Inhalt 1 10 Schwingungen 10.1 Ungedämpfte harmonische Schwingungen 10.2 Gedämpfte Schwingungen 10.3 Erzwungene Schwingungen 10.4 Resonanz bei erzwungenen Schwingungen 10.5 Überlagerte Schwingungen 10.6 Fourieranalyse 10.1 Ungedämpfte harmonische Schwingungen 2 Eine Vielzahl physikalischer Phänomene spielt sich in periodisch wiederkehrenden Schritten ab. • • • • • • • Kind auf einer Schaukel Ebbe und Flut Tag und Nacht Schwingungen von Uhrenpendel – Unruhen Schwingungen der Luft – Schall, Ultraschall Gitterschwingungen von Atomen und Molekülen Schwingungen von Elektronen innerhalb des Atomes Wichtig für die Elektrotechnik: • elektrische Schwingkreise, die ein sogenanntes Resonanzverhalten aufweisen • Seiten des Klaviers In der Mechanik: Schwingungen sind periodische, d. h. in gleichen Zeiten sich wiederkehrende Bewegungen von Körpern oder Massenpunkten um eine Ruhe- oder Gleichgewichtslage. 1 10.1 Ungedämpfte harmonische Schwingungen 3 Grundbegriffe und Definitionen Betrachten wir zum Beispiel eine Masse m, die an einer Feder befestigt ist, die wiederum an der Wand angebracht ist. Die Masse m schwingt dabei auf einer reibungsfreien Unterlage. y = 0 … Ruhelage (Gleichgewichtslage) y = yˆ … maximale Auslenkung = Amplitude y (t ) T … momentane Auslenkung = Elongation … Schwingungsdauer/Periode (Dauer einer ganzen Schwingung) f ,ν ϕ, α … Schwingungszahl, Frequenz (Anzahl der Schwingungen pro Sek.) … Phasenwinkel Phase: Momentaner Schwingungszustand einer Schwingung, festgelegt durch Auslenkung und Geschwindigkeitsrichtung Bei sinusförmigen Schwingungen wird die Phase ϕ im Bogenmaß angegeben. 10.1 Ungedämpfte harmonische Schwingungen 4 Wir wollen jetzt das Schwingungsproblem unseres Masse-Feder-Systems genauer betrachten und in eine mathematische Form bringen. Dazu müssen wir im Wesentlichen die sogenannte „Bewegungsgleichung“ aufstellen und anschließend lösen. Die Bewegungsgleichung erhalten wir aus den Kraftgesetzen und den Newton‘schen Axiomen. a) Für das Masse-Feder-System gilt das „Hooke‘sche Gesetz“: F = −k ⋅ ( x − xG ) k xG = Federkonstante = Gleichgewichtslage Um die Sache etwas leichter zu machen, erkennen wir an, dass es eigentlich egal ist, wie groß xG ist; es kommt nur auf die Abweichung von xG an und nicht auf den Absolutwert. Wir können also auch xG = 0 setzen. F = −k ⋅ x Nach dem 2. Newton'schen Axiom gilt dp dt = F . 