IGAV – Interessensgemeinschaft Allergenvermeidung www.allergenvermeidung.org Telefon-Hotline: 01/212 60 60 Prim. Dr. Norbert VETTER 2. Interne Lungenabteilung Sozialmedizinisches Zentrum Baumgartner Höhe Otto-Wagner-Spital, Wien Was passiert, wenn nichts passiert Ein Heuschnupfen wird gerne auf die leichte Schulter genommen – dabei ist er oft nur die Spitze des Eisbergs: darunter liegen mitunter ernste Erkrankungen wie Asthma. In Österreich wird nur jeder vierte Allergiker therapiert. Das heißt, von den 1,6 Millionen Allergikern sind rund 1,2 Millionen einem enorm erhöhten Asthma-Risiko ausgesetzt. Eine Allergie ist ein chronischer Entzündungsprozess. Die allergische Rhinokonjunktivitis – landläufig als Heuschnupfen bezeichnet – ist mittlerweile zur Volkskrankheit geworden. Dabei bleibt die Erkrankung in vielen Fällen nicht auf Augen und Nase beschränkt: sie kann sich auf den gesamten Bereich der Atemwege von den Nasennebenhöhlen mit Mittelohr über Rachen, Luftröhre bis hin zur Lunge ausbreiten. Jede Behandlung dieser Allergie ist daher immer zugleich Prophylaxe, denn es gilt den „Etagenwechsel“, ein Übergreifen der Entzündung auf tiefere Atemwege, zu verhindern. 50 Prozent der Betroffenen, die heute unter einem allergischen Schnupfen leiden, werden früher oder später zu Asthmatikern, wenn sie nicht oder zu spät behandelt werden! Für Betroffene bedeutet chronisches Asthma einen lebenslangen, enorm erhöhten Leidensdruck sowie stark eingeschränkte Lebensqualität und für die Volkswirtschaft einen 6-fachen Anstieg der Kosten. Die Behandlung von allergischen Erkrankungen nutzt im Wesentlichen drei Möglichkeiten: Die „Allergenkarenz“(Allergenvermeidung), die Behandlung der Symptome und die Hyposensibilisierung („Allergie-Impfung“). Laut ARIA (Allergic Rhinitis & its Impact on Asthma)-Guidelines der Weltgesundheitsorganisation WHO kann die frühe Behandlung des Heuschnupfens die Entwicklung von Asthma verhindern. Die erste und wichtigste Maßnahme in der Behandlung ist die Allergenvermeidung. Das heißt, Betroffene sollen so weit es geht den Kontakt mit Allergie-Auslösern meiden oder reduzieren. Die weitere Therapie richtet sich nach der individuellen Ausprägung der Symptome und dem Schweregrad der Erkrankung. Angesichts der heute zur Verfügung stehenden Therapieformen ist es durchaus möglich, für jeden Allergiker ein maßgeschneidertes Behandlungspaket zu erstellen. Antihistaminika & Kortison lindern Symptome Gemäß den Empfehlungen der WHO gelten nicht sedierende Antihistaminika als Präparate der ersten Wahl zur Basistherapie der allergischen Rhinokonjunktivitis. Antihistaminika bessern Symptome wie Niesen, Juckreiz und tränende Augen. Neueste, moderne Wirkstoffe wie Desloratadin1 können bereits im Kindesalter (ab dem 2. Lebensjahr) unbedenklich verabreicht werden und machen auch nicht müde – eine Nebenwirkung, die bei älteren Präparaten auftritt und Verkehrssicherheit, Arbeits- und Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt. Aktuelle Studien zu Desloratadin zeigen, dass diese Substanz die Reaktionsfähigkeit in keiner Weise beeinflusst, rund um die Uhr wirkt sowie keine klinisch relevanten Neben- und Wechselwirkungen auftreten. Ergänzend empfiehlt die WHO intranasales Kortison (Nasenspray). Lokal angewandte Kortikosteroide haben oft deutlich weniger Nebenwirkungen als etwa Schleimhaut abschwellende Substanzen, wie sie vielfach bei harmlosen Erkältungen angewandt werden. Studien zu den Kortikosteroidhältigen Nasensprays Fluticasonproprionat2 und Mometasonfuroat3 zeigen, dass es selbst nach einem Jahr Anwendung zu keiner Veränderung der Nasenschleimhaut kommt. Ein herkömmlicher, abschwellender Nasenspray dürfte dagegen höchstens 7 bis 10 Tage angewendet werden! Fluticasonpropionat wirkt innerhalb von 12 Stunden ein, bei manchen Patienten schon nach 2-4 Stunden4. Topische Kortikosteroide wie 2 IGAV – Interessensgemeinschaft Allergenvermeidung www.allergenvermeidung.org Telefon-Hotline: 01/212 60 60 Fluticasonpropionat sind aufgrund ihrer anti-inflammatorischen (antientzündlichen) Eigenschaften Therapie der ersten Wahl bei Rhinitis5. Systemisch wirksames (den ganzen Organismus betreffendes) Kortison sollte hingegen vermieden bzw. nur kurzfristig eingesetzt werden. Allergie-Impfung bekämpft