Grosser Rat - beim Kanton Aargau

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Art. 2518-2519
14. März 2001
192. Sitzung
14. März 2001, 12.30 Uhr
Vorsitzender:
Hans Ulrich Fischer, Meisterschwanden
Protokollführer:
Marc Pfirter, Staatsschreiber
Tonaufnahme/Redaktion:
Norbert Schüler
Präsenz:
Anwesend 161 Mitglieder
Abwesend mit Entschuldigung 38 Mitglieder, ohne Entschuldigung 1 Mitglied
Entschuldigt abwesend: Binggeli Peter, Mellingen; Birri René, Stein AG; Breitschmid
Manfred, Hermetschwil; Brentano Max, Dr., Brugg AG; Brogli Roland, Zeiningen; BronMaurer Silvia, Schöftland; Bryner Peter, Möriken; Burgherr-Leu Thomas, Wiliberg; Damann Sepp, Magden; Emmenegger Kurt, Baden; Fischer-Moor Julius, Oftringen; Fischer
Patrick, Bremgarten AG; Frey Ernst, Kaiseraugst; Frey Karl, Dr., Wettingen; Frunz Eugen,
Nussbaumen; Gersbach Hans-Ulrich, Dr., Baden-Rütihof; Graf Nils, Frick; Guignard
Marcel, Dr., Aarau; Haber Johanna, Dr., Menziken; Häusermann Matthias, Seengen; Hoffmann Brigitte, Küttigen; Iseli Marcel, Zurzach; Kaufmann Rainer, Rupperswil; KillerHodel Hans, Untersiggenthal; Knecht Hansjörg, Leibstadt; Knörr Werner, Aarau; Kunz
Markus, Frick; Meier Nicole, Baden; Mösch Anton, Frick; Piffaretti-Bopp Marianne, Wohlen AG; Stäger-Meyer Vally, Wohlen AG; Stieger Erich, Dr., Baden; Suter Heinz, Dr.,
Gränichen; Troller-Zumsteg Martin, Münchwilen AG; Weiersmüller-Scheuzger Susanne,
Rohr AG; Werthmüller Ernst, Holziken; Widmer Denise, Brugg AG; Zollinger-Keller
Ursula, Untersiggenthal
Unentschuldigt abwesend: Hümbeli Urs, Hägglingen
Vorsitzender: Ich begrüsse Sie zur 192. Sitzung der laufenden Legislaturperiode.
Ich habe Ihnen zwei Mitteilungen zu machen. Zunächst eine
an die Mitglieder des Büros: Wir haben am 21. März unsere
letzte Bürositzung. Auf der Traktandenliste steht natürlich
nicht geschrieben, dass wir anschliessend noch ein Nachtessen einnehmen. Ich bitte Sie, die Zeitreserve für dieses
Nachtessen ebenfalls einzuplanen!
Eine Mitteilung betreffend die der anstehenden Kommissionsberatungen: Ich stelle fest, dass die Legislatur gemäss
Gesetz am Vortag der Neukonstituierung des Grossen Rates
beendet ist. Mit anderen Worten: Kommissionsarbeiten
können in der laufenden Legislatur bis zum Vortag der
konstituierenden Sitzungen durchgeführt werden. Deshalb
macht es Sinn, auch jetzt noch eine Kommission einzusetzen, um das heute genannte Geschäft vorzuberaten.
In Zusammenhang mit dem kürzlichen Einsturz eines Teilstückes dieser Mauer wird in den Medien die Strafanstaltsdirektion dahingehend zitiert, dass diese Mauer ein ewiges
und immer teurer werdendes Flickwerk sei, dass diese Mauer durch die Einsturzmöglichkeit Personen gefährdet und
dass diese Mauer den heutigen Sicherheitsvorstellungen
betreffend Fluchtgefahr nicht mehr genüge.
Daraus ergibt sich folgende Frage:
Kann die Aargauer Regierung unter den eingangs geschilderten Umständen ein weiteres Herauszögern der Totalerneuerung dieser Anstaltsmauer weiter verantworten?
2519 Parlamentsreform; Gesamtbericht mit Leitsätzen;
Fortsetzung der Detailberatung
(vgl. Art. 2517 hievor)
2518 Kleine Anfrage Max Chopard-Acklin, Untersiggenthal, betreffend Gefährdungspotential von Anstaltspersonal, Insassen und Öffentlichkeit durch einstürzende
Mauern bei der Strafanstalt Lenzburg; Einreichung
Von Max Chopard-Acklin, Untersiggenthal, wird folgende
Kleine Anfrage eingereicht:
Text und Begründung:
Der Regierungsrat wird eingeladen, in einer schriftlichen
Antwort auf diese kleine Anfrage darzulegen, wie schlimm
es um die Mauer, die die Strafanstalt Lenzburg umgibt,
wirklich steht.
Vorsitzender: Namens der nichtständigen Kommission Nr.
11 "WOV" referiert deren Präsident, Herbert H. Scholl,
Zofingen. - Die Kommission beantragt Eintreten und Beschlussfassung gemäss ihren Anträgen.
Detailberatung (Fortsetzung)
Parlamentarische Instrumente
Max Chopard-Acklin, Untersiggenthal: Ich spreche nicht
zur Abschaffung der Kleinen Anfrage, wie man jetzt vielleicht kombinieren könnte, sondern habe eine Frage an die
Regierung zur Thematik neuer parlamentarischer Instrumente: Ich habe letztes Jahr eine Motion eingereicht, die
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anregt, dass Mitglieder und Fraktionen des Grossen Rates
berechtigt sind, Resolutionen zu einem Sachthema einzureichen, zu beraten und mit einer Zweidrittelsmehrheit zu
verabschieden. Frage: Auf welchem Weg ist mein Begehren? Wo und wie soll es nach einer allfälligen Überweisung
einfliessen?
Regierungsrat Kurt Wernli: Ich kann es kurz machen: Wir
sind der Meinung, dass dieses Instrument nicht benutzt
werden soll. Dementsprechend haben wir auch keinen Vorschlag unterbreitet. Auch die vorberatende Kommission ist
nicht darauf eingetreten. Wenn Sie also dieses Instrument
hier festhalten möchten, dann müssten Sie einen entsprechenden Antrag einreichen!
Leitsätze 4.1 - 4.3
Zustimmung
Vorsitzender: Es liegt ein Antrag von Herrn Harry Lütolf
vor, der einen Absatz 4bis (neu) hinzufügen möchte.
Harry Lütolf, Wohlen: Ich habe der Kommission einen
Antrag gestellt. Denselben Antrag werde ich Ihnen hier
präsentieren. Ich habe mir sagen lassen, dass der Antrag
ordnungsgemäss, wie es die Geschäftsordnung vorschreibt,
behandelt wurde; ich weiss allerdings nicht, wie vertieft
darauf eingegangen wurde.
Der Antrag lautet wie folgt: Leitsatz 4bis: "Die Mitwirkung
des Grossen Rates im Bereich der kantonalen Aussenpolitik
ist durch geeignete Instrumente zu institutionalisieren."
Ich bin erstaunt, auf wie wenig Resonanz dieser Antrag in
der Kommission offenbar gestossen ist. Vielleicht kann der
Herr Kommissionspräsident dazu einige Ausführungen
machen. Ich bin umso mehr erstaunt, als dass wir hier im
Parlament vor einigen Wochen eine Diskussion bezüglich
der Kündigung des Vertrages über die Konferenz der Erziehungsdirektoren geführt hatten. Die SVP-Fraktion hat sich
damals zu Recht darüber ausgelassen, dass der Grosse Rat
bei solchen Institutionen zu wenig Gehör findet, etwa in der
Mitwirkung, in der Vorbereitung und in den Abläufen solcher Gremien, die nota bene nicht einmal durch unsere
Verfassung vorgesehen oder abgestützt sind, die jedoch
wichtige Entscheide treffen, ohne dass der Grosse Rat darauf Einfluss nehmen kann.
Sie kennen die Problematik, speziell die SVP-Fraktion und
auch die FDP-Fraktion zu einem grossen Teil: Der Grosse
Rat wird hier klar links liegen gelassen und es besteht die
Gefahr, dass das auch in Zukunft so bleiben wird. Ich bin
nun erstaunt, dass dieses Thema in der Kommission nicht
weiter aufgegriffen wurde und hier dem Grossen Rat nicht
ein zusätzlicher Antrag von Seiten der Kommission unterbreitet worden ist. Ich kann das nur so interpretieren, wie
Herr Dr. Suter das sagte: Wir haben hier im Grossen Rat
eine grosse Regierungsfraktion. Anders kann ich das nicht
interpretieren. Es ist erstaunlich, dass es nicht mehr Grossräte und Grossrätinnen gibt, die sich für die Rechte des Grossen Rates, der Legislative, des Parlamentes, der ersten Gewalt in diesem Staate, einsetzen! Es ist erstaunlich, dass
beispielsweise in der Frage der Europäischen Union immer
wieder das Demokratiedefizit angeführt wird, aber wenn es
darum geht, die Rechte des Parlamentes zu stärken, dann hat
das keine Bedeutung! Auch in der nächsten Vorlage, der
Demokratiereform, ist man, wenn es um die bessere Abstützung des Grossen Rates geht, davon abgekehrt, die demo3969
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kratischen Grundsätze hochzuhalten und dem Grossen Rat
den ihm gebührenden Einfluss zukommen zu lassen.
Ich bin sehr erstaunt, dass man hier von Seiten der Kommission offenbar nicht gewillt ist, dem Grossen Rat diesen
wichtigen Handlungsspielraum zuzugestehen! Es gibt eine
Forschungsarbeit - vom Nationalfonds bezahlt - die ganz
klar aufzeigt, dass die kantonalen Parlamente verstärkt
Einfluss nehmen sollten auf solche überkantonalen oder
interkantonalen Gremien, wie beispielsweise die Erziehungsdirektorenkonferenz oder auch die Konferenz der
Kantonsregierungen insgesamt.
Der Bund hat eine Gesetzgebung geschaffen, die es den
Kantonen ermöglicht, in der internationalen Aussenpolitik
vermehrt Einfluss zu nehmen, falls Zuständigkeiten betroffen sind, die bei den Kantonen liegen. Wenn also die ureigensten Zuständigkeiten durch internationales Recht betroffen sind, dann haben die Kantone durch diese bundesgesetzliche Regelung die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen,
beispielsweise im Vorfeld von Verhandlungen, wenn es um
das Verhandlungsmandat usw. geht. Dort sind es die Regierungsmitglieder, die Konferenz der Kantonsregierungen, die
dann bestimmen, was Sache ist. Die Parlamente in den
jeweiligen Kantonen haben grundsätzlich nichts zu sagen!
Der Bund und indirekt auch die Mitglieder der Kantonsregierung werden also in Zukunft Beschlüsse fassen können
im ureigensten Zuständigkeitsbereich des Kantones, ohne je
auch nur einmal das Parlament dazu angehört zu haben. Das
geht doch so nicht! Ich kann mir einfach nicht vorstellen,
dass es jetzt nicht den einen oder anderen aus den Socken
haut, weil das so der Fall ist - und dass man hier in dieser
Sache nichts unternehmen will!
Ferner habe ich in einem Vorstoss vorgeschlagen, dass man
das Geschäftsverkehrsgesetz diesbezüglich anpassen und
modifizieren könnte und man allenfalls eine spezielle
Kommission für auswärtige Angelegenheiten errichten
könnte, wie das in einzelnen Kantonen vorgesehen ist und
wie es einzelne Verfassungsbestimmungen von anderen
Kantonen auch vorsehen. Ich habe das als Idee vorgeschlagen. Es muss aber nicht so sein, dass so eine Kommission
auch tatsächlich konstitutiert wird. Das können - wie es in
der Botschaft auch ausgeführt wird - die bestehenden ständigen Kommissionen sehr gut übernehmen. Es geht mir
einzig und allein darum, dass dem Grossen Rat und seinen
Kommissionen Instrumente zur Verfügung gestellt werden,
damit Einfluss genommen werden kann, damit der Grosse
Rat seine ihm zugedachte, verfassungsmässige Rolle auch
wirklich spielen kann! Das kann er zur Zeit nicht in gebührendem Masse. Die Instrumente, die durch diese Parlamentsreform neu eingeführt werden, genügen nicht! Der in einem
Leitsatz neu festgeschriebene Auftrag, der als Vorwand
genommen wird, dass mein Antrag jetzt nicht durchgehen
soll, der ist eigentlich mehr oder weniger retrospektiv. Der
Herr Kommissionspräsident hat heute immer von prospektiv
gesprochen, der Grosse Rat müsse vorausschauend handeln,
auch mit der rollenden Planung oder mit den Planungszielen
und Leitsätzen, die wir heute festgeschrieben haben. Diese
greifen aber in diesem Fall zu wenig. Wenn wir prospektiv
handeln möchten, dann muss das Parlament, wenn es beispielsweise um Verhandlungen oder Verträge mit anderen
Kantonen, dem Bund oder dem Ausland geht, dann muss der
Grosse Rat frühzeitig seine Meinung zum Ausdruck bringen
können, muss in das Verhandlungsmandat miteinbezogen
werden, wenn sein Zuständigkeitsbereich betroffen ist und
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auch die Information muss spielen! Das ist heute nicht der
Fall. Der Grosse Rat wird am Schluss immer vor vollendete
Tatsachen gestellt und kann dann am Schluss zum Geschäft
noch Ja und Amen sagen, den Vertrag genehmigen oder
nicht genehmigen. Ich finde, dass das, was heute immer
wieder als Schlagwort durch die Reihen gegangen ist, sicher
nicht wirkungsorientiert ist!
Ich hoffe, dass speziell die SVP-Fraktion, die sich damals
bei der Frage der Kündigung der Konferenz der Erziehungsdirektoren stark gemacht hatte, sich für eine verstärkte Einflussnahme des Grossen Rates im Bereich der kantonalen
Aussenpolitik einsetzt. Mit diesem neuen Leitsatz soll, der
eigentlich nur ein kleiner Grundsatz festgeschrieben werden,
nämlich dass der Grosse Rat im Bereich der kantonalen
Aussenpolitik mitsprechen darf und dass ihm Instrumente
bereitgestellt werden, die ihm das auch ermöglichen! Es ist
noch nichts darüber gesagt, wie sich das dann konkret ausgestalten wird, wie das im Geschäftsverkehrsgesetz festgeschrieben wird, ob es allenfalls noch einer Verfassungsänderung bedarf usw.. Darüber kann man dann noch diskutieren.
Es geht hier nur darum, den Leitsatz festzuschreiben, der
zum Ausdruck bringt, was ich Ihnen gesagt habe. Ich hoffe,
dass Sie diesen Antrag unterstützen und der Grosse Rat in
einem Bereich, der ihm mehr und mehr entgleitet, Einfluss
nehmen kann!
Vorsitzender: Es liegen keine Wortmeldungen aus dem
Plenum vor.
Herbert H. Scholl, Zofingen, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 11 "WOV": Herr Lütolf hat ein wichtiges
Problem angeschnitten: die Einflussmöglichkeiten des Parlamentes auf Verträge, in denen der Kanton zu Leistungen
oder Handlungen verpflichtet wird, die sogenannte "Aussenpolitik" des Kantons. Die Kommission hat seinen Antrag
behandelt und diesen mit 7 zu 0 Stimmen, bei 5 Enthaltungen abgelehnt. Weshalb hat sie das getan? "Aussen- und
Innenpolitik" des Kantons können nicht mehr getrennt werden. Sie sind eng verknüpft miteinander. Denken Sie an die
Bereiche der Bildung und des Gesundheitswesens oder auch
der Raumplanung! Deshalb ist es nicht notwendig, eine
spezielle aussenpolitische Kommission des Grossen Rates
zu schaffen, die sich ausschliesslich mit den Auswirkungen
dieser Verträge beschäftigt. Vielmehr ist es Aufgabe aller
ständigen Kommissionen, in ihrer Tätigkeit die "Aussenpolitik" des Kantons mit einzubeziehen. Alles andere wäre eine
weitere Komplizierung der Abläufe. Die Kommission hat
die neuen Instrumente der Planung, der Oberaufsicht, aber
auch die Instrumente der einzelnen Mitglieder des Parlamentes als genügend beurteilt, wie sie jetzt vorgeschlagen
worden sind, um die "Aussenpolitik" des Kantons vom
Grossen Rate her zu beeinflussen und mitzubestimmen. Die
Gefässe sind vorhanden. Es liegt an den Kommissionen und
den Mitgliedern des Grossen Rates, von diesen Möglichkeiten auch Gebrauch zu machen. Aus diesem Grunde hat sie
den Antrag von Harry Lütolf abgelehnt, weil sie ihn als
bereits erfüllt betrachtet. hat. Deshalb kommt auch kein
neuer Antrag der Kommission, wie ihn Harry Lütolf rechtzeitig der Kommission unterbreitet hat.