2 10.1 Ungedämpfte harmonische Schwingungen 5 Das heißt: dp = F = −k ⋅ x dt dp d(m ⋅ v ) dv = = m⋅ = −k ⋅ x dt dt dt mit v = dx dv d2 x = x und a = =v = 2 = x dt dt dt m ⋅ x = −k ⋅ x oder x+ 10.1 k ⋅x =0 m Bewegungsgleichung des Feder-Masse-Systems Ungedämpfte harmonische Schwingungen 6 b) Pendel der Länge l, das im Gravitationsfeld der Erde hin und her schwingt: Im Gleichgewichtszustand ist der Winkel ϕ = 0. Für von Null verschiedene ϕ wirkt eine rücktreibende Kraft auf die Masse. Die Gewichtskraft FG wirkt auch beim ausgelenkten Pendel genau senkrecht nach unten. Bezüglich des Fadens ist die angreifende Kraft zerlegbar in eine Komponente F , die in Fadenrichtung gerichtet ist, und eine Komponente F⊥ , die senkrecht dazu wirkt. Die rücktreibende Kraft ist also F⊥ : F⊥ = sin ϕ ⋅ FG oder F⊥ FG = sin ϕ Für die parallele Komponente gilt: F = cos ϕ ⋅ FG Nach dem 2. Newton'schen Axiom ist dann: m⋅ l ϕ F m F ⊥ FG dv d2 x = −m ⋅ g ⋅ sin ϕ oder x = 2 = −g ⋅ sin ϕ dt dt 3 10.1 Ungedämpfte harmonische Schwingungen 7 Jetzt gilt für die Länge des Weges x, den die Masse zurücklegt: x = l ⋅ϕ Damit wird: x = l ⋅ ϕ = −g ⋅ sin ϕ ⇒ ϕ = − g ⋅ sin ϕ l oder ϕ+ g ⋅ sin ϕ = 0 l (mathematisch schwierig lösbar) Mit sin ϕ ≈ ϕ (für kleine Winkel): ϕ+ 10.1 g ⋅ϕ = 0 l Bewegungsgleichung des mathematischen Pendels Ungedämpfte harmonische Schwingungen 8 Bemerkungen: • Bewegungsgleichung sieht analog zum Masse-Feder-System aus ⇒ gleiche Gleichung hat gleiche Lösung zur Folge • Für das mathematische Pendel gilt die Bewegungsgleichung nur für kleine Auslenkungen. • Die Bewegungsgleichung des mathematischen Pendels ist von der Masse des Objektes unabhängig (z. B. Vater und Kind auf der Schaukel sind gleich schnell). c) Weitere Bewegungsgleichung desselben Typs: „der elektr. Schwingkreis“ Zur Aufstellung der Bewegungsgleichung benötigen wir nur die Tatsache, dass die angelegte Spannung U für den Kondensator und die Spule gleich ist. C Die Spannung U an einem Kondensator ist U= Q C Q = Ladungsmenge C = Kapazität L 4 10.1 Ungedämpfte harmonische Schwingungen 9 An der Spule ist die Spannung U = −L ⋅ dI dt L dI dt = Induktivität der Spule = Änderung des Stroms mit der Zeit Werden die Spule und der Kondensator parallel, d. h. zu einem Schwingkreis geschaltet, herrscht die gleiche Spannung an den beiden Polen. Q dI = −L ⋅ C dt Da Strom gleich Ladung pro Zeit ist (d. h. I = dQ dt ), erhalten wir: Q d2I = −L ⋅ = −L ⋅ Q C dt oder Q+ 10.1 1 ⋅Q = 0 LC Bewegungsgleichung des elektrischen LC-Schwingkreises Ungedämpfte harmonische Schwingungen 10 Lösung dieser Bewegungsgleichungen (am Fall Feder-Masse-System) Da die Bewegungen periodisch sind, müssen wir zur Lösung offensichtlich eine periodische Funktion ansetzen, z. B. einen Sinus oder einen Kosinus. Ein Lösungsansatz ist x (t ) = x0 ⋅ sin(ωt + α ) x0 α ω = Amplitude = Phasenwinkel, der die Auslenkung zur Zeit t = 0 bestimmt = Kreisfrequenz (ω = 2π ⋅ ν = 2π T ) Es ist also zur Zeit t = 0 x (t = 0) = x0 ⋅ sin α ⇒ x = x0 ⋅ sin(ωt + α ) x Einfachheitshalber betrachten wir jetzt nur eine Komponente, d. h. x = 0 . 