Antike: Wie aus der römischen Republik ein Kaiserreich wurde Wie die römische Republik zum Kaiserreich wurde Caesars Mörder Brutus erwartete sich Begeisterung über die Ermordung des „Tyrannen“ Caesar und die Wiederherstellung der „Freiheit“ bei seinen Mitbürgern. Diese Begeisterung hielt sich bei den römischen Bürgern jedoch in sehr bescheidenen Grenzen. Wenige Monate vor den Iden des März 44 v. Chr. war das Volk vom „Tyrannen“ reich beschenkt worden, in seinem Testament hatte er nochmals jedem römischen Bürger 300 Sesterzen versprochen. Bei der von Caesars Mördern wiederhergestellten „Freiheit“ handelte es sich in den Augen vieler Römer um die Freiheit der Großgrundbesitzer, Bauernland an sich zu bringen sowie die Ansiedlung verarmter Bürger und ehemaliger Legionäre auf dem Land zu verhindern. Ein beachtlicher Teil der römischen Bevölkerung zur Zeit von Caesars Tod waren Veteranen und zivile Bürger, die auf die Zuteilung ihres Siedlungslandes warteten. Sie befürchteten nicht zu Unrecht, dass Brutus und seine Gefolgsleute unter anderem auf die Verhinderung von weiteren Ackergesetzen aus waren. Wie war es aber dazu gekommen, dass Caesar, dessen Namen noch Jahrtausende später im Titel „Kaiser“ weiterlebte, zu einer solchen Bedeutung gelangt war? Caesars Aufstieg: Das Triumvirat Als Sulla seine Diktatur wieder zurückgelegt und die Macht wieder an den Senat abgetreten hatte, hatte er vor allem eines erreicht: Alle politischen Kräfte in Rom, lediglich der harte Kern der Optimaten im Senat ausgenommen, waren zu unbedingten Gegnern von Sullas Verfassung geworden. Im Kampf gegen diese Verfassung kamen drei Politiker zusammen, die die römische Geschichte im ersten Jahrhundert v. Chr. entscheidend prägten: Marcus Licinius Crassus (geboren 113 v. Chr.), Gnaeus Pompejus Magnus (106 v. Chr.) und Gaius Julius Caesar (102 v. Chr.). Pompejus und Crassus hatten zu den Nutznießern von Sullas Politik gehört, sie waren ursprünglich eigentlich den Optimaten zuzurechnen. Caesar hingegen zählte zu einem von Sullas Opfern. Wie die Brüder Gracchus stammte Caesar aus einer patrizischen Senatorenfarnilie, war aber in die Partei der Popularen „hineingeboren“. Eine Schwester seines Vaters war verheiratet mit Marius, dem berühmtesten Popularen, er selbst war in erster Ehe verheiratet mit einer Tochter Cinnas, eines weiteren namhaften Popularen. Sulla hatte 83 v. Chr. vom 19jährigen Caesar verlangt, er solle seine Frau verstoßen; dieser weigerte sich und wurde prompt geächtet. Caesar floh und verbrachte fast ein Jahrzehnt in Griechenland, wo er als Freiwilliger am Kampf gegen Mithridates, des Königs von Pontus am Schwarzen Meer, teilnahm. Fünf Jahre nach Sullas Tod wurde Caesar, im Jahre 73 v. Chr., in Abwesenheit zum Pontifex (= Priester) gewählt, er kehrte nach Rom zurück und begann, die von Sulla zerschlagene Partei der Popularen zu reorganisieren. Caesars Stunde schlug erstmals im Jahre 70 v. Chr., als Pompejus und Crassus seine Unterstützung in der Volksversammlung brauchten. Mit Caesars Unterstützung wurden Pompejus und Crassus im Jahr 70 v. Chr. zu Konsuln gewählt. Als Gegenleistung hoben sie noch im selben Jahr sämtliche noch nicht aufgehobenen Verfassungsgesetze Sullas wieder auf. Dem Concilium plebis und den Volkstribunen wurde ihre gesetzgebende Gewalt zurück gegeben. Das Volkstribunat, das seit den Gracchen eine wichtige Rolle für die Politik der Popularen gespielt hatte, war damit als eine Opposition zum Senat wiederhergestellt. Die ausschließliche Besetzung der Richterstellen mit Senatoren wurde ebenfalls aufgehoben. Damit war der Grundstein gelegt für die Zusammenarbeit der drei Politiker in einem „Drei-Männer-Bündnis“, dem sogenannten Triumvirat. Im Jahr 60 v. Chr., zehn Jahre nach dem ersten Zusammenwirken, erschien Caesar bereits als der Seniorpartner im Triumvirat, dem mehr oder weniger geheimen „Drei-Männer-Bündnis“ Caesars mit Pompejus und Crassus. Sein Aufstieg beruhte zum Teil auf dem Niedergang des Pompejus, zum Teil darauf, dass er seine eigene Stellung weiter ausgebaut hatte. Caesars Kampf für die Verleihung des Bürgerrechts an die Gallier nördlich des Po war auf massiven Widerstand der Optimaten getroffen und gescheitert. Aber Caesar hatte sich einen Ruf als unermüdlicher Anwalt der Rechte der einfachen Bevölkerung, der „common people“ gefestigt. Auch Pompejus und Crassus hatten in den 60er Jahren manche ihrer politischen Ziele nicht erreichen können. Solange jeder für sich vorging, scheiterten sie am Widerstand der Optimaten im Senat. Als diese dem Pompejus selbst nach dessen Triumph gegen Mithridates im Nahen Osten das Ackergesetz für seine Veteranen verweigerten, war dessen Selbstbewusstsein massiv angeschlagen. Caesar und Crassus wiederum hatten verstanden, dass ihre große Unterstützung in der Volksversammlung nicht genügte, sondern dass auch noch ein ausreichender Teil der Senatoren bestochen werden musste. Das aber war ohne die Mitwirkung einer der größten damaligen Finanzmächte, nämlich Pompejus, nicht 1 Antike: Wie aus der römischen Republik ein Kaiserreich wurde zu machen. Und Pompejus war von den Optimaten dermaßen blamiert worden, dass er jede Hilfe annahm, auch diejenige des von ihm wenig geschätzten Crassus, und so ging das Triumvirat in seine nächste Runde. Nach Caesars Wahl zum Konsul brachte er im Jahr 59 v.Chr. mehrere Gesetze durch, die in den Augen der Optimaten empörend waren: zwei Ackergesetze zur Ansiedlung von Pompejus' Veteranen sowie zur Ansiedlung einer Anzahl römischer proletarii, schließlich auch die Verteilung der Provinzen. Er selbst erhielt dadurch auf fünf Jahre Illyrien, Gallia Cisalpina (Oberitalien) und Gallia Narbonensis (Südfrankreich) – damit verschaffte er sich den lukrativen Krieg, den er zur Begründung einer militärischen und finanziellen Hausmacht benötigte. Die Ackergesetze für Pompejus Veteranen