Harry Lütolf, Wohlen: Das Ganze wird hier in ein falsches
Licht gestellt. Mein Antrag bezieht sich nicht darauf, dass
ich eine aussenpolitische Kommission eingeführt haben
möchte. Er bezieht sich einzig und allein darauf, dass der
Grosse Rat seine Mitwirkungsrechte wieder wahrnehmen
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kann in Bereichen, die mehr und mehr miteinander vermischt werden. Das ist die Aussen- und die Innenpolitik der
Kantone. Wenn wir hier nun nicht den Finger draufhalten,
dann entgleitet uns die Einflussmöglichkeit, weil die Konferenz der Kantonsregierungen dann für uns bestimmen wird.
So einfach ist das! Warum haben auch der Bund und viele
andere Kantone in Verfassung und Gesetzen diese Mitwirkungsrechte explizit festgeschrieben? Auch dort sind ähnliche Instrumente vorhanden. Im Bund gibt es den Auftrag,
den wir heute neu eingeführt haben auch. Trotzdem hat man
auf Bundesebene gemerkt, dass die Instrumente der Planung
und des Auftrags nicht reichen, um die Rechte ausüben zu
können. Andere haben es gemerkt. Wieso merken wir das
nicht? Wieso sitzen wir einfach da und schreien nicht auf?
Ich bitte Sie, diesen Antrag zu unterstützen! Er kann noch
weiter ausgeführt und konkretisiert werden. Es ist noch
nichts verloren, es ist aber auch noch nichts gewonnen,
wenn der Antrag in einem Leitsatz festgeschrieben wird. Ein
einfacher Satz, der noch weiter ausgeführt werden kann! Ich
zähle auf ihre Unterstützung, - Sie tun sich selbst etwas
Gutes damit!
Herbert H. Scholl, Zofingen, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 11 "WOV": Herr Lütolf, wir haben das
schon gemerkt, aber wir sind der Auffassung, dass diese
aussenpolitischen Kompetenzen und Mitwirkungsmöglichkeiten des Parlamentes, insbesondere in der rollenden Mittelfristplanung (Leitsatz 1.2), der jährlich aktualisiert wird,
wahrgenommen werden muss. Hier sind die Zielsetzungen
innen- und aussenpolitischer Art vorhanden. Wir haben auch
beschlossen, dass die 30 Steuerungsbereiche vom Grossen
Rat festgelegt werden in der Ziffer 1.4. Auch dort sind die
innen- und aussenpolitischen Zuständigkeiten verknüpft.
Wir haben diese Möglichkeiten, die Harry Lütolf anstrebt
und deshalb ist ein weiterer Leitsatz nicht mehr notwendig.
Das ist die Beurteilung der Kommission und ich lade Sie
ein, sich dieser Beurteilung anzuschliessen!
Regierungsrat Kurt Wernli: Es ehrt Herrn Grossrat Lütolf,
dass er sich hier mit Verve für die Aussenpolitik des Kantons einsetzt. Es ist richtig, die Einflussnahme des Parlamentes soll hier verstärkt werden. Nur ist die Frage, mit welchen
Massnahmen und Mitteln. Die Kommission hat sehr wohl
über diese Frage diskutiert und festgestellt, dass mit den
neuen Instrumenten Auftrag und Gesamtbericht (Leitsatz
1.6), der die politische Planung als Steuerungsinstrument
vorsieht, künftig mehr Gehalt haben wird, ist es möglich,
auch hier stärker Einfluss zu nehmen. Sie können jederzeit
dem Regierungsrat einen Auftrag erteilen, beispielsweise
einen Gesamtbericht vorzulegen, welches in der Zusammenarbeitsfrage mit den andern Kantonen die Zielsetzungen sind
und wie diese formuliert sein sollen. Der Regierungsrat wird
Ihnen dann einen Gesamtbericht vorlegen und künftig wird
der Grosse Rat diesen Gesamtbericht beschliessen, wie Sie
das hier jetzt auch tun. Sie können also auf diesem Weg
Weichen stellen, auch in der interkantonalen Zusammenarbeit oder in der Aussenpolitik.
Es ist nicht ganz richtig, das mit dem Bund zu vergleichen.
Der Bund muss gemäss seiner Verfassung aussenpolitisch
tätig sein, wobei interessanterweise auch hier die Zuständigkeit geregelt ist. Der Bundesrat ist zuständig für die Aussenpolitik der Eidgenossenschaft. Selbstverständlich soll auch
hier das Parlament auf Bundesebene Einfluss nehmen. Das
tut es auch mit einer separaten Kommission. Hier aber kann
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man wirklich nicht den Kanton Aargau mit dem Bund vergleichen! Dass es zwei weitere Kantone hat, Herr Lütolf,
und nicht viele, die eine aussenpolitische Kommission haben, mag mit deren Eigengestaltung zu tun haben. Ich bitte
Sie auch, nehmen Sie diese Instrumente, wie wir sie jetzt
aufgegleist haben und denken Sie daran, dass das gute und
geeignete Instrumente sind, um die Interessen des Parlamentes wahrnehmen zu können.
Vorsitzender: Wir können über den Antrag Lütolf befinden.
Herr Lütolf beantragt einen neuen Leitsatz 4bis, der wie folgt
lautet: "Die Mitwirkung des Grossen Rates im Bereich der
kantonalen Aussenpolitik ist durch geeignete Instrumente zu
institutionalisieren."
Abstimmung:
Für den Antrag Lütolf: 64 Stimmen.
Dagegen: 38 Stimmen.
Leitsatz 5 / Verkleinerung der Sitzzahl
Vorsitzender: Hier möchte ich den Zusammenhang zwischen 5. und 6. klarstellen. Je nach Entscheid bei 6. und 5.
hat das gegenseitige Zusammenhänge. Wir beraten in der
Reihenfolge gemäss Botschaft, gehen davon aus, dass - je
nachdem, was bei 6. herauskommt-, dann allenfalls ein
Rückkommen auf den Punkt 5 nötig wird.
Herbert H. Scholl, Zofingen, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 11 "WOV": Ich habe bereits beim Eintreten
gesagt, die Kommission sei der Auffassung, dass der Grosse
Rat verkleinert werden soll. Wie gross der neue Grosse Rat
sein soll, unterliegt nun Ihrem Ermessen. Es sind verschiedene Lösungsmöglichkeiten denkbar. Die Kommission hat
sich mit 9 zu 8 Stimmen für die Zahl 160 entschieden. Die 8
Stimmen sind auf die Zahl 120 gefallen. Hier kommt nun
die grosse Stunde des Plenums! Alle Anträge sind möglich, der obsiegende wird zum Beschluss erhoben.
Rolf Urech, Hallwil: Ich stelle im Namen unserer Fraktionsgemeinschaft den Antrag, der Grosse Rat sei bei 200 Mitgliedern zu belassen. Damit wären dann die Anträge mit den
Wahlkreisen obsolet. Meine Damen und Herren, wehret den
Anfängen! Es tönt so schön: den Grossen Rat verkleinern
und 4, 5 oder 6 Wahlkreise zu schaffen! Ich höre jetzt schon,
wie es heisst, wenn wir das beschlossen haben: das funktioniert ja einwandfrei mit den Wahlkreisen; jetzt können wir
die Bezirke auflösen und nur noch 4 oder 5 Bezirke im
Kanton Aargau machen. Das ist ganz sicher die Vorstufe
dazu. Jene Leute, die sagen, es wird günstiger - von Effizienz sprechen wir nachher -, die sollen mal rechnen und an
Beispielen in der Schweiz schauen: Wir haben die Schweizer Armee verkleinert, die Ausgaben sind gestiegen! Wir
werden den Grossen Rat verkleinern und die Ausgaben
werden massiv steigen!
Schauen Sie sich selber an, alle die hier an die normalen
Sitzungen kommen! Mit einem kleineren Grossen Rat ist es
nicht mehr möglich, gleich wenige Sitzungen zu haben. Sie
müssen mehr Zeit aufwenden und Ihr Arbeitgeber wird es
Ihnen danken, indem er Ihnen weniger Lohn zahlt. Was
heisst das für uns? Wir müssen unsere Entschädigungen
aufstocken. Wir müssen uns selbst mehr Lohn geben, damit
wir es uns leisten können, in diesen Grossen Rat zu gehen!
Die kleineren Parteien könnte man so - wenn die Wahlkreise
nicht richtig gestaltet werden - ausschalten. Das ist sicher
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auch nicht der Wählerwillen. Zur Effizienz: Sie glauben
doch nicht, wenn Sie mit 140 oder 120 oder 160 Grossräten
hier drin tagen, dass wir weniger lange Sitzungen hätten,
dass es effizienter wird! Dazu braucht es viele flankierende
Massnahmen und diese bedingen, dass der Grosse Rat noch
weniger zu sagen hat. Die Verwaltung wird für uns sämtliche Bau- und Zonenordungen machen und wir werden sie
zur Kenntnis bekommen und können nicht mehr darüber
abstimmen. Das ist doch ganz sicher nicht unser Wille! Ich
bitte Sie, an der Zahl 200 in diesem Grossen Rat festzuhalten, und halten Sie auch an den 11 Bezirken fest, das sind
die 11 Wahlkreise!
Rudolf Hug, Oberrohrdorf: Der Freisinn ist ganz klar und
mit sehr grosser Mehrheit für 120 Sitze. Das hat sich innerhalb der Partei, aber auch in einer Umfrage ergeben. Wir
haben hier schon ein sehr grosses Parlament! Wenn Sie
vergleichen, hat Zürich mit einer Einwohnerzahl von
1'180'000 Personen 180 Sitze. Bern mit 938'000 Einwohnern
hat heute noch 200 Sitze, wird aber auf 160 Sitze verkleinern. Wir mit 534'000 Einwohnern und Einwohnerinnen
wollen 200 behalten oder vielleicht auf 160 reduzieren, was
ja gar keiner effektiven Reduktion gleichkommt. Grösse ist
nicht Qualität! Kleine Gremien sind flexibler und agiler. Es
wurde in der Zwischenzeit überall erkannt, dass Führungsgremien reduziert und verkleinert werden müssen. Selbstverständlich muss ein Parlament auch eine repräsentative
Vertretung des Volkes sein. Aber Hand aufs Herz: Ist es das
heute? Eine repräsentative Vertretung des Volkes ist auch
bei einer Sitzzahl von 120 möglich und ist wohl eher vom
Wahlsystem abhängig als von der Anzahl der Sitze.
Herr Dr. Rudolf Rohr hat ja hier einen Vorschlag in die
Kommission eingebracht, wie dies durch ein Wahlsystem
gewährleistet sein könnte. Eine kritische Frage: Wenn wir
uns auf die letzten Wahlen zurückbesinnen, die ja noch nicht
so lange her sind, und wir uns daran erinnern, wie schwierig
es war, fähige Personen zu finden und auf die Liste zu setzen, dann ist doch eine Reduktion auch unter diesem Aspekt
nur zu begrüssen. Es macht ja wohl keinen Sinn, nur eine
repräsentative Präsenz zu haben über Personen, die die
Listen gefüllt haben! Für die schwierigen Aufgaben, die auf
dieses Parlament warten, brauchen wir ein effizientes, aber
auch ein effektives Parlament, das den hohen Anforderungen gerecht werden kann.
Der Freisinn ist ganz klar für eine Verkleinerung und stellt
deshalb den folgenden Antrag, dies darum, weil das Festhalten der Regierung nicht ganz klar aufzeigt, ob sie nun für
120 oder als Variante für 160 ist. Der Antrag lautet: "Die
Zahl der Sitze im Grossen Rat sei auf 120 Sitze zu reduzieren." Ich bitte Sie, unseren Antrag zu unterstützen!
Max Chopard-Acklin, Untersiggenthal: Ein Parlament ist
eine Volksvertretung und dieser Grundsatz muss bei der
Diskussion über eine Parlamentsverkleinerung im Zentrum
stehen und nicht, ob die Freisinnigen Mühe haben, ihre
Listen zu füllen! Das scheint mir eher ein freisinniges Problem zu sein! (Heiterkeit). - Auf den Aargauer Grossen Rat
bezogen heisst dies in Zahlen ausgedrückt, ein 200Personenparlament für ein Volk von 540'209 Einwohnern Stand 31. Dezember 1998 gemäss statistischem Amt. Zum
Zeitpunkt der Wahl 1997 - also die vorletzte Wahl - waren
davon 341'454 Stimmberechtigte. Quantitativ schrumpft die
Volksvertretung im Vergleich zur Bevölkerungsentwicklung
im Kanton Aargau stetig. Allein in den letzten 10 Jahren
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kamen 50'000 Einwohnerinnen und Einwohner dazu. Der
Grosse Rat verkleinert sich in der Repräsentation durch das
Wachstum der Einwohnerzahl. Das ist auch eine Tatsache!
Die Konsequenz: Das Volk ist prozentual je länger je
schlechter in diesem Parlament vertreten. Aus diesem Blickpunkt wäre das Gegenteil einer Verkleinerung des Rates
logisch!
Zudem liegt es in der Natur der Sache, dass in einem grösseren Parlament tendenziell ein breiteres Spektrum repräsentiert wird. Abbau einer Volksvertretung - darum handelt es
sich hier! - bedeutet Demokratieverlust. Weniger Personen
haben die Möglichkeit der direkten Einflussnahme in der
kantonalen Legislative. Da kann man die Wahlkreise aufteilen wie man will, unter dem Strich bleibt die Tatsache, dass
die Bevölkerung wächst und gleichzeitig die Volksvertretung schrumpft. Das können Sie einfach nicht wegdiskutieren! Dies ist schlicht und einfach ein Demokratieabbau.
Wenn es weniger Grossrätinnen und Grossräte gibt, so ist
dieses Parlament letztlich auch schlechter im Volk verankert. Vor allem in ländlichen Gebieten und kleineren Gemeinden wird sich dies auswirken. Dadurch werden Grossratsmitglieder für das Volk auch schwerer greifbar. Sie sind
weiter weg. Dies wird der Mär, eine handverlesene classe
politique politisiere über die Köpfe der Bevölkerung hinweg, Aufwind geben. Wird ein Parlament gar von 200 auf
120 reduziert - also eine Reduktion von 40% - wie es die
Regierung und der Freisinn vorschlagen, steigt der Proporzquotient gewaltig. Eine kleinere Gruppierung wird also viel
grössere Ressourcen aufwenden müssen, um überhaupt den
Sprung ins Parlament zu schaffen. Medienwirksame Auftritte und damit verbundene politische Schaumschlägereien
werden zwangsläufig an Bedeutung gewinnen. Grosse
Portmonees allerdings auch. Ich nehme an, dass die freisinnige Fraktion deshalb so Freude daran hat! Vermutlich
würden Lobbyabhängigkeiten gefördert!
Der Grosse Rat funktioniert bekanntlich im Milizsystem.
Der zeitliche Aufwand ist gross und die Entschädigung
schäbig. Grossrat zu sein ist ein Ehrenamt. Dies führt heute
schon dazu, dass ohnehin schon privilegierte Schichten
proportional übervertreten sind. Das kann ich mit gutem
Gewissen sagen hier drin! Wird der Grosse Rat verkleinert,
wird für das einzelne Mitglied der Arbeitsaufwand mit
Bestimmtheit auch nicht kleiner!
In der Diskussion um die 200 Aargauer Parlamentssitze wird
von den Abbauwilligen immer wieder herumgeboten, der
Aargau sei halt im Schweizer Vergleich ein Spezialfall. Das
stimmt! Allerdings nicht nur punkto Parlamentsgrösse! Der
Aargau gehört sowohl flächen- wie einwohnermässig zu den
grössten Kantonen in der Schweiz. Sind Sie sich dessen
bewusst? Zudem ist der Aargau auch der Kanton der Regionen: Ost - West, Stadt - Land und weitere Gegensätze gibt es
hier zu Hauf! Die Grösse des Aargauer Parlaments hilft
also, dass nicht nur diese Vielzahl an Regionen vertreten ist,
sondern innerhalb dieser auch eine angemessene politische
Vielfalt. Das ist doch ein bisschen wie in der Biologie: Es
braucht eine gewisse Quantität, damit eine Art überleben
kann. Effizienz heisst laut Duden: Wirksam im Sinn von
wirtschaftlich sein. Eines der Hauptargumente, das für eine
Parlamentsverkleinerung ins Feld geführt wird, lautet: ein
kleineres Parlament sei eben effizienter, denn es werde
weniger gesprochen. "Parlament" kommt aus dem Französischen wie "Chopard"! Parler, also sprechen! Wollen wir ein
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effizientes Parlament? Ein Widerspruch in sich. Bringt es
unsere Demokratie weiter, wenn Kommunikation und Dialog in einer Volksvertretung auf einen kleineren Personenkreis eingeschränkt werden? Und der Spareffekt? Die Infrastrukturkosten werden dieselben bleiben. Sollte bei einer
Verkleinerung tatsächlich die Entschädigung angehoben
werden, was ich zu bezweifeln wage, entfallen auch Einsparungen bei den Salärkosten.