0 Damit vereinfacht sich die Bewegungsgleichung zu: 5 10.1 Ungedämpfte harmonische Schwingungen d2 x dt 2 + 11 k ⋅x =0 m Durch Einsetzen des Ansatzes x = x0 ⋅ sin( ωt + α ) in die Bewegungsgleichung, ergibt sich: d2 dt 2 k ⋅ [ x0 ⋅ sin( ωt + α )] = 0 m d k ω ⋅ [cos(ωt + α )] + ⋅ sin(ωt + α ) = 0 m dt k −ω2 ⋅ sin( ωt + α ) + ⋅ sin(ωt + α ) = 0 m k −ω2 + = 0 m [ x0 ⋅ sin(ωt + α )] + ω2 = k m Wir haben hergeleitet, dass für den speziellen Fall ω2 = eine Lösung hat. Wir nennen die Lösung ω0 . 10.1 k , unser Ansatz m Ungedämpfte harmonische Schwingungen ω02 = k oder ω0 = m k m 12 Eigenlösung Es gibt noch eine Funktion, die uns eine Lösung gegeben hätte, und zwar ist dies x (t ) = x0 ⋅ e j( ωt +α ) wobei j = −1 ist, also eine sogenannte imaginäre Zahl. Wir überprüfen zunächst, ob dies tatsächlich eine Lösung ist. Einsetzen in die Bewegungsgleichung und kürzen mit x0 ergibt d2 k e j( ωt +α ) + ⋅ e j( ωt +α ) = 0 m dt d j( ωt +α ) k + ⋅ e j( ωt +α ) = 0 jω ⋅ e m dt k j2 ω2 ⋅ e j( ωt +α ) + ⋅ e j( ωt +α ) = 0 m 2 =−1 −ω2 + k =0 m 6 10.1 Ungedämpfte harmonische Schwingungen Mit ω = ω0 ω02 = 13 k m damit die Gleichung für alle t und α erfüllt ist. 10.1 Ungedämpfte harmonische Schwingungen 14 Erinnerung an die komplexen Zahlen Eine komplexe Zahl besteht aus zwei Teilen, Real- und Imaginärteil. zˆ = x + jy Re {zˆ} = x Im {zˆ} = y Man addiert zwei komplexe Zahlen, indem man die Real- und Imaginärteil getrennt addiert und so einen neuen Real- und Imaginärteil erhält. zˆ = zˆ1 + zˆ2 = x1 + jy1 + x2 + jy 2 = x1 + x2 + j( y1 + y 2 ) Re {zˆ} = x1 + x2 Im {zˆ} = y1 + y 2 Multipliziert man zwei komplexe Zahlen, erhält man zˆ = zˆ1 ⋅ zˆ2 = ( x 1+ jy1) ⋅ ( x 2 + jy 2 ) = x1x2 − y1y 2 + j( x1y 2 + x2 y1) Re {zˆ} = x1x2 − y1y 2 Im {zˆ} = x1y 2 + x2 y1 7 10.1 Ungedämpfte harmonische Schwingungen 15 Besonders interessant ist folgender Zusammenhang, der von Euler aufgestellt wurde und der für die komplexe e-Funktion gilt. e jx = cos x + jsin x { } Im {e jx } = sin y Re e jx = cos x Am besten ist es vielleicht, sich folgende graphische Darstellung der komplexen Zahlen zu merken: In einem rechtwinkligen Koordinatensystem stellt die komplexe Zahl zˆ einen Punkt dar. Die x -Koordinate ist der Realteil von zˆ, die y -Koordinate der Imaginärteil, so dass die komplexe Zahl ähnlich wie ein Vektor dargestellt ist. Im {zˆ} Im {zˆ} zˆ = x + jy zˆ = r ⋅ exp( jϕ) ϕ Re {zˆ} Re {zˆ} kartesisches Koordinatensystem 10.1 Polarkoordinaten Ungedämpfte harmonische Schwingungen r = x2 + y 2 und tan ϕ = 16 y x und umgekehrt x = r ⋅ cos ϕ und y = r ⋅ sin ϕ Damit sind die Ausdrücke z = x + jy und z = r ⋅ exp( jϕ) mit j = −1 äquivalent. 