setzte Caesar im übrigen gegen das Veto seines Kollegen Bibulus, eines Optimaten, durch. Noch Jahrzehnte später wurde das Jahr 59 v. Chr. von den Römern scherzhaft als das Jahr der Konsuln Gaius und Julius bezeichnet. Caesars Großzügigkeit und wie sie finanziert wurde Heute gilt ein Bankrotteur als ungeeignet für die Bekleidung eines öffentlichen Amtes. In der späten römischen Republik war das umgekehrt: jeder Bewerber um ein höheres Staatsamt war überschuldet. Selbst wer vorher ein Nettovermögen besessen hatte, verschuldete sich spätestens durch seine Bewerbung. Denn egal, wie arm und elend die Proletarier waren, sie und ihre Nachkommen blieben doch römische Staatsbürger und damit wahlberechtigt bei den Wahlen zu den höchsten Ämtern im Staate. Wer von der Volksversammlung gewählt werden wollte, musste die Gunst der Volksversammlung durch Brot und Spiele erkaufen: Durch Massenspeisungen, Getreidegeschenke, Wagenrennen und Gladiatorenspiele. Spätestens im Jahr 65 v. Chr. erhielt Caesar den Ruf, großzügig zu sein. In diesem Jahr war Caesar als Aedil nicht nur für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zuständig, sondern auch dafür, die großen Feste auszurichten. Er nützte die Gelegenheit, sich der Volksversammlung zu empfehlen. Caesars Spiele stellten alles bisher Dagewesene in den Schatten. Er bildete eine vierstellige Anzahl Gladiatoren aus – wobei er sich als ausgezeichneter Fechter ihrer Ausbildung persönlich widmete. Nicht weniger Aufsehen erregte die bauliche Ausschmückung der Versammlungsplätze auf Forum und Kapitol. Eines Nachts ließ er auf dem Kapitol die von Sulla beseitigten Trophäen und Statuen des Marius wieder aufstellen - der Senat musste die Herausforderung einstecken, denn die Volksstimmung war zu Gunsten von Caesar. Viele Kandidaten mussten sich das notwendige Kapital für ihre Wahlkämpfe von Geldgebern vorschießen lassen, dabei waren saftige Kreditzinsen in zweistelliger Höhe zu bezahlen. Wer die gesamte Ämterlaufbahn bis zum Konsul absolviert hatte, war meistens überschuldet, sanierte sich aber anschließend als Statthalter in einer Provinz und zahlte bei der Rückkehr die Schulden zumindest teilweise zurück. Dem Historiker Plutarch zufolge soll Caesar schon bei Antritt seines ersten Amtes als Quästor im Jahre 69 v. Chr. rund 34 Millionen Sesterzen Schulden gehabt haben. Manche Gegner Caesars hofften darauf, er werde sich ruinieren. In der Tat nutzte Caesar seinen Aufenthalt in Spanien nicht dazu, sich finanziell zu sanieren. Dennoch waren die Hoffnungen von Caesars Gegnern unbegründet: Sie übersahen, dass er einen der größten Finanzmagnaten des 1. Jhd. v. Chr. als Hauptgläubiger hinter sich hatte, nämlich Crassus, mit dem er im Triumvirat eng verbunden war. Caesar und Crassus gingen bei einer Reihe wichtiger politischer Unternehmungen Hand in Hand, so z.B. bei ihrem gemeinsamen Ackergesetz und bei den Versuchen, den Galliern nördlich des Po das Bürgerrecht zu verleihen. Crassus hatte zwar selber nicht genug Bargeld für Caesars ausschweifende Unternehmungen, beschaffte aber die erforderlichen Kredite bei Dritten. Er verbürgte sich für Caesar bis zum Betrag von 22 Millionen Sesterzen und beglich Caesars Schulden bei den ungeduldigsten Gläubigern. Vom Historiker Appian wissen wir, dass Caesar selbst die Höhe seiner Schulden auf über 100 Millionen Sesterzen bezifferte, als er 62 v. Chr. für das Amt des Pontifex Maximus, des höchsten Priesters auf Lebenszeit, kandidierte. Sein Gegenkandidat Catulus, einer der verbissensten Führer der Optimaten, habe eingesehen, wie viel besser Caesars Wahlaussichten waren. Deshalb habe er Caesar unter Hinweis auf dessen stadtbekannte Überschuldung Geld angeboten. Caesar habe gelassen erwidert, er werde nicht von der Wahl zurücktreten, sondern, wenn nötig, noch mehr Geld borgen. Roms Provinzen in der Zeit vor Caesar Einer der Hauptzwecke der römischen Provinzialverwaltung bestand darin, dem von Jahr zu Jahr wechselnden römischen Gouverneur die Rückzahlung seiner Schulden zu ermöglichen. Wie entsetzlich die römischen Statthalter in den Provinzen hausten, ist in Ciceros Reden gegen den Statthalter Verres dokumentiert. In einem Gerichtsprozess im Jahre 70 v. Chr. wies er Verres nach, dass dieser als Statthalter in Sizilien 40 Millionen Sesterzen geraubt und hinterzogen hatte. Dass Verres im Gegensatz zu anderen Statthaltern vor Gericht kam, hatte er seiner unklugen Vorgehensweise zu verdanken: Er hatte nicht nur 2 Antike: Wie aus der römischen Republik ein Kaiserreich wurde Sizilianer geschädigt, sondern auch die Republik und seine römischen Geldgeber, deren Anwalt Cicero war. Die Klasse der römischen Kaufleute, die sogenannten „Ritter“ (equites), wird von den römischen Geschichtsschreibern selten erwähnt. Viele Ritter waren mit der Steuerpacht befasst, einem sehr lukrativen Geschäftszweig. Gegen Bezahlung eines fixen Betrages an die Republik machten sich die Steuerpächter daran, ein Mehrfaches davon in den Provinzen einzutreiben. Dieses Geschäft erforderte jedoch ein gewisses Eigenkapital. Der Kapitalbedarf führte zur Bildung von Gesellschaften, an denen sich auch Senatoren beteiligten, allerdings nur als stille Gesellschafter, schließlich waren ihnen offiziell alle „Handelsberufe“ untersagt. Die Mitglieder des Senatorenstandes als Statthalter und Beamte sowie die „Ritter“ als Steuerpächter wirkten bei der Plünderung der Provinzen brüderlich zusammen. Der Parasitismus der römischen Verwaltung in den Provinzen hatte solche Ausmaße, dass nicht viel zu der Einsicht gehörte, auf diese Weise werde das Römische Reich binnen weniger Jahrzehnte zu Ende gehen. Caesar gewann nicht nur diese Einsicht, sondern er suchte auch einen praktischen Weg, den Parasitismus zu mildern. Seine Methode bestand darin, mehr zu erobern und mehr Macht in seiner Hand zu vereinigen, als irgendein anderer Römer vor