Industrieokonomik, Wettbewerbspolitik und Regulierung

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Industrieökonomik, Wettbewerbspolitik und Regulierung
6. Wiederholte Oligopolspiele
Prof. Dr. Armin Schmutzler
Sozialökonomisches Institut
HS 2010
A. Schmutzler (SOI)
Industrieökonomik
HS 10
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6.1 Einführung
Traditionelles Problem von Wettbewerbshütern:
In wiederholten Oligopolsituationen kann es zu Preisabsprachen kommen.
Deshalb können die Preise nahe an den Monopolpreisen liegen. Das führt
zu Wohlfahrtsverlusten.
Bisher: ohne solche Preisabsprachen
Wettbewerbspreise (bei Bertrand)
Preise zwischen Wettbewerbspreisen und Monopolpreisen (bei
Cournot)
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6.1 Einführung
Jetzt: Auch ohne Absprachen können Monopolpreise erreicht werden.
Problem: Form des wettbewerbsfeindlichen Verhaltens, das schwer zu
entdecken ist.
Bisher: statischer Oligopolwettbewerb (kurzfristig)
Realität: Oft langfristige Interaktion kleiner Gruppe von Firmen
(gesichert z.B. durch Eintrittsbarrieren).
Neuer Ansatz: Bei der Beurteilung von Strategien sind langfristige
Reaktionen der Konkurrenz zu beachten.
Vermutung: In einer kleinen Gruppe von Oligopolisten wird auch ohne
Absprache Monopolpreis gesetzt, weil Angst vor Vergeltung beim
Abweichen besteht (Tacit Collusion, Chamberlin 1929)
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6.1 Einführung
Traditionelle Begründung etwa so:
Wenn beide Firmen ursprünglich den Monopolpreis setzen und eine Firma
nach oben abweicht, wird Konkurrenz nicht reagieren, bei Abweichung
nach unten wird Konkurrenz nachziehen. ! "Gleichgewicht” im
Monopolpreis.
Hier:
genauere Begründung
Untersuchung kollusionshemmender bzw. -fördernder Faktoren
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6.2 Implizite Kollusion in wiederholten Bertrand-Spielen
6.2.1 Endlich wiederholter Bertrand-Wettbewerb
Fragen: Kann Wiederholung der Interaktion das Bertrand-Paradox
au‡ösen? Kann sie zum Monopolpreis führen?
Annahmen:
Perioden t = 0; :::; T
T ist endlich und bekannt
2 Firmen i; j
in jeder Periode setzen Firmen simultan Preise pit ; pjt
konstante Grenzkosten c
Marktnachfrage D(p) wie im statischen Modell
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6.2 Implizite Kollusion in wiederholten Bertrand-Spielen
6.2.1 Endlich wiederholter Bertrand-Wettbewerb
Notation:
Gewinn von Firma i in Periode t
it
(pit ; pjt )
Geschichte des Spiels in Periode t (bis und mit Vorperiode)
Ht = (p10 ; p20 ; :::; p1;t
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1 ; p2;t 1 )
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6.2 Implizite Kollusion in wiederholten Bertrand-Spielen
6.2.1 Endlich wiederholter Bertrand-Wettbewerb
Strategien Si :
Für alle möglichen Ht : Sit = pit (Ht )
Si = (pio ; pi1 (H1 ) ; :::; piT (HT ))
Ergebnis: Für alle t; Ht gilt pit (Ht ) = c für i = 1; 2:
Intuitiv: In einem endlich wiederholten Bertrand-Spiel gibt es nur ein
teilspielperfektes Gleichgewicht. In diesem setzen beide Firmen in jeder
Periode Preis gleich Grenzkosten (unabhängig von der Vorgeschichte des
Spiels).
Interpretation: Ende¤ekte verhindern Kooperation (Rückwärtsinduktion)
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6.2 Implizite Kollusion in wiederholten Bertrand-Spielen
6.2.2 Unendlich wiederholter Bertrand-Wettbewerb
Frage: Kann unendliche Wiederholung des Bertrand-Wettbewerbs zur
Aufhebung des Bertrand-Paradoxes führen?
