Psychologische Gesprächsführung und Intervention Nonverbale Kommunikation HS 2015 05.10.2015 Dr. Esther Biedert Rückmeldung zu Übung 2 2a: Über harmlose Themen sprechen ! 2b: Über sich selber sprechen ! Übung 2a: Über harmlose Themen sprechen Befinden Feedback Ungewohnte/schwierige Aufgabe (aufgeregt, nervös, unsicher) Selbst- und Fremdwahrnehmung z.T. verschieden, oder identisch Guten Eindruck hinterlassen, kompetent Fällt positiver aus als erwartet (z.B. Unsicherheit weniger sichtbar) Fröhliches Erzählen mit Lachen Verbessert die Selbstwahrnehmung Moderate Lautstärke Gefühl der Bewertung analog zur Schule Fliessender bis stockender (gegen Ende der 2‘) Sprachfluss Positives Feedback löst positives Gefühl aus, tut gut; macht verlegen „unter Beobachtung“ stehend, „Alleinunterhalter“, Monolog Amüsant, interessant Interessant zu hören, wie man wirkt Unruhig, sobald man nichts mehr weiss zu sagen Erhöhte Selbstbeobachtung durch Wissen, beobachtet zu werden 2 min können lang sein…oder auch nicht Aufgabe erschwert durch Sprachschwierigkeit Übung 2a: Über harmlose Themen sprechen Beobachter: - Schwierig sich nur auf eine Dimension zu konzentrieren - Positiv sich nur auf eine Dimension zu konzentrieren - Nicht alle Dimensionen sind gleich einfach zu beobachten - Negatives wird leichter wahrgenommen als Positives - Bewusstes, gezieltes Beobachten ist interessant - Interessant, da gewisse Rückmeldungen für den Sprecher nicht bewusst - Sind (z.B. Blickverhalten) - Zuhören eines „Vortrages“, teilweise wenig Relevanz des Themas - Benutzung des Sachohrs - Beobachten benötigt Konzentration, Schwierigkeit der geteilten Aufmerksamkeit - Feedback des Vorredners beeinflusst eigenes Feedback Übung 2a: Über harmlose Themen sprechen Aktives Zuhören: - Allgemein spannend zum Zuhören - Schwierig, da auf eigene Beobachtungsaufgabe konzentriert - Respektvoll, interessiert, aufmerksam Übung 2b: Über sich selber sprechen Befinden Feedback Komplett andere Situation im Vergleich zu 2a Konsistent mit eigenem Befinden Überwindung Hilf- und lehrreich Unsicherer - Sicherer Angst vor der Bewertung Fehlende Rückmeldung während des Sprechens kommt mehr zum Tragen Positiv, dass das Feedback über alle Beobachtungsdimensionen erfolgt „unter Beobachtung“ stehend, analysiert Positives Feedback löst positives Gefühl aus, tut gut „unter Beobachtung“ stehend, „Alleinunterhalter“, Monolog Sorge, Feedback zu persönlich zu nehmen Schnelleres Sprechen Unangenehm, Gefühl „durchschaut“ zu werden Lauteres Sprechen Flüssigerer Redefluss 2 min können lang sein…Zeit vergeht schnell Angenehmes Gruppenklima erleichtert das Sprechen Übung 2b: Über sich selber sprechen Beobachter: - Konzentration auf Inhalt ist schwierig - Nur auf eine Dimension zu konzentrieren schwierig – auf alle aber auch - Differenzierung des Gesichtsausdrucks schwierig - Beobachtung einfacher, da Verhalten des Sprechers echter/ authentischer (weniger „vortragend/referierend“ - Positiv zuzuhören und nichts beitragen zu müssen (entspannt) - Je mehr zu beobachten ist, desto subjektiver wird die Rückmeldung - Ablenkung durch Inhalt - Wie soll man auf schwierige Inhalte reagieren? - Benutzung des Selbstoffenbarungsohrs Übung 2b: Über sich selber sprechen Aktives Zuhören: - Erkennbar z.B. durch Notizen machen - Fällt leichter, da Inhalte interessanter - Deutlicher sichtbar im Vergleich zu Übung 2a - Je aktiver das Zuhören, desto weniger Konzentration für die Beobachtungsaufgabe - Je mehr Konzentration auf der Beobachtungsaufgabe, desto weniger aktives Zuhören => Sprecher fühlt sich weniger ernst genommen Fazit Übung 2a und 2b ! ! ! ! ! ! ! Persönliches Thema häufig einfacher, da persönlicher Bezug vorhanden (jedoch individuelle Unterschiede) Persönliche Themen wirken authentischer Persönliche Themen sind interessanter