ihm. Seine Macht benutzte er dann allerdings für eine Milderung der Abgabenlast. Mit der Einsicht in die Unhaltbarkeit der römischen Räuberei stand Caesar keineswegs allein; in seinem Bemühen um Abhilfe hatte er Bundesgenossen, z.B. Cicero, der Caesar ansonsten oft kritisch gegenüberstand. Cicero begnügte sich als Gouverneur von Cicilien (Landschaft südlich des Taurus in Kleinasien) 51 v. Chr. mit der vorschriftsmäßigen Aufwandsentschädigung und erstattete sogar einen Teil davon zurück. Er wirkte auch auf seine Untergebenen ein, auf die üblichen Erpressungen und „Ehrengeschenke“ zu verzichten. Caesar selbst hatte im Jahr 70 v. Chr. als Quästor in Spanien damit begonnen, die dortige römische Verwaltung auf solide Beine zu stellen. Neu an Caesars Provinzialverwaltung in Spanien war, dass er die spanischen Geschäftsleute nicht nur als Untertanen Roms, sondern auch als Geschäftsleute behandelte. Er unterstützte sie, wo er konnte, auch gegen seine eigenen Landsleute. Caesar legte folgende Rechenschaft ab: „Als ich in dieser Provinz [in Spanien] Statthalter war, habe ich beim Senat erwirkt, dass der Zoll [= die Steuern], den mein Vorgänger ihr auferlegt hatte, erlassen wurde. Auch habe ich als Vertreter Südspaniens viele eurer Gesandtschaften beim Senat eingeführt und mir durch Besorgung von Rechtsgeschäften für einzelne Gemeindeverwaltungen eine große Anzahl Feinde gemacht. Als Konsul ... habe ich die Wohlfahrt des Landes nach Kräften gefördert.“ Es gelang Caesar, Steuernachlässe für seine Provinz durchzusetzen. Er ließ die Betriebe in den Händen der Einheimischen und fand so einen Modus, durch den die spanische Wirtschaft in den Stand gesetzt wurde, weiterzuarbeiten und ihre (Steuer-)Schulden durch vollen Einsatz der Arbeitskräfte des Landes abzuarbeiten. Caesar erließ eine Verordnung, nach der ein römischer Gläubiger nicht mehr als zwei Drittel des Einkommens seines (spanischen) Schuldners beschlagnahmen durfte. Diese Verordnung war der erste gesetzliche Schutz von Untertanen einer römischen Provinz gegen die Maßlosigkeit der römischen Steuerpächter, im folgenden kurz „Schuldnerschutz“ genannt. Die Senatoren und Steuerpächter empfanden den „Schuldnerschutz“ als einen politischen Schlag in ihr Gesicht, den sie Caesar Zeit seines Lebens nie verziehen. Caesar blieb bei dieser Politik, auch wenn ihm Brutus und andere Optimaten dafür böse waren. Als Konsul setzte er die lex Julia de repetundis durch, die Provinzgouverneuren die Annahme von Geschenken von mehr als insgesamt 10.000 Sesterzen verbot und die Strafbestimmungen gegen Erpressungen in den Provinzen verschärfte, insbesondere wurde die Verjährung dieser Vergehen aufgehoben. Sallust, den Caesar als Gouverneur von Neu-Afrika (Algerien) eingesetzt hatte, wurde seines Amtes enthoben, nachdem ihm Erpressung nachgewiesen worden war. In die von ihm in den 50er Jahren v. Chr. eroberte Provinz Gallien ließ Caesar die Steuerpächter schließlich gar nicht mehr herein. Kurz vor seiner Ermordung hatte er bereits angeordnet, dass sie auch aus Kleinasien verschwinden sollten. Die Feindschaft der Steuerpächter und Senatoren nahm er in Kauf. Dafür begründete er seinen Ruf, die Reichsuntertanen gegen den Wucher der Senatoren und Steuerpächter zu schützen: dieser Ruf gewann ihm im Bürgerkrieg teilweise sogar die Unterstützung zahlreicher Provinzbewohner. Das römische Heer und das politische Gewicht der Feldherren Sullas Verfassung hatte zwar die Volksversammlung und die Volkstribunen entmachtet, aber die Frage, wie genug Soldaten für das Heer rekrutiert werden konnten, nicht wirklich beantwortet. Caesar ging nun noch über die von Marius betriebene Rekrutierung arbeitsloser römischer Proletarier hinaus, er rekrutierte seine 3 Antike: Wie aus der römischen Republik ein Kaiserreich wurde Heere schon vornehmlich unter den keltischen Bauern (= Galliern) Oberitaliens, in der Poebene, teilweise sogar schon im transalpinen Gallien, also in Südfrankreich. Sogar in Spanien, Griechenland, Kleinasien und Afrika (Tunesien) wurden schon im 1. Jhd. v. Chr. Legionen ausgehoben und nach römischer Art ausgebildet. Die Soldaten wurden auf Staatskosten ausgerüstet, versorgt und besoldet. Am kostspieligsten waren dabei Waffen und Rüstung, die bei der Aufstellung eines Truppenteils beschafft werden mussten. Die im Dienst befindlichen Truppen kosteten den Staat allerdings relativ wenig, die Bezahlung der Soldaten war eher bescheiden: bis zum Jahre 50 v. Chr. erhielten sie 480 Sesterzen jährlich als Sold, Caesar verdoppelte den Sold bei Ausbruch des Bürgerkriegs. Für die nicht-römischen Soldaten war aber ohnehin die Aussicht auf die römische Staatsbürgerschaft, die allen Veteranen bei der Entlassung verliehen wurde, die wohl wichtigste Motivation. Das römische Bürgerrecht brachte nämlich erhebliche materielle und rechtliche Vorteile mit sich, außerdem erwartete den Veteran das Grundstück eines Bauerngutes und seit Caesar auch erstmals eine Abfertigung in Bargeld. Der größte laufende Kostenfaktor war die Verpflegung der Soldaten, die hauptsächlich aus Getreide bestand. Getreide wurde halbmonatlich ausgegeben, pro Tag und Kopf etwas mehr als ein Kilogramm. Am ersten Marschtag schleppte jeder Legionär rund 20 kg Weizen auf dem Rücken, außerdem noch Waffen und ein Zelt. Nie zuvor war in der Geschichte eine Infanterie so schwer bepackt gewesen. Und nie zuvor in der Geschichte waren die Mannschafts- und Materialverluste so niedrig gewesen. Im Lauf eines Jahrzehnts ununterbrochener Kriegsführung schmolz eine Legion nur etwa auf halbe Stärke zusammen. Die Geringfügigkeit der Verluste ist auf eine bis dahin nie erzielte Wirksamkeit der Schutzwaffen und Verschanzungen zurückzuführen. In der Geringfügigkeit der Verluste lag eine Hauptursache der unausgesetzten Siege über nichtrömische Heere. Die siegreichen Feldherren erhielten die Ehre, in einem