8 10.1 Ungedämpfte harmonische Schwingungen 17 Kommen wir noch einmal auf das Masse-Feder-Problem zurück und setzen konkrete Anfangsbedingungen ein. Zur Zeit t = 0 sei die Auslenkung α = A und habe die Geschwindigkeit v(t = 0) = 0. Unsere Sinuslösung muss also noch diese zwei weiteren Bedingungen erfüllen: x (t = 0) = A d. h. x0 ⋅ sin α = A und v= dx = 0 d. h. x0 ⋅ ω0 ⋅ cos α = 0 dt t = 0 aus der zweiten Bedingung folgt, dass α = π 2 sein muss, denn α0 oder ω0 = 0 ergibt nicht mehr unsere schwingende Masse. Damit ergibt die erste Bedingung sofort, dass x0 = A sein muss. Die vollständige Lösung unter Berücksichtigung der Anfangsbedingung heißt: x (t ) = A ⋅ sin( ω0t + π 2) oder x (t ) = A ⋅ cos(ω0t ) 10.1 Ungedämpfte harmonische Schwingungen 18 Für das Masse-Feder-System war ω0MF = k m Eigenschwingung des Masse-Feder-Systems Aus Analogiegründen erhalten wir für das Pendel ω0P = g l Eigenschwingung des Pendels und für den elektrischen Schwingkreis ω0LC = 1 LC Eigenschwingung des elektrischen Schwingkreis Wir fassen das Lösungsschema für Schwingungsprobleme noch einmal zusammen: i) ii) iii) Bewegungsgleichung aufstellen (hier steckt die Physik) Lösen von i) (hier steckt die Mathematik) Anfangsbedingungen einsetzen (hier steckt die Detailarbeit) 9 10.1 Ungedämpfte harmonische Schwingungen 19 Mechanische Schwingungssysteme mit ihren Differentialgleichungen und Eigenschwingungen ω0 10.2 Gedämpfte Schwingungen 20 In tatsächlich vorkommenden Schwingungsprozessen hat man natürlich immer auftretende Reibungskäfte. Die Reibungskräfte sind häufig proportional zur Geschwindigkeit eines Körpers (Stoke'sche Reibung, d. h. FR ∼ v ). Wir nennen die Proportionalitätskonstante r : FR = −r ⋅ x wobei die Kraft der Bewegungsrichtung entgegenwirkt. Aus dem 2. Newton‘schen Axiom wird damit z. B. für das Feder-Masse-System: FFeder + FR = FGes −k ⋅ x − r ⋅ x = m ⋅ x ⇒ x+ r k ⋅x+ ⋅x =0 m m Mit den Abkürzungen β := r k und ω02 = 2m m 10 10.2 Gedämpfte Schwingungen 21 erhalten wir unsere neue Bewegungsgleichung (für eine Koordinate) Bewegungsgleichung des gedämpften harmonischen Oszillators x + 2β ⋅ x + ω02 ⋅ x = 0 Diese Gleichung muss jetzt gelöst werden. Dazu verwenden wir unseren Ansatz mit e-Funktion mit komplexem Argument: xˆ (t ) = x0 ⋅ e j( ωt +α ) Einsetzen in die Bewegungsgleichung liefert: x0 ⋅ e j( ωt +α ) ⋅ −ω2 + 2jβω + ω02 = 0 Damit die Gleichung für alle x0, ω und α erfüllt ist, muss der Ausdruck in der Klammer Null sein. −ω2 + 2jβω + ω02 = 0 ω1,2 = jβ ± ω02 − β2 10.2 Gedämpfte Schwingungen 22 Setzen wir dies in unseren Ansatz ein, so erhalten wir j jβ± ω02 −β2 ⋅t xˆ (t ) = x0 ⋅ e jα ⋅ e jωt = x0 ⋅ e jα ⋅ e = x0 ⋅ e−βt ⋅ e± j ω02 −β2 ⋅t + jα ) ( = x0 ⋅ e −βt ⋅ exp j ± ω02 − β2 ⋅ t + α Mit der Eulerschen Formel ergibt sich xˆ (t ) = x0 ⋅ e−βt ⋅ cos( ± ω02 − β2 ⋅ t + α ) + j ⋅ sin( ± ω02 − β2 ⋅ t + α ) Als Lösung nehmen wir nur den Realteil und erhalten Re { xˆ (t )} = x (t ) = x0 ⋅ e−βt ⋅ cos( ± ω02 − β2 ⋅ t + α ) allgemeine Lösung Würden wir den Imaginärteil verwenden, dann würden wir als Lösung Im { xˆ (t )} = x(t ) = x0 ⋅ e −βt ⋅ sin( ± ω02 − β2 ⋅ t + α ) erhalten, d. h. sie wäre nur um 90° phasenverschoben. Da wir aber α erst durch die Anfangsbedingungen festlegen, spielt es noch keine Rolle. 