Industriemkonomik, Wettbewerbspolitik und Regulierung

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Industrieökonomik, Wettbewerbspolitik und Regulierung
7. Markteintrittsbarrieren
Prof. Dr. Armin Schmutzler
Sozialökonomisches Institut
FS 2009
A. Schmutzler (ISOI)
Industrieökonomik
FS 09
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7.1 Einführung
Zur Erinnerung:
Fixkosten führen zu oligopolistischer Marktstruktur, weil sie nur für wenige
Firmen nicht-negative Pro…te zulassen. Markteintritt führt zu
Nettogewinn-Erosion.
Feststellung:
In manchen Industrien gibt es grosse Nettogewinne - warum?
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7.1 Einführung
Potenzielle Gründe:
Legale Restriktionen: Genehmigungen, Lizenzen, Patente, usw.
Sonstige relevante Faktoren (Bain 1956)
Skalenerträge
Absolute Kostenvorteile
Produktdi¤erenzierung mit Konsumentenloyalität
Finanzierungsprobleme
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7.2 Theorie bestreitbarer Märkte
(Baumol, Panzar, Willig 1982)
Idee:
Auch wenn es nur wenige Firmen im Markt gibt, kann
Markteintrittsdrohung disziplinierend wirken.
Folge:
Aktive Eingri¤e in den Markt (z.B. Preisregulierung) wären über‡üssig;
Politik könnte sich auf Sicherung des Marktzuganges beschränken.
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7.2 Theorie bestreitbarer Märkte
7.2.1 Modellrahmen
Annahmen:
Industrie mit homogenen Gütern und n Firmen
Firmen haben identische Kostenfunktionen C(q)
m ‘incumbents’, n
m
0 ‘potential entrants’
Marktnachfrage D(p)
Industriekon…guration fm; q1 ; :::; qm ; pg
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7.2 Theorie bestreitbarer Märkte
7.2.1 Modellrahmen
De…nitionen:
(1) Zulässige Industriekon…guration:
m
P
Markträumung:
qi = D (p)
i=1
nicht-negative Gewinne für ’incumbents’: pqi
C (qi ) ; i = 1; :::; m
(2) Stabile Industriekon…guration:
Kein potentieller Eindringling kann einen positiven Gewinn beim
gegebenen Preis p der ’incumbents’erzielen.
Formal: Es gibt keinen Preis pe p und keinen Output q e D(pe );
so dass pe q e > C(q e ):
(3) Bestreitbarer Markt: Markt, in dem die gleichgewichtige
Industriekon…guration stabil ist.
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7.2 Theorie bestreitbarer Märkte
7.2.2 Beispiel mit steigenden Skalenerträgen
Annahmen:
Kostenfunktion: C(q) = f + qc
Monopolpro…t vor Fixkosten:
~ m = max f[P (q)
q
c]qg > f
Einzige stabile Industriekon…guration: Monopolist, der zu Preis gleich
Durchschnittskosten produziert (Nullgewinne).
Beachte: Wohlfahrtsoptimal, sofern keine Steuern bzw. Subventionen
zugelassen werden (technologische E¢ zienz).
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7.2 Theorie bestreitbarer Märkte
7.2.2 Beispiel mit steigenden Skalenerträgen
p
D(p)
pc
c+f/q
c
qc
q
Figure: Gleichgewichtige Industriekon…guration
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7.2 Theorie bestreitbarer Märkte
7.2.2 Beispiel mit steigenden Skalenerträgen
Frage: Warum tritt keine weitere Firma ein?
(i) p < pc : Firma mit positivem Output macht Verluste
(ii) p > pc : nicht stabil
Wichtig: Es ist pc < pm (pm ist nicht stabil). Potentieller Eindringling
kann Marktverhalten des Monopolisten ’disziplinieren’.
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7.2 Theorie bestreitbarer Märkte
7.2.3 Probleme des Konzepts
Disziplinierende Wirkung des potenziellen Eintritts basiert darauf,
dass Monopolist Preise nach Eintritt nicht anpasst
Deshalb: Theorie bestreitbarer Märkte hat ihre Grenzen
Modi…kation notwendig: Firmen müssen Entscheidungen mit
Selbstbindungskraft tre¤en können, damit langfristig tiefe Preise
glaubhaft sind.
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7.3 Das Stackelberg-Spence-Dixit-Modell
Frage: Inwiefern können Firmen durch Kapazitätswahl Markteintritt der
Konkurrenz verhindern oder die E¤ekte des Markteintritts reduzieren?
