Nr.13 München, 7. April 2004 Unsere Themen Entkoppeln, nicht abkoppeln! Umsetzung Agrarreform: Vorrang für Wettbewerbsfähigkeit und Marktorientierung gefordert Interview Positives Signal für EnergieLandwirte 2 Preisanstieg vor Ostern bleibt bisher aus Eierpreise geben seit Jahresbeginn kontinuierlich nach Sich im „Grünen Bereich“ auskennen 3 Bayerischer Tierschutzpreis 2004 4 7 Agrimente 2004: Kompakte Wissenslektüre zur deutschen Landwirtschaft Novelle des Erneuerbare-EnergienGesetz (EEG) gibt mehr Investitionssicherheit Aktionen zeigen Wirkung 5 Bewerbungsfrist läuft bis 1. Juli Milchproteste und Gespräche bringen Bewegung in die Verhandlungen Herausgeber: Bayerischer Bauernverband, Generalsekretariat, Max-Joseph-Straße 9, 80333 München Telefon: 089/55873-209/-210/-213; Telefax: 089/592311; E-Mail: [email protected] / Internet: www..BayerischerBauernVerband.de Verantwortliche Redakteurin: Brigitte Scholz; Nachdruck honorarfrei, Beleg erbeten 8 bbv-Pressedienst vom 7. April 2004 Entkoppeln, nicht abkoppeln! Umsetzung Agrarreform: Vorrang für Wettbewerbsfähigkeit und Marktorientierung gefordert München (bbv) - Der Bundestag hat vergangene Woche mit den Stimmen der Regierungskoalition den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Agrarreform verabschiedet. Der Bayerische Bauernverband kritisiert diese Pläne massiv. Durch eine Umsetzung gemäß dem Gesetzentwurf würden die leistungsfähigen, zukunftsorientierten Betriebe in Bayern und Deutschland deutlich geschwächt. Insbesondere die Milch- und Veredelungsbetriebe würden durch den so genannten „Gleitflug“ abgestraft und ihre getätigten Investitionen entwertet. Aber auch spezialisierte Ackerbaubetriebe müssten beim Einstieg in die Entkopplung nach dem Modell der Bundesregierung abrupt einen erheblichen Bruch zum jetzigen System verkraften. „Die Umsetzung der Agrarreform darf nicht dazu führen, dass die bayerischen und deutschen Bauernfamilien abgekoppelt und im europäischen Wettbewerb aufs Abstellgleis manövriert werden. Genau das würde aber durch den nun vom Bundestag verabschiedeten Gesetzentwurf passieren“, warnt Bauernpräsident Gerd Sonnleitner. Deshalb sei jetzt der Bundesrat auf der Gundlage des von der CDU/ CSU eingebrachten Entschließungsantrages gefordert, durch die Anrufung des Vermittlungsausschusses diese Sackgasse für die Bäuerinnen und Bauern abzuwenden. Der Gesetzentwurf müsse grundlegend korrigiert werden, so dass eine tragfähige Lösung für die Gesamtheit der leistungsfähigen, wirtschaftenden Betriebe entsteht. Dazu gehöre auch, dass Deutschland keinen Sonderweg im Vergleich zu wichtigen Nachbarländern und Mitwettbewerbern in der EU einschlage. Der Bayerische Bauernverband weist darauf hin, dass die Mehrheit der EUStaaten (z.B. Frankreich, Österreich, Niederlande) betriebsindividuell entkoppeln werde, der Rest - bis auf einen Teil von Großbritannien - plane ein konstantes Kombimodell ohne Gleitflug (siehe Übersicht). Verlässliche Rahmenbedingungen Der Bauernverband hat deshalb ein konstantes Kombimodell als konstruktiven Lösungsansatz in die politische Diskussion eingebracht. Kernelemente diese Kombimodells sind ein einheitlicher Sockelbetrag für Acker- und Grünland, der aus 20 bis 35 Prozent der Direktzahlungen besteht, sowie die betriebsindividuelle Zuteilung der restlichen 65 bis 80 Prozent der Direktzahlungen. Die Milchprämie würde, um der besonderen Situation der Milcherzeuger Rechnung zu tragen, zu 100 Prozent betriebsindividuell zugeteilt. Entscheidend ist, dass in diesem neuen Lösungsansatz kein Gleitflug vorgesehen ist, sondern Seite 2 bbv-Pressedienst vom 7. April 2004 Seite 3 verlässliche Rahmenbedingungen für die bäuerlichen