Übungen zur KM 1: Quanten-, Atom- und Molekülphysik WiSem 2010/2011 Prof. Dr. K. Fauth S. Brück Extrablatt: Fourier-Analyse & verwandte Themen: Teil 3 3. Orthogonale Funktionen und Differentialgleichungen Verstehen Sie insb. diesen Abschnitt bitte als Rohfassung (sozus. eine α-Version) Differentialgleichungen begegnen uns in der Physik in verschiedensten Kontexten. Eine gewöhnliche homogene lineare Differentialgleichung n-ter Ordnung können wir z.B. schreiben als n n d i f ( x) d i f ( x) ( ) = 0 , oder aber auch als ( ) + a0 ' ( x ) f ( x ) = α ⋅ f ( x ) ( a0 ' ( x ) = a0 ( x ) + α ) a x a x ∑ ∑ i i dx i dx i i =0 i =1 durch Herausziehen einer ortsunabhängigen Konstante α. Zusammen mit der Gleichung selbst bestimmen die Randbedingungen das Aussehen der Lösungen. In der zweiten Form besitzt die Differentialgleichung die Form einer Eigenwertgleichung: gesucht werden (die Lösungs-) Funktionen f(x) welche durch Anwendung der Vorschriften der Linken Seite (= Anwendung von Operatoren) bis auf einen Faktor reproduziert werden. Die Lösungen heißen Eigenfunktionen und die zugehörigen Faktoren α heißen Eigenwerte der Differentialgleichung. Nun ergibt sich, dass folgende Aussagen zutreffen: Eigenlösungen f α , f β zu verschiedenen Eigenwerten α ≠ β (bei denselben Randbedingungen) sind zwangsläufig zueinander orthogonal bzw. in dem zuvor diskutierten Sinne: f α , f β = ∫ f α* ( x) f β ( x)dx = 0 . Dies erfordert natürlich die Integrierbarkeit der Funktionen, die Einführung des Skalarprodukts etc., was wir hier alles als gegeben voraussetzen. Da für lineare DGL da Superpositionsprinzip gilt, ist jede Linearkombination von Eigenfunktion wiederum eine Lösung der DGL. Man kann aber auch umgekehrt zeigen, dass sich jede Lösung als Linearkombination der Eigenlösungen schreiben lässt. Solche Linearkombinationen sind dann i.A. keine Eigenlösungen mehr (das sollten Sie sich rasch selbst klar machen können). Findet man mehr als zwei verschiedene, d.h. linear unabhängige Lösungen zu demselben Eigenwert, so sind diese nicht notwendig orthogonal, es lassen sich aber stets durch geeignete Linearkombinationen orthogonale Eigenfunktionen bilden (Im Gegensatz zu dem Fall oben sind Linearkombinationen von Eigenfunktionen zu demselben Eigenwert immer auch wieder Eigenfunktionen). Hierfür gibt es beliebige Möglichkeiten. Welche davon sich zu wählen empfiehlt, hängt in der Physik häufig von der konkreten Fragestellung ab – welche das sein mögen und wie man diese Entscheidung trifft, dafür werden Ihnen noch häufiger Beispiele begegnen, auch in der Atomphysik. Häufig starten wir in der Physik bei partiellen DGLn, die z.B. Zeit- und Ortsableitungen (ggf. nach mehreren Koordinaten) beinhalten. Hier haben Sie kennen gelernt, wie durch das Aufsuchen stationärer Lösungen und die Technik der Separation der Variablen den Übergang zu gewöhnlichen DGL in Orts- und Zeitkoordinaten gelingen kann. Welche Wahl der Ortskoordinaten ggf. einen solchen Separationsansatz erlaubt, hängt von der Symmetrie des Problems ab. Übungen zur KM 1: Quanten-, Atom- und Molekülphysik WiSem 2010/2011 Prof. Dr. K. Fauth S. Brück 4. Differentialgleichungen in der Quantenmechanik – (i) - Schrödingergleichung In der