11 10.2 Gedämpfte Schwingungen 23 Was bedeuten diese Lösungen? 1. Fall: β < ω0 (Schwingfall) Ist β ω0 , dann reduziert sich das Argument des Kosinuses auf ω0t, das Ergebnis der ungedämpften Schwingung. Ferner ist die exp-Funktion wenig abschwächend. Für β → ω0 : offensichtlich wird die Frequenz ωd, mit der unser System schwingt ωd = ω02 − β2 immer kleiner als die des ungedämpften, d. h. ωd → 0 für β →∞ 2. Fall: β = ω0 (aperiodischer Grenzfall) Damit wird ωd = 0. Für diesen Spezialfall benötigen wir zur Lösung der Bewegungsgleichung (d. h. x + 2β ⋅ x + ω02 ⋅ x = 0) noch eine zweite, linear unabhängige Lösung x (t ) = x2 ⋅ t ⋅ e−βt 10.2 Gedämpfte Schwingungen 24 Die vollständige Lösung ist im Falle ω02 = β2 also: x (t ) = x1 ⋅ e −βt + x2 ⋅ t ⋅ e −βt x (t ) = ( x1 + x2 ⋅ t ) ⋅ e −βt Für ω02 = β2 wird die ausgelenkte Masse in die Gleichgewichtsposition zurückfahren, ohne über sie hinauszuschießen und zu schwingen. ⇒ Auslenkung geht hier schnellstmöglich wieder auf Null zurück. Gewünschter Fall z. B. bei a) b) c) d) Auto – Stoßdämpfer Zeigerinstrument Erdbebendämpfungen … 12 10.2 Gedämpfte Schwingungen 25 3. Fall: β > ω0 (Kriechfall) In diesem Fall wird ω02 - β2 < 0 und damit ω02 - β2 imaginär. Dies bedeutet, wir haben keine Oszillation mehr, sondern die Masse kriecht lediglich noch langsamer in die Gleichgewichtslage zurück. Die Lösung im Kriechfall ist wieder durch zwei Wurzeln mit verschiedenen Vorzeichen gegeben. Bemerkung: x (t ) = x3 ⋅ e ω02 − β2 = j β2 − ω02 − β+ β2 −ω02 ⋅t + x4 ⋅ e − β− β2 −ω02 ⋅t Mit den Anfangsbedingungen x (t = 0) = A und α = α erhalten wir für a) β < ω0: x (t ) = A ⋅ e −βt ⋅ cos ω02 − β2 ⋅ t + α cos α mit tan α = −1 ω02 β2 10.2 −1 Gedämpfte Schwingungen 26 b) β = ω0: x (t ) = A ⋅ (1 + β t ) ⋅ e −βt c) β > ω0: x (t ) = A −β t ⋅ e ⋅ (1 − 1 D ) ⋅ e −βDt + (1 + 1 D ) ⋅ e+β Dt 2 mit D = 1 − ω02 k2 13 10.2 Gedämpfte Schwingungen 27 Lösungen der drei Fälle bei gedämpften Systemen 10.2 Gedämpfte Schwingungen 28 Charakteristische Kenngrößen mechanischer und elektromagnetischer Schwingkreise mit Dämpfung 14 10.3 Erzwungene Schwingungen 29 Was passiert, wenn man ein schwingungsfähiges System kontinuierlich anregt? Beispiele: • Vater stoßt Kind auf der Schaukel immer weiter an • Hängebrücke in den U.S.A. – durch periodische Windböen • Sendefrequenz beim elektrischen Schwingkreis Unsere Kraftausgangsgleichung wird: m ⋅ x + r ⋅ x + k ⋅ x = FE Die Erregerkraft ist FE , und wir wollen anerkennen, dass sie harmonisch ist (d. h. periodisch) FE = F0 ⋅ cos( ωE ⋅ t ) wobei F0 die Amplitude der Kraft ist. Wie üblich betrachten