DCG-Informationen 5/1972, Seite 49 bis 53 Ein interessanter Cichliden-Bastard: Cichlasoma nigrofasciatum x Cichlasoma meeki Ein Bericht von Bernhard Jacobi Auf einer Zierfisch- und Pflanzenbörse eines Hamburger Aquarienvereines entdeckte ich in einem Plastikbecken einen kleinen Schwarm grauer, dunkel gestreifter Cichliden. Das kleine Becken trug die Aufschrift: „Interessante Kreuzung - Cichlasoma nigrofasciatum (Männchen) + C. meeki (Weibchen)" Der Besitzer dieser Tiere berichtete mir auf meine Frage, er habe ein gebrauchtes Becken mit Inhalt von einem anderen Aquarianer übernommen und unter den Insassen dieses Beckens seien auch die beiden bewußten Cichlasoma gewesen. Schon nach wenigen Tagen hätten sie zusammen abgelaicht, und sich dem Verhalten nach in nichts von einem normalen Paar unterschieden. Die Brutpflege sei normal verlaufen, und was ich hier sähe, sei das Ergebnis. Meine Neugier war geweckt, ich nahm zwei der billigen Tierchen mit nach Hause und setzte sie in ein separates 20-Liter-Becken. Zu diesem Zeitpunkt waren die Tiere knapp drei Zentimeter groß und ähnelten in der Körperform stark der Mutterart, dem Rotbrustbuntbarsch. Dagegen waren die Streifen, die sich aber nachher mit der Zeit verloren, eindeutig vom Vater. Keine der beiden Ausgangsarten wies hingegen den sehr auffälligen „Augen-Fleck" in der Mitte des stacheligen Teils der Rückenflosse auf, er war schwarz mit türkisfarbener Umrandung. Die niedlichen Tierchen entpuppten sich als die reinsten Teufel - sie schlugen sich das es einem Angst und Bange wurde. Ich zog, um Schäden zu vermeiden, eine Trennscheibe ein. In den folgenden Monaten wuchsen die Beiden stark heran und imponierten häufig an der Trennscheibe voreinander. Dabei wurden die Bauchflossen DCG-Informationen 5/1972, Seite 49 bis 53 dunkel/stahlgrün, der jetzt dunkelgraue Maulboden wurde gesenkt und die Kiemendeckel stark abgespreizt. Der Saum der Afterflosse färbte sich ebenfalls dunkelgrün, der übrige Teil der Flosse sowie die Schwanzflosse schimmerten türkis. Die dunklen Querbinden wurden noch wesentlich dunkler. Von Meeki-Rot war aber auch in höchster Erregung nichts zu sehen, außer ein ganz schwacher rötlicher Schimmer in der Afterflosse. Einmal tauschte ich im Zuge einer Generalreinigung des Beckens, den bisher hellen Kies gegen schwarzen aus. Ich staunte nicht schlecht, als ich am Abend einen Blick in das Becken warf: die bisher hellen, ockerfarbenen Tiere hatten sich in sattes kohlschwarz umgefärbt, Etwas hellere Querbinden zeigten noch die ehemaligen Zwischenräume der dunklen Binden an. Die Rückenflossen waren schwarz wie die eines Black Molly und ein türkisfarbener Ring - die Umrandung des ebenfalls schwarzen Augenflecks - stach prächtig vom Schwarz der Flosse ab. Ein andermal nahm ich die Trennscheibe zur Reinigung heraus. Als ich sie wieder einsetzen wollte, war bereits ein Kampf in vollem Gange. Die Tiere umkreisten sich langsam und drohend mit zum zerreißen gespannten Flossen, einander immer die volle Breitseite zuwendend. Minuten später beschleunigte sich dieses Umkreisen zu einem wirbelnden Kreiseln, bei dem sie versuchten, sich gegenseitig an den rückwärtigen Flossen zu packen. Dieses gelang auch hin und wieder, und nun wurde der Gepackte mit geradezu sadistischem Vergnügen durchs Becken gezerrt. Interessant war, daß der jeweils Gepackte niemals zappelte. Er hing fast apathisch vor dem Maul des Gegners. Vermutlich hatten sie gemerkt, daß es nur noch