Zulassungsprüfung Stochastik, 16.10.09 Wir gehen stets von einem Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, A, P) aus. Aufgabe 1 (18 Punkte) Sei C ⊂ A eine σ-Algebra, X : Ω −→ [0, ∞) sei A-messbar und X0 : Ω −→ [0, ∞) sei C-messbar. Beweisen Sie: (a) X0 ist A-messbar. (b) Für alle C ∈ C gelte Z X0 dP = Z (1) X dP. C C Dann folgt für alle C-messbaren Z : Ω −→ [0, ∞) Z Z ZX0 dP = ZX dP. Ω (2) Ω (c) Gilt die Umkehrung von (b)? Begründen Sie Ihre Antwort. Lösung Zu (a) Sei B ∈ B 1 . Da X0 messbar ist, folgt X0−1 (B) ∈ C, also wegen C ⊂ A auch X0−1 (B) ∈ A. Zu (b) Pn Sei Z eine Treppenfunktion, also Z = i=1 αi 1Ci , wobei Ci ∈ C und αi > 0. Dann folgt laut Voraussetzung Z Z X Z Z n n n X (1) X ZX0 dP = αi αi 1Ci X0 dP = αi X0 dP = X dP Ω Ω i=1 = Z X n Ci i=1 αi 1Ci X dP = Ω i=1 Z i=1 Ci ZX dP. Ω Somit gilt (2) für C-messbare Treppenfunktionen Z. Sei Z C-messbar. Dann gibt es eine Folge (Zn )n∈N von C-messbaren Treppenfunktionen mit Zn ≥ 0 und Zn ↑ Z. Dann folgt 0 ≤ Zn X0 ↑ ZX0 und 0 ≤ Zn X ↑ ZX. Ferner gilt wegen des oben Gezeigten auch Z Z ∀n ∈ N : Zn X0 dP = Zn X dP. Ω Ω Bildet man auf beiden Seiten den Grenzübergang n → ∞, so folgt mit dem Satz von der monotonen Konvergenz die Behauptung. Zu (c) Die Umkehrung gilt: Sei C ∈ C. Die Abbildung Z := 1C ist dann C-messbar und somit gilt Z Z Z Z Z Z (2) X0 dP = 1C X0 dP = ZX0 dP = ZX dP = 1C X dP = X dP. C Ω Ω Ω 1 Ω C Aufgabe 2 (18 Punkte) Die Körpergröße einer Person sei näherungsweise normalverteilt mit Erwartungswert 180 cm und Varianz 64 cm2 . (a) Bestimmen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig ausgewählte Person (i) unter 170 cm groß ist, (ii) über 184 cm groß ist, (iii) zwischen 175 cm und 184 cm groß ist. (b) Bestimmen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Körpergröße zweier unabhängig voneinander ausgewählten Personen um maximal 10 cm unterscheidet. (c) Bestimmen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass die durchschnittliche Körpergröße zweier unabhängig voneinander ausgewählten Personen über 190 cm liegt. Lösung Zu (a) Sei X die Zufallsvariable Körpergröße. 170 − 180 P(X ≤ 170) = Φ = Φ (−1, 25) = 1 − Φ (1, 25) 8 = 0, 1056 184 − 180 = 1 − Φ (0, 5) = 0, 3085 P(X ≥ 184) = 1 − Φ 8 P(175 ≤ X ≤ 184) = P(X ≤ 184) − P(X ≤ 175) = 0, 6915 − 0, 2676 = 0, 4239 Zu (b) Seien X1 und X2 die Zufallsvariablen Körpergröße zweier unabhängiger Personen. Dann ist X := X1 − X2 normalverteilt mit Erwartungswert 0 und Varianz 128 cm2 . Zu bestimmen ist als P(|X| ≤ 10), also P(|X| ≤ 10) = P(−10 ≤ X ≤ 10) = P(X ≤ 10) − P(X ≤ −10) = 10 − 1 ≈ 2Φ(0, 88) − 1 = 0, 6212. = 2Φ √ 128 Zu (c) Seien X1 und X2 die Zufallsvariablen Körpergröße zweier unabhängiger PersoX1 + X2 nen. Zu betrachten ist X = als die durchschnittliche Körpergröße. Es 2 gilt X ∼ N (180, 32) und somit 190 − 180 √ ≈ 1 − Φ (1, 77) = 0, 0384. P(X ≥ 190) = 1 − Φ 32 Aufgabe 3 (20 Punkte) Gegeben seien die Zufallsvariablen X und Θ mit Θ ∼ U (0, 1). Für ϑ ∈ (0, 1) besitze X die bedingte Dichte n ϑx (1 − ϑ)n−x falls x ∈ {0, . . . , n} x f (x|ϑ) = 0 sonst. 