Unternehmerfamilien für die nächsten acht Jahre. Neben einer Umsetzung der Entkopplung im Sinne der wirtschaftenden Betriebe fordert der Bauernverband mit Nachdruck eine praxisgerechte Umsetzung von Cross Compliance auf EU-einheitlichem Niveau. Es dürfe keine nationalen Alleingänge zu Lasten der bayerischen und deutschen Bäuerinnen und Bauern geben. Insbesondere beim Dauergrünlanderhaltungsgebot müsse eine flexible und praktikable Regelung gefunden werden, die betriebliche Entwicklungen und bestehende Agrarumweltprogramme nicht ausbremst. Tabelle: Tendenzen zur nationalen Umsetzung der Agrarreform in den anderen EU-Staaten Individualmodell Konstantes Kombimodell Kombimodell mit Gleitflug Österreich Nordirland Irland Dänemark Frankreich Luxemburg Wales/Schottland Schweden Niederlande Finnland England Belgien Portugal Griechenland Spanien Italien Interview Positives Signal für Energie-Landwirte Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gibt mehr Investitionssicherheit München (bbv) - Nach über zwei Jahren intensiver Diskussion hat der Bundestag vergangenen Freitag das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verabschiedet. Damit ist die Novellierung des EEG in greifbare Nähe gerückt. Landwirten, die sich alternative Einkommensquellen im Bereich der Erneuerbaren Energien erschließen möchten, wird in Zukunft mehr Investitionssicherheit gegeben. bbv-Pressedienst vom 7. April 2004 Der bbv-Pressedienst hat bei Landwirt Josef Pellmeyer aus dem Landkreis Freising, der seit acht Jahren eine Biogasanlage betreibt und seit 2001 Präsident des Fachverbandes Biogas e.V. ist, genauer nachgefragt. BBV: Wie beurteilen Sie die Novellierung des Erneuerbare-EnergienGesetz (EEG)? J. Pellmeyer: Wir sind rundum zufrieden mit der Gesetzesnovelle. Ein deutlicher Unterschied ist, dass in Zukunft nach den Rohstoffen unterschieden wird, die in der Biogasanlage eingesetzt werden. Dies hat der Fachverband Biogas e.V. in die Gespräche und Beratungen eingebracht. Bisher war es so, dass jeder Rohstoff pauschal mit 10 Cent/kWh vergütet worden ist. In Zukunft werden auch die Primärkosten mit berücksichtigt, denn der eingesetzte Rohstoff von Wiese und Acker hat ja Gestehungskosten. Nachwachsende Rohstoffe, die speziell für die Vergärung in Biogasanlagen angebaut werden sind beispielsweise Getreide, Silomais, Ganzpflanzensilage und Gras. So ist im Gesetz ein Bonus für nachwachsende Rohstoffe von sechs Cent bzw. vier Cent vorgesehen, wenn nur nachwachsende Rohstoffe und Gülle eingesetzt werden. Der Landwirt erhält dann 16 Cent pro Kilowattstunde Strom bei einer Biogasanlage bis 500 KW, bei einer Anlage bis zu 5 MW sind es 14 Cent. BBV: Was versprechen Sie sich von der Gesetzesnovelle für die Landwirtschaft? J. Pellmeyer: Wer eine Biogasanlage baut, kann sie in Zukunft auch mit Erfolg betreiben. Es wird deshalb für viele Landwirte ein zweites wirtschaftliches Standbein werden. Im Gegensatz zu einem landwirtschaftlichen Betrieb mit Milchvieh, der von keinem kalkulierbaren Gewinn ausgehen kann und oft für einen Liter Milch noch draufzahlen muss, hat der Gesetzgeber die Vergütung für Strom aus Biomasse für 20 Jahre festgelegt. Ich hoffe, dass von der Gesetzesnovelle mittelfristig auch die Landwirte profitieren werden, die weiterhin ausschließlich Nahrungsmittel erzeugen. Die gesamte Landwirtschaft wird entlastet, da die Märkte sich entspannen werden. Aktionen zeigen Wirkung Milchproteste und Gespräche bringen Bewegung in die Verhandlungen München (bbv) - Die große Solidarität, mit der die bayerischen Milchbauern letzte Woche drei Tage lang die Milchanlieferung an ihre Molkerei einstellten, hat ihre Wirkung nicht verfehlt. Einige Molkereien waren