Ursache Die Allergie-Impfung (auch Hyposensibilisierung oder Spezifische Immuntherapie genannt) hat heute einen festen Stellenwert im AllergieManagement – und zwar besonders dann, wenn eine Empfindlichkeit gegenüber Allergenen vorliegt, die man schwer meiden kann, wie etwa Pollen oder Hausstaubmilben. Auch als Prävention gegen schwere allergische Reaktionen auf Bienen- oder Wespenstiche ist sie sehr wirksam. Hyposensibilisierung bedeutet so viel wie „unempfindlich machen“ oder „an etwas gewöhnen“. Sie ist auch die einzige Allergie-Behandlung, die direkt im Immunsystem ansetzt und dessen Fähigkeit zur Abschwächung der Reaktion nutzt. In vielen Fällen kann sogar eine Ausheilung der Allergie erreicht werden. Standardisierte Allergen-Extrakte werden dabei mit einer ganz feinen Nadel unter die Haut gespritzt. Der Extrakt kann auch in Tropfenform unter die Zunge verabreicht werden (sublinguale Allergie-Immuntherapie, SLIT) – eine Form der Applikation, die vor allem für Kinder und Menschen mit einer Scheu vor Injektionsnadeln eine wertvolle Alternative darstellt. Italienische Wissenschafter untersuchten über einen Zeitraum von 10 Jahren bei Kindern mit Milbenallergie und allergischem Asthma/Rhinitis die Langzeitwirkung der SLIT. Das Ergebnis zeigt eine deutliche Senkung der Asthma-Häufigkeit und eine signifikante Verringerung der AsthmaMedikation sowohl unmittelbar nach Abschluss der Therapie als auch nach 10 Jahren. Die Studienergebnisse zeigen demnach, dass die SLIT eine effektive, langfristig wirksame Behandlungsmethode darstellt. Die Hyposensibilisierungs-Behandlung dauert im Allgemeinen drei Jahre, geimpft wird in Abständen von ein bis zwei Monaten, die Tropfen werden 1x pro Tag eingenommen. In der Regel werden die Symptome bereits nach 3 IGAV – Interessensgemeinschaft Allergenvermeidung www.allergenvermeidung.org Telefon-Hotline: 01/212 60 60 drei bis sechs Monaten schwächer und der Bedarf an anderen AllergieMedikamenten geht zurück. Asthma! Wird beim Allergiker bereits Asthma bronchiale diagnostiziert, so gilt selbstverständlich weiterhin die Empfehlung zur Allergenkarenz. Darüber hinaus müssen spezifische Therapien eingeleitet werden, die sich wiederum nach dem Schweregrad der Erkrankung richten: Zu den Eckpfeilern der Behandlung zählen bronchienerweiternde Mittel sowie entzündungshemmende Substanzen (hauptsächlich Kortikosteroide wie Fluticason6). Daneben erfordert Asthma ein umfassendes Krankheitsmanagement: die richtige Anwendung der Therapie, Kontrolle der Lungenfunktion und körperliche Aktivität zählen dazu. Die Atemschule – eine Initiative der Lungenfachärzte gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Lungenerkrankungen und Tuberkulose (ÖGLUT) und GlaxoSmithKline – bietet dazu spezielle Schulungen für Kinder und Erwachsene (www.atemschule.at). Kontakt und Information für Patienten: IGAV (Interessensgemeinschaft Allergenvermeidung) Tel: 01/212 60 60, www.allergenvermeidung.org Atemschule Tel: 01/979 85 65, www.atemschule.at Österreichische Lungenunion Selbsthilfe bei Asthma, Bronchitis, Allergie T: 01/330 42 86 Kontakt für Journalisten-Rückfragen: Prim. Dr. Norbert VETTER 2. Interne Lungenabteilung, Sozialmedizinisches Zentrum Baumgartner Höhe Otto-Wagner-Spital, Wien T: 01/91060-42002 E: [email protected] 4 IGAV – Interessensgemeinschaft Allergenvermeidung www.allergenvermeidung.org Telefon-Hotline: 01/212 60 60 Diesen Text und das Foto von Prof. Vetter gibt’s bei: Elisabeth Leeb, ikp, T: 01/524 77 90, E: [email protected] 1 Hinweis für die medizinische Fachpresse: Aerius® von Aesca. Laut DGAI (Deutsche Gesellschaft für Allergologie und Immunologie) ist Desloratadin das 1. Anthistaminikum der 3. Generation 2 Hinweis für die medizinische Fachpresse: Flixonase® von GlaxoSmithKline 3 Hinweis für die medizinische Fachpresse: Nasonex® von Aesca 4 Meltzer EO., Annals of Allergy, Asthma and Immunology 2001 March, Vol. 86 (3): 286-291 5 Horvath P.H., A comparison of the anti-inflammatory properties of intranasal corticosteroids and antihistamines in allergic rhinitis, Allergy 2000: 62: 6-11 6 Hinweis für die medizinische Fachpresse: Flixotide® von GlaxoSmithKline 5 IGAV – Interessensgemeinschaft Allergenvermeidung www.allergenvermeidung.org Telefon-Hotline: 01/212 60 60