2 (a) Geben Sie eine Interpretation für X gegeben ϑ. (b) Bestimmen Sie die gemeinsame Dichte von X und Θ. (c) Bestimmen Sie die bedingte Dichte von Θ gegeben X = x. Hinweis: Für p, q ∈ N gilt Z 1 xp (1 − x)q dx = 0 p!q! . (p + q + 1)! (d) Bestimmen Sie E(Θ|X). Lösung Zu (a) Bei gegebenem ϑ ist X binomialverteilt mit Parametern n und ϑ. Die Erfolgswahrscheinlichkeit ϑ ist die Realisierung einer auf (0, 1) gleichverteilten Zufallsvariablen. Zu (b) Sei fΘ = 1(0,1) die Dichte von Θ, f die gemeinsame Dichte von X und Θ. Es gilt für x ∈ {0, . . . , n}, ϑ ∈ (0, 1) f (x, ϑ) = f (x|ϑ) · fΘ (ϑ) also n ϑx (1 − ϑ)n−x x f (x, ϑ) = 0 falls x ∈ {0, . . . , n}, ϑ ∈ (0, 1) sonst. Zu (c) Die Dichte fX von X ergibt sich für x ∈ {0, . . . , n} aus fX (x) = Z 1 f (x, ϑ) dϑ = 0 Z 1 n x!(n − x)! n . ϑx (1 − ϑ)n−x dϑ = x (n + 1)! x 0 Damit folgt für x ∈ {0, . . . , n} und ϑ ∈ (0, 1) x n n−x (n + 1)! x f (x, ϑ) x ϑ (1 − ϑ) = f (ϑ|x) = = ϑ (1 − ϑ)n−x . n x!(n−x)! fX (x) x!(n − x)! x (n+1)! Zu (d) E(Θ|X = x) = = Z 1 (n + 1)! ϑx+1 (1 − ϑ)n−x dϑ x!(n − x)! 0 0 (n + 1)! (x + 1)!(n − x)! x+1 = x!(n − x)! (n + 2)! n+2 Z 1 ϑf (ϑ|x) dϑ = Damit ergibt sich E(Θ|X) = X +1 . n+2 3 Aufgabe 4 (14 Punkte) In der folgenden Tabelle sind das Körpergewicht und die Körpergröße von zufällig ausgewählten achtjährigen Jungen aufgezeichnet. Nr. 1 2 3 4 5 6 Körpergröße xi 140 145 135 139 139 130 Gewicht yi 33 40 28 32 28 37 Nr. 7 8 9 10 11 12 13 Körpergröße xi 134 144 138 140 140 152 148 Gewicht yi 27 36 29 36 34 40 35 Bezeichnet man mit xi die Körpergröße und yi das Gewicht, so wird für die Zufallsvariablen Yi das Modell Yi = a + bxi + εi , i = 1, . . . , 13 untersucht. Die εi seien unabhängig und N (0, σ 2 )-verteilt. Stützen die Daten die Behauptung, dass das Gewicht von der Körpergröße abhängt? Die Aussage soll zu einem Niveau von α = 5 % erfolgen. Sie können verwenden: x = 140, 3; 13 X i=1 y = 33, 5; 13 X i=1 (xi − x)2 = 414, 8 (yi − y)2 = 237, 2; 13 X i=1 (yi − y)(xi − x) = 180, 2. (3) Lösung Zu testen ist die Hypothese H0 : b = 0. Es ergeben sich folgende Schätzwerte: b̂ σ̂ 2 se(b̂) t 180, 2 = 0, 434 414, 8 180, 22 1 237, 2 − = 14, 44 = 11 414, 8 r 14, 44 = 0, 187 = 414, 8 = = b̂ − b0 se(b̂) = 0, 434 = 2, 32. 0, 187 Die Hypothese b = 0 wird abgelehnt, denn |T | > t11;0,975 = 2, 201. Somit wird die Hypothese, dass das Gewicht nicht von der Körpergröße abhängt, abgelehnt. Aufgabe 5 (20 Punkte) Wir betrachten zwei Stichproben von zufällig ausgewählten achtjährigen Jungen bzw. Mädchen. Wir gehen davon aus, dass das Gewicht X bzw. Y jeweils normalverteilt ist. Es ergaben sich folgende Werte: 4 Mittelwert 33,5 bzw. 38,3 Empirische Varianz 19,8 bzw.68,1 Stichprobengröße Jeweils 13. (a) Bestimmen Sie ein Schätzintervall für das mittlere Gewicht der Jungen zum Niveau 95 %. (b) Wird die Annahme, dass das mittlere Gewicht der Jungen kleiner als das mittlere Gewicht der Mädchen, verworfen oder angenommen? Betrachten Sie die Hypothese zu einem Niveau von 5 %. Lösung Zu (a) Erwartungswert und Varianz sind beide unbekannt. Es wird verwendet t12;0,975 = √ 19,8·2,179 √ = 2, 69 2, 179, und es ergibt sich mit 13 [33, 5 − 2, 69; 33, 5 + 2, 69] = [30, 81; 36, 19] Zu (b) Sei µX bzw. µY der Erwartungswert von X bzw. Y , dem Gewicht der Jungen bzw. der Mädchen. Wir betrachten die Nullhypothese H0 : µX ≥ µY mit der Alternative H1 : µX < µY . Es wird der Zweistichproben t-Test verwendet. Die Testgröße ist r 38, 3 − 33, 5 132 t= s 26 mit s2 = 12 · 68, 1 + 12 · 19, 8 = 43, 95. 24 H0 wird verworfen, wenn t zu „groß“ ist, also wenn t > t24;0,95 = 1, 711 Es folgt t= 4, 8 · 2, 5 = 1, 846 6, 6 H0 wird wegen t = 1, 846 > 1, 711 verworfen, die Gegenhypothese µX < µY angenommen. 5