Triumphzug in Rom gefeiert zu werden. Auf Tafeln, die Pompejus in seinem Triumphzug 61 v. Chr. mitführte, kurz bevor ihn der Senat bis auf die Knochen blamieren sollte, wurden die von ihm unterworfenen Länder aufgezählt und die Anzahl der von ihm erbeuteten oder versenkten Schiffe sowie der erstürmten oder durch Übergabe genommenen Städte publik gemacht. Diesen Tafeln zufolge waren in seinen Kriegszügen 12.830.000 Menschen ums Leben gekommen, versklavt worden oder zu Untertanen gemacht worden, genauere Unterschiede machte Pompejus nicht. Schon bei Pompejus' Truppen wurden die politischen Auswirkungen der Heeresreform von Marius in aller Deutlichkeit sichtbar: Der politische Einflusses der Feldherren erhöhte sich, insbesondere bestand eine Tendenz, dass sich die Soldaten ihren Feldherren mehr verpflichtet fühlten als der Republik. Politisch ambitionierte und militärisch erfolgreiche Feldherren spielten jedenfalls eine große politische Rolle. Und die Heerführer hatten die Aufgabe, nach dem Krieg die Versorgung ihrer besitzlosen Veteranen mit Land politisch durchzusetzen. Dadurch wurden die Heerführer gewissermaßen zu Patronen ihrer Soldaten, die ihrerseits zu deren eingeschworenen Klienten wurden. Der um den Verlust seiner Macht besorgte Senat verweigerte vermutlich nicht zuletzt auch aus diesem Grund immer wieder die notwendigen Mittel für die Landverteilung an die Veteranen, was der Triumphator Pompejus schmerzhaft zu spüren bekam. Zum besseren Verständnis für die Ergebenheit der Soldaten muss noch ein weiterer Punkt in Betracht gezogen werden. Im römischen Heer gab es nicht wie in modernen Heeren stehende Truppenteile, die ihre alten Soldaten entließen und laufend neue Soldaten als Ersatz einstellten. Vielmehr bestand jede Legion aus einem einzigen Jahrgang, blieb bis zur Entlassung zusammen und wurde bei der Entlassung aufgelöst. Sie bildete einen sehr exklusiven Verein, dessen Mitglieder die gleichen Feldzüge mitgemacht und die gleichen Ansprüche an den Feldherrn bei dessen Triumph erworben hatten. Truppen wie die 7. bis 14. Legion, mit denen Caesar in den Gallischen Krieg zog, die also eine Reihe von Jahren unter Waffen blieben, wurden sich ihrer Unentbehrlichkeit bewusst und infolgedessen anspruchsvoll: Bei Unzufriedenheit zögerten sie auch nicht davor, zu meutern. Die römische Wirtschaft und Caesars private Bescheidenheit Wie die geistige Kultur des Hellenismus meist vergröbert von den Römern übernommen wurde, so auch die hellenistische Industrie. Im hellenistischen östlichen Mittelmeerraum hatte sich eine Industrie entwickelt, die in mancher Hinsicht der europäischen frühkapitalistischen Industrie vom 16. bis ins 18. Jahrhundert, der Manufaktur, ähnelte. Während in der frühkapitalistischen Manufaktur Lohnarbeiter beschäftigt waren, stützte sich die hellenistische Industrie auf Sklavenarbeit. Die oft beträchtliche handwerkliche Qualifikation der Sklaven und die weit entwickelte Arbeitsteilung innerhalb der Belegschaft, endlich die Entwicklung von Mathematik und Mechanik bewirkten vielfach einen hohen, wenn auch - ähnlich wie im Frühkapitalismus - extrem ungleichmäßigen Stand der Technik. Auch diese verschlechterte sich im westlichen Mittelmeergebiet infolge der dort üblichen brutalen Behandlung der Arbeiter. Die Senatorischen Latifundienbesitzer bevorzugten eher primitive, extensive Produktionsmethoden, beispielsweise in 4 Antike: Wie aus der römischen Republik ein Kaiserreich wurde der Landwirtschaft den Weidebetrieb, wofür sie viel Land benötigten sowie körperlich kräftige Sklaven kauften. Die weniger kapitalstarken, infolgedessen politisch weniger hervortretenden Ritter suchten dagegen durch intensivere Arbeitsmethoden die geringere Größe ihres Kapitals auszugleichen. Sie investierten ihr Geld auch in industrielle Fachleute, wie sie bei den Raubzügen in Griechenland und dem Vorderen Orient massenhaft fortgeschleppt wurden. Mit dieser industriellen Fraktion des Ritterstandes waren Crassus und Caesar verbunden, Crassus selbst war der wohl größte Bauunternehmer im antiken Rom. Was Caesars privaten Reichtum betraf, so war dieser eher geringfügig gemessen an den Herzogtümern, die Pompejus besaß oder auch neben dem Grundbesitz des ansonsten als bescheiden geltenden Cicero. Dieser konnte von Rom aus südlich längs der Küste bis nach Neapel reisen und überall unter eigenem Dach übernachten, wenn nicht auf ausgedehnten Landsitzen, dann wenigstens in herrschaftlichen Rasthäusern. Die Landsitze, die Caesar und Cicero besaßen, waren nicht Villen in unserem Sinn, sondern etwa Rittergüter, die von einem Hof aus bewirtschaftet wurden. Auf diesem Hof befanden sich ein schlossartiges Wohngebäude für den Besitzer und die ergastula, das waren die gefängnisartigen, unterirdischen Unterkünfte für die Sklaven, deren Fenster so hoch angebracht waren, dass sie die Sklaven nicht erreichen konnten, selbst wenn sie nicht angekettet gewesen wären. In den Wirtschaftsgebäuden und Werkstätten erzeugte der Betrieb seinen industriellen Eigenbedarf größtenteils selbst, von Woll- und Leinentüchern bis zu eisernen Pflügen, Fahrzeugen, Möbeln, ganz wie noch zu Zeiten des Odysseus. In Modeorten wie am Golf von Neapel mochte der Wirtschaftsbetrieb Nebensache, Wohngebäude und ein Park die Hauptsache sein. Geräumige Empfangs- und Speisesäle, Statuen im Park und den Gemächern, Gemälde in der Bibliothek, Säulengänge und Wandelhallen sowie Badeplätze am Strand: so in etwa kann man sich diese Villen vorstellen. Der Gallische Krieg und die Verbesserung von Caesars Finanzlage Deutsche Historiker wie Theodor Mommsen setzten die Gallier der Antike und die Franzosen, die „Erbfeinde“ der Deutschen im 19. Jahrhundert, gleich und lobten Caesars Siege über die „faulen und neugierigen", zugleich „leichtsinnigen, gescheiten, aber politisch durch und durch unbrauchbaren“ Gallier (= Franzosen) und meinten damit, dass es der preußische König Caesar gleich getan hätte, als er Frankreich 1871 besiegte. Von den „barbarischen“, also von den Römern noch nicht unterworfenen bzw. außerhalb des hellenistischen Raums befindlichen Ländern war das antike Gallien das wirtschaftlich reichste, der gallische Adel war reich an Gold. Vor einer Schlacht versprachen die Gallier die zu erobernde Beute an Gold den Göttern, und da sich - anders als im klassischen Griechenland - kaum Räuber an den Tempelschätzen vergriffen hatten, häuften sich in ihnen ansehnliche Goldmengen. Caesar kaufte während des Gallischen Kriegs für 60 Millionen Sesterzen Grundstücke in Rom, wo er u.a. geräumige Verhandlungslokale für die Gerichte zu erbauen plante. Cicero wurde von Caesar dabei übrigens als Makler beauftragt und durch die üppigen Vermittlungshonorare an einem „silbernen Band" gehalten. Rom hatte nämlich eine Silberwährung. Und da Caesar für manche seiner Geschäfte in Rom „Bargeld“ benötigte, tauschte er sein gallisches Beutegold dagegen ein, und zwar in einem solchen Umfang, dass der Kurs von Gold gegen Silber von 1:12 auf 1:9 stürzte, den niedrigsten Goldkurs der Geschichte. Das zweitwichtigstes Beutegut waren Sklaven. Die Kriege der Römer waren, von den Kämpfen gegen den Karthagischen Feldherren Hannibal bis zu Caesars Gallischem Krieg, die größte Sklavenjagd seit den Kriegszügen Alexanders und die größte Sklavenjagd vor Columbus. Im Gallischen Krieg fanden sie ihren Höhepunkt. Durch Caesars Massenangebot wurde nicht nur der Preis für Gold, sondern auch der für Sklaven gedrückt. Was die Opferzahlen des Krieges betrifft, so rechnete Caesar selbst mit rund zwei Millionen getöteten Menschen im Gallischen Krieg, die Gesamtbevölkerung schätzte er auf sechs bis neun Millionen. Diese Zahlen sind aber weit übertrieben, was sich relativ leicht nachweisen lässt.1 Die Gesamtzahl der getöteten und versklavten Gallier lag vermutlich deutlich unter einer Million. Ein gutes Viertel der gesamten Bevölkerung zu töten oder als Zwangsarbeiter (= Sklaven) nach Rom zu verschleppen, ist allerdings selbst nach dem Maßstab moderner Diktaturen beachtlich. 1 Die Stammesgrenzen aus Caesars Zeit haben sich als die Grenzen römischer, fränkischer und schließlich französischer Verwaltungsbezirke sowie kirchlicher Diözesen bis heute erhalten, und die Namen der gallischen Stämme leben in Städtenamen fort, beispielsweise der Name Bellovaker in Beauvais; ihr Gebiet ist heute das Departement Oise. Caesar gibt die Zahl der Bellovaker mit 400 000 an. Das Departement Oise hat aber selbst heute nur 800 000 Einwohner, wobei heute 65 Millionen Menschen in Frankreich leben. Die gesamte Bevölkerungszahl Galliens zur Zeit Caesars kann im Jahr 60 v. Chr, also vor Caesars Kriegszügen, nicht annähernd so groß gewesen sein, sie wird rund drei Millionen betragen haben. Caesars Zahlenangaben sind also weit übertrieben, sie dürften in Wirklichkeit nur ein Fünftel oder gar nur ein Zehntel so groß gewesen sein. 5 Antike: Wie aus der römischen Republik ein Kaiserreich wurde Dennoch übte Caesar die ihm nachgesagte Milde auch schon in Gallien, so merkwürdig dies erscheinen mag. Entgegen der oft vertretenen Ansicht fand Caesar in Gallien keineswegs eine „keltische Nation“ vor, sondern unabhängige, einander befehdende Einzelstämme, die, ähnlich wie die griechischen Stämme der klassischen Zeit, in einer Kultgemeinschaft miteinander verbunden waren. Viele gallische Stämme begrüßten Caesar als Befreier von der Bedrohung durch die Helvetier. Seit dem zweiten Kriegsjahr erwies sich der Befreier allerdings mehr und mehr als Unterdrücker, aber verschiedene Stämme, darunter die Arverner (Auvergne), Haeduer (Autun) und Remer (Reims) waren und blieben mit Caesar verbündet. Seine Kriegsführung bestand darin, einem Stamm nach dem anderen Treue-Eid und Geiselstellung aufzuerlegen und im Umherziehen die Erhebungen niederzuwerfen, die bald hier, bald dort aufflammten. Nicht nur standen die gallischen und germanischen Stämme unverbunden nebeneinander, sondern innerhalb jedes Stammes war der Adel in eine romfreundliche und eine antirömische Fraktion geteilt. Je härter Caesar gegen die isolierten Erhebungen vorging, desto stärker wurde die antirömische Partei. Die allgemeine Empörung und Kampfbereitschaft wurde von Vercingetorix ausgenutzt. Vercingetorix kam dem Sieg nahe, auf der Höhe des Erfolges hatte er einen Großteil Galliens hinter sich, aber nachdem er sich in Alesia ergeben musste, waren die Kräfte der keltischen Erhebung verbraucht: in nahezu jedem Stamm erhielt die romfreundliche Partei die Oberhand. Auch bei der Behandlung der Gefangenen nach dem Sieg von Alesia erwies sich Caesar den 20 000 Haeduern und Arvernern, die sonst immer zu ihm bei einem solchen Massenverkauf allerdings sehr gering. Caesar suchte nun die Ruhe in Gallien dauerhaft zu sichern, daher beendete er die Plünderung. Die gesamtgallische Erhebung unter Vercingetorix hatte den erwünschten Vorwand geboten, auch bei den bisher treuen Stämmen Tempel- und Häuptlingsschätze zu beschlagnahmen, danach war allerdings nicht mehr viel übrig. Caesar setzte die Tribute des unterworfenen Gallien auf insgesamt 40 Millionen Sesterzen jährlich fest, eine sehr bescheidene Summe verglichen mit den Abgaben anderer Provinzen. Am Bürgerkrieg nahmen schließlich nicht wenige Gallier an Caesars Seite teil. Sie bildeten den größten Teil der Kavallerie, den Offizieren verschaffte er das römische Bürgerrecht, angesehene Häuptlinge berief er sogar in den Senat. Caesar hatte sich schon lange dafür eingesetzt, mit der Verleihung des Bürgerrechts die rechtliche Lage der schon länger unter römischer Herrschaft befindlichen cisalpinen Gallier (= Oberitalien) zu verbessern. Die Soldaten, mit denen er das bis dahin freie, transalpine Gallien (= Frankreich) unterwarf, waren zu einem