wir nur eine Koordinate, nämlich x. Teilen wir durch m und kürzen mit a0 = F0 m erhalten wir: 10.3 Erzwungene Schwingungen x + 2β ⋅ x + ω02 ⋅ x = a0 ⋅ cos(ωE ⋅ t ) mit den Parameter β = 30 Bewegungsgleichung der erzwungenen Schwingung mit periodischer Anregung r k und ω02 = 2m m Für die Lösung erweist es sich wieder als vorteilhaft, in den imaginären Raum (komplexen Raum) zu gehen. Dazu addieren wir der anregenden Kraft einen Imaginärteil und erhalten: xˆ + 2β ⋅ xˆ + ω02 ⋅ xˆ = a0 ⋅ [cos(ωE ⋅ t ) + j ⋅ sin(ωE ⋅ t )] = a0 ⋅ e jωEt komplexe Bewegungsgleichung Wir setzen jetzt unsere komplexe Lösung an: xˆ = xˆ0 ⋅ e j( ωEt +α ) 15 10.3 Erzwungene Schwingungen 31 Einsetzen liefert: ( −ωE2 + 2jβωE + ω02 ) ⋅ xˆ0 ⋅ e j( ωEt +α ) = a0 ⋅ e j( ωEt +α ) Daraus folgt für xˆ0 , damit es für alle ωE und α gültig ist: a0 xˆ0 = ω02 − ωE2 + 2jβωE Bei dieser Darstellung haben wir aber im Nenner eine komplexe Zahl. Um dies zu vermeiden, multiplizieren wir die Zahl im Nenner und im Zähler mit der konjugiert komplexen Zahl (d. h. z1 = a + jb ⇒ z1∗ = a − jb ). xˆ0 = = (ω02 a0 − ωE2 ) + ⋅ (ω02 − ωE2 ) − j ⋅ 2βωE j ⋅ 2βωE (ω02 − ωE2 ) − j ⋅ 2βωE a0 ⋅ (ω02 − ωE2 ) − j ⋅ 2βωE (ω02 − ωE2 )2 + (2βωE )2 10.3 Erzwungene Schwingungen xˆ0 = = 32 a0 ⋅ (ω02 − ωE2 ) − j ⋅ 2βωE (ω02 − ωE2 )2 + (2βωE )2 a0 ⋅ (ω02 − ωE2 ) (ω02 − ωE2 )2 2 + (2βωE ) − j⋅ a0 ⋅ 2βωE (ω02 − ωE2 )2 + (2βωE )2 Realteil = xˆ0 ⋅ e Imaginärteil jϕ Wir müssen jetzt nur noch die Auslenkungsamplitude finden, also in der Darstellung xˆ0 = xˆ0 ⋅ e jϕ suchen wir xˆ0 . xˆ0 = xˆ0 ⋅ xˆ0∗ = = tan ϕ = (Re {xˆ0 })2 + (Im {xˆ0 })2 a02 ⋅ (ω02 − ωE2 )2 + a02 ⋅ (2βωE )2 (ω02 − ωE2 )2 2 2 + (2βωE ) Im { xˆ0 } −2βωE = Re { xˆ0 } ω02 − ωE2 = (ω02 a0 2 2 − ωE ) + (2βωE )2 −2βω oder ϕ = arctan 2 E2 ω0 − ωE 16 10.3 Erzwungene Schwingungen x (t ) = Re { xˆ} = 33 −2βω ⋅ cos ωEt + arctan 2 E2 2 2 2 2 ω − ω 0 (ω0 − ωE ) + (2βωE ) E a0 Lösung der Bewegungsgleichung einer erzwungenen Schwingung 10.4 Resonanz bei erzwungenen Schwingungen 34 Aus obiger Lösung sehen wir, dass es keine besondere Bedingungen für die Frequenzen gibt, mit der ein angeregtes System schwingt. ⇒ a) Es ist immer die Erregerfrequenz ωE selbst, mit der ein angeregtes System schwingt. b) Sowohl die Amplitude als auch der Winkel α, den wir Nacheilwinkel nennen, hängen von der Erregerfrequenz ab. Sind wir z. B. in der Nähe von ω0 (Eigenfrequenz des Systems), dann wird die Auslenkamplitude A A= (ω02 a0 2 2 − ωE ) + (2βωE )2 → ωE →ω0 a0 F = 0 2βωE r ⋅ ωE Das heißt, wenn die Dämpfung r gegen Null geht, steigt die Schwingungsamplitude ins Unendliche. ⇒ Resonanzkatastrophe 17 10.4 Resonanz bei erzwungenen Schwingungen 35 Die genaue maximale Amplitude, d. h. Resonanz, ergibt sich bei der Frequenz ωE, bei der der Nenner am kleinsten ist, d. h. wo die Ableitung des Nenners nach ωE Null wird. d (ω02 − ωE2 )2 + (2βωE )2 = 0 dωE ⇒ ωE = ω02 − 2β2 Bei schwacher Dämpfung ist die Resonanzfrequenz tatsächlich in der Nähe von ω0. 