Nun ein Schlussgedanke: Ein grosszügig ausgelegtes und
demokratisch gewähltes Parlament ist kein Luxus! Es spiegelt den Reifegrad des Demokratieverständnisses in einer
Gesellschaft. Und schliesslich, Herr Hug: eine Reduktion
des Rates ist überhaupt kein Garant für eine bessere Qualität
im "Restrumpfparlament"!
Peter Suter, Murgenthal: Ich gehe ohne Problem als zweiter
"Erbslizähler" dieses Parlametes in die Geschichte ein; der
erste war Herr Bossard, der es in seinem Votum auch nicht
unterlassen konnte, einige Erbsli zu zählen. Herr Füglistaller: Etwas Mut kann ja auch bedeuten, nicht so hochmütig
zu sein, um vor dem Fall Angst haben zu müssen! Die Parlamentsgrösse, die Vergrösserung der Wahlkreise und damit
deren Verkleinerung ist ganz sicher zu Lasten der Randregionen. Eine Parlamentsreform sollte vorerst dem Volk
dienen, weil das Parlament schliesslich eine Volksvertretung
ist. Die hier vorliegende Variante 160 plus Verkleinerung ist
ganz sicher für Wählerinnen und Kandidaten aus den Randregionen, aus welcher ich selbst herkomme - die Meis-ten
wissen vermutlich nicht mal, wo Riken ist - sicher ein
Nachteil und dies ganz besonders für jene, die zum ersten
Mal kandidieren. Die Randregionen sind bevölkerungsschwache Gebiete und die Beschlüsse des Grossen Rates
werden heute schon vielfach nicht verstanden; die Vertretung und die Bevölkerung sagen oft, wir seien hier überhaupt nicht mehr vertreten. Ein Beispiel dafür, wo wir die
Konsequenzen tragen können, ist REGOS oder die Kosten
für den Öffentlichen Verkehr. Im Sinne einer echten Volksvertretung der Einwohner der Randregionen bitte ich Sie,
die Parlamentsgrösse bei 200 zu belassen und die Wahlkreise nicht zu ändern. Mit dem Vorschlag von Herrn Rohr
könnte ich mich einverstanden erklären. Sie hören das ja
meinem Dialekt an, dass ich ursprünglich von Bern komme.
Ursula Padrutt-Ernst, Buchs: Ich beantrage Ihnen, Leitsatz
5 ersatzlos zu streichen und den Zustand, wie wir ihn heute
haben, beizubehalten! Ich muss aber der FDP zugestehen,
sie liegt im Trend mit ihrer Forderung nach einer grossen
Verkleinerung des Parlamentes! Nur stellt sich die Frage: ist
Trendsetter in Sachen Demokratie, die eigentlich auf längere
Frist angelegt sein sollte, wirklich wichtig, oder gibt es da
noch Gründe, die höher zu gewichten sind, als eben modern
zu sein und dem Trend zu folgen. Die Gründe und die Folgen, die eine Verkleinerung des Parlamentes hätten, müssen
abgeklärt sein. Man müsste wissen, was dies für die
Wahlchancen von Personen in Randregionen, in kleineren
Dörfern usw. bedeutet. Man müsste wissen, wie viele finanziellen Mittel im Gegensatz zu heute einzusetzen wären!
Man müsste wissen, was dies für eine Änderung bezüglich
der beruflichen Tätigkeit der einzelnen Mitglieder zur Folge
hätte und wir stellen fest: das alles wissen wir nicht! Dabei
hätten wir eine wunderbare Ausgangslage. Wir könnten
anhand einer Feldstudie den Bezirk Baden mit einem anderen, kleineren Bezirk wie Kulm oder Zofingen vergleichen
und abschätzen, was eine Vergrösserung der Wahlkreise zur
Folge hätte! Wir haben dies im Kontakt- oder Begleitgremi3972
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um bereits diskutiert. Der Projektleiter, Herr Martin Schwaller, hat dann verschiedentlich bei mir angerufen und gefragt,
ob ich diese Fragen nicht schriftlich ausformulieren könne,
damit man dem nachgehen könne! Ich habe dem Wunsch
selbstverständlich entsprochen. Ich mache alles - fast alles -,
was man von mir verlangt. Ich habe bis heute aber nicht
einmal eine Antwort erhalten! Man hat diese Fragen offenbar in einem Interview Herrn Claude Longchamps vorgelegt
und ich denke, ich hätte eigentlich Anspruch darauf, dass
man uns aus wissenschaftlicher Sicht darlegt, was das für
Folgen hat!
Eine Demokratie ändert man nicht aufgrund eines Trends.
Die Demokratie ist zu wichtig. Wenn man immer wieder
sagt, wir seien zu weit weg von der Basis, dann muss ich
Ihnen zu bedenken geben: wenn jeder Einzelne noch mehr
zu erledigen und zu bearbeiten hat, dann wird es ihm kaum
möglich sein, noch zusätzlich Zeit aufzuwenden, um der
Basis nahe sein zu können!
Im weiteren denke ich, dass die Prämisse, eine Verkleinerung des Parlamentes hätte auch eine kürzere Sitzung zur
Folge, von einer falschen Annahme ausgeht, nämlich davon,
dass jeder und jede in diesem Grossen Rat gleichviel und
gleichlang spricht. Das wissen Sie aber selbst, dass das nicht
der Fall ist. Frau Kerr spricht nicht gleichviel wie z. B. Fritz
Baumgartner und Roger Fricker nicht gleichviel und gleichlang wie Lieni Füglistaller. Da sind wir uns wohl einig.
Deshalb ist es nicht so, dass ein um 80 Personen verkleinertes Parlament dann auch 80 Zweihundertstel kürzere Sitzungen hätte, sondern - davon bin ich überzeugt - tendenziell
die Viel- und Langredner wieder gewählt würden und in
diesem Sinne die vielbeschworene Effizienz, die überhaupt
im Bereich der Demokratie ein fraglicher Grundwert ist, in
Frage stellen würde. Aus diesen Gründen beantrage ich
Ihnen, den Leitsatz 5 ersatzlos zu streichen und sich nicht
auf Experimente einzulassen, deren Auswirkungen hier
niemand kennt. Was man nicht kennt, das kann man auch
nicht abschätzen, ob es tatsächlich wünschenswert wäre!
Dr. Roland Bialek, Buchs: Bei uns steht die Diskussion im
Zusammenhang mit zwei Punkten: Einerseits besteht in
dieser Frage der Verkleinerung der Sitzzahl ein enger Zusammenhang mit den Wahlkreisen und damit mit dem natürlichen Quorum und andererseits besteht ein enger Zusammenhang zwischen Aufgaben und Ressourcen. Wir wollen
ja heutzutage auch Richtung WOV denken und da muss man
auch zu den Aufgaben die richtigen Ressourcen geben.
Zu Punkt 1: Für die EVP ist es sehr wichtig, dass - wie man
das Ganze auch ausgestaltet - ein sinnvolles, natürliches
Quorum entsteht. Ein solches Quorum müsste etwa in der
Grösse von 5% sein und sicher nicht höher. Warum? Es geht
hier wieder einmal um die KMU und zwar nicht um die der
Wirtschaft, sondern um die der Politik. Wenn man ein Quorum auf eine Grösse von 10% oder höher bringt, dann wirft
man die KMU der Politik aus dem Parlament heraus. Das
waren durchschnittlich etwa 4 Parteien, schön verteilt von
links nach rechts. Die wirft man dann raus.
Das betrifft aber auch grössere Parteien. Es gibt durchaus
Regierungsparteien, die sogar gut in der Regierung vertreten
sind, wie etwa die CVP, die in einzelnen Bezirken in dieser
Grössenordung sind. Die hätten dann auch die Möglichkeit,
rausgeworfen zu werden. Das darf nicht geschehen, weil ein
Verlust in dieser Grössenordnung nicht sinnvoll wäre! Das
3973
Art. 2519
entspricht immerhin zusammengezählt doch 20% und etwa
einem Fünftel des Wählerwillens. Den kann man nicht
einfach entfernen!
Wenn wir ferner die natürlichen Quoren auf verschiedenen
Ebenen anschauen: Nehmen wir beispielsweise die Gemeinde, so haben sie Einwohnerräte meist in der Grösse von 4050 Sitzen. Das gibt ein natürliches Quorum von 2-3%.
Schauen wir unsere Vertretung im Nationalrat! Da haben
wir 15 Sitze. Das gibt etwa ein Quorum von 6-7%. Wenn
wir das Quorum für den Grossen Rat nicht in den Bereich
dazwischen bringen können, dann haben wir eine Situation,
dass es Parteien gibt, die vielleicht problemlos einen Nationalrat nach Bern schicken, aber im Grossen Rat nicht vertreten sind. Ob das einfach von der grundsätzlichen Zusammensetzung sinnvoll ist, dass man solche Konstrukte bewusst baut, wäre sicher schlecht. Wir müssen also etwa in
diese Grössenordnung kommen. Das zum Zusammenhang
von Wahlkreisen und der Parlamentsgrösse.
Zum 2. Punkt: Wenn wir von den Aufgaben und Ressourcen
sprechen, dann ist die Geldfrage zwar auch eine wichtige
Frage, aber eine noch wichtigere Frage ist die nach dem
zeitlichen Aufwand. Klar gibt es Leute, die fast unbegrenzt
Zeit haben, an Kommissionssitzungen zu gehen usw.. Wenn
jemand daneben noch eine berufliche Verantwortung hat
und sich diese dann nicht mit der politischen Tätigkeit deckt,
weil er zufälligerweise in einer Exekutive einer grösseren
Gemeinde oder einer Stadt oder in einem Verband ist, dann
hat er nur begrenzt Zeit, hier in Aarau zu sein, um seine
berufliche Tätigkeit weiterzuführen. Das ist letztlich die
Grenze der Miliztauglichkeit. Schauen wir unsere Behandlungen an. Was ist passiert? Leitsatz 2.1, dass sich der Grosse Rat nur noch mit Rahmengesetzen beschäftigt, ohne
grosse Diskussion ersatzlos gestrichen! Das ist ja die Realität! Es ist der Wille da, dass man sich eben nicht nur schnell
mit den wichtigsten Sachen beschäftigt und nach einem
halben Tag wieder geht, sondern der Wille ist da, dass man
halt dieses oder jenes auch noch anschaut. Dann braucht
man natürlich auch für die ganze Vorarbeit die entsprechenden Personen.
Was können wir herausholen mit der ganzen Reform, die
wir jetzt haben? Wenn wir da ehrlich sind und anschauen,
was wir Neues haben, dann sind wir sicher nicht in einem
Bereich, wo wir sagen können, dass wir das mit der Hälfte
des Aufwandes machen. Das wäre eine sehr optimistische
Sicht. Es wird sicher einiges besser und etwas einfacher.
Gewisse Probleme werden vermutlich auch neu dazukommen und wenn wir eine Grössenordnung von 20% einsparen
können mit diesen Reformen, dann wird das vermutlich viel
sein und dann sind wir sicher nicht auf einer Grösse von 120
Sitzen.
Bei uns in der EVP sind die Meinungen geteilt. Eine Gruppe
möchte gerne bei 200 Sitzen bleiben, weil sie gegenüber den
Reformen kritisch eingestellt ist, dass da wirklich soviel
eingespart werden kann. Eine 2. Gruppe ist für 160 Sitze,
aber ganz klar im Zusammenhang mit einer Anpassung an
die Wahlkreise.
Zu den Wahlkreisen: Man kann diese beiden Fragen ja nicht
trennen. Bei den Wahlkreisen haben wir als kleine Partei
natürlich jetzt schon ein grosses Problem. Der Bezirk Zurzach oder Laufenburg ist bei uns sehr schlecht dran. Was
sage ich als Präsident den Leuten aus diesen Bezirken über
Art. 2519
ihre politische Tätigkeit? Das Beste, was ich sagen kann ist,
in einen anderen Bezirk zu zügeln, weil die Chancen, politisch aktiv zu werden, relativ klein sind, weil dort wenig
Sitze zur Verfügung sind. Wir haben heute schon eine Ungerechtigkeit und man müsste die Wahlkreise grösser machen!
Wir müssen auch unsere kantonale Politik anschauen! Wir
haben eine Art des Politisierens entwickelt, weil sie sich zu
stark auf einzelne Städte und einzelne Kleinregionen fokussiert. Grössere Wahlkreise würden auch die Grossräte zwingen, etwas regionaler zu denken und nicht nur kommunal,
d.h. für eine Stadt und einige Gemeinden rundherum. Das
würde auch eine bessere Qualität ergeben, wenn die Grossräte wüssten, dass sie nicht nur gewählt werden, weil jetzt
die Aarauer begeistert sind, sondern weil vielleicht die
Zofinger auch noch begeistert sind. Bleiben Sie entweder
bei 200 Sitzen oder dann bei 160. 120 Sitze sind in der
heutigen Zeit eindeutig zuwenig! Eine Veränderung der
Wahlkreise wäre sinnvoll: Grössere Wahlkreise, weniger
Wahlkreise!
Hansruedi Brun, Merenschwand: Ich bitte Sie, den Leitsatz
5 und infolge dessen auch den Leitsatz 6 zu streichen! Kann
der Grosse Rat überhaupt verkleinert werden? Ein Grosser
Rat ist doch ein grosser Rat, das ist doch klar. Dann müsste
man auch noch eine Namensänderung prüfen, so dass man
dann nur noch - wie im Kanton Zürich - vom Kantonsrat
sprechen würde. Sie erlauben mir einen Hinweis auf unsere
Verfassung, die rund 20 Jahre alt ist: In § 76 heisst es, der
Grosse Rat zählt 200 Mitglieder. Das ist zwar nicht in Stein
gemeisselt, aber immerhin in die Verfassung geschrieben.
Ich denke, dass der Verfassungsrat diese Bestimmung damals eingehend geprüft hat, die Vor- und Nachteile abwog,
Wahlkreise prüfte und dann entschied, was richtig ist. Man
kann doch jetzt 20 Jahre später nicht sagen, dass das alles
falsch gewesen sei. Übrigens auch der Herr Regierungsrat
wirkte in diesem Verfassungsrat aktiv mit und kann daher
sicher noch einiges dazu sagen. Ich meine, dass es leichtfertig wäre, wenn wir jetzt einfach auf diese Art und Weise
diese Sitzzahl des Rates ändern würden und daraus zwingend dann die Wahlkreisbezirke auch ändern müssten. Hier
gibt es für mich viele Fragezeichen: bevölkerungsmässige
Ungleichgewichte, die hier zusammenkommen usw.. Die
politisch Interessierten wurden durch diese Vorlage jedenfalls massiv geschockt!
Als unsere Kantonsverfassung 1982 in Kraft gesetzt wurde,
hatte unser Kanton rund 450'000 Einwohner und rund
250'000 Stimmberechtigte. Das ergab 1'250 pro Grossrat.
Heute sind es rund 550'000 Einwohner und 350'000 Stimmberechtigte, womit wir auf 1'750 kommen. Allein in diesen
20 Jahren hat sich das um rund 500 Stimmberechtigte verändert. Wenn ich die Zahl noch mitnehme, die Herr Najman
heute Morgen geäussert hat, dann ist allein diese Erhöhung
in etwa soviel, wie der Kanton bei der Gründung für einen
Grossrat brauchte. Man darf ja wohl annehmen, dass die
Einwohnerzahl des Kantons Aargau weiterhin zunehmen
wird. Wenn ich die Skizze des interkantonlen Vergleichs
beiziehe, dann sehe ich dort eigentlich auch keinen Handlungsbedarf. Diese Tabelle zeigt, dass wir im vorderen
Mittelfeld liegen und das ist doch für den Aargau an sich
ganz typisch. Seien wir doch ehrlich, unser Rat ist doch ein
Spiegelbild von unserem Volk und unserer Gesellschaft. In
der Gesellschaft ist beim besten Willen auch nicht alles top,
so wie das in diesem Rat - so darf man schon sagen - auch
nicht immer alles top ist. Vergessen wir nicht, dass dieser
14. März 2001
kleinere Rat auch mehr kosten soll. Wir wissen zwar noch
nicht wieviel, aber diese Rechnung könnte dann schlecht
aufgehen. Ein Hinweis noch auf das Geschäftsverkehrsgesetz von 1990 oder auf die Geschäftsordnung: Dort haben
wir eigentlich Ansätze und Anhaltspunkte, wie wir diese
Ratsarbeit verbessern könnten. Ich zitiere einige Dinge aus
unserer Geschäftsordnung: Behandlung der Vorstösse,
Beratung in den Kommissionen, die Redezeit, organisierte
Debatten usw.. Darin ist ein Ansatz enthalten, den wir vermutlich noch besser ausschöpfen könnten! Ich mache Ihnen
beliebt, das abzutischen und hier keiner Verkleinerung
zustimmen!