zu beobachten/anzuhören Selbstbild und Fremdbild können divergieren Schwierig sich auf (alle, bestimmte) Dimensionen zu konzentrieren Je interessanter der Inhalt, desto schwieriger, sich auf die Dimensionen zu konzentrieren Positives Feedback tut gut Präsentation Inhalte ! ! ! ! ! ! ! Praxisorientiert: Fokus auf Praxis Kurzer theoretischer Input Videobeispiel Literaturzusammenstellung Integration der Themen aus 1. Teil Vortrag auf Gestens (wird nach Semester gelöscht) Vorträge (zwei Wochen vor dem Termin per Mail Konzept und Begleitliteratur an [email protected] schicken; Rückmeldung) ^ Raumreservation und Videoaufnahmen Zentrum: [email protected] ^ CD-R selber mitbringen Präsentation Benotung ! Handout zum Vortrag " Folien, Zusammenfassung des Inhalts (ca. 1,5 Seiten), Literaturliste Konzept ! Video ! Praxisbezug ! Theoretische Einbettung ! ! = Gesamtnote Nonverbale Kommunikation «Der Körper ist der Übersetzer der Seele ins Sichtbare» (Christian Morgenstern) https://www.youtube.com/watch?v=RHjIJJQQPzw «Der kluge Hans» Definition (Helfrich & Wallbott, 1980) „Nonverbale Kommunikation ist die Gesamtheit der im Kommunikationskontext auftretenden nicht–sprachlichen Phänomene, unabhängig davon, ob ein geteilter Kode und Intentionalität des Senders gegeben sind“ ! nonverbale " " Kommunikation liegt also auch dann vor, wenn: Sender nicht beabsichtigt, eine Information zu übermitteln Empfänger die Botschaft nicht versteht Merkmale verbaler vs. nonverbaler Kommunikation (Hargie, 2013) Verbale Kommunikation Nonverbale Kommunikation • entwicklungsgeschichtlich jung („menschlich“) • abstrakt symbolisch • kulturspezifisch • mehr explizite als implizite Bedeutung • eher kognitiv • entwicklungsgeschichtlich alt (Gemeinsamkeit mit Tieren) • bildhaft • z. T. universell • mehr implizite als explizite Bedeutung • eher emotional, beziehungsorientiert • kontinuierlich • simultan • diskret • sequentiell (Sprecherwechsel) Nonverbale Kommunikationselemente (Bekmeier, 1989) vokal nonvokal - Lautstärke - Stimmlage - Sprechgeschwindigkeit - etc. körperlich statisch - Körperbau - Gesichtsform - Hautfarbe Veränderbar - Frisur - Fingernägel dynamisch - Mimik - Gestik - Körper-bewegung -haltung -orientierung -entfernung „materiell“ - zur körperlichen Erscheinung gehörende Stimuli (z.B. Kleidung, Schmuck) - aus der Umwelt des Kommunikators stammende Stimuli (z.B. Möbel, Raumanordung) - im Interaktionsprozess eingesetzte Stimuli (z.B. Barrieren) Zwecke nonverbaler Kommunikation (Hargie, 2013) Nonverbale Botschaft kann verbale Botschaft: ! Ersetzen " Bsp. Gebärdensprache, Gesten bei Lärm, Tiefseetaucher ! Ergänzen " Bsp. Gesten zur Wegbeschreibung, Ausdruck von Mitgefühl ! Modulieren " Verstärken oder Abschwächen der verbalen Botschaft (Bsp. Variieren der Lautstärke, Sprechtempo) ! Widersprechen " bewusste Ironie, ungewollte Inkongruenz ! Regulation der Konversation " Signale des Sprechers die Sprecherwechsel kommunizieren: Blickkontakt, Aufhören der Gestikulation, Abnehmende Betonung, Stimmlage geht nach unten ff Zwecke nonverbaler Kommunikation (Hargie, 2013) Nonverbale Botschaft kann: ! Gefühle und interpersonale Einstellungen ausdrucken " Bsp. Gesichtsausdrücke ! Beziehungen aushandeln " Bsp. hinsichtlich sozialer Macht, Dominanz ! Persönliche und soziale Identität vermitteln " durch z.B. Kleidung, Schmuck, Grösse des Büros ! Interaktion kontextualisieren " durch Schaffung eines bestimmten sozialen Umfeldes Arten nonverbaler Kommunikation ! Haptik (Kommunikation durch Berührung) ! Kinesik (Kommunikation durch Körperbewegungen) ! Proxemik (Übermitteln von Botschaften durch Wahrnehmung und Ausnutzung des persönlichen und sozialen Raums) ! Körperliche Charakteristika ! Umgebungsfaktoren ! Vokalisierung Aufteilung Worte Körpersprache 7% Stimme 55% 38% „Der Mensch ist ein auf vielen Ebenen kommunizierendes Wesen, das manchmal auch spricht.