung: Werden N unterschiedliche Produkte hergestellt, so sollten diese so platziert werden, dass das Produktspektrum möglichst gleichmässig abgedeckt wird. Der Abstand zwischen zwei benachbarten Produkten sollte jeweils 1/N betragen. Zusatzannahme: v ist (im Vergleich zu c, F und t) so gross, dass es selbst bei N = 1 optimal ist, alle Konsumenten mit dem Gut zu versorgen. 69 / 81 5.18 Ein Modell der horizontalen Produktdifferenzierung Die aggregierten Produktionskosten zur Herstellung von N unterschiedlichen Produkten und Versorgung aller Konsumenten sind N ·F +c·L Die aggregierte Zahlungsbereitschaft bei der Versorgung aller Konsumenten mit N optimal platzierten Produkten ist: L · (v − t/2N), da die durchschnittliche Distanz eines Konsumenten von dem nächstgelegenen Produkt 1/4N beträgt und die durchschnittlichen Transportkosten (Hin- und Rückreise) somit t/2N sind. 70 / 81 5.18 Ein Modell der horizontalen Produktdifferenzierung Die aggregierten Handelsgewinne, die sich aus der Herstellung von N Produkten erzielen lassen, sind also HG(N) = L · (v − t/2N) − N · F − c · L Das optimale Ausmass an Produktdifferenzierung ist durch die Anzahl an Produkten gegeben, welche die aggregierten Handelsgewinne maximiert: Handelsgewinne nach N ableiten führt auf die Bedingung erster Ordnung HG0 (N) = t ·L − F = 0. 2N 2 71 / 81 5.18 Ein Modell der horizontalen Produktdifferenzierung Die optimale Anzahl von Produkten ist also r t ·L N∗ = . 2F Anmerkung: Um ganz präzise zu sein, müsste man noch bedenken, dass die Anzahl der Produkte eine natürliche Zahl sein muss. Wir ignorieren diesen Punkt. 72 / 81 5.18 Ein Modell der horizontalen Produktdifferenzierung Interpretation des Ergebnises: N ∗ ist steigend in L: je grösser der Markt, desto mehr unterschiedliche Produkte sollten angeboten werden. N ∗ ist steigend in t: je grösser die Intensität der Konsumenten für massgeschneiderte Produkte, desto mehr unterschiedliche Produkte sollten angeboten werden. N ∗ ist fallend in F: je grösser die Kosten eines zusätzlichen Produktes, desto weniger unterschiedliche Produkte sollten angeboten werden. v und c spielen keine Rolle – da angenommen wurde, dass es optimal ist, alle Konsumenten zu versorgen. 73 / 81 5.18 Ein Modell der horizontalen Produktdifferenzierung Fragestellung Wir wirkt sich Produktdifferenzierung auf den Wettbewerb zwischen den im Markt aktiven Unternehmen aus? Modellierung des Wettbewerbsumfeldes: Fixe Anzahl N > 1 von Unternehmen, die in dem Markt aktiv sind. Jedes Unternehmen bietet genau ein Produkt an. Die Produkte der Unternehmen sind gleichmässig auf das Produktspektrum verteilt. Modellierung des Wettbewerbs: Wie im Bertrand-Model setzen die Unternehmen simultan Preise. Jeder Konsument kauft dann eine Einheit des Gutes, bei demjenigen Unternehmen, das aus seiner Sicht das günstigste Angebot macht. 74 / 81 5.18 Ein Modell der horizontalen Produktdifferenzierung Setzen alle aktiven Unternehmen den gleichen Preis p < v, so kaufen die Konsumenten jeweils bei dem nächstgelegenen Unternehmen. Der Marktanteil eines jeden Unternehmens ist 1/N. Jedes Unternehmen erzielt den Erlös pL/N und hat Kosten F + cL/N. Der Gewinn jedes Unternehmens ist L [p − c] − F. N Wir suchen nach einem symmetrischen Gleichgewicht, in dem alle Unternehmen den gleichen Preis setzen. Um ein solches Gleichgewicht zu identifizieren, müssen wir die folgende Frage beantworten: Frage Wie hoch ist der Gewinn eines Unternehmens, wenn es den Preis p setzt, während alle anderen Unternehmen den Preis p∗ verlangen? 