Dr. Beat Edelmann, Zurzach: Ich stelle Ihnen namens der
CVP-Fraktion den Streichungsantrag bezüglich Leitsatz 5
und Leitsatz 6 und notabene auch bezüglich Leitsatz 6bis, der
ja in diesen Kontext hineingehört. Ich hatte heute Morgen
Gelegenheit, diesen Streichungsantrag einlässlich zu begründen. Bedingt durch die rote Zeitkarte des Präsidenten
konnte ich allerdings ein Argument nicht mehr platzieren,
das ich mir noch ausgedacht hatte bzw. es ist ein Zitat aus
der Neuen Zürcher Zeitung - und die zitieren wir ja gerne,
wenn wir gleicher Meinung sind wie sie. Diesen Zettel habe
ich heute Morgen vergessen. Die Zürcher haben ja etwas
Ähnliches gemacht, was wir hier probieren. Sie haben auch
eine Parlamentsreform und New Public Management
durchgeführt. Heute sind sie ernüchtert! Aus der NZZ habe
ich dieses Zitat des ehemaligen Präsidenten dieses Parlamentes und er sagt da: "Die zeitliche Belastung eines Ratsmitglieds hat laut Hirt" - so heisst er - "ein Ausmass angenommen, das Vertreter vieler Berufsgruppen davon abhalte,
sich für das Parlamentsamt zu interessieren. Als Folge davon seien einige Berufsgruppen im Rat deutlich übervertreten." - Es ist also genau das passiert, was wir hier befürchten. Wenn wir das Parlament verkleinern, dann wir die
Arbeitsbelastung pro Kopf steigen! Das ist ganz klar und das
heisst direkt, dass einige Damen und Herren, die jetzt noch
hier sitzen, da nicht mehr mithalten können und aus diesem
Parlament verschwinden müssen. Entweder haben sie
schlicht die Zeit und die Mittel nicht mehr oder ihr Arbeitgeber macht nicht mehr mit, dass sie hier tagelang parlamentieren! Das ist das Problem und das wollte ich Ihnen noch
mitteilen.
Ich habe auch das Recht, auf einzelne Votanten einzugehen,
die sich auf meine Person und mein Votum bezogen haben.
Herr Rudolf Rohr: Sie haben gesagt, mit 120 Mitgliedern
könne man gut leben und das sei eine vernünftige Sache.
Herr Rohr, Sie sind genau einer, der eben keinen Schaden
nähme, wenn dieses Parlament verkleinert würde. Sie sind
der erste und vielleicht auch fast der einzige Berufspolitiker
in diesem Parlament. Sie haben ihr Leben mit Politisieren
verbracht. Sie hatten das Glück und auch die Fähigkeiten,
politisieren zu können und zu dürfen und Sie hatten die
Chance, diese Beschäftigung zu Ihrem Beruf zu machen. Sie
hätten sicher keine Mühe, wenn Sie noch weiterhin hier in
diesem Parlament eine wichtige Rolle spielen möchten!
Aber Sie sind in diesem Sinne ein Einzelfall. Alle andern
bzw. die meisten haben noch einen Beruf, der das Politisieren nur am Rande zulässt. Ich weiss nicht, vielleicht sind Sie
heute schon unter den Rentnern, dann haben Sie noch mehr
Zeit. Aber die meisten von uns haben diese Zeit eben nicht.
Das ist ein grosser Unterschied!
Dann haben wir den Herrn Kommissionspräsidenten Herbert
Scholl: Er hat mich nicht persönlich als Kommissionspräsi3974
14. März 2001
dent angesprochen. Das darf er natürlich. Es ist zwar nicht
unbedingt üblich und wenn man die Aargauer Zeitung heute
Morgen liest, - ich habe diesen Teil herausgerissen - (Heiterkeit) - da spricht er zum parteiinternen Problem der FDP,
das sie zur Zeit haben und sagt: Das Vorgehen von Herrn
Stamm zeuge von schlechtem Stil! Aber, meine Damen und
Herren, wenn man einen kleinen Grossrat ex cathedra herabkanzelt und ihm Einiges vorhält, dann ist das auch kein
besonders guter Stil! Hinzu kommt: er gehört eben auch
genau in diese Gilde, wo die meisten von uns eben nicht
hingehören! Er ist auch ein "Quasi-Berufspolitiker"! Was
macht er? Herbert, Du wirst mir das verzeihen, es wissen's
ohnehin alle: (Heiterkeit) Er ist ein sehr erfolgreicher Anwalt und hat eine handverlesene Klientel, die natürlich auch
etwas bezahlen kann! Sie vertreten den aargauischen Gewerbeverband und die aargauischen Ärzte. Ich meine, dass
Sie ein direkter Interessenvertreter sind, Sie können ruhig
zwei Tage politisieren in der Woche oder auch drei. Auch
Sie haben also überhaupt keine Probleme. Aber wir, die wir
ein kleines Büröchen haben oder einen Haushalt führen
müssen oder als Lehrerin tätig sind, die müssen sich dieses
Mandat absparen und verdienen vielleicht sogar weniger.
Sie verdienen keinen Rappen weniger, wenn Sie hier in
Aarau sitzen. Das muss man sagen.
Nun kann ich auch Herrn Lieni Füglistaller nicht verschonen! - (Heiterkeit). - Sie sind genau auch einer von dieser
Sorte! Ich schätze Sie hoch ein, aber Sie haben Ihren Betrieb
verkauft und Ihre berufliche Tätigkeit letztlich aufgegeben
und nun Zeit zum Politisieren. Das ist genau diese Kategorie. Das geht bei uns nicht, weil wir uns nur am Rande mit
der Politik beschäftigen können. Ich bitte Sie, diesen Unterschied, zwischen denen, die neben der Politik noch einen
Beruf ausüben müssen und den anderen zu beachten!
Nun noch einmal zurück zu Herrn Rohr: Sie haben ja dann
irgendein Konstrukt erfunden oder den Bernern abgeschaut,
das sogenannte "Berner Modell". Hören Sie mir bitte mit
diesem Berner Modell auf! Ich sage Ihnen auch gleich,
weshalb: Das verkompliziert das Wahlverfahren noch einmal gewaltig. Ich gebe gerne zu, dass ich heute noch nicht
ganz verstehe, wie die Restmandate verteilt werden. Ich
habe die Unterlagen vom Bezirksamt bekommen und man
muss wirklich gut sein, um dieses System zu durchschauen.
Wenn Sie nun noch kommen und dem Bezirksamt sagen, sie
sollen diese letzte Verteilung noch zwischen den Bezirken
vornehmen, also noch drei Bezirke zusammenziehen, dann
kommen diese armen Menschen wirklich gar nicht mehr
klar, und Sie wissen ja: Im Kanton Aargau gibt es auch
Bezirke, die Mühe haben, die Wahlzettel richtig zu zählen.
(Heiterkeit). Da sind wir in bester Gesellschaft mit dem
grossen Land auf der andern Seite des Teiches. Das ist eine
schwierige Aufgabe und wenn Sie jetzt noch kommen und
dieses ganze Verfahren noch verkomplizieren wollen, dann
stellen Sie diese Leute vor grosse Probleme. Ich attestiere
Ihnen: Sie sind ein Meister der komplizierten Lösungen, Sie
sind dann aber auch der Einzige, der dann noch drauskommt. Das sind keine Lösungen, die in unseren Bezirksämtern die Sache vereinfachen würden!
Ich hätte schon Ideen: Wenn wir wirklich effizient werden
wollen, dann müssten wir gar nicht mit solchen Übungen
wie der Verkleinerung des Grossen Rates kommen, sondern
es wäre viel einfacher: Weshalb beschränken wir nicht
einfach die Zahl der Vorstösse? Wir könnten ja sagen, dass
jedes Mitglied dieses Rates pro Legislatur nur 4 Vorstösse
3975
Art. 2519
machen darf. Da wäre ich dafür! Das wäre eine gewaltige
Effizienzsteigerung! – (Vorsitzender: Dr. Beat Edelmann,
wir sind wieder soweit!) - Ja! (grosse Heiterkeit) - Das habe
ich befürchtet und habe mir deshalb noch einen Schlusssatz
bereitgelegt: Herr Hanspeter Widmer, geschätzter ehemaliger Grossrat, hat, als es um diese Parlamentsreform ging, in
der Aargauer Zeitung einen guten Titel gesetzt: "Reform an
Haupt und Gliedern". Ich will diesen Titel etwas abändern
und sagen: Die Parlamentsreform ist eine Enthauptung des
Grossen Rates und eine Amputation seiner Glieder! (Heiterkeit und Beifall!)
Vorsitzender: Ich habe Verständnis für die Erheiterungen.
Ich möchte Sie aber darauf aufmerksam machen, dass wir
hier um eine ernste Angelegenheit diskutieren. Ich bitte Sie,
wieder sachlich zu werden. Es ist zwischendurch wieder
interessant, etwas Cabaret zu hören, aber wir haben es meines Erachtens jetzt gehört.
Weiterer Punkt: Das war der 8. Referent. Eingeschrieben
sind 19 Referenten und es werden laufend mehr. Ich bitte
Sie, sich mindestens kurz zu fassen!
Bruno Plüss, Rheinfelden: Sie hören einen einfachen Kleinunternehmer, der weder ein grosses Anwaltsbüro hat, noch
Vollblutpolitiker ist oder andere Privilegien hat, und er
kandidiert dieses Mal auch nicht, obwohl es noch 200
Grossräte sind, Herr Dr. Edelmann! Ich persönlich befürworte bei der Grösse des Parlamentes eine Zahl von 160.
Als Vertreter des Bezirks Rheinfelden - einem Bezirk mit
ungefähr durchschnittlicher Grösse - bin ich auch nicht
verdächtig, auf die eigene Kappe zu reden, wenn ich mit
einem speziellen und vielleicht etwas unorthodoxen Vorschlag an Sie herantrete. Ich stelle Ihnen einen Prüfungsantrag. Eine Verkleinerung auf nur 120 Grossrätinnen und
Grossräte hat zur Folge, dass die kleineren Bezirke nicht
mehr repräsentativ vertreten sein werden und zwar politisch
und gesellschaftlich. Wenn ein Bezirk heute nur 10 Grossräte oder Grossrätinnen nach Aarau schicken darf, dann sind
das bei 120 Grossrätinnen und Grossräten gerade noch deren
6. Wenn mathematisch dann noch Pech dazukommt, könnten es sogar nur noch 5 sein. Das ist eindeutig zu wenig!
Kleinere und auch mittelgrosse Parteien wären aus diesem
Bezirk nicht mehr vertreten! Das hat nichts mit Bildung von
Wahlkreisen zu tun. Die Vertretung pro Bezirk hat nichts
mit den Wahlkreisen zu tun!
Ich stelle aus diesem Grund folgenden Prüfungsantrag: "Die
Verteilung der Grossräte auf die Bezirke geschieht bei 120
Grossrätinnen und Grossräten folgendermassen: Jeder Bezirk erhält 2 Grossräte/Grossrätinnen auf fix. Die restlichen
98 Sitze werden aufgrund der Einwohnerzahl verteilt."
Durch dieses Vorgehen wäre den kleineren Bezirken geholfen und für die grösseren Bezirke wäre diese Verkleinerung
keine Katastrophe. Ich ersuche den Regierungsrat darum,
auf die 2. Sitzung die verschiedenen Modelle durchzurechnen und dem Grossen Rat vorzulegen. Ich kann mir gut
vorstellen, dass aufgrund dieser Zahlen einzelne Bezirke und
Parteien ganz schön auf die Welt kommen!
Vorsitzender: Wir haben es hier nicht mit einem Gesetz mit
einer 2. Lesung zu tun, sondern wir befinden über Leitsätze.
Wenn Sie jetzt Anträge stellen, dann können Sie diese nicht
als Prüfungsanträge stellen, sondern nur als Antrag auf einen
Leitsatz. Etwas anderes gibt es nicht.
Art. 2519
14. März 2001
Harry Lütolf, Wohlen: Sie haben mich etwas zu früh gerufen, aber wenn ich jetzt schon mal hier bin, dann spreche ich
trotzdem. Ich habe das mit der 2. Lesung natürlich gemerkt
und stelle einen Prüfungsantrag, aber kopple den gleich mit
einem weiteren Antrag, der dann auch separat geprüft werden muss, und das Wahlsystem betrifft.
dass aus jeder Gemeinde jemand nach Aarau delegiert wird.
Dass ausgerechnet die CVP als Europapartei so etwas nicht
erkennen will, erstaunt mich! Wer kantonale Politik darin
begreift, für seine Region möglichst viel Subventionen in
Aarau abzuholen, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, er
habe die Zeichen der Zeit nicht erkannt.
Es geht um Folgendes: Sollte der Grosse Rat beschliessen,
diesen Rat auf 120 Mitglieder zu verkleinern, dann besteht
ja die Befürchtung, dass die einzelnen Mitglieder stark
belastet, grösstenteils sogar überlastet werden. Es könnte
sich jetzt nun als glücklich erweisen, wenn wir ein Stellvertretersystem einführen. Das ist in verschiedenen Kantonen
wie Graubünden, Wallis, Jura usw. der Fall. Wenn also die
Überlastung der einzelnen Grossrätin oder des einzelnen
Grossrates bei 120 Mandaten zu gross wird, dann kann man
auf seinen Stellvertreter greifen in gewissen Ausnahmefällen. Das muss man dann in der Gesetzgebung noch weiter
konkretisieren.
Aus meiner Sicht ist es heute eher so, dass der Aargau vor
lauter Rändern und Randregionen eben leider kein Zentrum
hat. Ich wiederhole mich hier gerne noch einmal, weil mich
Herr Edelmann offenbar nicht begriffen hat: Als man im
alten Rom den Senat als politische Kraft ausschalten wollte,
hat man die Zahl seiner Mitglieder verdoppelt. Er hat sich
danach darin erschöpft, sich mit sich selbst zu beschäftigen.
Das zeigt sehr wohl, dass es einen Zusammenhang gibt
zwischen der Grösse einer Kammer und ihrem politischen
Einfluss. Da helfen auch die Vergleiche mit den grossen
Parlamenten im Ausland nicht, denn die funktionieren zumeist nach dem Regierungs- und Oppositionssystem, was
einen Parlamentsentscheidungsprozess ganz nachhaltig
verändert und nicht zu vergleichen ist mit unserem vielfältigen Parteiensystem! Ich gehe auch nicht davon aus, dass ein
halbierter Grossrat doppeltes Gewicht hätte. Aber eine
Steigerung durch höhere Aktionsfähigkeit wird ein kleineres
Gremium sehr wohl erzielen.
Der Prüfungsauftrag lautet also: "Auf die separate Vorlage
bezüglich der Änderung des Wahlsystems (Leitsatz 6ter) hin
sei die Einführung eines Suppleanten- bzw. Stellvertretersystems zu prüfen."
Das im Sinne eines Eventualantrages. Ich wurde vom Präsidenten zu früh aufgerufen. Ich wollte eigentlich erst nach
der Abstimmung drankommen, wenn das mit den 120 Mitgliedern geeicht worden wäre. Wenn also auf 120 beschlossen wird, dann bitte ich, auf jene separate Vorlage hin meinen Prüfungsantrag zu berücksichtigen!
Dr. Daniel Heller, Aarau: Für die Grösse eines Parlamentes
mag bisher das Repräsentationsprinzip als Maxime ausreichend gewesen sein. Heute - und das diskutiert doch niemand weg - tritt das Erfordernis der Leistungsfähigkeit
hinzu. Nach dem Leistungsprinzip sollen auch Parlamente
nur soviele Mitglieder umfassen, dass sie ihre Aufgaben
möglichst gut erfüllen können! Repräsentation alleine ist
keine Aufgabe!
Viele Argumente gegen die Verkleinerung des Parlamentes
übersehen Tatsachen oder unterliegen Denkfehlern. Die
vielgehörte These, kleinere Parlamente seien weniger miliztauglich, ist unhaltbar. Sie würde allenfalls stimmen, wenn
die Arbeitslast gleichmässig auf alle 200 Parlamentarier und
Parlamentarierinnen verteilt wäre. Dass dem nicht so ist,
wissen Sie alle. Im Übrigen wäre die Miliztauglichkeit von
kleinen Fraktionen schon längst nicht mehr gegeben, weil
gerade bei ihnen sich ja jeder mit allen Fragen auseinandersetzen muss, was in grösseren Fraktionen nicht der Fall ist.