“ (Ray L. Birdwhistell) Freiheitsgrade der Körperbewegungen Frey, 1984 (nach Frey, 1999, S. 66, 67) Kodierungsschema für Kopfhaltungen (Frey, 1984, nach Frey, 1999) Die Wirkung der Kopfhaltung Die „Madonna del Magnificat“ von Sandro Botticelli verwandelt sich von einer demütigen, bescheidenen Frau zur selbstbewussten Herrin wenn man ihr den zur Seite geneigten Kopf gerade rückt. (Frey, 1999, Die Macht des Bildes. Bern: Huber; S. 139 ) Beschreibung des mimischen Ausdrucks auf der Basis der Gesichtsmuskulatur Mimischer Ausdruck von Emotionen Im Experiment von Ekman und Friesen (1971) verwendete Fotographien 1. Trauer 4. Ekel 2. Freude 5. Überraschung 3. Furcht 6. Ärger Facial Action Coding System (FACS) (Ekman & Friesen, 1976) Die wichtigsten von insgesamt 46 Kategorien des mimischen Ausdrucks (nach Scherer & Wallbott, 1990, S. 374) Mimische Veränderungen bei spezifischen Emotionen (Ekman, Roper & Hager, 1980, nach Scherer & Wallbott, 1990, S.382) ! Überraschung: Heben der Augenbrauen, Senken des Unterkiefers, Heben der oberen Augenlider (Aus 1, 2, 26, 5) ! Ärger: Zusammenziehen der Augenbrauen, Zusammenpressen der Lippen, Spannung der Lider (Aus 4, 24, 7) ! Abscheu: Rümpfen der Nase, Herunterziehen der Unterlippe (Aus 9, 16) ! Freude/Glück: Heben der Mundwinkel (AU 12) ! Furcht/Angst: Heben der Oberlippe, Spannung der Lider, Mundwinkel zur Seite gezogen (Aus 5, 7, 20) ! Trauer: Senken der Mundwinkel, Heben des inneren Teils der Augenbrauen, Herunterziehen der Unterlippe (Aus 15, 1, 16) Wie gut werden vokal und mimisch ausgedrückte Emotionen dekodiert? (Scherer, Johnstone & Klassmeyer, 2003, S. 444) Vokale Indikatoren des Therapiefortschritts bei Patienten mit Major Depression (Ellgring & Scherer, 1996) Zunahme der Sprechhäufigkeit ! Abnahme der Dauer von Sprechpausen ! Ellgring, H. & Scherer, K. R. (1996). Vocal indicators of mood change in depression. Journal of Nonverbal Behavior, 20, 83-110. Neurobiologische Grundlagen https://www.youtube.com/watch?v=8-3ywrAoMII Gesten (Kinesik) = Bewegung von Armen und Händen ! Embleme (sind selbst Zeichen) " Z.B. Gebärdensprache, Vogel zeigen ! Illustratoren (ergänzen Sprache) " Auf Objekt über das gesprochen wird zeigen " Abstrakte Konzepte veranschaulichen ! Regulatoren " Wortmeldung bei Gesprächsgestaltung ! Affekt-Gesten: " " " " " Hand über dem Mund (Verlegenheit) Hand bedeckt Augen (Scham) Fingernägel kauen und in die Finger beissen (Nervosität) Faust ballen (Aggression) Hände ringen, mit den Haaren spielen (Verzweiflung, Langeweile) Gesten von Unsicherheit Blickverhalten (Kinesik) Blickkontakt: Blickvermeidung - Anstarren Funktionen: ! Monitoring " Information über Umwelt einholen (z.B. Zustand des Zuhörers) ! Regulieren " Nähe - Distanzregulation ! Ausdruck " Indikator für Aufmerksamkeit " Längerer Blickkontakt (Ausdruck von Mögen) Nonverbale Indikatoren von Dominanz Lautere Stimme ! Längere Redezeit ! Häufigeres Unterbrechen des Gesprächspartner ! Während des Sprechens längeres Anschauen des Gesprächspartners ! Häufigere Berührung ! Wahl eines hervorgehobenen Platzes ! " Bsp. am Tischende, hinter dem Schreibtisch Distanzebenen (Proxemik) Öffentliche Distanz: ≥4m 2-4 m 60-200 cm Personen ohne unmittelbare Beziehung, z.B. Vorträge Gesellschaftliche Distanz: Fremde Gesprächspartner, Schutzfunktion z.B. durch Schreibtisch oder Tresen Persönliche Distanz: gewisse Vertraulichkeit, ohne Bedrängen des Gesprächspartners, z.B. Kundengespräch Intime Distanz: Nur ganz vertraute Personen (Partner, Kinder), sonst entsteht Unbehagen < 60 cm Sitzposition (Proxemik) 90°: Offenes zuhören 0°: Konfrontation Nonverbale Regulation von Nähe - Distanz ! Körperhaltung " Weglehnen - Zuneigen " Öffnen – Zurückziehen ! Blickkontakt " Wegsehen – Anstarren Defensivität versus Offenheit (Arm- und Beinbarrieren) Zeichen von Defensivität Vorbeugen - Zurücklehnen Nonverbales Spiegeln ! Spiegeln von Mimik des Gesichtsausdrucks und der Körperhaltung: " Erleichtert Empathie (Facial- Feedback) " Ausmass der Synchronisierung signalisiert emotionale Übereinstimmung " Positive Bewertung der Beziehung Positive nonverbale Signale beim Zuhören ! Lächeln " Einladung zum Erzählen " Ermunterung ! Blickkontakt " Zuhörer schaut eher zum Sprecher als umgekehrt ! Passende Paralinguale Signale " Flache Stimme " Keine Unterbrechung ! Nonverbales Spiegeln " Mimisches Spiegeln des Ausdrucks des Sprechers " Spiegeln der Körperhaltung " Atmung ! ! Einnehmen einer aufmerksamen, zugewandten Sitzposition Nicken mit dem Kopf " Signalisiert Einverständnis und Bereitschaft zuzuhören, Verstärker ! Keine Anzeichen von Ablenkung " Schauen auf die Uhr, Spielen mit Gegenstand, Gähnen Fazit für psychologische Gespräche ! ! ! ! ! Nonverbale Signale geben keine exakte Auskunft, sondern sind immer im Gesamtkontext zu verstehen Nonverbale Signale geben Berater Auskunft über den aktuellen Zustand des Ratsuchenden (z.B. Frustrationen, Unsicherheit, Anspannung, ...) Nonverbale Signale geben Ratsuchenden Auskunft über den aktuellen Zustand des Beraters Nonverbale Signale geben Auskunft über die aktuelle Beziehung zwischen Ratsuchendem und Berater Berater kann nonverbale Elemente bewusst einsetzen: " " " " Nonverbales Spiegeln Nonverbale Bestätigung und Nicken Direktes Thematisieren des nonverbalen Verhaltens Beratende können nonverbale Signale gezielt einsetzen: Empathie, Offenheit/Interesse, Konfrontation Übung 3 ! 3a - Blickkontakt: Wie viel Blickkontakt ist angemessen? ! 3b - Nähe: Wie viel Nähe ist angenehm? ! 3c - Nonverbale Kommunikation im Gespräch Ziel: Wirkung nonverbaler Signale erleben und steuern können Übung 3a Wie viel Blickkontakt ist angemessen? Durchführung (jeweils in 2er Gruppen; mehrfache Durchführung mit verschiedenen Gruppenzusammensetzungen): ! Setzen Sie sich zu zweit in einem normalen Abstand gegenüber. Versuchen Sie sich 1 Minute lang anzuschauen. ! Tauschen Sie sich aus, wie Sie den Blickkontakt empfunden haben, und wie Sie damit umgegangen sind. Übung 3b Wie viel Nähe ist angenehm? Durchführung (jeweils in 2er Gruppen; mehrfache Durchführung mit verschiedenen Gruppenzusammensetzungen): " eine Person steht in der einen Ecke des Raumes, die andere Person in der anderen Ecke. " eine Person läuft langsam auf die andere Person zu. Diese sagt « Stopp », wenn die angenehme Nähedistanz erreicht ist. " Erfahrungsaustausch in der Gruppe. Übung 3c Nonverbale Kommunikation im Gespräch " Patienten-Therapeuten Gespräch, ca. 2-3 Min. " 1. Version ohne Modifikation der nonverbalen Anteile (s. nächste Folie) und ohne Rückmeldung von Beobachter, Therapeut und Patient " 2. Version mit Modifikation (1-2) Dimensionen sowie mit Rückmeldung von Beobachter, Therapeut und Patient " Austausch in der Gruppe (Regeln der Rückmeldung bei Rollenspiel beachten) und neues Gespräch ff Übung 3c Modifikationsmöglichkeiten ! ! ! ! ! ! Defensivität: Arme und Beine verschränkt; geringer Blickkontakt; Körper abgewandt Offenheit/Interesse: Arme und Beine nicht verschlossen; sichtbare Handflächen; Kopf zugewandt und schräg Unsicherheit/Angst: Geschlossene Körperhaltung; Brust nach innen; kurzer Blickkontakt; «ängstliche» Stimme, kurze Sätze Aggressivität: Offene Körperhaltung frontal gegen den Verkäufer; Fäuste, ev. auf Taille abgestützt; «zorniger» Blick; Blickkontakt halten Distanz: extrem grosse bzw. extrem kleine Distanz einnehmen; Distanz während Gespräch verändern Reduziertes nonverbales Verhalten: Blickkontakt, aber kaum oder keine körperliche Bewegung, kein Nicken, kein Gestikulieren