Annahmen:
Firma 1 wählt Kapazität K1
Dann wählt Firma 2 (’potential entrant’) Kapazität K2
keine …xen Eintrittskosten
inverse Nachfrage p = 1
Qi
Qj
Gewinne in reduzierter Form:
i
(entscheidend:
i
j
(Ki ; Kj ) = Ki (1
< 0;
i
ij
Ki
Kj )
< 0)
Zur Interpretation: Kapitalbestände sind ‘strategische Substitute’, d.h. je
mehr der andere hat, desto weniger attraktiv ist Kapitalerhöhung
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7.3.1 Ansatz 1: Lösung durch Rückwärtsinduktion
Firma 1 antizipiert die Reaktion von Firma 2 auf den gegebenen
Kapitalbestand K1 :
Pro…tmaximierung von Firma 2 verlangt gegeben die Wahl von K1 :
max
K2
2
(K1 ; K2 ) = max K2 (1
K2
K1
K2 )
Aus der Bedingung erster Ordnung resultiert die Reaktionsfunktion
K2 = R2 (K1 ) =
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1
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K1
:
2
(1)
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7.3.1 Ansatz 1: Lösung durch Rückwärtsinduktion
Pro…tmaximierung von Firma 1:
max K1 (1
K1
K1
= max K1 1
K1
K2 )
K1
1
K1
2
Aus der Bedingung erster Ordnung ergibt sich K1 = 1=2:
Ergebnis: K1 = 1=2; K2 = 1=4; 1 = 1=8; 2 = 1=16
Intuition: Obwohl die Gewinnfunktionen symmetrisch sind, kann Firma 1
aufgrund des ’…rst-mover-advantage’einen höheren Gewinn erzielen, weil
sie durch ihr Verhalten die Wahl von K2 restringieren kann.
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7.3 Das Stackelberg-Spence-Dixit-Modell
7.3.2. Ansatz 2: Simultane Kapazitätswahl
Jede Firma reagiert auf die Wahl des Rivalen optimal, so dass
K1 = R1 (K2 ) und K2 = R2 (K1 ):
Hinweis: Symmetrie
Aus der Beziehung (1) ergeben sich durch Einsetzen die Kapitalbestände
K1 bzw. K2 :
Ergebnis: K1 = K2 = 1=3;
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1
=
2
= 1=9
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7.3.2. Ansatz 2: Simultane Kapazitätswahl
Wichtiger Hinweis:
Die irreversible Wahl von K1 = 1=2 > 1=3 ist ex ante gut, um niedriges
K2 zu erzwingen. Ex post wäre ein kleineres K1 wünschenswert (gegeben,
dass K2 niedrig ist); K1 = 1=2; K2 = 1=4 ist nicht auf der Reaktionskurve
von Firma 1. Vergleiche Tirole, S. 316, Bild 8.3.
Beachte: Gegeben K2 = 1=4 wäre
K1 = R1 (K2 ) =
1
K2
= 3=8 < 1=2
2
optimal. Falls also Firma 1 nach der Wahl von K2 ihren Kapitalbestand
K1 reduzieren könnte, so würde sie das tun.
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7.3.2. Ansatz 2: Simultane Kapazitätswahl
Zusammenfassend:
In‡exibilität (Selbstbindung) hat strategische Vorteile.
Firma 1 kann durch Selbstbindung an hohe Kapazität reduzierten
Markteintritt erreichen.
Variante: Wenn Fixkosten bestehen, kann sogar Markteintritt verhindert
werden (Beispiel Tirole S. 316/317).
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7.3.2. Ansatz 2: Simultane Kapazitätswahl: Wichtige Modi…kation
Variante:
Verallgemeinerung der Idee, dass Kapazitätsbindung als
Markteintrittsschranke wirken kann (oder zumindest Gewinne erhöht).
Idee:
Viele langfristige Entscheidungen haben strategische E¤ekte, weil sie das
Gleichgewicht in Oligopolspielen beein‡ussen.
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7.3.2. Ansatz 2: Simultane Kapazitätswahl: Wichtige Modi…kation
Beispiele:
Kostenreduzierende oder qualitätsverbessernde Investitionen
Wahl des Produktedi¤erenzierungsgrades
Wahl von Standards
Vertikale Beschränkungen
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7.4.1 Fragen
Warum werden auch potentiell kompetitive (Oligopol-) Märkte
reguliert?
Welche Auswirkungen hat die Regulierung auf diesen Märkten?