wohl sehr überrascht, wie wenig Milch sie an diesen Tagen geliefert bekamen. Auch bei Lebensmitteleinzelhandel und Politik scheinen die Proteste etwas in Bewegung gebracht zu haben. Seite 4 bbv-Pressedienst vom 7. April 2004 Bei einigen Käsereien wurde die Produktion eingestellt, um anderen Molkereien bei der Herstellung von Milch und Frischprodukten auszuhelfen. Auch die Politik scheint die Signale bereits vernommen zu haben und schwenkt auf wesentliche Forderungen ein. Bei der Frühjahrskonferenz der Agrarminister in Osnabrück hat Agrarministerin Künast die Forderung nach Aussetzung der Saldierung bereits aufgenommen. Auch der Lebensmitteleinzelhandel hat sich bewegt. Zwischenzeitlich konnten in einem vom oberbayerischen Bezirkspräsidenten Max Weichenrieder (MdL) initiierten Gespräch mit Vertretern von Aldi, an dem auch Landesbäuerin Annemarie Biechl (MdL), BBV-Vizepräsident Jürgen Ströbel (MdL) sowie MEG-Landesvorsitzender Josef Andres teilnahmen, die Forderungen der Milcherzeuger vorgetragen werden. Die Reaktionen, vor allem aber auch die positive Resonanz von Presse und Verbrauchern, machen den Milchbauern Mut, mit weiteren gut abgestimmten Aktionen in den nächsten Wochen die laufenden Preisverhandlungen zwischen Molkereien und Lebensmitteleinzelhandel und somit den eigenen Milchauszahlungspreis positiv zu beeinflussen. Auch in anderen Bundesländern wird der Protest fortgesetzt. Am Mittwoch demonstrierten Milchbauern in Baden-Württemberg vor der Lidl-Zentrale in Neckarsrulm mit Unterstützung ihrer bayerischen Kollegen. Schwarze Liste Bei einer Arbeitstagung hat der BBV-Bezirksverband Oberbayern gefordert, die Saldierung auf Molkerei- und Bundesebene auszusetzen. Außerdem wurde eine Schwarze Liste gefordert, in der alle Molkereien veröffentlicht werden, die mit Dumpingangeboten die Interessen der Milchbauern missachten. Preisanstieg vor Ostern bleibt bisher aus Eierpreise geben seit Jahresbeginn kontinuierlich nach München (bbv) - Der übliche Preisanstieg für Eier vor Ostern im Lebensmittelhandel blieb heuer bisher gänzlich aus. Bleibt abzuwarten, ob es dem Handel gelingt, mit der erwarteten vorösterlichen Umsatzsteigerung noch spürbar höhere Preise durchzusetzen. Der ungewöhnlich starke Preisanstieg wegen der Produktionsausfälle in den Niederlanden in der Zeit von September bis November 2003 führte dazu, dass die Eierpreise seit Jahresbeginn kontinuierlich nachgaben. Auf Handelsstufe liegen die Preise schon seit März unter Vorjahreshöhe. Die Verbraucherpreise sind ebenfalls nur noch geringfügig höher als vor einem Seite 5 bbv-Pressedienst vom 7. April 2004 Jahr. Der Zehnerpack Standardeier der Gewichtsklasse M kostete zwei Wochen vor Ostern in Bayern 1,14 Euro. Das waren nur fünf Cent mehr als im vergangenen Jahr. Eier aus Bodenhaltung kosteten im Einzelhandel zum selben Zeitpunkt heuer 1,67 Euro, im Vorjahr 1,64 Euro je Packung. Ende vergangenen Jahres wurden in Bayern in 167 Betrieben mit mehr als 3000 Hennenplätzen noch ca. drei Mio. Legehennen gehalten, die im Jahr ca. 830 Mio. Eier produzierten. Die meisten Hennen werden in Niederbayern (37 Prozent) und der Oberpfalz (26 Prozent) gehalten. Nur knapp 17 Prozent der Hennen wurden in Betrieben mit mehr als 30.000 Tieren gehalten. Wegen der neuen Legehennenhaltungsverordnung, die ein Verbot der Käfighaltung ab 2007 vorsieht, steigen viele kleinere Betriebe aus der Produktion aus, teilt der Bayerische Bauernverband mit. Wirtschaftsfaktor Ei Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland: 214 Eier. Selbstversorgungsgrad Bayern: 51 Prozent (Quelle: Agrarbericht 2001) Importe: Schaleneier (zum Verzehr): 2002: 4.130 Mio (davon 88 Prozent aus den