Lehrveranstaltung „ „Entwicklungspsychologie und gpy g Pädagogische Psychologie“ WS 2010 Lernpsychologie • . Lernpsychologie • W Worin besteht Lernen? i b h L ? • Eine Fülle von Definitionen: Lernen umfaßt alle Lernen umfaßt alle Verhaltensänderungen, die aufgrund von Erfahrungen und Einsicht zustande d Ei i h d kommen und längerfristig bestehen bleiben. Solche Änderungen schließen ein: • neue Informationen • Verhalten • Kompetenzen l Lernpsychologie e psy o og e • Gehirnforscher wie G. Hü h Hüther oder M. Spitzer d M S i definieren Lernen als S Synapsenbildung bzw. bild b Synapsenverstärkung Klassische Konditionierung Klassische Konditionierung • Maßgeblich Maßgeblich entwickelt von Ivan P. Pawlow entwickelt von Ivan P Pawlow (1849‐1936). Iwan Pawlows berühmtes Experiment mit Hunden mit Hunden Klassisches Konditionieren • Die klassische Konditionier ng ist ein Konditionierung ist ein Prozess, durch den ein ursprünglich neutraler ursprünglich neutraler Reiz nach ausreichend häufiger Kombination mit einem unkonditionierten k d Reiz zu einem konditionierten Reiz wird konditionierten Reiz wird, indem er die annähernd gleiche Reaktion hervorruft wie der unkonditionierte Reiz Lernen erfolgt dadurch, daß ein ursprünglicher unbedingter Stimulus von einem bedingten Reiz ersetzt wird und das gleiche Verhalten, die gleiche Reaktion auslöst. l Klassische Konditionierung Klassische Konditionierung • Was wird gelernt: Reiz oder Reaktion? • Ein klassisches Experiment: Der kleine Albert. e be d e u c • Wie Albert die Furcht vor der Ratte verlernte: Extinktion Klassische Konditionierung: g Edwin Guthrie ‐ Jegliches Lernen: Verbindung von Jegliches Lernen: Verbindung von . Reiz und Reaktion ‐ Sein Lerngesetz: Ein Reiz führt immer zu der gleichen Reaktion ‐ Einwand: In bestimmten Situationen verhalten wir uns Situationen verhalten wir uns anders: Guthrie: weil andere Reize präsent seien. ‐ Wie Gewohnheiten verlernt werden können: ‐ Ermüdungsmethode / E üd h d / Schwellenmethode / Methode der p inkompatiblen Reize Operante Konditionierung Operante Konditionierung • Maßgeblich entwickelt von Burrhus F. Skinner und John B. Watson, den prominentesten Vertretern des Behaviorismus. • Skinners Experimente mit den Ratten im Labyrinth oder in der sogenannten Skinnerbox Ein Verhalten wird entweder positiv oder negativ verstärkt • Positive Bekräftigung: Verhalten Verhalten habitualisiert sich • Negative Bekräftigung Negative Bekräftigung (Bestrafung): Verhalten wird Verhalten wird extinguiert Wie man behavioristisch sprechen oder lesen h d l • . lernt: M tt Mutter sagt: „Da ist Milch t D i t Mil h in der Tasse“ Ki d T Kind: „Tasse“ “ Mama: „Ja, Tasse, sehr schön“ hö “ Verhalten wird b ib h lt b beibehalten bzw. Begriff B iff gefestigt. • Mit dem Theorem d K di i i der Konditionierung erklärt wird übli h üblicherweise auch i h das abergläubische V h l Verhalten • IIm Gefolge wurde das G f l d d Modell der operanten Konditionierung Konditionierung fortlaufend verfeinert. Vor allem wurde die Vor allem wurde die Bedeutsamkeit sogenannter g intervenierender Variablen erkannt. • Das lerntheoretische Modell von Clark L. Hull. Intervenierende Variablen • Gewohnheit • Interesse • Antriebsstärke • Anreizmotivation Anrei moti ation • Reaktionsschwelle • Aber auch körperliche Verfassung, Wetter • . Erlernte Hilflosigkeit Erlernte Hilflosigkeit • In In diesem diesem Zusammenhang ist die Theorie der erlernten Theorie der erlernten Hilflosigkeit kurz zu be e e , d e au benennen, die auf Erkenntnissen der bisher dargestellten g Theorien beruht. Entwickelt wurde die • Entwickelt wurde die Theorie maßgeblich von Seligman. Seligman Erlernte Hilflosigkeit Erlernte Hilflosigkeit • Hilflosigkeit Hilflosigkeit wird erlernt, wird erlernt wenn zwischen Verhalten und Reaktion keine Kontingenzen wahrgenommen werden können. Dies mindert