Quantenmechanik, wie wir sie in dieser Vorlesung betreiben, besitzen die Funktionen (mit Ortsvariablen als Argument) die physikalische Bedeutung von Wahrscheinlichkeitsamplituden für r 2 den Aufenthalt im Raum: ϕ A (r ) d 3 r ist die Wahrscheinlichkeit, das beschriebene Objekt im r Volumenelement d 3 r um r herum zu finden, wenn sich das Objekt im Zustand A befindet. Der Zustand wird (im Ortsraum an Hand der Verteilung dieser Wahrscheinlichkeitsamplitude) durch r die („Wellen-“) Funktion ϕ A (r ) beschrieben. Dies impliziert bereits, dass Messungen des Aufenthaltsortes des beschriebenen Objekts im Zustand A (ganz abgesehen von Messfehlern jeglicher Art) auch prinzipiell kein eindeutiges Ergebnis, sondern vielmehr eine Verteilung von r 2 Messergebnissen gemäß ϕ A (r ) d 3 r hervorbringen wird – es sei denn, wir hätten eine δ-förmige Wahrscheinlichkeitsverteilung. Als prominente Differentialgleichung der QM haben wir die Schrödigergleichung (SG) kennen gelernt. Die Suche nach stationären Lösungen führt zur zeitunabhängigen Schrödingergleichung r (zuSG). Deren Lösungen ϕ (r ) hängen nur vom Ort ab, die zugehörigen vollständigen Lösungen r sind von der Gestalt ϕ (r ) ⋅ exp(iω t ) . „Stationäre Lösung“ besitzt dann die Bedeutung einer zeitlich unveränderlichen räumlichen Verteilung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit. Gleichzeitig stellt sich die zuSG als die Eigenwertgleichung zur Gesamtenergie des zu beschreibenden Objekts oder „Systems“ heraus. Stationäre Lösungen der SG sind durch eine wohldefinierte Frequenz ω bzw. zugeordnete Gesamtenergie E = hω gekennzeichnet. Gemäß dem zuvor gesagten bilden die Lösungen der zuSG eine vollständige, orthogonale (ggf. orthogonalisierbare) Basis aller möglichen räumlichen Verteilungen der Aufenthaltswahrscheinlichkeitsamplituden. Wenn ein Objekt (z.B. Elektron im Coulombfeld des Atomkerns) sich in einem bestimmten (stationären) Zustand mit zugehöriger Gesamtenergie E „befindet“, befindet es sich (geradezu trivialer Weise) nicht in einem anderen stationären Zustand der Energie E ' . Dies r r schlägt sich zwangsläufig nieder in der Orthogonalität der Wellenfunktionen: ϕ E (r ), ϕ E ' (r ) = 0. Entsprechend der oben eingeführten Sprechweise ist also in der Wahrscheinlichkeitsverteilung des einen Zustands kein Anteil derjenigen des anderen Zustands enthalten. All dieses ist aussagbar, ohne die Lösungen der zuSG konkret bestimmt zu haben. Übrigens ist also die (Gesamt-) Energie eines stationären Zustandes offenbar beliebig genau definiert, während es der Aufenthaltsort nicht ist. Zustände, die aus Linearkombinationen von Eigenzuständen zu verschiedenen Eigenenergien bestehen, fallen aus der Kategorie der stationären Zustände heraus. De facto müssen sie eine große Bedeutung in der Physik besitzen (sonst gäbe es keinerlei Veränderungen), aber der Zugang zur QM geht zunächst einmal über das Verständnis der stationären Zustände. Das bereits angeklungene Prinzip, dass in bestimmten Zuständen manche Variablen wohldefiniert (d.h. scharf festgelegt) sind, andere in Form von (Wahrscheinlichkeits-) Verteilungen auftreten, ist ein Charakteristikum in der QM und dem aus ihr folgenden Verständnis der Physik. Übungen zur KM 1: Quanten-, Atom- und Molekülphysik WiSem 2010/2011 Prof. Dr. K. Fauth S. Brück 5. Differentialgleichungen in der Quantenmechanik – (ii) – Andere Operatoren, Differentialgleichungen, orthogonale Funktionensysteme in der QM Wir haben in der Vorlesung kennen gelernt, dass physikalischen Größen Operatoren in der r r folgenden Art und Weise zugeordnet werden: Sei A(r , p) die Beschreibung der physikalischen r r Größe als Funktion von Orts- und Impulsvektor, dann ist Aˆ = A(rˆ , pˆ ) die Vorschrift zur Bildung des r r zugehörigen Operators (zur Erinnerung: bei Anwendung auf Wellenfunktionen ϕ (r ) bedeuten r̂ : r r „Multiplizieren mit r “ und p̂ : „Anwenden des Nabla-Operators (= einfach nach x ableiten in 1 h Dimension), und das Ergebnis mit − ih = multiplizieren“). Für jeden solchen Operator kann man i die Frage stellen, ob es Wahrscheinlichkeitsamplitudenverteilungen (Wellenfunktionen, Zustände r des betrachteten Objekts) ϕ Aˆ (r ) gibt, für die der Wert dieser Größe scharf definiert ist. Dies ist gleichbedeutend mit der Suche nach den Eigenfunktionen und Eigenwerten der Gleichung Aˆ ϕ Aˆ ( x) = λϕ Aˆ ( x) . (Beinhaltet der Operator ) Â Differentialoperatoren (Ableitungsvorschriften) Für jede physikalische Größe gibt es solche Eigenwerte und zugehörige Eigenfunktionen. Es kann auch durchaus verschiedene Sätze der entsprechenden orthogonalen Funktionen zu einund demselben Operator geben (denken Sie z.B. an das zuvor über entartete Zustände gesagte.) In jedem Fall stellen diese Sätze von Eigenfunktionen eine vollständige orthonormierte (ggf. orthonormierbare) Basis aller möglichen Zustände dar. Wir haben nun folgende Aussage: gibt es Funktionen, die zugleich Eigenfunktionen der Eigenwertgleichungen zweier verschiedener Operatoren (Operatoren zu verschiedenen physikalischen Größen) sind, so sind in den durch sie beschriebenen Zuständen beide Größen gleichzeitig scharf definiert und damit auch grundsätzlich beide scharf messbar. Im anderen Fall, wenn die beiden Eigenwertgleichungen keine gemeinsamen Lösungen besitzen, können die beiden Größen nicht gleichzeitig scharf bestimmt sein bzw. gemessen werden. Mathematisch spiegelt sich das unter Anderem darin wieder, dass gleichzeitig scharf messbare Größen Operatoren besitzen, die „miteinander Vertauschen“: Aˆ Bˆ ϕ = Bˆ Aˆ ϕ , während im andern Fall diese Relation nicht gilt. Wenn also Aˆ Bˆ ϕ ≠ Bˆ Aˆ ϕ , dann besitzen die beiden Operatoren keine gemeinsamen Eigenzustände und die zugehörigen physikalischen Größen sind nicht gleichzeitig scharf definiert oder messbar. Abstrahiert man von der Anwendung der Operatoren auf (Orts-) Wellenfunktionen und führt den „Kommutator“ [ Aˆ , Bˆ ] − ≡ Aˆ Bˆ − Bˆ Aˆ ein, so bedeutet ein Verschwinden des Kommutators [ Aˆ , Bˆ ] = 0 die Existenz gemeinsamer Eigenzustände und die − gleichzeitige Messbarkeit. Folgendes Beispiel werden wir in Bälde kennenlernen: Keine Paarung von zwei der folgenden drei Operatoren Lˆ x , Lˆ y , Lˆ z (x-, y- und z-Komponente des Drehimpulses) besitzt einen verschwindenden Kommutator (was bedeutet, dass… - ergänzen Sie selbst!). Jeder einzelne der drei Operatoren vertauscht aber (bedeutet:…) mit dem Operator zum Quadrat des Drehimpulses Lˆ2 = Lˆ2x + Lˆ2y + Lˆ2z .