Niederlanden) Exporte Niederlande nach Deutschland (2002): Schaleneier: 3.640,7 Mio Produkte: 36.628 Tonnen Seite 6 bbv-Pressedienst vom 7. April 2004 Exporte 1.029 Mio Schaleneier Eierprodukte Importe: 42.807 Tonnen (85,5 Prozent aus den Niederlanden) Eierprodukte Exporte: 29.361 Tonnen Sich im „Grünen Bereich“ auskennen Agrimente 2004: Kompakte Wissenslektüre zur deutschen Landwirtschaft München (bbv) - „Agrimente 2004“ heißt die kompakte Wissensquelle zur deutschen Landwirtschaft. Die Herausgeber – Information Medien Agrar und die Zentrale Markt- und Preisberichtsstelle - illustrieren auf 74 Seiten die aktuellen Zahlen, Daten und Fakten zur Landwirtschaft. Informationen zu langfristigen Entwicklungen in der Agrarstruktur, Tierund Pflanzenproduktion sowie bei den Preisen (Erzeuger/Verbraucher) bieten interessante Vergleichsmöglichkeiten. Grundlage für dieses Kompendium war der Situationsbericht 2004 des Deutschen Bauernverbandes und der Andreas Hermes Akademie. Ein besonderes Schwerpunktthema bildet der umfassende Beitrag über die „Grüne Gentechnik“, hier werden – in Abgrenzung zur klassischen Züchtungsmethode – wertefrei die Entwicklungen, Verfahren sowie Einsatzmöglichkeiten der Gentechnik in der Land- und Ernährungswirtschaft aufgezeigt. Die „Qualität der Agrarprodukte“ hat für Verbraucher oberste Priorität. Wie „Qualitätssicherung“ in der Lebensmittelkette vom Erzeuger bis zum Verbraucher funktioniert, wird im Kapitel „Qualitätssicherung in der Lebensmittelkette“ umfassend erläutert. Besonders hilfreich für Agrimente-Benutzer ist das Verzeichnis der Tabellen, Textgrafiken und Schaubilder im Anhang. Hinzugefügt wurde eine kurze Übersicht von gebräuchlichen Maßen und Gewichten. Mehr als 180 Zahlenbilder, die wichtige Sachverhalte vermitteln, sind zusätzlich als JPEG-Datei auf der gleichnamigen CD-ROM gespeichert und besonders für individuelle Präsentationen oder Zusammenstellungen geeignet. Broschüre und CD-ROM sind kostenfrei erhältlich bei der i.m.a – information.medien.agrar e.V., Konstantinstr. 90, 53179 Bonn, Tel. (0228) 9799-370, Fax (0228) 9799-375, E-Mail: [email protected] , Internet: www.ima-agrar.de oder bei der ZMP GmbH, Rochusstr. 2, 53123 Bonn, Fax (0228) 9777-179, E-Mail: [email protected], Internet: www.zmp.de. Seite 7 bbv-Pressedienst vom 7. April 2004 Bayerischer Tierschutzpreis 2004 Bewerbungsfrist läuft bis 1. Juli München (bbv) Auch 2004 zeichnet das Bayerische Verbraucherschutzministerium wieder hervorragende Leistungen im Tierschutz mit dem Bayerischen Tierschutzpreis aus. Für den Tierschutzpreis können Einzelpersonen, Organisationen oder Betriebe Vorschläge einreichen. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert. Die Bewerbungsfrist läuft bis 1. Juli. Der Preis würdigt beispielhaften oder innovativen Einsatz für einen wirksamen Tierschutz in einem umfassenden Sinn, wie die besondere tiergerechte Haltung von Tieren, Tierschutz im Umgang mit Wildtieren, Entwicklung von Ersatzund Ergänzungsmethoden bei wissenschaftlichen Untersuchungen, die Entwicklung von tierschonenden Aus-, Fort- und Weiterbildungsmethoden, die Erarbeitung von Informations- und Erziehungsprogrammen oder sonstige Initiativen zur Verbesserung des Tierschutzes. Eine neunköpfige Jury wird die Entscheidung vorbereiten. Der Preis wird zeitnah zum Welttierschutztag im Oktober verliehen. Vorschläge mit Beschreibung der auszeichnungswürdigen Tierschutzinitiative müssen bis 1. Juli 2004 (Einsendeschluss) beim Bayerischen Verbraucherschutzministerium, Rosenkavalierplatz 2, 81925 München, vorliegen. Weitere Informationen, wie die genauen Vergaberichtlinien, sind abrufbar unter www.stmugv.bayern.de, Rubrik "Tiergesundheit". Seite 8