die Kalkulierbarkeit der Mitwelt führt zu einer Mitwelt, führt zu einer Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls bis hin g zu völliger Apathie. Erlernte Hilflosigkeit Erlernte Hilflosigkeit • Dies begegnet im • . Erziehungsalltag gleichermaßen wie in totalitären Systemen als Form der Folter. • Erzieherische Konsequenz: Verhaltenskonstanz, Kindern Kontrolle ermöglichen Kritik der Konditionierungstheorien Kritik der Konditionierungstheorien • Ein Stimulus bildet sich im Subjekt nicht ab, wie er ist, sondern wie er gedeudet sondern wie er gedeudet bzw. codiert wird g ves Paradigma g →kogni • Bei operanter Konditionierung wird nicht erklärt, wie genau das Lernen vonstatten geht • Es bleibt ungeklärt, wie Menschen neues Lernen • l Imitations und Modellernen Imitations‐ und Modellernen • Vor allem verbunden mit dem Namen Albert Bandura. Imitationslernen • 1956: „Denn sie wissen nicht, was sie tun“ – Film von james Dean motiviert von james Dean motiviert zu gefährlichen Mutproben g mit mehrfacher Todesfolge • Psychologen interessieren sich: Wann imitieren Menschen Modelle, reale sowie solche in den Medien • . Banduras Experimente Banduras Experimente • Ei Eines der von ihm d ih • . durchgeführten Experimente mit p Kindergartenkindern: • Experimentalgruppe 1 k k konkrete Gewaltsszene G l • Experimentalgruppe 2 konkreten Film konkreten Film • Experimentalgruppe 3 Trickfilm • Kontrollgruppe kein Treatment Ergebnisse • Nach vikarisierender Verstärkung: Phasen des Modellernens Phasen des Modellernens • B Beim Modellernen i M d ll unterscheidet Bandura vier Phasen • 1.) Die Aufmerksamkeit wird auf das Modell g gerichtet • 2.) Das beobachtende Kind kodiert die wichtigen Elemente des Elemente des Handlungsablaufs • 3.) Auf der inneren Bühne wird das Verhalten i d d V h lt nachgespielt • 4.) Das Verhalten wird ) ausgeübt und in der Regel positiv verstärkt. Modellernen ist allgegenwärtig Modellernen ist allgegenwärtig • l • g • g Vorbilder • W Wann wird jemand ein i dj d i Vorbild bzw. Modell: g • Affektive Wertschätzung: „Liebe verbindet zu jedem Vorbild“ (Max Scheler) • Ein Voraus an Kompetenzen Ein Voraus an Kompetenzen • Vorbilder werden überflüssig, wenn entsprechende entsprechende Kompetenzen angeeignet sind • Kindern nicht Vorbildern aufzwingen: Bewirkt das g Gegenteil • . Lernen durch Versuch und Irrtum Lernen durch Versuch und Irrtum • • • • EExperimentell überprüft vor allem i t ll üb üft ll von Thorndike: Seine Katzenexperimente. Erfolgreiches Handeln wird als f l h d l d l positive Bekräftigung interpretiert Die Struktur von Versuchs‐ und Irrtumslernen wird in der Lernpsychologie auch als TOTE‐ Ei h i b i h Einheit bezeichnet Zur Kritik: Schon während dem 1. Weltkrieg wies der Gestaltpsychologe Köhler nach, dass Einsicht der entscheidenste Faktor ist. • ö Eine erste Synthese: Gagné Eine erste Synthese: Gagné • 1. 2. 3 3. 4. Acht Lerntypen Signallernen Reiz‐Reaktionslernen Kettenbildung Sprachliche Asso iation Assoziation • m 5. Multiples Diskriminationslernen 6. Begriffslernen 7. Regellernen 7. Regellernen 8. Problemlösen • l Lernpsychologie II: Konstruktivistische Theorien • Gestaltpsychologie • Jerome Bruner • Lernen als aktive Strukturbildung: Jean Strukturbildung: Jean Piaget, Hans Aebli • Neuropsychologische Neuropsychologische Erkenntnisse („Nichts Neues unter der Neues unter der Sonne“) • . Gestaltpsychologie Prominente Vertreter ‐ Max Wertheimer ‐ Wolfgang Köhler ‐ Kurt Koffka Kurt Koffka ‐ Kurt Lewin Gestaltpsychologie py g • Wahrnehmung ist nicht passives Erleiden passives Erleiden, vielmehr Aktivität: Wir nehmen sinnhafte nehmen sinnhafte Gestalten wahr • . Gestaltpsychologie py g • Gestaltgesetze • Das Ganze ist mehr Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile (Üb (Übersummativität) ti ität) • Das Gesetz der Nähe • Phi‐Effekt Phi Effekt • Prägnanz: Wir tendieren dazu, , bestmögliche Gestalten wahrzunehmen . Gestaltpsychologie • Köhlers Beobachtung an Affen • Lernen erfolgt nicht durch L f l t i ht d h Aneignung isolierter Einheiten sondern von Einheiten, sondern von Ganzheiten • Lernen weniger durch g externe Konditionierung, weniger durch trial and error, sondern vielmehr aufgrund von Einsicht • . Jerome Bruner Jerome Bruner • 1915 1915 in New York geboren i N Y k b • . • Bachelor in Harvard • Professor für Pädagogische f fü äd i h Psychologie in Harvard, Oxford New York Oxford, New York • Von ihm besonders populär: Curriculumspirale, Curriculumspirale, Repräsentationsformen Jerome Bruner • V Verzichtet auf den i ht t f d Anspruch, psychologische psychologische Forschung könne absolut exakt sein; absolut exakt sein; vielmehr benötigt sie Metaphern, bspw. „Der PC rennt nicht“ • Metapher als das Wachstumsprinzip der Sprache n Je o e u e Jerome Bruner: Metaphern etap e • . • l Jerome Bruner • Lernen: Kognitivismus: Höhere geistige Prozesse Höhere geistige Prozesse • . und nicht bloße Reaktionen auf Stimuli • Das Kind als aktives Wesen in seiner (mitgestaltenden) Auseinandersetzung mit der Umwelt • Entwicklung des Kindes als Rekapitulation der Menschheitsgeschichte Jerome Bruner • Zu lernen sind vor allem Kategorien • Kategorien ermöglichen Identifikation von Sinneswahrnehmungen: „Wahrnehmen ist Kategorisieren“ • Kategorien weisen Attribute auff • Neue Informationen werden in bereits werden in bereits bestehende Kategorien g g eingegliedert • . Jerome Bruner • Bruner unterscheidet drei Repräsentationsformen die Repräsentationsformen, die genetisch aufeinander folgen: • enaktiv • ikonisch • symbolisch – b li h abstrakt b k • ENAKTIV: Kind lernt Welt durch sensomotorische durch sensomotorische Aktivität kennen – beobachtet das Tun anderer – wenn wir wissen, was wir i i i mit einem Ding TUN können • . Jerome Bruner • IKONISCH • Vorstellungsbilder ( f (aufgrund der dd Interiorisierung von Handlungen) • Handlung muss nicht mehr ausgeübt werden mehr ausgeübt werden • Dennoch: starker Bezug zum Konkreten zum Konkreten Jerome Bruner • SYMBOLISCH • Aufgrund der f dd Abstraktionen von Ikonen Ik • Es bedarf keiner bildlichen Vorstellung mehr • . Jerome Bruner Jerome Bruner Pädagogisch didaktische Konsequenzen • Mit dem Tun beginnen; am Mit d T b i Anfang war die Tat • Dem Kind vielfältige Dem Kind vielfältige Aktivitäten ermöglichen • Die Macht der Bilder Die Macht der Bilder • Abstraktionen erst zuletzt und vom Kinde selber und vom Kinde selber vornehmen lassen • . Konstruktivismus: Jean Piaget Konstruktivismus: Jean Piaget • 1896 geboren • Hochbegabtes Kind, Hochbegabtes Kind philosophisch sehr interessierter Jugendlicher • Seine Hauptfragestellung: Wie wird Erkenntnis? • Studium der Biologie: S di d Bi l i Zentralität der Adaption • Um 1920: Beginn seiner Um 1920: Beginn seiner experimentellen Erforschung kindlicher E Entwicklung, speziell der i kl i ll d Kognition Konstruktivismus: Jean Piaget Konstruktivismus: Jean Piaget Grundlegende Begriffe • Struktur: Ganzheit, Struktur: Ganzheit Totalität, transformationsfähig, g, auf verschiedene Inhalte applizierbar • Adaption • Assimilation ‐ Akkommodation • . Assimilation Subjekt PROZESS DER ADAPTION Akkommodation Umwelt Konstruktivismus: Jean Piaget Konstruktivismus: Jean Piaget Lernen: ‐ Als Aktivität l ki i ‐ Verinnerlichung von Handlungen ‐ Als Assimilation ‐ Als Differenzierung bestehender Schemata bestehender Schemata und Strukturen (Akkommodation) Konstruktivismus: Jean Piaget : Jean Piaget • Didaktisch‐pädagogische Implikationen • Entwicklungsstand des Kindes in Rechnung stellen d h ll • Entdeckendes Lernen • Kognitive Ungleichgewichte erzeugen • Dilemmas vorlegen Dil l • Lehrer nicht als Conferencier • , Konstruktivismus: Hans Aebli Konstruktivismus: Hans Aebli • Bi Biographisches hi h • 1923 geboren • Langjährige Tätigkeit als Langjährige Tätigkeit als Volksschullehrer • Studium der Psychologie, Studium der Psychologie, speziell Piaget • Professur für Pädagogische Psychologie in Bern, h l daneben stets einige Lektionen an Volksschulen Lektionen an Volksschulen • . Konstruktivismus: Hans Aebli Konstruktivismus: Hans Aebli • Lernen als L b täti k it Lebenstätigkeit • Kind will von Natur aus lernen • Lernen ist aktive St kt bild Strukturbildung • Matrix von verschiedenen hi d Lerntätigkeiten; in der Schule überwiegen Schule überwiegen symbolische Tätigkeiten • l Konstruktivismus: Hans Aebli • Bei schulischem Lernen • Ä Ä entscheidend: Die jeweils ermöglichten Tätigkeiten, und weniger die Inhalte • Aebli beklagt – zu Recht – die Stofffülle: Nicht materiale Bildung, sondern formale und kategoriale Bildung Konstruktivismus: Hans Aebli Konstruktivismus: Hans Aebli • A Anregungen von Hans Aebli, H A bli • k um Lernprozesse auszulösen • „Erzählen als die ersteGrundform“ des L h Lehrens • „exempla trahunt“ bzw. aktivieren Spiegelneuronen aktivieren Spiegelneuronen • Merkmale guten Erzählens, u.a. „storx grammar“ • Bildbetrachtung als zweite Grundform Hans Aebli a s eb Fernziel: Autonomes Lernen • Mit Sachen und Ideen selbständig in Kontakt lb tä di i K t kt treten • Erscheinungen und Texte Erscheinungen und Texte selbständig verstehen • Handlungen selbständig Handlungen selbständig planen Tätigkeiten selbständig üben • Tätigkeiten selbständig üben • . Lernen: Neuropsychologisch • Zur Repetition ca 1,4 kg schwer (1kg bis 2kg) • Verbraucht 20% unserer E Energie i • 20 Milliarden Nervenzellen (Neurone) • Pro Nervenzelle 1000-10000 ankommende Fasern anderer Nervenzellen (Eingang) ( g g) und ein Axon (Ausgang) • ca. 20 Milliarden mal 10 000 Verbindungen: 200 Billionen, Billionen davon also die meisten intern miteinander verschaltet! Lernen: Neuropsychologisch py g • Lernen als Synapsenverbindung bzw Synapsenstärkung bzw. Synapsenstärkung • Begünstigt durch Neurotransmitter wie Neurotransmitter wie Dopamin und Serotonin • Setzt Aktivität voraus: „Hand als Werkzeug des Denkens“ (Kant) . Lernen: Neuropsychologisch Lernen: Neuropsychologisch • M. Spitzer prägte für Synapsenstärkung das Bild der Spuren im Schnee: Eine der Spuren im Schnee: Eine erste Synapsenverbindung p ist wie eine einzelne Spur im Schnee, nachfolgende Leute treten in die Spuren, d d h dadurch entsteht langsam h l ein fester Pfad, für den Personen auch Umwege in Personen auch Umwege in Kauf nehmen Lernen: Neuropsychologisch e e eu opsyc o og sc • „Lernen funktioniert bei L f kti i t b i guter Laune am besten“ (M. Spitzer) • Um im Cortex abgespeichert zu werden, muss , Information limbisches System passieren In guter Stimmung: Per • In guter Stimmung: Per Hippocampus • In Angst und Stress: Per A Amygdala d l • L. L Lernen: Neuropsychologisch py g • M. Spitzer: Lernen erfordert konkrete Modelle und Vorbilder • Wird ein konkretes Modell wahrgenommen, werden die gleichen Neuronen aktiviert wie im Modell kti i t i i M d ll (Spiegelneuronen) • „Vorbilder sind ebenso Vorbilder sind ebenso hirnwirksam wie autonomes Lernen“ • . Lernen: Neuropsychologisch • Spiegelneuronen erklären das Phänomen der Intuition, aber auch der Empathie und des Altruismus auch der Empathie und des Altruismus • Einsatz in der Therapie: Schlaganfallpatienten lernen Körperbewegungen schneller, wenn sie Modelle beobachten und innerlich nachahmen • „Ich möchte eines – dreimal unterstrichen – betonen: Nichts von dem, was ich (als ( Gehirnforscher) vortragen werde, ist einem guten Pädagogen inhaltlich neu Der guten Pädagogen inhaltlich neu. Der Fortschritt besteht vielmehr darin, zu zeigen, warum das funktioniert was ein guter warum das funktioniert, was ein guter Pädagoge tut, und das nicht, was ein schlechter tut.“ (Roth, Hirnforscher, 2004, S. 496*)