mehr schmerzt wenn man zappelt. Schließlich konnte ich noch längeres Maulzerren beobachten, eine interessante Tatsache, wenn man bedenkt das C. meeki zu den „Nicht-Maulkämpfern" gehört. Allerdings weiß ich leider nicht, ob C. nigrofasciatum ein Maulkämpfer ist. Ist er es, so wäre die Eigenschaft dominant über „Nicht-Maulkämpfen", ist er es nicht, so DCG-Informationen 5/1972, Seite 49 bis 53 wäre es um so interessanter, da dann keine der Ausgangsarten Maulkämpfer ist und das Kreuzungsprodukt maulkämpft, als wüßte es das nicht. Einige Zeit später setzte ich die Tiere in ein 140-l-Becken um, das schon von anderen Cichliden bewohnt wurde. Sie verhielten sich friedlich und färbten sich sofort wieder heller. Dabei trat auch der typische meeki-Fleck in der Körpermitte wieder auf, der in der dunklen Färbung unter einer schwarzen Binde verborgen war. Auch drei davorliegende Binden hinterließen etwa in Höhe der Körperlängsachse kleine dunkle Flecken. Merkwürdigerweise zeigten beide Tiere nur einen ganz schwachen blaugrauen Anflug obwohl beide Ausgangsarten eine maus- bis violettgraue Grundtönung haben. Leider brachte infolge einer Unvorsichtigkeit meinerseits, der stärkere den anderen um, nachdem sie abermals in ein anderes Becken gesetzt worden waren. Die „Leiche" wurde sorgfältig seziert und vermessen. Hier die Ergebnisse: in Pflege 158 Tage gesch. Alter (ca.) 250 Tage Gesamtlänge 7,6 cm DCG-Informationen 5/1972, Seite 49 bis 53 Standardlänge 5,6 cm Körperhöhe (max.) 2,8 cm Kopflänge 2,25 cm Augen-ø 0,55 cm Brustfl.-Länge 1,4 cm Schwanzstiel-Länge 0,6 cm Schwanzstiel-Höhe 0,8 cm Darmlänge 57 % der Gesamtlänge (4,55 cm) Flossenformel D XVIII/8, A X/7 Schuppenformel mLR 19/11, QR 4 1/2 / 12 Der Praeopercel trug vier Schuppenreihen, der Schwanzstiel umfaßte 14 Schuppen (einmal ganz herum) das Gewicht des abgetropften Tieres betrug 12,7 g Die nach diesem Tier gefertigte Gebißzeichnung Beim sezieren fiel mir auf, daß die Leibeshöhle erstaunlich viel Fettgewebe enthielt, besonders um den Darm herum. Die Gonaden (Keimdrüsen) glichen in der Form einem Hoden - ein Quetschpräparat zeigte jedoch keinerlei samenproduzierendes Gewebe, geschweige denn Spermien. Die Keimdrüsen waren ebenfalls total verfettet. Damit wurde auch mein Vorsatz, die Tiere mit einer der Ausgangsarten rückzukreuzen, illusorisch. Kurze Zeit später ging mir leider auch das zweite Tier unter unerklärlichen DCG-Informationen 5/1972, Seite 49 bis 53 Umständen ein. Es wurde apathisch, die Atmung wurde langsamer, schließlich drehte es sich auf den Rücken und verendete kurz darauf. In der letzten Phase schien es von den Brustflossen nach rückwärts gelähmt zu sein. Keines der verwendeten Medikamente (u.a. Hexa-Ex) konnte das Tier retten. Nun schwimmt es wieder...in Alkohol. Übrigens ist unser Nigrofasciatum-meeki-Bastard mit den vor einigen Jahren als „C. nimeus" im Handel befindlichen Tieren identisch. Der Name nimeus setzt sich aus nigrofasciatum, meeki und der lateinischen Endung „us" zusammen. Solche Geheimniskrämerei ist allerdings nicht zu empfehlen. Falls es einem Züchter gelingt Bastarde zu züchten, sollte er sie nicht unter Phantasienamen verkaufen, sondern die Tiere dann lieber behalten oder sie wenigstens als (sterile) Bastarde kenntlich machen. Wie ich erfuhr ist diese Kreuzung durchaus nicht so selten. Ein Zoohändler berichtete mir, er habe sie schon selber gezogen, ein anderer wußte von einem Kunden zu berichten, dem dies gelungen sei.