Dass kleinere Parlamente schneller oder besser arbeiten,
weil eben die Entscheidungsprozesse und die Organisation
einfacher sind, leuchtet jedem ein, der in Arbeitsgruppen,
Kommissionen oder Komitees mitarbeitet: Kleinere Gremien arbeiten effizienter.
Der Kanton Aargau besitzt heute mit 200 Mitgliedern das
grösste kantonale Parlament. Wir haben aber überhaupt
keine einzige Aufgabe anders zu erfüllen, als dies andere
Parlamente in kleineren oder grösseren Kantonen haben.
Möglicherweise gelingt die Verkleinerung in diesem Rat
nicht, was natürlich verständlich ist: Wer gefährdet denn
schon gerne seinen eigenen Sitz? Es dürfte wohl eine Initiative aus dem Volk nötig sein, damit einige Volksvertreter
hier drin einsehen, dass die Erfordernis der Repräsentanz
sich im 21. Jahrhundert nicht mehr darin erschöpfen kann,
Springen Sie also über Ihren eigenen Schatten und stimmen
Sie etwas zu, was in praktisch allen anderen Kantonen erkannt wurde! Die Aufgaben wurden anspruchsvoller, der
Staat ist ein anderer geworden! 500'000 Bürgerinnen und
Bürger können von 120 Vertretern und Vertreterinnen genau
so gut repräsentiert werden wie von 200. Stimmen Sie der
Verkleinerung zu und gehen Sie gleich auf 120!
Martin Bossard, Kölliken: Ich kann jedes Wort unterschreiben, das Herr Heller vorhin gesagt hat. Zu zwei Punkten will
ich noch einige Ausführungen machen. Es ist klar, wenn ein
Parlament verkleinert wird, so wie wir es als Vorreiterpartei
vorgeschlagen haben, - und ich will morgen in der Zeitung
nicht lesen, die FDP hätte den Vorschlag gemacht - es waren
die Grünen! Die zeitliche Belastung von 120 Grossräten
hängt davon ab, welche Aufgaben sie in Zukunft zu erfüllen
haben. Wir haben über WOV gesprochen und in verschiedenen Zusammenhängen beschlossen, den Grossen Rat effizienter zu machen. Wir wollen ihn auf seine Kernaufgaben
zurückführen. Bitte schön, machen wir das! Reduzieren wir
uns als Grossräte und als Grossrätinnen selbst auf die wichtigen Aufgaben. Es wird nichts anderes von uns verlangt.
Wir müssen uns hier doch nicht mit allen Details auseinandersetzen. Das wäre ein schöner Nebeneffekt, dass man sich
wirklich auf das Wesentliche beschränken müsste, wenn
man nur 120, Leute wäre. Ich wiederhole, was ich heute
Morgen schon gesagt habe: 200 Leute können viel weniger
miteinander kommunizieren als 120 und 7 ständige Kommissionen können bessere Arbeit leisten als 14 ständige
Kommissionen. Das schleckt wirklich keine Geiss weg!
Wenn uns daran gelegen ist, diesen Rat effizienter zu machen und nicht nur irgendwelche Posten zu verteilen, dann
müssen wir mit der Zahl runterkommen, wie das die meisten
Kantone schon gemacht haben. Die Miliztauglichkeit ist
schon heute nicht gegeben. Wir müssen versuchen, diese
überhaupt zu erhalten. Es ist besser, dies mit 120 zu versuchen mit einer guten Infrastruktur und besser bezahlt als
heute, die dann sehr individuell arbeiten müssen und sich
sehr oft einfach an den Fraktionsmeinungen orientieren,
anstatt dass man zusammen redet und Lösungen erarbeitet.
3976
14. März 2001
Die Schlüsse aus meinem Votum: Für die Grünen ist zentral,
dass der Volkswille möglichst 1 zu 1 abgebildet werden
kann, mit welchem System auch immer. Der schlimmste
Fall, der eintreten kann, ist, dass das Parlament auf 120
verkleinert wird und 11 Wahlbezirke belassen werden. Ich
habe mit Freude festgestellt, dass niemand bisher in diese
Richtung gearbeitet hat und dass das auch nicht beabsichtigt
ist. Ideal von uns aus gesehen ist die Kombination von 120
Sitzen und möglichst wenigen, also beispielsweise 4 Wahlbezirken. Wir können leben mit 160 und einer Verkleinerung der Wahlbezirke. Wir können uns vorstellen 200 zu
behalten und nur 4 oder 6 Wahlbezirke zu machen. Das
käme in vielen Bezirken einer 5% Hürde gleich.
Art. 2519
müsste man nur einmal eine Auszählung machen und die
restlichen Mandate könnten dann verteilt werden auf jene,
die den grössten Rest nach dem Komma haben, erhalten
logischerweise ein Mandat mehr. Das steht heute aber leider
noch nicht zur Diskussion. Ich möchte aber davor warnen,
den Grossen Rat allzu stark zu verkleinern!
Für mich persönlich sind die Argumente jener Leute einleuchtend, die den Status quo behalten möchten. Dann muss
man aber die Konsequenz ziehen und sagen, dass die ganze
WOV-Geschichte und die Effizienz eine Geistesübung war,
ohne dass diese in die Realität umgesetzt worden wäre.
Dann bleibt die Struktur wie sie war auf der Grossratsseite
und die Struktur der Verwaltung wird den modernen Gegebenheiten angepasst. Das wird sich einfach nicht decken und
wir werden irgendwann grosse Probleme haben.
Roger Fricker, Oberhof: Es wundert Sie vielleicht, aber ich
spreche mich für 160 aus. Ich habe mir diesen Entscheid
nicht einfach gemacht. Ich habe mir gesagt, dass 160 eine
Grenze sei, bei der man sagen kann, dass auch die Randregionen vertreten bleiben. Aber - und dieses Aber bringt mich
bei Punkt 6 noch zu einem Antrag - 11 Wahlbezirke ist tabu
und darüber wird aus meiner Sicht nicht diskutiert! Wir
behalten diese 11 Wahlbezirke und geben dafür jedem Bezirk Sockelgrossräte. Ob das dann 2 oder 3 sind, ist diskutabel. Sie müssen sich einfach vorstellen, dass Sie im Bezirk
Laufenburg mit 5 oder 7 Grossratsmandaten keinen Wahlkampf führen können. Das geht schlichtweg nicht! Die
Vorstellung, man sollte über 3 oder 4 Bezirke hinaus Wahlkampf führen, das ist nicht realistisch und das wollen wir
auch nicht. Ich bitte Sie, auf 160 Sitze zu gehen und das zum
Beschluss zu erheben!
Dr. Dragan Najman, Baden: Nachdem ich in 3 Monaten
und einigen Tagen auch pensioniert werde, könnte ich mich
eingentlich mit einer Verkleinerung des Parlamentes einverstanden erklären nach Dr. Edelmann. Dann habe ich auch
genügend Zeit, aber ich bin trotzdem für Beibehaltung.
Dr. Theo Vögtli, Kleindöttingen: Ich bin Mitglied des Aargauischen Gewerbeverbandes und Inhaber eines Kleinbetriebes und ich meine, dass auch die Gewerblerinnen und
Gewerbler mit Kleinbetrieben künftig im Grossen Rat vertreten sein wollen. Bitte streichen Sie den Leitsatz 5.
Zu Herrn Hug: Ich habe heute Morgen gesagt, dass wir im
Vergleich zu den Kantonen Zürich und Bern ein relativ
grosses Parlament sind. Wenn man aber mit andern Kantonen vergleicht wie Luzern, die kürzlich von 170 auf 120
Sitze verkleinert haben, wenn man die Bevölkerungszahl
Luzern und Aargau vergleicht, haben wir mit 200 ungefähr
das gleichgrosse Parlament wie der Kanton Luzern mit 120.
Max Chopard-Acklin, Untersiggenthal: Es ist mir ein zentrales Anliegen: Schauen Sie in den Spiegel und überlegen Sie,
was Sie in den Wahlen versprochen haben! In Ihren Gemeinden haben Sie vielleicht ein Flugblatt verteilt, dass Sie
Ihre Region hier vertreten wollen! Um das geht es hier: Sie
sind Volksvertreter. Das hat etwas mit einem Quantitätsquorum zu tun, ob hier das Volk vertreten ist oder nicht. Auch
Herr und Frau Meier von Gegenüber sollen die Chance
haben, ins Parlament gewählt zu werden.
Auf der Seite 17 kann Herr Hug noch weitere Beispiele
sehen. Da ist eine Reihe von Kantonen, denen gegenüber
wir sehr gut dastehen. Da ist beispielsweise der Kanton
Schwyz mit 100 Parlamentariern und 125'000 Einwohnern.
Die haben noch ein viel schlechteres Verhältnis von Einwohnerzahl zu Sitzen als wir.
Zu Herrn Dr. Edelmann: Sie kommen immer noch nicht
ganz draus beim Auszählsystem des Kantons Aargau: Ich
rate Ihnen, dasselbe wie ich vor etwa 15 Jahren zu tun. Ich
habe mich bei Herrn Rohr erkundigt und er hat es mir so
erklärt, dass auch ich drausgekommen bin. Es wäre doch
viel einfacher, wenn man von diesem absurden, hagenbachschen Proporzsystem, nach welchem wir im Kanton Aargau
noch immer zählen, abkämen! Es gäbe dann nicht eine
fürchterlich komplizierte Art des Auszählens mit x Verteilungen. Bei unserem heutigen Auszählsystem werden die
grossen Parteien in einem Wahlbezirk sehr stark bevorzugt.
Ich habe einmal eine Ausrechnung gemacht und musste
etwas mit den Zahlen ausprobieren: Ich habe einen angenommenen Wahlkreis mit 12 Sitzen genommen und eine
Partei herausgefunden, die mit der ersten Verteilung genau
8,00 Sitze erreicht hat. Durch unser Auszählsystem hat diese
Partei in der Endabrechnung nach der 2. und 3. Verteilung
noch 2 weitere Sitze dazubekommen. Viel einfacher wäre
es, wenn man korrekt proportional zählen würde, nämlich
dass man eine Auszählung macht nach einer Verteilung und
dann schaut, wieviel hinter dem Komma bleibt, und dann
3977
Vorsitzender: Die Rednerliste ist abgetragen. Es liegt keine
Wortmeldung mehr aus dem Plenum vor. Die Diskussion ist
geschlossen. Der Herr Regierungsrat verzichtet auf eine
Wortmeldung. (Heiterkeit). - Wir kommen damit zur Bereinigung der Anträge:
Antrag Hug, der dem Antrag der Regierung entspricht, mit
Ausnahme, dass bei der Regierung noch in Klammer steht,
Variante 2, 160. Deshalb sind diese beiden Anträge nicht
ganz identisch. Dann liegen mehrere Anträge auf Streichung
des Punktes 5 vor, d.h. die Sitzzahl bei 200 zu lassen. Dann
haben wir noch den Antrag der Kommission, die Sitzzahl sei
auf 160 zu reduzieren. Dann habe ich 2 Anträge, die zum
Zug kommen: Der eine - Antrag Lütolf -, wenn eine Reduktion des Parlamentes erfolgt und der andere - Antrag Plüss -,
der eine Ergänzung zum Leitsatz will, wenn 120 beschlossen würde.
Zunächst geht es also darum, wieviel Sitze das Parlament
grundsätzlich mit dieser Reform zählen würde. Vorgehen:
Ich stelle die beiden Anträge, die eine Reduktion des Parlamentes verlangen, einander gegenüber: 120 Sitze gegenüber
Kommissionsantrag mit 160. Den obsiegenden Antrag stelle
ich dem Streichungsantrag gegenüber. Wird der Streichungsantrag abgelehnt und 160 beschlossen, dann stimmen
wir über den Antrag Lütolf und bei 120 über den Antrag
Plüss ab.
Art. 2519
Rudolf Hug, Oberrohrdorf: Ich spreche im Namen einer
grossen Mehrheit der FDP-Fraktion. Eine Verkleinerung auf
160 Sitze oder gar eine Beibehaltung des Status quo ist aus
Sicht der Freisinnigen unakzeptabel und zeigt eine Mutlosigkeit und fehlende Selbstkritik in eigener Sache des Grossen Rates. Wir werden uns grossmehrheitlich bei der Eventualabstimmung zwischen 160 Sitzen und der Beibehaltung
enthalten. Das Volk will 120 Sitze, - (Unruhe, vereinzelt
Zwischenrufe) - davon sind wir überzeugt. Sollte der Grosse
Rat für 160 oder gar Status quo entscheiden, werden wir
eine Volksinitiative ergreifen und sind überzeugt und zuversichtlich, dass das Volk unsere Auffassung bestärkt!
Eventualabstimmung:
Für den Antrag auf 160 Sitze (Antrag Kommission): 99
Stimmen.
Für den Antrag auf 120 Sitze (Antrag Regierung und Hug):
43 Stimmen.
Hauptabstimmung:
Für den Antrag auf Streichung von Leitsatz 5: 75 Stimmen.
Für den Kommissionsanftrag auf 160 Sitze: 48 Stimmen.
Vorsitzender: Damit ist der Leitsatz 5 gestrichen. Ich bin der
Meinung, dass wir aufgrund dieses Ergebnisses auf die
Behandlung von Leitsatz 6 verzichten können. Damit sind
die Anträge Plüss und Lütolf obsolet.
Leitsatz 6 / Anpassung der Wahlkreise
Josef Bürge, Baden: Ich bin einverstanden mit dem 1. Teil
dieser Aussage. Aber ich habe mich gefreut über den Punkt
6ter (neu): "In einer weiteren, separaten Vorlage ist der
Wechsel vom bisherigen Listenstimmen- zum Kandidatensystem vorzuschlagen." - Ich gehe davon aus, dass die
Kommission nicht begründen sollte. Mir gegenüber braucht
man nicht allzulange zu begründen. Ich bin vor einigen
Jahren mit 2 Stimmen in der Minderheit geblieben und es
wäre nun endlich an der Zeit, wenn wir den Leitsatz annehmen, Verfassung und Gesetz zu ändern. Dann hätten wir
endlich mal ein System, das national, kantonal und schliesslich auch kommunal, wo man die Leute für die Einwohnerräte kennt, Leute wählt und Parteizugehörigkeit und nicht in
der umgekehrten Reihenfolge. Ich mache Ihnen beliebt, dass
wir für Leitsatz 6ter entscheiden. Dass es sonst bei den bisherigen Wahlkreisen bleibt nach diesem Entscheid, ist für
mich klar.
Vorsitzender: Ich gehe mit Herrn Bürge einig, dass wir 6bis
auch weglassen können, hingegen 6 ter behandeln sollten.
Herbert H. Scholl, Zofingen, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 11 "WOV": Die Parlamentsreform ist in 3
Teile gegliedert: 1. in die eigentliche Parlamentsreform; 2.
in die Verkleinerung des Grossen Rates - diese haben wir
jetzt abgelehnt - und 3. in den Wechsel vom bisherigen
Listenstimmen- in das Kandidatenstimmensystem. Dieser 3.
Teil wird in Leitsatz 6ter ausgeführt und würde bei einer
Annahme dieses Leitsatzes zu einer Änderung des Grossratswahlgesetzes führen, über die separat abgestimmt werden kann.
Worum geht es? Es geht um die Angleichung des kantonalen Proporzes an den eidgenössischen Proporz. Gesamtschweizerisch wird der Nationalrat mit Ausnahme der wenigen Majorzwahlkreise in den kleinen Kantonen nach dem
Kandidatenstimmensystem gewählt. Wir wissen es: Jede
14. März 2001
Stimme für einen Kandidaten ist gleichzeitig eine Stimme
für seine Liste bzw. für seine Partei. Beim Listenproporz
wird anders gezählt. Da zählen die Listen allein für die
Vergabe der Mandate und erst in einem 2. Durchgang werden die Kandidaten zu Mandatsinhabern bestimmt in der
Reihenfolge ihrer Stimmenzahl auf ihrer Liste.
Die beiden separaten Systeme des Kandidaten- und des
Listenstimmenproporzes führen immer wieder zu Verwechslungen und man stellt fest, dass viele Wählerinnen und
Wähler gar nicht wissen, nach welchem Proporzsystem nun
der National- oder der Grossrat oder die Einwohnerräte
gewählt werden. Dies hat den Verfassungsgeber dazu geführt, in der Verfassung festzuschreiben, dass der kantonale
Proporz - und nur dort haben wir etwas zu sagen - gleich für
die Grossratswahlen und die Einwohnerratswahlen durchgeführt werden muss. Wenn wir nun also den Grossratswahlproporz dem Nationalratswahlproporz anpassen, führt das
zusätzlich zu einer Änderung im Gemeindegesetz für die
Wahlen der Einwohnerräte. Wenn Sie dieser Änderung, die
die Kommission mehrheitlich vorschlägt, zustimmen, würden künftig alle 3 Parlamentsarten nach dem gleichen System, nämlich nach dem Kandidatenstimmensystem gewählt.