75 / 81 5.18 Ein Modell der horizontalen Produktdifferenzierung Gilt p < p∗ , so lockt das Unternehmen zusätzliche Kunden von den benachbarten Unternehmen an; entsprechend verliert es Kunden an die benachbarten Unternehmen, wenn es p > p∗ setzt. Ein Konsument, der in Entfernung d < 1/N von dem betrachteten Unternehmen (und damit in Entfernung (1/N − d) von einem benachbarten Unternehmen) “wohnt”, wird das Gut genau dann bei dem betrachteten Unternehmen erwerben, wenn 1 ∗ p + 2td < p + 2t − d gilt. N Für “drastische” Preisunterschiede gilt eine andere Formel. 76 / 81 5.18 Ein Modell der horizontalen Produktdifferenzierung Die vorhergehende Bedingung lässt sich zu p∗ − p 1 + d≤ 2N 4t umformen, so dass der Marktanteil des betrachteten Unternehmens durch 1 p∗ − p q(p, p∗ ) = + N 2t gegeben ist. Für den Gewinn des betrachteten Unternehmens gilt: π(p, p∗ ) = L · q(p, p∗ ) [p − c] − F. Maximierung des Gewinnes bezüglich p führt auf die Bedingung erster Ordnung p−c ∗ L q(p, p ) − = 0. 2t 77 / 81 5.18 Ein Modell der horizontalen Produktdifferenzierung Ein symmetrisches Gleichgewicht liegt vor, wenn p∗ der gewinnmaximierende Preis eines Unternehmens ist, dessen Konkurrenten ebenfalls den Preis p∗ setzen. Dieses ist der Fall, wenn p∗ die Bedingung erster Ordnung erfüllt, also p∗ − c 1 p∗ − c L q(p∗ , p∗ ) − =0⇔ − = 0 gilt. 2t N 2t Satz Der Gleichgewichtspreis ist p∗ = c + 2t . N 78 / 81 5.18 Ein Modell der horizontalen Produktdifferenzierung Interpretation: Ohne Produktdifferenzierung würde Bertrand-Wettbewerb zu dem Gleichgewichtspreis p∗ = c führen. Dieses entspricht hier dem Fall t = 0. Produktdifferenzierung führt zu einer Abschwächung des Preiswettbewerbs. Insbesondere ist der Gleichgewichtspreis steigend in t, da hohe “Transportkosten” die Flexibilität der Käufer reduziert und damit den Preissetzungsspielraum der Unternehmen vergrössert. Ein Anstieg der Anzahl der aktiven Unternehmen führt zu einer Verschärfung des Preiswettbewerbs. Beachte: Obwohl der Gleichgewichtspreis oberhalb der Grenzkosten liegt, tritt hier für eine gegebene Anzahl aktiver Unternehmen keine Ineffizienz auf. 79 / 81 5.18 Ein Modell der horizontalen Produktdifferenzierung Sind N Unternehmen im Markt aktiv, so betragen die Gleichgewichtsgewinne der aktiven Unternehmen π∗ = L ∗ 2·L·t [p − c] − F = − F. N N2 Es erscheint plausibel, dass π ∗ < 0 zu Marktaustritt und π ∗ > 0 zu Markteintritt führen wird, so dass bei freiem Marktzutritt die Anzahl der aktiven Unternehmen durch die Nullgewinnbedingung π ∗ = 0 bestimmt ist. Satz Ist die Anzahl der im Markt aktiven Unternehmen durch die Nullgewinnbedingung π ∗ = 0 bestimmt, so werden r 2·L·t N̂ = F Unternehmen im Markt aktiv sein. 80 / 81 5.18 Ein Modell der horizontalen Produktdifferenzierung Interpretation: Die gleichen Faktoren, welche die optimale Anzahl von unterschiedlichen Produkten bestimmen, bestimmen auch die Anzahl der Produkte, die in einem langfristigen Wettbewerbsgleichgewicht mit freiem Marktzutritt angeboten werden. Da N̂ = 2N ∗ gilt, führt freier Marktzutritt jedoch zu exzessiver Produktdifferenzierung, d.h. die Anzahl der im Markt angebotenen Produkte ist grösser als die optimale Anzahl. Beachte jedoch: Ergebnisse über das Gleichgewichtsausmass der Produktdifferenzierung hängen von der Modellierung des Marktzutritts und Wettbewerbs ab. 81 / 81