Annahmen: Wie bisher, nur gilt T = 1
Behauptung: Grundsätzlich ja
Ergebnisse: Folgende Gleichgewichte existieren:
1
Das unendlich wiederholte Bertrand-Gleichgewicht mit p = c:
2
Kollusionsgleichgewicht mit ”Trigger-Strategien”
3
Jeder Preis p 2 (c; pm )
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6.2.2 Unendlich wiederholter Bertrand-Wettbewerb
2. Kollusionsgleichgewicht mit ”Trigger-Strategien”
pit (Ht ) =
pm ; falls Ht = (pm ; :::; pm )
c;
sonst.
Generalvoraussetzung für Kollusionsgleichgewicht: Sei
= 1=(1 + r) der
Diskontfaktor. Es muss gelten
m
2
1+ +
2
+ :::
m
,
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1=2:
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6.2.2 Unendlich wiederholter Bertrand-Wettbewerb
2. Kollusionsgleichgewicht mit ”Trigger-Strategien”
Intuition: Werden zukünftige Gewinne mit einem tiefen Zinssatz r
diskontiert, so erhalten sie ein relativ “starkes” Gewicht. Dadurch kann
kollusives Verhalten gestützt werden
Bemerkung: Kollusionsgleichgewicht wird gestützt durch Androhung der
Höchststrafe, die aber nie wahrgemacht wird (im Gleichgewicht)
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6.2.2 Unendlich wiederholter Bertrand-Wettbewerb
3. Jeder Preis p 2 (c; pm )
Rechtfertigung mittels Folk-Theorem:
1 ; 2 so, dass 1
0; 2 0 und
Zu jedem Paar von Gewinnen
1+ 2
m existiert ein teilspielperfektes Gleichgewicht, falls
genügend gross ist.
Begründung: Analog zum Kollusionsgleichgewicht
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6.2.2 Unendlich wiederholter Bertrand-Wettbewerb
Erweiterungen:
1
Kollusion ist bei einer niedrigeren Zahl von Firmen leichter zu stützen.
2
Lange ”Information Lags” (Zeitpunkt zwischen Abweichung und
dessen ‘Au- iegen’) und seltene Interaktion erschweren Kollusion
(Abreu et al. 1990).
3
Bei schwankender Nachfrage ist zu erwarten, dass Kollusion in
Perioden hoher Nachfrage zusammenbricht, da Abweichungsgewinn
dann gross (vgl. Rotemberg/Saloner 1986).
4
Wenn Firmen auf mehr als einen Markt interagieren, ist Kollusion i.A.
leichter zu stützen (Bernheim/Whinston 1986); beachte aber
Gegene¤ekt
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6.2.3 Wettbewerbspolitik in der Schweiz
Zur Vorgeschichte des neuen Kartellgesetzes
Schweizerische Volkswirtschaft dualistisch:
exportorientierte Branchen im Wettbewerb
regulierte/kartellisierte Branchen in reinen Inlandsmärkten
Folgen:
Preise ca. 50% höher als im Ausland
hohe Preisrigiditäten
Bis Juni 1996:
Unterscheidung zwischen tolerierbaren und volkswirtschaftlich bzw. sozial
schädlichen Kartellen (Saldomethode)
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6.2.3 Wettbewerbspolitik in der Schweiz
Unterstellte positive Externalitäten von Kartellen:
Qualitätssicherung
Erhaltung peripherer Anbieter
Verhinderung struktureller Arbeitslosigkeit
Ö¤entliche Gesundheit und Integrität des Landes
Folge: in aller Regel ”Unschädlichkeitsdiagnose"
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6.2.3 Wettbewerbspolitik in der Schweiz
Neues Kartellgesetz (KG 95)
Kartelle:
kein generelles Kartellverbot
verboten sind (Art. 5) ”harte Kartelle”, d.h.
”Wettbewerbsbeseitigung oder Beeinträchtigung” bei Abreden über
direkte/indirekte Preissetzung
Beschränkung von Produktions-, Bezugs- sowie Liefermengen
Marktaufteilung (nach Gebieten oder Kunden)
Unterstellung: ”weiche Kartelle” können E¢ zienz fördern.
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6.2.3 Wettbewerbspolitik in der Schweiz
zulässig sind (Art. 6) ”weiche Kartelle”, d.h. Abreden über
Forschung und Entwicklung
ausschliessliche Lizenzierung von geistigem Eigentum
ausschliesslichen Bezug oder Absatz von Waren
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