Eva Kuhn, Full: Wir haben jetzt gerade beschlossen, dass
wir den Grossen Rat nicht verkleinern wollen. Ich akzeptiere
diesen Mehrheitsentscheid. Mit dieser ganzen Vorlage aber
gibt sich der Grosse Rat eine grosse Menge an neuen Aufgaben. Diese Vorlage steht unter dem Verdikt, wir wollen
besser, professioneller und effizienter arbeiten. Wenn wir
diese Parlamentsreform durchführen wollen, können wir das
nicht ohne zusätzliche Mittel. Diese zusätzlichen Mittel
werden in Absatz 6bis (neu) aufgeführt, allerdings in Verbindung mit einer Verkleinerung. Jetzt wollen wir diese aber
nicht und anscheinend so weiterwursteln wie heute! Herr
Edelmann: Sie haben vorhin meinen Berufsstand verteidigt.
Ich danke Ihnen dafür. Sie haben aufgezeigt, wie andere
Leute in diesem Grossen Rat einkommensmässig dastehen
und wie andere sich diese Arbeit sehr komfortabel leisten
können. Wenn wir so weitermachen und keine höheren
Entschädigungen beschliessen, dann werden wir auch mit
200 Leuten nur noch Unternehmer, Anwälte, Leute aus
grösseren Betrieben oder solche, die einen Betrieb besitzen,
hier haben. Alle anderen verschwinden genau so. Es ist jetzt
bereits fast unmöglich, in diesem Milizsystem, das Mass an
Arbeit zu bewältigen. Wir haben gestern über eine Vorlage
beschlossen und haben sie zurückgewiesen, weil die Kommission unter den heutigen Bedingungen nicht in der Lage
war, dieses riesige Geschäft zu erledigen. Sie kam total an
ihre Grenzen. Wenn ich die Kommissionssitzungen zähle,
die die EBK hat, dann grenzt das bald an ein Viertelamt.
Herr Heller wird das bestätigen können. Wir müssen mit
dieser Vorlage gleichzeitig eine bessere Ausrüstung des
Grossen Rates vornehmen, ob es nun 200 Leute bleiben oder
weniger sind. Ich mache Ihnen deshalb beliebt, dass wir auf
diesen Absatz zum Schluss noch einmal zurückkommen. Es
muss ein neuer Antrag sein und das Problem noch einmal
aufgreifen! Das müssen wir hier und jetzt diskutieren!
Vorsitzender: Frau Kuhn, wir kommen ohnehin darauf zu
sprechen unter 15.3 Entschädigungen.
Jetzt zu den Wahlkreisen:
Martin Bossard, Kölliken: Ich habe heute schon versucht zu
erklären, wie wichtig die Deckung zwischen dem, was das
Volk mit seiner Wahl möchte und dem, was nachher hier im
3978
14. März 2001
Saal stattfindet, ist. Ich habe in meinem letzten Votum gesagt, dass wir auch bei 200 Grossräten uns in Zukunft überlegen sollten, die Wahlkreise zu verkleinern. Die heutige
Situation ist in mindestens 3 Bezirken so, dass wir eine
faktische Hürde von 10% für Parteien haben. Es steht nirgends in der Verfassung, dass kleine Parteien gehindert
werden müssen, im Gegenteil! Es steht sinngemäss, dass alle
die Möglichkeit haben sollen, vertreten zu sein.
Ich will Ihnen deshalb schmackhaft machen zu prüfen,
nämlich: Die Zahl von bisher 11 Wahlkreisen wird auf 4-6
festgesetzt, - dass wir das heute so verabschieden und prüfen, was das für Auswirkungen hat mit 200 Sitzen.
Ich spreche hier ganz klar für die kleinen Parteien, die in den
kleinen Bezirken keine Chance haben. Wir haben als Grüne
in Laufenburg als Grüne erst ab 11 oder 12% eine Chance
und mit 8% nicht. Es ist ganz klar ein Anliegen der Kleinen
und wenn Sie da Nein sagen, dann dürfen Sie das; Sie sind
die Mehrheit. Aber ich habe geglaubt, herausspüren zu
können, dass das Anliegen durchaus erkannt wird und ich
bitte Sie deshalb, meinem Antrag jetzt zu folgen und das
Anliegen auch ernst zu nehmen!
Dr. Rudolf Rohr, Würenlos: Wir sind nun beim Problem, das
schon Herr Bialek angesprochen hat. Herr Bossard: Es ist
ein gewisses Problem, aber wir haben - wenn wir bei 200
Mitgliedern blieben - im Durchschnitt jene Hürde, die wir
noch als gerecht ansehen. Wir haben im Durchschnitt bei 11
Bezirken und 200 Mandaten 18 Mandate pro Wahlkreis. Das
gibt bei der Verteilzahl 19, die daraus resultiert, etwa 5,26%.
Die Hürde macht im Durchschnitt etwa 5,26% aus. Das ist
sicher tolerabel. Mit 18 Mandaten im Durchschnitt sind wir
für die Kleinen noch besser dran als bei den Nationalratswahlen. Dort haben wir ja einen Wahlkreis für 15 Mandate.
Dort ist die Hürde noch etwas höher als im Durchschnitt.
Nun wäre in der Tat zu prüfen, ob wir im heutigen System
zu Gunsten der Proporzgerechtigkeit in kleineren Bezirken
auch etwas vorkehren wollten. Theoretisch wäre es denkbar,
diese in Wahlkreisverbände zusammenzufassen. Das würde
aber doch eine gewichtige Verschiebung ergeben. Herr
Bossard hat von 4 Wahlkreisen gesprochen. Wir hätten dann
also durchschnittliche Wahlkreise von 50 Mandaten. Das
wäre gegenüber heute eine massive Verschiebung und würde natürlich den Proporzanspruch für ein Mandat auf 2%
reduzieren. Ich denke nicht, dass das unter dem Titel der
Proporzgerechtigkeit angezeigt wäre. Eine Offerte, die die
grösseren Parteien gegenüber den kleineren Parteien machen
können, wäre die Überprüfung einer aargauischen Spezialität, nämlich jene, dass Parteien, die bei der ersten Verteilung
leer ausgegangen sind, bei der zweiten nicht mehr mitmachen können. Das ist eine aargauische Spezialität und ist
nicht kongruent mit dem, was wir bei den Nationalratswahlen vorfinden. Das wäre allenfalls prüfungswürdig, dies
würde sich zugunsten der mittleren Parteien auswirken.
Sonst aber glaube ich nicht, dass wir solche Schritte machen
wollen, wie sie nun Herr Bossard vorschlägt. Im Grossen
und Ganzen ist es ausgeglichen und solange wir nicht zu
einer Verkleinerung des Grossen Rates schreiten, ist vielleicht der Wahlkreisverband noch nicht angezeigt.
So kompliziert, wie das Herr Edelmann geschildert hat, ist
das nicht! Es ist das gleiche Prinzip wie bei der Verteilung
der Restmandate. Es kommt zum Bisherigen noch die Umverteilung bei Bezirksungleichgewichten dazu. Das ist aber
zu bewältigen. Das sind rein mathematische Vorgänge, die
3979
Art. 2519
man sogar EDV-mässig - ausser vielleicht im Bezirk Bremgarten - noch bewältigen kann. (Heiterkeit). Darum ist es
nicht notwendig, auf den Vorschlag von Herrn Bossard
einzutreten. Die Regierung muss jetzt ohnehin alles noch
prüfen und vielleicht ist ja die angekündigte Initiative so
rasch bereit, dass zusammen mit einer Verkleinerung des
Grossen Rates auch das Instrument der Wahlkreisverbände
zum Zuge kommt. Dieses Instrument sorgt dafür, dass wir
homogene Wahlkreisverbände haben mit in der Regel 19-21
Mitgliedern. Einzig der Bezirk Aarau würde mit bloss 14
aus der Reihe fallen und der Bezirk Baden mit 26. Aber wir
hätten das Anliegen von Herrn Bossard dann eigentlich
erfüllt, dass die Hürde nicht auf 10% klettert.
Dr. Dragan Najman, Baden: Mit dem mittleren Teil des
Votums von Herrn Bossard wäre ich sehr einverstanden,
nämlich mit dieser grossen Ungerechtigkeit, dass Listen, die
in einem Wahlkreis in der 1. Auszählung keinen Sitz machen, aus der übrigen Verteilung herausfallen. Das kann
auch einer grossen Partei passieren, je nach Bezirk, dass
eine einzige Liste von 500-600 fehlt und man ist weg vom
Fenster. Das ist also eine riesige Ungerechtigkeit. Aber sonst
bin ich schon etwas enttäuscht, was uns Herr Rohr hier
vorgerechnet hat mit diesem Durchschnitt von 18 Sitzen pro
Bezirk. In Tat und Wahrheit ist es doch so, dass im Kanton
Aargau nur gerade 4 Bezirke weniger als die 5%-Klausel
überspringen müssen, nämlich die grossen Bezirke Baden,
Aarau, Zofingen und Bremgarten. Alle andern, die unter 20
Sitze haben, müssen 5-10% der Stimmen haben, um einen
Sitz zu erreichen.
Zu Herrn Bossard: Obwohl ich von einer kleinen Partei bin,
bin ich mit der jetzigen Verteilung sehr zufrieden. Eine
Verkleinerung der Bezirke auf 4 oder 5 gäbe genau das, was
wir vorhin des Langen und Breiten besprochen haben, was
wir nicht möchten, weil der Kanton Aargau so ein heterogener Kanton ist. Da kann man doch nicht einfach Bezirke
zusammenmixen und dann sagen, der Bezirk Muri, ziemlich
stark katholisch, und der Bezirk Lenzburg, ziemlich stark
reformiert, sollen jetzt einen Wahlbezirk bilden. Das wollten
wir ja gerade nicht. Wenn wir schon bei 200 Sitzen geblieben sind, ist es doch völlig logisch, dass wir auch die 11
Bezirke als Wahlbezirke beibehalten.
Dr. Roland Bialek, Buchs: Ich bitte Sie, im Moment bei den
Wahlkreisen keine Änderungen zu vorzunehmen! Listen, wo
man 50 Leute aufschreibt, das scheint mir doch nicht ganz
sinnvoll zu sein! Es ist tatsächlich so, wir haben natürlich
Probleme in den kleinen Bezirken und es ist nicht einfach,
im Bezirk Laufenburg zu jemandem zu sagen, dass seine
Chancen recht klein sind. Wenn Sie aber in Baden wären,
würden Sie vermutlich gewählt. Das ist für die einzelne
Person schon ein Problem und es nützt natürlich nichts,
wenn wir sagen, ja aber der Durchschnitt ist gut. Das ist wie
jemand, der zu mir sagt, ich komme mit dem Geld nicht
mehr durch und kann meine Familie nicht mehr ernähren
und dann sage ich, ja, das kann schon sein, aber der Durchschnitt bezüglich der finanziellen Situation ist eigentlich gut.
Es ist jetzt aber nicht der Zeitpunkt, dass man sagt, wir
gehen jetzt auf diese oder jene Zahl. Ich denke aber schon,
dass es Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Eine hat Herr
Rohr genannt, nämlich die Restmandatsverteilung.
Es ist nicht verständlich, wieso eine Partei, die knapp unter
dem 1. Mandat durchgeht, einfach nicht mehr berücksichtigt
wird. Das ist etwas, was man korrigieren müsste! Ob es nun
Art. 2519
eine zusätzliche Möglichkeit gibt, etwas im Sinne einer
kleinen Revision im Bereich der Wahlkreise oder von bestimmten Modellen zu machen, ich denke, diese Gedanken
sollte man sich machen und ich bitte den Regierungsrat, sich
in diese Richtung anzustrengen, nachdem man eigentlich
erkannt hat, dass das System ungerecht ist!
Heute ist es aber zu früh zu sagen, dass wir etwas ändern.
Der Bedarf ist da, ich bitte in dieser Richtung weiter zu
denken und Vorschläge zu bringen. Der Vorschlag auf 4
Wahlkreise ist heute jedoch abzulehnen!
Martin Bossard, Kölliken: Der Antrag ist 4-6 Wahlkreise.
Das Argument 50 wird relativiert. Es wären 33 und nicht 50.
Wir können nicht auf den Durchschnitt gehen, Herr Rohr.
Wir müssen die Realitäten sehen. Kulm hat 13 Sitze; das
sind knapp 8%, die man haben muss. Muri hat eine Hürde
von 10%. Rheinfelden hat eine Hürde von 7% und Zurzach
9%. Wir als Kleine empfinden das als unfair.
Ich sehe aber, dass der Zeitpunkt im Moment nicht gegeben
ist, um über diese Sache abzustimmen, also ziehe ich meinen Antrag zurück.
Regierungsrat Kurt Wernli: Ich will mich zu den Wahlkreisen und dieser Problematik nicht äussern. Hingegen haben
Herr Rohr und Herr Bialek gesagt, man solle das weiter
prüfen. Gegen das Weiterdenken habe ich gar nichts einzuwenden, aber heute entscheidet dieses Parlament, was die
Parlamentsreform beinhaltet und wir werden nicht weitere
Massnahmen prüfen und ins Auge fassen und Ihnen dann
vorschlagen. Wir haben Vorarbeiten geleistet in Bezug auf
mögliche Veränderungen bezüglich Verkleinerung und
Wahlkreissysteme. Wenn dieses Parlament anders entschieden hat, dann ist das zu respektieren. Das tue ich auch
selbstverständlich. Sie dürfen dann aber nicht erwarten, dass
wir bei den konkreten Gesetzes- und Verfassungsvorlagen
dann gleichwohl zusätzlich etwas anderes vorschlagen. Das
tun wir nur, wenn Sie das wollen. Sie haben klar gesagt,
dass Sie das nicht wollen!
Vorsitzender: Martin Bossard, Kölliken, zieht seinen Antrag
zurück.
Die Leitsätze 6 und 6bis sind, gestützt auf das Abstimmungsergebnis, zu Leitsatz 5 gestrichen.
Leitsatz 6ter
Vorsitzender: Es liegt keine Wortmeldung mehr aus dem
Plenum vor. Der Herr Regierungsrat verzichtet auf eine
Wortmeldung. Es liegt kein Antrag dagegen vor.
Zustimmung
Leitsatz 7 / Ausstand
Vorsitzender: Wünscht jemand das Wort zur Botschaft unter
diesem Titel? Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir
wieder zum rosa Blatt. Hierzu liegt ein Antrag vor.
Rolf Urech, Hallwil: Ich spreche im Namen der
SD/FP/EDU-Fraktion. Ich stelle einen Antrag betreffend des
Ausstandes und der hängt zusammen mit 8.1 Unvereinbarkeit. Der Antrag lautet: "Es ist eine Ausstandsregelung zu
treffen, welche gesetzlich abgestützt ist."
Wir können heute ja keine Prüfungsanträge stellen, sondern
nur konkrete Anträge. Was uns stört ist, dass das Bundesgericht unsere Ausstandsregelung, die der Gesetzgeber explizit
14. März 2001
gemacht hat, über den Haufen geworfen hat. Bei uns muss
niemand mehr in den Ausstand, der direkt betroffen ist. Das
ist nicht richtig. Die gewählten Grossräte, die Interessenvertreter sind - ich sprech hier die Lehrer an oder auch andere
Gruppen - müssen bei Entscheiden, die ihren Lohn oder ihre
Anstellungsbedingungen betreffen nicht mehr in den Ausstand. Das hängt jetzt mit Punkt 8.1 zusammen, die Wählbarkeit. Wir haben einmal beim Gesetz erlassen, dass niemand in den Grossen Rat gewählt werden darf, der in einem
öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht, ausgenommen
die Volksschullehrer. Da hat man eine Bremse eingeschoben
und gesagt: Es gibt eine Ausstandsregelung; wenn sie direkt
betroffen sind, müssen sie in den Ausstand. Frau Padrutt hat
uns ja dann den Bundesgerichtsentscheid präsentiert und wir
mussten dann wohl oder übel diese 2 Paragraphen für ungültig erklären. Es ist schon schön, wenn man dem Grossen Rat
angehört und dann noch über seinen Lohn und seine Lohnerhöhung mitbestimmen kann. Das stört uns! Ich kann Ihnen
nicht sagen, wie man es machen müsste. Da haben wir
bessere Leute. Es ist der Leitsatz aufzunehmen, es ist eine
Ausstandsregelung zu erlassen, welche gesetzlich abgestützt
ist. Ob das via Volksabstimmung gehen muss oder wie, da
bin ich darauf angewiesen, dass mir der Herr Kommissionspräsident oder der Herr Regierungsrat Auskunft gibt.