beachtlichen Teil Gallier aus Oberitalien, mit denen Caesar innenpolitisch verbündet war. Durch sein schonendes Verhalten seit Alesia ermöglichte er zudem das rasche Hineinwachsen der neuen Provinzen ins römische Reich. Bis zum Beginn des Gallischen Krieges hatte Caesar Schulden gemacht und selten etwas zurückgezahlt. Schon die Beute der ersten beiden Kriegsjahren, 58 bis 57 v. Chr., genügte, um seine Schulden zu begleichen und darüber hinaus einen Kapitalfonds zu bilden, mit dem er von der Passivauf die Aktivseite des Kreditgeschäfts hinüberwechselte. Caesars Großzügigkeit oder: Auch Korruption auf höchster Ebene kann den Bürgerkrieg nicht verhindern Die Kapitulation des Vercingetorix bei Asterix und Obelix. gestanden hatten, als gnädig, daher ließ er die Gefangenen dieser beiden Stämme frei. Zugleich aber zeigte er, was vom Standpunkt des Siegers rechtens war. Die übrigen 40.000 Gefangenen schenkte er als Sklaven seinen Soldaten, jedem Legionär einen Gallier. Die meisten Soldaten konnten ihre Sklaven nur verkaufen, der Erlös war Das Triumvirat von 59 v. Chr. war auf Dauer berechnet, um wichtige Entscheidungen zu treffen, kamen die Triumvirn auf Gipfelkonferenzen zusammen, so zum Beispiel in Luca (in der Toskana) im Jahr 56 v. Chr. Durch die beiden ersten Jahre in Gallien war es Caesar gelungen, sich von der Hauptmasse seiner Schulden zu befreien. Auf dem Gipfeltreffen verabredete man, Caesars Prokonsulat über Gallien um weitere fünf Jahre zu verlängern. In Luca zeigte sich zum ersten Mal, dass Caesar reich war im Sinne von Crassus' Definition: reich sei nur, wer aus seinem Vermögen ein Heer besolden könne. In Luca wollten aber insbesondere eine große Zahl von Senatoren „besoldet“ werden. Insgesamt 200 Senatoren kamen zum Gipfeltreffen, um ihre Bestechungssummen bei Caesar abzuheben. 6 Antike: Wie aus der römischen Republik ein Kaiserreich wurde Freigebig streute er unter den Senatoren Darlehen aus. Von den politischen Gegnern, die Caesar in den 50er Jahren zeitweise durch Darlehen neutralisierte, war Cicero mit 800.000 Sesterzen die kostengünstigste, der Konsul Lucius Aemilius Paullus mit rund 40 Millionen Sesterzen die kostspieligste Akquisition. In gewisser Weise stellten sich diese Bestechungsgelder allerdings als Fehlinvestitionen heraus, ihre Wirkung war wenig dauerhaft. Pompejus hatte sich die beiden Provinzen in Spanien verschafft und hielt dort sieben Legionen. Er verließ auch mehr und mehr das populare Fahrwasser und kehrte in den Heimathafen der Optimaten zurück. Im Jahr 52 v. Chr. verbündete er sich mit den Optimaten im Senat gegen Caesar und wurde zum „consul sine collega“, also zum alleinigen Konsul, gewählt. Auch Caesars Geldempfänger folgten ihrem Standesinstinkt und stellten sich hinter Pompejus, beispielsweise Cicero. Pompejus hielt seine auf Spanien, das östliche Mittelmeer und die Mehrheit im Senat gestützte Stellung für so stark, dass er glaubte, Caesar zur Entlassung seiner Truppen und zum Verzicht auf seine Provinzen in Gallien zwingen zu können, das heißt zur vollständigen Unterwerfung. Es war also Pompejus, der den Kampf suchte mit seiner Aufforderung an Caesar, sein Kommando niederzulegen und als Privatmann nach Rom zurückzukehren. In dieser Situation setzte sich Caesar mit seinen Truppen zum Grenzfluss Rubikon in Bewegung, der das militärfreie Stadtgebiet Roms von den Provinzen im Norden trennte. Pompejus erhielt darauf am 7. Januar 49 v. Chr. vom Senat die Order, die „Republik gegen Caesar zu verteidigen“. Am 10. Januar überschritt Caesar den Rubikon und marschierte gegen Rom, das von Pompejus geräumt wurde, die meisten Senatoren, auch viele von Caesars Geldnehmern, gingen mit Pompejus nach Mazedonien, es blieb nur ein Rumpfsenat in Rom übrig. Caesars Milde im Bürgerkrieg Caesar propagierte seine Politik der Milde, die clementia Caesaris, mit der er sich von der Grausamkeit der Diktatur Sullas distanzieren wollte. Vor allem Schriftsteller der Spätantike lobten Caesars Milde, was angesichts seiner Kriegszüge ungewöhnlich erscheint. Der von Sulla so exzessiv betriebenen Ächtung und Enteignung der Angehörigen der unterlegenen Bürgerkriegspartei machte Caesar ein Ende. Hätten Caesars Gegner gesiegt, so hätten sie zweifellos ihn und seine Parteigänger geächtet. Caesar wollte im Bürgerkrieg aber nicht nur siegen, sondern durch seinen Sieg auch dauerhafte Verhältnisse herstellen. Dazu war eine Aussöhnung mit seinen Gegnern erforderlich. Jeder sollte wissen, dass man sich Caesar gefahrlos unterwerfen konnte. Als Caesar 49 v. Chr. Rom einnahm, krümmte er keinem seiner dort verbliebenen Gegner ein Haar, nicht einmal das Vermögen des Pompejus und der vielen mit ihm nach Mazedonien geflohenen Gegner tastete er an. Erst nach dreieinhalb Jahren Bürgerkrieg, im Herbst 46 v. Chr., begann der damit, die Vermögen der hartnäckigsten Gegner zu beschlagnahmen, die immer noch den Kampf fortsetzten und offenbar durch keinerlei Schonung zu gewinnen waren. Auch dann gab er jedoch den Frauen und Witwen der Betroffenen die Mitgift heraus. Anhängern der Senatspartei oder des Pompejus, die sich unterwarfen, trug er in der Regel ihren Widerstand nicht nach. Sein späterer Mörder Brutus unterwarf sich erst nach Kriegsende, dennoch übertrug er ihm hohe Staatsämter. Caesar bewies zeitweise auch einen Sinn für Humor. Gleich bei Ausbruch des Bürgerkriegs lief Caesars langjähriger politischer und militärischer Verbündeter, der Legat (General) Labienus, zum Feind über. Caesar, den dies nicht überraschte, sandte ihm sein Geld nach. Am Maßstab seiner Zeit gemessen, war Caesar wirklich milde, und seine Gegner sorgten dafür, dass dieser Maßstab im allgemeinen Bewusstsein blieb. In der Provinz Africa (heute Tunesien) war die Senatspartei verbündet mit König Juba von Numidien, der gern die Küstenstädte zerstört und ihre Einwohner abgeschlachtet oder