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7.4.2 Regulierung vs. vollkommener Wettbewerb
Annahmen über Regulierung:
…xer Preis P
ganze Nachfrage wird bei diesem Preis bedient
Vergleich mit GG bei freiem Marktzutritt:
Firmen produzieren zu P = M C = min AC
allokative E¢ zienz plus gesamtwirtschaftliche Kostenminimierung
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7.4 Regulierung potentiell kompetitiver Märkte
7.4.2 Regulierung vs. vollkommener Wettbewerb
Regulierung:
verlange P > P und verbiete Marktzutritt
i.A. nicht durch E¢ zienz begründet
Ergebnisse:
bei Regulierung geringer Output, positive Gewinne und zu hohe AC
unter Preisregulierung ist Marktzutrittsschranke wohlfahrtssteigernd
) Zusatzregulierung kann wohlfahrtsverbessernd sein
Anwendung:
Eisenbahn, LkW
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7.4.3 Regulierung von Oligopolmärkten
Idee:
Bei Cournot-Wettbewerb kann Preisregulierung wohlfahrtssteigernd
sein
Hier: auch für Eintrittsregulierung denkbar (bei übermässiger
Gewinnerosion)
Beispiel:
Nachfrage: D(P ) = 100
P
variable Kosten: C(q) = 10q
Eintrittskosten: F = 150
Stufe 1: Marktzutrittsentscheidung
Stufe 2: Cournot-Wettbewerb
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7.4.3 Regulierung von Oligopolmärkten
Annahmen:
n Firmen spielen Nash-GG
Wohlfahrtsmaximum: 3 Firmen
allg. zuviel Markteintritt bei Cournot-Konkurrenz mit homogenen
Gütern; Rechtfertigung für Eintrittsregulierung
Problem:
bei di¤. Gütern evtl. zuwenig Zutritt (Mankiw/Whinston 1986)
keine allg. Ergebnisse über die Auswirkungen von
Eintrittsrestriktionen
gute Regulierung setzt Kenntnis der Art des Wettbewerb voraus
Realität:
keine ausdrücklichen Eintrittsverbote, sondern komplizierte
Eintrittsvoraussetzungen
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7.4.4 Nicht-Preis-Wettbewerb
Idee:
Preisregulierung induziert Nicht-Preis-Wettbewerb
Annahmen:
zwei Qualitätsstufen h; l
ch > cl
Nachfragefunktionen Dh (Ph ; Pl ); Dl (Ph ; Pl ); wobei
Dh (Ph ; Pl ) = Dl (Ph ; Pl ) = 0; Pl
Ph
Wettbewerbsgleichgewicht:
Ph = ch ;
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Pl = cl
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7.4.4 Nicht-Preis-Wettbewerb
Regulierung:
setzt Pl = Ph = ch ) Rechtsverschiebung von Dh ; Dl = 0
Nicht-Preis-Wettbewerb ) Qualitätserhöhung
Ergebnis:
Wohlfahrtsverlust, weil Niedrig-Preis-Gut mit tiefer Qualität
verschwindet
Exzessiver Nicht-Preis-Wettbewerb
Beispiel:
Airlines vor der Deregulierung
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7.4.5 Sonstige E¤ekte
Produktionsine¢ zienz durch Zutrittsregulierung
Existenz von Renten
Beschäftigte wollen Renten appropriieren
Firmen produzieren übermässig kapitalintensiv
Überleben von ine¢ zienten Firme
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7.4.5 Sonstige E¤ekte
Indirekte E¤ekt von Preis-/Austrittsregulierung I
Annahme:
Verbot des Austritts, Preis < Durchschnittskosten
1. Kreuzsubventionierung
Zwei Märkte mit unterschiedlichen Grenzkosten c2 > c1
Wenn P2 < c2 gewünscht ist, Kompensation mit P1 > c1 nötig
) direkter und indirekter Wohlfahrtsverlust
Beispiele:
Bahn
Telekommunikation
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7.4.5 Sonstige E¤ekte
2. Reduzierte Kapitalbildung
3. Innovationsanreize
Zutrittsbarrieren reduzieren Anreize, wenn neue Firmen innovativer
sind
Möglichkeit höherer Gewinne durch Preis > GK/begrenzten Zutritt
Anreiz zu Nicht-Preis-Wettbewerb erhöht Innovationsanreiz
) unklar, ob zuviel oder zuwenig Innovationsanreize
Behauptung (Christiansen/Haveman 1981):
12-21% der Verlangsamung des Arbeitsproduktivitäts-Wachstums auf
Zuwachs der Regulierung zurückzuführen.
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7.4.6 Zusammenfassung
Statische Wohlfahrtse¤ekte der Preisregulierung hängen davon ab, ob
auch Marktzutritt reguliert ist sowie von Wettbewerbsform.
Nicht-Preis-Wettbewerb führt auf produktive Ine¢ zienzen durch Preis
> Grenzkosten
Kreuzsubventionierung und reduzierte Kapitalformierung durch Preis
< Grenzkosten
Möglicherweise starke, aber von der Richtung her unklare
Innovationse¤ekt.
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