Harry Lütolf, Wohlen: Zu dieser Ziffer 7 haben wir ja diverse Vorstösse eingereicht, die jetzt eigentlich durch diesen
Leitsatz umgesetzt werden. Ich weiss nicht, ob wir jetzt über
Ziffer 7 oder 8 sprechen, denn die hängen zusammen. Ich
beschränke mich auf Ziffer 7. In der Sache ist dieser Bundesgerichtsentscheid sicher richtig. Es kommt immer wieder
vor, dass das Bundesgericht kantonale Gesetze, die vom
Volk verabschiedet wurden, rügen muss; beispielsweise im
Bereich der Handels- und Gewerbefreiheit, weil die Kantone
zu starke Einschränkungen vorsehen und das Bundesgericht
sagt, dass diese gesetzliche Regelung nicht anwendbar ist,
weil sie Verfassungsrecht verletzt. Auch in einer anderen
Materie kann das also durchaus zum Vorteil gereichen,
wenn das Bundesgericht den Kantonen einmal auf die Finger klopft, wenn Verfassungsrechte betroffen sind. In der
Sache ist dieser Gerichtsentscheid richtig, nämlich darum,
weil die Wählerschaft weiss, wen sie wählt. Wenn jemand
einen Lehrer oder eine Lehrerin wählt, dann weiss er das
und dann will sie vielleicht bewusst diesen Lehrer oder diese
Lehrer wählen, dass diese dann im Parlament auch bezüglich der Frage der Entlöhung Einfluss nehmen können und
nicht in den Ausstand treten müssen. Der Weg kann also nur
über die Unvereinbarkeit laufen. Man muss die Lehrerinnen
und Lehrer explizit ausschliessen und das Amt des Lehrers
als mit dem Amt des Grossrates als nicht vereinbar erklären.
Nur das geht. Es geht nicht, dass wir nun über Ausstandsvorschriften durch die Hintertüre den Willen des Wählers
oder der Wählerin verletzen. Er oder sie wollte genau diese
Leute im Parlament und die können dann auch zu diesen
Fragen Stellung nehmen. Ich mache Ihnen also beliebt, dass
wir beim Antrag von Regierung und Kommission bleiben,
und lehnen Sie den Antrag Urech ab!
Eva Kuhn, Full: Über die Ausstandsregelung wurden hier
schon viele Debatten geführt. Ich will keine neue Debatte.
Ich bitte Sie, diesen Antrag vehement abzulehnen! Wir sind
hier in einem ganz heiklen und sensiblen Gebiet der Demokratie. Wenn Sie die Botschaft genau gelesen haben, dann
wissen Sie auch warum. Ich zitiere, was es im Zusammenhang mit dem Bundesgerichtsurteil heisst: "Die Schlechter
3980
14. März 2001
stellung einzelner Parlamentsmitglieder oder Parlamentariergruppen durch den generellen Ausschluss von Abstimmungen über wesentliche Geschäfte, wie die personalrechtlichen Erlasse, schwäche die Stimmkraft ihrer Wählerinnen
und Wähler." Und weiter unten: "Im Hinblick auf die Garantie des gleichen Stimmrechts gehe es nicht an, für eine bestimmte Gruppe von Parlamentsmitgliedern strengere Ausstandsvorschriften zu schaffen als für die übrigen Mitglieder."
Wir sind alle gewählte Volksvertreterinnen und Volksvertreter und hier steht das Verdikt des Volkes, welchem wir uns
beugen müssen. Mich nimmt im Übrigen sehr wunder, wenn
wir das wollten, warum unsere Bauernvertreter und
-vertreterinnen ruhig sitzen bleiben, wenn es um landwirtschaftliche Angelegenheiten geht und um Subventionen für
den Forst? Wenn es darum geht, grosse Bauvorhaben zu
verabschieden, dann haben wir doch hier im Rat auch Vertreter und Vertreterinnen der Baubranche. Es ist nicht zulässig, so eine Ausstandsregel hier wieder neu zu schaffen!
Kurt Rüegger, Rothrist: Eine bessere Bestätigung für den
Antrag Urech hätte Frau Kuhn jetzt nicht geben können. Sie
haben genau die Gründe aufgeführt, die zum Antrag von
Herrn Urech geführt haben. Es ist doch so: man hat einmal
eine Unvereinbarkeitsgesetzgebung erlassen und eine Ausnahme gemacht, dass die Lehrer in dieses Parlament gewählt
werden können und dann wurde die Ausstandsregelung
geschaffen, dass sie bei Lohnfragen, die sie direkt betreffen,
in den Ausstand gehen müssen und das Bundesgericht hat ja
genau das korrigiert. Folgedessen ist es nicht mehr so, dass
die Lehrer in den Ausstand müssen, wenn über ihre Löhne
abgestimmt wird. So geht es meines Erachtens nicht! Deshalb müssen wir nachher bei der Unvereinbarkeit darauf
pochen, dass Lehrer nicht mehr in dieses Parlament gewählt
werden können, so wird es dann gehen!
Peter Suter, Murgenthal: Der Zahn der Zeit nagt auch an
uns! Im Zeichen der Kostenverteilung Kanton-Gemeinden
werden auch wieder die Randregionen wie auch andere
Gemeinden mit dem Bezahlen der Lehrerlöhne rechnen
müssen. Die Zeit wird uns einholen und die Lehrer sind
nicht mehr kantonale Angestellte. Die Gemeinde bezahlt den
Lohn.
Vorsitzender: Es liegt keine Wortmeldung mehr aus dem
Plenum vor.
Herbert H. Scholl, Zofingen, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 11 "WOV": Herr Lütolf hat Recht, der
Antrag Urech muss aus rechtlichen Gründen abgelehnt
werden. Die ursprünglichen Ausstandsvorschriften in unserem Kanton sind vor der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht mehr haltbar. Sie wissen wie es früher war: Wer
aus dem Staatsgut besoldet wurde, durfte nicht dem Grossen
Rat angehören. Das stand in der alten Staatsverfassung. In
der neuen Kantonsverfassung, die nun auch schon wieder 20
Jahre alt ist, hat dann eine Ausnahmeregelung dahin geschaffen, dass das Gesetz Ausnahmen von diesem Grundsatz
vorsehen kann. Mit dieser Ausnahme hat man im Unvereinbarkeitsgesetz die Möglichkeit geschaffen, dass Lehrpersonen der Volksstufe dem Grossen Rat angehören dürfen, dass
sie aber im Rahmen der Ausstandsvorschriften nicht über
die eigenen Lohnregelungen abstimmen dürfen. Das war der
damalige Kompromiss. Dieser ist nun von der Bundesgerichtspraxis aufgehoben worden. Sämtliche Mitglieder des
Grossen Rates dürfen über Lohnregelungen abstimmen.
3981
Art. 2519
Daran können wir nichts mehr ändern, auch wenn wir jetzt
ein neues Gesetz schaffen. Es würde vom Bundesgericht
wieder kassiert. Wenn man an diesem Grundsatz etwas
ändern will, muss man bei Antrag 8, Unvereinbarkeit, neue
Regelungen treffen. Dort hat das Bundesgericht gesagt, dass
es zulässig ist, gewisse Kreise von der Wählbarkeit in den
Grossen Rat auszuschliessen. Die Debatte muss also bei
Leitsatz 8 geführt werden und nicht bei Leitsatz 7.
Vorsitzender: Ich halte fest, dass Herr Urech seinen Antrag
zurückzieht.
Regierungsrat Kurt Wernli: Ich danke Herrn Urech für den
Rückzug seines Antrages, denn dieser wäre wirklich überflüssig. Wir haben eine gültige Ausstandsregelung im Geschäftsverkehrsgesetz §§ 29 und 30. Wir streichen lediglich
den Absatz 2 des § 30. Eine andere Ausstandsregelung
hätten wir nicht treffen können, als was jetzt schon im Geschäftsverkehrsgesetz geregelt ist. Absatz 2 streichen wir,
weil uns ein Bundesgerichtsentscheid dazu zwingt. Über die
Unvereinbarkeit muss man im nächsten Leitsatz reden.
Vorsitzender: Es liegt kein Antrag mehr vor und niemand
widerspricht dem Antrag der Regierung auf ersatzlose Streichung.
Zustimmung
Leitsatz 8 / Unvereinbarkeit
Vorsitzender: Wünscht jemand das Wort zur Botschaft? Das
ist nicht der Fall. Wir kommen wieder auf das rosa Blatt.
Herbert H. Scholl, Zofingen, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 11 "WOV": Die Kommission schlägt Ihnen
vor, die bisherige Unvereinbarkeitsregelung beizubehalten.
In der Kommission war dieser Grundsatz allerdings umstritten. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder man erweitert die
Wählbarkeit in den Grossen Rat gegenüber heute, indem
Personen, die nicht direkt mit Leitungsfunktionen im Staat
betraut sind, ebenfalls als wählbar in den Grossen Rat erklärt
werden, wie beispielsweise Spitalangestellte oder Angestellte in der Zentralverwaltung, die nicht unmittelbare Leitungsfunktionen ausüben. Eine andere Möglichkeit ist, die Wählbarkeit in den Grossen Rat weiter einzuschränken und sie
beispielsweise auf die Lehrpersonen auszudehnen. Zwischen
diesen beiden Polen hat sich die Kommission knapp und nur
mit dem Stichentscheid des Präsidenten für die bisherige
Regelung entschieden.
Katharina Kerr Rüesch, Aarau: Wie Sie soeben vom Herrn
Kommissionspräsidenten gehört haben, war dieser Antrag,
den ich auch in der Kommission gestellt habe, sehr knapp in
der Beschlussfassung. Deshalb gestatte ich mir, diesen
Antrag im Namen der SP-Fraktion noch einmal zu stellen.
Das nicht im Sinne einer Zwängerei, sondern deshalb, weil
das Begehren nicht grossmehrheitlich abgelehnt wurde. Ich
habe mir auch erlaubt, den Antrag ihren Fraktionspräsidien
in der schriftlichen Form zu geben. Sie sollten also im Bilde
sein.
Der Antrag lautet - entgegen dem Leitsatz 8.1: "Dem Grossen Rat können nicht angehören: 1. Mitglieder des Regierungsrates und des Obergerichts sowie voll- und teilamtliche
Verwaltungs- und Sozialversicherungsrichter; 2. Beamte
und Angestellte, welche der unmittelbaren Aufsicht des
Direktionsvorstehers unterstehen, insbesondere Generalsekretäre, Abteilungs- und Anstaltsleiter."
Art. 2519
Die meisten von Ihnen werden wissen, dass das die Lösung
ist, die der Bund hat und es ist die Lösung, die beispielsweise auch der Kanton Zürich kennt. Wir haben schon in den
vorigen Voten zum Leitsatz 7 etwas über Interessen gehört.
Ein Hin und ein Her! Wir sind der Meinung, man sollte
einmal als Grundsatz dem Volk die Wahlfreiheit lassen! Das
Volk soll wählen können, wen das Volk wählen will!
Natürlich ist das auch mit dem heutigen Modell nicht ganz
so und mit dem neuen Modell wäre das eben besser. Wenn
wir von Interessen sprechen, so haben wir jetzt schon im
Grossen Rat Interessenvertretungen, und das soll auch so
sein! Da haben wir ganz bestimmt nichts dagegen. Es sollen
auch unterschiedliche Interessen sein. Wenn uns die nicht
immer passen, so hat das eben auch mit Demokratie zu tun.
Wir haben das zu akzeptieren, auch das, was uns nicht so
passt.
Wir haben hier drin aber eine sehr einseitige Interessenvertretung. Sie wissen das. Es ist eine einseitige Interessenvertretung, die eben mehr das Geld vertritt, mindestens im
politischen Gebaren, nicht einmal immer im ökonomischen
oder im gesellschaftlichen Sinn. Wer "intellektuelle" ist,
weiss, woher das ist. Das ist von Marx. Wir denken, dass
eben alle Interessen hier drin vertreten sein sollten. Wichtig
ist, dass die Interessen offengelegt sind. Das ist sehr wichtig.
Es muss nicht immer in einer Registerarie passieren, wie wir
sie heute von Herrn Edelmann auch schon gehört haben.
Obwohl das sehr amüsant ist, solche Interessenarien zu
hören: Die Interessen müssen niedergelegt werden, und zwar
gänzlich, total, ehrlich, offen und direkt, um auch jemanden
in diesem Rat zu zitieren.
Was ein wichtiger Grundsatz ist bei dem Ganzen, und ich
denke, dass wir hier keine Differenzen haben innerhalb des
Rates, ist der der Gewaltenteilung. Dieser Grundsatz ist mit
unserem Antrag gewahrt und daran soll nicht gerüttelt werden. Ich sage es noch einmal: Wir sind der Meinung und wir
stehen als ganze Fraktion dahinter, dass eben das Volk
Gelegenheit haben sollte, mehr Leute aus mehreren Schichten in diesen Rat zu wählen, dass eben auch Anstaltsangestellte oder Krankenschwestern sich für ihre Interessen
einsetzen können und das nicht nur über Verbandsvertreter
machen müssen! Ich danke Ihnen, für die Unterstützung
unseres Antrages!
Rolf Urech, Hallwil: Ich spreche im Namen der
SD/FP/EDU-Fraktion. Der Antrag von Frau Kerr ist mir
auch sympathisch. Meines Erachtens gibt es genau zwei
Möglichkeiten: alle oder niemand! Entweder können alle,
die beim Staat beschäftigt sind, im Grossen Rat Einsitz
nehmen oder niemand! Ich habe mich in den letzten Jahren
geärgert über verschiedene Lehrer in diesem Grossen Rat,
die zur Zeit der Ausstandsregelung mit grossen Vorwürfen
den Saal verliessen und jetzt, da sie nicht mehr gilt, sind sie
glücklich und stimmen fröhlich über alles ab, was sie auch
persönlich betrifft.
Deshalb haben wir folgenden Antrag gestellt: "Es dürfen
keine Personen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, in den Grossen Rat gewählt werden.
(Neu): Davon sind auch die Volksschullehrer betroffen."
Es kann ja nicht angehen, dass wir die Ausstandsregelung
jetzt massiv beschnitten haben und gleich weiterfahren
wollen. Entweder alle oder niemand. Der Antrag der Kommission ist meines Erachtens nicht akzeptabel. Wir können
14. März 2001
nicht so weiterfahren, wie es bis jetzt war. Es gibt unseres
Erachtens genau die Möglichkeit: entweder den Antrag der
SP oder unseren Antrag! Bitte unterstützen Sie unseren
Antrag!
Dr. Roland Bialek, Buchs: Wir möchten das Thema Unvereinbarkeit 1. wirkungsorientiert und 2. liberal angehen. Was
heisst das? Schauen wir einmal die Wirkung an. Wir legen
Tarife fest für Notare. Wir sprechen Beiträge für Landwirtschaft und Forstwirtschaft. In Zukunft geht es auch noch um
die Löhne der Lehrer und um diverse andere Löhne, die wir
auch noch bestimmen. Diese Leute können alle ruhig im
Grossen Rat sein.
Dann gibt es Leute in einer Art Konkurrenzsituation auf der
anderen Seite. Die machen Verträge mit dem Kanton und
können sich als Grossrat auch noch die entsprechenden
Informationen herausholen.
Wenn wir das anschauen, dann kommen wir zum Ergebnis,
dass wir auf die Wirkung schauen, die im Konkreten heisst:
Wieso sollte nicht eine Krankenschwester beispielsweise
auch im Grossen Rat vertreten sein, wenn in Zukunft ein
Lehrer im Grossen Rat vertreten sein kann? Es ist letztlich
einfach nicht logisch. Man hat beim Bund und auch beim
Kanton Zürich bessere Lösungen gefunden. Ganz klar, dort
wo Angestellte in den Schaltzentralen sind, in den Departements- oder Generalsekretariaten, dort wo Chefbeamte sind,
dort ist eine Unvereinbarkeit klar gegeben. Die dürfen sicher
nicht hier sein! Wo es aber um jene Leute geht, die irgendwo als Abwart, Mechaniker oder als Krankeschwester angestellt sind, da sehen wir durchaus kein Problem. Die sollten
diese Möglichkeit haben.
Wir möchten das Problem aber auch liberal angehen, d.h.
mit möglichst wenigen einengenden Gesetzen. Die Lösung
ist die, dass das Volk bestimmen sollte, wer hier ist. Ist es
wirklich sinnvoll, dass wir hier noch zusätzlich einengen
und sagen, wer dann nicht darf und wer darf? Letztlich sind
die Leute, die hier sind, vom Volk gewählt. Wieso soll das
Volk einen Lehrervertreter wählen aus einem Bereich, der
gerade nicht beim Kanton Aargau arbeitet, sondern in Zürich, seine Berufsgruppe aber im Aargau vertreten muss.