10.4 Resonanz bei erzwungenen Schwingungen 36 Amplitudenresonanzfunktion 18 10.4 Resonanz bei erzwungenen Schwingungen 37 Für den Nacheilwinkel α (Winkel, den die Auslenkung der Anregung nacheilt) gilt im Resonanzfall: tan α = −2βωE ωE = ω02 − 2β2 ω02 − ωE2 = ω02 − 2β2 β Für schwache Dämpfung (β → 0) geht tan α → −∞, damit ist α = − π 2. Das bedeutet, dass die Auslenkung im schwach gedämpften Resonanzfall der Erregung um einen Winkel von π 2 also 90° nacheilt. 10.5 Überlagerte Schwingungen 38 Das Phänomen der Überlagerung (= „Superposition“) zweier Schwingungen tritt z. B. beim Stimmen einer Gitarre auf. Für eine Beschreibung dieser Überlagerung addieren wir einfach zwei Schwingungen. x1(t ) = a ⋅ cos(ω1t ) x2 (t ) = b ⋅ cos(ω2t ) Die Addition ergibt: x (t ) = x1(t ) + x2 (t ) = a ⋅ cos(ω1t ) + b ⋅ cos(ω2t ) Für den Fall a = b : ω + ω2 ω − ω2 ⋅ t ⋅ cos 1 ⋅ t x (t ) = a ⋅ [cos(ω1t ) + cos(ω2t )] = a ⋅ 2 ⋅ cos 1 2 2 Damit ist eine Überlagerung zweier Schwingungen das gleiche wie das Produkt zweier Funktionen mit der Durchschnittsfrequenz und der halben Differenzfrequenz. Schwebungsdauer: TS = 2π ω1 − ω2 19 10.5 Überlagerte Schwingungen 39 Schwebungen (links) und Schwingungsüberlagerungen bei großen Frequenzunterschieden (rechts) 10.6 Fourieranalyse 40 Ist unser Ansatz einer periodischen, harmonisch angeregten Kraft mit FE = F0 ⋅ cos( ωE ⋅ t ) nicht vielleicht eine zu spezielle Funktion, die bei reellen Problemen nicht vorkommt? FOURIER hat bewiesen, dass jede Funktion (Sinus, Dreieck, Rechteck, …) sich als Summe aus Kosinus- und Sinusfunktionen unterschiedlicher Frequenzen darstellen lässt. ⇒ Wir können durch Überlagerung verschiedener Kosinusfunktionen beliebige periodische Anziehungskräfte darstellen. In der Formel sieht die allgemeine Fourierreihe zur Darstellung einer periodischen Funktion f(t) mit der Periode T so aus: f (t ) = a0 + a1 ⋅ cos( ωt ) + b1 ⋅ sin(ωt ) 2 + a2 ⋅ cos(2ωt ) + b2 ⋅ sin(2ωt ) + a3 ⋅ cos(3ωt ) + b3 ⋅ sin(3ωt ) + a4 ⋅… 20 10.6 Fourieranalyse 41 oder kompakter f (t ) = a0 ∞ + ∑ [an ⋅ cos( nωt ) + bn ⋅ sin(nωt )] 2 n =1 Die Koeffizienten an, bn können für jedes n verschieden sein, sie gewichten die auftretenden Frequenzen. ⇒ Amplitudenspektrum ⇒ Spektralanalyse periodischer Funktionen Die Koeffizienten an, bn berechnet man für eine konkrete Fkt. folgendermaßen: T an = 2 ⋅ f (t ) ⋅ cos( nωt )dt T 0∫ bn = 2 ⋅ f (t ) ⋅ sin( nωt )dt T 0∫ T 10.6 Fourieranalyse 42 Überlagerung dreier Schwingungen und Amplitudenspektrum nach der FourierAnalyse 21 10.6 Fourieranalyse 43 Fourier-Analyse des Spannungsverlaufs bei einem Kommutierungskondensator 22