versklavt hätte. Dass wenigstens ein Teil der Senatstruppen gleiches „Wohlwollen“ für die Einwohner empfand, bewies die Reiterei der Senatspartei in der Stadt Parada, wo ein Scheiterhaufen auf dem Marktplatz errichtet und die Einwohner lebend hineingeworfen wurden. In der Stadt Utica wurde das Gemetzel durch die Nachricht von Caesars Anmarsch gestört. Dieser wurde begreiflicherweise von den Einwohnern mit Begeisterung empfangen. Caesar begnügte sich mit einer Tributzahlung von 200 Millionen Sesterzen, zahlbar in sechs Halbjahresraten. Caesars Truppen schlugen in der Schlacht von Pharsalos (in Griechenland) Pompejus, die anderen senatorischen Heere wurden nacheinander in Africa und in Hispania besiegt. Damit entschied Caesar den Bürgerkrieg für sich. Zur herben Enttäuschung mancher seiner Anhänger erließ Caesar nach seinem Sieg über Pompejus im Bürgerkrieg keine Ächtungen und gewährte auch sonst keine Gelegenheit zum Plündern. Caesars Großzügigkeit und die soziale und politische Stabilisierung Roms sowie der Provinzen Beim Triumphzug hatten die Legionäre das Vorrecht, Spottlieder auf den Feldherrn zu singen. Caesars Soldaten sangen: ,,Wir machen die Gallier zu Gefangenen, du machst sie zu Senatoren", womit sie auf Caesars freundliche Politik den Eroberten gegenüber anspielten. Ein weiteres ihrer Spottlieder 7 Antike: Wie aus der römischen Republik ein Kaiserreich wurde lässt sich auf Deutsch etwa so wiedergeben: „Verschließt eure Frauen und Töchter daheim! Der kahlköpfige Wüstling zieht mit uns ein. In Gallien tatst du dein Geld verlumpen, drum musst du immer noch weiter pumpen." (pumpen = Geld ausleihen) Die Zweifel an Caesars finanzieller Bonität hatten seine Siegesbahn begleitet und erhielten deshalb neue Nahrung, weil Caesar laufend riesige Summen ausschüttete. Crassus hatte als Konsul die Römer an 10.000 Tischen bewirtet, Caesar stellte bei seinem Triumph 22.000 Tische auf, daneben gab es Theateraufführungen, Gladiatorenspiele und als Höhepunkt eine Seeschlacht mit je 2000 Ruderern und 1000 Gladiatoren. Triumphatoren, also die siegreichen Feldherren, hatten bislang einen größeren Teil der Beute für sich selbst zurückbehalten. Caesar verteilte die Beute großzügiger an Soldaten und Bevölkerung als die meisten Feldherren vor ihm. Dadurch sicherte er die politische Stabilität seiner Herrschaft, wie sein Mörder Brutus sehr bald erkennen musste. Diese politische Stabilisierung wiederum ermöglichte Reformen, durch welche das Römische Reich auch wirtschaftlich und sozial auf längere Sicht stabilisiert wurde. 320.000 besitzlose Proletarier waren Mitte des ersten Jahrhunderts v. Chr. in Rom zum Gratisempfang von monatlich 33 kg Weizen berechtigt. Diesen Unterstützungsempfängern hatte Caesar bei Beginn des Bürgerkrieges, 49 v. Chr., je 300 Silbersesterzen versprochen. Der Bürgerkrieg hatte sich dreieinhalb Jahre hingezogen, länger als Caesar vorausgesehen hatte, infolgedessen war die Zahlung verschoben worden. Um seine Mitbürger für die Verzögerung zu entschädigen, erhöhte er die Summe auf 400 Sesterzen für jeden Unterstützungsempfänger. Welchen Wert diese 400 Sesterzen in heutiger Kaufkraft repräsentieren, lässt sich nur schwer sagen. Bis zur Zeit Caesars erhielt ein Legionär 480 Sesterzen als Jahressold. Da proletarische Römer so bescheiden lebten, wie man es sich heute nur schwer vorstellen kann, kamen die Empfänger mit ihren 400 Sesterzen wohl ein Jahr lang aus. Wohnen war in Rom damals teurer als heute. Löcher, für die heute in Mitteleuropa überhaupt niemand mehr Geld bezahlen würde, wurden damals für eine Jahresmiete von 1.000 Sesterzen und mehr vermietet. Dass Caesar allen Proletariern eine Jahresmiete ersetzte, in Rom bis zu einer Höhe von 2.000 Sesterzen, außerhalb Roms bis 500 Sesterzen, entlastete diese für ein Jahr von der am härtesten drückenden Ausgabe. Zu Caesars Geldgeschenken kamen Naturalgeschenke: rund 70 kg Weizen und 100 Liter Olivenöl für jeden Unterstützungsempfänger, was für genügsame Römer einen Jahresvorrat bedeutete. Noch mehr als die römischen Zivilisten gab es für Caesars Veteranen, denen er ja zum größten Teil seine politische Macht verdankte. Nach dem Triumph im Gallischen Krieg wurden etwa 40.000 Soldaten entlassen und erhielten, außer dem staatlich gewährten Bauerngut, je 20.000 Sesterzen Abfindung. Jeder Centurio erhielt 40.000 Sesterzen, jeder Offizier 80.000. Wer es verstand, diese Geldsumme mit Bedacht auszugeben, war ein gemachter Mann. Die Gesamtsumme von Caesars Mietzuschüssen wird auf 300 bis 500 Millionen Sesterzen geschätzt. Für die 40.000 Soldaten betrug die gesamte ausbezahlte Geldsumme rund eine Milliarde Sesterzen. Es lässt sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sagen, dass Caesar bei seinem Triumph ein Vermögen von drei bis vier Milliarden Sesterzen verschenkte, und vermutlich weniger als 200 Millionen Sesterzen an Geld und Liegenschaften zurückbehielt. Was Caesar als Privatvermögen zurückbehielt war jedenfalls nach den damaligen Maßstäben reicher Römer eher bescheiden: Neben drei Landsitzen besaß er ein kleines Schloss samt Park in dem Stadtteil jenseits des Tiber (Trastevere), wo er Cleopatra bei ihrem Besuch in Rom unterbrachte. Dieses vermachte er testamentarisch dem römischen Volk. Nicht zuletzt durch die Bekanntgabe dieser Erbschaft könnte es Marcus Antonius in seiner berühmten Rede gelungen sein, seine „Mitbürger, Freunde, Römer“ zur Empörung gegen die Mörder Caesars hinzureißen. Für die Mieter von Crassus‘ Wohnhöhlen war es von großem Wert, sich aus dem Staub und der Sonnenglut der sommerlichen Straßen unter die hohen Bäume eines Parks zu retten zu können. Die Anzahl der römischen Proletarier hatte Caesar bereits vor seinem Tod bedeutend verringert. Jeder römischen Bürger, der es wünschte, erhielt den Grund und Boden eines Bauerngutes, zwar nicht als privates Geschenk, sondern aus der Staatskasse bzw. aus den Staatsländereien. Die Dankbarkeit war darum nicht geringer. Diese Agrarreform gehörte zu den wichtigsten politischen Errungenschaften nach Caesars Sieg im Bürgerkrieg. Es gelang ihm damit, die Anzahl der Unterstützungsempfänger von 320.000 auf 150.000 zu verringern. 