Das macht auch keinen Sinn. Wenn die Bevölkerung will,
dass gewisse Leute gewisse Richtungen vertreten, dann soll
es diesen Willen ausführen können. Wir sind klar für eine
sinnvolle Öffnung. Ein Modell, das mehr Leuten ermöglicht,
in diesem Rat Einsitz zu nehmen bzw. die Möglichkeit zu
haben, hier Einsitz zu nehmen.
Rudolf Hug, Oberrohrdorf: Was Frau Kerr verlangt, geht
uns zu weit. Es entspricht nicht der heutigen Regelung,
sondern würde den Bereich öffnen auf die Verwaltung, die
ja letztlich unter WOV und unter unserer Oberaufsicht, wie
wir das heute Morgen definiert haben, dem Grossen Rat
untersteht. Was Herr Urech verlangt, kann ich teilweise
verstehen.
Aber auf der anderen Seite muss man doch beachten, dass
wir eine Gesetzesänderung in der 1. Lesung verabschiedet
haben, das GAL, das die Lehrkräfte näher an die Schulpflegen bzw. die Gemeinden bindet. Auch wenn der Lohn heute
noch vom Kanton ausgerichtet wird, so ist es wohl eine
Frage der Zeit, bis der Lohn im Rahmen der Aufgabenteilung auch noch von den Gemeinden bezahlt wird. Dann ist
ja objektiv wirklich kein Unterschied mehr da zwischen den
professionellen Gemeindeammännern und den Lehrkräften.
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Aus dieser Spanne von Öffnen und Schliessen sind wir in
der Kommission zum Schluss gekommen, dass eben die
heutige Regelung, die wohl beste und richtigste ist und ich
bitte Sie deshalb, der Version, wie sie die Regierung vorschlägt, zu folgen!
Harry Lütolf, Wohlen: Eigenlob stinkt! Trotzdem komme
ich nicht umhin, festzustellen, dass die Parlamentarische
Initiative, wie sie auf Seite 28 in der Botschaft festgehalten
ist, von seiten der Jungen CVP stammt. Diese Parlamentarische Initiative hat jetzt Eingang gefunden in Leitsatz 8.2.
Darüber bin ich froh.
Um was ging es der Jungen CVP damals? Es ging daraum,
klare Regeln zu schaffen! Man kann jetzt, wie es immer
gesagt wurde, klare restriktive Regeln einführen oder klare
liberale Regeln einführen. Die Hauptsache ist, dass die
Regel klar ist. Da bin ich mit meinen Vorrednern einig.
Ich denke nun aber, dass wir hier im Saal etwas überfordert
sind mit diesen Anträgen. Wir konnten Sie - zumindest nicht
in der Fraktion der CVP - in aller Ruhe diskutieren. Der
Vorschlag der SP und der Vorschlag der Freiheitspartei
konnten so nicht behandelt werden. Das muss weiter geprüft
werden. Auch in der Botschaft ist man insbesondere auf die
Frage der Lockerung der Unvereinbarkeitsbestimmungen
eigentlich gar nicht eingegangen. Es wäre eine schlechte
Sache, wenn wir das heute beschliessen würden, obwohl wir
uns über die Konsequenzen keine Klarheit verschaffen
konnten!
Ich mache Ihnen also beliebt, diese Diskussion zu verschieben und zwar auf die Diskussion, über das Wahlsystem, wie
wir es in Leitsatz 6ter festgehalten haben, diskutieren. Diese
beiden Dingen gehören ja irgendwie zusammen: Man sollte
das dort vertieft diskutieren mit einer Botschaft oder einer
Ausführung des Regierungsrates: Modell Liberalisierung
oder Modell restiktiv.
Das wäre ein Schnellschuss, wenn wir jetzt in die eine oder
andere Richtung entscheiden.
Der Antrag lautet: "Die Frage der Unvereinbarkeit sei in
einer separaten Vorlage, zusammen mit der Vorlage bezüglich der Änderung des Wahlsystems (Leitsatz 6ter) zu behandeln. Hierbei ist insbesondere eine Lockerung der Unvereinbarkeitsbestimmungen zu prüfen." Da die Voraussetzungen
für eine Entscheidung heute nicht gegeben sind, bitte ich
nicht darüber zu befinden!
Thomas Leitch, Hermetschwil-Staffeln: Eigentlich sind wir
doch heute reif zu entscheiden. Wir haben doch gehört,
welche Versionen zur Debatte stehen. Ich bin für eine offene, faire Lösung, nicht nur weil ich selbst davon betroffen
bin, sondern weil ich auch denke, dass wir hier in diesem
Kanton wirklich dafür sorgen müssen, dass alle ihre Meinung und ihren Einfluss einbringen können. Das täte auch
dem Klima in diesem Kanton gut, wenn weiterhin die Ideen
von allen Menschen, von allen Stimmbürgerinnen und
Stimmbürgern ihrem Willen gemäss hier vertreten werden
könnten. Es gibt in allen Fraktionen Lehrerinnen und Lehrer
und es gäbe noch weitere Personen, wenn wir sie einschliessen, so wie unser Vorschlag ist, die gute Arbeit leisten können, die Know-How einbringen, was wir auch in den Fachkommissionen dringend benötigen. Warum geht bei uns
nicht, was beim Bund möglich ist? Warum geht bei uns
nicht, was im Kanton Zürich möglich ist? Denken Sie die
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Art. 2519
Sache zu Ende: Theoretisch müsste ich ja, wenn ich meinen
Parlamentssitz behalten möchte, in den Kanton Zürich gehen, wo jetzt hunderte von Lehrkräften fehlen, um zu unterrichten, damit ich hier im Kanton Aargau Politik machen
kann. Das ist nicht der Sinn der Sache. Das werde ich auch
nicht tun, denn ich arbeite gerne hier in diesem Kanton, auch
wenn die Bedingungen manchmal nicht meinen Wünschen
entsprechen. Aber auch wenn wir hier mitpolitisieren: Seien
Sie doch ehrlich, wir haben noch lange keine Mehrheiten
und Sie müssen auch keine Angst haben. Aber ich denke,
dass wir unsere Meinung einbringen sollten. Bitte stimmen
Sie der liberalen Lösung, wie sie von uns vorgeschlagen
wird, zu!
Rolf Urech, Hallwil: Ich muss noch eine Korrektur anbringen. Ich habe meinen Antrag nicht korrekt gelesen. Er lautet
richtig: "Es dürfen keine Personen, die in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis des Kantonalen Rechtes stehen,
in den Grossen Rat gewählt werden. Neu: Davon sind auch
die Volksschullehrer betroffen." Es sind also nicht einfach
alle öffentlich-rechtlich Angestellten. Und solange wir die
Lehrer vom Kanton aus bezahlen, interessiert mich das GAL
nicht! Wenn dann irgendeinmal die Gemeinden die Lehrpersonen bezahlen, dann kann man sich darüber unterhalten,
diesen Leuten auch wieder Eintritt in den Grossen Rat zu
geben.
Vorsitzender: Es liegt keine Wortmeldung mehr aus dem
Plenum vor. Die Diskussion ist geschlossen.
Regierungsrat Kurt Wernli: Ich bitte Sie, alle zusätzlichen
Anträge abzulehnen! Wahrscheinlich ist von der Mehrheitssituation her der Vorschlag der Regierung der, der eine
Chance hat. Warum aber auch den Antrag von Herrn Urech
ablehnen? Er hat jetzt präzisiert, was er damit meint. Wenn
Personen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis des kantonalen Rechts stehen gemeint sind, dann wird
künftig die Lehrerschaft der Volksschule mit dem GAL
nicht mehr betroffen sein, denn sie stehen nicht mehr in
einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis des Kantonalen Rechts. Sie werden künftig in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis des kommunalen Rechts stehen.
Arbeitgeber der Volksschullehrkräfte wird künftig die Gemeinde sein. Wenn Sie also zusätzlich die Lehrkräfte immer
noch aus dem Grossen Rat ausschliessen wollen, dann müssten Sie wahrscheinlich den Antrag ändern, ausser das GAL
wird vom Volk abgelehnt. Dann fusst ihr Antrag natürlich
auf dem alten Recht. Das ist richtig. Ich gehe aber davon
aus, dass dieses GAL angenommen wird. Wenn Sie dann
gleichwohl an Ihrem Antrag festhalten, dass die Volksschullehrkräfte dennoch auszuschliessen sind, obwohl sie nicht
mehr in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis des
kantonalen Rechts stünden, dann könnte ich nicht garantieren, dass auf eine Beschwerde hin das Bundesgericht diesen
Entscheid kassieren wird. Denn das würde ganz klar die
Stimmrechtssituation schmälern. Ich bin davon überzeugt,
dass das so ausfallen würde. Wir können ja kommunale
Leute nicht einfach ausschliessen, weil wir sonst auch den
Herrn Gemeindeammann und den Herrn Gemeindeschreiber, der in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis des
kommunalen Rechts steht, ausschliessen müssten. Das kann
ja nicht die Meinung sein.
Zum Antrag von Herrn Lütolf auf eine Verschiebung: Ich
bitte Sie, heute zu entscheiden! Die Grundlagen sind klar.
Wollen Sie festhalten an der bisherigen Unvereinbarkeitsre-
Art. 2519
gelung oder wollen Sie eine Liberalisierung, wie das die SP
vorschlägt. Die Grundlagen sind auf dem Tisch und wie die
Liberalisierung in der Konkretisierung dann aussehen würde, müsste so oder so ja in der Gesetzesfassung erfasst und
präzise dargestellt werden.
Es geht also um die Frage der Erweiterung durch eine liberalere Fassung oder darum, bei der bisherigen Lösung zu
bleiben.
Vorsitzender: Zu Leitsatz 8.1 liegen 4 Anträge vor: Antrag
der Regierung und der Kommission auf Beibehaltung der
heutigen Regelung; Antrag Kerr, die die Unvereinbarkeit
öffnen will, damit mehr Personen in den Grossen Rat gewählt werden können. Antrag Urech, der restriktiver ist als
heutiges Recht; Antrag Lütolf, der diese Entscheidung später
treffen will. Zuerst befinden wir über den Antrag Lütolf.
Abstimmung:
Der Antrag Lütolf wird von einer grossen Mehrheit, bei 4
befürwortenden Stimmen, abgelehnt.
Vorsitzender: Wir entscheiden also heute. Zunächst befinden wir über den Antrag der Regierung und der Kommission
gegenüber dem Antrag Kerr. Der obsiegende Antrag wird
dem Antrag Urech gegenübergestellt. Der obsiegende Antrag ist dann beschlossen.
Abstimmung:
Der Antrag von Regierungsrat und Kommission obsiegt mit
grosser Mehrheit über den Antrag Kerr.
Hauptabstimmung:
Der Antrag von Regierungsrat und Kommission obsiegt mit
grosser Mehrheit über den Antrag Urech.
Vorsitzender: Damit ist der Antrag der Regierung und der
Kommission beschlossen.
Zustimmung zu Leitsatz 8.2.
Leitsätze, 9, 10 und 11
Zustimmung
Leitsatz 12.1 / Ständige Kommission
Susanne Ernst, Aarau: Ich habe gestern im Referat der
Einbürgerungskommission schon angemeldet, dass ich hier
eine Frage stellen werde. Ich habe die Botschaft durchgelesen und es ist mir nicht ganz klar, ob es eine eigene Kommission für Einbürgerungen geben wird. Einmal steht, in der
Kommission für Justiz, in der auch in Zukunft laut Synopse
die Begnadigungs- und die Petitionenkommission mitintegriert sein wird und einmal steht, in der Kommission für
öffentliche Sicherheit. In dieser Kommission wird ja über
Polizei, Feuerwehr, Strafvollzug und Landesverteidigung
debattiert. Ich finde es persönlich nicht sehr ideal, wenn in
einer dieser beiden Kommissionen die Einbürgerungen
mitintegriert werden. Ich stelle aber trotzdem die Frage an
den Herrn Regierungsrat offiziell: In welcher Kommission
wird in Zukunft die Einbürgerung integriert oder gibt es eine
separate Kommission?
Sämi Richner, Auenstein: Wir hatten gestern die Abschlusssitzung der Justizkommission und nach dem Essen meinte
der Präsident, jene, die keine Kommission haben, seien
Arme! Wenn ich das nun anschaue, wie das aufgeteilt wer-
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den soll, dann muss ich sagen, dass in Zukunft jene Arme
sind, die überhaupt keine Kommission haben, aber auch
jene, die eine haben. Wenn man schaut, was hier alles zusammenkommt: Energiekommission, Umwelt, Verkehr und
BPK zusammengefasst. Das ist ein rechtes Pensum. Dort
sehe ich noch, dass man das zusammenfasst, weil es einen
gewissen Zusammenhang hat und deshalb eigentlich effizient ist. Dass man hingegen die Begnadigungen und die
Petitionen der Kommission für Justiz gibt, ist überhaupt
nicht zwingend. In Zukunft ist es wichtig, dass man die
Arbeit, die man im Grossen Rat hat, möglichst auf alle
Schultern verteilen kann. Darum stelle ich Ihnen den Antrag,
dass man das dort teilt und auseinander nimmt.
Der Antrag lautet: "Die vorgeschlagene Kommission für
Justiz inkl. Begnadigungen und Petitionen sei aufzuteilen in
die zwei Kommissionen: Kommission für Justiz und Kommission für Begnadigungen und Petitionen."
Hans Feldmann-Huggenberger, Boniswil: Wie wir es heute
Morgen bereits besprochen haben, möchte ich die Gelegenheit ergreifen, um bei dieser Parlamentsreform die Lösung
für einen Zukunftsrat für den Kanton Aargau ihrem Ziel
näher zu bringen. Beim heute Morgen von mir gestellten
Prüfungsantrag wies mich die Regierung darauf hin, dass im
Rahmen der Leitsatzdebatte keine Prüfungsanträge gestellt
werden können, weil wir keine 2. Lesung haben. Da widerlegt die Regierung ihr eigenes Vorgehen, wenn Sie bei
diesen verschiedenen Wahlmodi schauen. Dort haben wir
auf Seite 6 auch eine Alternative zur Prüfung drin. Die
Regierung schrieb auf der rechten Seite dazu: Zustimmung
zur Prüfung. Trotzdem will ich hier nicht über diesen Nebenkriegsschauplatz sprechen. Deshalb habe ich meinen
Prüfungsantrag in einen neuen Leitsatz umgewandelt. Wir
bestimmen darüber, ob wir einen neuen Leitsatz 12bis in
diese Parlamentsreform aufnehmen wollen oder nicht. Die
Formulierung hat sich dadurch noch leicht verändert.
Der Antrag lautet: "Die Bildung eines Zukunftsrates, der mit
dem Grossen Rat vernetzt ist, wird unterstützt. Der Zukunftsrat setzt sich mit der langfristigen Beurteilung und
Entwicklung des Standes Aargau auseinander. Er bezieht
alle interessierten Gesellschaftsbereiche der aargauischen
Bevölkerung in seine Arbeit ein und bildet das Bindeglied
zur Politik. Er hat Antragsrecht an die Regierung und den
Grossen Rat."
Mit dieser Formulierung versuche ich einerseits offen zu
bleiben, dass auch Leute, die nicht im Grossen Rat sind und solche hat es in der heutigen Zusammensetzung des
Zukunftsrates verschiedene (Kantonsschullehrer, Staatsangestellte, ehemalige Verfassungsräte usw.) - einbezogen
werden können, ich stelle aber mit der Vernetzung sicher,
dass der Zukunftsrat auch legitimiert ist, seine Vorschläge
durch Anträge an die Regierung oder an den Grossen Rat
zur Abstimmung zu bringen. Das war ja der Nachteil, der
dieser Zukunftsrat heute hat. Er wirkt und tagt, kann aber
nichts bewegen und löst sich deshalb langsam selbst auf.
Ich bitte Sie, diesem neuen Leitsatz zuzustimmen! Es ist mir
bewusst, dass es einen mutigen Entscheid braucht. Treffen
Sie diesen und bedenken Sie, dass der neue Rat die Möglichkeit hat, wenn die Vorlage der Regierung kommt, diesen
im Detail und im Konzept noch anzuschauen und darüber zu
befinden! Denken Sie daran, dass wir vom Kanton Aargau
aus hier ein Zeichen für die Zukunft unseres Kantons setzen
können!
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Vorsitzender: Ich schliesse die Sitzung an dieser Stelle. Wir
(Schluss der Sitzung um 15.30 Uhr.)
fahren um 16.00 Uhr mit der Sitzung weiter. Guten Appetit!
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