170.000 proletarii wurden als Bauern angesiedelt, anders wäre eine dauerhafte Verminderung der Zahl der Unterstützungsempfänger nicht möglich gewesen. Die laufende Getreideverteilung war einer der Hauptausgabeposten des römischen Staatshaushalts gewesen. Cicero hatte deshalb die Unterstützungsempfänger als „Staatsblutsauger“ bezeichnet. Das war völlig korrekt. Die von ihm vertretenen Blutsauger, die Senatoren und die Steuerpächter, sogen das Blut nicht aus dem römischen Staat, sondern unmittelbar aus den Untertanen in den Provinzen. Caesars wohl größtes „Verbrechen“ in 8 Antike: Wie aus der römischen Republik ein Kaiserreich wurde den Augen seiner Mörder war, dass er auch diese Blutsaugerei zu mildern suchte. Da er einen der wichtigsten Ausgabeposten des römischen Staates mehr als halbiert hatte, konnte Caesar auch die Abgaben der Provinzen entsprechend mildern. Den Anfang hatte er damit schon in Gallien gemacht. Dort hatte er die Einhebung der Abgaben von der Steuerpacht auf eine schonendere Form der Erhebung umgestellt, auf festgesetzte Tribute. Diese Tribute wurden von den ortsansässigen „Behörden“ der einheimischen Stämme selbst eingehoben und abgeliefert. Kurz vor seiner Ermordung hob er in den Provinzen Asia (Kleinasien) und Judaea die verpachteten Zölle und Steuern ebenfalls auf und ersetzte sie durch eine fixe Tributzahlung. Infolge seiner Ermordung wurde diese Anordnung nicht mehr ausgeführt, beiden Provinzen blieben daher die Steuerpächter und ihre räuberischen Vollzugsorgane erhalten. Es waren übrigens diese Vollzugsorgane der Steuerpächter, die unter der Bezeichnung „Zöllner“ im Neuen Testament den Zorn der Provinzbevölkerung auf sich zogen. Caesars Erbe - das römische Kaiserreich Nach Caesars Tod kam es erneut zum Bürgerkrieg, in dem sich sein Adoptivsohn Octavianus im Jahr 30 v. Chr. durchsetzte. Darauf erhielt Octavianus den Titel eines „princeps“, eines „ersten Bürgers“, diesen Titel trugen alle Kaiser nach ihm, weshalb das Kaiserreich auch als Prinzipat bezeichnet wird. Bekannt wurde Octavianus unter seinem Ehrennamen „Augustus“, „der Erhabene“, der ihm ebenso verliehen wurde wie das Amt des Volkstribunen und des Konsuls auf Lebenszeit. Alle Kaiser nach ihm trugen den Titel Imperator (= Befehlshaber) Caesar Augustus. Die Gesellschaft der römischen Kaiserzeit, die Zeit der „Pax Romana“, in der es für lange Zeit keine Bürgerkriege mehr gab, ist von vielen Historikern idealisiert worden. Den Barbaren, das heißt hauptsächlich den Germanen, wurde die Zerstörung dieser blühenden Zivilisation zum Vorwurf gemacht. Dabei wurde meist der parasitäre Charakter der spätrömischen Gesellschaft übersehen. Diesen hat Caesar vor allem in den Provinzen zwar in gewissem Umfang gemildert, aber doch nicht ganz aufgehoben. Als Caesars historische Leistungen können aber jedenfalls die Begründung des römischen Kaiserreichs und die Ausdehnung des Reichs bis zur Rheingrenze betrachtet werden. Beides wäre nicht von Dauer gewesen ohne die von ihm erwirkte Milderung des Abgabendrucks. Damit milderte Caesar das Elend der „proletarischen“ Massen außerhalb Roms. Unmittelbar bezweckte er damit, die besitzenden Schichten der Provinzbevölkerung vor der Ausplünderung durch die Senatoren und Steuerpächter zu schützen, sie darüber hinaus am römischen Bürgerrecht zu beteiligen und sie damit zu Trägern einer politischen und kulturellen Einheit zu machen. In zweiter Linie wollte er auch, wo noch vorhanden, die Bauernschaft erhalten, denn ihr entnahm er seine Rekruten. Caesars Maßnahmen haben vermutlich die „Pax Romana“ erst ermöglicht und dazu geführt, dass die bis dahin von den Römern nur verheerten Provinzen zu einer wirtschaftlichen und kulturellen Einheit zusammenwachsen konnten, dass sich von Spanien bis Rumänien noch heute die Einheit der romanischen Sprachen, und von Lissabon bis Budapest der Einfluss des katholischen Glaubens spannt. Dass Caesar mehr als jemand sonst zur abendländischen Kultureinheit beigetragen hat, fand seinen Ausdruck nicht allein darin, dass sein Name den Träger der höchsten weltlichen Gewalt bezeichnete, im deutschen Lautwandel als „Kaiser“, im russischen als „Zar“; beide verschwanden erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Und ohne Caesars politischen Geschäftsinn würde heute in Rom wohl keine Instanz residieren, deren Amtstitel schon Caesar führte: der Pontifex Maximus. Aufgaben 1. Erstelle einen Zeitstrahl und trage die wichtigsten Stationen von Caesars Karriere darauf ein. 2. Formuliere zu jedem Unterkapitel mindestens fünf Fragen. Achte darauf, dass sich die Fragen auf wesentliche inhaltliche Aspekte des Kapitels beziehen! Zum Nachdenken 1. Um in Rom die Kosten für die Wahlkämpfe für die Ämter der Republik zu bestreiten, war es notwendig, über ein großes Geldvermögen zu verfügen oder Geld über Kredite aufzutreiben. Auch die Kosten für den Wahlkampf für das Amt des Präsidenten der USA belaufen sich auf viele Milliarden US-Dollar. Inwiefern weisen die USA heute und die späte römische Republik in dieser Hinsicht Gemeinsamkeiten auf? 2. In der europäischen Union gibt es den sogenannten Schengen-Raum, dem ärmere Mitgliedsstaaten wie Rumänien oder Bulgarien nicht angehören. Recherchiere, welche politischen Kräfte in der EU sich aus welchen Gründen für die Einbeziehung dieser Staaten in den Schengen-Raum aussprechen und wer sich aus welchen Gründen dagegen ausspricht. Inwiefern lässt sich diese aktuelle Frage mit dem Konflikt rund um die Verleihung der römischen Staatsbürgerschaft an die Gallier nördlich des Po vergleichen? 9